Abenteuer im Land der Träume von Kikono-chan ================================================================================ Kapitel 14: Alpträume --------------------- 14. Kapitel: Alpträume (Katory) : Was war das nur wieder für ein furchtbarer Dienst? Schon die ganze Zeit über plagten mich höllische Kopfschmerzen und natürlich waren die Kopfschmerztabletten für das Personal gerade aufgebraucht und die Apotheke nicht bereit, heute noch neue zu schicken. Die fünf Ärzte, die über unsere Intensivstation wuselten, hatten sich heute anscheinend alle auf mich eingeschossen. Warum verdammt nochmal immer ich!? Hier waren acht (!) Schwestern aber nur ich wurde gerufen. Hatte mal irgendjemand Rollschuhe für mich? Ehrlich, wenn es Kilometergeld in meinem Beruf geben würde, wäre ich heute reich geworden! "Schwester Katory, wir müssen in Zimmer 2 noch ein EKG schreiben und Blut abnehmen. Achja und könnten Sie bitte das Ultraschallgerät hierher bringen?" "Schwester Katory, Zimmer 5..." "Schwester Katory, Intubation! Zimmer 8. JETZT!" "Schwester Katory...!" AAAAAAAARGHHHHH!!! Konnte ich mich zerteilen? NEIN! Wie mich diese überwichtigen Kittelträger gerade ankotzten! Es war noch nicht einmal Mittag und ich war einem Nervenzusammenbruch so nah wie selten zuvor. Während alle anderen Schwestern ausnahmslos schon gefrühstückt und allen Schreibkram erledigt hatten, rannte ich mir die Füße wund und bekam nicht einmal die Andeutung von Hilfe. Was hatte ich doch für reizende Kolleginnen. Als ich einmal an einer der besagten Damen vorbeilief und um Hilfe für einen Patienten bat, kam nur ein trockenes "Ist nicht mein Zimmer..." und fertig war sie mit mir. Wütend und stets im Laufschritt, huschte ich über die Station und bei jeder Gelegenheit an unserer ' Keine-Zeit-Für-Pause-Box' vorbei, eine Schale, in der IMMER irgendwelcher Süßkram lag, den man sich mal eben so in den Mund schieben konnte, damit wir nicht völlig aus den Latschen kippten. Kurz vor Ende meiner Schicht, hatte ich endlich alles erledigt und mich in eine stille Ecke zurückgezogen, um mir meine wohlverdiente Pause zu gönnen. Gerade als ich in mein Sandwich beißen wollte, klingelte das Stationstelefon - den Teufel würde ich tun und jetzt wieder aufstehen! Sollte doch eine von den anderen Schnepfen rangehen... Ich startete also einen zweiten Versuch der Nahrungsaufnahme. "Katory, Telefon für dich!" schrillte die Stimme meiner Arbeitskollegin über die Station. Vor Schreck hätte ich fast mein Brot fallen gelassen - das durfte doch nicht wahr sein! Welcher Bastard wagte es, mich während meiner Arbeitszeit anzurufen?! Als ich aus meinem Versteck kroch, fiel mir ein, dass es überhaupt keinen Bastard geben konnte - ich hatte hier keine Freunde und auch sonst niemanden. Wer also war da am anderen Ende? Ein mulmiges Gefühl beschlich mich, als ich den Hörer entgegennahm. "Ja, bitte? Schwester Katory hier, wer -...?" "Hallo Katory." erklang eine eiskalte Stimme. Ich hatte sie nie zuvor gehört, wusste aber instinktiv sofort, wem sie gehörte. Mein Magen krampfte sich unangenehm zusammen. "Teach..." hauchte ich beinahe tonlos in den Hörer. Wie konnte das sein? Hier hätte mich niemand finden dürfen - warum hatte er mich überhaupt gesucht? Um nicht vollends in Panik zu verfallen, fixierte ich den Baum vor dem Fenster. Seine Blätter wogen sich im aufkommenden Wind. Zog da gerade eine fette Gewitterfront auf uns zu? Na großartig und ich war ausgerechnet heute mit dem Fahrrad hier... Ein unheimliches Knacken und Rauschen hollte mich aus meinen Gedanken zurück. "Katory~" erklang erneut seine Stimme und es lief mir kalt den Rücken herunter. Woher kannte der Yonko überhaupt meinen Namen? "Fürchtest du dich?" kam es spottend. Ich konnte nur