Abenteuer im Land der Träume von Kikono-chan ================================================================================ Kapitel 8: Ordne deine Gefühle! ------------------------------- 8. Kapitel: Ordne deine Gefühle! (Katory) : Schon mal mitten auf hoher See deine Tage bekommen? Nein? War auch nicht die tollste Erfahrung... Wie sollte Frau bitteschön an Damenhygieneartikel kommen auf einem Piratenschiff mit rein männlicher Besatzung?! Richtig: Gar nicht! Mir war zum Heulen zu Mute - scheiß Hormonschwankungen! War ja nicht so, dass ich bereits mehr als genug um die Ohren hatte... wobei ich anmerken durfte, dass die letzten Nächte mit Kid echt schön waren - zumindest bis zu jenem verhängnisvollen Moment... Wir hatten uns über alles Mögliche unterhalten und dabei festgestellt, dass wir gar nicht so verschieden waren. Unter seiner rauen Schale steckte tatsächlich ein weicher Kern. Mit einem dezenten Aggressionsproblem... Er konnte es gar nicht leiden, wenn man ihn nicht für voll nahm - darum radierte er gerne mal das ein oder andere Dorf von der Weltkarte. Zugegeben, nicht unbedingt die eleganteste und erwachsenste Lösung aber hey irgendwie musste man sich ja Respekt verschaffen. Auch wenn ich es nicht unbedingt guthieß, hatte ich dennoch Verständnis. Er erzählte mir von seinen Abenteuern, die er mit Killer und den anderen bereits erlebt hatte und schaffte es immer wieder, mich in Staunen zu verstzen und zum Lachen zu bringen. Im Gegenzug erzählte ich ihm von meiner Welt, von den unbeschwerten Tagen als ich noch klein war. Dinge, die es hier nicht gab, veranschaulichte ich ihm mit Wolkengebilden. Meine Teufelskraft war durchaus recht nützlich. Eine Sache schien ihn jedoch besonders zu faszinieren. Mir war es damals schon aufgefallen, als ich ihm meine Tattoos gezeigt hatte. "Magst du mir nicht was zeichnen?" er setzte einen Hundeblick auf, doch ich schüttelte wehemend mit dem Kopf. Ich hasste es, wenn mir jemand dabei über die Schulter sah - sowas kam spontan und vor allem, wenn ich allein war. "Dann zeig mir einfach eine, die schon fertig ist." versuchte er es weiter. Kurz überlegte ich. Natürlich gab es da schon einige fertige Zeichnungen, wenn man diese denn als solche bezeichnen wollte. Für mich war es eher Gekritzel, dass immer dann entstand, wenn mir langweilig wurde oder ich mich nicht mehr konzentrieren konnte. Jene Kritzeleien zierten dann meist den Rand meiner Hefter in der Schule - wer brauchte schließlich schon einen Korrekturrand? Hier bei Kid war es mein Notizbuch, welches mit diesen Nettigkeiten bestückt wurde - mein neuestes Lieblingsmotiv: Ein Mini-Kid, der von einem Mini-Killer gepiesackt wurde. Es bereitete mir jedes Mal auf's Neue eine diabolische Freude, diese Kritzeleien zu betrachten. Mir war sehr wohl bewusst, dass Kid der Käptn und nicht sonderlich gut Kirschen essen mit ihm war, wenn er schlechte Laune hatte aber Killer war in meinen Augen so etwas wie der große Bruder, die Stimme der Vernunft, der Knüppel, der hinter Kid stand und ihm den Hintern versohlte, wenn dieser mal wieder Scheiße bauen wollte oder der Rettungsanker, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen war. Ohne Killer lief hier gar nichts. Und das wusste Kid. Manchmal fragte ich mich, ob der Vize nicht ohne seinen Käptn besser dran wäre, verwarf diesen Gedanken aber immer wieder ganz schnell. Diese beiden verband eine langjährige und bedingungslose Freundschaft, worum ich sie ehrlich beneidete. "Vielleicht später irgendwann mal..." antwortete ich ihm letztendlich und beendete das Thema damit, sehr zu seinem Leidwesen. Er konnte es einfach nicht leiden, wenn er seinen Willen nicht bekam. Also zückte ich dann doch meinen Bleistift, zog ein leeres Blatt hervor und malte einen Himmel mit großen Wattewolken. Grinsend überreichte ich ihm mein 'Kunstwerk' und sofort begann er laut zu lachen. So langsam wusste ich, wie ich ihn zum Lachen bringen konnte. Immerhin war ich schon fast einen ganzen Monat hier. Wie doch die Zeit verflog... Moment! Einen ganzen Monat? Plötzlich drängte sich ein unangenehmer Gedanke in den Vordergrund - kurz bevor ich Kid das erste Mal in meiner Welt begegnet war, endete gerade mein Zyklus... Wie auf's Stichwort wurde mir schlagartig übel und panisch rannte ich ins Bad, nur um feststellen zu müssen, dass das Unheil bereits seinen Lauf genommen hatte. Mist! Mist, Mist, Mist, Mist! Und jetzt? So konnte ich unmöglich zurück zu Kid gehen. Gehetzt lief ich im Bad auf und ab, als ein Klopfen und ein vorsichtiges Räuspern mich aus meinen Gedanken riss. "Alles okay bei dir?" kam es besorgt von dem Rotschopf. Nein, natürlich nicht! Verflucht... "Mir ist nur etwas übel..." zumindest war es nicht gelogen, wie mir gerade wieder bewusst wurde. Zudem setzten in diesem Augenblick auch noch meine geliebten Bauchkrämpfe ein. Warum musste das auch immer so schrecklich unangenehm sein? Als ob der Mist nicht an sich schon eklig genug war! "Kann ich... Soll ich... Brauchst du irgendwas?" Ohja! Eine Aspirin, eine Ibuprofen und eine Buscopan, bitte! Achja, und ein paar Damenhygieneartikel - innerlich lachte ich mich selbst aus. Mit keinem der Begriffe würde er sonderlich viel anfangen können, oder wollen. "Nein, schon gut... Lass mich bitte einfach nur einen Moment in Ruhe, ja?" es gefiel mir zwar ganz und gar nicht ihn wegzuschicken aber was blieb mir anderes übrig? Er konnte mir ja doch nicht helfen - und seine Hilflosigkeit hatte ich bereits aus seiner Stimme lesen können, da musste ich sie nicht noch in seinem Gesicht sehen. Nach einigen Minuten der Stille, in denen ich meinen Kopf gegen die kühlen Fliesen gelehnt hatte, kam mir dann doch eine Idee, wie er mir helfen konnte - und wobei er nichts kaputt machen konnte. "Eustass...?" schwach erklang meine Stimme - natoll! Nun würde er sich noch mehr Sorgen machen! "Ja?" er stand noch immer auf der anderen Seite der Tür