Vergissmeinnicht von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 41: Vorweihnachtlicher Unfrieden ---------------------------------------- ♥ Taichi ♥ Sie stöhnte auf und ließ die Hüften kreisen, was ihn in den Wahnsinn trieb. Er konnte gar nicht mehr klar denken und versuchte sich zurückzuhalten, aber ihre laszive Art steckte ihn jedes Mal aufs Neue an. Er spürte ihre Hand auf seiner Brust, während sie sich leidenschaftlich mit ihm gemeinsam bewegte, genüsslich den Kopf in den Nacken legte und leise genießerisch seufzte. Es dauerte nicht mehr lang. Er spannte seine Muskeln an, sog scharf nach Luft und fühlte wie die Welle der Erregung auf ihn zukam. Sie erfasste ihn abrupt und ließ ihn vollkommen atemlos zurück. Er drückte sich in die weiche Matratze und sah wie sie von ihm grinsend hinunterkletterte. „Wow, du wirst ja immer besser“, sagte sie anerkennend und krabbelte zum Bettrand. Tai hingegen fühlte prompt diese Leere, die sein Herz einnahm, immer nachdem er mit ihr geschlafen hatte. Er hatte ein schlechtes Gewissen, aber aus irgendeinem Grund konnte er auch nicht darauf verzichten. „Ich geh duschen“, informierte sie ihn und wandte sie ihm zu. „Die Tür ist offen, falls du Lust auf Runde zwei hast.“ Hüllenlos schritt sie ins Bad und ließ die Tür einen Spaltbreit offen, in der Hoffnung das Tai ihr folgen würde, doch er musste seine Gedanken ordnen, die wild durch seinen Kopf sprangen. Er hatte Emi vor ungefähr einem Monat beim Feiern kennengelernt. Sie war zwei Jahre älter als er und befand ich bereits im Abschlussjahrgang. Nach der Schule wollte sie eine Musikschule besuchen – welche wusste sie noch nicht genau. Das war so ziemlich alles, was er über sie wusste. Mehr wollte er auch gar nicht über sie wissen. Es klang egoistisch, aber an dem Abend, an dem sie sich in dieser kleinen stickigen Bar trafen, hatten sie sich auf Anhieb verstanden gehabt. Yamato war mit seinen Bandkollegen weitergezogen, nachdem Taichi sich mit diesem außerordentlich hübschen Mädchen verquatscht hatte. Natürlich hatten sie auch einiges getrunken gehabt, weshalb sich die Stimmung schneller lockerte als Taichi eigentlich lieb war. Es hatte mit einem einfachen Kompliment begonnen, gefolgt von zärtlichen Berührungen, die ihm eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Als sie die Bar verlassen hatten, überraschte Emi ihn mit einem spontanen, aber sehr lustvollen Kuss, der ihm die Sprache verschlug. Danach folgte eins nach dem anderen und sie waren in einem nahegelegenen Love Hotel gelandet, dass sie seither regelmäßig besuchten. An sein erstes Mal konnte er sich kaum erinnern, da er zu betrunken war. Laut Emi hatte es noch nicht mal fünf Minuten gedauert, bis er schlappgemacht hatte. Doch er hatte sich deutlich verbessert – jedenfalls waren das ihre Worte gewesen. Ein leiser Seufzer löste sich von seinen Lippen als er sich zur Seite drehte und seinen nackten Körper mit einer dünnen Decke verdeckte. Er verstand selbst nicht, was mit ihm los war und warum er einfach so eine Affäre mit einem wildfremden Mädchen angefangen hatte. Doch seit der Sache mit Mimi war er einfach nur frustriert. Sie hatte sämtliche Kontaktbrücken zu ihm abgebrochen. Reagierte weder auf SMS noch auf Anrufe. Meist erfuhr er nur über Sora oder Mixi, was in ihrem Leben vorging. Erst vor kurzem hatte sie ein Bild von einer Party gepostet, dass sie mit einem