Vergissmeinnicht von dattelpalme11 ================================================================================ Epilog: Wasurenagusa -------------------- ♥ Taichi ♥ Er fühlte sich wie betäubt als er die Zeilen wieder und wieder las, aber nicht verstand, was geschehen war. Wut vermischte sich mit Enttäuschung, während er sich fassungslos über die Stirn strich. Ungläubig schüttelte er den Kopf und biss sich absichtlich auf seine Unterlippe, um festzustellen, ob er immer noch träumte. Doch dieser Alptraum war wahr. Als er heute Morgen aufwachte und eine leere Bettseite vor sich fand, hatte er sich nichts weiter dabei gedacht, da Mimi öfters früher aufstand und ihnen Frühstück zubereitete. Er schlüpfte daher unbedacht in seine Boxershorts und wollte sich in die Küche schleichen, ehe ihm etwas in Auge sprang, dass er zuvor nicht gesehen hatte. Es war ein Brief, der auf seinem Nachtisch platziert wurde. Er konnte nur von Mimi sein, da ihre Kette, die er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, dabei lag und in ihm ein unwohles Gefühl auflöste. Warum sollte sie die Kette nur ablegen? Seit er ihr sie geschenkt hatte, hatte sie sie noch kein einziges Mal abgenommen! Was sollte sie also dazu bewegen? Ungeduldig ergriff er den Brief und öffnete den Umschlag. Er faltete das Papier auseinander und las die Zeilen, die sie ihm hinterlassen hatte. Liebster Taichi, mir fällt es nicht leicht dir diesen Brief zu schreiben, weil mir bewusst ist, was ich damit alles zerstören werde. Unsere Beziehung. Unsere Freundschaft. Uns. Ich hatte mir oft vorgenommen mit dir darüber zu sprechen, doch immer, wenn wir alleine waren, fehlten mir die Worte. Ich war verstummt und hatte den Mut verloren. Und jetzt bin ich feige und hinterlasse dir diesen Brief, der dir den Boden unter den Füßen wegziehen wird. Er schluckte und wollte ihre Worte nicht nochmal lesen. Doch er wollte sie verstehen. Verstehen, warum sie nicht mit ihm reden konnte. Warum sie ihm diesen jämmerlichen Erklärungsversucht hinterlassen hatte. Kurz bevor er einen neuen Lebensabschnitt startete. Denn ich muss dir sagen, dass ich das alles nicht mehr kann. Ich habe es versucht zu akzeptieren, dass wir in den nächsten drei Jahren eine Fernbeziehung miteinander führen werden, doch ich habe gemerkt, wie sehr mich es innerlich zerrissen hat, mich mit diesem Gedanken anzufreunden. Ich will keine Beziehung, die mich unglücklich macht und vor Sehnsucht jedes Mal zerfließen lässt. Schon damals haben mir die Trennungen immer so weggetan, dass ich tagelang nichts essen konnte und immer nur an dich gedacht habe. Taichi schluckte, da er davon nichts geahnt hatte. Er hatte nicht gewusst, dass es ihr so schlecht ging. Genau genommen hatte auch er die Trennung von ihr verdrängt und runtergespielt, weil er sich mit dieser Herausforderung noch nicht auseinandersetzen wollte. Er redete sich ein, dass sie noch Zeit und genügend Möglichkeiten hatten, um ein solches Gespräch zu führen. Doch genau diese Leichtgläubigkeit hatte sich gegen ihn gewandt. Jetzt bekam er die Quittung dafür. Mein größter Wunsch war es mit dir zusammen zu kommen und ein glückliches Leben zu führen. Mit allem was dazugehört. Höhen und Tiefen. Ängsten und Hoffnungen. Und vor allem mit viel Liebe. Die letzten Monate hast du mich zur glücklichsten Frau gemacht, denn ich habe mich noch nie so wohl in einer Beziehung gefühlt wie mit dir. Dennoch kann ich so nicht weitermachen, weil ich selbst merkte, dass ich daran zu Grunde gehen