und hatte sich allem Anschein nach nicht einen Millimeter bewegt, was mir ein flüchtiges, schwaches Lächeln auf die Lippen zeichnete, bevor sie sich wieder vor Schmerz verzogen. "Ein Kräutertee wäre schön." "Kommst du bis in die Kombüse? Ich kann ihn dir auch ins Zimmer bringen... oder ins Bad... oder ich trag dich rüber?" Bloß nicht! Ich war ja nicht todsterbenskrank! Auch wenn es sich nur knapp anders anfühlte... "Ich komm gleich nach." kurz darauf entfernten sich seine Schritte von der Tür und ich konnte hören, wie er die Kajüte verließ. Erst danach setzte ich mich langsam in Bewegung, nachdem ich gewisse Vorkehrungen getroffen hatte. Uuuuuh diese Schmerzen!!! Ich hatte mich bereits bis zur Kajütentür vorgekämpft, als diese vorsichtig aufgezogen wurde. Überrascht sah ich Wire an. "Was tust du denn hier?" "Dich retten." antwortete er breit grinsend, schob mich zurück in die Kajüte und drückte mir eine kleine schwarze Tasche in die Hand. Ich spähte hinein und meine Augen wurden groß und leicht nass - diese verfluchten Hormone!! "Wire, aber woher...?" "Frag nicht, Süße. Ich kann auch rechnen, weißt du. Früher oder später musste das ja passieren. Und als unser Käptn gerade völlig aufgelöst versuchte, einen Tee zu kochen, hatte ich so eine Ahnung. Diese Vorkehrungen hatte ich im Übrigen schon getroffen, als du die erste Woche bei uns gewesen bist - ganz im Gegensatz zu dir, wie mir scheint." "Du bist meine Rettung!" ich umarmte den schwarzhaarigen Hünen und huschte ins Bad - komisch wie gut ich manchmal diese unerträglichen Schmerzen ausblenden konnte. Das musste wohl an den Glücksgefühlen liegen. Naja, wenigstens musste ich mir jetzt keine Sorgen mehr um meine Unterwäsche machen - es war sogar eine Kopfschmerztablette mit dabei, juchu! Wire war schon goldwert! "Ich hatte es vollkommen verdrängt, wenn ich ehrlich bin. Außerdem hatte ich anfangs nicht erwartet, überhaupt so lange hier zu sein. Irgendwie ist das alles... aus dem Ruder gelaufen. Keine Ahnung..." Ja, ich hatte es wirklich vergessen. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn dieses Problemchen sich einfach in Luft aufgelöst hätte. Ein glucksendes Lachen erklang vor der Tür. Als ich dann nach einer kleinen Ewigkeit mit Wire im Schlepptau in die Kombüse kam, wartete Kid bereits völlig ungeduldig auf mich. Prüfend sah er mich an. "Ist alles okay? Du siehst so blass aus." Sofort klebte seine Hand an meiner Stirn. "Du kannst deine Hand wegnehmen, Eustass. Ich bin nicht krank..." Verständnislos sah er mich an. Schnell griff ich nach der großen Tasse mit dem Tee, um seinem Blick zu entkommen. Wire kicherte leise neben mir. "Hast du nichts zu tun?" knurrte ihn der Rothaarige an. "Ich habe heute Küchendienst - ich bin hier genau richtig, Käptn." wütend wurde der schwarzhaarige nun angefunkelt. "Eustass, lass ihn doch..." "Aber -" "Aber was?" fiel ich ihm bissig ins Wort. Ohoh, die Stimmungsschwankungen setzten ein. Er schnaubte wütend und ich massierte mir den Nasenrücken. Jetzt nur nichts Falsches sagen - immerhin hatte er sich genauso Sorgen gemacht wie Wire und sich sogar dazu herabgelassen, mir einen Tee zu kochen. "Tschuldige, Eustass. Bin wohl nicht ganz auf der Höhe. Danke für den Tee." immerhin brummte er nur noch. Danach herrschte Schweigen. Wie ich solche Situationen hasste... Wire grinste die ganze Zeit über wissend vor sich hin, wofür er von Kid vernichtende Blicke erntete, wenn der Teufel nicht gerade sorgenvoll zu mir sah. Um dieser unbehaglichen Situation schneller zu entgehen, stürzte ich das heiße Getränk zügiger runter, als es meinem angeschlagenen Magen lieb war. "Ich geh schlafen... Nacht, Jungs." "Nachti." flötete Wire mir hinterher. Schwere Schritte verfolgten mich zurück in die Kajüte, gepaart mit einem stechenden Blick, der mir nur noch mehr Unbehagen bereitete. Vor der Tür drehte ich mich seufzend zu ihm um. "Eustass, bitte, sieh mich nicht so an. Es hat nichts mit dir zu tun, dass es mir so beschissen geht." beschwichtigend legte ich meine Hand auf seine Wange. Es sollte das letzte Mal in den kommenden Tagen sein, dass ich so freundlich zu ihm war... Plötzlich wurden seinen Augen groß. "Aber du bist nicht...! Von diesem Oberarsch...!?" mir fiel die Kinnlade runter - auf was für Gedanken kam er nur immer?! "Gott, NEIN, Eustass, wo denkst du hin? Abgesehen davon hat er mich seit über einem halben Jahr nicht mehr berührt..." drehte ich das Messer in meinem geschundenen Ego gerade selbst herum? Meine Güte, wann war ich so masochistisch geworden? Unglaube lag in seinen Augen, dann schüttelte er schnell den Kopf. "Was wolltest du nur mit so einem Vollpfosten?" Ich zuckte nur mit den Schultern. "Damals erschien es mir richtig. Reden wir nicht mehr darüber - das Thema ist für mich längst abgehakt." somit ging ich hinein und Kid folgte mir. Im Bad zog ich mich noch schnell um, entschied mich aber für eine längere Hose zum Schlafen - auch wenn ich jetzt schon wusste, dass es mir viel zu warm werden würde - aber in der kurzen fühlte ich mich gerade einfach nicht wohl. Beinahe enttäuscht blickte der Rotschopf auf meinen eingehüllten Körper, fragte aber nicht weiter. Im Bett rollte ich mich, mein Kissen vor meinen Bauch gepresst, in Embryonalstellung zusammen in meine Decke. Mir war durchaus bewusst, dass ich somit verhinderte, dass mein Teufel sich ankuscheln konnte aber in meinem jetzigen Zustand war mir das schlichtweg unangenehm. Am nächsten Morgen schleppte ich mich müde und kraftlos ins Bad. Hölle noch eins, wie ich es in solchen Momenten hasste eine Frau zu sein! Mürrisch suchte ich nach bequemen Klamotten und fand eine Dreiviertelhose mit Bund statt Knopf und ein weites TShirt, welches ich ursprünglich als Schlafshirt gekauft hatte - aber ich kam einfach nicht von Kid seinem los... Müde machte ich mich auf den Weg in die Kombüse und begegnete unterwegs Wire. "Guten Morgen, Süße. Du siehst