schwer schlucken. Aus irgendeinem Grund machte mir dieses Telefonat eine heiden Angst. Dass es inzwischen angefangen hatte, draußen zu donnern, machte es nicht gerade besser. Ein greller Blitz zuckte vorm Fenster und tauchte den Baum in eine gespenstische Atmosphäre. Ich fuhr zusammen, als erneut seine Stimme erklang. "Schrei für mich!" Es blitzte und donnerte noch heftiger und als über mir eine Lampe zersprang, musste ich tatsächlich kurz aufschreien. Die Lichter flackerte und mittlerweile waren auch erschrockene Laute des übrigen Personals zu hören. Sein grausames Lachen ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Krampfhaft versuchte ich mich wieder zu beruhigen, was angesichts der aufgescheuchten Hühner und dem anhaltenden Donnergrollen nicht gerade leicht war. Das hier konnte einfach nicht real sein! Sicher träumte ich nur schlecht und ich würde jeden Moment in meinem warmen, weichen Bett wieder aufwachen und mich selbst auslachen, weil ich so feige war. Noch immer lachte der Mann am anderen Ende. Aber mit einem Mal hallte es nicht mehr nur aus dem Hörer, sondern auf der gesamten Station wieder. Das Licht flackerte unheimlich und kurz wurde es stockdunkel. Als einer der Blitze den Raum erhellte, konnte ich deutlich sehen, wie die Tür zur Station - die nur mit einer Magnetkarte geöffnet werden konnte und vorhin definitiv noch zu gewesen war (!) - speerangelweit offen stand. Die Temperatur sank gefährlich schnell und ich konnte bereits meinen eigenen, hektischen Atem ausmachen. Niemand wagte es, etwas zu sagen oder sich zu rühren. Nach einer gefühlten Ewigkeit sprangen einige Lampen wieder an, lange genug um den Blick auf eine handvoll großgewachsener Gestalten preiszugeben. Danach erloschen sie wieder. Ich spürte einen Luftzug - jemand ging zügig an mir vorbei. Direkt danach hörte ich schrille Schreie und Geräusche, als würde man in rohes Fleisch stechen. Ich war wie erstarrt, wollte die offensichtliche Information zur Herkunft der Geräusche nicht ergründen. Schwere Dinge fielen auf den Boden und gaben hin und wieder schmatzende oder platschende Geräusche von sich. Erneut erhellten Blitze den Raum und gaben für Sekunden ein Bild des Grauens preis. Meine Augen weiteten sich. Große Gestalten hingen halb über blutigen Körpern oder standen davor. Anhand der Kleidung konnte ich mit Sicherheit sagen, dass es sich um das ehemalige Personal handelte. Hatte ich dem Weiberhaufen doch heute mehrfach die Pest an den Hals gewünscht, wollte ich dennoch nicht, dass sie so ein Schicksal erlitten. Das hatten selbst sie nicht verdient. Mein Verstand schrie immer wieder: Lauf! Lauf weg! Versteck dich irgendwo! Aber mein Körper war wie gelähmt. Flackernd begannen einige Lampen doch wieder ihre Arbeit - ich wünschte sie wären auf ewig erloschen geblieben. Langsam, wie ein Raubtier, dass seine Beute eindeutig in die Enge getrieben hatte, näherte sich mir ein hochgewachsener Mann mit schwarzen lockigen Haaren und ebenso schwarzem Bart. Blackbeard. Marshall D. Teach persönlich. Mit einem abartigen Grinsen schritt er auf mich zu, schliff dabei irgendetwas Großes hinter sich her, dass qualvoll zu stöhnen schien. Aber die Laute waren gedämpft. Ich starrte ihn unentwegt an, vermied es, nach links oder rechts zu sehen. Was ich aus den Augenwinkeln sehen konnte, genügte mir völlig. "Ich muss wirklich neidlos zugeben, dass du einen ausgesprochen erlesenen Geschmack hast..." er stieß das Bündel vor seine Füße und meine Gesichtszüge entglitten vollends, als ich das feuerrote Haar sah. "... Eustass 'Captain' Kid!" Wie war das nur möglich? "Eustass...?" wisperte ich, meine Stimme war kurz davor, abzubrechen. Mühsam regte er sich, sah zu mir auf und ein Ausdruck unendlicher Sorge