Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 70: Einen Schritt der Scham entgegen -------------------------------------------- Ein Zucken holt mich aus dem Schlaf. Gedämpftes Licht umgibt mich und blendet mich nur einen kurzen Augenblick. Dann spür ich ein erneutes Zucken. Ich blicke zu meinem Arm, in dem mein Drachen liegt. Wieder zuckt er zusammen, als würde er geschlagen werden. Schweiß steht auf seiner Stirn. Kalter Schweiß. Angstschweiß. Er atmet abgehackt. Unterdrückt ein Wimmern. Zuckt wieder zusammen. Dann kommt Bewegung in ihn. Noch im Schlaf reißt er plötzlich seinen Arm hoch, will seinen Kopf schützen. Von ihm kommt ein unterdrücktes 'Hng', während er ein weiteres Mal heftig zusammenzuckt. Der heutige Albtraum scheint wieder ein sehr heftiger zu werden. Sanft zieh ich Seto näher an mich ran. Lege sanft meine Hand auf seine Wange. Flüster ihm zu, dass er in Sicherheit ist. Das er keine Angst haben braucht. Sag ihm, dass ich da bin. Doch dieses Mal scheint ihn das nicht wirklich zu beruhigen. Tränen quellen zwischen den geschlossenen Lidern hervor. Er atmet nur noch sehr abgehackt. Wimmer verzweifelt. Krallt sich an meiner Brust in mein Shirt. Sanft streich ich ihm ein weiteres Mal über die Wange, was dieses Mal ausreicht ihn zu wecken. Mit einem Schrei schreckt er in eine sitzende Position hoch. Ich setze mich auch und knie mich dicht hinter ihm. Er schluchzt und beugt sich nach vorne, damit seine Stirn auf der Decke zur Ruhe kommt. Das macht er oft, um die erste Welle von Scham über sich hinweg rollen zu lassen. Langsam krabble ich neben ihn. Lege meine Hände auf seine Schulter und stemm ihn sanft wieder hoch. Mein Drache macht sich schwer, will seine Deckung noch nicht aufgeben. Doch schließlich kniet er mir gegenüber. Lässt den Kopf hängen, während weiter von seinem Kinn Tränen tropfen. Sein Haar hängt ihm weit ins Gesicht und verdeckt seine Augen. Bedächtig streich ich ihm seine Haare aus dem Gesicht. Sein Blick ist vor sich auf die Decke gerichtet. Vorsichtig leg ich meine Hände an sein Gesicht und hebe seinen Kopf und damit seinen Blick zu mir. Sein Schluchzen verstärkt sich. Immer wieder wisch ich ihm die Tränen von den Wangen, während ich den Blickkontakt zu ihm halte. Ihm fällt es gerade so schwer mich anzublicken. Da schwappt gerade so viel Scham und Schuld aus seinem Blick. Behutsam frag ich meinen Drachen, was er geträumt hat. Augenblicklich will er sich von mir abwenden, doch ich lass ihn nicht. Halte weiterhin sein Gesicht sanft zu mir gewandt. Verzweifelt legt er jetzt seine Hände an meine Handgelenke. Schüttelt mit dem Kopf. Doch ich lächle ihn ermutigend und sanft an. Platziere einen sanften Kuss auf seinen Lippen. Aber das Entsetzen weicht nicht aus seinem Blick. Ich weiß, er will es mir erzählen. Doch er will mich dabei nicht anschauen müssen. Aber genau das ist das Problem, nicht? Solange er mich dabei nicht anschauen kann, wird er sich nie überwinden in den Sitzungen mit Kai über seine Erlebnisse zu reden. Also darf ich - egal wie schwer mir das jetzt selbst fällt - ihn jetzt nicht wie gewohnt agieren lassen. Muss ihn ein wenig... zwingen! Bei diesem Wort zieht sich etwas in mir zusammen. Ich will ihn nicht zwingen, aber manchmal muss ich ihm den richtigen Weg zeigen, den er versucht zu meiden. So wie in jener Nacht, als er so völlig die Kontrolle verloren hatte und Mokuba mich um Hilfe bat. Da wollte er auch nicht. Doch durch den 'Zwang' hat er sich schließlich geöffnet und war endlich in der Lage, mich an ihn heran und in sein Leben zu lassen. Schließlich