ja furchtbar aus!" Er war der einzige, der mir diesen Kosenamen geben durfte und noch dazu im selben Atemzug so einen Kommentar bringen konnte, ohne, dass ich endgültig die Fassung verlor. "Hab beschissen geschlafen..." grummelte ich und er lachte vergnügt. "Ich weiß da etwas, was dich aufmuntern kann. Schau mal!" er zeigte zur Steuerbordseite und tatsächlich hellte sich meine Miene auf. "Eine Insel!" "Genau. Und sie ist bewohnt.Was hälst du von einer ausgiebigen Shoppingtour? Ich zahl auch, wenn du Frühstück machst." Er wusste wirklich, wie man mich aufheitern konnte. Ich musste herzhaft lachen. "Was genau willst du bezahlen, Wire? Du verhandelst ja doch solang, bis wir die Klamotten geschenkt bekommen. Wenn einer die Leute über den Tisch ziehen kann, dann du!" "Darum ja." "Einverstanden - ich geh schonmal in die Kombüse. Hast du irgendeinen besonderen Wunsch?" "Deine gefüllten Reisbällchen!" "Haha, aber gerne doch." "Wo ist eigentlich Heat?" "Ach hör mir doch auf mit der Rastalocke..." ich seufzte, während ich die ersten Reisbällchen zubereitete. "Habt ihr euch schon wieder gezankt?" "Er ist halt einfach ein emotionaler Krüppel!" "Oh nein! Sag sowas nicht, Wire! Du weißt, dass das nicht stimmt." "DOCH! Und in seinem Hirn ist nur Platz für Essen..." mir dämmerte langsam. "Was hat er vergessen?" fragte ich sanft. Wire schürzte seine Lippen. "Meinen Geburtstag..." kam es dann leise. "Guck nicht so, Katory! Heat ist der einzige, der es weiß... Vielleicht weiß es noch unser Vize aber auch der hat null Anstalten gemacht..." "Wann hattest du denn?"" "Vor vier Tagen..." kam die genuschelte Antwort. Oh, das war der letzte Tag auf der Insel, auf der ich meine Teufelskräfte trainiert hatte. Da war zumindest Killer verhindert... Aber Heat? Wo war der Trottel überhaupt? Ich hatte ihn, wenn überhaupt, in den letzten Tagen nur flüchtig gesehen. "Ich denke nicht, dass er es absichtlich vergessen hat." verächtliches Schnauben kam von dem Schwarzhaarigen. "Es gibt sicher eine einfache Erklärung dafür. Vielleicht wurde er mit Arbeit überhäuft. Du weißt doch, wie Eustass sein kann." "Ist ja jetzt auch egal..." seine Stimme verriet allerdings das Gegenteil. Es nahm ihn schon ziemlich mit, dass sein bester Freund diesen wichtigen Tag vergessen hatte. Nach dem Frühstück machten Wire und ich uns dann auf, das naheliegende Dorf in Augenschein zu nehmen. Es war viel größer als wir zeurst annahmen und wir fanden tatsächlich das ein oder andere Teil, welches mir stand. Außerdem gab es hier auffallend viele Schmuckläden. In einer kleinen Seitengasse machten wir dann vor einem Halt und interessiert betrachtete ich die wunderschön gefertigten silbernen Ringe in der Auslage. Ein melancholisches Lächeln huschte über meine Lippen - hatte ich meinen eigenen doch vor einiger Zeit verloren. Vermutlich hatte ich das diesem nervigen Marinesoldaten zu verdanken. Sei es drum. Bedeutet hatte der Ring mir eigentlich nichts mehr - aber er war recht hübsch gewesen. Allerdings wurde bei den Wucherpreisen jeder Gedanke an eine Neuanschaffung im Keim erstickt. Somit gingen wir weiter. Im Schaufenster konnte ich allerdings zwei Spiegelungen erkennen, die mir sehr vertraut waren. Warum beobachteten Killer und Kid uns? Folgten die zwei uns etwa? Vielleicht war es ja auch nur Zufall... Schnell schüttelte ich jedweden Gedanken an die beiden ab - ich wollte einfach nur mit Wire shoppen gehen und den Rest ausblenden. Zwei Abende später sollte mein angeknackstes Ego erneut auf eine harte Probe gestellt werden. Ich hatte ein wirklich gutes Buch über Medizin in dem kleinen Dorf gefunden und hockte nun in Killers Zimmer unter Deck, um es in Ruhe zu lesen. Kid kam nicht hier runter - warum, wusste ich selbst nicht so genau. Aber es verschaffte mir die nötige Ruhe, die ich momentan brauchte und sehr genoss. Meine Kopfschmerzen würden mich sonst noch umbringen... oder die Krämpfe... wahlweise könnte ich mich auch von Bord stürzen, weil mir die übertriebene Sorge und schlechte Laune des Teufels den letzten Nerv raubte. Womit wir zurück bei den Kopfschmerzen wären. Deswegen war es in dem Zimmer auch recht dunkel bis auf eine einzige Kerze, die für gerade so viel Licht sorgte, dass ich lesen konnte. Weil ich mich weitestgehend aus der Kapitänskajüte zurückgezogen hatte, war nun Killer des Öfteren bei seinem Kapitän. Vermutlich damit er nicht so einsam war. Ich musste kurz lachen bei dem Gedanken - Kid und einsam! Zumal die beiden sich die meiste Zeit über stritten, wie ein altes Ehepaar. Das konnte ich selbst hier unten gedämpft hören, was mich nur immer wieder mit dem Kopf schütteln ließ. Diese zwei Hitzköpfe... Jetzt verstand ich auch, warum die zwei jeder ihre eigene Kajüte hatten - Killer war nicht minder streitsüchtig wie sein Käptn. Die zwei stichelten solang, bis einer von ihnen explodierte - meistens ging Kid zuerst in die Luft. Vertieft in mein Buch, fiel mir erst nach etwa 20 spannenden Seiten auf, dass ich mir noch gar keine Notizen gemacht hatte. Kurz sah ich mich um - natürlich war mein Notizbuch nicht hier unten... Ich musste es oben in meiner Schublade gelassen haben. Kid hatte mir mittlerweile einen kleinen Schreibtisch organisiert - oder selbst gebaut? - auf dem sich etliche Bücher über Medizin gestapelt hatten, bis er mir dann auch noch ein Regal in seine Kajüte gestellt hatte. Nun war mein eigenes kleines Reich meistens aufgeräumt, bis auf vereinzelte Notizen, die ich noch nicht in die Schublade geräumt hatte. Aber der Rotschopf störte sich nicht an meinem Chaos, blätterte er oft genug doch selbst durch meine Notizen und las sie interessiert durch - ob er überhaupt verstand, was ich da hingekritzelt hatte? Schließlich verwendete ich viele Abkürzungen, lateinische Begriffe oder kritzelte noch Randnotizen zu den Notizen, was meine Zettel auf den ersten Blick nur verwirrend und chaotisch wirken ließ - nur ich erkannte