lag darin. Wut stieg in mir auf - was hatte er ihm nur angetan!? Überall klebte Blut an seinem Körper. Über seinem linken Auge klaffte eine unschöne Wunde und sein linker Arm war von der Schulter abwärts aufgeschlitzt, Sehnen und Muskeln waren sichtbar - und teilweise durchtrennt. So wie er zugerichtet wurde, würde er seinen Arm nie wieder bewegen können. "Was hast du ihm angetan, du Schwein!?" knurrte ich. Meine Stimme war hörbar am Zittern aber immerhin deutlich. Der Yonko lachte wieder und verpasste mir damit eine Gänsehaut - als ob mir nicht schon kalt genug gewesen wäre! Er beugte sich zu seinem Opfer herunter, riss ihm grob den Knebel heraus und zog ihn an seinen Haaren nach oben. "Ich finde, ich habe ihn bisher sehr liebevoll behandelt, nicht wahr Bürschchen?" Unter schmerzverzerrtem Gesicht sah er seinen Peiniger voller Abscheu an. "Krepier einfach und hör auf, unsere Luft zu verpesten, du Mistkerl!" "Ganz schön vorwitzig, der Grünschnabel." Er schleuderte ihn vor meine Füße. "Hier, ich schenke ihn dir." Sofort war ich bei ihm, bettete seinen Kopf behutsam auf meine Oberschenkel. "Eustass... bitte sag etwas..." Natürlich tat er jetzt auf hart, grinste mich verschmitzt an und hob leicht seine rechte Hand zu meinem Gesicht, strich mit seinen blutigen Fingern kurz über meine Wange. "Mir geht's blendend, Kätzchen. Schau nicht so traurig..." Teach begann, wieder lautstark zu lachen. Konnte der Kerl noch was anderes? "Dir scheint wirklich viel an ihm zu liegen - du kannst ihn behalten." dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck zu einer lüsternen Fratze. "Sieh es als Hochzeitsgeschenk!" "ICH HAB MICH WOHL VERHÖRT!!!" "Dein Ruf eilt dir voraus, kleine Hexe. Deine Fähigkeiten sind begehrt und sollten mir von Nutzen sein..." er ließ seinen Blick über meinen Körper gleiten und ich hatte das Gefühl, mir würde gleich schlecht werden, bei der Art, WIE er mich betrachtete. "... genauso wie dein reizender Körper." "Nur über meine Leiche!" knurrte ich böse. Kid griff nach meinen vor Wut und Kälte zitternden Fingern. "Nicht, Kat... provozier ihn... nicht. Er darf dich nicht... nicht bekommen! Du musst hier weg!" presste er mühsam hervor. Mein Blick schnellte zu meinem Kapitän und mein Herz krampfte sich zusammen beim Anblick seines gequälten Gesichtsausdruckes. "Das wird er auch nicht! Aber ich werde dich auch nicht einfach deinem Schicksal überlassen!" Dann schob sich noch ein anderer Gedanke in den Vordergrund, der mir ebenso wenig behagte, wie unsere momentane Situation. "Was ist mit Killer, Heat, Wire und den anderen?" Zur Antwort wandte er lediglich den Blick ab. Er brauchte auch nichts zu sagen - ich verstand die Geste auch so. Schon wieder hatte man mir meine Familie genommen. Und schon wieder konnte ich nicht da sein. Ein Gefühl der Ohnmacht überkam mich. "Weißt du, ich seh es gar nicht gern, wenn man mich warten lässt. Komm mit mir oder stirb - eine andere Alternative gibt es nicht." drang Blackbeards Stimme in mein Bewusstsein. Ich ließ Kid behutsam zu Boden gleiten, hob langsam meinen Kopf, zwang meine wackeligen Beine zum Aufstehen. "Falsch!" zischte ich ihm entgegen, während ich mich beschützend vor den Rothaarigen stellte. "Ich habe noch eine Alternative für dich: Du stirbst hier und heute durch meine Hand!" Ich hob meine Hand, wollte lediglich auf ihn zeigen, als mir das Schwert in dieser auffiel. Seit wann funktionierten Teufelskräfte in meiner Welt? Denn es war eindeutig die Waffe, die durch besagte Kräfte heraufbeschworen wurde - ich spürte es ganz deutlich an der Vibration und sah es an der Klinge. Teach mein Schwert vor die Nase zu halten, wirkte bei Längen bedrohlicher als nur meine Worte, das musste ich zugeben. Wenn er dachte, ich