anderen Typen zeigte – glücklich lächelnd in die Kamera. Tai hätte kotzen können, allerdings war das der Abend an dem er Emi erneut kontaktierte und wieder mit ihr die Nacht verbrachte. Es wurde zu einer Art Ritual. Einem Geheimnis, dass noch nicht mal seine engsten Freunde kannten. Er vernahm das gleichmäßige Prasseln der Dusche und überlegte, ob er ihr nicht wirklich noch einen kurzen Besuch abstatten sollte. Mit Emi fühlte er sich nicht allein. Die Einsamkeit in seinem Herzen konnte gelindert werden. Auch wenn es sich nur um einige Stunden handelte. In diesen Momenten musste er nicht an seine komplizierte Beziehung zu Mimi denken oder wie sehr sie ihn mit ihren Worten verletzt hatte. Er fühlte sich frei und unbeschwert. Begehrenswert und attraktiv. Taichi schluckte als er Emis grazilen Rücken und den wohlgeformten Po durch den Türschlitz erblickte. Letztlich war auch er nur ein Mann, der sich ihren offensichtlichen Reizen geschlagen geben musste. Ohne weiter nachzudenken stand er auf und schritt bedächtig zur Badezimmertür… _ Schweißgebadet wachte er auf und setzte sich ruckartig auf. Er presste die Lippen aufeinander und schämte sich augenblicklich für seinen Traum, den er lange in der Vergangenheit einst gelebt hatte. Er schluckte hart und blickte unter die Decke als er feststellte, dass nicht nur er wach geworden war. „Na toll…“, murrte er und versuchte an seine alte Sportlehrerin aus der Mittelschule zu denken, deren Männertöter er einmal während des Unterrichts erblickt hatte. Meist kühlte ihn diese Vorstellung ab und er sparte sich die kalte Dusche am Morgen, aber diesmal waren die Gedanken an Emi einfach viel zu prägnant. Er hatte ein schlechtes Gewissen und wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Und ausgerechnet heute stand das Weihnachtsessen bei Mimi und ihren Eltern an, auf das er so gar keine Lust hatte. Nicht nachdem eine Person in seinem Leben aufgetaucht war, die er nicht erwartet hatte jemals wiederzusehen. Ihm fiel ihm schwer Mimi in die Augen zu blicken, ohne sein schlechtes Gewissen zu deutlich zu spüren. Sie hatte ihm gebeichtet, dass sie sich in ihrer Beziehung mehr Intimität wünschte, aber aufgrund seiner jetzigen Situation war ihm oft nicht danach, was ihm unglaublich leidtat. Gerade weil er so eine intensive Vergangenheit mit einem anderen Mädchen hatte und Mimi nicht das geben konnte, was sie sich gerne von ihm wünschte. Und jetzt hatte ihn dieser verdammte Traum komplett aus dem Konzept gebracht! Er ärgerte sich über sich selbst. Wie war er nur in diese äußerst beschissene Situation geraten und wie kam er nur aus ihr wieder raus? Emi stellte ganz klar eine Gefahr dar, die ihm sein Leben noch schwerer machen könnte. Denn er hatte ihr mehr erzählt als er eigentlich wollte. Sie wusste genau von seiner unglücklichen Liebe und warum es zu ihrer Affäre gekommen war. Damals war er offener und aufrichtiger als heute, was ihm sicher noch Probleme einbringen würde! Zwar hatte Emi ihm versprochen, Mimi nichts zu erzählen, aber er konnte nicht wirklich behaupten, dass er ihr glaubte. Sie spielte gerne mit Leuten und sicherlich war auch er eines ihrer Spielzeuge gewesen, ohne es zu wissen. Daher musste er verhindern, dass die Wahrheit jemals ans Tageslicht kommen würde. Er wollte Mimi nicht verlieren, indem er sie kränkte und ihr das Gefühl gab, dass es noch eine andere geben könnte. Denn die