werde! Sein Herz wurde schwer und er realisierte nur sehr langsam, was sie mit diesen Worten ausdrücken wollte. Er hoffte, sich verlesen zu haben, doch die knallharte Realität traf ihn wie ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Es gab keine Möglichkeit dieses Unglück von sich abzuwenden. Denn er hatte sie bereits vor längerem verloren, ohne es zu merken. Ich möchte allerdings das du deine Träume weiterhin lebst, selbst wenn wir uns vorerst von diesem Traum verabschieden mussten. Vielleicht ist dieser Weg uns vorbestimmt und wir müssen ihn gehen, um uns selbst zu finden. Ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich dich liebe und das sich das auch niemals ändern wird. Seine Hände begannen unweigerlich zu zittern und er drückte das Papier an den Seiten ein. Das Bedürfnis zu schreien wuchs je mehr er las. Warum war er nur so leichtgläubig gewesen? Wie konnte er nur denken, dass sie diese Hürde einfach so schaffen würden, wenn sie es damals schon nicht geschafft hatten? Waren sie älter und erwachsener geworden? Ja, aber dennoch konnte er die widrigen Gegebenheiten nicht ändern, die selbst Erwachsene an den Rand der Verzweiflung treiben konnte. Dabei waren sie noch so jung. Jung und naiv. Mimi hatte lediglich die Reißleine gezogen, weil sie erkannte, dass sie einer Traumvorstellung hinterherjagten, die sich im Moment einfach nicht erfüllen konnte. Doch ich möchte dich gehen lassen! Denn wenn du jemanden liebst, dann sollte man ihn frei lassen, statt ihn zu erdrücken und genau das würde ich tun, wenn ich diesen Schritt nicht gehen würde. Erinnere dich an die Momente, die uns ausgemacht haben. An die Liebe, die wir miteinander geteilt und für einander empfunden haben. Für einen kurzen Moment dachte er daran sie sofort anzurufen und sie von dem Gegenteil zu überzeugen, so wie er es die letzten Monate versucht hatte. Aber ihre Worte waren entschlossen, sodass er feststellte, dass egal was er auch sagte, sie nicht umstimmen würde. Es war zu spät. Er hatte sie bereits verloren. Ich werde es niemals vergessen und hoffe, dass du mir eine Bitte erfüllst. Ich weiß, dass ich nicht in der Position bin eine solche zu äußern, aber ich möchte nicht, dass es das Ende sind, sondern lediglich ein Neuanfang, der uns vielleicht irgendwann wieder zusammenbringt. Daher bitte ich dich, vergiss mich nicht. In Liebe deine Mimi Tränen sammelten sich seine Augen als er wieder und wieder ihre Bitte las. Wut stieg in ihm auf, sodass er den Brief einfach zusammenknüllte und in die nächste Ecke warf. Verzweifelt lehnte er sich nach vorne und raufte sich die Haare. Er hatte noch nicht mal die Gelegenheit gehabt zu kämpfen. Sie hatte sich einfach entschieden. Und auch wenn er sie teilweise verstehen konnte, war die Enttäuschung groß. Größer als er sich vorstellen konnte. In seinem Kopf hallten ihre letzten Zeilen wie ein Mantra, dass ihn quälte und ihm zeigte, dass er nun seine Zukunft ohne sie bestreiten musste. Er war mal wieder auf sich allein gestellt und steuerte nun auf einen unbewanderten Pfad zu, der alles verändern würde. Ihm blieb nur noch die Erinnerung. Die Erinnerung an sie. Die Liebe ist eine unbezwingbare Macht, die manchmal jedoch ihre Opfer fordert und einen erkennen lässt, dass der Verlust zum Leben dazugehört. Nichts ist für die Ewigkeit, aber dennoch hinterlässt die Liebe konstante Spuren in Form von Erinnerungen. Erinnerungen, die so zeitlos blühen wie ein Vergissmeinnicht. Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)