würde meinem Ende kampflos entgegensteuern, war er schief gewickelt! "Wie niedlich. Und was gedenkst du zu tun, nachdem du mich getötet hast?" fragte er neugierig, breitete seine Arme aus und deutete auf seine Männer, die hier noch überall im Raum standen - die hatte ich fast vergessen... Erneut zuckten Blitze, damit ich einen besonders guten Blick auf meine Feinde werfen konnte - das Wetter hasste mich doch! "Angenommen, du und dein kleiner Freund da überlebt den heutigen Tag tatsächlich - was habt ihr dann vor? Es gibt keinen Ort, an den ihr zurück könnt. Hier werden euch alle für die Schuldigen dieses Blutbades halten und in meine Welt kannst du nicht mehr zurück. Das Portal hat sich geschlossen. Und nur ich kann es wieder öffnen." War das sein Ernst!? "Dann werde ich einen anderen Weg finden!" gab ich entschlossen zurück. Ich wollte leben! Und ich war mir sicher Kid ebenso. Doch er lachte nur hämisch. Meine Sicherungen knallten endgültig durch und ich stürzte mich auf meinen Feind, dessen Gestalt gerade wieder durch ein Aufgleißen von draußen erhellt wurde. Der Yonko wich ein Stückchen aus, nicht viel aber weit genug, dass ich kein lebenswichtiges Organ verletzte. Er griff nach dem Schaft des Schwertes, zog es tiefer in seinen sich verändernden Körper. Dunkelheit quoll aus ihm heraus und ließ meine Waffe in eben jener langsam verschwinden. Hämisch grinste er mich an. "Ich bin neugierig, Kätzchen: Nachdem du mich getötet hast, was hast du als nächstes vor?" Meine Augen weiteten sich, Panik ergriff mich und ich rüttelte wie besessen an meinem Schwert. Erfolglos. Teach griff grob nach meinem Kinn und drehte es unangenehm zur Seite. "So eine Verschwendung..." kommentierte er nur und warf mich schwungvoll auf den Boden. Ich schlitterte über den Flur und blieb erst liegen, als ich von etwas weichem, noch warmen gestoppt wurde. Mühsam richtete ich mich auf und erkannte im kurz aufflackernden Licht, WAS mich aufgehalten hatte: Der leblose Körper meiner Arbeitskollegin. Ich wich erschrocken ein Stück zurück, kam jedoch nicht weit, da ich unsanft an meinen Haaren auf meine Füße gezogen wurde. "Was sollen wir mit ihr machen, Boss?" kam es desinteressiert von dem Mann, der mich unbarmherzig noch immer an meinen Haaren festhielt. "Halt sie schön fest, Raffit... Sie wird sich nämlich gleich ziemlich heftig wehren." prophezeite er düster und schritt daraufhin zu dem noch immer am Boden liegenden Kid. "Ach und tu mir doch einen Gefallen, ja? Sei so gut und belohne sie für jeden Schrei - sie hat so ein bezauberndes Stimmchen." "Gern." raunte mir angesprochener ins Ohr, drehte meinen rechten Arm auf meinen Rücken, während er mit seiner anderen Hand noch immer grob an meinem Schopf zog. Tränen bildeten sich in meinen Augen. Verflucht, das tat höllisch weh! "Zuerst schaffen wir uns diesen Grünschnabel hier vom Hals. Er ist für mich nutzlos geworden..." kräftig trat er Kid in den Magen, der sich daraufhin zischend krümmte. "Nein! ... AAH!!!" Raffit hatte mir ein Messer in meine verdrehte Hand gebohrt. War das die Belohnung?! Wenigstens hatte er die Hand aus meinem Haar genommen. Erneut trat Teach zu, dieses Mal gezielt in die Rippen und ein unschönes Knacken verriet mir, dass er ganze Arbeit geleistet hatte. Der Rotschopf spuckte Blut. "Aufhören!" ich presste meine Lippen aufeinander, als das Messer sich in meinen Unterarm bohrte. Stattdessen versuchte ich heftig, aus seinem Griff herauszukommen. "Boss... sie wehrt sich..." grummelte mein Peiniger genervt. "Zehahahaaaa! Sie ist halt eine echte Wildkatze, nicht wahr!" "Lass deine... dreckigen Finger... von ihr...!" Kid hatte sich den Stiefel des Yonko gekrallt. Sofort kassierte er dafür die Quittung in Form eines weiteren