gab es nicht! Und vielleicht war genau dieses Familienessen ein guter Anfang! Auch wenn er das Gefühl hatte, dass Mimis Vater ihn nicht sonderlich gut leiden konnte. Er würde es Mimi zu Liebe durchziehen und der Freund sein, den sie sich wünschte. _ Gegen Abend machte Taichi sich tatsächlich auf den Weg zu den Tachikawas. Seit der Weihnachtsfeier, vor zwei Tagen, hatte er nur sehr wenig von Mimi gehört. Sie war gemeinsam mit Yamato und Sora nach Hause gegangen, während Taichi einer der Letzten war, um den Probenraum abzuschließen. Heute Morgen hatte er Mimi extra nochmal geschrieben und gefragt, ob er noch etwas mitbringen sollte, doch sie hatte ihm nicht mehr geantwortet, weshalb er spontan ein paar Plätzchen im Supermarkt gekauft hatte. Es dauerte nicht lang bis er tatsächlich vor der Haustüre der Tachikawas stand und klingelte. Ein nervöses Kribbeln wanderte durch seine Magengegend und er hielt krampfhaft die Plätzchenschachtel in seinen schwitzigen Fingern fest. Er konnte sich noch nicht mal einen Reim darauf bilden, warum er so nervös war. Er kannte doch Mimis Eltern bereits. Aber dennoch stand er vor einer neuartigen Situation. Er war der neue Freund ihrer Tochter, den sie sicher nun anders beäugen würden als zuvor. Kritischer und vielleicht sogar strenger, wenn er an die Sache mit Makoto zurückdachte. Viel Zeit lag wirklich nicht zwischen den beiden Beziehungen, aber das war ihm völlig egal. Er wollte ihren Eltern einfach zeigen, dass er es ernst mit ihr meinte. Dass er sie aufrichtig liebte, auch wenn er diese Worte noch nie über die Lippen gebracht hatte. Bevor er diesen Gedanken weiterdenken konnte, wurde ihm auch bereits die Tür geöffnet. Freudig begrüßte Frau Tachikawa ihn. „Taichi, schön dass du da bist! Das Essen braucht noch einen kurzen Moment“, sagte sie und nahm lächelnd seine Jacke ab. Tai zog seine Schuhe aus und stellte sie zu den anderen. „Ich habe noch ein paar Plätzchen mitgebracht“, erwiderte er und hielt sie Frau Tachikawa direkt vor die Nase. „Das ist aber sehr aufmerksam von dir! Komm setz dich schon mal hin. Mimi macht sich noch fertig“, antwortete sie und deutete auf den festlich gedeckten Esstisch an dem Herr Tachikawa bereits saß und seine Zeitung las. Taichi wurde ein wenig mulmig zu Mute, da er schon länger bemerkt hatte, dass Mimis Vater ihn nicht sonderlich gut leiden konnte. „G-Guten T-Tag“, stammelte er und fühlte sich richtig unwohl in seiner Haut. Er hatte gehofft, dass Mimi wenigstens schon zurechtgemacht sei und ihm Gesellschaft leisten würde. Zurzeit war er nicht besonders bewandert in Sachen Smalltalk. Ihm fiel es ziemlich schwer über seine Zukunft zu sprechen, die nicht allzu rosig aussah. Er hatte sein Stipendium verloren und seine Eltern waren zurzeit nicht in der Lage ihm die Uni zu finanzieren, weshalb er einen anderen Weg finden musste. Tai hatte sich überlegt, erst einmal ein paar Vorbereitungskurse zu besuchen und sich über eventuelle Unterstützungsmöglichkeiten informieren zu können. Nebenbei wollte er arbeiten gehen, doch einen anständigen Nebenjob zu finden war gar nicht so einfach mit den ganzen Prüfungsvorbereitungen, die ihn zusätzlich quälten. Eigentlich hatte er nie Schulprobleme gehabt, aber dennoch waren die Abschlussprüfungen eine andere Hausnummer. Sie würden direkt nach den Winterferien, im neuen Jahr, stattfinden und er war bereits sehr nervös deswegen. Doch