mein System dahinter. Aber eben jene Notizen konnte ich gerade nicht machen. Ich überlegte kurz. Sollte ich mich in die Höhle der zwei Streithammel begeben oder einfach bis morgen warten und es mitnehmen, bevor ich die Kajüte wieder verließ? Ich entschied mich für die Höhlenforschung und schlenderte hinauf zur Kapitänskajüte. Bereits kurz vor der Tür konnte ich deutlich die zwei Streithähne hören. "Pfoten weg! Ich kann das allein!" Ooooookay.... was passierte da gerade? "Geh weg, Killer!" Wollte ich da jetzt wirklich rein? "Nimmst du deine Griffel da weg!" Augen zu und durch... Ich drückte die Klinke herunter und betrat den Raum. "Wovon soll er seine Finger nehmen?" ungläubig betrachtete ich das Bild, welches sich mir bot. Killer hing halb über seinem Käptn und sah mich über dessen Schulter hinweg an, während Eustass zurückgelehnt in seinem Stuhl hing und schnell an seiner Hose nestelte. "Was treibt ihr Jungs da überhaupt?" "Was machst du schon hier? Ich denke du liest unten in Killers Kajüte..." Man, warum wurde er denn gleich so bissig? Ich muss ja extrem gestört haben. Beleidigt ging ich auf meinen Schreibtisch zu und öffnete die unterste Schublade, in der sich mein Notizbuch und ein Stift befand. "Wollte nur mein Notizbuch holen... Entschuldigt die Störung..." Ich war schon wieder auf dem Rückweg, als sich eine starke Hand um mein Handgelenk schloss. "Kat, warte..." "Lass mich bitte in Ruhe, Eustass..." Es sollte mich doch völlig kalt lassen, was die beiden hier taten - aber warum tat es dann so verdammt weh!? Sofort löste sich sein Griff wieder und er ließ mich ziehen. Ich pfefferte mein Notizbuch auf Killers Tisch und warf mich auf sein Bett. Na wunderbar! Und was sollte ich jetzt tun? Genervt fuhr ich mir durch meine blonden Haare - auf mein Buch konnte ich mich jedenfalls nicht mehr konzentrieren. Meine Augen schließend, versuchte ich, meine konfusen Gedanken und mein inneres Gefühlschaos zu ordnen. Ob zwischen dem Vizen und dem Käptn wirklich was lief? Auf den letzten bewohnten Inseln konnte ich Killer stets dabei beobachten, wie er sich an die Frauen ranmachte und immer mal wieder mit einer in eine dunkle Ecke verschwand. Während Kid dagegen niemanden der Inselbewohner auch nur eines Blickes würdigte. Dabei hatte mir sein Vize erzählt, dass Kid ein richtiger Schürzenjäger war. Davon hatte ich allerdings bisher recht wenig mitbekommen. Aber vielleicht tat er es auch, wenn ich mit Wire, Heat und Killer unterwegs war... Wirklich Gewissheit würde ich aber nur bekommen, wenn ich ihn mal darauf ansprach - bei meinem 'unermesslichen' Potential an Mut also eher nie. Also weiter zu meinem Gefühlschaos... Kid brachte mich ständig aus der Fassung! Obwohl ich gern in seiner Nähe war, hatte ich stets ein flaues Gefühl in der Magengegend, wenn er mich an sich zog. Mir war sehr wohl bewusst, dass diese Empfindungen nur in zwei Richtungen gehen konnten: Tiefste Abneigung oder hoffnungslose Verliebtheit - beides wollte ich nicht! Alles, was ich wollte, war seine Freundschaft, mehr nicht. Mein ohnehin angeschlagenes Herz würde es nicht noch einmal ertragen, gebrochen zu werden - und er würde es mir brechen, dessen war ich mir absolut sicher. Also musste ich den ersten Anflug zärtlicherer Gefühle schleunigst unterbinden. Ich kannte diese Anwandlungen nur zu gut. Im Grunde waren es nichts weiter als Schwärmereien, die ich oft genug fälschlicherweise für Liebe gehalten hatte. Aber aus Angst wieder allein zu sein, redete ich mir ein, es wäre etwas Tieferes sobald ein Schwarm Interesse an mir bekundete. War ich überhaupt schon einmal verliebt gewesen? Also ich meine, so richtig verliebt. Selbst bei Raik war ich mir da heute nicht mehr so sicher. Am Ende war es vielleicht doch nur Gewohnheit, ihn ständig um mich zu haben. Vermutlich kam ich deswegen so schnell über ihn hinweg. Was mich im Grunde wirklich kränkte und verletzte, war die Tatsache, so leicht ersetzlich gewesen zu sein... Aber zurück zu meinem aktuellen Problem. Dann wollen wir uns diesen Idioten mal ausreden! Also... Eustass Captain Kid... ein rothaariger Teufel, der lieber Dinge mit Gewalt löste, statt eine vernünftige sachliche Diskussion zu führen. Er war cholerisch und ging wegen jeder Kleinigkeit an die Decke. Außerdem war er ein perverser Grapscher! Und legte, laut seinem Vize, alles weibliche flach, was nicht bei drei aus seiner Reichweite war. Er war selbstverliebt, überheblich und ein Großkotz. Wie sein überdimensionales Ego überhaupt in seinen Körper passte, war mir ein echtes Rätsel. Apropos Rätsel: Die hellste Leuchte auf der Krone war er auch nicht... zumindest nicht dann, wenn es notwendig war, seinen Grips zu benutzen! Denn in genau solchen Situationen, wo kurzes Nachdenken zu unkomplizierten Lösungen verholfen hätte, ging er mit dem Kopf durch die Wand. Dabei war er gar nicht so ungebildet, wie er gern tat - aber er überließ das Denken lieber seinem Vize, denn er selbst hatte viel mehr Freude daran, Dinge kaputt zu machen. Dabei war er auch handwerklich sehr begabt, wie ich nicht zuletzt daran sehen konnte, mit welcher Geschicklichkeit er das Schiff reparierte. Davon mal abgesehen, dass er unglaublich heiß aussah, wenn er Dinge instand setzte mit den leichten Schweißperlen auf seinem nackten Oberkörper und dem konzentrierten Blick. Viel zu gern ließ ich mich an seine muskulöse Brust drücken und lauschte seinem kraftvollen Herzschlag. Ich zog die Stirn in Falten - das ging gerade eindeutig in die falsche Richtung! Ich sollte lieber damit aufhören. Egal, wie attraktiv ich ihn auch finden mochte, Kid war nur ein guter Freund. Punkt. Ende der Diskussion! Plötzlich warf sich jemand schwungvoll neben mich und lehnte sich über meinen Bauch. Welcher Bastard...?! Genervt öffnete ich die Augen und starrte auf Killers Maske. Der Typ hatte sie ja wohl nicht mehr alle! "Tickst du noch ganz sauber?!" blaffte ich ihn an - ich hatte noch immer leichte Unterleibsschmerzen und sein Gewicht trug nicht gerade zur Linderung ebendieser bei! "Warum so böse?" fragte er unschuldig. "Verzieh dich Killer - ich bin gerade nicht scharf auf Gesellschaft..." "Warum so schlecht gelaunt?" "Geh von mir runter, Killer!" knurrte ich nun drohend. Was wollte er von mir? Sonst war er doch auch nicht so aufdringlich. "Ehrlich, Katory, deine schlechte Laune ist nicht zum Aushalten. Vielleicht solltest du dich auch mal ein bisschen austoben. Ich bin mir sicher, Kid kann dir da gern weiterhelfen." mein Gesicht wechselte von Unglaube zu Empörung - jetzt hatte er den Bogen endgültig überspannt! Grob stieß ich ihn von mir runter und griff zu meinen Wurfmessern. Als das erste ihn nur knapp verfehlte, nahm er endlich die Beine in die Hand. "Verpiss dich, Killer! Raus hier aber plötzlich!" mag sein, dass ich vielleicht etwas (!) laut geworden war... Schnurstracks lief er zurück zur Kapitänskajüte. Leider landete mein Messer genau in der Tür zu jenem Raum und ich fluchte leise - der Kerl war aber auch verdammt fix. Langsam wurde die Tür aufgeschoben und Kid zog seelenruhig meine Waffe aus dem Holz und schickte sie mir mit seinen Teufelskräften zurück. "Hättest du die Güte, dein Messer woanders zu platzieren, als in meiner (!) Tür." ich schnaubte nur zur Antwort, steckte mein Messer zurück und drehte mich um. Vielleicht sollte ich in die Kombüse gehen und etwas Kochen? Auf diese Art könnte ich mich wenigstens in nützlicher Weise abreagieren. "Gibt es Ärger im Paradies?" kicherte Wire, der sich zu mir in die Kombüse gesellt hatte, gefolgt von Heat. Verdutzt sah ich die beiden an, meinen bissigen Kommentar sogleich vergessend, als ich die zwei wieder vereint sah. "Habt ihr euch wieder vertragen?" Verlegen kratze der blauhaarige sich am Hinterkopf und Wire nickte bestätigend. Während ich mich daran machte, eine köstliche Meeresfrüchteplatte vorzubereiten, erzählten mir die beiden ausführlich, wie es zu all dem gekommen war. Heat hatte Wires Geburtstag nicht vergessen - es bestand nur das Problem dass seine Überraschung für seinen besten Freund nicht auf dem Schiff funktionierte. Und da die gesamte Crew ein Landgangsverbot aufgedrückt bekommen hatte - an dem ich Schuld war -, musste er leider warten. Es war damals einfach zu gefährlich gewesen, die Insel zu betreten, solange ich meine Teufelskräfte noch nicht unter Kontrolle hatte. Aber vor zwei Tagen dann hatte Heat den schwarzhaarigen zu einem kleinen Hügel außerhalb des Dorfes bestellt, von wo aus man einen herrlichen Blick über die Insel hatte. Unweit davon hatte er dann ein riesiges Feuerwerk gestartet - nur für Wire. Der Pyromane wusste genau, wie sehr Wire die bunten Lichter mochte und hatte sich extra große Mühe gegeben. Irgendwie war es schon süß... Freundschaft, vor allem die echte, bedingungslose, war etwas unglaublich Kostbares. Dabei fiel mir ein, dass ich meine derzeit mit Füßen trat... Ich sollte mich wirklich bei ihm entschuldigen... Also schnappte ich mir einen Teller voll mit Essen und ging zur Kapitätnskajüte. Unschlüssig blieb ich dann doch davor stehen. Ob er allein war? Ob er mich überhaupt sehen wollte? ... Ich würde es nie herausfinden, wenn ich hier nur dumm rumstand! Zaghaft klopfte ich an und erhielt nur kurz darauf die Genehmigung, einzutreten. Langsam näherte ich mich ihm. Er hing noch immer an seinem Schreibtisch - was tat er nur den ganzen Tag? Mit vorsichtiger Neugierde musterte ich ihn. Er sah abgespannt aus, sein Haar war verwuschelt, als wäre er sich zu oft mit den Fingern durchgefahren. Sein Mantel hing achtlos über der Stuhllehne und seine Fliegerbrille lag auf der letzten Ecke des Tisches. Ich stellte ihm den Teller vor die Nase. "Ich dachte, du könntest vielleicht Hunger haben..." er hatte sich zu mir gedreht und seine rotgoldenen Augen sahen mich prüfend an. Zögernd ließ ich meine Hand am Teller - vielleicht hatte er auch gar keinen Hunger. "Ich kann es auch wieder mitnehmen, wenn du nicht magst..." es wäre das erste Mal, dass er mein Essen verschmähte... "Nein, lass nur - ich hab gar nicht bemerkt, wie spät es geworden ist... Danke." mein Herz machte einen Freundensprung. Er hatte sich gerade wirklich bei mir bedankt! Ich lächelte ihn an. Sah er das überhaupt? Es war ja schon ziemlich dunkel. Ich beschloss, etwas Licht zu machen. "Du solltest dir ein bisschen mehr Licht machen, Eustass. Du verdirbst dir noch die Augen." damit langte ich in eine kleine Kiste, holte zwei Kerzen heraus und zündete diese an. Dazu musste ich mich etwas vorbeugen und augenblicklich klebten seine Augen in meinem Dekoltee. "Eustass... könntest du deine Nase wohl aus meinem Ausschnitt nehmen!" Er tat noch nicht einmal so, als wäre ihm das unangenehm - Männer! Ich schlurfte zum Bett und ließ mich mit einem Seufzer darauf fallen. "Eustass..." "Hm?" "Tut mir Leid, dass ich im Moment so unausstehlich bin..." "Davon kann ich mir auch keine neuen Nerven kaufen..." brummte er. Dieser...! Dieser...! Argh! Nein! Ich würde mich jetzt NICHT aufregen - meine Nerven waren schließlich genauso strapaziert worden. Außerdem war das nicht der Grund, warum ich hergekommen war - ich wollte meine Freundschaft retten und nicht noch weiter zerstören. "Ich hab die letzten Nächte beschissen geschlafen..." gestand ich. Ich vermisste seine Nähe... seine starken Arme, die mich festhielten und die Alpträume fernhielten, die mich die letzten Nächte wieder heimgesucht hatten. Alpträume vom Tod meiner Familie und von der Einsamkeit. Ich wollte nicht mehr allein sein. "... darf ich mich heut Nacht wieder ankuscheln?" Mein Gesicht glühte und um ihn nicht ansehen zu müssen, starrte ich auf den Boden vor mir. Hoffentlich lachte er mich jetzt nicht aus... "Wenn du magst..." Musik in meinen Ohren! Von ganz allein breitete sich mein Grinsen von einem Ohr zum anderen aus. Doch dann erhob er sich und ging