Ära des geeinten Zeitalters von linkbravery ================================================================================ Vorgeschichte 1 --------------- Du verrietest mich. Du allein. Du hast mich verletzt. Du allein. Du hast versucht, mich zu töten. Du allein. Ihr tötet meine Freunde. Du und deine Schergen. Ihr entehrt die Göttinnen. Du und deine Schergen. Ihr trachtet nach dem Triforce. Du und deine Schergen. Und dann fragst du dich, warum? Warum ich dich hasste? Warum ich dich angriff? Warum ich die töten wollte? Warum ich alle, die mir etwas bedeuten, beschützen wollte? Doch ich lag falsch. Ich konnte das Schwert gegen dich erheben. Ich konnte gegen dich kämpfen. Ich konnte dich verletzen. Aber töten, konnte ich dich nicht. Im Gegenteil. Nun sitze ich hier. Nun schaue ich allein in den Himmel. Sehe, was wir zusammen sahen. Denke, was wir zusammen erfanden. Träume, was wir zusammen erlebten. Spüre, wie das Blut meinen Körper verlässt. Ich hoffe, du bleibst am Leben. Ich hoffe, du wirst dich erinnern. Ich hoffe, du wirst daran zerbrechen. … Es tut mir leid, Hylia. Ich werde dich nicht auf ewig beschützen können. Vorgeschichte 2 --------------- Wie lange ist es jetzt her? Vierzig Jahre? Es kam mir tausendmal länger vor. So steh ich hier. Blicke herunter auf das alte Land. Sehe die alte neue Freiheit unseres Volkes. Und kann mich doch nicht freuen. Mir fehlt etwas. Nur was? Ich weiß es nicht. Doch quält es mich. Hylia… nein. Zelda, bitte hilf mir! Aber du kannst nicht. Seit den Ereignissen hast du nur noch deine alte Aufgabe im Kopf. Ich kann es dir nicht verübeln. Und doch vermiss ich dich. Zwar nicht so sehr wie… Ja, wie was? Heilige Götterdreieinigkeit, ich weiß es nicht! Es zerreißt mich innerlich, aber was ist es? Der Schmerz an meiner linken Hand lässt mich aufsehen. Blut, mein Blut, ziert das Tor zum Tempel der Göttin. Beleidige ich dich damit Zelda? Wen ja, dann beweg dich gefälligst hier her und schrei mich an! Mach irgendwas! Aber lass mich nicht allein. Wie so oft antwortest du nicht. Also betrete ich einfach die heilige Halle. Wer soll mich schon aufhalten? Meine Schritte führen mich zur Mitte des riesigen Raumes. “Hallo, Phai.” Doch auch du antwortest nicht. Warum lasst ihr mich alle allein? Was habe ich euch getan? Ich weiß es nicht. Niemand ist hier. Niemand, mit dem ich einfach reden kann. Niemand, der mich festhält. Hasst ihr mich? Weil ich ihn tötete? Dabei hasse ich mich deswegen doch schon zu genüge. … Ich mag nicht mehr. “Auf dass deine zukünftigen Herren nicht solche Waschlappen sind wie ich, Phai.” Vibrierst du an meinem Rücken? Ich weiß es nicht. Ich bin müde. Vorgeschichte 3 --------------- Ich tat viel in meinem Leben. Vor allem in meiner Kindheit. Ich lernte sogar die Minish kennen! Viele Kinder träumen davon. Viele Erwachsene halten sie für eine urbane Legende. Doch ich kenne die Wahrheit. Nur eine Wahrheit kenne ich nicht. Woher kommt meine innere Unruhe? Ich habe nach dem Ursprung gesucht. Hier in Hyrule. Aber auch in anderen Ländern. Ich lernte viele Leute kennen. Ich trat in Kontakt mit den unterschiedlichsten Rassen. Ich lernte sogar auf einem Drachen zu reiten. Aber diese Unruhe blieb. Ich suchte weiter. Ich fand nicht. Jetzt steh ich erneut hier. Im Schlosshof Hyrules. Niemand weiß, dass ich hier bin. Die Wachen nehmen mich nicht für voll. Zu ihrem Glück. Ich beuge mich über den alten Portalstein. “Ezelo?” Keine Reaktion. Ich klopfe auf den Stein. “Hey! Du hast doch gesagt, wir treffen uns in hundert Jahren wieder. Also, wo bist du?” “Du hast daran gedacht.” Ich lache, während ich mich auf dem grünen Rasen niederlasse. “Natürlich. Ich kann doch nicht einfach das kleinste Abenteuer meines Lebens vergessen. Ich vernehme dein lautes Lachen und dann endlich entdecke ich dich. Dort neben dem Stein stehst du, nicht einmal so groß wie mein Daumen. Du musterst mich lange, bis du ungläubig den Kopf schüttelst. “Dein Bart ist ja länger als meiner!” Wieder lache ich. “Du hast dich gar nicht verändert.” Scheinbar sind Minish langlebiger als wir Hylianer. “Ezelo?” “Hm?” “Ich bräuchte mal die Hilfe eines Weisen.” “Was ist los, Link?” “Ich suche und suche, aber ich finde nicht.” Ich huste. “Alles, was ich finde, ist die Zeit die mir bereits durch die Finger geronnen ist.” Du zauberst, oder? Ja, das tust du. Denn nur Augenblicke später schließt du mich in deine Arme. Ich habe nie gefunden, was ich suchte. Aber jetzt muss ich endlich aufhören. … “Gute Nacht, Ezelo.” “Gute Nacht, Link.” Bitte weine nicht. Vorgeschichte 4 --------------- Es tut mir leid, Zelda. Ich kann nicht bleiben. Ich war nie der Mann, der an deiner Seite leben sollte. Ich werde dein Ritter sein, dein Krieger. Verlange von mir Schlachten zu schlagen, Dämonen zu töten. Aber an deiner Seite leben, verlange das von mir nicht. Ich rettete dich nicht, weil ich dich liebte. Ich rettete dich, weil du mir eine gute Freundin bist. So dachten wir damals alle. Vio, Red, Blue, Green und auch Shadow. Auch wenn wir so unterschiedlich waren, sind wir doch eine Person. Ich vermisse die Anderen. Sie halfen mir, die Einsamkeit zu überwinden, zu unterdrücken. Jeder von uns empfand so. Einmal verschwand die Einsamkeit aus meinem Herzen. Ein einziges Mal. Kein Wunder. Ich hatte in dem Moment einfach zu viel Schiss um mein Leben. Doch danach traf mich die Einsamkeit doppelt so stark. Nur warum? … Aber das ist jetzt egal. Ein letztes Mal stehe ich im Siegelhein. Ein letztes Mal streichen meine Finger über das legendäre Schwert der Vier. Erst jetzt bin ich bereit zu gehen. Vorgeschichte 5 --------------- Nun schon zum zweiten Mal erhebe ich das Schwert gegen dich. Beim ersten Mal schlugst du mich einfach nieder und ließt mich im Regen zurück. Warum hast du mich damals nicht einfach getötet? Ich weiß es nicht. Und du wirst mir diese Frage nicht beantworten. Im Gegenteil. Nur knapp weiche ich einer schwarzen Energiekugel aus. Heilige Farore, ich lebe noch. Aber lange werde ich das nicht mehr aushalten. Ich meine, m9r schmerzen Muskeln, von denen ich nicht mal wusste, dass sie existieren. Du siehst auch nicht besser aus. Bist erschöpft und hast viele Schnittwunden. Wie oft habe ich dich bereits mit dem Master - Schwert erwischt? Wie schwer habe ich dich mittlerweile verletzt? Nicht schwer genug wie mir scheint. Du bist noch so beweglich und schnell wie zu Beginn unseres Kampfes. Oder werde auch ich langsamer? Wieder teleportierst du dich weg. Ich versuche, dich schnell zu finden. Wirbel von rechts nach links. Dann spüre ich es. Dein Schwert. Wie es mich durchbohrt. Dein Gesicht ist nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Im Moment zeichnet sich vor allem eins in deinen Zügen ab. Schock. Wolltest du mich nicht töten? Warum siehst du mich so an? “Nein.” Selbst deine Stimme klingt geschockt. “Nein, dass…” Nein, was? Bitte sprich mit mir. Sag mir, was du willst. Sag mir, warum der unausweichliche Tot deines Feindes dich so sehr schockt. Meine Beine wollen nachgeben. Aber ich will stehen bleiben. Momentan kann ich meinen Willen noch durchsetzen. Im Hintergrund höre ich Zelda und Navi verzweifelt schreien. Ich spüre die Verzweiflung der sechs Weisen. Mir ist sogar als ob ich Eponas ängstliches Wiehern wahrnehme. Dann sacke ich doch zusammen. Nur erreiche ich den Boden nie. … Ein letztes Mal schaffe ich es, die Augen zu öffnen. Ein letztes Mal sehe ich dir ins Gesicht. “Danke.” Meine Stimme droht zu zerbrechen. “Danke, dass du mich nicht wieder mit dem Schmerz und der Einsamkeit allein lässt.” Meine Stimme bricht. Vorgeschichte 6 --------------- Lang lang ist’s her. Dabei kommt es mit wie gestern vor, als ich zuletzt die Zitadelle der Zeit betrat. Die Anwesenden drehen sich einer nach dem Anderen zu mir um. Ich spüre sogar Raurus ungeteilte Aufmerksamkeit auf mir. Ich beachte es nicht. Ich mag es nicht angestarrt zu werden. Mochte es nie. Aber ich lernte, damit zu leben. Nun ist es egal. Wenn ich die Zitadelle verlasse, wir es das letzte Mal sein. Meine Rastlosigkeit wird mich weiterziehen. Durch alle Länder, die es gibt. Erneut. Meine Schritte führen mich zum heiligen Altar mit den drei heiligen Steinen. Den mittleren, den Goronen - Rubin, berühre ich kurz. Hinter mir erklingen etliche geschockte Stimmen. Rauru bemüht sich, das Tor wieder zu schließen. Doch es gelingt ihm nicht. Das Zeitportal öffnet sich für mich. Wird es immer. Bedächtig schreite ich durch das Portal, bleibe erneut stehen. Das Master - Schwert. Schön und doch so tödlich. Bist du es? Nein. Meine Rastlosigkeit verschwindet nicht. Sie wird nur noch stärker. Ein leises Summen erreicht meine Ohren. Es kommt von der heiligen Waffe. Ein letztes Mal berühre ich ihren Knauf. Du erkennst deinen alten Träger noch, hm? Aber mittlerweile ist es egal. Ich trug seit Jahren kein Schwert mehr. Ich kann es gar nicht mehr. Meine morschen Knochen knacksen, als ich mich neben meinem alten Freund niederlasse. Müde schließe ich die Augen. Lege meinen Kopf auf meine Pfoten. … Hallo Zelda. Es ist schön, dich noch einmal zu sehen. Ein letztes Mal. Meine Wanderung wird hier enden. Vorgeschichte 7 --------------- Es ist mal wieder so weit. Der heilige Kampf gegen Ganon jährt sich ein weiteres Mal. Ein weiteres Mal feiert das Volk. Ich bin dagegen. Ich sehe immer noch den Krieg vor meinem inneren Auge. Ich weiß, wie es ist, Blut an den Händen zu haben. Und da soll ich feiern? Es geht nicht. Königin Zelda weiß es. Sie wusste es von Beginn an. Sie versteht es. Helfen kann sie mir jedoch nicht. Obwohl sie genauso denkt. Aber das Volk will es so. Sie feiern mit dem Sieg auch den Tod vieler. Akzeptieren es damit. Ich kann es nicht. Ich versuchte es. Es gelang mir nicht. Und wird es nie. Doch nun steh ich hier. Im alten Wald. Hier, wo ich das Master - Schwert aus dem Stein zog. Die sagenumwobene Klinge liegt schwer in meiner Hand. Sie war jahrelang ein treuer Begleiter. Sie rettete mir oft das Leben. Ich glaube, sie lebt. Die anderen Ritter hielten mich deswegen immer für verrückt. Doch ich blieb bei meinem Glauben. Halte auch jetzt noch daran fest. Aber nun ist die Zeit gekommen. Zeit, Lebewohl zu sagen. Dein Schicksal wird ewig andauern. Meins bald enden. Ich höre, wie die Klinge fast von allein in den Stein zurück findet. Damit ist unser gemeinsamer Weg zu Ende. … Verzeih, meine Königin. Ich kann nicht bleiben. Vorgeschichte 8 --------------- Holodrum. Labrynna. Cocolint. Und viele andere. Länder, die ich bereiste. Länder, die ich kennen lernte. Länder, die ich zerstörte. Marin. Tarin. Ihr alle. Es tut mir leid. Aber ich konnte nicht anders. Meine Sehnsucht trug mich zu euch. Meine Sehnsucht trug mich fort von euch. Nur lindern konnte ich sie nie. Aber ich muss weiter. Oh Göttinnen. Warum quält ihr mich so? Reichen meine bisherigen Taten nicht aus? Reicht es nicht, dass ich eine komplette Welt auslöschte? Müsst ihr mich noch weiter quälen? Woher kommt meine Sehnsucht? Wohin führt sie mich? Nicht hierher, dass weiß ich. Nur, wo bin ich? In Hyrule, klar. Aber ich kenne diesen Wald nicht. Ich hörte nie von einem Schwert in einem Stein. Also warum habe ich das Gefühl schon einmal hier gewesen zu sein? Warum weiß ich, dass noch nie jemand diese Klinge mit rechter Hand führte? Auch dies weiß ich nicht. … Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass irgendwann alles gut werden wird. Vorgeschichte 9 --------------- Zweimal. So oft rettete ich Hyrule. Zweimal zu oft. Verdammt, ich war ein Kind! Aber sehen wollte es niemand. Fast niemand. Impa zügelte mich, wenn ich übertrieb. Zwang mich zu Pausen. Kümmerte sich um mich. Prinzessin Zelda ehrte mich. Gab mir einen Sinn im Leben. Schützte mich vor dem Neid der Menschen. Doch genau diese Menschen Verhöhnten mich. Wenn erst ein 10 - später 16 - Jähriger ein ganzes Land retten konnte, war die Bedrohung nie so groß. Sie verhöhnten mich. Sie verspotteten mich. Sie hassten mich. Aber selber das Schwert erheben? Nein, wozu denn? Feiges Pack! Ich verachte sie. Ich beschütze sie. Niemals könnte ich jemandes ein böses Schicksal wollen. Ist es die Macht der Göttinnen? Ist es das Triforce, welches in meinem Handrücken ruht? Oder ist es die Spannung in mir, die mich davon abhält? Abhält, diesem Land und seinen Bewohnern etwas Böses zu wollen? Ich kann es einfach nicht! Ich will es nicht! Ich brauch es nicht! … Selbst wenn, ich würde nie wieder die Möglichkeit erhalten. Manche Dinge lassen sich selbst mit dem Schwert und göttlicher Macht nicht besiegen. Vorgeschichte 10 ---------------- Licht. Schatten. Zwielicht. So nenne sie mich. Held des Zwielicht. Doch ich wollte nie ein Held sein. Ich wurde dazu gezwungen. Nicht von einer Person. Sondern von den Ereignissen. Alles, was ich wollte, war meine Freunde zu beschützen. Dass man dafür gleich zum Helden gemacht wird, konnte ich damals nicht wissen. Trotzdem würde ich jederzeit wieder so handeln. Zum Schutz meiner Freunde. Zum Schutz meiner Familie. Auch, wenn ich nie wirklich eine hatte. Viele waren mir nahe genug, dass ich sie als Familie bezeichnete. Zu lang ist’s her. Zelda. Midna. Ilya. Colin. Epona. Sie alle gingen vor mir. Sie alle ließen mich zurück. Sogar Shade ging. Obwohl er damals schon so alt war. Er sagte mir nie, wer er war. Er sagte mit nie, wo er herkam. Er sagte mir nur, dass seine Rastlosigkeit ihn immer weiter trieb. Jetzt bin ich der Rastlose. Nie finde ich Ruhe. Nie finde ich Entspannung. Nie weiß ich, wohin mich mein Weg morgen führt. … Doch gibt es überhaupt noch ein Morgen? Für mich? Vorgeschichte 11 ---------------- Unser Volk ist gerettet. Das neue Staatssystem steht. Alle sind glücklich. Fast alle. Ich spüre nur eine Leere. Egal, ob ich am Hof zugange bin. Egal, ob ich meine Geschichte erzähle. Egal, ob ich aufs Meer hinaus sehe. Die Leere ist immer da. Sie ist gigantisch, gewaltig. Sie ist größer als das Meer vor meinen Füßen. Sie breitet sich immer weiter aus. Jedes Mal, wenn ich an den großen Kampf denke. Jedes Mal, wenn ich in Gedanken Ganondorf töte. Was hat er nur mit mir gemacht? Hat er mich verflucht? Auf dass ich nie wieder ernsthaft glücklich werden kann? Ich weiß nicht warum, aber ich bezweifle es. Er hätte doch nie die Zeit dazu gehabt. Trotzdem. Als ich gegen ihn kämpfte, fühlte ich mich noch lebendig. Jetzt bin ich nur noch eine Hülle meiner Selbst. Jetzt kann ich nicht mal mehr ein Schwert führen, ohne daran zu zerbrechen. … Aber ich bin schon längst zerbrochen. Innerlich. Vorgeschichte 12 ---------------- Hyrule blüht. Anders lässt es sich schwer beschreiben. Es ist ein wunderschöner Anblick. So sitze ich hier auf den Zinnen des Götterturms. So spiele ich auf der alten Flöte der Götter. So gedenke ich meinem großen Abenteuer. Unser Land ist nicht alt. Keine 200 Jahre. Und doch standen wir schon mal kurz vor dem Untergang. Und wer durfte es dann richten? Jup, ich. Wenigstens hatte ich tatkräftige Unterstützung unserer weisen Königin. Nur war Zelda damals noch Prinzessin. Eine Prinzessin, die ich mit meinem Leben beschützte. Eine Königin, die ich mit meinem Leben beschütze. Aber es füllte mich nie aus. Bin ich zu lange an einer Stelle, werde ich nervös. Es treibt mich immer weiter. Überall hin. Ich kenne unser Land besser als jeder Andere. Ich kenne Orte, die nie ein Lebewesen vor mir betreten hat. Orte, die den Göttern vorbehalten sind. Auf einem solchen Ort sitze ich gerade. Der Turm der Götter. Hier begann mein Abenteuer. Hier endete mein Abenteuer. Hier gelingt es mir manchmal, meine Nervosität zu unterdrücken. So auch heute. So auch ein letztes Mal. … Ihr Götter. Bitte sagt mir, was ich wirklich suchte. Prolog ------ Wer ich bin? Ich bin ich und doch viele. Wo ich bin? An allen Enden Hyrules und darüber hinaus. Wann ich bin? Ich bin jetzt, ich war, ich werde sein. Bis in alle Ewigkeit. Warum ich bin? Ich wollte es so. Und die Götter akzeptierten. Wie ich bin? Immer gleich und doch unterschiedlich. Was ich bin? Nicht verrückt, so viel steht fest. … Also noch mal. Wer ich bin? Mein Name ist Link. Was ich bin? Kein Held und so soll es bleiben. Was ist das hier? Dies ist meine Geschichte. Kapitel 1 --------- “RAAH!” Rumpel. “Au…” Na warte, dass werde ich dir heimzahlen! Aber erstmal musste ich mich befreien. Ein gut gezielter Griff und ein Dolch wanderte in meine Hand. Noch in der gleichen Bewegung flog dieser und das Seil war kein ganzes mehr. Frei! Und gleich ein Mörder! Das Seil von meinem Fußgelenk lösend, hüpfte ich zu meiner offenen Zimmertür. Dort zog ich als Erstes die Klinge aus dem Holzrahmen. Auf dem Flur stand nur eine kichernde Person, also war für mich klar, wer der Übeltäter war. An der Wand entlang schlich ich mich auf die etwas größere Gestallt zu, bis ich nah genug an ihr dran war. Und los! Es wurde kurz laut, bis ich den Anderen an der Wand fixiert hatte und ihm die klinge an den Hals hielt. Kurz sahen mich seine roten Augen geschockt an, bis er doch grinste. Meine Klinge wanderte ein Stückchen näher an seine Halsschlagader. Spätestens jetzt musste er den kalten Stahl spüren. “Sag mal, tickst du noch ganz richtig?” Anmerkung: Wer mich weckt, spürt meinen Zorn! Er drückte sich etwas weiter an die Wand, um sprechen zu können. “Anns Idee.” “Und du machst auch noch mit? Verdammt, wie alt bist du? Anderthalb?” “Ey!” Damit traf ich ihn jedes Mal. Seufzend ließ ich von ihm ab und er sank hustend zu Boden. Geschah ihm rechet! Wer der Kerl überhaupt war? Nun sagen wir mal so, er sah mir se~hr ähnlich. Wir konnten unsere Verwandtschaft beim besten Willen nicht abstreiten. Aber verwechseln konnte man uns auch nicht. Warum? Ich - blond. Er - schwarzhaarig. Ich - blauäugig. Er - blutrot. Ich - gesund gebräunt. Er - leichenblass. Und das war nur äußerlich. Innerlich gab es noch mehr Unterschiede, aber ich will euch nicht langweilen. Ich seh es bei euch rattern. Ihr denkt jetzt bestimmt folgendes: Dark? Shadow? Aber nein, Scath. Was auch immer sich unsere Elter bei diesem Namen gedacht haben. Oh Göttinnen. Was hab ich ihn damit aufgezogen, als wir noch klein waren. Zu meinem Glück konnte sich mein Zwillingsbrüderchen nicht mehr daran erinnern. Ich würde heute noch abbezahlen. Aber hey, ich brauchte damals einen Ausgleich. Mit drei? Einen Ausgleich? Klingt komisch, ist aber so. Denn damals begann, was mein komplettes Leben veränderte: Ich erinnerte mich. Ich erinnerte mich, wie ich das Master - Schwert schmiedete. Ich erinnerte mich, wie ich durch die Zeit reiste. Ich erinnerte mich, wie ich als Wolf durch die Schattenwelt rannte. Ich erinnerte mich, wie ich die Weltmeere besegelte. Ich erinnerte mich, wie ich die Jahreszeiten rettete. Ich erinnerte mich, wie ich ein ums andere Mal den Dämonenkönig tötete, egal wie er sich gerade nannte. Ich wusste also, dass all die heiligen Helden, die unser Land verehrte, eigentlich ein und die selbe Person waren. Ich. Und genau dieser ehemalige Held hatte jetzt Hunger! Frühstück! Mein Weg führe mich also ohne auf meinen Bruder zu achten die Treppe runter geradewegs in die Küche. Dort verwuschelte ich als Erstes die gut sitzende Frisur meiner kleinen Schwester. Annira… ja wie soll ich sie am Besten beschreiben? Erinnert ihr euch an Aril? Meine Schwester aus der Ära des Weltmeeres? Ann sah ihr recht ähnlich, nur dass ihre Haare dunkelbraun und viel länger waren. Und natürlich war sie älter. Ann zählte mittlerweile 14 Jahre. Scath und ich waren übrigens 16. Ich saß schon, bevor Ann auch nur versuchen konnte, mich zu erwischen. “Bitte streitet nicht schon am frühen Morgen.” Gerade noch konnte ich ein Augenverdrehen verhindern. Als ob wir uns mal richtig streiten. “Ja, Oma.” hallte es ihr auch schon dreifach entgegen. Hey! Scath hatte sich auch mal eingefunden. Schlechte Nachricht: Ich war als Einziger noch im Schlafanzug. Aber Oma störte so was nicht, im Gegenteil. Solange wir anständig aßen konnten wir von ihr aus auch nur in ein Handtuch gewickelt am Tisch sitzen. Also Mahlzeit! Kapitel 2 --------- Nach dem Frühstück ging für mich alles sehr schnell. Zähne putzen und duschen war eins. Während ich in mein Zimmer rannte, band ich mir meine langen Haare zusammen. Ich kramte gleichzeitig nach Klamotten und meinen Schulsachen. Mit Jacke und Tasche in der Hand hüpfte ich mir die Schuhe zubindend die Treppe runter. Warum ich mir nicht den Hals brach? Jahrelange Übung. Ich schlüpfte gerade in meine Jacke, als auch meine Geschwister zu mir stießen. Anns Frisur saß wieder! War für mich allerdings total nebensächlich- Meinen langen Zopf ließ ich für gewöhnlich unter meiner Jacke und durch die Kapuze konnte ein Fremder es nicht einmal erahnen. Natürlich ist es Schwachsinn, sich erst die Haare lang wachsen zu lassen und es dann zu verstecken. Aber es hatte einen einfachen Grund. Männer mit langen Haaren waren in unserer Gesellschaft verpönt. Warum auch immer. Langwachsen ließ ich sie mir als Erinnerung. Bevor ich in der Ära der Göttin Hylia in den Knast wanderte, hatte ich auch lange Haare. Zwar nicht ganz so lang wie momentan, aber immerhin bis zur Mitte des Rückens. Nein, deswegen saß ich nicht ein, auch wenn es damals genauso gut angesehen war wie heute. Oma fand es zu Beginn sehr seltsam. Doch als ich sagte, ich mag es, war für sie das Thema erledigt. Sie akzeptierte es sogar, als einigste Erwachsene bisher. Ann fand es immer wieder lustig, irgendwas mit meinen Haaren anzustellen. Nur Färben hatte sie Farore sei Dank noch nicht ausprobiert. Scath lachte mich jedes Mal aus, wenn es wieder so weit war. Und mich nervte es nur. Aber was tat man nicht alles für seine kleine Schwester. Erstaunlicherweise kamen wir noch pünktlich los und brauchten nicht zum Bus zu rennen. Es gab in unserer Ära zwar den ganzen Technischen Schnick-Schnack wie Autos und Flugzeuge, aber das Straßenbild war immer noch geprägt von Reitern und Kutschen. Hyrule war eben sehr traditionsbewusst, worüber ich mich und ausländische Touristen sich auf Äußerste amüsierten.Ich meine, könnt ihr euch vorstellen, wie jemand mit Pfeil und Bogen bewaffnet eine Bank überfällt? Nein? Tja, das gibt es eben nur bei uns. “Link!” Verwirrt bleib ich stehen und sah in Richtung der Stimme, geradewegs nach oben. Grinsend wank ich. “Morgen Maleika!” Lachend landete sie neben mir. “Ich hab dich dreimal gerufen!” “Du kannst mir ja viel erzählen.” Gut, ich gebe es zu, wenn sie das sagt, stimmt es für gewöhnlich auch. Nur knapp entwich ich ihrer Faust. Maleika war eine Orni. Gut, Halb- Orni mit hyrulanischem Vater. Aber ich wette, der Kerl trägt Zora- Gene in sich. Erstens ist er ein super Schwimmer und zum zweiten hat Mal tiefblaue Federn! Als ich sie das Erste Mal gesehen habe, dachte ich, sie ist in einen Farbtopf gefallen und hab sie das in meiner Trotteligkeit auch noch gefragt! Kleiner Tipp: Macht das nie! Es war grausam. “Du willst doch nicht wirklich mit dem Bus fahren?” Orni und Zora waren selten in Bussen anzutreffen. Oh, und natürlich Goronen, aber das hatten andere Gründe. Die Achsen hielten in den seltensten Fällen das Gewicht aus. “Und ob ich das will!” Mal grinste mich an, als ob sie sagen wollte: “Nananananana. Ich weiß etwas was du nicht weißt.” Aber nicht mit mir. “Du hast also doch die Lehrstelle bei ner Zeitung bekommen?” “Ich hasst dich, weiß du das?” Übersetzung: Volltreffer. “Ich bin momentan wirklich schneller mit dem Bus.” Und das wo Pferde bei uns Vorfahrt haben. “Wo willst du hin?” “Zum Kurier.” Der Hyrulanische Tageskurier war die größte Zeitung unseres Landes. “Im ganzen Antalis- Viertel herrscht ein striktes Flugverbot.” Ich konnte ihr den Missmut direkt ansehen. Das Problem hatte ich zum Glück nicht. Einer der wenigen Vorteile, ein Hyrulaner zu sein. An der Bushaltestelle standen sowohl Erwachsene als auch Jugendliche in rauen Mengen. Nur weinige von ihnen sahen Maleika an. Kein Wunder, sie war in unserer Ecke bekannt wie ein bunter Hund - oder eben Orni. Mal beachtete das schon gar nicht mehr, stattdessen textete sie mich in einem fort zu. Nur hatte ich gerade gekonnt auf Durchzug geschalten. “Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?” “Klar.” Reflexe sind doch etwas feines. Unser Bus kam und wir stiegen ein, zum Glück noch vor den drängelnden Kinder. Aber auch so waren schon fast alle Plätze belegt. Nur weiter hinten waren noch zwei frei, die uns auch reichten. Während Scath Ann auf den Schoß nahm, spielte ich Sitzkissen für Mal. “So und jetzt noch mal.” Mist, Maleika hatte meine geistige Abwesenheit doch mitbekommen. “Erklär mir doch noch mal, warum du bei uns geblieben bist, wenn du jetzt doch sowieso auf die Akademie gehst. Du hättest damals doch gleich mit Scath mitgehen können.” O.K. Bevor ich jetzt weit aushole: Bei euch gibt es doch etwas, das sich Gymnasium nennt. Ist bei uns praktisch das Gleiche, heißt nur Akademie. Man brachte den Abschluss für fast alles, was höher ist. Politiker, Lehrer, Ritter und so weiter. Gewechselt war ich damals nicht wegen Zelda. Sie - als Politikertochter - wäre genau mit mir in einer Klasse gewesen. Und jedes Mal, wenn wir uns in der Vergangenheit über den Weg gelaufen sind, durfte ich kurz danach die Welt retten. Das wollte ich eben nur etwas hinauszögern. Jetzt ratet mal, was ich vor drei Jahren von Scath erfahren hatte: Madam ehemalige Prinzessin blieb auf normaler Schule. Da hätte ich mir das ganze Tara gleich von Beginn an spare können. Seufzend legte ich den Kopf an Mals Schulter. “Wie oft habe ich das jetzt schon durchgekaut?” “Noch nicht oft genug, weil ich es immer noch nicht verstanden habe.” Ich wette, sie schmollte mal wieder. “Ich kann dich beruhigen, Maleika.” Scath mischte sich einfach ein. “Das hab noch nicht mal ich kapiert und wir sind Zwillinge.” Die offizielle Version war: Ich wusste damals noch nicht, was ich werden wollte. Eigentlich totaler Schwachsinn, wenn man aus einer alten Ritterfamilie kam und mein unbestreitbares Talent für Schwertkampf und Bogenschießen hatte. Trotzdem hatte die Allgemeinheit es mir abgekauft. Nur knapp konnte ich Maleika festhalten, als sie sich auf meinen Beinen umdrehte und mich musternd ansah. Ohoh. “Was hast du vor?” “Sag mal, warum versteckst du dich immer wieder unter deiner Kapuze?” “Als ob du dir das nicht denken kannst.” Man kann mich nicht seit zehn Jahren kennen, ohne um mein überdurchschnittlich langes Haar zu wissen. Sie zuckte mit den Schultern und klaute mir als Erstes meinen Sichtschutz. Super. Ich spürte den Blick meines Sitznachbarn förmlich. Dann begann sie an meinen Haaren herum zu hantieren. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als sie machen zu lassen. Glaubt mir: Frauen, die ihren Willen nicht bekommen, können furchteinflößend sein. Da leg ich mich lieber mit unserem altbekannten Dämonenkönig an. Auch wenn ich immer noch die Hoffnung hatte, die ganze Misere zur Abwechslung mal friedlich lösen zu können. Mal hatte inzwischen eine Strähne aus meinem Zopf gelöst und nun begonnen diese zu flechten. Sie schien so etwas geplant zu haben, denn aus ihrer Tasche zog sie einen grünen Gummi aus ihrer Hosentasche, passend zu meiner Jacke. Die letzten Zentimeter musste sie ganz schön fummeln, aber schließlich ließ sie wieder von mir ab. Meine erste Reaktion war: Ich zog die Kapuze wieder an Ort und Stelle. Von der anderen Seite des Ganges hörte ich zwei leise kichernde Stimmen. Jetzt ratet mal. Ja, Scath uns Ann. Aber es hatte keinen Sinn, sich darüber zu beschweren. Viel schlimmer war, dass mich auch Andere, die ich nicht kannte, anstarrten. Und ein Großteil von denen würde sicherlich ebenfalls auf die Akademie gehen. Mein schon lange aufgebrauchtes Glück hatte mal wieder zugeschlagen. Kapitel 3 --------- Endlich weg von diesem wahnsinnigen Mädchen! Ich atmete sogar schwerer, so schnell war ich aus dem Bus gestürmt. Scath klopfte mir grinsend auf die Schulter. “Jetzt komm schon. So schlimm ist es doch nicht.” “Nicht so schlimm?” Ich starrte meinen Bruder ganz entgeistert an. “Dinverdammt noch mal. Ich glaube mittlerweile, sie will mich langsam und genüsslich zu Tode foltern!” Erst jetzt bemerkte ich die Blicke der Umstehenden. Mist. Schnell rollte sich die geflochtene Strähne zusammen und stopfte sie mir vorne in die Jacke. Kurz sah Scath mich Stirn runzelnd an, bevor er den Kopf schüttelte. “Ich kapier nicht, was du an diesem alten Dreigötterglauben findest.” “Göttinnen. Din, Farore und Naryu sind Göttinnen.” Während Ann kicherte, verdrehte Scath die Augen. Ich ließ eben nichts auf die Erschafferinnen des Triforce kommen, selbst wenn es nur solche Banalitäten waren. Meinen Bruder nervte so etwas nur. “Jetzt kommt endlich. Wir müssen noch nachschauen in welche Räume wir müssen.” Und schon verschwand er in den Schülermassen. Ann griff nach meiner Hand und zog mich einfach mit. Im Flur herrschte ein Gedränge, dass ich schon fast vorsorglich Platzangst bekam. Seufzend blieb ich stehen, dass hatte so keinen Sinn. “Los Ann, klettere auf meinen Rücken.” Arbeitsteilung. Ich kämpfte mich durch die Massen und sie hielt Ausschau nach Scath. So fanden wir ihn verhältnismäßig schnell wieder. Er stand vor einer der ausgehangenen Klassenlisten. Dem Jahrgang nach suchte er gerade Ann. “Ah, hier.” schon tippte er gegen das Schutzglas. “Macht… Raum 11.17.” Was auch immer diese Zahl zu bedeuten hatte. “Komm schon Link, ner Jahr hängt wo anders.” Und schon tippelte ich ihm hinterher, Ann immer noch mit mir rumschleppend. Keine 15 Meter weiter blieb er erneut stehen, dabei noch einen anderen Jungen vertreibend. Ich beanspruchte einfach den Platz neben ihm und begann ebenfalls die Listen durchzusehen. Tatsächlich sprangen mir ´Scath Bravery´ und ´Link Bravery´ fast sofort ins Auge. Aber mich interessierte noch etwas anderes, weshalb ich unsere Klasse weiter überflog. Als Nächstes stolperte euch über ´Miriam Hellko´. Sie suchte ich zwar nicht, aber ich kante sie gut. Nein, ich suchte nach… da! ´Zelda Meon´, fast am Ende der Liste. Wusste ich es doch. Das Schicksal führte uns auch dieses Mal zusammen. “Scath. Ich hab uns.” Sofort schob sich sein schwarzer Schopf in mein Sichtfeld um das zu überprüfen. “Gut. Raum 12.31. Los raus hier.” Wieder lief ich ihm hinterher. Diesmal hielt er auf eine Treppe zu, die wir auch nahmen. Im ersten Stock war es schon ruhiger und er lotste uns an die Seite. Jetzt erst ließ ich Ann runter. “Also, zu diesen komischen Raumziffern.” Endlich mal ein paar brauchbare Infos. “Die erste Zahl ist das Gebäude, die Eins in unseren Fällen das Hauptgebäude. Die zweite Zahl ist der Stock und die letzten Beiden sind die Raumnummer. Das deckt sich in den Etagen.” Gut, verstanden. “Heißt das mein Klassenraum ist irgendwo auf dieser Etage?” Ich verstand Anns Frust total. Das Gebäude war riesig.” Doch Scath deutete schon den Gang runter. “Dritte Tür links.” Einen Freudenschrei später war unsere Schwester verschwunden. Mein Blick glitt zu der vollen Treppe. “Müssen wir da wirklich durch?” “Ja.” Also los. Zu unserem Glück mussten wir nur eine Etage weiter hoch und konnten den Schülerstrom recht schnell wieder verlassen. Scath übernahm die Führung und lotste mich an einer großen Fensterfront vorbei in unser Klassenzimmer. Das Schild an der Tür offenbarte ´4R3´. “Komischer Klassenname.” Ihr stimmt mir doch zu, oder? “Vierter Jahrgang, Ritterklasse drei.” O.K. Stopp. Einmal bitte zurückspulen. Zelda in einer Ritterklasse? “Link! Jetzt komm schon!” Scath war es sowieso schon leid, mich andauernd antreiben zu müssen. Im Raum selbst waren bisher drei andere Schüler. Ein Mädchen mit langen blutroten Haaren schmiss meinen Bruder um, als sie ihm um den Hals fiel. “Morgen, Miriam.” Aber ich wette, sie hat mich nicht für voll genommen, da sie gerade mit Scath beschäftigt war. Gedanklich zählte ich die Sekunden, bis sich beide wegen Luftmangels trennen mussten. Währenddessen suchte ich mir schon mal einen Platz. Miris Rucksack erkannte ich sofort an den pinken Totenköpfen. Ich wusste, der Platz neben ihr war für ihren Freund reserviert, dem sie immer noch den Atem raubte. Ich beschlagnahmte einfach den Stuhl vor meinem Bruder für mich und sah mich einfach mal um. Die anderen beiden Jungen starrten mich direkt an. Einen identifizierte ich gleich als Shiekah. Er trug zwar eine Illusion über seinen Augen, aber ich hatte in der Vergangenheit genug mit dem Schattenvolk zu tun, um das zu erkennen. Der Zweite war ein Hyrulaner - Zora - Mischling. Als er kurz zu dem Pärchen sah konnte ich seine Kiemen sehen. Ein doppelt japsendes Geräusch ließ mich wieder zur Tür sehen und grinsen. “55 Sekunden. Drei mehr als bei der letzten Zählung.” “Link!” Hm, Beide hatten eine interessante Rotfärbung angenommen, die sich fürchterlich mit Miris Haaren und Scaths Augen biss. Unter dem kichern des Halbzora schlichen sie zu ihren Plätzen. Ich hingegen konnte meine Klappe nicht halten. “Habt ihr heimlich geübt?” Schon wirkte Scath, als ob er mir am liebsten den Hals umdrehen würde. Miri hingegen blieb recht locker. “Wenn du selbst eine Freundin hättest, würdest du nicht so dumm quatschen.” “Ist das ein Angebot?” Keine Angst, ich hatte nie vor meinem Bruder die Freundin auszuspannen. Dafür erinnert sie mich doch etwas zu sehr an Midna - nicht nur äußerlich. Ich wich nicht mal aus, als Miri sich vorbeugte und mir einen Klaps auf den Hinterkopf gab. Wozu auch? Wir alle drei wussten, dass es nur ein Scherz war. Langsam kamen auch einige andere Jugendliche und ich besah sie mir, mit dem Kopf auf Scaths Tisch liegend. Aber Zelda blieb noch verschollen. Kapitel 4 --------- “SCATH!” Vor Schreck fuhr nicht nur ich hoch, sondern auch der Gerufene. Miri ließ auch meine Haarsträhne los, mit der sie gespielt hatte. Ein Mädchen kam auf uns zu. Braune Augen, schwarze Haare und Klamotten, sowie mindestens anderthalb Köpfe kleiner als ich. “Theska.” Miris Laune war von einer Sekunde auf die Nächste ins Bodenlose gefallen. Ich besah mir den Neuankömmling jetzt etwas genauer. Das war also das Mädchen, welches seit drei Jahren Scath hinterher rannte und - wenn ich richtig informiert war - seit anderthalb Jahren Miri sehr übel mitspielte. Sollte sich das als wahr erweisen, würde sie noch ernsthafte Probleme mit mir kriegen. Denn ich beschütze meine Familie wo es nur geht und Miri gehört eindeutig schon dazu. Sagt auch Oma. Doch momentan ging mir vor allem ihre quietschige Stimme auf die Nerven. Also lehnte ich mich vor, bis ich mir sicher war, dass Scath mich auch flüsternd verstand. “Ist hier Magie außerhalb des Unterrichts verboten?” Während mein Bruder mich kurz fragend ansah, japste die Schwarzhaarige erschrocken nach Luft. Dem Getuschel der Anderen entnahm ich auch den Grund: Die hielten mich für ein Mädchen. Na auch gut. Scath schüttelte nur den Oi, bevor er zurückflüsterte: “In der Schulsatzung steht nur war von Gängen und Pausenhöfen. Nichts von Klassenräumen außerhalb der Stunden.” Und er musste es wissen, schließlich durfte er sie schon ein gutes dutzend Mal abschreiben. Was jetzt mein Vorteil war. Ich sammelte etwas Magie in der Hand und schickte sie unterm Tisch zu dem Mädchen. “Was fällt dir ein, meinen Scath…” Weiter kam sie nicht, denn der Raum explodierte vor Lachen. Ihre sowieso schon quietschige Stimme war jetzt noch ein paar Oktaven höher. Magie ist doch was feines, vor allem wenn man wie ich als Überflieger galt. Das wiederum war mit meinem Wissen über alte Magiearten ganz leicht. Scath hielt mir lachend eine Hand hin und ich schlug grinsend ein. Sollten die Anderen doch denken, was sie wollten. Miriam lag währenddessen grölend auf dem Tisch und war damit die Lauteste. Mein Blick glitt wieder durch die Reihen. Bis auf meine kleine Zauberübung und dem Shiekah waren alle mehr oder minder am Lachen. Meine Augen wurden von einer zierlichen Gestallt in der Nähe der Tür angezogen. Sie trug eine dunkelrote Jacke und hatte wie ich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Unter dieser trug sie noch ein Base-Cape, welches zusätzlich das Gesicht verdeckte. Mein Gefühl sagte mir nur eins: Zelda. Und wirklich, als ob sie meinen Blick gespürt hat, sah sie kurz zu mir und ich konnte ihr Gesicht sehen. Es war wirklich Zelda. Aber warum bitte hatte sie mich so wissend angesehen? Bitte nicht schon wieder ein prophetischer Traum! Davon hatte ich genug für hundert Leben, also nicht schon wieder! Die Tür ging lautstark auf und ein 40-Jähriger mit kurz geschorenen Haaren und in Uniform kam herein gestürmt. “Was steht ihr hier noch rum?” Ein Gewusel entstand, an dessen Ende das quietschende Etwas leider neben mir saß. Wir starrten und gegenseitig an, bis sie schaudernd wegsah. Gewonnen! Mein Blick glitt wieder zu dem mies gelaunten Lehrer. Der sah kurz über uns, als wären wir sein personifizierter Albtraum. Bei Zelda und mir verfinsterte sich sein Blick noch mal. Super, gleich der erste Lehrer hatte ne miese Meinung von mir. “Na los jetzt! Die Spätentschlossenen nach vorne!” Jup, ich konnte felsenfest behaupten, dass ich ihn auch nicht mochte. Theska - so hieß sie doch, oder? Egal - schob ich einfach mitsamt ihrem Stuhl auf den Gang. Ihr dummes Gesicht brachte Miri gleich wieder zum kichern. Ich ließ mich nicht von dem grimmigen Gesichtsausdruck des Lehrers ärgern, sondern schlenderte gemütlich nach vorne. Etwas von Zelda entfernt blieb ich stehen. Sie schien sehr belustigt über mein Handeln. Dem Kerl hingegen stieß mein Verhalten auf, erst rech als ich seelenruhig begann mit meiner geflochtenen Strähne zu spielen. “Na los jetzt! Stellt euch gefälligst vor!” Sein Blick wurde seltsam, als er mich angrinste. “Ladys First.” Das klang, als ob er Frauen gegenüber nicht gerade positiv eingestellt war. Ich bleib an der Tafel stehen und brachte ihn damit zum knallrot anlaufen. Bevor er allerdings explodierte - schade eigentlich - nahm Zelda in einer Bewegung ihre Mütze mitsamt Kapuze ab. Schon fielen ihr lange goldene Haare offen über den Rücken. Die gesamte Aufmerksamkeit der Klasse lag auf ihr. Offensichtlich hatten alle - inklusive Scath und Miri - sie für einen Jungen gehalten. “Ich heiße Zelda Meon. Guten Morgen.” Mehr sagte sie nicht, trat einfach einen Schritt zurück. Dann war ich jetzt wohl dran. Einen Schritt nach vorne tretend nahm ich meine Kapuze ab. “Link Bravery.” Danach herrschte Funkstille von meiner Seite aus. Ich vernahm ein Schnauben und mehrere tuschelnde Stimmen. Dem Lehrer neben mir rauchte der Kopf mittlerweile vor Wut. Hatte ich irgendwas getan? Konnte mich nicht entsinnen. “Auf eure Plätze, los!” Spätestens jetzt hatte ich ihn voll gefressen. Die Hände in die Hosentaschen stopfend marschierte ich zurück und nuschelte für alle gut hörbar: “Ein Bitte hat noch niemanden umgebracht.” Woraufhin mich mehrere entgeistert anstarrten. Das schwarzhaarige Mädchen zog ich wieder mitten auf den Gang, bevor ich mich auf meinen Stuhl fallen ließ. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Scath die Augen verdrehte und in seinem Stuhl herunterrutschte. Die beiden Jungs vor mir starrten mich ganz entgeistert an. Ich ließ es mir gefallen, für ganze 13 Sekunden. “Was? Noch nie einen Zwilling gesehen?” Und schon starrten sie krampfhaft geradeaus. Seufzend lehnte ich mich zurück und streckte meine Beine so aus, dass meine Banknachbarin kein Platz unterm Tisch hatte. Ich fasse zusammen: Ich trug lange Haare - nur stellenweise für die Allgemeinheit zu sehen. Ich trug Ohrringe - blau mit von mir eingeritzten Shiekahsymbolen. Ich trug eine Kette - nicht sichtbar, weil unter meiner Jacke. Ich war ein Spätentschlossener. Vier Gründe weshalb ich beim Lehrer und dem Großteil unserer Klasse jetzt schon unten durch war. Macht mir das nach! Kapitel 5 --------- Kaum klingelte es zur Pause - bei mir war kam etwas hängen geblieben - drehte ich mich um, griff Scath am Kragen und zog ihn über den Tisch zu mir. “Sag mir, dass wir diesen Kerl nicht regelmäßig haben!” Dass entsprechender Kerl noch im Raum war, ließ ich gekonnt links liegen. Da mein Bruder gerade nicht wirklich antworten konnte, übernahm Miriam das. “Definiere regelmäßig. Wir haben alle zwei Wochen ne Stunde ´Integration alter Sitten´.” Immer noch zu viel. Seufzend ließ ich Scath los und meinen Kopf lautstark auf den Tisch krachen. “Ich bin verranzt.” Während mein Bruder sich grummelnd den Hals rieb, kicherte Miri vor sich hin. Ich vernahm ein paar Schritte, die sich uns näherten, aber ich war zu faul aufzublicken. “Hallo, Miriam. Wie geht’s dir?” Zelda. Na Hauptsache nicht dieser Lehrer. “Morgen Zelda.” Miri machte eine kurze Pause. “Ich kann nicht glauben, dass du ausgerechnet in dieser Klasse bist.” “Schicksal.” Jap, Zelda. Das war so typisch für sie. “Aber was Anderes. Haben wir den wirklich so oft?” Mir entwich ein amüsiertes Schnauben. “Glaub es mir, Zelda, ich leide mit dir.” Miris Stimme klang nicht sehr mitleidig. Eher amüsiert. “Freude.” Zelda seufzte laut. “Ich hab irgendwie das Gefühl, der mag keine Schüler.” “Volltreffer. Der hasst Kinder und Schüler. Warum der Lehrer geworden ist, weiß ich auch nicht.” Miri schloss sich den Seufzen Zeldas an. Es herrschte kurz Stille zwischen den Beiden, die schließlich ich durchbrach. Wie? Ich schlug lautstark auf den Tisch, richtete mich auf und starrte die Kerle in meinem Rücken sauer an. “Wenn ihr mich so weiter anstarrt, habt ihr ein Problem. Ein gewaltiges!” An meiner Abneigung dessen konnten auch ein gutes dutzend Leben nichts ändern. Oder die Erinnerungen daran, je nachdem wie man es auslegt. Der Rechte trug seine schwarzen Haaren in einem typisch kurzen Ritterschnitt und sah mich jetzt stark überheblich an. “Was sucht son Freak wie du überhaupt hier?” Rindviecher wie dich, die niemand ernsthaft vermisst wenn sie den dunklen Mächten geopfert werden. Zum Glück konnte ich mir das gerade noch verkneifen. Stattdessen beugte ich mich vor und fixierte ihn. “Wenn dann bist du hier der Freak, Halbohr.” Das war vor ner ganzen Weile mal eine gängige herabstufende Bezeichnung für Hyrulaner - Mensch - Mischlinge. Sie zeichneten sich vor allem durch eine geringe bis praktisch nicht vorhandene eigene Magie aus. Dadurch hatten sie auch keinen ´siebenten Sinn´ was Magie betraf und wurden meist von ihr überrannt. Und das war in früheren Zeiten ein gewaltiger Nachteil, glaubt es mir. “Du wagst es…” Hm, er brauste bei Beleidigungen sofort auf. Keine gute Eigenschaft. Aber warum hatte er mitten im Satz plötzlich abgebrochen? Meine Augen folgen den fast nicht zu erkennenden Magielinien bis hin zu Zelda. Stirnrunzelnd musterte ich sie kurz, bevor ich mich wieder zu Scath drehte. “Ich werde mich nicht bedanken.” Schon lachte sie. “Das verlange ich auch nicht. Aber mir ging sein grundloses Rumgekeife auf die Nerven. Das wiederum brachte mich zum Schmunzeln. So typisch. “Moment mal.” Miriam blinzelte verwirrt. “Du hast ihn verstummen lassen? Ich wusste gar nicht, dass du auch so bewandt in Magie bist.” Die Wiedergeburt der Göttin Hylia als Magie-Niete? Ja, in welcher Ära leben wir denn? “Wieso auch?” Es gab also auch Dinge, welche die Prinzessin des Schicksals nicht sofort wusste. Irgendwie beruhigend. Doch Miri grinste schon wieder. “Link ist ein maischer Überflieger. Und Scath steht ihm nur um Millimeter nach.” Erstens: Ich zeigte niemanden, was ich wirklich konnte. Das würde nur Probleme geben. Zweitens: Ich hatte Scath und auch Ann als wir noch klein waren ein paar Grundlegende Sachen zur Magie gezeigt. Sie konnten sich zwar nicht mehr bewusst daran erinnern, aber es half ihnen bei der Kontrolle. Da diese Grundlagen heutzutage nicht mehr gelehrt wurden, geschweige denn bekannt waren, hatten sie einen vollkommen anderen Zugang zu ihrer Magie als Altersgenossen und konnten sie so gezielter nutzen. Zelda kicherte in sich hinein. “Irgendwann vor zwei Jahren hat es ´Klick´ gemacht und seit dem läuft es besser.” Klang irgendwie fast so seltsam wie meine üblichen Erklärungen. Sie wird doch nicht… quatsch. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch sie sich an die vergangenen Zeitalter erinnerte war so verschwindend gering. Ich wusste ja nicht einmal, warum ich das ganze Zeug wusste. Nun ja. So wie ich das Schicksal kannte, würde es in dieser Ära ganz dicke kommen, sodass ich dieses Wissen noch brauchen würde. Das Öffnen der Tür ließ mich nach vorne sehen. Eine recht junge Frau - sie war höchstens 25 - kam abgehetzt hereingestürmt. Auf dem Lehrertisch ließ sie einen Stapel Bücher fallen und sah die erste Reihe an. “Bin ich zu spät?” Die Frage erübrigte sich, da es in dem Moment klingelte. Meine Strähne mal wieder in meine Jacke stopfend, sah ich fragend zu Scath. Der knirschte schon mit den Zähnen und presste geradeso “Pass doch mal auf!” hervor. Tat ich gerade, indem ich ihn immer weiter anstarrte. Seufzend gab er mir dann doch die gewünschte Auskunft. “Geschichte. Ihr Name ist Lonley.” Geschichte, na super. Das war mein persönlicher Hassfach, sogar noch vor Mathe und den Naturwissenschaften. Aus einem ganz einfachen Grund. Gelehrt wurde größtenteils die Geschichte Hyrules. Und damit meine ich die komplette Geschichte. Von den großen Kriegen um das Triforce, über die Legende des Helden der Zeit, bis hin zu den verschiedenen Zeitlinien unseres Landes. An sich nichts schlimmes und da sich viel auf die Helden bezieht, meistens schon in meinem Wissenssatz vorhanden. Problem: Die Archäologen gingen von komplett falschen Zeitlinien aus. Und jeder behauptete was anderes. Sehr beliebt war die Theorie, dass das Master - Schwert aus der Klinge der Vier geschmiedet wurde. Zudem kam die Verherrlichung der alten Helden und was die denen so an Fähigkeiten andichten. Das wären keine Helden mehr sondern Götter. So soll z.B. der Held des Zwielicht frei zwischen Licht- und Schattenwelt hatte wechseln können und die Prinzessin der Schatten geheiratet haben. Hatte ich nie. Ich schwör auf alle heiligen Gegenstände, die irgendwann mal in meinem Besitz gewesen waren. Und wenn man mal ne durchaus berechtigte Frage stellte - Wie besiegt man seine dunkle Seite? - bekam man immer die gleichen dummen Antworten - Das sind Helden, die können so was eben. Dass ich beim Durchforsten des Wassertempels mehrmals fast abgekratzt wäre, interessiert natürlich keine Sau. Das letzte Problem war, unsere Geschichte war eng verknüpft mit den drei Göttinnen. Da aber praktisch niemand mehr an sie glaubte, verstanden sie viele offensichtliche Zusammenhänge nicht. Ich meine: grün war schon immer meine Lieblingsfarbe. Basta. Mir hatte nie eine Göttin gesagt: “Zieh das an!” Und niemals hätte ich das Schwert gegen eine Göttin erhoben. Din hatte halt Pech mit ihrem Schützling. Also legte ich meinen Kopf auf meinen Tisch und versuchte, die vollkommen falschen Informationen auszublenden. Kapitel 6 --------- Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn ein lauter Schlag auf den Tisch ließ mich hochfahren. Genau vor mir stand die junge Lehrerin und sah mich irgendwie enttäuscht an. “Ist mein Unterricht so langweilig?” “Kommt auf die Ära an.” Manche Zeitalter konnte man ganz gut ausschmücken, wo es bei Anderen vergeblich war. “Die Ära der geteilten Zeit.” Für alle, die mit dem Begriff nichts anfangen konnten: Da rannte ich als Held der Zeit durch die Steppe. “Na geht so.” Die Ära des Himmels war meist interessanter. Sie verdrehte die Augen. “Dann beantworte meine Frage: Wie besiegt man seine dunkle Seite?” “Offiziell oder meine Meinung?” Vorsichtshalber nachfragen, man konnte nie wissen. “Offiziell.” “Indem man ein Held ist.” Sie sah mich kurz verwirrt an, bis sie sich aufrichtete und mich unter die Lupe nahm. “Du hast also den Fehler gemacht, nachzufragen.” Also, die Lehrerin mochte ich schon mal. Die beiden Jungs vor mir grinsten mich überheblich an und das Mädel neben mir schnaubte in sehr hohen Tönen. Doch sie beachtete das gar nicht, stattdessen stellte sie mir die nächste Frage: “Und deine Meinung?” Meine Meinung war die Wahrheit, nur fürs Protokoll. “Mit Verzweiflung.” Klatsch! Ich geh jede Wette ein, Scath hatte sich mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen. Machte er in solchen Situationen regelmäßig. “Erklär dich.” Na wenns denn sein muss. “In Verzweiflung tut man Dinge, die weder rational noch mit Gefühlen erklärbar sind. Und dieses unvorhersehbare Verhalten ermöglicht es einem erst, sich selbst auszutricksen.” So, was hatte ich getan… Nachdem mich dieses verdammte Zauberwesen mehrmals erwischt hatte, war ich eigentlich nicht mehr in der Lage zu kämpfen. Ich hatte neben einem verstauchten Fußgelenk und Prellungen an Stellen, die ich jetzt garantiert nicht aufzähle, auch mehrere gebrochene und angeknackste Rippen, sowie Schnittverletzungen bei denen manche Ärzte schon beim bloßen Anblick umkippen würden. An einem Punkt hatte ich dann die Schnauze gestrichen voll, hab Schild und Schwert in die Ecke gedonnert und bin mit bloßen Händen auf den Schatten los. Rückblickend kann ich sagen, dass ich schon intelligentere Einfälle hatte, aber es hat mir den Hals gerettet. Gut, Ruto und Shiek mussten mich erstmal wieder zusammen flicken und Impa hat mich ne ganze Weile unter Hausarrest gestellt, doch das dumme Gesicht des Schatten war es wert gewesen. Frau… mist, Namen vergessen … sah mich noch ne ganze Weile an, bis sie mit dem Kopf schüttelte und wieder nach vorne ging. Sie notierte sich etwas. Wollte ich wissen, was? Wahrscheinlich nicht. Ich machte es mir wieder auf dem Tisch gemütlich, doch dieses Mal passte ich auf. Einige Dinge, die sie erzählte, lagen erschreckend nahe an der Wahrheit. So erwähnte sie drei heilige Gegenstände, mit deren Hilfe es dem Helden der Zeit erst möglich gewesen war, seine Bestimmung anzutreten. Oder, dass der Dämonenkönig Freunde des Helden manipulierte und auf ihn hetzte. Volva… Ich schüttelte den Kopf, um, ihn wieder frei zu bekommen. Gegen Ende der Stunde erwähnte sie einen Professor Enek Malcon, von welchem die Theorien stammen sollten. Den Namen schrieb ich mir schnell auf, nachdem ich zur Verblüffung der Lehrerin nach der Schreibweise gefragt hatte. Das würde ich nachprüfen. Kapitel 7 --------- Seufzend ließ ich mich auf die erstbeste freie Bank fallen und legte meinen Kopf in den Nacken. Dem Rascheln entnahm ich, dass sich Miriam und Scath neben mir niederließen. Und Zelda auch, da ich ihre und Miris Stimme vernahm. Ich drehte den Kopf zu Scath. “Das hier ist doch der Wahnsinn pur.” Diese Schülermassen, da stieg doch keiner mehr durch. “Ich habe dich vorgewarnt, aber du wolltest nicht hören.” Grinste der mich einfach an. Toll. Ich habe immer geglaubt, er übertrieb. Andersherum wird eher ein Schuh draus. “Will ich wissen, wie viele Schüler hier sind?” “Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass in unserem Jahrgang alleine sechs Ritterklassen existieren, mit jeweils etwa 30 Schülern.” Ich blinzelte meinen Bruder ganz entgeistert an. “Wo nehmen die die ganzen Schüler her?” “Vergiss nicht, dass es nur zwei weitere Akademien im ganzen Land gibt. Was glaubst du, warum du nebenan so ein riesiges Wohnheim findest?” Man merkte, dass Scath bereits seit drei Jahren auf diese Schule ging. Etwas Schweres schmiss sich auf mich drauf und ich griff reflexartig zu. Annira sah mich kurz grinsend an, bevor sie wieder aufsprang und in der Schülermasse verschwand. Scath und ich sahen uns kurz Stirn runzelnd an, bis wir mit den Schultern zuckten und uns wieder zurück fallen ließen. Da fiel mir ein: “Was haben wir eigentlich als Nächstes?” Mein Bruder grummelte kurz etwas unverständlichen, bis er antwortete: “Bardentum.” Wenigstens ein anständiges Fach heute. Die Musik und das Rittertum waren hierzulande eng miteinander verknüpft, denn angeblich sollen einige der vergangenen Helden exzellente Barden gewesen sein. Fand ich ganz lustig, denn es stimmte. Mich hatte mehr als einmal nach getaner Heldentat meinen Lebensunterhalt in diesem Gewerbe gefunden. Einige meiner Lieder gab es - in leicht abgewandelter Form - heute noch. Und das obwohl damals niemand wusste, dass ich der Held der Epoche war. Aber Hyrulaner waren schon immer ein musikalisches Völkchen. Genauso wie die Zora. Wir bevorzugten nur andere Richtungen. Ich lehnte mich zurück und genoss noch etwas die Sonnenstrahlen, bis Scath mich Minuten später etwas grob anstieß. Blinzelnd sah ich zu ihm. Er verdrehte genervt die Augen. “Jetzt komm schon.” Also hoch die müden Knochen. Kaum stand ich, lief es mir eiskalt den Rücken runter. Ich fuhr herum und überblickte die Schülermassen. Der Schauer verschwand. “Link?” Das war Miri. Kopfschüttelnd drehte ich mich wieder zu den Anderen. “Alles klar.” Nichts war klar, denn das Gefühl kam wieder. Irgendjemand beobachtete mich, nur war es Freund oder Feind? Oder sollte ich das alte Rollendenken lieber lassen? Aber ich wette, ich habe mir heute schon ein paar Feinde gemacht. So stapfte ich neben Scath her wieder ins riesige Hauptgebäude. Vor uns liefen die beiden Mädchen und quasselten in einem fort. Frauen… Ich glaube, bis auf Phai und Impa war ich noch nie wortkargen Frauen begegnet. Impa die Shiekah, nur damit kein Missverständnis entsteht. Ich beugte mich zu meinem Bruder. “Ich glaube, du wurdest gerade zur zweitwichtigsten Person in Miris Leben degradiert.” “So lange ich da bleibe und über mir ihre Kindheitsfreundin steht, kann ich damit ganz gut ein paar Stunden überleben.” Mal ehrlich, wer hatte eine solche Antwort jetzt erwartet? Ich, aber nur weil ich wusste, wie sehr er in Miriam verschossen war. Auch jetzt noch nach 1 ½ Jahren Beziehung. Irgendwie süß, oder? Die Mädels sahen uns an, bis sich Miri an Zelda wandte. “Siehst du, es gibt doch romantische Männer.” “Ich bin schockiert.” Und so sah sie auch aus. Dafür lief Scath neben mir gerade knallrot an. Ich mischte mich ein. “Schätze mal, du hast den einzigen romantischen 16-jährigen dieser Schule aufgegabelt.” Scath wurde noch einen Ton dunkler. “Hm…” Miri tippte sich mehrmals ans Kinn, während sie überlegte. “Wenn man bedenkt, dass er mich einfach vor der ganzen Klasse geküsst hat. Ein Strauß mit roten Rosen wäre eher in Richtung Romantik gewesen.” “Auch noch Sonderwünsche!” Ich verdrehte genervt die Augen. “Sei froh, dass ich ihm überhaupt in den Hintern getreten habe.” Zelda kicherte mittlerweile. Hm, ich glaube, mein Bruder war sogar noch dunkler geworden. Aber bevor ich den Mund aufmachen konnte, zog Miri ihn zu sich runter und küsste ihn geräuschvoll. Zelda und ich sahen uns kurz an und mussten beide grinsen. Während Scath langsam wieder seine normale Gesichtsfarbe annahm, lösten sie sich wieder voneinander. Ich verkniff mir jegliches Kommentar. Bevor die Beiden noch den Bezug zur Realität verloren, räusperte Zelda sich. “Vergesst bitte nicht, dass ihr noch in der Schule seid.” Schon wedelte Miri mit der Hand vor ihrer Nase herum. “Verschwinde Dämon!” “Scath, nimm deine Freundin und bring uns in den Raum. Dort stör ich euch auch nicht bei was auch immer.” Mein Bruder streckte mir die Zunge entgegen, griff nach Miris Hand und dirigierte uns wirklich durch die Schülermassen. Wieder die Treppe, aber diesmal ganz nach oben. Im zweiten Stock wurde es merklich ruhiger. Aber das Gefühl beobachtet zu werden verschwand nicht. Kurz vor der obersten Etage wurden wir durch eine bezaubernde, um nicht zu sagen angepisste, Stimme aufgehalten. “Hey Freak, Wir wollen so welche wie dich hier nicht.” Ich sah nach oben, genau zu dem Kerl, der die letzten Stunden vor mir gesessen hatte. Hatte doch erwähnt, dass lange Haare an Männern nicht gerade gefragt waren, oder? Tja, hier ist der Beweis. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. “Danke, gleichfalls.” Soll der mich beleidigen, so viel er will. Hauptsache er ließ meine Familie daraus. Früher oder später würde er diese Grenze mit Sicherheit überschreiten. “Missgeburt.” Gut, jetzt ging er doch zu weit. Aber nichts, was ich nicht gegen ihn verwenden konnte. “Angenehm, Bravery.” Zelda, Scath und Miriam waren am Kichern, während er und seine Kumpels nach Luft schnappten. Das Gefühl beobachtet zu werden wurde stärker. Nur mit Mühe konnte ich mich daran hindern, mich umzudrehen. Dafür fixierte ich den Kerl vor mir und legte den Kopf schief. “Glaubst du allen Ernstes, dass du mit diesem Verhalten besser bei der Damenwelt ankommest?” Meine Augen suchten die anwesenden Damen. “Was meint ihr?” Miriam und Zelda schüttelten amüsiert die Köpfe. Er explodierte noch nicht. Sollte mir recht sein, so konnte mir keiner die Schuld geben. Schulterzuckend setzte ich mich wieder in Bewegung. “Solange du keinen anständigen Grund hast, mich zu hassen, lass mich einfach in Ruhe.” Der würde nie einen Grund finden. Wenn doch würde es mich sehr stark wundern. Als ich an ihm vorbei marschierte, stieg mir ein unangenehmer Gestank zu Kopf. “Ich hoffe mal, du hast nur in der Nähe einiger Raucher gestanden.” So viel wusste ich schon von der Schulordnung. Scath hatte mal tierische Probleme bekommen, als man ihn rauchend erwischt hatte. Es war die erste und letzte Zigarette seines Lebens gewesen. Vielleicht hätte ich mir das letzte Kommentar verkneifen sollen. Der ankommenden Faust konnte ich nur durch einen Schritt nach hinten ausweichen. Leider eine selten dämliche Idee, wenn man auf einer Treppe stand. Ich erwischte die untere Stufe nicht richtig und rutschte ab. Schei…. Körperbeherrschung sei Dank konnte ich mich drehen und gerade noch ein paar Stufen weiter unten mit den Händen abstützen. Ich stieß mich mit den Beinen ab, nutzte den Schwung und kam auf halber Höhe der Treppe wieder zum Stehen. So halbwegs zumindest. Ich ruderte wild mit den Armen, um doch noch das Gleichgewicht zu halten und nicht die restlichen Stufen runter zu kullern. Ein Arm schnellte vor und hielt mich fest. Schwein gehabt. Noch bevor ich Fragen konnte, wem ich meinen Hals zu verdanken hatte, stieg mir ein wohl bekannter Geruch in die Nase. Und nicht bekannt aus diesem Leben. “WENN IHR JEMANDEN UMBRINGEN WOLLT, MACHT DAS AUSERHALB DER SCHULE! DA FÄLLT DAS NICHT IN MEINEN ZUSTÄNDIGKEITSBEREICH!” Jup, er war es. Ich wagte einen Seitenblick und wurde bestätigt. Der Arm der quer über meiner Brust lag und mich vor einem Freiflug schützte, gehörte dem ehemaligen König der Gerudo. Ganondorf. Träger des Triforce der Kraft. Wiedergeburt des Todbringers. Offiziell gab es die Gerudo nicht mehr, genauso wie die Shiekah. Vielleicht war es für beide Rassen besser im Verborgenen zu leben, denn sie waren doch etwas sehr speziell. Einmal zurück in der Gegenwart starrte ich ihn immer noch an. Wisst ihr, was frustrierend ist? Ich trank jeden Tag Milch bis es mir zu den Ohren heraus kam und der war trotzdem mehr als einen Kopf größer als ich. Beschiss! “Wenn ich das noch einmal erlebe, werdet ihr euch wünschen, dass ich euch aus der Schule jage. Kapiert?” Na zum Glück richtete sich sein Zorn nicht gegen mich. Ich sortierte kurz meine Beine, bis ich wieder sicher stand und nicht Gefahr lief, jeden Moment den Abflug zu machen. Mal ehrlich, ich stand eine Stufe weiter oben und ging ihm gerade mal bis zum Kinn. In meiner alten Klasse war ich der Größte! Bringt das mal unter einen Hut! Er hatte die Anderen noch weiter zugepflaumt, ohne dass ich auch nur ansatzweise hingehört hätte. Jetzt erst drehte er den Kopf zu mir. Gedanklich trat ich mir selbst in den Hintern um mich nicht zu verraten. So neigte ich nur kurz den Kopf. “Vielen Dank und Entschuldigung.” Schon machte ich, dass ich wegkam. Zelda, Miri und Scath sahen mich verwundert an. Kein Wunder, meinen Stund eben sollte man eigentlich nicht so aus dem Stehgreif hinkriegen. Doch sie fragten nicht, stattdessen setzten auch sie sich in Bewegung. Am Kopf der Treppe angekommen, drehte ich mich dann doch mal um. Ganondorf sah mir Stirn runzelnd hinterher, schüttelte dann den Kopf und ging wieder zurück. Teils zum Schein, teils aus Neugierde fragte ich: “Wer war das überhaupt?” “Du kannst Sachen fragen.” Scath schnaubte amüsiert. “Ich wüsste nicht, dass ich ihn schon mal gesehen habe. Muss aber nichts heißen.” Sein Blick wanderte zu mir. “Alle in Ordnung?” Ich nickte mehr in Gedanken. Ganondorf war recht auffällig, unbestreitbar. Dass mein Bruder ihn noch nie gesehen hatte, glaubte ich nicht. Also konnte es nur so sein, dass auch er hier neu war. Was hatte ich gesagt? Kaum hatten Zelda und ich etwas miteinander zu tun, mischte sich auch der Dritte im Bunde mit ein. Bardentum ging spurlos an mir vorüber. Kapitel 8 --------- Mein Schwert hing schwer auf meinem Rücken, während ich quer durch den Wald rannte. Die Tiere störten sich nicht groß an meiner Anwesenheit - dafür war ich zu oft hier. Am Fuß eines Hügels blieb ich schlitternd stehen und verschnaufte kurz. Ein Blick zeigte, dass mein Stammplatz besetzt war. Auf dem großen Findling stand ein schneeweißer Wolf und sah mich interessiert an. “Bleib ruhig liegen, Flocke.” Tatsächlich setzte er sich wieder und beobachtete weiterhin die Gegend um die Wohnhöhle herum. Ich hingegen zog meine Waffe. Tief durchatmend rief ich mir die Gestallt und Kampfweise einiger Kreaturen in den Sinn, die ich früher zu Scharen auslöschte. Als die Illusionen vor meinem inneren Auge standen, begann ich das Schwert zu schwingen und die imaginären Gegner einen nach dem Anderen zu vernichten. Dabei verwendete ich mein ganzes Repertoire an Techniken. Alles, was sich im Laufe der Jahrtausende so angesammelt hatte. In etliche Hiebe steckte ich zusätzlich noch Magie, welche allerdings ungenutzt verpuffte. Trotzdem war die Sonne schon ein ganzes Stück gewandert, als ich vollkommen erschöpft und durchgeschwitzt auf die Wiese fiel, alle Viere von mir gestreckt. Es tat gut, sich ab und an mal so auszupowern. Nur leider kamen jetzt die Gedanken wieder. Ich war heute - je nach welcher Geschichtsschreibung man Glauben schenkte - ein bis fünfeinhalb tausend Jahren sowohl Hylia als auch dem Todbringer wieder begegnet. Wenn das mal kein schlechtes Zeichen war, wusste ich auch nicht weiter. Im besten Fall wusste Ganondorf nichts von früher. Im Dümmsten würde ich morgen früh das Zeitliche segnen. Und Zelda? Viel war nicht von der ehemaligen Prinzessin ans Tageslicht gekommen, eher benahm sie sich wie eine Piratin. Ich drehte mich auf den Bauch um den Wolfswelpen beim Spielen zuzusehen. Sie hatte erwähnt, dass ihr Vater heute erst erfahren hatte, dass sie sich für den Ritter-Kurs eingeschrieben hatte. Eigentlich sollte sie Richterin werden, was ihr allerdings überhaupt nicht lag. Würde ich sofort unterschreiben. Dass sie mit Magie umgehen konnte, hatte sie bewiesen und ich wusste dass sie immer schon eine starke Frau gewesen war. Die nächsten drei Jahre versprachen interessant zu werden. Miriam freute sich besonders über ihre Anwesenheit. Zum Einen, weil sie schon lange Freundinnen waren, zum Andern waren sie damit schon drei Mädchen in der Klasse. Die Einzigen in den Ritterklassen unseres Jahrgangs. Seufzend ließ ich meinen Kopf auf die Wiese fallen. Ich würde tierisch aufpassen müssen, mich nicht zu verraten, noch mehr als früher. Der Letzte, von dem ich es wusste, der öffentlich behauptet hatte, die Wiedergeburt eines alten Helden zu sein, war ohne Aussicht auf eine Rückfahrkarte in die Klapsmühle gesteckt worden. Also wer würde mir einen solchen Ausrutscher schon glauben? Dabei war es eine bewiesene Tatsache, dass es Seelenwanderung und Wiedergeburt wirklich gab. Das zeigte sich für gewöhnlich allerdings in Kleinigkeiten. Wie etwas Wissen über alte Ritter oder der Fähigkeit, eine alte Form des Hyrulanischem zu lesen. Solche Dinge halt, Sachen die vor allem die Geschichtsschreiber interessierten. Durch solche Leute hatte ich auch die letzten Jahre ein Fach namens Alt-Hyrulanisch. Alt… von wegen. Es war die Form der Ära der Dämmerung. Ich hatte zu Beginn alle Hände voll zu tun, zu verbergen dass ich diese Sprache fließend sprach. Neben einigen Anderen. Da fiel mir ein… Ich zog einen Zettel aus meiner Hosentasche und überflog zum ersten Mal unseren Stundenplan. Mein erster Blick fiel auf den heutigen Tag. Die erste Stunde hatten wir abwechselnd dieses Integration mit Geschichte. Nach Bardentum kam Geographie, hatte ich nicht mitbekommen. Nach der Mittagspause, die heute am ersten Tag der Schlussstrich gewesen war, kam jeden Tag Ritterkunst, drei Stunden lang! Juhu! Das Fach beinhaltete praktisch alles von Schwertkampf über Bogenschießen bis hin zum Reiten. Die nahmen das ganz schön ernst. Freitag fielen mir gleich die ersten drei Stunden ins Auge, Magie. Aber wo war… da. Dienstag. Mathe und Naturwissenschaften. Würde ich diese Stunden schwänzen wäre es für mich genauso sinnvoll. Darin war ich ne anerkannte Niete, im Gegensatz zu Scath. Ich hatte selbst im Hyrulanischem - je Mittwoch und Donnerstag ne Stunde - meine Probleme, vor allem in der Rechtschreibung. Wer hatte das überhaupt erfunden? Zu meiner Verteidigung: Das ging mir schon immer so. Egal in welchem Zeitalter ich durch die Lande zog, meine Rechtschreibung war genauso miserabel wie mein Schriftbild. Vielleicht sollte ich mal zu einem Handschriftendeuter gehen und mich amüsieren. Ein paar Pfoten schoben sich in mein Sichtfeld und zwangen mich dazu aufzusehen. Eine weitere Schneeweiße Wölfin stand mit schiefgelegen Kopf vor mir. Ich sollte eventuell weniger Zeit hier verbringen. Ich vermenschlichte die Tiere etwas zu sehr. “Abend Lily.” Sie war Flockes Schwester. Man konnte die Beiden nur auseinander halten, wenn man sie wirklich gut kannte. Lily gab ein fiependes Geräusch von sich und sah mich weiter an. Meine Augen wanderten zum Rest des Rudels, welches sich gerade mit einem frisch erlegten Hirsch herum plagte. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, während ich mich aufsetzte. “Ein andern Mal gerne. Aber ich glaube, heute sollte ich lieber zu Hause essen.” Das sah sie auch ein und trottete gemütlich zu den Anderen zurück. Ich streckte mich, um an meine Waffe zu kommen, welche auch gleich in ihrer Scheide verschwand. Mit leichter Mühe kam ich zum Stehen. Ich wank dem vergnügten Rudel noch mal zum Abschied und machte mich langsam auf den Weg nach Hause. Es war schon fast dunkel, sodass sich die Meisten wohl rettungslos verlaufen hätten. Kapitel 9 --------- Ein Geräusch ließ mich hochfahren, meinen Dolch unterm Kissen hervorziehen und mich auf den Angreifer stürzen. Sekunden später hatte ich jemanden unter mir begraben und mit meiner Klinge am Boden fixiert. Dann endlich begann mein Gehirn zu arbeiten. “Scath?” “Sag mal, wolltest du mich umbringen?” Er war zu Recht entrüstet. Ehrlich währt am Längsten, also: “Tschuldigung.” Ich rappelte mich wieder auf und sah dabei auf meinen Wecker. Dreiviertel Sechs. Häh? Mein Blick glitt augenblicklich zu meinem Bruder zurück, der wirklich noch im Schlafanzug vor mir saß. “Warum bist du um diese Zeit schon wach?” Das sah selbst diesem Frühaufsteher -waren wir wirklich verwandt? - nicht ähnlich. O.K. Er sah mich sauer an, kein gutes Zeichen. “Weil du dich hier rumwälzt wie vom Teufel gejagt! Das höre ich selbst bei mir noch!” Ich ließ mich auf mein zerwühltes Bett fallen. “Tut mir leid.” Den Dolch einfach neben mich legend, vergrub ich meine Finger in meinen Haaren. Ein Gewicht auf meinen Knien ließ mich wieder aufsehen. Scath hatte seinen Kopf auf meine Beine gelegt und sah mich von unten her an. “Was warn los?” “Abgesehen davon, dass ich keinen Dunst habe, was ich geträumt hab?” Ehrlich gesagt wollte ich es nicht wissen. “Mir hängt die Szene von gestern noch in den Knochen.” Ich musste nicht einmal lügen. Sobald ich daran dachte, dass Ganondorf direkt neben mir gestanden hatte und uns praktisch nur der Stoff meiner Klamotten trennte, bekam ich ne Gänsehaut - wie auch jetzt. Mein Bruder schüttelte leicht den Kopf. “Wenn ich nicht wüsste, dass du so was nicht absichtlich machst, würde ich glauben, du bist selbstmordgefährdet.” Dabei stieß er mich an meiner linken Seite an. An der Stelle hatte ich eine Handgroße Narbe. Sie war genau an der Stelle, wo mich sowohl das Schwert des Todbringers in der Ära Hylias als auch Ganondorf während der Zeitenkriege erwischt hatte. So darüber nachgedacht, hatte ich in jeder Ära dort eine kleinere oder größere Narbe von unterschiedlichen Ereignissen. Mal war es der Sturz von einem Baum oder der eine eskalierende Streiterei mit einer Piratin. Dieses Mal… ähm… ich will nicht drüber reden, o.k? Ich lehnte mich vor und legte meine Stirn an Scaths. “Keine Angst. Das hat noch etwas Zeit.” Kein Scherz. “Link! Hör auf damit!” Dafür musste ich jetzt lächeln. Ich wusste, das Scath und auch Ann große Verlustängste hatten. Einen Monat nach Anns Geburt waren unsere Eltern ums Leben gekommen. Sie wurden von einem jungen Hyrulaner ermordet, der seit dem im Gefängnis saß. Scath löste sich kopfschüttelnd von mir. “Weißt du was? Manchmal frage ich mich, wie ausgerechnet du mein Zwilling sein kannst. Denn viele deiner Witze versteh ich beim besten Willen nicht.” War ehrlich auch besser so. Als die Ära der Seefahrt zu Ende ging und Tetras chaotische Piratencrew über halb Neu Hyrule verstreut war, hatte ich wirklich Suizid begangen. Tetra hatte es gewusst und eher halbherzig versucht, es mir auszureden. Sie wusste genau, dass es keinen Sinn hatte. Ich stand auf und streckte mich ausgiebig. “Ich mach Frühstück. Hilfst du mir?” Kapitel 10 ---------- Seufzend lehnte ich mich zurück, während der Lehrer vorne etwas über Bahnhöfe erzählte. “Sag mal Scath, warum tu ich mir das überhaupt an?” Es war erst die vierte Stunde des Tages und ich war schon am Verzweifeln. Erst zwei Stunden geballte Naturwissenschaften, dann Gesetzeskunde und jetzt auch noch Mathe! Ich hätte zu Hause bleiben sollen. “Denk ans Mittagessen.” kam es nur flüsternd zurück. Ja wie denn, wenn davor noch ne Stunde Alt-Hyrulanisch kam? Abermals seufzend ließ ich meinen Kopf auf meinen Tisch fallen und versuchte in diesem ganzen Bahnhof-Geschwafel irgendwas sinnvolles herauszuhören. Dem Lehrer gab ich keine Schuld, ich war einfach zu blöd dazu. Zu meinem persönlichen Glück dauerte diese Qual nur noch ein paar Minuten. Wie in bisher jeder Pause wanderte mein Kopf auf Scaths Platz. “Ist es schlimm, wenn ich Dienstags erst später komme?” Scath schüttelte genervt den Kopf. “Zwei durchgefallene Fächer und du hast ein Problem.” Ich hob meine Hand und begann abzuzählen. “Mathe, Naturwissenschaften, Hyrulanisch, Integration … Mist.” Mindestens vier Fächer, wo ich schon fast damit rechnete durchzufliegen. Miri sah mich blinzelnd an. “Hyrulanisch? Das kannst du doch?” “Kann er nicht.” Mein Bruder wusste es wie kein Anderer. “Link schafft es, in einen Satz mehr Rechtschreibfehler als Wörter zu bringen.” “So schlimm?” Zelda lehnte neben mir am Tisch. Wo kam sie schon wieder her? “Schlimmer.” Ich sah sie direkt an. “Sag mal, du hast nicht zufällig Lust mit wie auch immer sie heißt die Plätze zu tauschen?” “Wie meinen?” Gut, sie sah mich zurecht verwirrt an. “Mir geht ihr endloses Gejaule auf die Nerven.” “Ey!” An Zelda vorbei blitzte ich die Gemeinte an. “Seit vier Stunden hängst du mir in den Ohren, dass mein Bruder einen schlechten Geschmack hat. So blind, dass man eine Nörglerin wie dich wählt, kann doch kein Mann haben.” Sie starrte mich ganz entgeistert an, bis sie anfing zu schluchzen und sich Tränen in ihren Augen sammelten. “Lass es, ich habe eine kleine Schwester.” Brachte nix, sie lief heulend raus. Oder vielleicht sollte ich anders herum denken. “Wie lange habe ich jetzt Ruhe vor ihr?” Miriam sah Theska noch mal hinterher, bevor sie mich wieder musterte. “Höchstens eine Stunde.” “Ich habe noch nie erlebt, wie du ein Mädchen so hart behandelt hast. Was warn los?” Und jetzt war auch noch Scath verwirrt. Super. Ich zuckte mit den Schultern. “Außer dass sie mich nervte? Scath, ich habe dir und Miri zugehört. Wenn auch nur die Hälfte davon stimmt - und davon geh ich mal stark aus - kann sie von Glück reden, dass ich nicht gleiches mit gleichem vergelte.” “Wenn ich es einmal erlebe, wird sie Probleme haben.” Also zumindest Zelda hatte Innocence schon mal auf meiner Seite. “Irgendwann wird euch das noch in Schwierigkeiten bringen.” Miri schüttelte den Kopf. Zelda und ich grinsten uns kurz an. “Also Zelda, was hältst du von meinem Vorschlag?” “Vergiss es Link. Während des Schuljahres dürfen wir uns nicht umsetzen.” So geschockt wie im Moment sah ich meinen Bruder selten an. “Ne jetzt, oder?” “Doch.” Mir blieb leider keine Zeit, mich auszuheulen, da unsere Alt- Hyrulanisch- Lehrerin gerade eintrudelte. Sie pfiff fröhlich vor sich hin als sie in ihre Hände klatschte. “Wer sind die Neuen?” Zelda und ich meldeten uns kurz. “Kommt mal her. Und nimm doch bitte die Kapuze ab.” Blieb mir anscheinend nichts anders übrig. Da ich meine Haare heute morgen fest geflochten hatte, hatte Maleika vergeblich ersucht mir wieder etwas aufzuzwingen. “Also gut. Mein Name ist Verall. Ihr seit Zelda und Link?” Wir nickten kurz. “Was waren eure bisherigen Alt- Hyrulanisch- Noten?” Zelda antwortete als Erste: “Glatt eins.” Nichts anderes hätte ich von der Trägerin des Triforce der Weisheit erwartet. Aber leider war ich jetzt dran. “Mündlich eins, schriftlich vier bis fünf.” Rechtschreibung, ihr erinnert euch? Verall sah mich richtig verdattert an. “Meinst du das Ernst?” Wieder nickte ich. “Woran liegt das?” “An meinem Talent Buchstaben durcheinander zu würfeln.” Das hatte mir mal ein Lehrer gesagt. Jetzt, ein paar Jahrtausende später, fand ich es eigentlich ganz witzig. Meine Lehrerin leider nicht. “Mach dich nicht darüber lustig! Das Kann dir ernsthafte Probleme bringen!” Doch ich zuckte nur mit den Schultern. “In Hyrulanisch ist meine Schriftliche noch schlechter.” Weniger Erfahrung, ne? Sie schien kurz zu überlegen, bis: “LRS?” “Also ne Leseschwäche hab ich garantiert nicht. Mir liegt eben nur die Rechtschreibung nicht so.” “Aber irgendwo muss es doch herkommen!” Einen Versuch startete ich noch. “Das Talent unserer Eltern hat nur für zwei Kinder gereicht, also hat es mich ausgelassen.” Zelda und Verall sahen mich richtig schön dämlich an, bis Zel plötzlich loskicherte und sich von mir abwandte. Verall hingegen schüttelte nur den Kopf und entließ uns wieder. Kurz nach Stundenbeginn legte sie mir ein Blatt vor die Nase. “Bis zum Ende der Stunde hast du das übersetzt.” Ich überflog die ersten Zeilen, nur um zu schmunzeln. “Ich kann Ihnen das auch sofort vorlesen.” Als sie mich zweifelnd ansah, musste ich grinsen. “Die Lichtschwestern und ihre Kinder.” Dieses Märchen über Sonne Mond und Sterne hatte ich gefühlte Tausend Mal Colin und den Andern Dorfkindern vorgelesen. Kapitel 11 ---------- “Du lebst, um Lehrer zu schocken. Kann das sein?” Ich sah Miri kurz an, bis ich grinste. “Was kann ich denn dafür, dass sie sich so leicht schocken lassen? Da müssen sie doch damit rechnen, dass es jemand ausnutzt.” “Ich glaube, die mündliche Eins kannst du gut gebrauchen.” Zelda hatte gerade meine schriftliche Übersetzung in der Hand und korrigierte meine Rechtschreibfehler. “Hab ich doch gesagt. Ich bin schriftlich ne totale Niete.” Ich zog ihr den Zettel aus der Hand. “Lass das. Das ganze Rot ist deprimierend.” Sofort zog Scath den Zettel zu sich und überflog ihn. “Erinnerst du dich noch an Masks Kommentar?” “Welches?” Dieser Lehrer hatte immer einen dummen Spruch auf den Lippen gehabt. “Den, dass ich die richtige Rechtschreibung nicht mal verstehen würde, wenn man es mir ins Gehirn einbrennt?” “Genau das.” Kopfschüttelnd gab mir mein Bruder die Übersetzung wieder. Grinsend stopfte ich den Zettel wieder in meine Tasche. Als ich mich zurück lehnte fiel mein Blick auf meine kleine Schwester. Sie stand mit einigen Mädchen ihres Alters zusammen und fuchtelte gerade wild herum. “Hat Ann dir eigentlich gesagt, was das gestern war?” Ich war schließlich den ganzen Nachmittag entweder nicht ansprechbar oder im Wald verschwunden gewesen. “Nö.” Scath klang nicht so, als ob es ihn auch nur ansatzweise interessierte. Ihn hatte es ja auch nicht betroffen. Aber jetzt hatte ich gute Chancen, es doch noch zu erfahren. Ich stand auf und schlich mich durch die Massen auf die Kleine zu. Dabei ließ ich meinen Blick über die anderen Mädchen schweifen. Eine Gorone, zwei Zora, eine Orni und eine… ich blinzelte kurz. Tatsache, eine Gerudo. Sie schien sich als Mensch auszugeben, aber was störte es mich? Ich war gestern schon dem dazugehörigen Kerl in die Arme gefallen, da sollte mich dieses Mädchen nicht wundern. Mein Ziel hatte sich nicht von der Stelle gerührt und die Anderen bemerkten mich noch nicht. Kein Wunder, bei der Masse hier. Als ich hinter ihr stand, schnappte ich sie und warf sie mir über die Schulter. Ann quietschte kurz und zappelte herum, bis sie mir auf den Hinterkopf schlug. Das nicht beachtend grinste ich die andern Mädels an. “Guten Tag, die Damen.” Bis auf die Goronin liefen alle rot an. Ein zweites Mal bekam ich Anns Faust zu spüren, dazu zischte sie sauer vor sich hin: “Lass mich runter!” Augen rollend gab ich ihr einen Klaps auf ihre vier Buchstaben, bevor ich mich wieder den anderen zu wandte. “Wie fandet ihr denn eure bisherige Zeit hier?” Sie starrten mich einfach mit offenen Mündern an und dachten nicht einmal ans Antworten. Dafür bekam ich ein drittes Mal eine runter gehauen. Jetzt reichte es mir. Ich warf Ann kurz in die Luft und fing sie wieder auf. Diesmal konnte sie sich einen erschrockenen Ton verkneifen, aber sie sah mich von meinen Armen aus vorwurfsvoll an. “Was soll das?” “Das könnte ich dich auch fragen.” “Häh? Was meinst du?” Ich verdrehte die Augen. “Dein kleiner Stunt von gestern. Was war das?” Ann verschränkte nur die Arme vor der Brust und sah zur Seite. “Pfüh!” Auch gut. Ich griff ihre Beine etwas fester, bevor ich ihren Oberkörper losließ. Mit dem Kopf nach unten hing mein Schwesterchen zappelnd und quietschend in der Luft. “Lass mich runter! Verdammt noch eins!” “Antworte.” Es war ja nicht so, als wenn sie so schlechte Nerven hätte. “Wenns denn sein muss.” Na also. Ich hob sie wieder richtig hoch. “Nun?” “Wette.” “Was für eine?” Ann seufzte. “Wir haben je einen Jungen ausgesucht, den man sich an den Hals werfen sollte.” Verwirrt blinzelte ich sie an. “Noch mal langsam für dumme Jungs.” “Wir sind zu sechst. Fünf von uns haben einen Jungen ausgesucht, den sich die Sechste an den Hals schmeißen sollte. Natürlich haben wir auf die Rasse geachtet, aber versucht nen Süßen zu finden.” “Süß…” Verdattert sah ich die anderen Mädchen an. Die Zora drehten sich von mir weg. Kein Wunder, waren sie doch mittlerweile knall-violett angelaufen. Die Gerudo - selbst mit einem rosanen Schimmer auf den Wangen - reckte ihr Kinn hoch. “Hast du ein Problem damit?” “Nicht wirklich.” Ich ließ die Kleine wieder runter. “Aber ihr wisst schon, dass Ann beschissen hat?” “Wieso?” Zumindest eine der Zora konnte man wieder als Blau verkaufen. Ann zog den Kopf ein, als auch ich sie anstarrte. Dann ergab sie sich. “Link ist mein großer Bruder.” "Das erklärt, warum du einfach losgerannt bist, als wir uns entschieden hatten.” Die Goronin schüttelte den Kopf. Und ich gleich mit. Kapitel 12 ---------- Ein leichter Zug an meine Haaren ließ mich herumfahren und meine Reflexe handeln. Schon sackte das Halbohr hustend zusammen. Scath schüttelte den Kopf. “Sag mal Riko, du lernst auch nicht dazu, hm? Gestern stumm gezaubert, heute fast zusammen geschlagen.” Ich schlug meinen Bruder - wenn auch recht sanft - auf den Arm. “Wenn ich ihn zusammen schlage, steht er nicht wieder auf.” Der Shiekah - Finn, wie ich mittlerweile wusste - sah mich zweifelnd an. Mein Bruder hingegen lachte, schloss seinen Spind ab und verschwand aus der Umkleide. Ich verdrehte die Augen und schlüpfte erst einmal in mein grünes Shirt. Meine erste Stunde Ritterkunst würde erst in ein paar Minuten beginnen, da hatte ich keine Lust mich hetzen zu lassen. Als ich der Letzte war, griff ich in meinen Rucksack und zog mein Schwert hervor. Scath meinte, dass ihr letzter Lehrer gegen den Einsatz von echten Waffen war. Da dieser allerdings in Rente gegangen war, hoffte ich auf eine Änderung in der Sache. Ich schloss die Schnallen des Ledergurtes, kontrollierte noch einmal den richtigen Sitz des Schwertes und griff schließlich noch nach Scaths Waffe. Er würde mich umbringen, aber egal. Meinen Spind sicherte ich vorsichtshalber magisch. Ich traute diesem Riko und seinen Freunden nicht mal halb so weit, wie ich sie werfen konnte. Die Klinge meines Bruders über der Schulter tragend, wanderte ich den Anderen hinterher. Im Gang der Umkleiden begegnete ich Zelda, die selbst bewaffnet war. Die trug einen Degen an ihrer Hüfte. “Zwei Dolche?” sie grinste mich vergnügt an. “Ein Zahnstocher?” grinste ich zurück. Die Waffe war für sie besser geeignet, ohne Wenn und Aber. Allein schon ihr doch recht zierlicher Körperbau gab das vor. Ich hingegen konnte wirklich mit zwei Klingen gleichzeitig kämpfen. Allerdings eigneten sich normaler Schwerter nicht so gut dazu, Säbel waren besser. Na, erkannt? Den Zwei-Klingen-Kampf hatte ich von den Gerudo gelernt. Nein, nicht Naboru. Ganz andere Ära. Draußen hatte sich der Rest unserer Klasse unterm blauen Himmel versammelt und diskutierten über den neuen Lehrer. Miri war leicht gefunden und Scath hing sowieso immer an ihr. “Hier Scath.” Ich hielt ihm die Waffe entgegen. “Verdammt, Link! Ich hab dir doch…” “Ja, ja.” Ich unterbrach ihn einfach und drückte ihm die Klinge in die Hände. “Neuer Lehrer, neues Glück.” Irgendwann bringe ich dich noch um.” Hab ich es nicht gesagt? Während Miri lauthals lachte, sah Zelda uns ungläubig an. Das Halbohr grinste überheblich in unsere Richtung. Ein Scheppern ließ und geschlossen herumfahren und… Oh shit. Bitte nicht! Mies gelaunt kam ausgerechnet Ganondorf auf uns zu gestapft. Ich war so was von erledigt. Das einzige Positive daran war, dass Riko schneeweiß geworden war. Aber mal ehrlich: Jeden Tag drei Stunden bei jemanden Unterricht, der in der Vergangenheit etliche Male versucht hat, mich zu killen. Klingt spaßig, oder? Ganondorf blieb vor uns stehen, holte tief Luft und :”WAS SEIT IHR FÜR EIN SAUHAUFEN? ANSTÄNDIG HINGESTELLT! WIRD’S BALD!” Das Chaos wuchs noch mal an, bis wir in einer Reihe vor ihm standen. Kopfschüttelnd sah er über uns. “Oh man. Morgen steht ihr in Zweierreihe hier, wenn ich komme. VERSTANDEN?” “Ja, Sir!” Sorry, mir klingelten gerade die Ohren. Vor mir blieb er stehen, musterte mich kurz und erhob schließlich die Stimme: “Name?” “Link Bravery.” Worum ging es gerade? Das Gleiche machte er auch bei meinem Bruder und bei Zelda. Dann sah er über unsere komplette Klasse. “Noch jemand bewaffnet?” Stille. Schließlich trat ausgerechnet Miri einen Schritt nach vorne, zog einen Dolch aus ihrem Stiefel und nannte ihren Namen. Ganondorf nickte kaum merklich, sah noch einmal über uns: “Noch jemand?” Keiner meldete sich. Er holte ein Buch aus seiner Jackentasche, schlug es auf und setzte den Stift an. “Der Rest kriegt als Erstes ne schlechte Note wegen fehlenden Unterrichtsmaterials.” Einige Stimmen wurden laut. Ganondorf sah entsprechende scharf an und schon wurde es wieder still. Er packte seinen Kram weg. “Gerodu mein Name. Es ist wohl meine Aufgabe, aus euch ein paar anständige Krieger zu machen. Wenn ich mir das so anschaue, hat mein Vorgänger da ganz schön geschlampt.” Wieder wurden einige Stimmen laut, die er diesmal aber bewusst missachtete. Ich hingegen biss mir auf die Zunge, um ja nicht loszulachen. Gerodu? Da war aber jemand selten einfallslos. Es war doch so was von offensichtlich, dass dieser Name von den Gerudo kam. Aber wie hieß es so schön? Wenn du etwas verstecken willst, tu es so offensichtlich wie möglich. Trotzdem… Ich erwachte gerade noch rechtzeitig aus meinem Tagtraum, um Ganondorfs Anweisung zu hören. “Zehn Runden um den Platz. Und wehe, ihr trödelt!” Bei jedem anderen Lehrer hätte ich jetzt ein dummes Kommentar abgegeben. Aber ich hing ansatzweise an meinem heilen Hals. Kapitel 13 ---------- Kurz nach Scath und Zelda aber noch vor der schnaufenden Miriam kam ich am Ziel an. Als Zelda schon den Mund aufmachte, bekam ich einen leichten Schlag auf den Kopf. Verdattert sah ich genau in Ganondorfs Gesicht. “Willst du mich verarschen? Die Fünf Runden läufst du gefälligst noch!” Meine Verwirrtheit wurde nicht besser, während ich ihm hinterher sah. Bis ich es einfach zur Seite wischte, mit den Schultern zuckte und weiter lief. Dadurch war ich der Letzte, der fertig wurde und verpasste einen Teil von Ganondorfs Erklärungen. Aber ehrlich? Ich würde schon noch rechtzeitig mitkriegen, was er so mit uns vorhatte. Ich stellte mich schwer atmend zu den andern Dreien. Fast die Hälfte unserer Klasse lag schnaufend am Boden und war außer Gefecht gesetzt. Miri - mittlerweile wieder normal atmend - zog mich am Kragen zu sich herunter. “Wie viele Runden bist du jetzt gelaufen?” “Zwanzig.” Mir war von vornherein klar, dass würde ich mich an die zehn halten, ich viel zu schnell fertig war. Also hatte ich etwas guten Willen gezeigt und war die Hälfte mehr gelaufen. War dem werten Herrn König aber anscheinend nicht genug. Aber das Spiel konnte man auch zu zweit spielen. Ich hielt Miri uns auch Zelda davon ab, ihren Unmut an die Luft zu lassen. War auch ganz gut so, denn Ganondorf beorderte mich gerade nach vorne. Also ich vor ihm stand und zu meinem Frust aufsehen musste, deutete er auf mein Schwert. “Die Waffe deiner Wahl?” Ich nickte einfach nur. “Du kannst damit umgehen?” Wieder nickte ich. Was sollte das? “Wenn du es so perfekt beherrscht, warum bist du dann noch hier?” Daher wehte also der Wind. Er versuchte, mich aus der Reserve zu locken. Aber nicht mit mir. “Wer in etwas perfekt ist, belügt sich selbst. Man kann Perfektion anstreben, aber niemals erreichen. Außerdem ist Perfektion endgültig. Mit diesem Wort nimmt man sich selbst die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln.” So Ganon, was jetzt? Er sah mich noch kurz an, bevor er laut zu Lachen anfing. Beim Klang dieser dunklen Stimme, stellten sich mir die Nackenhaare auf. Nach Außen hin blieb ich aber ruhig, naja sofern es mir möglich war. Als er sich schlagartig wieder beruhigte, kühlte auch mein Gemüt ab. Sein Blick glitt über die restlichen Anwesenden und blieb an einem hängen. “Nicht deine Meinung?” “Man sagt doch nicht umsonst, dass man etwas perfekt gemacht hat. Also muss es so etwas wie Perfektion doch geben.” Der Stimme nach könnte es Riko sein. Aber es klang sehr… kleinlaut. Ganondorf wank ihn heran. Und… das Halbohr kam neben mir zum Stehen. Doch das reichte unserem Lehrer nicht. “Hol dir eine Waffe aus dem Schuppen.” Kaum war Riko weg, deutete er auf den Platz, um den er uns gescheucht hatte. “Stell dich schon mal hin.” Schulterzuckend schlenderte ich über den Rasen, bis mir eine Stelle gefiel und ich in fast 15 Metern Abstand zur Klasse stehen blieb. Ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie Ganondorf einen anderen Jungen zusammenstauchte. Als Riko zurückkam, hatte er ein Schwert an der Hüfte hängen. Also ich bevorzugte ja den Rücken, weil es mich da weniger störte, aber na ja. Er bekam sofort die Anweisung, dass er zu mir rüber kommen sollte. Nur Sekunden später hallte Ganondorfs kräftige Stimme über den Platz. “Kein Mord und keine dauerhaften Verstümmelungen. Ansonsten macht, was ihr wollt.” Also wenn Gerudo- Kriegerinnen früher auch so ausgebildet worden sind, wundert mich jetzt gar nichts mehr. Ich hatte mich Ärenlang über ihr teilweise vollkommen fehlendes Verständnis für die Schwere einer Verletzung gewundert. Damit wäre das auch endlich mal geklärt… Riko zog sein Schwert und rannte komplett ungeschützt auf mich zu. Wer auch immer sein bisheriger Ausbilder gewesen ist, sollte sich gewaltig was schämen! Kurz bevor er mich erreichte, machte ich einen Satz zur Seite und schlug gegen seine Parierstange. Mein Gegner verlor dadurch sowohl die Kontrolle über seine Waffe als auch das Gleichgewicht und legte sich sehr unelegant auf die Schnauze. “Schwert gegen Schwert!” Ich drehte mich zu Ganondorf. “Hat mir niemand gesagt!” Sein dummes Gesicht wars wert. Hinter mir hörte ich ein Stoffrascheln und dann das unscharfe Sirren einer Klinge. Diesmal wich ich nicht aus. Das Schwert war langsam genug, dass ich nach der Klinge greifen konnte und es Riko aus der Hand hebeln konnte. Mich immer noch nicht umdrehend, besah ich mir die Waffe. Dass sie nicht scharf war o.k., aber warum war die so leicht? Ich klopfte einmal gegen die Klinge, bis es ´Klick´ machte. Hier war Magie im Spiel. Ein Zauber nahm der Klinge etwa die Hälfte ihres Gewichtes. Wozu brauchte man so etwas denn? Den Kopf schüttelnd, wandte ich mich dann doch mal meinem Gegner zu und warf ihm die Klinge entgegen. Immerhin fing er sie halbwegs sicher auf. Ich zog jetzt auch mal meine Waffe, wirbelte sie einmal um meine Hand - eine Angewohnheit, die mir irgendwann mal den Hals kosten wird - und nahm eine eher defensive Haltung ein. Mein momentaner Plan bestand darin, zu schauen, wie gut Riko war. Dafür hielt ich meine Waffe sogar in der rechten Hand. Eine Tatsache, die ihm nicht auffiel. Schon nach den ersten parierten Schlägen hatte ich seinen Stiel schon mal herausgefunden. Draufhauen. Aber vielleicht würde sich das noch ändern. Zwei Minuten später hatte sich diese Hoffnung in Luft aufgelöst. Dafür langte es mir jetzt. Als ich wieder einen Schlag abwehrte, verhakte ich die Klingen und entwaffnete ihn so. Mein Schwert in die Nähe seiner Kehle haltend, sah ich ihn mit schief gelegten Kopf an. “Wars das schon?” So panisch, wie Riko mich ansah, ja, das wars. Schulterzuckend steckte ich mein Schwert wieder weg und schlenderte auf meine Klasse zu. Ganondorf war wieder am schreiben. Als ich an ihm vorbei ging, bekam ich abermals sein Notizbuch gegen den Schädel. “Was sollte diese Spielerei?” Der Großteil der Klasse sah mich verdattert an. Super. “Ich dachte zu Beginn, er zeigt nicht sein ganzes Können.” Was leider doch der Fall gewesen war. Ganondorf beorderte schon zwei weitere na vorne, die zeigen sollten, was sie konnten. Um nicht vor Langeweile umzukommen, machte ich nebenher einige Schwertübungen. Kapitel 14 ---------- Gut gelaunt schloss ich unsere Haustür auf und trat noch vor meinen Geschwistern ein. “Hallo, Oma!” “Hallo, Kinder!” Ich folgte der Stimme bis in die Küche, wo ich Tasche und Schwert neben die Tür stellte und ihr beim Tischdecken half. “Also Link, wie war deine erste Stunde Ritterkunst an der Akademie?” “Lustig.” Mehr fiel mir auf Anhieb nicht dazu ein. “Lustig sagt der.” Scath ließ sich wie ein nasser Sack auf einen der Stühle fallen. “Mir tun alle Knochen weh und der fand es lustig.” Zu seiner Verteidigung: Er hatte mit Finn einen wirklich fiesen Gegner erwischt gehabt. Wenn Ganondorf nicht dazwischen gegangen wäre, würde es wahrscheinlich immer noch weiter gehen. Die Beiden waren sich trotz ihrer komplett unterschiedlichen Stilrichtungen etwa ebenbürtig. Dazu kam noch, dass wir nachdem jeder gezeigt hatte, was er kann oder eben nicht kann, noch weiter geschunden wurden. Viele unserer Klassenkameraden hatten sich nur mit Mühe zurück in die Umkleide schleppen können und waren dort erst einmal zusammen gebrochen. Dort lagen sie auch immer noch, als Scath und ich nach der Dusche wieder in unsere Alltagsklamotten stiegen und gingen. “Türlich.” Ich grinste meinen Bruder an. “Es war wenigstens mal ein anständiges Training. Nicht so wie diese AG in meiner alten Schule.” Denn das war katastrophal. Ich hatte mich durchschnittlich viermal die Woche mit unserem Lehrer angelegt. Was bei zwei Stunden schon eine Leistung ist, meint ihr nicht? Scath sah mich kurz zweifelnd an, bis er den Kopf zurückfallen ließ. “Ich glaube, dass wird noch ne richtige Katastrophe.” Meiner Verwirrung machte ich sehr intelligent Luft: “Häh?” “Dieser Gerodu ist irgendwie seltsam?” Scath schluckte geräuschvoll, bevor er mich ansah. “Um ehrlich zu sein, macht er mir Angst.” Ich lehnte an die Arbeitsfläche, als ich meinen Bruder musterte. Er hatte Recht. Gerade bei Ganondorf war es besser, Vorsicht walten zu lassen. Aber heute in der Schule war er irgendwie… ich weiß nicht… handzahm? Etwas extrem ausgedrückt, aber so in etwa. Gestern hatte er mir sogar den Hals gerettet und bis auf zwei Schläge mit seinem Buch hatte ich heute auch nichts abbekommen. Oma scheuchte Anns Hausaufgaben vom Tisch, als sie den großen Suppentopf in die Mitte stellte. Kaum dass sie den Deckel abnahm und mir der Geruch der Nudelsuppe in die Nase stieg, knurrte mir der Magen. Schon hielt sich Scath den Bauch vor Lachen und steckte damit nach ein paar Sekunden auch unsere kleine Schwester an. Störte es mich? Ich war verfressen und stand dazu. Aber eine Sache musste ich noch klären. “Ich weiß nicht, was du hast. Abgesehen davon, dass er miese Laune hatte - zu Recht wenn du ehrlich bist - schien er doch ganz umgänglich zu sein.” Wenn ich da an vergangene Zeiten denke, damals war es wirklich besser Panik zu schieben. Kapitel 15 ---------- Zelda und Miriam starrten mich durchdringend an. Scath lachte sich gerade schlapp. Und ich würde am liebsten im Erdboden versinken. “Mädels. Bitte.” Langsam verlor ich die Nerven. “Ich raffs nicht.” Wie, um das zu unterstreichen, wedelte Zelda mit ihren Händen herum. “Was ist denn dabei?” Ich verstand das Problem nicht. “Was dabei ist?” Miri quietschte direkt. “Link, es mag ja durchaus sein, dass du das ein oder andere Fachbuch gelesen hast.” Zelda übernahm. “Aber ein fast 2000 Seiten Wälzer über die Physiologie der alten Göttinnen?” “Und das auch noch freiwillig?” Wieder Miri. Laut seufzend rutschte ich auf der Bank nach unten, während Scath grölend von den Brettern fiel. “Naryu steh mir bei.” “Siehst du?” Dieses Mal waren es beide Mädchen. Augen rollend sah ich wieder in ihre Richtung. “Ja, ich habe dieses Buch gelesen. Ja, es war freiwillig. Ja, ich habe unsere Hyrulanisch - Lehrerin gefragt, ob ich es wirklich noch mal im Unterricht lesen soll. Und ja, es war weder das erste noch das letzte Buch zu dieser Thematik welches ich gelesen habe. Noch weitere Fragen?” “Aber warum?” Miris Augen waren während meiner Aufzählung immer Größer geworden. Das nächste Augenrollen verkniff ich mir. “Aus dem gleichen Grund, weshalb du alles über die Legende der Schattenwelt ließt, was dir in die Finger fällt.” Ich sagte doch, sie ähnelt Midna stark bis sehr stark. Zelda räusperte sich kurz. “Was ich aber trotzdem nicht verstehe, du interessierst dich für die alten Göttinnen, aber in Geschichte pennst du. Solltest du das Fach dann nicht lieben?” Endlich mal ein leicht anderes Thema. “Ich habe nichts gegen Geschichte an sich. Was mich stört ist zum Einen, dass jeder Depp was erzählen kann und es wird sofort für bare Münze genommen. Und zum Zweiten hasse ich dieses unlogische an den alten Helden. Das waren auch nur normale … was auch immer.” Nicht mal da waren sich die Geschichtsschreiber einig. Ich glaube bis auf Fee und Minish war ich schon alle halbwegs humanoiden Rassen durch. Und die Minish waren in der Versenkung der Geschichte Verschwunden. Wirklich übel nahm ich denen nur, dass der Held der Winde ein Zora gewesen sein soll. Ich meine, hallo? Damals gab es gar keine Zora. Orni hätte ich ja noch verstanden, aber Zora? Zelda überlegte noch kurz. “Also magst du nur nicht, was aus der Geschichte gemacht wurde.” “Der Kandidat hat einhundert Punkte.” Während ich eine gewischt bekam, fing Scath langsam wieder an normal zu atmen. Kapitel 16 ---------- Dieses Mal war ich nicht der Letzte, der im Ziel eintrudelte, und das obwohl ich gleich die 20 Runden gerannt war. Im Gegenteil, ich war auf Platz… lasst mal zählen: Scath, Miri, Zelda, Finn, der Halbzora, noch ein Hyrulaner und ein Mensch… Acht. Gut, der Mensch - Kentin? - lag im Rasen und hechelte. Aber er war da. In ein paar Metern Entfernung stand Ganondorf und sah missmutig über die noch Laufenden. Vollkommen verständlich übrigens. Den ersten Anschiss durften sich die abholen, die heute wieder keine Waffe dabei hatten. Der zweite ging an alle - fast die Hälfte der Klasse - die fürs Laufen ihre Waffe ablegen wollten. Wer kam überhaupt auf diese Idee? Keiner der hier Anwesenden, nur fürs Protokoll. Ich ließ mich einfach neben Kentin fallen, schloss die Augen und genoss die Sonne. Nach und nach kamen einige schnaufende Etwas hier an. Es folgte je ein lautes plumpsen. Als sich auch endlich der Letzte einfand, kam Ganondorf zu uns herüber gestapft. Erst jetzt machte ich mir die Mühe, mich wieder aufzusetzen. Faulheit lässt grüßen, mein Schwert hatte die ganze Zeit unangenehm im Rücken gedrückt. Ganondorf sah noch einmal über uns und schüttelte dann den Kopf. “Traurig. Bis auf ein paar Ausnahmen habt ihr eine Kondition wie eine tote Katze.” Doch so gut… ich sollte eventuell das Denken abschalten, zumindest für den Moment. Man konnte unserem Lehrer mit Leichtigkeit ansehen, wie genervt er war. Schätze mal, er würde sich noch lange über seinen Vorgänger aufregen. Wieder Erwarten sagte er nichts weiter dazu, sondern orderte: “Link! Kentin! Nach vorne!” Ich war schon aufgesprungen, als ich meinen Namen hörte. Mein Nachbar war etwas schwerfälliger, sodass ich ihm eine helfende Hand hinhielt. Ein “Danke.” später zog ich ihn hoch. Eher gemütlich gingen wir nebeneinander her auf die freie Fläche zu. Mit ein paar Meter Abstand blieben wir stehen und zogen unsere Waffen. Mein Blick glitt kurz über ihn. Er war vielleicht fünf bis sechs Zentimeter kleiner als ich, dafür aber kräftiger gebaut. Zu dieser Statur passte auch das Breitschwert, welches er in den Händen hielt. Wie lange war es her, dass ich eine solche Waffe führte? Dann - ohne Vorwarnung - griff er an. Er bewegte sich erstaunlich schnell und verstand es, seine Waffe zu führen. Die etwas leichteren Schläge fing ich mit meinem Schwert ab. Die starken hingegen - in welche Kentin seine ganze Kraft und sein Gewicht steckte - denen wich ich lieber aus. Nicht, dass ich mich ernsthaft verletzen würde, aber es könnte von Vorteil sein, wenn einige mich für schwächer hielten. In dem Moment, in welchem er kurz verschnaufte, ging ich zum Angriff über. Kentin hob zwar sein Schwert, brachte ihm aber leider gar nichts. Als ich nur noch einen Schritt von ihm entfernt war, warf ich meine Klinge in die Luft und ging im selben Moment runter. Ich rutschte zwischen seinen Beinen hindurch, kam hinter ihm wieder zum nach oben, fing mein Schwert auf und hielt es ihm, noch bevor er sich umdrehen konnte, an seinen Nacken. Zwar schnaufte Kentin immer noch, aber er ließ seine Waffe langsam sinken, sodass ich auch meine zurück nahm. “Zum Teufel noch mal! Wie kommt man auf solche Ideen?” In seinen Augen stand pures Interesse, als er sich mir zuwandte. “Aus der Glotze.” Woher auch sonst, hm? Während wir zu den Anderen zurück marschierten, führte ich das noch weiter aus. “Der hatte sich allerdings fast selbst abgestochen, weil er seine Waffe in der Hand behalten hatte. Sorry, falls ich dich erschreckt habe, aber ich wollte es unbedingt mal ausprobieren.” “Schon klar.” Kapitel 17 ---------- Bardentum die Zweite. Und dieses Mal war ich auch geistig anwesend. Unser Lehrer war ein junger Spund, der irgendwie wie ein Gummibärchen auf zu viel rotes Elixier herumhüpfte. Nicht nur verwirrt, sondern eher entgeistert drehte ich mich zu Scath und deutete nach vorne. Miri und mein Bruder grinsten mich schadenfroh an. Göttin. Ich dachte immer, ich wäre hyperaktiv. Wurde mir sogar von den Ärzten bescheinigt. Ich hatte diesen erhöhten Bewegungsdrang aber schon, bevor ich mich an die alten Zeiten erinnern konnte. Durch die Vergangenheit lebte ich es nur umso lieber aus. Aber so schlimm, wie der an der Tafel war ich nicht. Ich konnte ja wenigstens im Unterricht still sitzen bleiben. Ein Klatschen ließ mich wieder nach vorne sehen. Er übersah uns mit einem Glitzern in den Augen, das mich trocken schlucken ließ. Oh oh. “Also, wie am Montag besprochen, werden wir uns dem Vortragen von Musik widmen. Natürlich mit anschließender Diskussion darüber. Also, wer will als Erster?” Es meldeten sich exakt null Schüler. Genau die Anzahl, die ich vermutet hatte. Dafür stellte ich fest, ich hätte mich bei Scath erkundigen sollen, was ich am Montag verpasst hatte. Da machte man es einmal nicht und dann so was. “Keiner?” Er sah irgendwie deprimiert aus. Nahm der sich das etwa zu Herzen? “Das ist aber Schade.” Ja, sehr schade. Komm schon, Schicksal. Hier sitzen noch 31 andere Schüler. Nimm einen davon! Um das zu unterstreichen rutschte ich noch etwas weiter in den Stuhl. Sein Blick wanderte unheilverkündend über uns. Gut, vielleicht sah nur ich das so, aber ich hatte allen Grund beunruhigt zu sein. “Dann nehmen wir doch einen der Neuen.” Nein. Nein. Nein- Ich spürte seinen Blick zwischen Zelda und mir wandern. Bitte nimm sie! “Leider ist mir gerade dein Name entfallen.” Ich wussts. Der starrte direkt mich an. “Na komm schon vor. Nur nicht so schüchtern.” Meine Augenbraue wanderte auch ohne meinen direkten Befehl nach oben. Schüchtern? Ich war ja vieles, aber das nicht. Theska - hey, ich hatte mir ihren Namen gemerkt! - schob ich wieder mitten auf den Gang. Ihr Geschimpfe blendete ich aus, während ich an ihr vorbei ging. “Oh oh.” Der Blick des Lehrers wanderte unschön über mich. “Wie soll ich dich denn auf dem Klavier begleiten, wenn du mir keine Noten gibst?” “Das krieg ich auch noch selber hin.” Ich sah zu dem Instrument. Ein Anderes weckte aber eher meine Aufmerksamkeit. “Kann ich die Gitarre nehmen?” Lehrer verdattert und ich um keinen Deut schlauer. “Du kannst gleichzeitig spielen und singen?” “Ist doch ganz leicht.” Oder etwa nicht? Da ich keine Lust auf diese Diskussion hatte, nahm ich das Instrument, stimmte es schnell und sah dann meinen Lehrer wieder an. Gitarre hatte ich eher aus Jux gelernt. An meiner alten Schule gab es jedes Jahr einen Instrumentenlehrgang. Vor zwei Jahren war eben Gitarre an der Reihe. Das Klavier vor drei hab ich auch mitgenommen. Nur auf das Cello vom letzten Jahr hatte ich keine Lust gehabt. Einen Nachteil gab es trotzdem. Ich konnte bis heute keine Noten lesen. Brauchte ich aber auch nicht. Wenn ich ein Lied nur oft genug gehört hatte, konnte ich es auf jedem Instrument nachspielen. Inzwischen war unser Lehrer aus seiner Starre erwacht. Er sah immer wieder zwischen der Gitarre und mir hin und her, bis er wieder strahlte. “Das will ich sehen.” Das als Freifahrtschein interpretierend, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen das Klavier und begann zu spielen. “Jeder weiß wie Schmerz sich anfühlt Jeder kennt es zu verlieren Fast immer suchen wir die Sicherheit Doch tendieren wir auch zum riskieren Neugier siegt über die Weisheit Vor dem Verstehen, steht das Probieren Können formt sich auch durch Fehler Abschreiben heißt nicht gleich Kapieren Doch was soll`s wir lagen alle schon im Dreck Machten viele Fehler, viele male wieder Doch was soll`s, wir waren doch alle irgendwann jung Und grad weil man auf der Fresse lag, denkt man irgendwann um Geschichten tragen Fehler, spenden Hoffnung spenden Glück Doch Geschichten bleiben Geschichten und keiner bringt die Zeit zurück Geschichten tragen Fehler, nicht immer Glanz und Gloria Scheißegal was war, Scheißegal was war, Geschichten sind zum Lernen da Starke Winde bringen Kälte Dreck und wild stürmische See Im festen Haus, im sicherer Hafen Tun diese Stürme nicht so weh Es braucht Geduld, es braucht viel Herz und etwas Zeit Denn auch der allergrößte Sturm zieht irgendwann vorbei Es braucht die Sicht, nach vorne und sicher nicht zurück Alte Narben bringen Schmerzen und sicher keine Zuversicht Geschichten tragen Fehler, spenden Hoffnung spenden Glück Doch Geschichten bleiben Geschichten und keiner bringt die Zeit zurück Geschichten tragen Fehler, nicht immer Glanz und Gloria Scheißegal was war, Scheißegal was war, Geschichten sind zum Lernen da Kennst du den Unterschied zwischen Märchen und Geschichte? Märchen sind erfunden und Geschichten tragen Richte Den Fußspuren im Schnee zu folgen ist das eine und selbst welche zu hinterlassen und das ist 1000 mal besser. Und der beste und gerade Weg ist der, der direkt nach vorne geht und es ist oft ein offenes Messer. Geschichten bleiben Geschichten, also fang an deine eigene zu dichten. Nicht immer klappt der erste Weg Weil man manchmal auch im Nebel steht Er kann auch leicht der falsche sein Aber wenn will, wenn man wirklich sucht, führt dieser Weg auch wieder heim Geschichten tragen Fehler, spenden Hoffnung spenden Glück Doch Geschichten bleiben Geschichten und keiner bringt die Zeit zurück Geschichten tragen Fehler, nicht immer Glanz und Gloria Scheißegal was war, Scheißegal was war, Geschichten sind zum Lernen da.” So wie mich der Lehrer - dessen Name ich weder kannte, noch mich sonderlich interessierte - anstarrte, hatte ich das gleichzeitige spielen und singen wohl ganz gut hinbekommen. Ohne auf seinen Befehl zu warten, stellte ich die Gitarre wieder an ihren Platz und schlenderte zu meinem zurück. Kaum saß ich, fand er endlich seine Stimme wieder. “Du kannst das ja wirklich gut!” Blitzmerker. Er klatschte begeistert in die Hände. “Also, was meint ihr?” Interpretation, na super. Hoffentlich kam der nicht auf den Trichter, ich solle ein Statement dazu geben. Könnte lustig werden, zumindest für mich. Er rief nicht jeden auf, wären auch zu viele. Trotzdem kristallisierte sich eine Richtung heraus. Die Meisten befanden, dass es zur Ehrung der alten Helden geschrieben wurde. Na ja… Scath kicherte. Als er aufgerufen wurde, enthielt er sich seiner Stimme. Ich hingegen hatte eine bessere Antwort parat: “Ich kenne den Komponisten und seine Meinung.” Lehrer erneut verdattert und viele Schüler gleich mit. Aber er fragte nicht weiter. **** Das Lied heißt Geschichten bleiben Geschichten. Hier der Link dazu. [link href="https://www.youtube.com/watch?v=yz2xnaJ_zY0&index=17&list=LLpX9RqQb-PW9LRG95L5OR6w"]https://www.youtube.com/watch?v=yz2xnaJ_zY0&index=17&list=LLpX9RqQb-PW9LRG95L5OR6w[/link] Kapitel 18 ---------- Ja spinnt der? Ganondorf musste verrückt geworden sein. Der wollte wirklich, dass Zelda und ich gegeneinander antraten? Prinzessin gegen Held. Schicksal lässt grüßen. Als wir uns auf dem Platz gegenüber standen, grinste ich sie an: “Sei lieb zu mir.” Sie schnaubte. “Ich hau dich gleich!” “Aua!” Bevor unser Unsinn noch weiter ging, drängte Ganon uns. Keine Lust darauf habend, zog ich meine Waffe - zur Abwechslung mal mit Links. Zelda war gut, kein Zweifel. Ich hatte sie die letzten Tage über beobachtet. Und wenn ich mit einberechnete, dass ihre Gegner nicht alles aus ihr herausholen konnten, sah ich alt aus. Also entweder überschätzte ich sie oder ich würde verlieren, weil ich nicht über eine gewisse Grenze hinausging. Sie bewegte sich erstaunlich schnell, als sie mich angriff. Ich wich aus und schlug zurück. Festgestellt: Ihr Degen war verstärkt. Wenn nicht, hätte ich das Metall zerbrochen. In den nächsten paar Minuten zog ich mir zwar einige kleinere Schnittverletzungen zu, aber Zelda sah auch nicht besser aus. “STOP!” Vor Schreck stolperte ich und legte mich zu Zeldas Füßen hin. Verwirrt sahen wir Beide zu den Anderen. Ganondorf schüttelte den Kopf, wohl aufgrund meiner Einlage. “Herkommen!” Da ich noch weiter leben wollte, biss ich mir auf die Zunge. Bei ihm angekommen, musterte er uns kurz. “Waffen her. Holt euch aus dem Schuppen Zweihandwaffen.” Sein Blick ging zurück zu den Anderen. “Miriam, Michael, Los!” Zelda und ich sahen uns kurz an, bis wir dem Befehl nachkamen. “Hast du eine Ahnung, was das soll?” Was fragte sie mich das? “Keine Ahnung. Bei Scath und Finn hat er so was doch auch nicht verlangt.” “Wie hast du das bitte gesehen? Du warst mit deinen Übungen beschäftigt.” “Hab mich so positioniert, dass ich noch alles sehen konnte.” Ich öffnete die quietschende Schuppentür. Schuppen war viel zu nett. Rumpelkammer traf es eher. “Du bist seltsam.” war das Letzte, was ich von ihr hörte, bevor sie zwischen den ganzen aufgetürmten Kisten verschwand. Ich war nie seltsam. Ich war schon immer einzigartig. Wenn ich nicht genau wüsste, dass es so stimmte, würde ich mich gerade für selbstverliebt halten. Statt weiter über meine Abnormalität nachzudenken, durchforstete auch ich das… Lager. Farore hilf mir! Ein Klappern zu meiner Rechten ließ mich dort hin sehen. Ich begann zu grinsen. Meine Schutzgöttin hatte mich also immer noch lieb. Ein Säbel war vom Regal gefallen und ein zweiter lag noch im Fach. Sa ausstaffiert machte ich mich pfeifend auf den Rückweg. Bei Scath und Miri ließ ich mich nieder, die Klingen auf meinen Schoß legend. Kentin - der recht nah bei uns saß - beäugte die Säbel misstrauisch. “Kannst du damit überhaupt umgehen?” “Genug, damit ich niemanden aus Versehen aufschlitze.” Scath drehte den Kopf weg, zweifellos um sein Grinsen zu verstecken. Ich hatte vor anderthalb Jahren auf etwas außergewöhnlicher Weise bewiesen, dass ich auch mit anderen Waffen als mit Schwertern umgehen konnte. Hatte mir zwar einen Verweiß von der Schule eingebracht, aber was solls. Mein damaliger Lehrer erzählte was von der ultimativen Kampfform. Ich hatte ihm auf drei Arten bewiesen, dass das Blödsinn war. Die Säbel und der Stab waren ja noch in Ordnung, aber meine Magie hatte er mir übel genommen. Erst beim übernächsten Kampf kam auch Zelda wieder - stark eingestaubt. “Wie hast du da so schnell was gefunden?” “Die Göttin ist mit mir.” Schon lachten alle im Umkreis, bis Zelda nieste. Ganondorf pfiff laut und deutete uns Beiden an, wieder nach vorne zu kommen. Also auf zu Runde zwei! Zelda hatte sich ein Kurzschwert und einen leichten Schild herausgeholt. “Soll ich dich das Gleiche noch mal fragen?” Sorry, ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. Doch Zelda schnaubte nur und griff mich wieder an. Sie war gut. Verdammt! Ich wich gerade noch nach hinten aus und musste schon den nächsten Schlag abwehren. Hm. Diese Waffe war eher für sie geeignet, als der Degen. Sie bewegte sich effektiver und nicht mehr so gewollt elegant. Als ich ihren Schlag mit beiden Klingen direkt über meinem Kopf abwehte, machte ich schnell einen Satz nach vorne und riss sie zu Boden. Einen Säbel an ihre Kehle haltend, fixierte ich mit dem Anderen ihren Schwertarm. “Hab dich.” “Warum dürfen wir nur keine Magie einsetzen?” Grinsend half ich ihr auf. “Weil ich dann auch welche einsetze und dann wird’s unschön.” “Auch wieder wahr.” Zelda beugte sich nach ihrem Schild. Als wir zurück gingen, war Ganondorf schon wieder fleißig am notieren. Spontan beschloss ich, meine heutigen Übungen mit den Säbeln zu absolvieren. Kapitel 19 ---------- Gähnend vergrub ich mein Gesicht in meinen Armen. Das war einfach keine Zeit für mich. “Link! Nimm deinen eigenen Tisch in Beschlag!” Und Scath hatte seinen morgendlichen Ausraster. Ich wank nur ab. Er müsste das doch mittlerweile gewohnt sein. Dafür kicherte Miri vor sich hin. “Lass ihn doch. Du weißt, dass er morgens zu nichts zu gebrauchen ist.” Ich blinzelte sie müde an. “Solltest du nicht eigentlich auf Scaths Seite stehen, anstatt mich zu verteidigen?” “Bleibt in der Familie.” Stöhnend sackte Scath in seinem Stuhl zusammen. “Link, hör auf meine Freundin um den Finger zu wickeln.” Schulterzuckend vergrub ich mich wieder. Wenn ich wüsste, warum mir so viele Mädchen hinterher liefen, würde ich schon etwas dagegen machen. Ruto war das beste Beispiel, so schnell war ich weder vorher noch nachher gerannt. Und sie war nicht die Einzige. Das Geräusch der sich öffnenden Tür ließ mich aufsehen. Eine etwas ältere Frau mit schneeweißen Haaren kam herein. Ihre Tasche schwebte hinter ihr her und landete von selbst auf dem Lehrertisch. Unsere Lehrerin blieb vor der Tafel stehen und übersah unsere Klasse. Bei mir und Zelda blieb sie kurz hängen. “Da mich noch nicht alle von euch kenne, mein Name ist Xia. Ich hoffe ihr ward in den Ferien nicht wieder so faul wie die letzten Jahre immer.” Also Scath hatte weit mehr geübt als ich. “Zelda, Link. Kommt mal her.” Hols der Geier! “Was sind eure besten Stücke? Ich muss wissen, ob ihr hier überhaupt mithalten könnt.” Zelda schien kurz zu überlegen, während ich zu meinem Platz zurück schlenderte und Block und Stift holte. Kaum war ich wieder vorn, verschwand die Ex-Prinzessin und tauchte i ein paar Metern Entfernung wieder auf. “Teleportation?” Frau Xia war positiv überrascht. “Das hätte ich in zwei Jahren versucht, euch beizubringen.” Och nö. Ich hasste Teleportationen. Ich landete zwar für gewöhnlich am anvisierten Punkt, aber meistens in einem Meter Höhe oder auf den Kopf, oder auch mal Beides. Während die beiden Damen also mit sich beschäftigt waren, hatte ich einige alte Schriftzeichen auf meinen Block geschrieben. Wenn auch nur einer hier - Scath mal ausgenommen - das kannte, wäre ich ernsthaft überrascht. Denn dieses kleine Kunststück hatte es meines Wissens nach nie nach Hyrule geschafft. Ich hatte es auch nur von einem alten Magiermeister gelernt, der JWD gelebt hatte. Als die Aufmerksamkeit wieder bei mir lag, ließ ich meine Magie in das Blatt fließen und brachte die Symbole zum Glühen. Das mittlere und größte Zeichen leuchtete am hellsten. Ein überdimensionaler Schmetterling entstand, der nur Sekunden später seine Kreise durch das Klassenzimmer zog. Er war mit einem hauchdünnen Magiefaden mit den Symbolen auf meinem Blatt verbunden, aber das bemerkte niemand wirklich. “Eine Beschwörung?” Eine quietschende Lehrerin. “Nein.” Als ob ich mal so einfach eine Beschwörung aus dem Hut zaubern konnte. “Das ist eine Illusion.” In dem Moment, in welchem sie mir meinen Block aus der Hand riss, verschwand der Schmetterling und mit ihm die Symbole. Ihren verwirrten Gesichtsausdruck quittierte ich mit einem Schulterzucken. Ich hatte nie heraus gefunden, warum sich die Zeichen mit auflösten. Nicht das es mich sonderlich störte… “Kannst du das auch mit andern Dingen?” “Klar.” Schon schrieb ich die nächsten Zeichen nieder, diesmal ein paar mehr. Kaum war ich fertig, flitzten drei geisterhafte Eichhörnchen um unsere Lehrerin herum. “Kontrollierst du sie?” Von mir kam nur ein Nicken und eins der Tierchen sprang auf ihr Hand. “Es ist wirklich nicht da.” Sie begann es zu untersuchen, sofern es überhaupt möglich war. Allerdings musste ich keine zwei Minuten später den Zauber lösen, da der stetige Magiefluss im dümmsten Fall meine Nerven angreifen konnte. Kurz sah Frau Xia mich noch einmal an, bevor sie mich zu meinem Platz zurück schickte. “Kann ich euch überhaupt noch etwas beibringen?” “Bestimmt.” Zelda war schneller als ich mit antworten. Aber ich gab noch meinen Senf dazu: “Wir sagen Ihnen dann Bescheid.” Schon spürte ich einen leichten Schlag auf dem Hinterkopf. Kapitel 20 ---------- Ganondorfs scharfer Blick glitt über uns, während er mit dem Kopf schüttelte. “Und ihr wollt Ritter werden?” Der größte Teil unserer Klasse zuckte zusammen. “Da hat ja jeder Schreibtischtäter eine bessere Ausdauer!” Ey, stimmt doch gar nicht! Seine Augen ruhten kurz auf unserer Truppe und nicht nur ich begriff. Er versuchte die wirklich miesen Ausdauerkünstler irgendwie aus der Reserve zu locken. Denn nach Scath hatten auch einige Andere angefangen, die ein oder andere Runde mehr zu laufen. Aber nur mich sah Ganondorf warnend an, wenn ich unter der doppelten Anzahl blieb. Hatte es heute mit 19 versucht. Als er schon griesgrämig ankam, war ich lieber gleich weiter gerannt. “Ihr solltet lieber Wegweiser werden! Da müsst ihr euch nicht so stark bewegen!” Und weiter ging es, für noch gute 10 Minuten. Dann riss bei einem der Jungs - Dieter? Ne. Detlef? Auch nicht. Dorian! - der Geduldsfaden. “Sie lassen uns hier bis zum Umfallen Runden rennen, die sowieso nichts bringen außer Muskelkater! Stattdessen sollten Sie uns lieber ein paar anständige Dinge beibringen!” “Bist du fertig?” Häh? Was bitte war in Ganondorf gefahren? “Die Energie, die du hier zum Meckern verschwendest, hättest du genauso gut eben noch produktiv einsetzen können.” Sein Blick wanderte wieder zu uns und er fixierte Kentin. “Warum lasse ich euch jeden verdammten Tag rennen?” Kentin stand erst einmal auf, um nicht im Sitzen antworten zu müssen. “Zum Einen braucht man die Ausdauer, um im Kampf länger bestehen zu können und für den Ernstfall noch Reserven zu haben. Zum Zweiten sollten wir uns an das Gewicht unserer Waffen gewöhnen.” Ganondorf nickte zustimmend, bevor er ausgerechnet zu mir sah. “Noch Ergänzungen?” Die hatte ich natürlich zu bieten. “Wenn man schon weiß, dass man nicht so ausdauernd ist, sollte man sich das einteilen und nicht gleich bei den ersten hundert Metern alles verpulvern.” Solche Spezialisten hatten wir wirklich in der Klasse. Theska gehörte dazu. Er seufzte … lag ich etwa so falsch? “Darauf hätte eigentlich jeder selber kommen können.” “Eigentlich.” rutschte es mir nuschelnd heraus. “Prompt war ich wieder voll in Ganondorfs Fokus. Aber er hätte mich doch gar nicht hören dürfen. Ich bekam keinen