das konnte er schlecht bei den Eltern seiner Freundin zugeben. Dennoch legte Keisuke Tachikawa seine heißgeliebte Zeitung nieder, grinste verschwörerisch und Taichi stellte sich auf das schlimmste Gespräch seines Lebens ein, dass ihn sicherlich nachträglich noch beschäftigen würde. _ Das Gespräch stellte sich als harmloser raus als erwartet, was Taichi erleichterte. Mimis Vater ging nicht allzu sehr auf seine Zukunftswünsche ein, sondern quetschte ihn vielmehr über seine schulischen Leistungen aus. „Keisuke, lass dem Jungen doch mal ein bisschen Luft zum Atmen!“, hörte er Frau Tachikawa belustig sagen. Sie hatte einen gefüllten Truthahn besorgt und kümmerte sich gerade um die Bratensoße. „In den USA haben wir sowas an Weihnachten immer gegessen! In Japan war allerdings der Truthahn schon schwer zu bekommen. Ich musste drei Geschäfte aufsuchen, bevor ich einen Anständigen gefunden habe“, erzählte sie und versuchte das Gespräch ein wenig aufzulockern. Taichi war ihr sehr dankbar deswegen, auch wenn er sich Mimi an seine Seite wünschte. Sie schien sich immer noch fertig zu machen, was auch ihrer Mutter scheinbar bitter aufstieß. „Mimi, bist du langsam mal fertig? Taichi ist schon da und es gibt gleich essen“, hörte er Satoe Tachikawa rufen, doch Mimi reagierte nicht. „Furchtbar…“, grummelte sie vor sich, probierte danach aber ihre Soße, die sie nickend abschmeckte. „Ich glaube, wir können jetzt essen, falls MADAME sich endlich mal aus ihrem Zimmer bewegt.“ Madame betonte sie besonders laut, damit es Mimi hörte. Taichi blickte ebenfalls zu Mimis Zimmer, aus dem er keinen Mucks zu hören schien. Ihre Mutter seufzte nur genervt und schüttelte den Kopf. „Keisuke, vielleicht probierst du es einfach mal! Auf mich scheint sie immer noch schlecht zu sprechen zu sein“, schlussfolgerte sie und richtete sich hilfesuchend an ihren Mann, der sich stöhnend von seinem Platz erhob. Er schritt zu Mimis Zimmertür und klopfte energisch. Währenddessen richtete Satoe das Essen auf dem Tisch an und setzte sich Taichi gegenüber, nachdem sie den Truthahn in der Mitte platziert hatte. „Tut mir leid, sie ist wohl ein bisschen eingeschnappt. Wir haben uns heute Morgen ein bisschen gestritten“, gab sie kleinlaut zu. Überrascht blickte Taichi sie an und hatte nicht mit so viel Ehrlichkeit gerechnet, aber scheinbar wusste ihre Mutter bereits, dass sie ihre schlechte Laune nicht verbergen konnte. Nach gutem Zureden von ihrem Vater kam sie tatsächlich aus dem Zimmer. Taichi stand sofort auf, um sie zu begrüßen, doch er wusste auch, dass er sie nicht vor ihren Eltern einfach so küssen konnte. „Hey…“, brachte er nur hervor und zog sie in eine kurze Umarmung, die sie jedoch kaum erwiderte und so schnell wie möglich löste. Ihr Gesicht wirkte wütend, aber auch gleichzeitig sehr verbissen auf ihn. Sie hatte sich widerwillig auf ihrem Stuhl niedergelassen und verschränkte die Arme vor ihrem schwarzen Kleid, dass sie sehr blass erschienen ließ. „Mimi, jetzt zieh‘ nicht so ein Gesicht“, ermahnte sie ihr Vater als er sich ihr gegenübersetzte. Mimi verzog jedoch keine Miene, sondern kaute nur angesäuert auf ihrer Unterlippe herum. Taichi würdigte sie keines Blickes, was ihn sehr wunderte. War sie etwa auch sauer auf ihn? Was hatte er ihr nur getan? „Okay, da wir jetzt alle am Tisch sitzen, können wir auch mit dem Essen beginnen“, schlug Frau Tachikawa fröhlich vor. „Ich habe aber immer noch keinen Hunger“, kam es direkt von Mimi, die angewidert auf den Tisch blickte. „Mimi, nicht schon wieder! Wir haben einen Gast!