einfach ins Bad. "Ich bin duschen..." Was... Wieso? Beleidigt schnappte ich mir sein Kissen, nachdem ich mir mein Schlafshirt - also sein TShirt - angezogen hatte. Alles andere hatte ich achtlos auf den Boden geworfen. Ich rollte mich von einer Seite auf die andere und blieb irgendwann auf seiner liegen, sein Kissen eng an mich gedrückt, um wenigstens seinen Duft einatmen zu können, wenn er schon nicht persönlich erscheinen wollte... Wie konnte man nur so lange duschen?! Ich spürte deutlich, wie ich langsam wegdriftete aber Kid kam noch immer nicht zurück... Ich wurde von warmen rauen Lippen in meinem Nacken geweckt. Genüsslich reckte ich den Hals und öffnete halb meine Augen. Rote Haare streichelten mein Gesicht. Kid!? "Mmh... Eustass..." murmelte ich noch schlaftrunken und gleichzeitig berauscht von dem angenehmen Kribbeln, welches seine Lippen auf meiner Haut verursachten. Dabei sollte ich das hier doch gar nicht genießen! Nicht mit ihm! ... Aber ich tat es. Wohlige Schauer breiteten sich in meinem Körper aus, verpassten mir eine Gänsehaut - wie war ich in diese Situation geraten? Seine Finger legten sich um mein Kinn und drehten meinen Kopf zu ihm. Flüssiges Bernstein traf auf Dunkelgrau und nahm mich gefangen. "Kid reicht völlig, Kleines." raunte er. Allein diese tiefe, verführerische Stimme machte mich gerade willenlos. Ich war ihm hoffnungslos verfallen. Unbewusste biss ich mir auf die Unterlippe, als ich mich in seiner Umarmung zu ihm umdrehte. Er lachte rau und kam meinem Gesicht verdammt nah. "Du bist so verdammt heiß." sein warmer Atem striff meine Lippen, ließen sie leicht beben. Ach scheiß doch auf die Vorsätze vom Nachmittag! Ich überbrückte die letzte Distanz zwischen uns und versiegelte unsere Lippen zu einem Kuss. Das fühlte sich so unendlich gut an! Leicht biss er mir in die Unterlippe, was mich kurz kichern ließ. "Heute Nacht gehörst du nur mir!" bei seinen Worten wurde mir so schrecklich schön heiß. Dann küsste er mich erneut - viel zu kurz - , ließ seine Lippen über meine Wange zu meinem Hals gleiten, bis hin zu meinem Ohrläppchen. "... Kid... ... ... mmh... .... hihi.... " das kitzelte! Seine Küsse wanderten meinen Hals wieder hinab zu meinem Schlüsselbein und verharrten dort kurz. "Willst du mich überhaupt?" kam es plötzlich zweifelnd von ihm. Moment, was? Erst verführen und dann fragen? Bisschen falsche Reihenfolge, mein Freund! Ich strich über sein zerzaustes Haar und langsam richtete er sich wieder auf, sah mir erneut tief in die Augen. "Ja." wisperte ich kaum hörbar und sofort legten sich seine Lippen wieder verlangend auf meine. Verschlafen rieb ich mir über die Augen, sah mich langsam im Raum um. Kid hockte an seinem Schreibtisch. In meinen Armen hielt ich noch immer das Kissen und an meinem Körper hing noch immer sein Shirt. Moooooment.... Hatten wir nicht eben...? "Eustass...?" er drehte seinen Kopf leicht zu mir und ich rieb mir erneut die Augen. Ich war verwirrt. "Bist du immernoch auf? Komm schlafen. Es ist doch sicher schon weit nach Mitternacht." Breit grinsend kam er zu mir. "Sag mal, was hast du da eigentlich eben Schönes geträumt? Das klang ja ungemein spannend." Ein Traum!? Ich hatte das nur geträumt? Aber es fühlte sich so verdammt real an. Allein der Gedanke daran ließ die Hitze in mir wieder aufsteigen. Ich schaffte es nicht, ihn weiter anzusehen. Wieviel hatte ich im Schlaf geredet? Ahnte er etwas? "Weiß nicht... kann mich nicht erinnern..." "Du bist eine schlechte Lügnerin." Argh, wieso war er mir so nah? Das hielt ich ja im Kopf nicht aus! Schnell zog ich mir die Decke mit einem peinlichen Laut über den Kopf. "Das geht dich gar nichts an!" Sein gedämpftes Lachen konnte ich überdeutlich hören unter meiner Decke, während mein Herz unregelmäßig vor sich hinstolperte. Toll! Er durfte mich nicht so aus der Fassung bringen! Ich durfte mich nicht schon wieder verlieren... Durfte ihn nicht verlieren. Dafür war er mir einfach zu wichtig. Das nächste, was ich spürte, waren seine starken Arme, die sich um meinen Bauch legten und sein Atem an meinem Ohr. "Kat..." raunte er und sofort kribbelte es überall. Dieser verräterischer Körper! "Ist dir meine Nähe unangenehm?" ich stieß die Luft aus, die ich unwissentlich angehalten hatte. Wenn er nur wüsste... Da ich meiner Stimme gerade keinen Meter über den Weg traute, schüttelte ich nur den Kopf und legte meine Arme über seine, um die Geste zu unterstreichen. "Warum hast du dann Herzklopfen?" Verdammt! War das so leicht zu bemerken? "Frag mich was Leichteres... Ich weiß genau, dass du gerade breit am Grinsen bist, Eustass! Ich versichere dir, es hat nichts zu bedeuten, also bilde dir bloß nichts ein!" "Hm... wenn du meinst." sein Atem striff noch immer über mein Ohr und verpasste mir eine Gänsehaut - das machte der Kerl doch mit Absicht! "Ja! Deine Stimmungsschwankungen bringen mich nur völlig aus dem Konzept, das ist Alles. - du solltest dich langsam mal entscheiden, was ich für dich bin." Dann konnte ich auch vielleicht entscheiden, was er für mich war.... "Wie meinst du das?" Das konnte doch nicht wahr sein! Das war ja nun wirklich nicht schwer zu verstehen! Ich drehte mich in der Umarmung um und sah ihn an. Rot traf grau und ein leises Deja vú schlich sich in meine Gedanken - verflucht, das war ein Traum! Nichts weiter! Schnell sammelte ich mich wieder und sprach dann ruhig und sachlich. "Erst bin ich dir nur ein lästiges Anhängsel, dann flirtest du mit mir, bist wieder gemein zu mir, bietest mir deine Freundschaft an, um mich dann wieder von dir zu stoßen, indem du mich tagelang ignorierst. Dann scheint wieder alles in Ordnung und dann das heute Nachmittag... keine Ahnung, was das hier mit Killer war - ich glaub, ich will es auch gar nicht wissen! Aber jetzt... jetzt bist du wieder so... so... na halt einfach so zu mir und ich weiß langsam nicht mehr, was ich noch denken soll..." "Kat..." "Hm?" "Hast