wiederhole ich meine Frage nach seinem Traum. Er zerrt an meinen Händen, reißt sein Gesicht irgendwann los und dreht mir seinen Rücken zu, bevor er seine eigene Hand über Mund und Nase legt. Er schluchzt laut auf. Verzweifelt. Doch ich leg meine Hand an seinen Oberarm und will ihn wieder zu mir drehen. Energisch dreht er sich weiter von mir weg. Als ich es ein weiteres Mal versuche springt er aus dem Bett, scheint aber kurz verwirrt zu sein. Er hat sich noch nicht an das neue Zimmer gewöhnt. Verzweifelt flüchtet er sich in eine Zimmerecke. Ich folge ihm. Seine Beine sind angewinkelt und eng an seine Brust gezogen, während er beide Hände vor sein Gesicht geschlagen hat. Er schluchzt weiter. Sanft zieh ich ihn in meine Arme. Leichte Gegenwehr schlägt mir entgegen. Doch keine wirklich ernst gemeinte. Es ist nur eine unbewusste Abwehrreaktion von meinem Drachen. Schließlich liegt er an meiner Brust. Klammert sich in mein Hemd. Sanft streich ich ihm über den Kopf, den Nacken, den Rücken. Hab zu früh von ihm das Gespräch verlangt. Er war noch nicht so weit. Also geb ich ihm die Zeit die er braucht. Warte darauf, dass er sich langsam wieder beruhigt. Halte ihn fest. Möchte, dass er weiß, dass er in Sicherheit ist. Dass ihm nichts passieren wird. Niemand wird ihm hier weh tun. Es braucht eine Weile, bis er sich wieder etwas beruhigt hat. Schließlich wird er wieder ganz ruhig. Lehnt an meiner Brust. Atmet ruhig. Krallt sich immer noch in mein Shirt. Sanft ändere ich etwas meine Position, so dass ich ihm ins Gesicht blicken kann. Zögerlich und ängstlich blickt er mich an. Wieder frag ich ihn sanft, wovon mein Drachen geträumt hat. Sein Blick weicht von mir. Sanft lege ich wieder meine Hand an seine Wange. Er blickt mich an. Seine Wangen röten sich vor Scham. Sanft küss ich ihn. Will ihm die Angst nehmen und Mut geben. Doch es gelingt mir nicht ganz. Komm schon, mein Drachen, du weißt doch, dass dir vor mir nichts peinlich sein muss! Es gibt nichts, wofür du dich schämen müsstest. Er schüttelt nur den Kopf. Das ist neu! Daher frage ich behutsam nach, wofür er sich schämen müsste. Er beißt sich auf die Unterlippe, will sich von mir lösen, um sich abzuwenden. Doch ich halte ihn sanft weiter so, wie wir gerade da sitzen. Er stammelt, dass er das so nicht kann. Doch ich lächle ihn sanft an und meine, dass er das doch kann. Eine weitere Träne erkämpft sich die Freiheit. Läuft über seine Wange. Ich streiche sie sanft weg. Sein Griff in meinem Shirt verkrampft sich noch etwas mehr. Meine Hand streicht ihm durch sein Haar. Vorsichtig taste ich mich voran und will ihm eine Hilfestellung geben. Also frage ich, ob in seinem Traum Gozaberu vorkam. Er nickt stumm, während sich wieder eine Träne löst. Langsam frag ich ihn, ob noch jemand in seinem Traum war. Wieder bekomm ich nur eine stumme Antwort in Form eines Kopfschüttelns. Okay... Gozaberu... elender Sadist... wenn er nicht schon tot wäre, dann... halt... nicht jetzt...! Jetzt muss ich mich auf Seto konzentrieren und ihm zeigen, dass er mich auch anschauen kann, wenn er mir etwas von früher erzählt. Langsam frag ich ihn, ob Gozaberu ihn geschlagen hat. Ein Nicken. Mit der Hand oder mit der Gerte? Verzweifelt blickt mich Seto an. Ja, ich weiß... oder-Fragen sind gemein, denn man kann sie nicht einfach mit Ja und Nein beantworten, daher kann man nicht einfach nur mit dem Kopf nicken oder schütteln. Dann hör ich seine gebrochene Stimme, wie sie 'Gerte' flüstert. Ich leg meine Stirn an seine. Meine Hand fährt durch sein Haar. Bleibt in seinem Nacken schließlich liegen, als ich