Anschiss, also hatte er wohl doch nur zufällig zu mir gesehen. “Hoffentlich wird das nächste Woche besser mit euch. Wenn nicht, werde ich hier andere Seiten aufziehen. IST DAS KLAR?” Dieses Mal hielt ich mich nicht zurück. Meine Hände ruckte hoch und schützten meine Ohren vor der lauten Stimme. Leicht gequält sah ich zu meinem Bruder, dem es auch nicht besser ging. Scath, ich und auch Ann hatten sehr empfindliche Ohren. Das war schon immer so und hatte meines Wissens nach keinen magischen Hintergrund. Laut Oma kam es von Vaters Seite. Während Miriam ihrem Freund mitleidig durch die Haare strich, sah nicht nur Zelda uns seltsam an. Zu unserem persönlichem Glück wurde Ganondorf nicht noch mal laut, bis er uns schließlich zum Klingelzeichen entließ. Da mein Gehör langsam wieder normal wurde, wandte ich mich an Miriam. “Kommst du das Wochenende wieder zu uns?” Sie war jedes zweite bis dritte Wochenende bei uns und freute sich über Omas Hausmannskost, etwas dass sie auch erst bei und kennen gelernt hatte. Sie war eben die Tochter eines hohen Politikers. Miri schüttelte auf meine Frage hin den Kopf. “Leider kann ich nicht, aber ich werde dir Scath entführen.” “Toll.” Ich seufzte tief. “Oma hat sich auch schon abgemeldet und Ann ist auch nicht da. Also entweder quartier ich mich bei Lily oder Maleika ein, oder ich bin allein.” Wobei Maleika keine gute Idee war, wie ich anmerken möchte. Ihr Vater war der Meinung, dass ich einen ganz passablen Schwiegersohn abgeben würde… “Zieh zu Lily.” Allem Anschein nach hörte auch Scath wieder halbwegs normal. “Die Truppe freut sich immer, wenn jemand auf die Kleinen aufpasst.” “Auch wieder wahr.” Miri sah leicht fragend zwischen uns hin und her. Kein Wunder, Mal kannte sie. Aber Lily war sie noch nie begegnet. Kapitel 21 ---------- Im Endeffekt verbrachte ich die zwei Tage wirklich bei den Wölfen, auch wenn Oma wollte, dass ich mich einmal am Tag bei Maleika meldete - pünktlich zum Mittag. Gefundenes Fressen für sie, denn schon wusste meine gesamte Klasse Bescheid. Verfluchtes Internet! Aber ändern konnte ich es sowieso nicht mehr, also hatte aufregen auch keinen Sinn mehr. Dafür fand Ann am Sonntag 21 Mitteilungen auf dem Anrufbeantworter des Telefons, weil jeder dieser Kindsköpfe seinen Senf dazu geben musste. Nur leider war ich genauso und hätte mit Freuden mitgemacht. Ansonsten? In der Schule wurde es zunehmend ruhiger. Unser Bardentum-Lehrer zwang wirklich jeden dazu, sein Liedchen zu trällern, egal wie schief. Beim ersten Mathe Test rasselte ich glatt durch - wie erwartet. Der Lehrer war richtig bestürzt deswegen. Es dauerte mich die ganze Pause, ihn wieder halbwegs aufzubauen. Der Geschichtsunterricht war zum ersten Mal wirklich interessant, was Frau Lonley richtig freute. Ganondorf schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, jeden von uns mal gegen jeden antreten zu lassen. Außerdem meckerte er nicht mehr so viel über die langsam besser werdende Kondition Einiger. Einige Duelle waren ganz lustig mit anzusehen. Miriam und Scath zum Beispiel. Sie weigerten sich strickt, die Klingen gegeneinander zu erheben. Das ging so lange, bis Ganondorf entnervt aufgab und Beide noch ein paar Extra-Runden um den Platz jagte. Irgendwie hatte es sich herauskristallisiert, dass ich immer als Erster auf den Platz sollte. Nicht dass es mich störte, aber seltsam war es schon. Als wir endlich mit diesem seltsamen Turnier durch waren, besah er sich unsere Klasse. “Genau darum bin ich gegen diese Klasseneinteilung.” Wir sahen ihn alle verwirrt an. Was meinte er damit? Zu meiner Verblüffung erklärte er sich sogar: “Einige von euch sollten speziell gefördert werden. Stattdessen werden sie von denen ohne einen Hauch Talent ausgebremst.” Es waren die Selben wie immer, die sich über diese Worte aufregten. Ganz vorne waren Dorian und Theska. Ganondorf holte tief Luft, wobei Scath und ich schon mal vorsorglich unsere Ohren schützte. Eine gute Idee, wie es sich nur Bruchteile einer Sekunde später zeigte. “BESTREITET ES NICHT!” Könnte mal jemand eine Stecknadel fallen lassen, um die Stille zu verdeutlichen? “Einigen von euch hätte ich nie eine Waffe in die Hand gedrückt. Aber ändern kann ich daran nichts.” Seine stechenden Augen wanderten erneut über uns. “Positiv muss ich erwähnen, dass vier von euch dicke mit den Sechstklässlern mithalten können.” Ein Lob? “Ach und wer?” leider konnte ich aufgrund meines Schocks nicht ermitteln, von wem das gerade kam. “Dämliche Frage.” dafür war das eindeutig Miri. “Zelda, Scath, Link und Finn.” Ganondorfs Nicken verwirrte mich nur noch weiter. Kapitel 22 ---------- Griesgrämig sahen Zelda und Miriam aus dem Fenster bis sie synchron seufzten. Miri sprach aus, was unsere gesamte Klasse dachte: “Mistwetter.” Sogar ich musste ein Stück weit zustimmen. Es regnete seit gestern Abend wie aus Kübeln, sodass es selbst unserem Klasseneigenen Zora zu viel wurde. “Zum Glück haben wir eine große Sporthalle.” Ich sah auf. “Irgendwie bezweifle ich, dass Gerodu uns da heute rein lässt.” Schon sahen mich beide Mädchen plus Scath an. Mein Bruder war es auch, der zischte. “Beschrei es nicht noch.” “Jetzt hab dich nicht so.” Ich wank ab. “Du weißt, wir haben es für diese Jahreszeit ungewöhnlich warm. Es sind 20°C, nur eben etwas nass.” Man bedenke das ´etwas´. Aber Miri regte sich schon wieder auf. “Der kann uns doch bei dem Wetter nicht rausjagen!” “Willst du darauf wetten?” So nahm ich ihr für gewöhnlich den Wind aus den Segeln. Heute aber nicht, denn sie hielt mir ihre Hand entgegen. “Üblicher Einsatz.” “Du wirst verlieren.” Trotzdem schlug ich ein. Zelda runzelte über unser Verhalten die Stirn. Aber wir ließen sie machen. Wir mussten sowieso durch den strömenden Regen, um zu den Umkleiden zu gelangen. Das Wasser war wirklich nicht so kalt, durchaus zum Aushalten. Dass unsere Mädchen das anders sahen, verstand ich natürlich. Bei den Umkleiden angekommen, hielt ich sofort nach unserem Lehrer Ausschau. Ganondorf kam tatsächlich gerade in unsere Richtung. Allerdings blieb er kurz vorher stehen und schloss das Lehrerzimmer auf. Sofort rannte ich auf ihn zu. Ich sah ihm förmlich das ‘Auf den Gängen wird nicht gerannt’ an, aber ich war einen Tick schneller. “Drinnen oder Draußen?” Schon hörte ich Theskas liebreizende Stimme brüllen: “Drinn natürlich! Was denn sonst?” Das nicht beachtend, wartete ich lieber auf eine richtige Antwort. Ganondorf knurrte leise vor sich hin, aber seine Stimmeklang sehr gefasst, als er mir antwortete. “Unter diesen Umständen selbstverständlich Draußen.” Er war leise genug, dass der laute Rest ihn nicht hörte. Ich war noch nie gerne Bote. Miri sah mich hoffend an, als ich zu den Anderen zurück ging. “Und?” “Bedank dich bei Theska.” Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. “Dank ihrem unermüdlichen Einsatz gehen wir entgegen dem Plan nach draußen.” “Ich bring sie um!” Doch ich hielt Miri lieber fest. “Denk daran, kein Mord auf dem Schulgelände, oder du musst dich mit Gerodu rumärgern.” “Verdammt!” In der Umkleide sahen mich einige der Anderen fragend an. Als ich in Richtung Fenster nickte, drangen mehrere entnervte Seufzer zu mir. Scath schloss seine Schuhe gleich mir ein und da ich genauso handelte, bekamen wir wieder mal einige seltsame Blicke zugewandt. Ich öffnete zusätzlich meine Haare, nur um sie noch mal richtig fest zu flechten. Hoffentlich würden sie nachher nicht so dreckig sein, wie ich erwartete. Irgendwie fand ich es lustig, dass sich einige noch zusätzlich eine Jacke anzogen. Das war bei dem Wetter doch wirklich nicht produktiv. Kentin riss mich aus meinen Gedanken, als er mich ansprach. “Wollt ihr das wirklich barfuß machen?” “Gegenfrage.” Ich grinste ihn an. “Sollen wir uns die Schuhe unnötig einsauen?” Seinem Gesichtsausdruck nach hatte er diesen Standpunkt nicht erwartet. Synchron schlossen Scath und ich unsere Schwertgurte und anschließend unsere Spinde. Das war einer der wenigen Momente, wo man uns die Zwillinge wirklich abnahm. Täuschte das, oder war der Regen noch stärker geworden? Bestimmt täuschte ich mich, da sich niemand darüber aufregte. Anders als sonst wartete Ganondorf schon auf uns. Klitschnass und durchgeweicht. Niemand wagte ein Wort zu sagen. Wer wusste schon, wie er reagieren würde. Sein Blick wanderte über uns, dabei nahm er Stirnrunzelnd unser fehlendes Schuhwerk zur Kenntnis. “Da ihr ja unbedingt nach draußen wolltet, brauch ich mir ja nichts anderes ausdenken.” Einige waren verwirrt, während Miriam versuchte Theska allein durch ihre Blicke umzubringen. Ich hingegen musste aufgrund der teilweise dämlich Gesichter grinste. Und schon wurden wir über den Platz gejagt. Kapitel 23 ---------- Fürs Protokoll: Obwohl wir alle nicht mehr ganz unsere Original- Farben trugen, trieben es einige wirklich auf die Spitze. Durch den Regen war der Boden so rutschig, dass mehr als die Hälfte von uns mindestens einmal im Schlamm lag. Einige waren so einheitlich, dass man sie nur noch anhand ihrer Stimme auseinander halten konnte. Ganondorf sah kurz über uns, bis er auf einige von uns deutete und dabei zählte. “Eins.” Zelda. “Zwei.” Finn. “Drei.” Ich “Vier.” Scath. Mit einem Fingerzeig scheuchte er uns auf den Platz. Wir sahen uns verwirrt an, taten aber wie gehießen. Kurz schien Ganondorf zu überlegen, bevor er mit “Fünf und Sechs.” auch noch Miri und Kentin zu uns herüber schickte. Unsere erwirrten Gesichtsausdrücke wurde nicht besser. “Gegen den Rest.” Unsere Mädels waren geschockt. Ich hingegen musste grinsen. “Riko gehört mir.” Und brachte damit Kentin zum Glucksen. “Dir macht das Spaß, hm?” “Aber immer.” Finn schüttelte den Kopf über mich, während Miri und Scath sich halten musste um nicht loszulachen. Und Zelda schien sich nicht entscheiden zu können, was sie von meinem Blödsinn halten sollte. Einige des Rests protestierten, wurden aber schnell zum Schweigen gebracht. Mein Blick glitt kurz über die breite Masse, bevor ich tief durchatmete. Das wird tierisch auf die Ausdauer gehen. Und Ganondorf hatte das Magieverbot noch nicht aufgehoben. Niemand unserer Gegner schien zu wissen, was er tun sollte. Bis es mir zu dämlich wurde. Ich zog mein Schwert und hielt es ausgestreckt vor mich. “Was jetzt?” Das Eis brach. Auf jeden Fall war die auf uns zustürmende wütende Masse besser, als nur von allen ängstlich angestarrt zu werden. Zelda gaben einen resignierenden Ton von sich. Bevor ich mich allerdings ernsthaft darüber wundern konnte, erreichte uns die breite Masse. Und los geht’s. Wir sechs hatten eher unbewusst einen Kreis gebildet. Der Erste, der ausbrach war … Ich! Immer mitten rein ins Getümmel. Zwei verloren vor Schreck gleich mal ihre Schwerter. Kapitel 24 ---------- Ja. Das war wofür ich geboren wurde. Für solche Schlachten. Wobei Schlachten übertrieben war. Würde ich es darauf anlegen, hätten wir hier eher ein Gemetzel. Denn so leid es mir für die Anderen auch tat, ich hatte etwas, dass in etwa so viel wert war, wie Talent. Erfahrung. Und das bekamen sie zu spüren. Allein Riko hatte ich bisher mindestens achtmal entwaffnet. Wie lange das jetzt schon ging, wusste ich nicht. Ich hatte nur vor einer Weile mitbekommen wie Raven - ein Hyrulaner mit brauchbarer Technik - sich von uns entfernt hatte um anscheinend aufzugeben, wurde aber sofort von Ganondorf zurückgejagt. Manchen ließ unser Lehrer ne Minute zum verschnaufen, schickte ihn trotzdem im Endeffekt wieder zurück. Ein Stoffrascheln hinter mir ließ mich instinktiv springen. In der Luft schlug ich einen Salto und landete auf den Schultern meines Angreifers. Es war Theska. Doch ich war schon von ihr runter, bevor sie auf den Boden aufschlug und rannte Miri zu Hilfe. Zwei Jungen entwaffnend, schnappte ich mir die Dolche und warf sie meiner zukünftigen Schwägerin zu. Für ein paar Minuten kämpften wir Rücken an Rücken. Dabei übernahm ich die meisten Gegner und Miri konnte sich etwas ausruhen. Dann trennten wir uns wieder uns ich jagte allein durch die Reihen. Nur knapp konnte ich mir ein Jauchzen verkneifen. Kentin kam in meine Sichtweite. Er war genauso wie Finn in seinem Rücken am Schnaufen. Bei Beiden kannte man nicht sagen, ob das Wasser was ihnen übers Gesicht lief, ihr Schweiß oder der Regen war. Egal. Ich fegte durch die Angreifer und grinste meine Teamkollegen an. “Wie geht’s?” “Findest du das immer noch lustig?” Finn wirkte leicht verstört. Zu recht. Denn ich hüpfte wie ein Dreijähriger zum Geburtstag auf und ab. Mein Nicken wurde von einem lauten Pfiff unterbrochen und zog mich ganz auf den Boden zurück. Wir drehten uns alle zu Ganondorf. Einige gingen bei dieser Bewegung zu Boden und würden so bald nicht wieder aufstehen wollen. Kentin war einer von ihnen. “Soll ich brüllen?” Tat er doch gerade. “Kommt gefälligst her!” Kentins Stöhnen ließ mich zu ihm sehen und auch Finn wirkte sehr geschafft. Pfeifend ging ich auf die Beiden zu, packte den Sitzenden an den Schultern und zog ihn mit einem Ruck auf die Beine. “Wo nimmst du jetzt noch die Kraft her?” Ich musste ihn zwar halten, aber Kentin stand. “Ich könnte glatt noch weiter machen.” Dabei musste ich Grinsen, sodass in Hörweite praktisch alle stöhnten. Sie waren offensichtlich nicht gerade meiner Meinung. Bei Ganondorf angekommen, ließ ich meine Kameraden zu Boden rutschen. So drübergekuckt war ich der Einzige, der noch stand. Was solls. Leise vor mich hin pfeifend, wrang ich erstmal meine Haare aus. Währenddessen überflog Ganondorf sein Notizbuch, bis er kurz darauf aufsah und uns musterte. ”Die meisten Entwaffnungen gehen auf Links Konto.” Was mich zu der Frage brachte, ob es hier Überwachungszauber gab die solche Informationen sofort an ihn weiterleiteten. “Die größte zurückgelegte Strecke ebenso und die wenigsten verlorenen Waffen teilt er sich mit seinem Bruder.” Klartext: Scath hatte sein Schwert nie verloren. Ganondorf klatschte die nassen Seiten zusammen und sah finster über uns. “Ihr seit stellenweise im Dutzend auf ihn los. Erklärt mir das!” Dafür gab es doch keine Erklärung… “Der Kerl ist abnormal.” Wie eine Person drehten wir uns alle zu Aslam - unserem Zora. “Ich bin nicht abnormal.” Zumindest nicht in jedem Sinne. “Nur hyperaktiv.” “Glaub ich ungesehen.” Das war Zelda, ganz entgeistert. “Ich habe nicht gefragt, ob mit ihm irgendwas nicht stimmt. Ich will wissen, warum ihr selbst in der Gruppe absolut nichts gebacken kriegt!” Uups… Na egal. Er hatte sich ja nicht auf mich eingeschossen. Stille. Immer noch Stille. Wollt ihr euch mal rechtfertigen? Grillenzirpen. Fünf Minuten später - Ganondorf hatte jeden noch mal in Grund und Boden gestarrt - seufzte er. “Ich würde am Liebsten alles hinschmeißen. Aber nein, ich Rindvieh musste ja unbedingt Lehrer werden.” Das kam jetzt unerwartet. Keine Angst. Sein Genuschel konnten die Meisten nicht einmal hören, geschweige denn auseinander pflücken. Ganondorfs Blick wanderte zu mir und fixierte mich. “Und warum bist du nicht wenigstens erschöpft?” “So schlimm war es doch heute nicht.” Ich zuckte mit den Schultern. “Ich frage mich eher, warum wir schon aufhören sollten.” Einheitliches Stöhnen um mich herum. “Weil ich keine Lust habe, dem Direktor zu erklären, warum wir überziehen.” “Ist es schon so spät?” “Ja.” Da hatte ich mich ja gehörig in der Zeit verschätzt. Ich dachte, wir hätten gerade Halbzeit. Tja. An der Sonne konnte ich mich gerade nicht orientieren und meine Armbanduhr hatte ich das letzte Mal in den Sommerferien gesehen. Ganondorf beobachtete mich immer noch. Mir kroch es eiskalt den Rücken runter. Sein Blick fiel auch schon einigen Anderen auf, als er endlich einen Ton von sich gab. “Na los. Verschwindet schon.” Aber selbst als Erster weg sein. Ich schlenderte langsam auf meinen Bruder zu, der als einer der Ersten wieder stand.” “Link, das war unnötig.” Scath sah mich mehr sauer als erschöpft an. “Was hab ich denn jetzt schon wieder angestellt?” “Fragst, warum wir schon aufhören sollen. Ha ha.” Die Augen verdrehend blieb mir nichts anderes übrig als zu antworten. “Als ob dich die Einheit heute so groß gestört hat.” “Ich mag ja etliches aushalten, aber das kann eben nicht jeder.” “Seh ich.” Mein Blick glitt über unsere Klassenkameraden. So nach und nach kamen die Jungs mehr oder weniger auf die Beine und verschwanden in Richtung Feierabend. Scath griff nach meinem Arm und dirigierte mich ebenfalls zu dem Gebäude. “Na los. Ansonsten verpassen wir unseren Bus.” Das war natürlich ein Grund. Doch kaum hatten wir die Umkleide betreten, blieb zumindest ich stehen. Einige unserer Spezialisten hatten innerhalb von den paar Minuten die komplette Umkleide in das pure Chaos verwandelt. Und nebenbei erklang aus der Dusche ein Radau, heilige Din. Anscheinend prügelten sie sich um die etwas kargen Kabinen. Das würde zumindest Finns total genervte Anwesenheit erklären. Kopfschüttelnd stapfte ich zu meinem Spind und holte meine Sachen heraus. “Ich geh zu den Mädchen.” “Wa…” Scath sah mich kurz sprachlos an, bis er plötzlich nach meinem Arm griff. “He, Stopp mal! DU kannst doch nicht einfach bei denen duschen!” “Warum nicht?” Ernsthaft. “Wenn sie was dagegen haben, werden sie es schon sagen.” “Link! Ach verdammt!” Und schon krallte mein Bruder sich seine Sachen und rannte mir hinterher. Bei den Mädchen klopfte ich, wartete ein paar Sekunden bevor ich die Tür öffnete und den Kopf reinsteckte. Tatsächlich war unsere gesamte Damenwelt anwesend. Nicht schwer, bei drei Vertretern. “Hey. Habt ihr was dagegen, wenn Scath und ich hier duschen?” Sofort erhellte sich Miris Gesicht. “Unter den Umständen nicht.” Zelda - nur in ein Handtuch gewickelt - gluckste. “Das glaubt mir doch keiner.” Sie grinste mich an. “Na meinetwegen.” Theska starrte mich nur mit offenem Mund an. Diese Stille zu meinem Gunsten interpretierend, trat ich mit meinem Bruder an den Fersen ein. Meine Sachen landeten geschlossen auf der Bank. Den Mädchen drehte ich den Rücken zu, bevor ich mir mein Shirt über den Kopf zog. Zeldas und Miris Kichern entfernte sich und kurz darauf erklang ein Rauschen aus der Dusche. Fast zeitgleich schlug eine Tür zu. Verwirrt sah ich auf und stellte fest, dass Theska nicht mehr da war. Nicht mein Problem. Im Duschraum musste ich mir auf die Zunge beißen, um nicht zu lachen. Scath hatte sich einfach zu Miri gesellt. Irgendwie waren die Beiden schon niedlich. Unter der Dusche stellte ich als Erstes fest, dass ich mehr Erde als erwartet in meinem Zopf gesammelt hatte. Super. Erst als ich wieder sauber war und gerade meine Haare entknotete, hörte ich sehr nah ein geschocktes Einatmen. Ein Blick reichte, um die Quelle zu offenbaren. Zelda stand plötzlich nebenan und starrte mich an. Nicht, dass es mich groß störte, aber: “Verbietet dir das deine gute Erziehung nicht?” “Welche Erziehung?” Auch gut. Sie griff über die hölzerne Abtrennung und berührte meine Seite, genau an der Narbe. “Wo hast du die her?” “Ich möchte nicht darüber reden.” Damit drehte ich mich etwas von ihr weg. Schlechte Idee, denn jetzt sah sie auch die zweite Narbe. “Geht die Verletzung durch?” “Ja.” Göttin, das tat schon seit Jahren nicht mehr weh. “Aber..” “Lass es Zelda.” Ja, Miri kannte meinen Dickkopf. “Ich krieg nicht mal aus Scath raus, was da passiert ist.” “Zu seinem Glück!” Dabei funkelte ich meinen Bruder warnend an. Nicht, dass es so wichtig wäre. Es war eher peinlich. Scath selbst hatte damals ebenfalls eine Narbe davongetragen. Keine zwei Zentimeter lang direkt unter seinem linken Auge. Nur war diese Verletzung schon sehr stark verblasst und fast nicht mehr zu sehen. Zeldas besorgten Blick spürte ich immer noch auf der Haut, bis sie sich in ihr Handtuch wickelte und in die Umkleide verschwand. Ich atmete noch einmal durch, bevor ich weiter meinen Kamm schwang. Mein Gefühl sagte mir, dass Zelda es nicht auf sich beruhen lassen würde. Neugierde war von ihr erfunden wurden. Als Letzter kam ich aus der Dusche, hatte immerhin am Schlimmsten ausgesehen. Scath zog Miri in einen langen Kuss, als ich mich anzog. Das war bei ihr auch besser so. Dieses Mädchen hatte ihre Augen überall, aber zum Glück nur diese. Angezogen drehte ich mich wieder zu den Anderen. Zelda sah mich immer noch besorgt an. Doch Scath unterbrach diese Fragerunde gleich zu Beginn. “Los jetzt, ab ins Wochenende. Ansonsten verpassen wir noch unseren Bus.” War ich auch der Meinung. Schon in der Tür blieb ich wieder stehen. Ganondorf stand an der Wand gelehnt da und starrte uns an. Theska zitterte neben ihm. “Seit ihr hier nicht falsch?” Ich blinzelte kurz, bevor ich antwortete: “Wo sollten wir sonst sein?” “Zumindest nicht in der Mädchen- Umkleide.” brachte er seinen Standpunkt dar. “Wenn Sie wüssten, wie es bei uns zugeht, würde Sie gar nichts mehr wundern.” Mein Standpunkt. Und Ganondorf zog die Augenbrauen zusammen. Diese Info war ihm wohl neu. “Wartet hier.” Und weg war er. Keine 10 Sekunden später dröhnte seine Stimme durch den Gang: “ICH GLAUB, IHR SPINNT! WAS GLAUBT IHR, WER IHR SEIT? KEINER VON EUCH GEHT, BEVOR HIER NICHT WIEDER KLAR SCHIFF IST! WENN ES SEIN MUSS, PUTZT MIT EUREN ZAHNBÜRSTEN!” Es rumste - ich wettete die Tür splitterte - bevor er wutentbrannt wieder in unsere Richtung gestapft kam. Vorsichtshalber hielt ich die Klappe und meldete mich sogar. Erst auf sein Nicken hin sprach ich: “Mindestens Finn und Aslam sind nicht mit für das Chaos verantwortlich.” Scath trat resignierend neben mich und zählte noch ein paar Namen auf die noch draußen waren als wir ins Gebäude gingen und damit ebenfalls unschuldig waren. Ganondorf nahm es nickend zur Kenntnis. Dann erst deutete er auf Theska. “Was war das mit ihr?” Ich zuckte mit den Schultern. “Sie hat mit keinem Ton verlauten lassen, dass unsere Anwesenheit ihr unangenehm war.” Kurz musterte er mich, bevor er wieder zu der Schwarzhaarigen sah. “Los jetzt, oder willst du krank werden?” Kaum war sie weg, sah er wieder zu uns. “Ab nach Hause mit euch.” Scaths Genuschel kam gerade noch bei mir an. “Falls wir unseren Bus noch kriegen.” “Unwahrscheinlich.” Mein Kopf ruckte knackend in Ganondorfs Richtung. “Wegen dem Regen fährt schon seit Stunden nichts mehr.” Also laufen. “Ich schlafe bei euch.” und Miri anscheinend auch. Einen Sprint und wir waren zumindest wieder im Hauptgebäude. “Da seit ihr ja!” Unsere kleine Schwester stand am Rand des Ganges und wank mit vollem Körpereinsatz. Neben ihr hielt sich lachender Weise ihre Gerudofreundin auf. Wir schlossen zu ihnen auf, während Zelda ein paar Schritte weiter ging um zu telefonieren. Apropos: Wo war eigentlich mein Handy? “Schlechte Nachrichten, Jungs.” Und so sah Ann auch aus. Sie hatte noch nie unseren Bewegungsdrang geteilt. “Wir freuen uns auch schon auf unseren Spaziergang.” offenbarte Scath unseren Wissensstand. Ich hingegen drehte mich zu Anns Freundin. “Kommst du nach Hause?” “Jap.” Dazu nickte sie. “Mein Onkel, bei dem ich auch wohne, nimmt mich immer mit.” Oh oh. “Dein Onkel heißt nicht zufällig Gerodu und unterrichtet Ritterkunst in der Vierten?” “Du kennst ihn?” Leise murrend massierte ich mir die Schläfen. “Er ist unser Lehrer.” Seufzend sah ich wieder zu ihr. “Ich bezweifle, dass er die nächsten zwei Stunden Zeit hat. Eher noch später.” Auch Ann beugte sich zu mir um mitzuhören. “Ein paar unserer Spezialisten haben in der Umkleide ein Chaos hinterlassen, wie eine Herde Drachen im Porzellanladen.” Schon kramte sie nach ihrem Telefon. Dafür fluchte Zelda plötzlich, dass jeder Pirat vor Neid erblasst wäre. “Zel?” Nicht nur Miri sah sie irgendwie geschockt an. “Väter! Ne Erfindung, die die Welt nicht braucht! Warum hat der Kerl ein dutzend Angestellte, wenn man nicht einmal die erreicht?” Problem erklärt. Da das Gekeife weiter ging, klaute ich ihr einfach das Handy und tippte darauf herum. Es dauerte etwas, da ich mich zeitgleich gegen sie wehren musste, doch ich gab es ihr wieder. “Link!” Sie war nicht gerade leiser geworden. “Was sollte das?” “Nur die Information, dass du zu ein paar Freunden gehst.” Ich sah sie an. “Oder willst du hier versauern?” Zelda sah mich regelrecht geschockt an, bis sie sich zu Scath drehte. “Macht der das immer?” “Nö.” Nicht? “Nur bei denen, die er mag.” Na gut, stimmt wohl. Und wieder sah sie zu mir. “Sollte ich irgendetwas wissen?” “Bitte verzeih, dass ich bei Freunden keinen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen mache.” “Gut.” somit verwirrte sie sogar mich. Erinnerte sie sich doch daran, dass ich ihr mal einen Korb gegeben habe? Und mir dabei den halben Palast zum Feind gemacht habe. Der Rest hatte nicht wirklich mitbekommen, worum es ging. Unsere kleine Gerudo - Memo na mich: In Erfahrung bringen, wie sie heißt - mischte sich kleinlaut ein: “Würdet ihr noch jemanden Asyl gewähren?” Kapitel 25 ---------- “MALEIKA!” Vor Schreck schnitt ich mir fast den Finger ab und wurde prompt von Oma aus der Küche gescheucht. Blutkartoffeln passten ihrer Meinung nach nicht zu den Filets. Diese Ansicht teilte ich sogar. Mit dem Finger im Mund - ihn dabei heilend - trabte ich in die Wohnstube. Hm … ich war nicht anwesend und das Chaos war ausgebrochen. War das ein schlechtes Zeichen? Mal hatte sich wohl die Hausaufgaben von Annira und Nani geschnappt und saß jetzt damit auf unserer Schrankwand. Zum Glück konnte ihr kleiner Bruder noch nicht fliegen. Den da wieder runter zu kriegen wäre um einiges schwieriger. Mein eigener Bruder saß nur daneben und amüsierte sich über die Szene. Ich trat lieber zu Zelda um meine Frage loszuwerden: “Will ich wissen, was passiert ist?” “Wahrscheinlich nicht.” Kurz begutachtete ich meine neuste Verletzung. Da sie aber schon nicht mehr blutete, half ich lieber meiner Schwester. “Sei ein braves Vögelchen und rück die Hausaufgaben wieder raus.” “Link, ich hasse dich!” Was kein Wunder war. Wenn ihr mal ne todsichere Methode braucht, um einen Orni zum ausrasten zu bringen, nennt ihn Vögelchen. Nur solltet ihr entweder teleportieren können oder euch in einem drachensicheren Raum befinden. Ein richtig wütender Orni vergaß zudem meistens, worum es gerade ging. Ich kannte Maleika gut genug, um zu wissen, wie sie reagierte. So traf ihr Angriff ins Leere und ich konnte versuchen, sie wieder zu beruhigen. Ich griff nach einer der Federn, die sie verloren hatte und strich ihr damit immer wieder über den Schnabel. Es dauerte keine fünf Minuten und sie war zahm wie ein… Vögelchen. Nani sah dem Ganzen mit offenem Mund zu, während Scath auf Anns und Miris Drängen hin die Hausaufgaben vom Schrank holte. Maleika weiter beschäftigend, sah ich wieder zu Zelda. Sie sah genauso verwirrt wie Nani aus nur dass sie noch zusätzlich den Kopf schüttelte. Glucksend befestigte ich die Feder mit einer Spange in meinen Haaren. Ann würde sie später konfiszieren und sie als Schreibgerät verwenden. Und Mal kam wieder zurück in die Realität. Blinzelnd sah sie sich um und kratzte sich aufgrund der Blicke am Kopf. “War was?” Schon explodierte der Raum vor Lachen. Selbst der Kleine lachte mit, obwohl er mit seinen knapp drei Jahren bestimmt nicht verstand, worum es ging. Ein Geräusch ließ mich fast zeitgleich mit meinen Geschwistern verstummen. Erst als auch der Rest leiser wurde, konnte ich es zuordnen. Es klingelte an der Tür Sturm. Als ich mich umdrehte, griff Ann nach der Feder und zog diese zu sich. Langsam ging mir das Klingeln auf die Nerven. Laut “Komme schon!” rufend, rannte ich zur Tür, krachte noch fast dagegen und öffnete sie endlich. Sofort verschlug es mir die Sprache. Ganondorf stand vor mir und musterte mich gerade seltsam. Alles Andere hätte ich als komisch empfunden. Ich trug mein einziges schwarzes Kleidungsstück. Ein Shirt, etwa drei bis vier Nummern zu groß und mit einem großen tränenden blutroten Auge vorne drauf. Der Verkäufer hatte noch nie von den Shiekah gehört. Und als Bonus hatte ich noch meine Haare offen gelassen, damit sie besser trocknen konnten. Zurück gehalten wurden sie nur von einigen von Anns Spangen. “Abend.” brachte ich gerade so heraus. “Abend.” er blinzelte, scheinbar löste er sich damit von meinem doch etwas ungewöhnlichem Auftreten. “Ich muss mit deinen Eltern reden.” Meinte der das Ernst? Anscheinend. “Die Straße runter. Dritte Straße rechts bis zum Ende. Dort die vierte Reihe links fast am Wall.” Tatsächlich sah Ganondorf die Stirn runzelnd in diese Richtung. “Wo schickst du mich gerade hin?” “Zum Friedhof.” Ich zuckte mit den Schultern. “Sie haben gefragt.” Manch einen Erwachsenen hatte ich damit schon auf nimmer Wiedersehen verscheucht. Vor allem Vertreter. Er schüttelte den Kopf. “Dann irgendeinen anderen Erziehungsberechtigen.” Ich trat zur Seite, um ihr herein zu lassen. “Das ist etwas anderes.” Er erwiderte nichts, sondern kam herein. Ich brachte ihn am Wohnzimmer vorbei - wo es gerade krachte - direkt in die Küche. “Oma?” “Nein. Einmal recht.” Sie hatte das Klingeln nicht gehört. “Mit der Lautstärke nebenan nehme ich kein Messer mehr in die Hand.” Als ob ich Lebensmüde wäre. “Nanis Onkel möchte mit dir reden.” “Meine Nichte ist hier?” Schon sah ich ihn verdattert an. “Natürlich. Wussten Sie das nicht?” “Sie wollte sich melden, wenn ich sie abholen soll.” Das war eine neue Information. Oma stand plötzlich neben mir und griff nach meiner Hand. Sie begutachtete