Vergissmeinnicht von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 57: Zerreißprobe der Gefühle ------------------------------------ ♥ Taichi ♥ In wenigen Wochen war es soweit. Er würde endlich in seine eigenen vier Wände ziehen. Ein großes Abenteuer stand ihm bevor, dass er noch gar nicht so richtig realisiert hatte. So langsam suchte er seine Habseligkeiten durch und entschied welche er mit nach Matsue nehmen würde. Heute half ihm sogar Mimi dabei, die gemeinsam mit ihm Kleidungsstücke sortierte. Da es im September und Oktober noch recht warm wurde, entschloss er sich dazu vorwiegend luftigere Kleidung einzupacken und erst die zweite Fuhre mit den nötigen Winterklamotten zu versehen. Mimi blickte konzentriert auf seine Sachen und ordnete sie nach der entsprechenden Jahreszeit. Sie runzelte die Stirn, faltete seine T-Shirts und legte sie aufeinander. „Wow, du machst deine Arbeit aber wirklich hervorragend. Ich sollte dich besser mitnehmen und dich als meine persönliche Wäschebeauftragte einstellen“, witzelte er und rutschte näher an sie heran. Er wollte ihr einen Kuss auf die Schläfe geben, doch sie wisch seiner Geste aus und schüttelte beiläufig den Kopf. „Wir haben noch so viel zu tun. Keine Ablenkungen“, murmelte sie unterkühlt und ging weiter auf Distanz, was Taichi mit einem Seufzen quittierte. Schon seit Tagen benahm sie sich komisch. Annährungsversuche blockte sie sofort ab und versuchte so wenig wie möglich Körperkontakt zu ihm zuzulassen, was er absolut nicht verstehen konnte. „Sag mal bist du irgendwie sauer auf mich?“, fragte er unbeholfen nach. Mimi reagierte sofort, indem sie ihm einen scharfen Blick zuwandte. „Warum sollte ich denn sauer sein?“, stellte sie schnippisch die Gegenfrage, bevor sie sich von ihm abwandte und stur ihrer Tätigkeit weiterhin nachging. Taichi presste angesäuert die Lippen aufeinander und konnte ihr Verhalten einfach nicht nachvollziehen. Was hatte er ihr denn getan? Warum benahm sie sich denn wie eine Zicke? „Das frage ich dich doch! Du gehst mir doch aus dem Weg und nicht ich!“ „Dann frag dich besser mal warum!“ „Hallo? Was ist denn in dich gefahren? Hast du deine Tage oder was?“ Empört blickte sie ihn an, setzte aber dann einen unberechenbaren Gesichtsausdruck auf. „Genau genommen, bin ich spät dran, aber mach dir keine Gedanken. Das passiert öfter“, schnalzte sie und studierte seine Reaktion. Taichi klappte augenblicklich der Mund auf und er spürte wie ein eiskalter Luftzug ihn erfasste. Meinte sie das etwa ernst?! „Willst du mich veräppeln? Mimi, lass diese Scherze! Du weißt genau, dass Sora und Matt letztes Jahr in der Situation waren! Das ist überhaupt nicht lustig“, verteidigte er sich und spürte die blanke Panik in ihm hochsteigen. Ihr Gesichtsausdruck war für ihn nicht deutbar. Jedoch seufzte sie nur und blickte ihn kopfschüttelnd an, bevor sie sich wieder seinen Klamotten zuwandte. „Beruhig dich, das war nur ein Witz gewesen“, klärte sie ihn auf, wirkte aber auf einmal sehr traurig auf ihn. Etwas, dass er sich nicht erklären konnte. Was sollte das? Was wollte sie mit so einer Aktion nur bezwecken? „Ich versteh dich nicht“, grummelte er verständnislos und suchte automatisch den Abstand zu ihr. „Was wolltest du denn damit bezwecken? Willst du mir Todesangst einjagen?“ Mimis Bewegung fror augenblicklich ein und ihre Unterlippe begann zu zittern. „Ich jage dir Todesangst ein? Nur weil ich behauptet habe überfällig zu sein? Tja, wie denkst du, wie es mir geht? Hast du darüber schon mal nachgedacht?“ Taichi zog die Augenbrauen zusammen. „Wovon redest du bloß?“ „Davon das du vorhast erst im November oder Dezember wieder nach Tokio zu kommen! Das wären knapp zwei Monate!“, platzte aus ihr hervor und ihr trauriger Ausdruck verwandelte sich in eine wutentbrannte Miene. Taichi schluckte und konnte sich denken, von wem sie diese Information hatte. Er hatte schließlich nur mit zwei Personen bisher darüber gesprochen gehabt. „H-Hat dir das Sora erzählt?