Trittes mitten ins Gesicht. Ich musste den Blick abwenden - das konnte ich einfach nicht mit ansehen. Aber was konnte ich schon tun? Tränen rannen wie Sturzbäche meine Wangen hinab. "Warum hörst du nicht auf? Du willst doch nur mich! Lass ihn doch zufrieden!" flehte ich verzweifelt. "Wie wahr... sieh mich an!" forderte er und ich richtete meine Augen auf das Monster. "Weißt du, ich bin ein Mann, der sein Wort hält. Ich war wirklich gewillt, deinen kleinen Spielkameraden am Leben zu lassen, wärest du mir ohne zu zicken gefolgt. Nun hat sich die Lage allerdings etwas geändert..." unheilvoll beugte er sich über sein Opfer, richtete seinen Oberkörper auf und sah mich weiterhin unverwandt an. "Du hast völlig Recht. Ich will NUR dich - ihn brauche ich nicht mehr." damit bohrte sich sein Krummsäbel durch den Brustkorb von Kid. "Nein... KIIIIIIIIIIID!" und im gleichen Moment spürte auch ich kalten Stahl durch meinen Körper dringen. "Och, Raffit... ich wollte mich doch noch etwas an ihrem Schmerz und ihrer Verzweiflung ergötzen... ZEHAHAHAHAHAAAAA!" Ich schmeckte Blut. Mein Blickfeld wurde unscharf. Das letzte, was ich sah, war der leblose Körper des Mannes, dem ich überall hin gefolgt wäre... überall hin gefolgt bin. Bis in den Tod. Atemlos und schweißgebadet erwachte ich, versuchte wegzukommen, von dem heißen Käifig, der mich an Ort und Stelle hielt und keine Flucht zuließ. Doch dieser verzweifelte Versuch war etwa genauso von Erfolg gekrönt, wie mein Verstand gerade logisch arbeitete. Nämlich gar nicht. "Scht, ganz ruhig, ich bin bei dir. Es ist alles gut." gehetzt sah ich mich in dem dunklen Raum um. Versuchte krampfhaft die Stimme zuzuordnen und den Schleier endlich von meinen Augen zu bekommen. "Ich bin hier, Kat. Es ist alles gut. Ich bin ja da." Endlich erkannte ich ihn. "Eustass...?" es war mehr ein Fiepsen als eine Frage. Meine Kehle fühlte sich staubtrocken an und kratzig. Kid hatte seine Arme beschützend um mich gelegt und mich an seine Brust gedrückt. Sein gleichmäßiger Herzschlag beruhigte mich allmählich. Er war da. Er war am Leben. Erleichtert atmete ich auf, entspannte mich langsam und ließ meinen Kopf gegen seine Brust sinken. Als mein Puls wieder regelmäßig schlug und ich mich beruhigt hatte, sprach er mich mit sanfter Stimme an. "Wieder ein schlechter Traum?" "Sie werden jede Nacht schlimmer... grausamer... realer..." Ich konnte den stechenden Schmerz in meienr Brust noch immer spüren, genauso wie das Brennen in meiner Hand und meinem Unterarm. "Willst du mir davon erzählen?" Seit fünf Nächten ging das nun schon so - seit wir diese Insel verlassen hatten. Jede Nacht verfolgte mich ein Albtraum nach dem anderen. Jede Nacht hielt Kid mich tröstend und beschützend in seinen Armen, stellte mir die gleiche Frage. Und jede Nacht hatte ich ihm davon berichtet. Aber dieses Mal war es anders. Der Traum war anders. Die ersten zwei Nächte durchlebte ich nur den Tod meiner Familie, die darauffolgenden zwei Folter in den Tiefen von Impel Down. Heute Nacht war ich zum ersten Mal selbst gestorben. Aus tränengetränkten Augen sah ich ihn an. "Es war so schrecklich!" Und das traf es noch nicht einmal ansatzweise! "Ich war in meiner Welt und hab gearbeitet. Dann kam ein Anruf... es war Blackbeard..." Kid sog hörbar die Luft ein. Ihm musste ich gewiss nicht sagen, wie grausam und gefährlich dieser Pirat war - er hatte es mit eigenen Augen bei der Gipfelschlacht gesehen und sicher gab es unzählige Zeitungsartikel über ihn. "Er tauchte plötzlich im Krankenhaus auf. Seine Leute töteten das Personal. Nur mich ließen sie am Leben." tonlos gab ich meine Erinnerungen wieder und der Rothaarige zog mich enger in seine Umarmung. "Er wollte mich zu seiner Frau nehmen... Du warst