du ernsthaft gedacht, zwischen mir und Killer läuft was?" Irgendwie war ich erleichtert, dass er dieses Thema zuerst anschnitt. "Keine Ahnung... sah jedenfalls sehr verdächtig aus..." er schnippte mir gegen die Stirn - Aua! "Nicht in einer Millionen Jahre würde ich dem weiblichen Geschlecht entsagen und auf die andere Seite wechseln!" Mein inneres Ich begann, in Jubel auszubrechen. Ich sollte mal ein ernsthaftes Gespräch mit mir selbst führen... Langsam nickte ich und Kid fuhr fort. "Tja, und das zwischen uns..." begann er, ließ den Satz aber unvollendet. "... wir sind Freunde, oder?" Bitte! Bitte, bitte, bitte, bitte! Er durfte es einfach nicht zurücknehmen! "Ja..." Danke! Ich nickte ihm wieder zu. Jetzt musste ich nur noch sicherstellen, dass er mich bezüglich nichts unüberlegtes tat. So etwas wie in meinem Traum durfte NIEMALS geschehen! Ich war mir nämlich nicht sicher, ob unsere Freundschaft so etwas unbeschadet verkraften konnte. "Gut. Dann sage ich dir jetzt als Freundin: Wehe, du unternimmst jemals den Versuch, mich zu verkuppeln! Ich will nie wieder so enttäuscht und verletzt werden. Ich will mich nie wieder verlieben..." Schon gar nicht und ganz besonders nicht in Kid. "... und wenn es einfach passiert? So etwas kann man ja schlecht beeinflussen." "Dann musst du mir den Typen ausreden!" Ich war ja leider weniger erfolgreich damit... "Und wenn du dich in mich verliebst?" Dann erst Recht! "Sicher nicht!" Kämpfte ich doch gerade mit aller Gewalt dagegen an! Aber jetzt sah er aus wie ein geschlagener Hund - ich musste sein Ego stark gekränkt haben. Dabei wollte ich ihn gar nicht verletzen. "Ich würde unsere Freundschaft niemals durch so etwas Törichtes zerstören wollen!" Ja, für mich war Liebe etwas Törichtes! Zumindest seit der Sache mit Raik... "Und wenn es auf Gegenseitigkeit beruhen würde?" Worauf wollte er hinaus? Als ob es eine Zukunft für uns geben könnte... "Als ob... seien wir ehrlich, Eustass: Ich gehöre nicht in dein Beuteschema..." das wusste ich von Killer. Der Rotschopf stand eher auf dunkelhaarige Rasseweiber mit ordentlich Holz vor der Hütte - und ich hatte weder die Haarfarbe, noch den Vorbau, geschweige denn die Rasseklasse... "... und du bist einfach nicht der Typ für eine langfristige Bindung." Immerhin war er nicht umsonst Pirat geworden - das durfte man nicht außer Acht lassen. Er war ein Mann der Freiheit, liebte sein Schiff, das Meer und die unendliche Weite des Horizonts. Da war kein Platz mehr für eine Frau und eine feste Beziehung. "Das würde dich zu sehr einengen." schloss ich ab. Er brummte nur - ich hatte also Recht... Ich kuschelte mich etwas enger an ihn an und legte meine Stirn gegen seine Brust. "Lass uns einfach nur Freunde sein, okay? Bitte." flüsterte ich. Erleichtert atmete ich aus, als ich sein Nicken spürte. Mit der Gewissheit, zumindest in dieser Welt nicht allein zu sein, und seinem beruhigenden, kraftvollen Herzschlag, schlief ich wieder ein. Warum war es nur so schrecklich hell? Und warum tickte meine innere Uhr immernoch nach Frühdienstrythmus? Ich wollte doch so gern noch etwas weiter schlafen... An Kids Atmung konnte ich erkennen, dass auch er bereits wach war. Normalerweise waren seine Atemzüge tiefer, länger und ruhiger solange er noch schlief. Verschlafen sah ich auf und rieb mir den Schlaf aus den Augen. "Du bist schon wach?" Ein prüfender Blick in sein Gesicht verriet mir die Antwort. "Du hast gar nicht geschlafen..." hatte er mich die ganze Nacht beobachtet? Oder hatte ich wieder im Schlaf geredet? Dabei war ich mir sicher, dass ich keinen weiteren dieser Träume gehabt hatte. "Schlafen kann ich, wenn ich tot bin." "Ich erinner dich dran, wenn du mal wieder schimpfst, dass du nicht schlafen kannst, weil wir angeblich zu laut sind." Sein breites Grinsen und seine raue Stimme ließen mein Herz einen Takt schneller schlagen. Er sah einfach unverschämt gut aus mit seinen wilden Haaren, den dunkelroten Augen und diesem Grinsen. Ob ich ihm das mal sagen sollte? So als gute Freundin... Den Gedanken verbannte ich allerdings schnell wieder. Bloß nicht! Ich musste sein ohnehin schon zu großes Ego nicht auch noch füttern. Mitten in meinen Gedanken versunken, spürte ich plötzlich seine Lippen an meiner Stirn, außerdem hatte er mich enger an sich gedrückt. "Sei nicht so nett zu mir, das ist mir unheimlich..." gegen jeden guten Vorsatz kuschelte ich mich noch näher an ihn ran. Seine Nähe machte mich süchtig... "Solltest du nicht aufstehen und Frühstück machen?" Oder ihm eine überziehen, weil er den Moment zerstört hatte? Wenn ich gehen sollte, musste er es nur sagen... "Sag doch, dass du mich loswerden willst..." "Eigentlich will ich nur was zu essen." dieser verfressene, eingebildete, faule... "Dann geh in die Kombüse und such dir was. Es ist sicher noch etwas übrig..." falls Heat es noch nicht gefunden hatte... "... ich mag noch nicht aufstehen..." Nur noch 5 Minuten! Aber es war wie in meinem Arbeitsalltag - diese 5 Minuten waren mir natürlich nicht gegönnt... Ein lautes Grummeln ertönte und der Traum meiner 5 Minuten zerplatzte endgültig wie eine Seifenblase. "Eustass... dein Magen knurrt..." die Situation war schon beinahe wieder komisch und ich musste leise lachen. "Dann bring mir was zu essen!" maulte er wie ein Kleinkind. "Spielst du jetzt deine Ich-bin-der-Kapitän-Karte aus?" "Nein. Noch setze ich auf dein Mitgefühl und deine soziale Ader. Danach würde ich es mit der Aber-wir-sind-doch-Freunde-Karte versuchen. Erst wenn das auch nichts nützt, lass ich den fiesen Käptn raushängen." "Eustass... du bist ein Idiot!" aber ein liebenswerter, der mich mal wieder zum Lachen brachte. Na dann wollte ich mal nicht so sein. Immerhin bekam auch ich so langsam Hunger. Also schob ich mich aus seiner Umarmung. "Versuch's mal mit 'Bitte' - das kleine Wort wirkt Wunder." "Du träumst wohl noch, Kat. Soweit kommt's noch..." ich