“, hakte er stotternd nach. „Ihr ist es rausgerutscht. Sie dachte ich wüsste bereits Bescheid“, antwortete sie und verschränkte schützend die Arme vor der Brust. „Wann wolltest du mir das denn erzählen? Ich dachte du wolltest schon Mitte Oktober das erste Mal zurückkommen.“ Sie sah ihn von der Seite an und Taichi spürte fühlbar ihren brennenden Blick auf seinem Körper, der deutliches Unwohlsein in ihm auslöste. Was sollte er nur zu ihr sagen? Er hatte es doch nicht böse gemeint! Aber er sich halt etwas verschätzt. Hideyoshi hatte ihm klargemacht, dass er so schnell vorerst nicht nach Hause kommen würde. Neben den Einführungsveranstaltungen, begannen auch die Seminare und Vorlesungen Anfang Oktober, denen er nicht fernbleiben wollte. Und jedes Wochenende nach Hause zu fahren lohnte sich beim besten Willen nicht, auch wenn er Mimis Unmut verstehen konnte. „Ich habe mich halt völlig verschätzt. Die Veranstaltungen beginnen doch erst Mitte Oktober und ich denke auch, dass ich es mir finanziell nicht leisten kann, jedes Wochenende nach Hause fahren zu können. Ich will mir doch erst noch einen Job suchen!“, erklärte er ihr, in der Hoffnung auf Verständnis zu stoßen. Doch Mimis Blick wurde trüb und sie senkte betroffen den Kopf. „Und wie soll das mit uns funktionieren, wenn es jetzt schon solche Probleme gibt?“, flüsterte sie fragend. Taichi stockte der Atem, weil er mit solch einer Frage nicht gerechnet hatte. „I-Ich…Mimi was soll ich denn dazu nur sagen? Du machst dir unnötige Gedanken. Ich werde doch dann Anfang November kommen!“, versicherte er ihr und rutschte näher an sie heran, was sie jedoch mit einem deutlichen Sicherheitsabstand unterband. Sie wollte seine Nähe nicht. Jedenfalls nicht im Moment. „Weißt du…, dass alles erinnert mich an die Zeit, in der ich in Amerika gelebt habe. Wie oft haben versucht uns zu sehen und Treffen entgegengefiebert, zu denen es manchmal nicht gekommen ist. Soll das etwa wieder genauso werden?“ „Nein…natürlich nicht!“, widersprach er sofort, erkannte aber ihre Verletzlichkeit, die sie sonst immer hinter eine Maske zu verstecken versuchte. Sie schüttelte nur mit dem Kopf und kämpfte mit ihren Tränen. „Ich sollte besser gehen. Ich brauche Zeit für mich“, sagte sie, bevor sie in Tränen ausbrechen konnte. „Warte, nein lass uns darüber reden“, erwiderte Tai sofort und wollte ihren Arm ergreifen, doch sie war bereits aufgestanden. Er konnte sich nicht rühren, da er merkte, dass sie seine Nähe einfach nicht ertragen konnte. Diese Erkenntnis traf ihn schwer, sodass er nicht aufstehen konnte und am Boden sitzen blieb. Mimi entfernte sich jedoch von ihm und verließ zügig den Raum, ohne dass er angemessen reagieren konnte. Am liebsten hätte er ihr hinterhergeschrien, dass sie alles schaffen konnte, wenn sie es sich nur fest vornahmen, doch auch ihn quälten die Zweifel, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Deswegen bewegte er sich keinen Meter. Ließ ihr die Luft zu Atmen, die sie brauchte um einen klaren Kopf zu fassen. Er blieb zurück und stand zwischen seiner Gegenwart und Zukunft, die ihn zu zerreißen drohte. _ Nachdem er seine aussortierten Sachen in den entsprechenden Umzugskartons untergebracht hatte, lag er ausgestreckt in seinem Bett und dachte nach. An Mimis Worte. Ihre Ängste. Ihre Zweifel. Wenn er ehrlich war, konnte er sie voll und ganz verstehen. Es war nicht so, als würden sie diese Trennungssituation das erste Mal durchstehen. Beim ersten Mal hatte es jedoch nicht gereicht. Sie waren zu jung und ließen sich von den Widrigkeiten des Lebens verunsichern. Doch jetzt? Jetzt, wo sie sich zu ihrer Liebe bekannt hatten? Sollte dieses Band nicht stark genug sein, um auch die Entfernung zu überstehen oder war er einfach zu naiv? Zu leichtgläubig? Er wusste, dass die Distanz nicht einfach werden würde. Er konnte nicht einfach so vorbeikommen, sie in den Arm nehmen, wenn ihm danach war oder sie einfach zu einem Date überraschen, dass er liebevoll geplant hatte. Es würde sich definitiv etwas verändern. Dennoch wollte er ihre Liebe festhalten! Er wollte sie kein zweites Mal