frage, wie es weiterging. Irgendetwas macht meinen Drachen plötzlich wütend. Er stemmt sich gegen mich und als ich ihn freigebe steht er auf und will zur Zimmertür. Schnell schieb ich mich zwischen ihn und sein Ziel. Sag ihm, dass er nicht länger davon laufen kann. Er schreit mich verzweifelt an, was ich von ihm überhaupt erwarten würde. Wieder legen sich meine Hände seitlich an seine Schulter und ich suche den Blickkontakt. Sein Blick ist immer noch verzweifelt, aber er versucht die Verzweiflung hinter einem Vorhang aus Wut und Zorn zu verbergen. Ich antworte ihm sanft, dass er mich anschauen und mir dann erzählen soll, was er geträumt hat. Er reißt sich wieder von mir los und tigert zurück zum Bett und den Fenstern. Was für einen Unterschied das machen würde, ob er mich beim Erzählen anschauen würde oder nicht. Ich trete hinter ihn, lege wieder meine Hände auf seine Schulter und kontere mit einem 'Eben'. Er kann mir alles erzählen, dass weiß er. Aber wenn er selbst keinen Unterschied darin sieht, ob er mich dabei anschaut oder nicht, dann dürfte es für ihn doch kein Problem sein, mich dabei anzuschauen. Wieder wirbelt er zu mir herum. Stiert mich immer noch wütend und verzweifelt an. Plötzlich weicht er einen Schritt nach hinten. Sanft lege ich meinen Arm um ihn und ziehe ihn wieder an mich. Behutsam frage ich meinen Drachen, was denn heute anders als bei den vielen Malen zuvor wäre? Nur, dass er mich anschauen soll? Ist das wirklich so eine Umstellung? Seto lässt kurz seinen Kopf hängen, bevor er ihn von sich aus wieder etwas hebt und mir in die Augen schaut. Die Wut ist gewichen und hat Angst Platz gemacht. Na nu... wovor hat er denn jetzt Angst? Dann hör ich seine zerbrechliche Stimme ganz leise flüstern, dass er sich dieses Mal nicht gewehrt hätte. Es braucht einen Moment, bis mir klar wird, dass er über seinen Traum redet. Fragend blick ich ihn an. Er schluckt einmal schwer. Eine weitere Träne drängt sich aus seinem Auge und zieht ihre Bahn über seine Wange, bevor er sie selbst unwirsch wegwischt. Gozaberu hatte ihm Befehle gegeben und er habe sie befolgt. Er habe weder nein gesagt, noch sich gewehrt! Weitere Tränen quellen ihm aus den Augen. Dieses Mal streich ich sie sanft weg. Langsam zieh ich ihn zum Bett und auf die Liegefläche, so dass wir einander gegenüber knien. Vorsichtig frage ich danach, was Gozaberu ihm befohlen hat. Er schluckt, beißt sich auf die Unterlippe, blickt kurz zwischen uns auf die Decke, bevor er mich von unten herauf zögerlich anblickt. Dann beginnt er langsam, stockend zu erzählen. Wie Gozaberu mit irgendetwas von ihm unzufrieden war und ihn mit der Gerte traktiert hatte. Als er am Boden lag befahl ihm sein Adoptivvater aufzustehen. Es habe ihn so viel Mühe gekostet die Kraft zusammenzukratzen, um diesem Befehl nachzukommen, doch schließlich stand er wieder. Das Monster befahl ihm sich auszuziehen. Auch das hatte er widerstandslos getan. Schließlich forderte der Waffenproduzent von ihm, sich dem Bett zuzuwenden und seine Hände auf das Fußteil zu legen, so dass er mit dem blutigen Rücken zu ihm stand. Die Stimme meines Drachens bricht zusammen und er wendet beschämt seinen Blick zum Laken. Sanft leg ich meine Hand ein weiteres Mal an seine Wange, ziehe ihn an mich, so dass sein Kopf auf meiner Schulter ruht. Er legt seine Arme um mich. Mir allein bis dahin zu erzählen, während wir einander anschauten, muss ihn eine Menge Kraft gekostet haben. Also geb ich ihm diesen Moment, den er braucht. Erst nach einem Moment der Stille, in der sich mein Drache wieder etwas sammeln