akribisch meine Verletzung, die schon fast verschwunden war. Nickend ließ sie mich wieder los und scheuchte mich mit einem Handwink hinaus. Aufgebend gesellte ich mich wieder zu den Anderen. Sofort hatte ich einen grünlichen Fellball am Bein hängen. “Link, hoch.” “Ich sehne den Tag herbei, an welchem du fliegen lernst, Haruma.” Trotzdem nahm ich ihn hoch und setzte ihn an meine Hüfte. Zufrieden klammerte er sich an mich uns sah sich um. Maleika war in dem Alter genauso versessen gewesen, hochgenommen zu werden. Wie jedes andere Ornikind auch. Mit dem Knirps auf dem Arm lehnte ich mich an den Tisch, sodass Nani zu mir sah. “Dein Onkel ist hier.” Es krachte erneut. Dieses Mal war es Scath, der sein Alt - Hyrulanisch - Lehrbuch hatte fallen lassen. “Ne jetzt oder?” “Doch. Und da er über ihre Anwesenheit recht verwundert war, frag ich mich, was er hier will.” Augenblicklich wurde Scath noch weißer, als er so schon war. “Bitte sag, dass er Oma sprechen wollte.” “Nö.” Ich pustete Haruma durch die Federn und brachte ihn somit zum Kichern. “Aber er hat es sehr schnell mitbekommen.” Wimmernd ließ sich mein Bruder weiter ins Sofa sinken. “Wieso?” Zelda wirkte nicht so, als ob sie auch nur ein Wort verstanden hatte. Seufzend sah ich zu ihr. “Zel, jeder der zu unseren Eltern will, den schick ich auch dahin. Ich kann doch nichts dafür, dass viele nicht wissen, dass wir Waisen sind.” Auch Nani sah mich entsprechend geschockt an. “Du schickst sie zum Friedhof?” Ich nickte nur. “Sorry Link, aber das ist krank.” “Das kapiert der doch sowieso nicht.” Scath sah mich sauer an. “Der hat selbst unsere Großeltern unvorbereitet da hin geschickt.” “Nicht mein Problem, wenn die sich nicht einmal vorstellen können.” Und bei diesem Standpunkt würde ich auch bleiben. “Hast du?” Zelda sah mich zweifelnd an. “Hab ich.” Stand dazu und würde es jederzeit wieder tun. Ich hatte die Beiden sowieso nie gemocht. Zelda zog kurz an meinen Haaren. Seufzend drehte ich mich wieder zu ihr. “Was ist eigentlich mit deinen Hausaufgaben?” Glucksend sah ich aus dem Augenwinkel zu Miri. “Keine Angst. Meine liebe Schwägerin hat sich bereit erklärt, mir bei Mathe zu helfen.” Schon beugte ich mich zur Seite und wich damit einem Kissen aus. Es schepperte schon wieder. “Verdammt noch mal! Hör auf auszuweichen, du liebesresistentes Monster!” “Wenigstens bin ich gegen irgendwas resistent.” Ich streckte ihr die Zunge entgegen. Scath versteckte sich hinter seinem Buch, aber seine knallroten Ohren waren trotzdem gut zu sehen. Das geschah jedes Mal wenn ich Miri als meine Schwägerin bezeichnete. Wobei Ann auch schon auf diesen Zug aufgesprungen war. Neben mir bebten Zelda die Schultern. Als sie sich halbwegs beruhigt hatte, hob sie amüsiert die Augen. “Wie vielen Mädchen hast du schon das Herz gebrochen?” “Äh…” Ich blinzelte in ihre Richtung. “Erwartest du im Ernst, ich habe gezählt? Ich frage mich nur, wie einige auf die Idee kamen ich hätte ihnen Hoffnungen gemacht.” “Oh, komm schon.” Ann grinste mich an. “Wie viele haben schon gedacht, du hechelst Maleika hinterher oder versuchst an Miri ranzukommen.” “Jeder, der keine Augen im Schädel hat.” Ich knurrte leise. “Wenn, dann würde ich auch auf dich stehen.” Zelda und Nani sahen mich geschockt an. Und Maleika hielt sich den Bauch vor Lachen. “Was?” Ich sah zwischen den Beiden hin und her. “Für mich sind Miri und Mal eher wie Schwestern.” Schon beruhigten sie sich wieder. Kapitel 26 ---------- Ich saß schon seit geraumer Zeit mit Haruma vorm Kamin und blätterte mit ihm ein Bilderbuch für Leseanfänger durch. Wenn das so weiter ging, würde ich ihm noch vor seiner Schulzeit das Lesen beigebracht haben. Da öffnete sich die Tür und Oma kam herein. “Link, was hast du jetzt schon wieder angestellt?” “Bin unschuldig.” Bitte das Denken wieder einschalten. Dankeschön. “Aber worum geht es überhaupt?” “Heute in der Schule.” Meine Gedanken rasten. “Was konkret? Das in Magie? Oder meinst du Mathe?” Ich war leicht überfragt. “Ich frag gar nicht erst nach Mathe.” Gut so. Ich hatte keine Lust durchzukauen, wie lange dieser Lehrer gebraucht hatte zu kapieren, dass ich zu blöd für Taschenrechner war. “Aber Magie?” Hier zuckte ich mit den Schultern. “Ehrlich gesagt, ich weiß nicht was Frau Xia wollte.” Dafür aber anscheinend Zelda. “Link. Du solltest erklären, warum es unmöglich ist, mit Magie eine Flamme einzufrieren.” “Ja und?” Ich war mir keiner Schuld bewusst. “Du hast diese verdammte Flamme eingefroren!” Sie wirkte nicht gerade wie eine Prinzessin, wenn sie hier so rumkrakelte. “Ich versteh das Problem trotzdem nicht.” Unmöglich gab’s nicht. Omas Glucksen lenkte mich von Zelda ab. “Genau genommen meinte ich Ritterkunst.” Verdattert sah ich sie an und begann zu überlegen. Ganondorf hingegen schien mit Kopfschmerzen geplagt zu sein. “Der Einsatz von Magie?” “Wann hast du bitte Magie eingesetzt?” Offensichtlich war Ganondorf nicht deswegen hier. “Als Theska mich von hinten angriff, so kurz vor Schluss.” Ich strich Haruma durch die Federn. Er hatte Angst vor dem großen dunklen Mann. “Ich enttäusche sie nur ungern, aber selbst ich kann aus dem Stand keine dreieinhalb Meter hoch springen.” Omas Belustigung stieg noch weiter an. “Nein Link. Es geht um das, was du nach dem Unterricht angestellt hast.” Jetzt war ich überfragt. Schien aber der Einzige zu sein. “Dusche?” versuchte sie es noch einmal. “Wieso angestellt? Ich habe doch nur gefragt.” “Nur fühlte sich Theska deswegen angriffen.” Endlich rückte Ganondorf mal mit der Sprache raus. “Dann soll sie es sagen und nicht tonlos vor sich hin starren.” Das hatte mich vorher schon genervt. “Du sagst also, dass es ihre eigene Schuld war?” “Ja.” “Ich gebs auf.” Hey! Ich hatte - wenn auch auf ungewohnte Weise - gegen den Todbringer gewonnen! Und es lebten noch alle! Omas Blick glitt kurz zur Uhr, bevor sie laut in die Hände klatschte. “Was soll’s. Es gibt Abendbrot.” “Nani?” Ganondorf sah nach seiner Nichte. “Kommst du?” “Was soll das denn?” Oma würgte gleich die junge Gerudo ab. “Sie sind natürlich eingeladen, Wenn Sie schon mal da sind.” “Danke für das Angebot, aber das kann ich nicht annehmen.” “Ach papperlapapp.” Ich schob diese Diskussion leicht in den Hintergrund und sah zu Nani. Sie packte gerade ihre Tasche und war schon fast abmarschbereit. Haruma wieder an meine Hüfte setzend, trat ich zu dem Mädchen. “Sorry. Onkel Ganon lässt sich nicht wirklich leicht umstimmen.” “Oma gewinnt trotzdem.” Anns Meinung war nicht aus dem Raum gegriffen. “Sie hat bisher noch jeden überredet.” Ich konnte förmlich sehen, wie es Scath kalt den Rücken runter lief. Ihm war unser Lehrer immer noch suspekt. Aber ich teilte Anns Ansicht. Oma umzustimmen war praktisch unmöglich. Ich hatte es schon vor Jahren aufgegeben. Und wirklich. Keine fünf Minuten später hatte Ganondorf gegen seinen Willen zugestimmt. Noch während der Diskussion hatte ich Haruma auf Zeldas Schoß gesetzt und mit Mal und Ann begonnen den Tisch zu decken. Nani sah immer noch ungläubig zu ihrem Onkel. Kapitel 27 ---------- Omas Vermutung - “Sie sind doch bestimmt ein guter Esser.” - hatte sich mehr als nur bewahrheitet. Mich wunderte es nur nicht, weil ich auch schon Gerudo Männern begegnet war, die nicht (!) Ganondorf hießen. Die hatten alle vierdimensionale Mägen. Die drei Damen meines Alters hatten die Köpfe zusammen gesteckt und nahmen irgendeinen aktuellen Modetrend auseinander. Scath und ich hielten uns lieber raus. Währenddessen ließ sich Nani tatsächlich von Ann erklären, wie man einen Apfelkuchen backte. Und Oma quetschte Ganondorf über unseren Unterricht aus. Hätte ich nicht Haruma auf dem Schoß, ich würde verzweifeln.. Waren denn Scath und ich die einzigen Normalen hier? Als Ganondorf schon vollkommen entnervt seinen Kopf abstützte, hatte ich meine Antwort. Auch er war normal. Frauen… In solchen Momenten war ich froh, nie geheiratet zu haben. Das Nonstop über Dekaden hinweg ist doch nicht zu ertragen. Und dann auch noch über mehrere Leben? Gruselige Vorstellung. Da versuchte ich doch lieber einem Dreijährigen das Lesen beizubringen. Scath stupste mich leicht an und sah dann direkt zu mir. Ich konnte nur nicken. Wir wollten hier weg! Und prompt bot sich uns die Gelegenheit. Ein Geräusch ließ uns aufsehen. Da auch Ann ihr Gespräch plötzlich unterbrach, täuschten wir uns nicht. Nur Sekunden später hatten wir die komplette Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Und es war ruhiger. Jetzt hörte man nur noch den Regen, den Wind und den Donner. Bis ein Heulen zu mir drang, das eindeutig nicht vom Wind kam. Stirnrunzelnd setzte ich Haruma zu seiner Schwester, stand auf und trat zum Fenster. Ein erneutes Heulen ließ mich feststellen, falsches Fenster. Mir das Fluchen verkneifend - verdammter Wind - kniete ich mich direkt hinter Ganondorf auf die Arbeitsfläche und stierte nach draußen. Nun doch leise fluchend hüpfte ich wieder runter und rannte aus der Küche. Da ich dabei sowohl die Namen ´Lily´ als auch ´Jay´ verwendete, hörte ich Scath sofort hinterher hetzen. An der Haustür riss ich diese auf und pfiff einmal laut. Sofort kamen die Beiden angerannt und ich ließ sie herein. “Wagt es ja nicht, euch hier zu schütteln!” Auch wenn sie gerade wie begossene Pudel aussahen, so hörten sie auf mich. Zumindest bis Scath mit ein paar Handtüchern ankam. Er übernahm Jay, während ich Lily trocken rubbelte. Im Endeffekt nahmen wir die Zwei hoch. Erstens um auch ihre Pfoten zu trocknen. Zweitens mochte Oma keine Kratzer im Parkett. So mit zwei Wölfen beladen gingen wir zurück ins Wohnzimmer. “Sagt mal, spinnt ihr Beide? Euch bei dem Wetter raus zu trauen, ihr habt wohl einmal zu oft nen Huf abbekommen!” Fast alle sahen mich fragend an, als ich meckernd den Raum betrat. Bis Mal losprustete. Sie wusste genau, wen wir hier rumschleppten. “Wau Wau!” “Nein Haruma.” Ich setzte Lily auf den Teppich, bevor ich das Handtuch zusammenknüllte. “Sitz.” Scath hatte da mit Jay mehr Probleme, der wollte einfach nicht hören. Ich griff ihn am Nacken und hob ihn auf Augenhöhe. “Jay?” “Wiff.” “Nix ´wiff´. Bleib bei Lily, ansonsten setzt ich dich wieder in den Regen.” Damit setzte ich diesen widerspenstigen Welpen zu seiner Mutter. Aber erst als sich die nicht mehr ganz schneeweiße Wölfin um ihren Welpen zusammenrollte, wurde dieser ruhiger. “Mal? Pass bloß auf Haruma auf. Ich trau Lily zu, sie vertilgt ihn zum Abendbrot.” Und ja, das meinte ich ernst. Gerade als ich die Handtücher wegbringen wollte, hörte ich ein leises Klatschen ala Handfläche auf Stirn. Es kam von Miri. “Depp ich. Wölfe!” “Ja, was glaubst du denn? Chihuahuas?” Kopfschüttelnd brachte ich endlich die dreckigen Tücher weg. Durch die offene Tür konnte ich Zelda quietschen hören. “Ihr haltet euch Wölfe als Haustiere?” “Wir halten sie nicht und es sind auch keine Haustiere. Es sind Wildtiere wie der Rest des Rudels auch.” Neben Scaths Erklärung hörte ich Lily leise knurren, aufgrund der Bezeichnung ´Haustier´. Sie verstanden Alle die menschliche Sprache. Nun, zumindest das Wichtigste. “Aber wie…” Zelda fehlten doch tatsächlich die Worte. “Link und ich sind praktisch im Wald hinten aufgewachsen. Die wenigsten Tiere dort haben Angst vor uns.” Ich hörte Scath seufzen. “Die Wölfe haben uns eben von klein auf in ihren Reihen akzeptiert. Lily hier ist sogar mit uns aufgewachsen.” Ich übernahm och im Türrahmen. “Und bevor es jetzt heißt ´Eingriff in die Natur´, sie ziehen keinerlei Vorteil daraus. Wir entflohen sie nur regelmäßig.” “Ach, und das ist kein Eingriff?” Zelda war alles andere als leicht zu überzeugen. “Nö. Das ist nur, weil Oma die Nase voll hatte, uns die Flöhe abzusammeln.” Zum Schock der Mädchen zuckte Scath mit den Schultern. Ne Info am Rande: So ein Floh-Bad ist wirklich nicht angenehm. Erst recht nicht, wenn man da jede Woche reingeschmissen wurde. So lange es nicht gerade Schattenflöhe waren, konnte man das Jucken durchaus aushalten… Ähm, ja. Themawechsel? “Nani?” Danke Ganondorf, was auch immer du gerade willst. “Willst du jetzt noch hier bleiben, oder kommst du gleich mit nach Hause?” Schon klinkte sich Oma wieder ein. “Ach lassen Sie das Mädchen doch hier. Ich bin mir sicher, Nani und Ann haben sich viel zu erzählen.” Tatsächlich sah er fragend zu seiner Nichte und nickte schließlich. “Ich hol dich dann morgen gegen sechzehn Uhr ab.” Hatte er dann bedacht, dass Oma ihn dann zu einem Kaffee zwingen würde? Und ihrem Gesichtsausdruck nach überlegte sie schon, wen sie zum Kuchen backen mit einspannen konnte. Zum Glück war ich nur zum Kleinschneiden von Obst und Gemüse zu gebrauchen… Immerhin reichten meine Kochkünste, um nicht zu verhungern und war damit Scath einen Tick über. Nani war zu meiner vollsten Belustigung ihrem Onkel um den Hals gefallen und nuschelte immer wieder “Danke danke danke.” Seufzend ergab er sich seinem Schicksal. Kapitel 28 ---------- Die Paneele an meiner Decke waren nicht hundertprozentig gerade. Das stellte ich jedes Mal fest, wenn ich auf meinem Bett lag und vor mich hinstarrte. Tendenz steigend. Ganondorf hatte am Samstag mehr als doof gekuckt, als Oma ihn an die Kaffeetafel verfrachtet hatte. Er hatte nicht einmal die Chance gehabt, zu widersprechen. Zeldas Vater war gar nicht aufgetaucht, dafür aber sein Fahrer. Der hatte ehe er sich versah ebenfalls eine Tasse Kaffee vor sic stehen. Leider hatte Ganondorf noch mal erwähnt, dass wir diese Woche einen Klassenausflug ins Museum machen … wollten. Ich hatte es bis zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgreich verdrängt. Warum allerdings ausgerechnet er als Aufsichtsperson mitkam, war nicht bei mir angekommen. Unsere Klassenlehrerin war immerhin Frau Lonley. Aber hey! Besser er als Kretos, dieses Rindvieh welches Integration unterrichtete. Ein leises “Wiff” ließ mich aus meinen Tagträumen schrecken und an mir herunter sehen. Ein blonder Wolf sah mich vorwurfsvoll an. “Na Shade?” Ich begann wieder ihn zwischen den Ohren zu kraulen. Eigentlich war es ein mittleres bis ausgewachsenes Wunder, dass er sich überhaupt verständigen konnte. Er war nicht einmal zwanzig Zentimeter hoch und schon über vierzehn Jahre alt, aber das Gleiche traf auch auf Shadow zu der Scath gehörte. Was die Beiden so besonders machte war, dass es einfache Plüschtiere waren. Oder zumindest waren sie das, als wir sie zu unserem zweiten Geburtstag von unseren Eltern geschenkt bekommen hatten. Leider lebten sie schon nicht mehr, als wir unseren Lieblingen Legen einhauchten. Ein paar ältere Jungs hatten sie uns geklaut und meinten, wenn Shadow und Shade unbedingt zu uns zurück wollten, dann sollten es die Wolfis selber sagen. Ende der Geschichte waren vier zerbissene Arme von drei heulenden Sechsjährigen, zwei dem Mord nahe Mütter und eine Oma, die nicht stolzer auf ihre Enkel sein konnte. Wir hatten damals logischerweise nicht geschnallt, was los war. Aber der hinzugezogene Magier war laut Wächterprotokoll in Ohnmacht gefallen. Seit dem wusste Oma immer sofort, wenn wir mal wieder in Schwierigkeiten steckten. Denn dass machten die beiden ein Ramtam, schlimmer als ein Bär. Ein erneutes “Wiff” holte mich zurück in mein 16-jähriges Ich. Das kam nicht von Shade. Shadow stand an meiner Tür und sah mich direkt an. “Na, du schwarzer Fellball?” Ich musste grinsen. “Na los, hohl schon den Kerl rein der da hinter der Wand hockt.” “Ey!” Scath stieß die Tür auf und lugte herein. “Shadow ist doch kein Fellball!” “Aber schwarz.” Grummelnd stimmte er mir zu, beugte sich zu seinem Knirps um ihn hochzuheben und kam schließlich zu mir herüber. “Was glaubst du, warum er Shadow heißt?” “Du hast ihn benannt, nicht ich.” “Clown gefrühstückt?” “Wenn du schon so fragst, irgendwie war die Wurst heute Morgen seltsam…” Schon ließ Scath das Thema fallen. Stattdessen sah er mich überlegend an. “Ist alles in Ordnung mit dir?” Verwirrt. “Ja klar. Warum nicht?” “Du bist letzte Zeit so nachdenklich.” Etwas, was wirklich nicht alltäglich war, aber: “Wie kommst du darauf?” Du sitzt jetzt das fünfte Mal seit Schuljahresbeginn hier und stierst vor dich hin.” Und das war weit über dem Jahresschnitt. Denn normalerweise musste man mich fesseln, damit ich ruhig liegen blieb. “Weißt du, was ich glaube?” Scath stupfte mir leicht schmerzhaft zwischen die Rippen. “Nicht an die Göttinnen des Triforce.” Ich sah ihn weiterhin an. Wollte ich es überhaupt wissen? Ach schnurz. “Also?” Ich konnte meinem Bruder förmlich ansehen, wie er mit sich rang mir nicht den Hals umzudrehen. Tja, Berufsrisiko. Schnaubend wandte er sich wieder zu mir. “Ich glaube, du bist verliebt.” Noch während ich den Mund aufmachte, ging meine Tür erneut auf und Ann steckte den Kopf herein. “Oh. Scath traut sich, ´Dieses´ Gespräch zu führen.” “Na, du machst es ja nicht.” “Du bist sein Zwilling, also bitte.” “Falls ihr es vergessen habt, ich sitze neben euch.” “Und?” Super. Da waren sie sich wieder einig. “Trotzdem Scath.” Wir Bruder sahen wieder zu Ann. “Daran merkt man, dass du ein Junge bist.” “Was soll das heißen?” Ich stimmte ihm zu. “Ganz einfach.” Ann sah uns grinsend an. “Du glaubst, Link ist verliebt. Ich weiß, dass er verknallt ist. Wahrscheinlich sogar auf den ersten Blick.” Und ich saß Augen rollend daneben. “Na spuckts schon aus.” “Der macht sich lustig über uns!” Scath nickte zustimmend. “Ey!” Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. “Ich habe es weder zugegeben noch abgestritten.” Dabei drehte Shade ihnen den Rücken zu und reckte die Schnauze in die Luft. War immer wieder lustig, wie er auf meinen Gemütszustand reagierte. “Ich möchte einfach nur wissen, wen ihr dieses Mal im Blick habt.” Denn bisher hatten sie noch nie richtig gelegen. Scath räusperte sich. “Also da wären die Klassiker wie Maleika, Maron oder Fafnie. Allerdings glaube ich diese nicht.” Punkt für Scath. “Genauso wie Miriam.” Punkt für Ann. “Als Nächstes hätte ich noch Zelda. Da sie aber von sich aus gesagt hat, dass du bloß nicht auf sie zu stehen hast, hoffe ich dass du dich daran hältst.” Punkt zwei für Scath. “Dann wäre da noch Nani. Sie hat keinerlei Berührungsängste dir oder Scath gegenüber, was mich ehrlich gesagt etwas wundert. Zudem hat sie aus dir herausgekitzelt, was du damals mit unseren Großeltern angestellt hast. Da allerdings ihr Onkel das mitbekommen hat und du gleich auf Abstand gegangen bist, fällt sie wohl auch raus.” Ganondorf wirkte in dem Moment, als ob er einen Mord begehen wollte. Trotzdem Punkt zwei für Ann. “Ich hätte noch Theska im Angebot.” “Ey!” Das war jetzt wirklich das erste Mal, dass ich die Beiden unterbrach. “Klappe und zuhören. Sie ist immerhin die Erste, der du über den Mund gefahren bist und sie auch mehrfach zum Heulen gebracht hast. Es heißt doch schließlich auch, man tut denen am meisten weh, die man liebt. Aber ich bete, dass ich mit dieser Einstellung falsch liege.” Ich beeilte mich, zu nicken. Ob ich das Scath je verzeihen konnte, war fraglich. “Also bleibt nur noch eine Person.” Mein Blick wanderte zu Ann während ich überlegte. Wen hatten die noch nicht erwähnt? “Wobei ich nicht weiß, wie du auf den Trichter gekommen bist.” Scath verwirrte mich nur noch weiter. “O.K. Hört auf mit dem Spiel. Wen habt ihr im Auge?” Meine Geschwister sahen sich kurz an, fixierten mich und antworteten synchron: “Gerodu.” ??? “Er.” legte Scath noch nach. Trotzdem. “Häh?” “Ich glaube, wir haben ihn kaputt gemacht.” Ann stupste mich mehrfach an. “Es gibt für alles ein erstes Mal?” So ganz geheuer war Scath die Sache ni… Mich davon losreißend, schüttelte ich energetisch den Kopf, in der Hoffnung wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Mir wurde schwindlig, aber der Erfolg kam trotzdem. Vollkommen fassungslos starrte ich zwischen den Beiden hin und her. Dass sich der komplette Raum drehte, ließ das Ganze irgendwie bizarr aussehen. “Wie bitteschön kommt ihr ausgerechnet auf IHN?” wobei ich das letzte Wort fast brüllte. “Du hast ihn am Freitag und Samstag fast die ganze Zeit beobachtet.” Um ein Haar hätte ich Ann angefahren, dass es bei dem Todbringer auch besser so war. Stattdessen sprach ich meinen zweiten Gedanken aus. “Hab ich?” “Hast du.” Die Beiden gaben ein besseres Zwillingspärchen ab als Scath und ich. “Punkt zwei.” Scath hielt seine Finger hoch. “Er ist der erste Schwertlehrer, den du noch nicht als ´fachliches Rindvieh´ betitelt hast.” Ich hing an meinem Leben. “Drittens: Du machst alles was er verlangt ohne zu murren.” Mein Leben? “Viertens: Du hast ihn sogar mir gegenüber verteidigt.” Ähm… “Fünftens: Du beobachtest ihn manchmal sogar durchs Fenster.” … “Sechstens: Als er dich und Nani so sauer angesehen hat, wirktest du ganz schön geknickt.” …. “Siebentens: Dir war es peinlich, in deinem schwarzen Shirt vor ihm zu stehen.” Gut, da musste ich Ann zustimmen. “Und als wichtigsten Punkt: Ich habe zwar nicht gezählt, wie oft er dir sein Notizbuch über den Schädel gezogen hat, aber jeden Anderen hättest du schon bei dem Versuch den Hals umgedreht.” Shade hatte sich mittlerweile vollständig unter meiner Decke verkrochen. Würde ich gerade auch am Liebsten. Während ich den Kleinen beobachtete, wurden Scath und Ann zunehmend nervöser. “Komm schon, Chibi.” In jeder anderen Situation würde ich ihm den Hals umdrehen. “Streit es wenigstens ab.” Ich sah erst meinen Bruder und dann mein Schwesterchen an. Beide fühlten sich gerade alles Andere als Wohl. Mein Gehirn brauchte ein paar Sekunden, bis es eine Antwort parat hatte. “Warum sollte ich etwas so offensichtliches abstreiten?” “…” Ann schluckte trocken. “Das war dir bewusst?” Mein Nicken schlug ein wie eine Bombe. “Seit wann?” “Seit er mich aufgefangen hat.” Scath stockte kurz, bevor er antwortete. “Aber das war am ersten Schultag!” Ich nickte erneut. “Hah!” Ann grinste unseren Bruder an. “Ich habs dir doch gesagt!” Sie schwenkte zu mir. “Genau wie bei Scath, Liebe auf den ersten Blick.” Jetzt schockte sie mich. Das interessierte sie? “Na warte mal, bis es dich erwischt.” “Dann ist es halt so.” Dabei grinste sie Scath an. Seufzend ließ sich eben jener Bruder von meinem Bett rutschen. “Ich bin ja ganz froh, dass du wirklich nichts von Miri willst.” Er hatte es mich vor ner Weile mal gefragt. “Aber muss es ausgerechnet ein Lehrer sein?” “Ich hätte nichts dagegen, wenn er noch Schüler wäre.” Eine Erinnerung und ich würde trotzdem das Zeitliche segnen. Wobei es mich immer noch wunderte, wie er sich benahm. “Ich würde mich köpfen, wenn ich ihn noch mehr ertragen müsste.” Von hier aus konnte ich Scaths Gänsehaut sehen. Auch wenn er es nicht sagte, er hatte einfach nur Angst. Da war er in unserer Klasse nicht der Einzige. Mehr als die Hälfte versteckte es mehr schlecht als recht. Ann gluckste. “Zumindest erklärt das, warum Link nie auch nur den Hauch von Interesse an Mädchen gezeigt hat.” Es erklärte aber nicht, warum die Beiden das einfach so hinnahmen. Ich meine, nicht nur, dass ich auf einen Mann stand, nein auch noch einen Lehrer. Ich verkrampfte mich. Für einen Moment hatte ich zugelassen, die schwarzen Schuppen wieder unter meinen Fingern zu spüren. “Link?” Vor Schreck fuhr ich hoch und krachte mit dem Kopf gegen die Wand. “Hey! Pass doch mal auf!” Scath rückte näher an mich heran um an meinen Hinterkopf zu kommen. “Kein Blut. Glück gehabt.” Er sah mich wieder an. “Was war denn das jetzt?” “Das Gleiche könnte ich dich fragen!” Ich starrte ihn sauer an. “Ihr solltet das nicht lustig finden!” “Reicht dir die Antwort: Du bist unser Bruder?” Mein Blick schweifte zu Ann: “Nein, das reicht nicht.” Scath zuckte mit den Schultern. “Dann hast du Pech gehabt.” “Aber…” “Klappe!” Selten, dass mir Beide den Mund verbaten. “Link, nenn mir mal eine Sache, in der du absoluter Durchschnitt bist.” “Ähm…” Da hatte Scath mich. Ich war ja nicht einmal äußerlich das, was man als ´normal´ betiteln konnte. Und was meine Talente betraf… zugeschnitten auf das Überleben während dunklen Zeiten. Schulterzuckend ließ ich meinen Kopf hängen. “Siehst du.” Scath schien da noch mehr herauszulesen. “Wir konnten uns schon frühzeitig damit anfreunden, wen auch immer du mal anschleppst wird alles andere als normal sein.” “Außerdem gibt es noch die Regel, dass jeder mal in einen Lehrer verknallt ist.” setzte Ann dem noch die Krone auf. Nur lief das bei mir für eine Phase eindeutig schon ein paar Jahrtausende zu lange. Tja eben doof, wenn man aufgrund einer Gedächtnisstörung seine eigenen Gefühle vollkommen fehl interpretierte. Obwohl, wenn ich bedenke, dass Er mir damals Lesen und Schreiben beibrachte - und an meiner nicht vorhandenen Rechtschreibung fast verzweifelte. Ann kletterte auf meinen Schoß und umarmte mich. “Bring mich nicht dazu, mir Sorgen um dich machen zu müssen.” Tatsächlich schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht, während ich dieses in ihrer Schulter vergrub. “Keine Angst. Ich werde nie auf die dämliche Idee kommen, es ihm in irgendeinster Weise zu beichten.” “Scath hast du damals dazu gedrängt.” “Er hatte ja auch ne Chance von fifty-fifty. Wollen wir das mal bei mir rausrechnen? Altersunterschied, Lehrer - Schüler - Verhältnis, die meiner Meinung nach nicht vorhandene Wahrscheinlichkeit seines Single- Daseins.” Gerudomänner waren früher spätestens mit zwanzig verheiratet und Ganon war da schon drüber. “Dagegen steht, dass er dich aufgefangen hat.” “Hätte er zugelassen, dass mir etwas passier, hätte es ihn den Job und den Hals kosten können.” “Unwichtige Kleinigkeiten.” Scath wank meinen Einwurf einfach zur Seite. “Außerdem ist er mir seinem Notizbuch doch recht vorsichtig und du kennst es als Einziger von uns.” “Das Argument versteh ich nicht.” Was wollte er von mir? “Scath will sagen, dass Herr Gerodu dich nicht wie alle Anderen behandelt.” “Ja, er verlangt mir am Meisten ab.” “Du kannst aber auch am Meisten.” Ich blitzte meinen Bruder durch Anns Haare hindurch an. “Was kann ich dafür, dass wir so viele Trantüten in der Klasse haben?” Schon lachten die Beiden. “Das hättest du auch vor fünf Jahren schon zu den damaligen Sechstklässlern gesagt.” “Wenns doch wahr ist?” Ann kicherte vor sich hin. “Link, du musst zugeben, dass dein Talent Waffen - insbesondere Schwerter - zu gebrauchen, schlicht außergewöhnlich ist. Den Großteil hast du dir auch noch selbst erarbeitet.” So mehr oder weniger. “Stimmt. Das Einzige, was er auf Teufel komm raus nicht gebacken kriegt, ist das rechtzeitige Aufstehen.” Ich prustete los, während Ann einen ausgewachsenen Lachkrampf bekam. Kurz grinste Scath uns an, bevor er nach unserer Kleinen griff. “Und genau darum, hauen wir uns jetzt auch hin.” ”Muss das sein?” Ann schmollte uns an. “Ja.” Scath hob sie hoch. “Denk daran, wir Beide müssen morgen früh raus.” “Nur um danach stundenlang im Bus zu sitzen.” Davor graute es mich jetzt schon. “Nacht, Link.” Ann wank mir noch zu, bevor sie aus dem Zimmer getragen wurde. Ich ließ noch meine Hand sinken, da stutzte ich schon wieder. “Shadow? Was machst du denn noch hier?” Sein “Wiff” half mir auch nicht weiter. Dafür kam Scath wieder zurück. “Rutsch mal.” “Was?” Sehr intelligent, Link. “Ich schlaf heute bei dir, also rutsch mal!” Schon zog er mir meine Decke unterm Hintern weg. Erinnerung 1 ------------ Pfeifend strich ich mir durch die Haare, bevor ich sie mir zusammen band. Zudem strich ich meine Tunika noch mal glatt. Einmal drehte ich mich noch vorm Spiegel und befand, ich sah annehmbar aus. An der Tür blieb ich kurz stehen, ging dann aber ohne meine Waffe aus dem Haus. Dort wo ich hinwollte, brauchte ich keine scharfe Klinge. Im Gegenteil. Weiterhin fröhlich vor mich hin pfeifend schlenderte ich durch die Straßen. Die Nachbarin starrte mir hinterher, aber auch das konnte meiner guten Laune keinen Abbruch tun. “Link!” Selbst meine Cousine ließ ich links liegen. Ich hob nur kurz die Hand und verschwand um die nächste Ecke. Es dauerte einige Minuten bis ich am Stadttor ankam. Tagsüber war es immer offen, nur nachts wurde es geschlossen. Na ja, ich hatte in der Vergangenheit oft genug außerhalb übernachtet. Mir machten die Geschichten für ungehorsame Kinder schon lange keine Angst mehr. Der Weg schlängelte sich über einige Hügel entlang, aber ich wollte in den Wald. Die Vögel schienen mich schon von weitem zu begrüßen. “Link!” Das war nicht meine Cousine. Das war nicht einmal eine Stimme, die ich überhaupt hören wollte. “Onkel.” Ich drehte mich zu ihm um. Doch er war nicht allein. Ein gutes dutzend Wächter begleitete ihn. “Was willst du im Wald?” Er hörte sich an, als ob er in ein faules Ei gebissen hatte. Meine Wirkung. Und meine Laune sank gleich mit. “Da geht dich einen feuchten Dreck an.” “Du Bastard!” Ich grinste ihn an. “Immer wieder gerne.” Einer der Wächter trat vor und legte meinem Onkel eine Hand auf die Schulter. “Sei ruhig Klawn. Darum sind wir nicht hier.” Nicht? Ansonsten liebten es doch alle, auf mir herum zu hacken. Tatsächlich blieb mein Onkel ruhig. Irgendwas war hier im Busch. “Link Bravery?” Ich verkrampfte mich. Es war nie gut, wenn ein Wächter jemand so ansah. “Du wirst beschuldigt, einen heiligen Ort entweiht zu haben.” Ich sah ihn verdattert an. “Heiliger Ort?” Ich konnte mich nicht entsinnen, jemals einen solchen Ort betreten zu haben. “Wann? Und vor allem Wo?” “Es geht um deine regelmäßigen Besuche im Wald.” “Wa…” Ich bekam keinen Ton mehr heraus. “Du gibst es zu?” “Nein!” Ich klang nicht halb so entrüstet wie ich es war. “Niemals! Ich… Ich bin doch nicht blöd!” Die Entweihung eines heiligen Ortes war eines der schlimmsten Verbrechen, welches man begehen konnte. Niemand, der ansatzweise bei Trost war, tat so etwas. Die Göttinnen hatten es verboten. Ich ehrte die Göttinnen. Nie würde ich auf die Idee kommen, ihre Verbote zu missachten. “Dann nenn uns den Grund, weshalb du in letzter Zeit so oft in den Wald gehst und manchmal sogar über Nacht bleibst.” “…” Das konnte ich nicht. Dann würden sie mich gleich hier und jetzt töten. Ich verdammte mich, da ich auf meine Waffe verzichtet hatte. Mit dieser hätte ich mich leicht durch die Truppe schlagen können. “Antworte!” “Ich kann nicht.” Der Wächter seufzte. “Damit machst du dich verdächtig.” Resignierend schloss ich die Augen. “Ich weiß.” Ich spürte seinen Blick weiterhin auf mir liegen. Wahrscheinlich gab er den Anderen einige Zeichen, da sie sich um mich herum positionierten. “Oder…” Er stockte kurz. “… bist du etwa ein Packt mit einem Dämon eingegangen?” Jetzt verblüffte er mich wirklich. “Ich würde nie auf diese dämliche Idee kommen!” Er war kein Dämon. Niemals. Er war ein Gott. Einer der Wächter zog seine Waffe. Sie trauten mir nicht einmal bis zur Nasenspitze. Tolle Vorraussetzung. “Wenn es keine Entweihung, oder ein Packt ist, dann sag es doch. Oder zeige es uns meinetwegen. Anders werden wir das nie aus der Welt räumen können.” Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich ihm fest in die Augen sah. “Nein. Ich schwor einst Stillschweigen zu wahren.” “Auch, wenn es dich etwas kostet?” “Dann erst Recht.” Er seufzte noch einmal. “Nehmt ihn fest.” Ich wehrte mich nicht. Erstens waren es zu viele und zweitens würde es mir nur noch mehr Probleme bringen. Zwei Klingen wurden in meinen Nacken gesetzt während vier Männer nach mir griffen. Ich erschauderte. Diese Berührungen waren mir zuwider. Meine fehlende Gegenwehr verwirrte die Wächter nur. Normalerweise leistete jeder Widerstand, der abgeführt werden sollte. Wäre ich bewaffnet, hätte ich den Abgang nicht nur geprobt. Denn im Gegensatz zu den Leuten hier kannte ich den Wald wie meine Westenasche. Die Meisten trauten sich noch nicht einmal als Erwachsene hinein. Und selbst dann nur auf den Pfaden. Erbärmlich. Mindestens so erbärmlich wie das Bild, welches ich gerade abgab. Und nein, ich würde nicht heulen! “Du überrascht mich.” Ich sah wieder auf, genau in Wächter Orsons Gesicht. “Wenn Sie hier in der großen Gruppe kommen. Ich bin nicht dumm. Ich kenne meine Grenzen.” “Du bist weiser als man dir nachsagt.” Ich schnaubte bevor ich den Kopf erneut hängen ließ. Das war doch gesunder Hyrulaner- Verstand. Sie führten mich wieder in Richtung Stadt. Ich sah noch einmal kurz zurück. Mein `Es tut mir leid´ verklang tonlos. Kapitel 29 ---------- Ich fuhr hoch. Die Bewegung neben mir nahm ich nur am Rande wahr. Vor meinem inneren Auge sah ich immer noch das gehässige Grinsen meines Onkels. Das Rascheln der Bettdecke wurde lauter. Die Fesseln lagen wieder um meine Handgelenke und dann… “Link?” Es kroch mir unangenehm die Speiseröhre hoch. “Link, hey!” Erst jetzt schaltete ich. Bei meinen Bemühungen schnellstmöglich aus dem Bett zu kommen, schmiss ich Scath aus diesem. Leider konnte ich darauf gerade keine Rücksicht nehmen. Zwei Türen riss ich lautstark auf, bis ich endlich im Bad war und mich in die Kloschüssel übergab. Heilige Naryu. Wie lange sollte das noch gehen? Hustend richtete ich mich wieder auf. Klawn war damals der Einzige, der mich täglich im Knast besucht hatte. Sich jeden Tag seine Beleidigungen anhören zu müssen hatte irgendwann in dem Wunsch gegipfelt, ihm langsam und genüsslich den Hals umzudrehen. Eine Berührung ließ mich herum und zurück fahren. Es dauerte etwas, bis meine Augen endlich meinen Zwilling fokussierten. Sofort wich die Anspannung aus meinen Knochen und ich sackte zu Boden. Kurz hörte ich ein Rauschen und schon hielt mir Scath einen Becher Wasser entgegen. Dankend nahm ich ihn an und spülte mir erst einmal den Mund aus. Die Tür quietschte leise und ich vernahm Anns müde Stimme. “Was ist denn los?” “Link hat wieder einen seiner Anfälle.” Taps taps. Schlanke Arme umfingen mich als Ann mich an sich drückte. “Ich habe dir doch gesagt, du sollst mir keine Sorgen machen.” “Tut mir leid.” Sie seufzte. “Du hast dir mal wieder den besten Zeitpunkt ausgesucht, hm?” Scath gluckste leise. “Wenigstens steht kein Familienfest an.” Ich verzog mein Gesicht. Das hatte ich einmal geschafft. “Aber euer Museumsbesuch.” “Ach, den überlebt er schon.” Na danke auch. Scath blieb neben mir stehen und griff nach meinem Arm. “Na los, wir gehen wieder ins Bett.” Ich nickte nur, auch mit dem Wissen heute nicht mehr schlafen zu können. Ohne Widerworte ließ ich mich von den Beiden hochziehen. “Wann müsst ihr eigentlich raus?” Ann hielt mich mit ihrer Umarmung aufrecht. “Der Wecker geht um vier.” “Link, Dusche.” Wir sahen Beide verwirrt zu Ann, während diese mir mein Oberteil über den Kopf zog. “Es ist kurz vor um, also los.” Schon hantierte sie an meiner Hose herum. Ich gab mich geschlagen, aber erst nachdem ich ihre Hände weggescheucht hatte. “Bin in der Küche.” Scath zog unsere Schwester aus dem Bad. Als ich Minuten später schon in Alltagsklamotten in die Küche kam, war Scath schon am frühstücken. Ann hatte er offensichtlich wieder ins Bett gesteckt. “Geht’s?” Ich nickte, wobei ich nach meinem Tee griff. Mein Magen würde noch eine ganze Weile Probleme machen. Ich tippte auf zwei bis drei Tage. So war es immer, wenn ich von einigen Dingen der Vergangenheit träumte. Fast alles Momente, die mit Ihm zu tun hatten. Da ich aber genau diese Tatsache verschwieg, rätselten die Heiler seit Jahren. Aber auf mich hören, dass es einen psychischen Hintergrund hatte, taten sie nicht. Im Gegensatz zu mir haute Scath richtig rein, wie immer wenn er vor der Zeit geweckt wurde. Bei mir gerade undenkbar. Da mein Frühstück nur aus einer Tasse Kamillentee bestand, fing ich recht schnell an, abzuspülen. Schon verschwand Scath um selbst noch zu duschen. Währenddessen goss ich mir noch eine Kanne Tee zum Mitnehmen auf. Ansonsten wanderten nur ein paar Äpfel in meine Tasche. Mehr konnte ich sowieso gerade nicht bei mir behalten. Oma hatte uns zwar etwas fertig gemacht, aber Ann konnte meine Portion später gerne mitnehmen. Sie würde Oma auch schon über die Umstände aufklären. Ich war schon komplett fertig, als mein Bruder zurückkam. Kapitel 30 ---------- Beruhigend, dass ich nicht als Einziger so dämlich war. Neben mir saßen noch Miriam, Zelda, mein Bruder, Aslam und sogar Finn auf der zwei Meter hohen Mauer der Akademie und warteten, dass es losging. Gut, ich hatte mich lang gemacht und missbrauchte Miri als Kopfkissen, die selbst an Scath lehnte, aber wir gaben dennoch ein recht lustiges Bild ab. Zumindest wenn ich Kentin als Indikator nahm, der kichernd zu uns herüber gekommen war und uns nicht einmal darauf angesprochen hatte. Ich hatte die Unterhaltungen unserer Klassenkameraden ausgeblendet und genoss noch die frische Luft. Das beste Mittel gegen Übelkeit. Es dauert noch ein paar Minuten bis ich einige vertraute Schritte vernahm. Ganondorf vorne weg. Lonley und… Verall? Blinzelnd drehte ich meinen Kopf zu den neu hinzukommenden. Tatsächlich. Aber was machte unsere Alt - Hyrulanisch - Lehrerin hier? Ich langte an Miri vorbei und stupste Scath an. Als er auf mich aufmerksam wurde, nickte ich zu den Erwachsenen. “Drei Lehrer?” Er sah in die angedeutete Richtung und zuckte schließlich - Miri weckend - mit den Schultern. Gähnend setzte ich mich auf, bevor ich mich noch mal ausführlich streckte. Ein lauter Pfiff ließ uns geschlossen zu Ganondorf sehen. “Morgen.” Die Erwiderung kam eher verhalten. Bevor er sich darüber aufregen konnte, legte Lonley ihm eine Hand auf den Arm. Dass er sich wirklich beruhigte, gefiel mir gar nicht. Unsere Klassenlehrerin trat einen weiteren Schritt nach vorne, bevor sie die Stimme erhob. “Guten Morgen. Ich weiß, es ist sehr früh. Trotzdem bitte ich euch, uns kurz zuzuhören.” Finn stieß Kentin mit dem Fuß an, welcher daraufhin aufschreckte. “Die Busfahrt dauert voraussichtlich 2 ½ Stunden. Uns ist klar, dass das nervenaufreibend ist, aber benehmt euch trotzdem, ja?” Sie übersah uns kurz. “Haltet mal still. Wir zählen euch durch.” Ein paar vereinzelte hatten ihre Probleme damit, doch schlussendlich kamen sie überein dass alle 32 Schüler anwesend waren. “Gut. Als Letztes noch eins: Bitte behaltet eure Sitzplätze auch für die Rückfahrt. Euer Sitznachbar wird wie immer euer Banknachbar sein.” “WAS?” Dass mein geschockter Ausruf mir große Teile der spärlichen Aufmerksamkeit zukommen ließ, war mir recht schnurz. Auch Ganondorf sah mich an. “Hast du ein Problem damit, Link?” “Wenn Sie schon so fragen, ja hab ich. Sie wollen mich wohl umbringen? Sie können doch nicht von mir verlangen fünf Stunden neben Theska zu überleben.” "Warum hast du dich dann neben sie gesetzt?" "Hab ich nicht." Ich verschrenkte die Arme vor der Brust. "Sie saß schneller neben mir, als ich ´piep´ sagen konnte." Ganondorf seufzte entnervt. "Du wirst es überleben." “Na, Ihr Vertrauen möchte ich haben.” Es half also nichts. Ich endete trotz allem mal wieder neben Theska. Aber nicht glauben, dass ich ihr netterweise den Fensterplatz überließ. Nene. Außerdem half die kalte Scheibe dabei, meinen Magen zu ignorieren. Das ging auch ganz gut, bis die Anderen nach rund einer Stunde wieder wacher wurden und ihr Frühstück auspackten. Augen verdrehend starrte ich aus dem Fenster. Wenn das mal gut ging… Tat es auch, für vielleicht fünf Minuten. Dann nämlich sprach mich Theska plötzlich an. “Hast du etwa nichts mit?” Ich ignorierte sie. Ihre Hand schüttelte ich einfach ab. “Hey, ignorierst du mich gerade?” Schau mal zwei Zeilen weiter oben… “Weißt du, ich würde auch teilen.” So langsam riss mir der Geduldsfaden. “Lass mich einfach in Ruhe.” Warum hing sie jetzt plötzlich an mir? War ihr Scaths Abweisungen zu sehr auf die Seele geschlagen, dass sie sich jetzt nach jemand Anders umsah? Warum dann ausgerechnet ich? Mein letztes bisschen Glück verließ mich, als Theska mir plötzlich ein Käsebrot hinhielt. Prompt rebellierte mein Magen. Erst schob ich sie von mir, bis ich genug Platz hatte, um an ihr vorbei auf den Gang zu huschen. Mal wieder merkte ich, wie mir alles hoch kam. Toll, klasse gemacht. “Hinsetzten!” Und der Busfahrer war auch noch gegen mich. Ich sah nach vorne und dabei fiel mir etwas recht interessantes auf. Lonley und Verall saßen nebeneinander hinter dem Fahrer. Ergo: Der letzte freie Platz war neben Ganondorf. Meine Tasche von der Ablage klauend, stapfte ich nach vorne. Ohne auf die fragenden Blicke zu achten drängte ich mich an ihm vorbei. Kaum saß ich wieder, lehnte ich mich an die Scheibe und stierte nach draußen. Ganondorf starrte mich noch etwas an, bevor er es scheinbar einfach hinnahm. Kapitel 31 ---------- Ich war einer der Ersten draußen, aber auch die frische Luft half nicht wirklich. Als Scath ebenfalls den Bus verließ, nickte ich ihm kurz zu und verschwand fast sofort im Museumsgebäude. Da wir vor einigen Jahren schon mal hier waren, brauchte ich die Toiletten nicht suchen. Ich hatte heute zwar noch nichts gegessen, aber mein Magen würgte seinen Inhalt trotzdem hoch. Gefühlte Stunden später richtete ich mich hustend wieder auf. Wenn es etwas gab, was ich abgrundtief hasste, dann diese verdammten Phasen. Noch während ich mir dem Mund ausspülte, merkte ich den Blick auf meinem Rücken. Scath wäre schon längst zu mir herüber gekommen. Den wenigen Anderen unserer Klasse, die mein Davonschleichen garantiert bemerkt hätten, waren zu dem Zeitpunkt noch nicht ausgestiegen. Also blieb mal wieder nur einer übrig. Ich stützte mich mit leicht zitternden Armen auf dem Rand des Waschbeckens ab, wobei ich versuchte mich zu fangen. Das nahm mehrere Sekunden in Anspruch, in denen ich konstant meinen Kopf gesenkt hielt. “Ich weiß, ich hätte mich abmelden sollen.” Ein Rascheln bestätigte, dass Ganondorf mich gehört hatte. “Du hättest sagen sollen, dass du Busreisen nicht verträgst.” Mir entwich ein Schnauben. “Ich würde jederzeit tauschen.” “Was ist es dann?” Ich musterte ihn durch den Spiegel. Warum bitte interessierte ihn das? Aber nicht zu antworten wäre unhöflich. “Die Heiler rätseln seit Jahren.” “Hat dein Bruder das auch?” “Nein. Naryu sei Dank.” Dazu fehlten ihm zum Glück etliche Erinnerungen und ich betete dass das so blieb. Ich trocknete mir noch schnell die Hände ab, bevor ich in Richtung Tür trat. “Können wir zu den Anderen zurück oder möchten Sie ihre Fragerunde fortführen?” Er schien kurz zusammenzuzucken bevor er nickte. “Zurück.” und ging vor. Während ich ihm hinterher stiefelte, ratterte es bei mir. Er konnte doch nicht wirklich besorgt sein. Dazu hatte er doch gar keinen Grund. Und selbst wenn, warum wirkte er eben so ertappt? Der Rest unserer lustigen und vor allem lauten Truppe drängte sich gerade an der Garderobe. Nicht einmal das ging halbwegs gesittet zu. Ich entdeckte Scath erst, als er wie ein Wilder wank. “Alles in Ordnung?” war seine erste Frage, kaum dass ich bei ihm war. “Mehr oder weniger.” Er war seine Sachen schon los geworden, weshalb ich zu der einzigen noch freien Annahmestelle schlenderte und dort Jacke sowie Rucksack los wurde. Tja, lesen sollte man können. Auf den Hinweisschildern stand groß und breit, dass um die Ecke noch eine weitere Garderobe war. Lonley schaute nicht schlecht, als sie mich ohne meinen Kram sah. Doch nachdem ich sie auf den Hinweis aufmerksam gemacht hatte, musste sie sich das Lachen verkneifen. Mission erfolgreich abgeschlossen. Kapitel 32 ---------- La~ngweilig! Schön, dass Einige unserem Führer an den Lippen hingen, aber mir war einfach nur langweilig. Zwei einfache Gründe: Erstens waren wir vier Bravery schon mal hier. Zweitens kannte ich die wichtigsten Dinge schon von früher. Zusammengenommen machte es das nicht gerade interessanter, im Gegenteil… Viel wichtiger empfand ich, dass uns eben schon die sechste Gerudo über den Weg gelaufen war. Sie schienen hier als Sicherheitspersonal zu arbeiten. Einige unserer Jungs guckten jedes Mal doof, wenn eine von denen in unserer Nähe stehen blieb und Ganondorf grüßend zunickte. Irgendwie verständlich. Schließlich waren Gerudo neben hochgewachsen, mit ihrem meist blutroten Haaren richtige Blickfänge. Klar fragten die sich, woher unser Lehrer so viele gut aussehende Damen kannte. Aber irgendwie bezweifelte ich das. Schätze, sie erkannten in ihm einfach den Schützer ihres Stammes. Keine große Kunst… Aber selbst Scath wurde langsam darauf aufmerksam. Sie gehörten nicht umsonst alle zu gleichen Volk. Da waren Ähnlichkeiten vorprogrammiert. “Diese Steintafel ist eins unserer ältesten Exponate und erst seit kurzem in diesem Museum.” Das riss mich aus meinen Gedanken. Neu? “Leider ist sie so alt, dass es uns unmöglich ist den eingemeißelten Text zu entziffern. Das Einzige, worin man sich sicher ist, betrifft das letzte Wort hier.” Er deutete auf die unterste Zeile. “Es ist recht sicher, dass es ´Hylia´ heißt. Eine Göttin des Altertums, die nur…” Ich blendete wieder aus. Diese Tafel war einen zweiten Blick wert. Erst einmal war zu sagen, dass der Kerl recht hatte und die Zeichenkombination bedeutete wirklich Hylia. Und der Rest… Sekunde bitte, ist immerhin etliche Jahrtausende her… … ´In Gedenken an den wahren Helden. Auf dass sich noch lange an dich erinnert wird. Hylia.´ Häh? Was war denn hier los? Mein Kopf ruckte hoch, an den Anfang des Textes. ´Es fällt mir schwer ohne dich zu leben. Jeden Tag zu jeder Zeit einfach alles zu geben.´ Oh, ich bring sie um! Wenn sich Zelda doch erinnert, mache ich sie nachträglich einen Kopf kürzer! Sie wusste genau, was mir dieses Lied bedeutet hatte und dass nie, NIE!, jemand an diesen Text kommen sollte. Und nein, es war keine Entschuldigung, dass damals nur ganz Wenige lesen konnten. Das machte es nur noch schlimmer! Mein Blick schweifte zu Zelda, damit… Nein Link, du bringst sie nicht um. Bevor ich noch auf dumme Gedanken kam, entfernte ich mich lieber von der Klasse. Ich war manchmal unberechenbar und wollte nicht, dass jemanden was passierte. Vorerst reichte es, wenn eine Wand zwischen uns war und ich nicht auf weitere solcher Aktionen von unserer Prinzessin stieß. Aber wenn ich mich in diesem Saal so umsah, bestand da wenig Gelegenheit. Nordische Götterwelten. Nicht so alt wie der Glaube an das Triforce mit dazugehörigen Göttinnen, aber doch recht annehmbar. Wobei ich vor allem die Legenden um den Fenriswolf mochte. Keine Ahnung warum. Während ich mir also eine Neuinterpretation des Götterkrieges ansah, kam ich langsam wieder herunter. Ein Geräusch unterbrach mich zu meinem Frust dann doch. Ein Mädchen von vielleicht vier Jahren kam herein gerannt. Sie war eine kleine Gerudo, wahrscheinlich gehörte sie zu einer der Sicherheitskräfte. Allerdings gefiel mir der junge Erwachsene der ihr folgte gar nicht. Ich ging kurz sicher, dass meine Kapuze richtig saß, bevor ich auf die Kleine zuging, sie ohne ein Kommentar an meine Hüfte setzte und dann den Mann anblitzte. “Darf ich erfahren, was Sie mit meiner Schwester vorhaben?” Die Panik war ihm ins Gesicht geschrieben. Erst stotterte er nur unverständliches Zeug, bis er sich halbwegs fasste und “Dann ist sie ja in guten Händen.” hervor brachte. Lügner. Und seinem Blick nach sah man mir das auch an. Kaum hatte er panisch stolpernd den Abgang gemacht, sah ich mir meine neue ´Schwester´ an. Sie trug ein alt- gerudoisches Schutzamulett um den Hals, ein sehendes Auge. Während ich die Kleine musterte, tat sie es mir gleich. Bis sie mich anscheinend als harmlos einstufte und ihren Kopf an meine Schulter legte. In ihren Augen war ich wirklich harmlos, auch wenn sie nicht verstand warum. Jede Gerudo hatte den angeborenen Instinkt, ob ein Mann ihr etwas antun wollte oder irgendein gesteigertes Interesse an ihr hatte. Aus dem gleichen Grund waren Scath und ich in Nanis Augen komplett ungefährlich. Mein Bruder hechelte nur einem Mädchen hinterher und mein Interesse lag ganz wo anders. Und so wie Ganondorfs Nichte das merkte, spürte es auch die Kleine auf meinem Arm. Da sie mich mittlerweile wieder anstarrte, sollte ich mich eventuell mal wieder regen. So hielt ich ihr meine Hand hin. “Ich bin Link.” Schon lächelte sie, griff zu und “Kiomi.” “Ist dir nicht langweilig, so alleine hier?” “Mama muss arbeiten.” Also gehörte sie wirklich zu einer der Sicherheitskräfte. Auf ihren Vater sprach ich sie erst gar nicht an. Die Wenigsten kannten ihn überhaupt und in genug Fällen waren sich auch die Mütter nicht sicher. Ich wollte sie lieber nicht alleine hier rumlaufen lassen. Nicht wenn schon einer ihr hinterher gelaufen war. “Ich bin mit meiner Klasse hier. Was hältst du davon, uns Gesellschaft zu leisten?” Kurz schien sie zu überlegen, bis sie glücklich nickte. So griff ich sie kurz anders, um sie auf meine Schultern zu setzen. Sofort merkte ich, wie meine Kapuze verschwand. Frauen… Das Nächste, was ich hörte, war: “Du bist groß!” Ich versuchte nicht einmal, mein Grinsen zu verstecken. “Ich bin ja auch ein paar Jahre älter als du. Warte noch etwas und du wirst auch einmal so groß.” “Echt?” "Vielleicht nicht ganz. Aber du wirst sehr nahe herankommen.” Da Gerudo Damen im allgemeinen recht groß waren, hatte sie gute Chancen. Während dieser kleinen Unterhaltung hatte ich mich in Bewegung gesetzt und war auf der Suche nach meinen Leuten. Oh Wunder, sie standen immer noch vor Hylias Kreation. Als ich neben Scath stehen blieb, sah er fast sofort zu der Kleinen. “Will ich es wissen?” “Wahrscheinlich nicht.” Ich grinste ihn kurz an. “Aber ich will sie nicht alleine lassen.” Er nickte und nahm es damit einfach hin. Auch Ganon sah plötzlich zu uns. Erst wirkte er als ob er zu uns rüber kommen wollte, ließ es dann aber. Er beobachtete uns noch etwas, sah jedoch ein, dass Kiomi sich dort oben pudelwohl fühlte. Sie winkte ihm sogar zu. “… und darum ist sicher, dass Hylia den damaligen Leuten mehr bedeutet hat als das Triforce. Dieser Text…” Ich sah wieder zu meinem Bruder. “Quaddert der immer noch von Hylia?” Er nickte nur. Und ich überlegte, ob ich doch wieder verschwinden sollte. Mein Grummeln drang aus mir unerklärlichen Gründen bis zu unserem Führer durch. “Hast du dem irgendetwas hinzuzufügen?” “Das sieht doch ein Blinder, dass es sich dabei um ein Lied, Gedicht oder Ähnliches mit dazugehöriger Signatur handelt.” Ich sollte ´Erwachsene schocken´ zu meinen Hobbys hinzufügen. Ergebnisse hatte ich jetzt schon vorzuweisen. “Du kannst das lesen?” “Das habe ich nie behauptet!” Schon sackte er in sich zusammen. Hatte der das wirklich erwartet? “Wie kommst du dann darauf?” “Ganz einfach.” Ich nickte zur Tafel. “Laut Sprachwissenschaftlern war Hyrulanisch schon immer eine Laut- oder Silbenschrift. Wenn man sich jetzt diesen Text ansieht, dann fällt auf, dass die letzten Zeichen sich systematisch wiederholen. Ausgenommen sind die letzten beiden Zeilen, eben wie eine Signatur. Und ganz unten der Name des Verfassers, laut Ihnen die Göttin Hylia.” Lonley, Verall und der Kerl starrten gemeinsam mit dem Großteil unserer Klasse auf die Tafel. Kiomi kicherte nur vor sich hin, während Ganon das Ganze gar nicht zu interessieren schien. Unser Betreuer sah wieder zu mir - mit riesigen Augen. “Wo hast du diese Information her?” “Ich hab da so ein komisches Ding, nennt sich Gehirn. Von Zeit zu Zeit spuckt es ganz erstaunliche Dinge aus.” Ich brachte das vollkommen ernst heraus. “Machst du dich gerade über die Wissenschaftler lustig?” “Nö.” Er atmete erleichtert durch - zu früh. “Das schaffen die von ganz allein.” Zumindest eine Hand voll Lacher hatte ich auf meiner Seite. Kapitel 33 ---------- Regen beruhigt, wusstet ihr das? Wir hatten gerade Mittagspause, nachdem ich unseren Begleiter noch einige Male vorgeführt hatte. Manchmal hatte ich das Gefühl, Archäologen hatten keine funktionierenden Gehirne… Na ja. Kiomi hatte ich bei Scath und den Andern gelassen, während es mich raus gezogen hatte. In meinem momentanen Zustand würde der Kantinengeruch mich umbringen. So saß ich jetzt auf der großen Treppe vorm Museum und vertilgte gerade meinen zweiten Apfel. Ein bisschen Magie und der Regen kam nicht bis zu mir. Aber schon die Geräusche und der saubere Geruch halfen, mich zu beruhigen. Gut, die Hand voll Leute, die bisher vorbei gehetzt waren, schienen mich für den durchgeknalltesten Sterblichen der Welt halten. Vielleicht war ich das auch, keine Ahnung… Ganondorf näherte sich mir von hinten. Ich schluckte, bevor ich ihm den Kopf zu drehte. “Ich habe mich bei Frau Lonley abgemeldet.” Er blieb schräg hinter mir stehen. “Das erklärt aber nicht, was du hier machst.” “Wissen Sie, wo in der Kantine die Toiletten sind?” Eine Sekunde, zwei Sekunden, drei Sekunden. “Nein.” “Sehen Sie, ich auch nicht.” Damit war das Thema für mich beendet und ich biss in mein Mittag. “Hohl dir nichts weg.” “Magie.” Selbst ich hasste es, mit vollem Mund zu sprechen. “Hab ja schon gehört, dass du darin ein Überflieger bist.” Ich musste mir das Lachen verkneifen, um mich nicht zu verschlucken. “Vielleicht sollte ich das Magieverbot für dich nie aufheben.” “Beschiss!” Ich drehte mich grinsend zu ihm. “Dann hab ich ja keine Chance mehr gegen Scath und Zelda wahrscheinlich auch.” “Wir werden sehen.” Zufrieden biss ich ein letztes Mal in den Apfel, bevor ich den Rest zielsicher in einen Mülleimer warf. An jedem anderen Tag hätte ich das Kerngehäuse mit vertilgt, aber momentan wollte ich kein Risiko eingehen. “Bessere Zielgenauigkeit als die meisten Erwachsenen.” “Passen Sie auf, sonst bilde ich mir noch etwas darauf ein.” Zum Glück stand er hinter mir. Ich hatte das Gefühl, aufgrund seines Lobes knallrot anzulaufen. Ich wagte nicht, mir zum Test an die Wangen zu fassen, da ich mich dabei verraten würde. Er ging nicht, sondern musterte mich weiter. Aber es war nicht so brennend wie sonst immer. Kurz ließ ich es mir gefallen, bis ich doch etwas sagte: “Wissen Sie, ich mag es nicht sonderlich, wenn man mir auf den Rücken starrt.” Sein Blick wanderte. “Oder auf den Hinterkopf!” Tatsächlich trat er näher, sodass er neben mir stehen blieb. “Wo hast du das gelernt?” Jetzt sah ich ihn an. Anscheinend war sein Interesse echt. “Im Wald. Wenn man sich sehr oft mit den Wolfswelpen balgt, entwickelt man irgendwann dieses Gefühl dazu.” Und ich log nicht einmal. Scath hatte dieses Gespür ebenfalls, wenn auch nicht so ausgeprägt. Ganon schien amüsiert zu sein. “Und was sagt dir dieses Gefühl noch?” “Dass es hier nach Zigarettenqualm stinkt.” Er blinzelte kurz, bis er seufzte. “Dagegen kann man leider nichts machen.” “Manchmal schon.” Ich starrte wieder auf die Straße. “Fast jeden Tag stinkt Riko nach der ersten Pause nach Qualm.” “Woher kommt der Rauch?” Er knurrte dabei. Uupsi, da hatte ich mich wohl verplappert. Innerlich fröhlich vor mich hin pfeifend, sah ich mich kurz um, bis ich auf eine Hausecke deutete. “Ich glaube, aus dieser Richtung.” Während Ganon wütend dorthin stampfte, wurde mein Pfeifen laut. Kaum vernahm ich seine laute Stimme, war ich zufrieden. Schnurz, dass ich petzte. Wenn ich dafür endlich frische Luft atmen konnte, wäre es das wert. Kapitel 34 ---------- Kiomi gähnte mittlerweile alle paar Minuten. Der Tag war ungewohnt aufregend für sie gewesen. Und wenn es nur daran lag, dass ich meine große Klappe nicht halten konnte. Seltsamerweise machte Zelda amüsiert mit. Aber eine Sache stand noch aus. “Hier wurde ursprünglich ein Replikat des legendären Master - Schwertes aufbewahrt.” Wir standen in einem Gewölbe, welches bis auf einige Steintafeln an den Wänden nur ein Podest in der Mitte hatte.” Bei unserem letzten Besuch steckte dort wirklich noch die besagte Klinge. “Es wurde vor fünfeinhalb Jahren von Unbekannten gestohlen. Es müssen Profis verschiedener Richtungen gewesen sein, da sie ohne Probleme an technischen sowie magischen Sicherheitsvorkehrungen vorbei gekommen sind.” Und ich verdrehte zum gefühlt tausendsten Mal an diesem Tag die Augen. Soo gut konnten die Sicherheitsvorkehrungen nie gewesen sein, wenn das Schwert damals in einer Nacht und Nebel Aktion stibitzt wurde. “Nur fragt sich jeder, warum es gestohlen wurde. Bis heute hat die Gruppe nicht bekannt gemacht, was sie genau vorhaben. Außerdem wurden andere Replikate nie angerührt.” Nicht denken Link, ansonsten wirst du ausfallend. Plötzlich spürte ich den unnachgiebigen Blick des Museumsführers auf mir. Müde blinzelnd sah ich zu ihm. “Hm?” “Irgendwas anzumerken?” “Warum machen Sie sich solche Sorgen? Gibt doch beim besten Willen keinen Grund dazu.” Ich wollte nach Hause und ins Bett. Dieses sinnlose Rumgelatsche war nichts für mich. “Weil die verschwindend geringe Möglichkeit besteht, dass es das Echte gewesen ist. Dann könnte es…” Ich gähnte schon wieder. Kiomi steckte an. Blinzelnd stellte ich fest, dass ich mal wieder angestarrt wurde. “Wat denn?” “Warum sollte das nicht schlimm sein?” Ich konnte mir das tausendunderste Augenrollen nicht verkneifen. “In jeder verdammten alten Legende heißt es, nur der auserwählte Held könne das Schwert aus dem Stein ziehen. Wenn das hier das Original war, besteht demzufolge kein Grund zur Massenpanik. Für den wahrscheinlicheren Fall einer Kopie kann ich nur sagen, dass die Sicherheitssysteme hier mies sind und der Diebstahl geschah zu recht.” Und starren… Der Kerl stapfte auf mich zu. “Hast du auch nur im entferntesten Sinn eine Ahnung, was dieses Schwert unserem Land bedeutet? Hast du es überhaupt schon einmal gesehen?” Bla bla bla… Tausendundzwei. Ich tastete nach meiner Kette und zog sie aus meinem Sweatshirt. Daran hing ein vier Zentimeter langes Master - Schwert - Imitat. Zumindest für die Anderen. Unser Führerlein starrte mich schön doof an. Kein Wunder, diese Ketten wurden seit dem Diebstahl nicht mehr verkauft. Also war auch ihm klar, dass ich das gestohlene Ausstellungsstück schon einmal gesehen hatte. Bevor Kiomi nach der Miniklinge greifen konnte, ließ ich sie wieder verschwinden. Nur ich wusste, warum ausgerechnet dieses ´Replikat´ geklaut wurde. Der unwahrscheinliche Fall war eingetreten, er war das einzig echte gewesen. Ich hatte mich mehrere Monate mit allen möglichen Informationen vollgestopft, bevor ich mir Phai zurückgeholt hatte - von wegen eine Gruppe Profis! Ein Elfjähriger hat gereicht! Jetzt hing sie in geschrumpfter Form permanent um meinen Hals. Und sie war immer noch verteufelt scharf. “Wenn du das Schwert gesehen hast, warum achtest du es dann nicht?” “Ich achte es mehr als die alten Helden.” Jetzt schmiss Lonley das Handtuch und wollte nur noch weg. Kapitel 35 ---------- Die Dame an der Garderobe beachtete mich recht wenig, als ich meine Sachen haben wollte. Ihre Augen lagen konstant auf Kiomi. Irgendwann reichte es mir. “Sie könnten mir auch einfach sagen, wo ich ihre Mutter finde.” “Bitte?” Endlich hatte ich ihre Aufmerksamkeit. “Meine Sachen und Kiomis Mutter.” Wieder meiner Erwartung trabte sie mit