verlieren. Gedankenverloren schnappte er sich sein Handy vom Nachttisch und rollte sich zur Seite. Er hatte das dringende Bedürfnis sie anzurufen und einfach ihre Stimme zu hören, um ihr mitzuteilen, dass sie alles schaffen konnten. Taichi wollte ihr die Sicherheit zurückgeben, die sie scheinbar verloren hatte. Doch bevor er ihre Nummer wählte, entdeckte er eine SMS auf seinem Handy, die tatsächlich von ihr stammte. Behutsam öffnete er sie und las über die wenigen Zeilen, die sie ihm geschrieben hatte. Es tut mir leid. Ich habe überreagiert und möchte mich bei dir entschuldigen. Kannst du vorbeikommen? Ich liebe dich. Mimi Er musste nicht lange nachdenken, um seinem Herzen zu folgen. Geschwind sprang er aus seinem Bett und eilte die Tür hinaus, um in den Flur zu gelangen. „Wo willst du denn hin? Das Abendessen ist gleich fertig“, erinnerte ihn seine Mutter, die den halben Nachmittag in der Küche gestanden hatte. Doch nachdem ihm der Geruch von angebranntem Fisch in die Nase gestiegen war, rümpfte er diese unauffällig. „Ich bin noch mit Mimi verabredet. Wir wollten heute Abend zusammen kochen“, log er, während er seine Schuhe anzog. „Du kannst sie auch gerne zum Essen einladen! Ich habe genug für alle gekocht“, winkte seine Mutter ab, was Taichi den kalten Schweiß auf die Stirn trieb. Seine Mutter war wirklich viel, aber ganz sicher keine gute Köchin. „Das ist lieb, aber Mimi wartet schon und hat bereits angefangen“, redete er sich raus und schnappte sich seinen Haustürschlüssel. „Bis später!“ Ohne eine Reaktion von seiner Mutter abzuwarten, stürmte er aus der Tür. Er wollte keine Zeit verlieren. Mimi und er mussten reden! _ Ein leises, aber gleichmäßiges Stöhnen hallte durch ihr Zimmer. Sie lag unter ihm und hatte ihre Arme hinter seinem Nacken verschränkt, während er sich fordernd in ihr bewegte. Schweiß glitzerte auf seiner Stirn und ein zufriedenes Seufzen löste sich von seinen trockenen Lippen, ehe sie ihn noch dichter an sich zog und ihre Beine um seine Hüften schlang. „Du machst mich verrückt“, säuselte er und nahm ihren lustverhangenen Blick auf, während seine Bewegungen immer schneller wurden. „Hör ja nicht auf“, bettelte sie und krallte sich in seine Rücken. Taichi grinste dabei und küsste sie stürmisch, aber liebevoll. Gott, er liebte diese Art von Versöhnungen. Diese Leidenschaft, die sie umgab war einfach einzigartig. Ihre Gefühle spielen im völligen Einklang und zeigten ihren, was ihre beiden Herzen zum Leben verlangten. Diese Nähe wollte er nicht missen, wohlwissend, dass er hierbei einem Traum hinterherjagte. In den nächsten Wochen würde sich vieles verändern, das war ihm bewusst, auch wenn er im Moment nicht daran denken wollte. Erneut hatten sie sich ausgesprochen, ihre Ängste und Wünsche miteinander geteilt, die sie in ihrer gemeinsamen Zukunft sahen. Sicherlich würde es nicht leicht werden, aber das war es bekanntlich nie. Er wollte nur mit ihr zusammen sein. Mit niemand anderem. Und genau das wollte er ihr heute zeigen. Er beschleunigte erneut seine Bewegungen, haftete an ihren süßlich schmeckenden Lippen und teilte mit ihr einen intensiven Blickkontakt, der sich in seiner Erinnerung einbrannte. Sie lebten im hier und jetzt. Es gab kein morgen oder in einer Woche für sie, sondern nur ein heute. „Ich liebe dich“, flüsterte er begierig gegen ihre Lippen. Auch wenn es nur drei Worte waren, bedeuteten sie unglaublich viel. Vertrauen. Geborgenheit. Treue. All das spürte er, wenn er in ihre hellbrauen Augen blickte. Ihr Gesicht erweichte sich plötzlich und ein zartes Lächeln zog sich über ihre Lippen. „Ich liebe dich auch.“ Zu wissen, dass man geliebt wurde, war ein unbeschreibliches Gefühl, dass man einfach nicht in Worte fassen konnte. Es war ein wohliges Kribbeln, dass sich im ganzen Körper ausbreitete und ihn mit Wärme erfüllte. Er hatte das Glück, seinen Herzensmenschen bereits gefunden zu haben. Und egal welche Widrigkeiten sich ihnen auch in den Weg stellten, er würde sie niemals loslassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)