konnte und seine Tränen wieder etwas zurückhaltender werden, fordere ich ihn sanft auf, weiter zu erzählen, während ich ihm versuche sanft in die Augen zu schauen. Noch immer ruht sein Kopf auf meiner Schulter. Er blickt zu mir auf. Schluckt schwer. Atmet tief ein. Gozaberu wollte, dass er seine Beine spreizte und er tat, wie ihm geheißen worden war. Dann sei der Mann hinter ihn getreten und wäre mit den Finger über die frischen, blutigen Striemen gefahren. Es hätte so weh getan, doch er biss sich nur auf die Lippen, während er jedes Geräusch versuchte zu vermeiden. Doch dann öffnete der Alte seinen Gürtel und die Hose und... Mein Drache hat sich die eigene Hand vor den Mund gelegt, als wolle er sich selbst daran erinnern, dass er darüber nicht sprechen dürfte. Sanft nehm ich seine Hand von seinem Mund, küsse die Handinnenfläche und obwohl ich weiß, was Gozaberu ihm angetan hat, muss ich ihn bitten, es zu erzählen. Mein Drache richtet sich auf und beißt sich wieder auf die Unterlippe. Er will seinen Kopf von mir wegdrehen, als ihn meine Hand an der Wange daran hindert. Ihn dazu bringt mir wieder in die Augen zu schauen. Immer neue Tränen drängen sich aus seinen Augen. Er schluckt. Einmal, zweimal, dreimal. Schließlich setzte er erneut an. Mein Drache erzählt mir mit wackliger Stimme, wie Gozaberu in ihn eindrang und mit kräftigen, rücksichtslosen Stößen nahm. Dabei vermeidet er wieder Worte wie 'vergewaltigt' oder 'missbraucht'. Seto erzählt mir, mit welchem eisernen Griff der Mann ihm die Hand von hinten auf die Schulter und die zweite Hand auf seine Hüfte gelegt hatte, um ihn immer wieder zu sich ran zu ziehen und sich schließlich zu ihm vorzubeugen, um ihm ins Ohr zu flüstern, dass er ihn schreien hören wolle. Mein Drache erzählt mir, wie er sich diesem Sadisten in diesem einen Punkt widersetzen wollte. Doch die Härte, mit der der andere in ihn hinein... fuhr... zwangen ihn schließlich dazu, der Aufforderung seines Peinigers nachzukommen. Seto beugt sich beschämt nach vorne und ich lass ihn seinen Kopf an meine Brust legen, während seine Tränen ein weiteres Mal die Oberhand gewinnen und ihn beherrschen. Sanft streich ich ihm über Kopf, Nacken und Rücken. Ich kenne das Gefühl, mit dem er sich gerade quält. Denn auch ich war schon oft mit Sätzen, wie 'wenn man nicht nein sagt, hat man es gewollt' oder 'wenn man sich nicht dagegen wehrt, ist es keine Vergewaltigung' konfrontiert. Das ist ausgemachter Blödsinn. Wenn man immer wieder Opfer eines Sadisten ist, der einem immer wieder schreckliche Dinge antut, dann fängt man irgendwann an zu glauben, dass wenn man ihn nur machen lässt, es möglichst schnell vorbei sei. Das heißt aber nicht, dass man es wollte. Es ist einfach der verzweifelte Versuch eine Situation, der man sich nicht entziehen kann, so kurz wie möglich zu halten. Schmerz und Schrecken zu vermeiden. Doch allzu oft bleibt das Gefühl, dass man es irgendwo doch gewollt haben muss, sonst hätte man sich ja gewehrt. Nur dank Kai habe ich mich aus dieser Gedankenschleife aus Schuld und Scham befreien können. Doch für meinen Drachen ist das unlängst schwieriger. Seine Hölle dauerte länger als meine und hat ihn nachhaltiger zerbrochen. Er trägt diesen Schmerz schon so lange alleine mit sich herum, dass er Angst davor hat ihn loszulassen. Aber je länger er sich an ihn klammert, desto mehr verletzt ihn der Schmerz. Wir müssen diesen Teufelskreis einfach durchbrechen und aus der Spiral, die meinen Drachen immer tiefer in die Verzweiflung zieht, befreien. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)