auch da. Er hatte dich gefoltert und verstümmelt. Als ich in meiner Wut versuchte, ihn anzugreifen, scheiterte ich natürlich. Einer seiner Untergebenen zwang mich dazu, mit anzusehen, wie er dich weiterquälte und anschließend tötete. Danach wurde auch ich getötet." Ich schmiegte mich an seinen warmen Oberkörper und versuchte, die Bilder des Traumes zu verscheuchen. Aber es wollte mir einfach nicht gelingen. "Ich kann die Kälte noch immer spüren. Es ist beinahe so, als wolle wirklich jemand nach meinem Leben greifen." "Niemand wird sich an deinem Leben vergreifen, solange ich noch ein Wörtchen mitzureden habe!" Meinte er bestimmend. Aber ich hatte die Sorge in seinen Augen längst bemerkt. "Versuch, noch etwas zu schlafen. Ich werde auf dich aufpassen." versprach er und dankbar kuschelte ich mich an ihn. Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Diese Freundschaft war wirklich etwas ganz besonderes. Seit wir miteinander geschlafen hatten, war die Spannung zwischen uns verschwunden. Wir stritten nicht mehr und der Umgang miteinander war nun um einiges leichter. Ich hätte nie gedacht, dass das so gut funktionieren würde. Außerdem hatte die Aktion endlich Klarheit in mein Gefühlschaos gebracht. Ja, ich begehrte ihn. Aber mehr auch nicht. Da waren keine tieferen Gefühle, keine Liebe - nur Freundschaft und der Sabberfaden. Aber es wäre ja nicht mein Leben, wenn es da nicht irgendwo einen unheilvollen Schatten gäbe, der mein Idyll störte... über diesen weniger schönen Gedanken fiel ich in einen - zu meinem Glück - traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen wurde ich unsanft durch lautes Poltern und das Schwanken des Schiffes geweckt. Es war so schlimm, dass ich sogar aus dem Bett fiel und auf meinem Hinterteil landete - ehrlich, ich konnte mir schönere Methoden vorstellen, den Tag zu beginnen! Schnell zog ich mir die nächstbeste Hose drüber und stürmte zur Tür. Waren das Kanonenschüsse? Wurden wir etwa angegriffen? Wieder schwankte es stark und ich verlor fast den Halt, konnte mich gerade so noch an der Klinke festhalten. Mit aller Kraft versuchte ich, die Tür aufzudrücken aber irgendetwas schien mir im Weg zu liegen... Lediglich einen kleinen Spalt bekam ich sie auf und konnte kurz nach draußen schielen. Marinesoldaten - natürlich! Wütend erzeugte ich eine Windhose und fegte bei Seite, was auch immer die Tür blockierte, um endlich aus der Kajüte zu kommen. Ich wünschte, ich hätte es nicht getan... Vor mir erstreckte sich ein Bild des Grauens: Unzählige verstümmelte Körper lagen an Deck verteilt und immer mehr gesellten sich dazu. Ich musste schwer schlucken. Inmitten dieses Alptraumes stand mein Käptn, sichtlich erbost und mit mordlüsternem Ausdruck. Er hatte mich anscheinend noch nicht bemerkt. Kid gab die Order an seine Männer weiter, das Kriegsschiff zu zerstören und setzte ebenfalls rüber. Ich wollte schon hinterher, wollte mich nützlich machen, als mich jemand am Fußgelenk festhielt und mir entgegenröchelte. Ich starrte hinunter und ein ungläubig dreinblickendes Augenpaar starrte zurück. "Du...? Aber... warum?" ächzte er. Woher kannte das Weißhemd mich? Doch dann fiel es mir wieder ein: Der Angriff von damals, wo ich an diesen überfürsorglichen Marinesoldaten, der sich unbedingt an meinen linken Arm klammern musste, meinen Ring verloren hatte. Insgeheim dachte ich kurz an die Worte des Teufels zurück, man solle unangenehm aufdringliche Personen lieber gleich beseitigen, sonst würden sie später einmal zu einem Problem werden. Ich hasste es, wenn er Recht hatte... Aber zugegebenermaßen hatte ich nicht damit gerechnet, dass er in der rauen See überlebt hatte... Und nun hatte ich den Kerl schon wieder an der Backe... naja oder eher am