zwinkerte ihm verschwörerisch zu. "Es kann ja unter uns bleiben, Eustass." damit verschwand ich im Bad. Kaum, dass ich unter der Dusche stand, vernahm ich ein Poltern und Kids Präsenz - was war ich froh, dass die Scheiben aus Milchglas waren... "Lässt du mich mit unter die Dusche? Biiiitteeee~" ich hätte es ahnen müssen, oder? Ich spielte ein wenig mit meinen Teufelskräften und ließ einen eisigen Wind aufkommen. Jetzt nur noch ein bisschen Bösartigkeit in mein Stimmchen und... "Eustass...Raus hier oder ich muss handgreiflich werden!" Das darauffolgende Klicken der Tür, die ins Schloss fiel, war nicht zu überhören. Genauso wenig wie sein Protest. "Von wegen es bewirkt Wunder!" Oh, tat es - er war immerhin noch am Leben und nicht von mir filetiert worden! "Du bist und bleibst ein arroganter Kotzbrocken, Freundchen!" Manieren würde ich ihm wohl nicht mehr beibringen können. "Ich hab dich auch gern, Kätzchen." WIE hatte er mich gerade genannt!? "SCHNAUZE!" da lachte der Kerl einfach nur - ich konnte es nicht fassen! "Fick dich, Eustass!" Upps... Ich sollte ehrlich mehr auf mein Vokabular achten... Seine Ausdrucksweise färbte bereits auf mich ab... Aber immerhin ließ er mich nun in Ruhe duschen. Manchmal fragte ich mich ernsthaft, ob ich nicht doch meine Berufung verfehlt hatte. Die komplette Kid-Piratenbande saß im Gemeinschaftsraum und plapperte fröhlich schmatzend durcheinander. Es war einfach wundervoll - nicht die Manieren, eher die Tatsache, dass es allen schmeckte, was ich zubereitete. Seit ich hier war, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Ich war mehr als einfach nur glücklich. So langsam verstand ich auch, was Killer damals meinte, als er sagte, Kid sei ein guter Kapitän. Auch wenn er nicht selten wegen irgendwelcher Kleinigkeiten an die Decke ging, sobald es um seine Mannschaft ging, war er kompromislos - niemand legte ungestraft Hand an seine Leute. Dennoch sollten auch die es vermeiden, den rothaarigen Teufel bei seinem Frühstück zu stören - das konnte er nämlich gar nicht leiden. Aber genau das versuchte sein Vize seit einiger Zeit. Killer war nicht so blöd, dieses Risiko einzugehen, wenn es nicht wirklich wichtig gewesen wäre. Also beschloss ich, die Wogen etwas zu glätten. "Eustass, ignorier ihn nicht. Das ist unhöflich. Außerdem scheint es wichtig zu sein." Seine Mimik wurde etwas aufmerksamer - na also, geht doch! Dann stellte ich Killer seinen bereits dritten Kaffee vor die Nase. Kurz danach rutschte er näher zu seinem Käptn. Ich ging zurück in die Kombüse, um Ordnung zu schaffen. "Lass mich dir helfen, Süße." Wire. Gern nahm ich seine Hilfe an. "Danke für den Kaffee, Katory." drang Killers Stimme zu mir und ich lächelte ihn fröhlich an. Natürlich freute ich mich über so etwas Kleines wie ein Danke. " Hervorragend, wie immer. Du weißt, wie man Mann munter bekommt." Munter? Jeder andere hätte schon längst einen Herzkasper bekommen, so stark wie sein Kaffee immer war. "Hör schon auf zu schleimen, das ist mir unangenehm!" Wire lachte neben mir und flüsterte in mein Ohr. "Guck mal, unser Chef explodiert gleich." Oh, tatsächlich - was hatte er nur? Und da stürmte er auch schon aus dem Raum. Dieser unverbesserliche Hitzkopf. "Warum er dem armen Killer wohl dieses Mal an die Gurgel will?" überlegte ich kopfschüttelnd. "Nun, wenn ich raten müsste, dann weil er mehr Aufmerksamkeit bekommt von dir als Kid." "Sei nicht albern, Wire. Und überhaupt - das ist doch nicht Killers Schuld." "Vielleicht - aber dir würde er nie ein Haar krümmen, Süße." "Meinst du, ich sollte ihnen nach? Ich bin nicht sonderlich erpicht darauf, die beiden schon wieder zusammenflicken zu müssen..." Wire kicherte wieder. Er war dabei gewesen, als ich die beiden Kindsköpfe verarzten musste, weil sie wegen einer Meinungsverschiedenheit aneinander geraten waren. Selbst während der Behalndlung hatten sie sich angegiftet. Gedankenverloren schüttelte ich den Kopf. "Wie ein altes Ehepaar..." "Aber wenn es darauf ankommt, sind sie ein unschlagbares Team. Eigentlich sind sie ein Herz und eine Seele." "Wohl eher ein Hirn und eine Faust..." Wire lachte herzhaft. "Dann geh mal die Faust davon abhalten, ihr Hirn zu verprügeln. Ich schaff das hier auch ganz gut allein." ich seufzte. "Vermutlich hast du Recht... Dann geh ich mir den Ehekrach mal anhören." Zu meinem Glück schienen die zwei jedoch ausnahmsweise friedlich geblieben zu sein. Killer lehnte an der Wand der Kapitänskajüte und Kid kam gerade in meine Richtung. "Kat, komm doch mal bitte her." Bitte? Ich war positiv überrascht und sofort stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen. "Du kannst ja doch höflich sein, Eustass." Schnellen Schrittes war ich bei ihm und sah ihn erwartungsvoll an. "Schließ die Augen, ich hab was für dich." ein breites Grinsen legte sich auf seine Züge und kurz schoss mir mein Traum wieder in den Kopf. Er würde doch nicht... Nein, sicher nicht, schon gar nicht mit Killer im Nacken. "Ich hoffe, es ist nichts unanständiges..." zuzutrauen wäre es ihm ja. "Keine Angst - ich werd artig sein." Artig und Kid in einem Satz? Ohne Negierung? JETZT hatte ich doch leichte Bedenken... und schloss brav meine Augen. Manchmal kam dann doch das naive Blondchen durch. Seine Finger striffen meinen Hals und etwas Kühles legte sich auf meine Haut, klimperte leise. "Kannst wieder gucken." tastend erkundete ich das kühle Etwas und hob es kurz an. Es war eine wunderschön gearbeitete silberne Kette mit einem Anhänger, der wohl eine Wolke darstellen sollte. "Das hast du... für... für mich...?" Daran hatte er also die ganze Zeit über seinem Schreibtisch hängend gearbeitet! Oh, dieser liebenswerte Idiot! Ich fuhr herum, da er sich beim Anlegen der Kette hinter mich gestellt hatte, und ohne große zu überlegen, schlang ich meine Arme um seinen Hals und drückte mich an ihn. "Danke!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)