“ „Und weiter? Tai stört es sicher nicht, wenn ich nichts esse oder?“ Sie sah ihn durchdringend an, doch er wusste nicht wirklich was er darauf antworten sollte. Schließlich wurde er ja zum Weihnachtsessen eingeladen, um gemeinsam mit allen zu essen. „Naja, ich…“ „Jetzt benimm‘ dich bitte“, unterbrach Satoe ihn barsch. „Du verhältst dich seit einigen Tagen wirklich unmöglich!“ „Ich? Ist das jetzt dein Ernst? Wer zwingt mich denn regelmäßig zum Essen? Ich habe dir doch gesagt, dass ich keinen Hunger habe“, untermauerte sie starr. „Mimi du weiß genau, dass ich mir nur Sorgen um…“ „Ach tust du das? Und warum lügst du uns dann jahrelang an?“, fragte sie, während sich eine Zornesfalte auf ihrem Gesicht abzeichnete. Taichi folgte dem Gesehenen perplex, da er nun gar nichts mehr verstand. Was war hier los und von was sprach Mimi da nur? „Schätzchen, von was redest du da?“, hakte auch ihre Mutter verständnislos nach. Doch Mimis Wut wurde somit ins Unermessliche geschürt. „Stellst du dich jetzt ernsthaft dumm?“, raunzte sie und sprang wie von der Tarantel gestochen auf. Taichi beobachtete sie skeptisch. In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, den er noch nie zuvor bei ihr gesehen hatte. Ihre Augen waren glasig und ihre Lippen zitternd, da sie sie fest aufeinandergepresst hatte. Ihre Stirn war runzelig und ihre Hände, die sich auf der Tischplatte abstützen, waren zu Fäusten geballt. „Mimi wie redest du denn mit deiner Mutter?“, mischte sich nun auch Herr Tachikawa ein, der seine Tochter sprachlos betrachtet hatte. Taichi blieb immer noch stumm. „Du verstehst das nicht! Sie hat uns all die Jahre angelogen und tut so als wäre sie die Übermutter, die sie ganz sicher nicht ist!“, brüllte sie und einige Tränen lösten sich und rannen lautlos ihre Wange hinunter. „Mimi, was redest du da denn? Ich habe euch nie…“ „Hör gefälligst auf zu lügen! Ich weiß Bescheid! Von deinem kleinen Geheimnis, dass du seit Jahren verheimlichst!“ Ihre Stimme war kratzig, ihre Haltung angespannt. Ihr Gesicht sah unfassbar traurig aus und die Tränen liefen unkontrolliert über ihre Wangen, sodass Taichi sie am liebsten in den Arm genommen hätte. Was war nur passiert? Und von welchem Geheimnis sprach Mimi da nur? Er fühlte sich hilflos. Er hasste es sie so zu sehen, doch er konnte ihr nicht helfen. Sie war immer noch voll und ganz auf ihre Mutter fixiert, die um ihre eigene Fassung rang. „Wovon sprichst du nur?“, flüsterte sie und senkte beschämt den Kopf, so als würde sie genau wissen, auf was Mimi hinauswollte. Seine Freundin schüttelte nur mit dem Kopf und blickte blinzelnd nach oben. „Warum kannst du nicht ehrlich sein? Was ist mit ihm passiert? Und wehe du leugnest es jetzt! Ich habe die Geburtsurkunde gefunden“, stellte Mimi verbissen klar und sah ihr dringlich in die Augen. Satoe Tachikawa klappte der Mund auf und blankes Entsetzen spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder. „Du hast in meinen Sachen geschnüffelt?“, fragte sie ebenso gereizt wie Mimi und stand ebenfalls auf. Taichi blickte unsicher zwischen Mutter und Tochter hin und her, während Keisuke Tachikawa verstummt war. „Ist das alles was dir dazu einfällt? Du hast mich siebzehn Jahre lang belogen und ich will endlich die Wahrheit wissen. Das bist du Papa und mir schuldig“, untermauerte sie hartnäckig. Satoe allerdings schnaubte nur verächtlich. „Mimi, das ist etwas aus meiner Vergangenheit! Es wird schon einen guten Grund geben, warum ich es dir nicht erzählt habe!