Bein. "Weil ich meine Wahl getroffen habe." entgegnete ich ihm mit fester Stimme. Verständnislos sah er mich an. Anscheinend war es für ihn undenkbar, dass ich freiwillig bei den Kid-Piraten geblieben war - mittlerweile sogar ein Teil der Mannschaft war. Ein markerschütternder Schrei erklang und mein Blick huschte rüber zum feindlichen Schiff. "Der Dämon... wütet!" krächzte das Häufchen Elend zu meinen Füßen. Dämon? Meinte er Kid? Kurz richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Soldaten. Ob ich ihn einfach wieder über Bord werfen sollte? Unkraut vergeht ja bekanntlich nicht. Er hatte es schon einmal geschafft, lebend davonzukommen - warum sollte es ihm nicht noch ein zweites Mal gelingen? Doch gerade als ich mich zu ihm runterbeugen wollte, sollte den armen Tropf sein Glück endgültig verlassen... Ein Hagel aus spitzen und scharfen Metallgegenständen prasselte auf unser Schiff nieder, verfehlte mich nur knapp und durchbohrte den bereits verletzten Mann am Boden. Als die erschlaffende Hand endlich mein Fußgelenk freigab, wich ich von dem leblosen Körper zurück. Gleichzeitig vernahm ich einen dumpfen Laut, sowie eine bedrohliche Aura. Der Kapitän war auf sein Schiff zurückgekehrt. Ich konnte nicht anders, als ihn einfach nur anzustarren. Sein Ausdruck war wild aber nicht mehr ganz so kalt. Er hatte einige oberflächliche Verletzungen davongetragen und, soweit ich es beurteilen konnte aus meinem völlig vernebelten Verstand, der mich noch immer blöd daherglotzen ließ, nur eine tiefere Schnittverletzung. Kids Blick fiel auf einen, sich noch immer rührenden Marinesoldaten, ging zu ihm, packte ihn am Schlawittchen und zog ihn hoch. Unsanft schüttelte er den Mann und blaffte ihm unverständliches Zeug entgegen. Allem Anschein nach gefiel dem Rothaarigen nicht im Mindesten, was er an Informationen bekam, denn sein Gesicht wurde zornesrot und kurz darauf vibrierte die Luft unheilvoll. Eustass zog das Metall in seiner unmittelbaren Umgebung an. Erst spickte er nur die Gliedmaßen seines Opfers damit, schien erneut auf ihn einzureden aber auch dieses Mal beschwichtigte ihn die Antwort in keinster Weise. Dann zielte er auf den Torso ohne lebenswichtige Organe zu verletzen. Wieder schien der gewünschte Erfolg auszubleiben. Zu Kids Füßen hatte sich bereits eine beachtliche Blutlache gebildet - lange würde der Marinesoldat nicht mehr bei Bewusstsein bleiben... Allerdings beendete der Teufel direkt danach seine Folter, durchlöcherte sein Opfer wie einen schweizer Käse und warf ihn anschließend ins Meer. Ganz langsam glitt sein Blick zu mir herüber. Seine Miene blieb völlig regungslos, während er mich einfach nur ansah. Mein Innerstes rebellierte heftig. Wollte ich wirklich freiwillig noch länger als nötig bei diesem blutrünstigen Monster bleiben? Es fiel mir unglaublich schwer, diesen skrupellosen Mann mit dem einfühlsamen der letzten Nächte auf eine Ebene zu stellen. Andererseits war Eustass Kid nicht durch Nettigkeiten zum höchsten Kopfgeld der elf Supernovae der schlimmsten Generation gekommen. Das wusste ich eigentlich auch schon vorher. Eigentlich... Diese Seite gehörte genauso zu ihm, wenn nicht sogar noch mehr, als die humane Seite, die ich anscheinend bisher ausschließlich kennen lernen durfte. Dachte ich jetzt anders von ihm? Veränderte sich dadurch etwas zwischen uns? Und würde ich seine Berührungen jetzt noch genauso zulassen können, wie vor diesem Bild des Grauens? Was sollte ich jetzt nur tun? Wie sollte es weitergehen? So viele Dinge gingen mir durch den Kopf. So viele Fragen. Fragen, die dringend nach einer Antwort verlangten. Aber alles, was ich tun konnte, war stumm dazustehen und ihn anzustarren... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)