“ „Das ist doch alles nur eine beschissene Ausrede! Ihr habt uns angelogen und könnt noch nicht mal dazu stehen“, schrie sie verzweifelt und schlug mit der Faust auf den Tisch, der zu wackeln begann. Taichi erschrak augenblicklich und war sichtlich verwirrt. Was redete sie da nur? Er blickte überhaupt nicht mehr durch, aber er wusste, dass er eingreifen musste, bevor es eskalierte. Deswegen nahm er seinen Mut zusammen und ergriff ihr Handgelenk, dass sie jedoch ruppig von ihm wegriss. „Misch dich da nicht ein, Taichi! Du bist genauso ein Lügner wie sie!“, unterstellte sie ihm, was ihn völlig überrumpelte. „Was? Mimi beruhig‘ dich jetzt erstmal! So kenne ich dich gar nicht“, antwortete er schockiert. Doch Mimi ließ sich nicht beirren und machte ungeniert weiter. „Hört alle auf! Ich werde mich ganz sicher nicht beruhigen! Ich will die Wahrheit wissen!“ „Mimi…“, brachte ihre Mutter verzweifelt vor und Tai sah, dass auch sie bereits den Tränen nah war. So hatte er sich ganz sicher nicht dieses Weihnachtsessen vorgestellt gehabt! Es eskalierte vollkommen und so wütend hatte er Mimi noch nie gesehen gehabt. Es war fast schon ein wenig beängstigend und er traute sich auch kaum zu bewegen, doch irgendwer musste doch etwas tun! „Jetzt setzt dich bitte. Wir reden heute Abend in Ruhe, in Ordnung?“, mischte sich dann doch Herr Tachikawa ein, der sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte. Doch seine Frau hatte sich weinend auf den Stuhl gesetzt und den Kopf zu Boden gerichtet. Mimi hingegen war die einzige Person, die immer noch stand. Ihre Augen hatten sich entsetzt geweitet, nachdem ihr Vater versuchte ihre Mutter zu beruhigen. „Du weißt darüber also Bescheid…“, schlussfolgerte sie sprachlos. „Ihr seid also alle Lügner! Alle die hier sitzen!“ Kurz nachdem sie diese harten Worte ausgesprochen hatte, entfernte sie sich zügig. Während ihre Eltern immer noch am Tisch saßen, brauchte Tai keine Sekunde, um sich aufzurappeln. Sie war vollkommen durcheinander! So konnte er sie doch nicht gehen, zumal sie ihn auch als Lügner bezeichnete! Das durfte er nicht auf sich sitzen lassen! „Mimi, komm mal wieder runter. Lass uns in Ruhe darüber reden!“ Er griff sie am Handgelenk und drehte sie zu sich, doch sie wehrte sich gleich, indem sie ihn von sich drückte. „Ich will alleine sein! Geh doch zu Emi und vögel‘ sie durch, wie du es sechs Monate lang getan hast!“ Sein Gesicht entgleiste und er war nicht mehr in der Lage irgendetwas zu ihr zu sagen. Allerdings hatte er in ihre schmerzerfüllten Augen blicken können, die sein Herz unglaublich erschwerten. Sie hatte alles mit angehört! Sie wusste von ihm und Emi. Und er hatte gehofft, dass sie es niemals erfahren würde. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie schlimm Geheimnisse sein konnten. Er hörte Mimis Mutter hinter sich immer noch weinen, auch wenn er die Zusammenhänge immer noch nicht verstanden hatte. Mimi war in ihr Zimmer verschwunden und hatte die Tür lautstark hinter sich zugeknallt. Er hingegen stand verloren Mitten im Raum, unwissend, was er als Nächstes tun sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)