der Marke nach hinten, kam mit Jacke und Tasche wieder und starrte erneut auf die Kleine. Ich gab es auf. Kiomi trug ich mittlerweile auf dem Arm, da sie tief und fest schlief. Niedlich war sie ja, aber ich wollte sie doch nicht mitnehmen. Also blieb mir nur eins übrig. Ich ging zu der Erstbesten Gerudo, die ich sah. “Entschuldigung? Ich suche Kiomis Mutter.” Sie musterte mich recht lange, bis auch sie mich als harmlos befand. Dann erst schickte sie mich zur Tür. Ich war schon fast außerhalb, als ich ein leises ´Kiomi´ hörte. Aufseufzend drehte ich ab und ging auf die geschockte Dame zu. “Abend.” “Darf ich fragen, was Sie mit meiner Tochter vorhaben?” Sie stand unschlüssig da. “Nicht mitnehmen. Ich habe zu Hause genug Frauen.” Erleichtert nahm sie mir die Kleine ab und ich konnte erst einmal meinen Arm ausschütteln. Sie war nicht schwer, aber ich hatte sie jetzt seit über einer Stunde so getragen. Kiomi wachte auf, oder zumindest öffnete sie die Augen. Kurz schien sie desorientiert, bis sie ihre Hand nach mir ausstreckte. “Bruder.” Ich vergaß kurz das Atmen. Vorsichtig strich ich ihr über die Wange. “Schlaf.” Sofort war sie wieder weg. Dafür starrte mich ihre Mutter an. “Was haben Sie gemacht?” “Mich als ihr Bruder ausgegeben, weil jemand ihr folgte.” Schon atmete sie erleichtert durch. “Danke.” “LINK!” Ich fuhr herum. Ganondorf brauchte noch nicht einmal einen Handwink, um mich zur Klasse zurück zu beordern. Kurz sah ich noch mal zu Kiomi samt Mama. Diese jedoch starrte auf meinen Ritterkunst- Lehrer. Zufrieden schloss ich mich meinen Klassenkameraden an. Allerdings… Bus. Ganondorf brüllte noch ein: “Der Reihe nach!” bevor er als einer der Ersten einstieg. Vor mich hingrummelnd folgte ich seinem Beispiel - die Anderen hatten zu viel Schiss. Ich hatte so was von keine Lust auf Theska. Ein Griff an meine Schulter zog mich plötzlich zurück. Bevor ich reagieren konnte, landete ich auf einem der Sitzplätze. “Bleib sitzen.” Blinzelnd sah ich zu Ganondorf auf, der mich auf den Platz neben sich verfrachtet hatte. Als Scath mich beim Einsteigen fragend ansah, konnte ich nur mit den Schultern zucken. Lonley trat als Letzte ein. Sie zählte noch einmal ihre Pappenheimer durch, stockte kurz bei mir und gab schließlich das Zeichen zur Abfahrt. Endlich ging dieser verdammte Tag langsam dem Ende entgegen. Gähnend lehnte ich mich ans Fenster und kuschelte mich in meine Jacke. Kapitel 36 ---------- Der Geruch nach Rauch ließ mich schlagartig die Augen aufreißen. Rauch? Verdammt noch eins, ich saß im Bus! Verwirrt fuhr ich hoch, sah mich gehetzt um und blieb bei Ganondorf hängen. Moment… Ich hatte doch nicht im Ernst an ihm gelehnt, oder? Ich geh mal schnell sterben… Rauch! Mein Kopf ruckte herum, sodass ich zwischen den Sitzen hindurch sehen konnte. “Was zum Teufel ist mit dir los?” Ich nickte nach hinten. “Hier riecht es nach Rauch.” “Nicht schon wieder.” Entnervt seufzend stand Ganondorf auf. Hatte ich was verpasst? Anscheinend, aber wa… Trottel ich! Ich hatte doch erst heute Mittag Riko verpetzt! Kein Wunder also, dass Ganon genau wusste, wo er suchen musste. Eine meiner eher schlechten Charaktereigenschaften war meine schon krankhafte Neugierde - hatte mich nur gefühlte hundert Mal fast gekillt. Trotzdem kniete ich mich auf meinen Sitz um über die Lehne nach hinten sehen zu können. Kentin und Finn - die direkt hinter uns saßen - sahen mich beide fragend an. Ich schüttelte nur den Kopf und bedeutete ihnen leise zu sein. Ganondorf blieb mit verschränkten Armen mitten im Gang stehen und starrte die Schuldigen in Grund und Boden. Ich kam gedanklich bis vierunddreißig, als endlich mal einer auf unseren wie immer gut gelaunten Ritterkunst - Lehrer aufmerksam wurde. Es war ausgerechnet Ilyas, der einzige reine Mensch in dieser Truppe. Warum er sich ausgerechnet mit drei Mischlingen der miesesten Sorte angefreundet hatte, war mir ein Rätsel. Alleine war er ganz in Ordnung. Nichts gegen Mischlinge, ja? Die Meisten waren vollkommen normale und angenehme Zeitgenossen. Aber bei Einigen hatte ich das Gefühl, das Blut ihrer Eltern vertrug sich nicht miteinander. Zurück in einem Bus voll genervter und müder Schüler. Ich konnte sehen, wie sich Ilyas plötzlich zum Gang drehte und augenblicklich in sich zusammen sackte. Ihm war die Panik ins Gesicht geschrieben. Noch einmal siebzehn, dann bemerkte auch der Rest Ganondorfs Anwesenheit. “Was denkt ihr Idioten euch eigentlich?” Und schon war der ganze Bus wach. “Was meinen Sie?” Dämlichste Idee des Jahres, Riko. Selbst hier vorne merkte ich, wie sich Ganons Wut noch weiter aufbaute. “Noch so ein dämliches Kommentar und ihr vier lauft. Ist das klar?” “Was ist hier eigentlich los?” Der Bus hatte eine Sprechanlage? Da Ganondorf weiter mit den Trotteln beschäftigt war, drehte ich meinen Kopf zum Fahrer. “Hier riecht es nach Rauch.” Schon musste ich mich an der Lehne festkrallen, weil der Fahrer abrupt auf die Bremse steig. Also, wer jetzt noch nicht voll da war, dem war nicht mehr zu helfen… Autsch. Gerade als ich mich wieder aufrichtete, rauschte der Fahrer an mir vorbei. “Ich glaube, ich bin in der falschen Ära! Wollt ihr uns alle umbringen?” “Aber wir…” “Nichts ´aber´!” Warum räumte unser Lehrer gerade bereitwillig das Feld? “Her mit dem Schwachsinn, aber Pronto!” “Das dürfen Sie nicht!” Und Ganondorf übernahm wieder. Er packte Riko am Kragen - er war ihm einfach am Nächsten - und zog ihn geradewegs nach oben. Tja, so ein Gerudo - Mann war eben groß und kräftig, da fühlte man sich schnell wie ein kleiner Junge der verdammt viel Mist gebaut hatte. “Du wärst erstaunt, was wir alles dürfen.” Riko schluckte schwer und zog den Kopf ein - so weit es eben ging, wenn man frei in der Luft hing. Nur leider kam nichts weiter von ihm. Ganon schien gedanklich bis drei zu zählen, bis er Riko einfach auf den Kopf stellte. Dessen Geschrei nicht beachtend, schüttelte er ihn einfach kurz durch. Tatsächlich fielen ihm einige Dinge aus der Tasche. Der Fahrer hob gezielt etwas auf und jetzt verstand ich auch, warum der Rauch so seltsam gerochen hatte. Eine E-Zigarette. Riko wurde zu Boden gelassen. “So, jetzt ihr.” Offensichtlich bekamen die Anderen die Panik, denn sie rückten sofort mit ihrem Kram heraus. Unser Fahrer sammelte das Zeug ein, bevor er sich an Ganondorf wandte. “Ich hätte noch ein Abschleppseil. Dann gehen sie auch nicht verloren.” Die Angst konnte ich hier vorne noch riechen. Als Lonley etwas sagen wollte, wedelte ich schnell mit der Hand um sie genau davon abzuhalten. Ganondorf starrte die Jungs noch einmal an, wie einige Stückchen Fleisch, bevor er seufzte. “Das dürfen wir leider nicht.” Sie atmeten erleichtert durch. “Zu früh. Ihr kriegt noch richtige Probleme.” Ganondorf starrte sie weiterhin an. Dann griff er nach Rikos Kragen und zog ihn auf die Beine. “Du kommst mit nach vorne.” Der Fahrer nickte nur dazu, bevor er sich wieder zu seinem Platz begab. Riko wurde auf die Einstiegstreppe verbannt, mit der Aussage: “Ein Ton und du läufst doch noch.” Erst als es weiter ging, wurde auch Ganondorf wieder ruhiger. “Wenn du noch einmal so etwas mitkriegst, sagst du das sofort. Verstanden?” Ich nickte nur, während ich mich wieder richtig hinsetzte. Alles in Allem war der Tag doch gar nicht so sinnlos gewesen. Erinnerung 2 ------------ Sanft hallten die Flötentöne durch die Nacht, während ich mich von der Melodie leiten ließ. Ja, so war es richtig, so sollte es klingen. Ich setzte das Instrument ab und sah über die nächtlichen Weiten Hyrules. Nur der Mond und die Sterne leisteten mit Gesellschaft. Nicht einmal die anderen Wachen waren zum Dienst erschienen. Idioten. Glaubten die wirklich, wir hätten gewonnen? Die Schlacht am Tag vielleicht, aber nie den Krieg. Es konnte jeden Moment ein weiterer Angriff des Monsterheeres erfolgen, aber diese Vollspinner wollten es nicht sehen. Stattdessen feierten und tranken sie als ob es keinen Morgen mehr geben. Tot umfallen sollen sie. Seufzend ließ ich mich nach hinten fallen, meine Beine weiterhin auf der Außenseite der Stadtmauer baumeln lassen. Ich war mal wieder so weit, dass ich am Liebsten alles hinschmeißen und abhauen würde. Aber wo sollte ich hin? Er wollte mich nicht mehr in seiner Nähe. Das hatte er deutlich gemacht und griff sogar mein Volk an. Nicht heulen Link! “Warum spielst du nicht weiter?” Ich fuhr hoch und herum. Dabei fiel ich fast von der Mauer. “Vorsicht!” Schlanke Hände griffen nach mir, um mich vor meinem unfreiwilligen Freiflug zu schützen. Kaum saß ich wieder halbwegs sicher, sah ich zu dem ungebetenen Gast. “Eure Heiligkeit.” “Du bist nicht bei den anderen gewesen, Held.” Hylia sah mich seltsam besorgt an. Das interessierte mich nun aber gar nicht. Ich sah wieder auf das Land, damit sie meinen Missmut nicht bemerkte. Diese Bezeichnung war mir zuwider. “Natürlich.” “Aber warum?” Gegen meinen Willen sah ich doch wieder zu ihr. Wusste sie das wirklich nicht? Unmöglich. Sie war unsere Göttin. “Niemand, den ich als Freund betiteln würde, ist dort uns säuft sich das Hirn weg.” Kurz war sie ruhig, als ob sie überlegte wer überhaupt meine Freunde waren. Ich hatte nur meine Leidensgenossen, ob wir uns als Freunde bezeichnen konnten war ungewiss. Die anderen Fünf hatten ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich, so etwas schweißt zusammen. “Seit ihr etwa alle dagegen?” Ich sah sie vollkommen entgeistert an. Irgendwie fühlte ich mich gerade verarscht. Dann musste ich glucksen. Nur Sekunden später lag ich laut lachend auf den Steinen und bekam mich einfach nicht wieder ein. Der Anfall dauerte von meiner Einschätzung her etwa fünf Minuten. Japsend starte ich nach oben und versuchte krampfhaft meine Atmung zu beruhigen. Gar nicht so leicht, wenn einem das Lachen im Hals steckte und jeden Moment wieder rauskommen konnte. Das feine Gesicht der Göttin erschien über mir. “Ist alles in Ordnung mit dir?” Sofort musste ca mich weg drehen, ansonsten würde ich erneut einen gewaltigen Lachkrampf kriegen. Es dauerte noch mal einige Zeit, bis ich mich endlich beruhigt hatte. Immer noch grinsend drehte ich mich wieder zu Hylia. “Dafür, dass ihr unsere Schutzgöttin seid, versteht ihr erstaunlich wenig von unserem Leben und unserer Kultur.” Sie legte den Kopf schief. Und ich wank nur ab. Das brauchte sie nicht zu wissen. “Du bist anders als die Anderen, Held.” Jetzt hatte sich mein Lachkrampf vollständig gelöst. “Warum?” “Du behandelst mich anders, als der Rest deines Stammes es tut.” Mich wunderte es nicht. Im Gegensatz zum Rest dieser Idioten hatte ich früher schon mit einer Gottheit zu tun. Von daher hatte ich keine Berührungsängste. Auf ihre Feststellung hin antwortete ich nicht. Stattdessen sah ich wieder zu den Sternen. Ein Rascheln ließ mich wieder zu Hylia sehen. Sie hatte ein Pergament in … der … Hand… Schitt! Ich ruckte vor und zog ihr das Blatt aus der Hand. “Und Privatsphäre ist euch ein Fremdwort, hm?” “Gehört dieser Text zu der Melodie von vorhin?” “Nein.” Diese Niederschrift war noch nicht ausgereift. “Schade.” Ich faltete das Pergament und ließ den Vogel von der Mauer segeln. Ein leichter Windstoß hob ihn noch einmal und trug ihr in Richtung Osten. “Wem schickst du es?” “Meiner Welt.” denn die bestand nur aus ihm. Kapitel 37 ---------- Die letzten Tage waren das totale Grauen für mich. Farore sei Dank war Freitag. Dass dieser Anfall jetzt schon drei Tage dauerte schlug mir gewaltig auf die Laune. Ich hatte heute schon die letzte Stunde Magie geschwänzt, weil ich einfach nicht mehr still sitzen konnte. Zelda war ausgerastet, als ich in der Pause immer hin und her gelaufen war. Scath musste sie festhalten, bevor sie mir den Hals umdrehen konnte. Das Zeichen für mich, meine Runden wo anders hin zu verlegen. Momentan kam ich langsam wieder runter, da als Nächstes Ritterkunst anstand. Gestern hatte Ganondorf mich nicht einmal aufgehalten, als ich eine Runde nach der anderen gerannt war. Hätte wahrscheinlich sowieso keinen Sinn gehabt. Ich sah nur kurz auf, als Ganon sich uns näherte. Verdammt, ich konnte ihn nicht einmal anstarren, ohne dass mein Körper nach Bewegung schrie! Auch seine Stimme holte mich nicht in die Realität zurück. “LINK!” Anscheinend doch. Verwirrt blieb ich stehen und drehte mich um. Ganon schien auf irgendwas zu warten und da ich als Einziger noch hier war, meinte er wohl mich. Ups. Er deutete auf den Platz vor sich und ich folge fast schon automatisch. “Hast du das immer noch?” Ich nickte, während ich unruhig vor mich hinzappelte. Er seufzte. “Dann muss ich dich so lange vom Unterricht ausschließen." Stopp! “WAS?” Jetzt sah er mich verwirrt an. “Was soll das werden?” “Sie können mich doch nicht einfach vom Unterricht ausschließen!” Es war mir sogar egal, dass ich ihn anschrie. “Mäßige deinen Ton!” “Dann schmeißen Sie mich nicht raus!” “Sei endlich still!” Ich zuckte wie geschlagen zusammen. “Du magst vielleicht der Beste in diesem Kurs sein, aber darum kannst du dir nicht alles rausnehmen!” Jetzt hatte ich ihn richtig wütend gemacht. “Auch wenn du es nicht einsehen willst, du bist momentan krank! Und das verantworte ich nicht noch einmal!” “Warum noch einmal?” Ich hatte seit fast drei Tagen nichts Richtiges gegessen. Erwartete der, ich konnte ihm folgen? Er sah mich an, als ob er einem kleinen Kind eine richtig schlechte Nachricht überbringen musste. “Eigentlich hätte ich dich gestern schon nicht mitmachen lassen dürfen.” “Dann lassen Sie mich doch mitmachen! Auf Eigenverantwortung!” “Nein.” “Glauben Sie etwa, ich weiß nicht, was ich mir zumuten kann?” Ich wurde schon wieder lauter, wie ich am Rande bemerkte. Ebenso, dass Ganondorf mittlerweile leise vor sich hin knurrte. “Du überschätzt dich!” “Dann tue ich das eben! Aber das braucht Sie nicht zu interessieren!” Na los! Greif mich an! Denn dann hältst du deine Klappe und ich kriege meine Bewegung! “Ob mich das interessiert oder nicht ist hier vollkommen irrelevant. Du nimmst heute nicht am Unterricht teil!” Er deutete an mir vorbei. “Setzt dich hin und verhalte dich ruhig.” “Wenn Sie glauben, ich bleibe zum Nichtstun hier, haben Sie sich geschnitten!” Ich drehte mich wütend um und stapfte in Richtung der Umkleiden davon. “Wag es nicht, zu schwänzen!” “Darauf würde ich an ihrer Stelle nicht wetten!” Er folgte mir nicht, also verschwand ich einfach. Kapitel 38 ---------- “Ey, du lebst ja noch.” Ich sah kurz zu meinem Bruder, bevor ich meinen Kopf wieder in meinen Armen vergrub. “Ich habe richtig Mist gebaut.” “Oh ja.” Scath setzte sich ebenfalls an den Frühstückstisch. “Gerodu war am Freitag noch die ganze Zeit über extrem mies gelaunt. Ich glaube, er wollte am Liebsten jemanden langsam und genüsslich den Hals umdrehen.” Toll. Ich sollte mich am Besten gleich selbst umbringen. Auch Ann hatte sich mittlerweile zu uns gesellt. “Ich habe gestern noch einmal mit Nani telefoniert. Sie meinte, ihr Onkel hatte das ganze Wochenende nicht die beste Laune.” Phai, bitte erlöse mich. Dass das Master - Schwert prompt warm wurde, machte die Sache auch nicht besser. “Apropos.” Jetzt sah ich doch zu meiner kleinen Schwester. “Sie meinte am Freitag, Herr Gerodu sei noch Solo.” Scath verschluckte sich an seinem Kakao und fing an zu husten. Während mein Bruder um sein Leben kämpfte, starrte ich unsere Kleine an. “Willst du mich so sehr unter der Erde sehen?” “Ach Quatsch.” Ann wank ab. “Nani hat gefragt, warum ein Kerl wie du keine Freundin hat. Irgendwie sind wir dann auf unsere Klassenkameraden zu Sprechen gekommen. Und weil es so schön zum Thema gepasst hat, hab ich sie nach ihrem Onkel gefragt. Er soll sich jedes Mal die Ohren zuhalten und anfangen zu singen, wenn das Thema in ihrer Familie aufkommt.” Ich erbarmte mich, Scath auf den Rücken zu klopfen, während ich weiterhin Ann anstarrte. Sie war irgendwann der letzte Nagel zu meinem Sarg. Ein paar Minuten später sprach Scath ein ganz anderes Thema an. “Was hast du jetzt vor?” “Was wohl?” Ich zuckte mit den Schultern. “Ich werde mich entschuldigen. Ob er mich doch noch umbringt, werde ich dann sehen.” “Was wahrscheinlich ist. Du hast dich wie ein Drache im Porzellanladen aufgeführt.” Und Scath wusste wovon er sprach. “Na wenn es so harmlos war, habe ich ja gute Chancen.” Galgenhumor, ne? Oma legte unsere Frühstückspakete auf den Tisch und war dabei recht amüsiert. “Mach dir nichts draus, Link. Jeder hat mal einen richtig miesen Tag.” “Nur leider habe ich ausgerechnet Herrn Gerodu angeschrien und auch beleidigt.” Seufzend war ich kurz davor, mich irgendwo zu verkriechen. So für die nächsten zehn Jahre… Oma biss gerade selbst in ein Brötchen, während sie mich musterte. “Du magst ihn, hm?” “Ich habe nicht aufgepasst.” Kurz rang ich mit mir, doch Oma hatte die Wahrheit verdient. “Hab mich schnellen in ihn verknallt als ich was dagegen tun konnte.” Ein Glucksen ließ mich wieder aufsehen. “Da hast du dir ja eine Nuss ausgesucht.” “Danke auch.” Ich war verranzt. Und meine Geschwister lachten nur. Kapitel 39 ---------- Jetzt saß ich schon seit zehn Minuten vorm Lehrerzimmer für Ritterkunst. Wenn Ganondorf nicht bald auftaucht, würde ich doch noch abhauen. Zum Anfang hatte ich noch vor der Tür gestanden, bis ich wieder angefangen hatte hin und her zu laufen. Sitzend wurde es nicht besser, aber zumindest kam ich mir nicht mehr wie ein aufgescheuchtes Huhn vor. Seufzend ließ ich den Kopf hängen, wobei mir einige lange Strähnen ins Gesicht fielen. Für den Pferdeschwanz an einem Schultag würde Ann irgendwann noch leiden. Nicht, dass es sie abschrecken würde. Erneut kamen Schritte in meine Richtung, aber dieses Mal sah ich auf. Ganondorf hatte immer noch miese Laune, sodass ich mich automatisch kleiner machte. Link, reiß dich zusammen! Wenn du das jetzt nicht klärst, wird das immer zwischen euch stehen. Auch wenn ich keine Chance hatte, den Platz neben ihm wieder für mich zu beanspruchen, ich wollte es mir nicht mit ihm verscherzen. Und vielleicht… Einbildung ist auch eine Bildung. “Guten Morgen.” Fast ließ er seinen Schlüsselbund fallen. Hatte er mich zusammengekauertes Elend etwa nicht bemerkt? Sein Blick schien mich fast zu durchbohren. Schlechte Laune war wohl doch ne gewaltige Untertreibung. “Was willst du denn hier?” Toll. Ich war so was von durch. Ich neigte den Kopf - zum Glück saß ich noch, ansonsten wäre ich spätestens jetzt abgehauen. “Es tut mir leid.” Das Rascheln seiner Klamotten beruhigte mich nicht gerade. “Erkläre dich.” Typisches Eigentor. “Ich habe am Freitag meine schlechte Laune an Ihnen ausgelassen.” Ich biss mir auf die Lippe, bevor ich leiser fortfuhr. “Und dabei wollten Sie mir nur helfen.” Sein Blick wurde noch einen Zacken schärfer. Ich fühlte mich wie auf dem Seziertisch. “Das fällt dir ja früh auf.” Wann hatte er seine Stimme durch ein Schwert ersetzt? Ich nickte nur, während ich meine Beine noch weiter anzog. Stolz wurde sowieso überbewertet. “Sieh mich wenigstens an, wenn du mit mir redest!” War ja klar. Keine Ahnung, ob man mir meine Panik ansah, aber ich hob den Kopf trotzdem. Er schien irgendwer anderes erwartet zu haben, denn Ganondorf blinzelte mehrfach schnell hintereinander. Am Liebsten hätte ich mich wieder weg gedreht, aber ich wollte ihn nicht erneut wütend machen. Plötzlich seufzte er. “Erkläre wenigstens, was das sollte.” “Ich habe nicht nachdenken können.” Eigentlich wollte ich das nicht erzählen, aber hey was soll’s. “Wenn ich diese Anfälle habe, verlangt mein Körper noch mehr nach Bewegung als sonst schon. Und der Nährstoffmangel beeinflusst das rationale Denken.” “Wie lange hast du das schon?” Das ging ihn zwar nichts an, aber ich plauderte gerade sowieso aus dem Nähkästchen. “Seit meinem dritten Lebensjahr. Ich Schnitt habe ich dazwischen ein halbes bis dreiviertel Jahr Ruhe.” Kurz schien er zu rechnen, wannen das nächste Mal so weit war. “Wie sehr tut es dir leid?” “Ich kann leider nicht durch die Zeit reisen und es ungeschehen machen.” War ne blöde Antwort, aber mir fiel spontan nichts Besseres ein. “Du kannst nichts einfach ungeschehen machen.” “Ich weiß.” Das hatte ich schon oft genug versucht. Es ging einfach nicht. Irgendwas schluckte er herunter, bevor er total entnervt klang. “Jetzt steh endlich auf! Du bist doch kein Diener oder Sklave!” So schnell, wie es mir möglich war, kam ich auf die Beine. Allerdings musste ich mich wieder an die Wand lehnen, da mir ein Bein eingeschlafen war. “Hab ich was von einem Preis fürs schnelle aufstehen erzählt?” Nur knapp konnte ich mir das Lachen verkneifen. Ganondorf musterte mich mit verschränkten Armen. “Wirst du noch einmal so mir gegenüber reagieren?” Schon senkte ich meinen Blick wieder. “Ich kann nichts versprechen.” Zu meiner Verwunderung nickte er. “Du wirst heute nicht am Unterricht teilnehmen. Du setzt dich an den Rand und bist ruhig.” Mir blieb nichts anderes übrig als zu nicken. Er schien kurz verwirrt aufgrund meiner bedingungslosen Kapitulation. Zumindest bis er mich wegscheuchte. “Na los. Du hast doch auch Unterricht.” “Nur Integration.” Ich antwortete mal wieder schneller, als ich nachdenken konnte. Ganon runzelte die Stirn. “Wer ist dein Lehrer?” “Kretos.” Ihm entwich ein Schnauben. “Hast mein Beileid.” Verblüfft sah ich ihn an. “Sie kennen ihn?” “Leider. Ich hatte ebenfalls das Vergnügen mit ihm.” Er schüttelte den Kopf. “Verschwinde schon.” Ich nickte, bevor ich mich zum Gehen wandte. “Woran liegt es?” Ruckartig blieb ich stehen. Interessierte ihn das wirklich oder halluzinierte ich? Er sah mich seltsam interessiert an. Ich atmete tief durch, bevor ich ihm die selbe Antwort gab wie auch schon einem guten duzend Heilern. “Meine Seele schreit.” Tatsächlich stutze er, bevor er nickte. “Herr Gerodu!” Das war das Zeichen für mich zu verduften. “Floria, was gibt es?” “Der Unterricht hat vor zehn Minuten begonnen.” “Ich bin gleich da.” Kretos würde mich umbringen, aber egal. Der konnte mir sowieso nichts. “Hey, du da.” Verwirrt blieb ich stehen. Meinte der mich? Ein Blick in die Fensterscheibe und das Spiegelbild offenbarte: Ja. Was bitte wollte der von mir? Ich hatte den meines Erachtens nach noch nie gesehen. “Ich habe ja schon gehört, dass wir ein paar Mädchen in der Stufe haben, aber dass ausgerechnet Gerodu eines Unterrichtet, hätte ich nicht gedacht.” Nein, der meint mich nicht. Nein, der meint mich nicht. Mit diesem Mantra im Hinterkopf schlug ich erneut den Weg in Richtung Unterricht ein. “Hey, ich rede mit dir!” Ich aber nicht mit dir. Mal ernsthaft. Der ging mir doch nicht einmal bis zu den Augen. Außerdem waren weder meine Figur noch mein Auftreten besonders weiblich. Kannte der keine anderen Mädchen, an die er sich ranschmeißen konnte, oder jagte der allem mit längeren Haaren hinterher? Nicht, dass mich so eine Verwechslung groß störte, aber man sollte doch wenigstens seine Augen benutzen können. Leider brachte die Ignorieren - Taktik dieses Mal absolut nichts. Dieser Florian lief mir auch noch hinterher! Galt Ganons Magie-Verbot eigentlich auch in fremden Unterricht? Denn es reichte mir gerade. So jagte ich ihm nur Sekunden später meine Lieblingsflamme auf den Hals. Warum sie die Form eines ausgewachsenen Lava - Drachenoiden annahm? Weil Volva nie etwas dafür konnte. Warum das Feuer in verschiedenen Grüntönen brannte? Keine Ahnung. Warum Scaths Adoption dieses Tricks pechschwarz war? Was weiß ich. Warum das Gleiche bei Ann einen schneeweißen - weiß, nicht farblos! - Drachen ergab? Fragt Naryu, oder an welchen Gott ihr auch immer glaubt. Warum Ganondorf gerade kopfschüttelnd daneben stand und keinen Ton sagt?… Verdammt! Kapitel 40 ---------- Ich schloss nur schnell meine Sachen weg, bevor ich mich ohne mein Schwert nach draußen aufmachte. Scath hatte ich schon in Ganondorfs Bedingungen eingeweiht, weshalb zumindest er mir nicht nachstarrte. Draußen ließ ich mich gleich neben einer Bank auf den Rasen fallen. Ganondorf hatte nicht ausführlich gesagt, wo ich bleiben sollte, also würde das schon o.k. sein. Dass die Anderen mich doof anstarrten, während sie nach und nach eintrudelten, versuchte ich bewusst zu missachten. Es gelang mir nicht wirklich. Als Ganondorf erschien, zog ich abermals die Beine an. Er hatte zwar nicht mehr ganz so schlechte Laune, aber sicher war sicher. Kaum lief der Rest meiner Klasse ihre Runden, sah er kurz zu mir herüber, kümmerte sich aber nicht weiter um mich. Zehn Minuten später stellte ich fest: Ich hätte mir was zu Lesen mitbringen sollen. Obwohl mir sterbenslangweilig war, stand ich nicht auf um mir eine Beschäftigung zu suchen. Diese Misere hatte ich mir selbst eingebrockt, also würde ich sie auch selbst wieder auslöffeln. Das änderte trotzdem nichts daran, dass mir aufs Äußerste langweilig war! Es war nicht mal lustig, den Anderen bei ihren Übungen zuzusehen. Eher frustrierend. Aber eine Sahen war trotz allem vorteilhaft. Ich konnte durchgehend unseren Lehrer beobachten, ohne dass es seltsam erschien und allen möglichen Leuten auffiel. Und zur Abwechslung hörte ich auch mal das Pausenklingeln, welches Ganon sonst immer erfolgreich ignorierte. So auch heute. Irgendwann recht zu Beginn der zweiten Stunde hörte ich Schritte. Als ich aufsah, erblickte ich den Jungen von heute Morgen. Irgendwas mit ´F´… Ach egal. Vorsichtshalber rutschte ich etwas nach hinten und verschwand so aus seinem direkten Blickfeld. Wer wusste schon, was der hier wollte. Sein Blick glitt mehrfach über meine Klasse, bis er bei Zelda hängen blieb. Er musterte sie kurz, suchte dann aber weiter. Jeder Zweifel verflog. Der wollte irgendwas von mir. “Florian, scher dich in deinen eigenen Unterricht!” Oh, Ganondorf hatte ihn bemerkt. “Verzeihung Herr Gerodu. Ich suche das Mädchen von heute morgen.” Kurz sah Ganondorf ihn an. “Was für ein Mädchen?” “Na, die mit den langen blonden Haaren. Sie haben sich doch heute Morgen mit ihr unterhalten und sind deswegen etwas zu spät gekommen.” Zu meiner Verblüffung schüttelte Ganon den Kopf. “Ich habe heute Morgen mit keinem Mädchen gesprochen. Da musst du dich täuschen. Scath war mittlerweile stark amüsiert. Und Zelda sah mich fragend an, woraufhin ich nur mit den Schultern zucken konnte. Was weiß ich, warum er mich gerade deckte. Denn dass er wusste, dass ich damit gemeint war, stand außer Frage. ”Und jetzt scher dich weg. Du störst die Konzentration der Klasse.” Damit drehte Ganon sich wieder eben genannten zu. Von ´Konzentrationsstörung´ konnte keine Rede sein. Die lag fast geschlossen auf dem Neuling. “Aber Frau Xia meinte, ich solle sie so schnell wie möglich suchen!” Was hatte unsere Magie - Lehrerin damit zu tun? “Ach, und warum?” “Wegen der Drachenflamme.” Die Antwort gefiel Ganondorf affensichtlich nicht. “Drück dich klarer aus!” Der war einer der Vielen, die den totalen Bammel vor Ganon hatten. Wie das erst wäre, wenn er sich wie Früher benehmen würde… Hyrule wird mit solchem Ritternachwuchs untergehen. “Frau Xia meinte, die Verbrennung einer magischen Flamme könne nur von dem Magier geheilt werden.” Dabei rollte er seinen Ärmel hoch. Falls ich in diesem Moment verblüfft wirkte, war das eine blanke Untertreibung. Aber er hatte wirklich eine frische Brandverletzung. Die stammte nur mit Sicherheit nicht von mir. So etwas Unförmiges war weit unter meinem Niveau. “Aha.” Wow, Ganon war voll überzeugt. “Und da glaubst du, hier fündig zu werden? Als ob die drei Damen hier nicht schon reichen würden.” Ein Glucksen lief durch unsere Reihen, welchem sich auch Miriam und Zelda anschlossen. Theska sah nur ganz entgeistert zu unserem Lehrer. Flo - irgendwas - sah ihn ebenfalls geschockt an. Dann schwankte er wieder zu Zelda und starrte sie an. Prinzesschen kam die Augen verdrehend näher. “Ich war pünktlich zum Unterricht.” Damit drehte sie sich elegant, wie es nur eine Königstochter konnte - um und ging wieder an ihren Platz zurück. “Da hast du es.” langsam aber sicher war Ganon wieder auf 180. “Verschwinde schon.” F… Ach verdammtes Namensgedächtnis!… sah Ganon noch etwas hinterher. “Wenn ich mich so sehr im Alter verschätzt habe, könnten Sie es mir auch sahen.” Es war aus. Scath musste sich an Miri festhalten, um nicht vor Lachen zu Boden zu gehen. Gar nicht so leicht, wenn besagte Rothaarige ebenfalls recht stark amüsiert war. Die Beiden waren nicht die Einzigen, die ihre Belustigung offen zeigten. … ach, ihr wisst schon… starrte meine Klasse verdattert an. Er verstand beim besten Willen nicht, was hier so lustig war. Es dauerte ein paar Minuten, bis sich mein Bruder auch nur im Ansatz beruhigte. Als er endlich wieder auf dem Boden der Tatsachen war, grinste er den Neuen an. “Also ich kenn ja nur ein Mädchen, das eine Flamme in Form eines Drachens beschwören kann.” Schon hatte er die Aufmerksamkeit der gesamten Klasse, inklusive Ganondorfs. “Allerdings wirst du sie nicht meinen.” Fast lachte Scath wieder los. “Erstens hat sie braune Haare, keine Blonden. Zweitens trägt sie heute keinen Pferdeschwanz. Drittens ist ihre Drachenflamme - wie du es nennst - schneeweiß und nicht grasgrün.” Zelda sah ihn Stirnrunzelnd an. “Meinst du deine kleine Schwester?” “Na, wen denn sonst?” So langsam fing es bei dem Neuling an, zu rattern. “Warte mal, ich habe nie etwas von einer grünen Flamme gesagt.” “Tja, ich kann anscheinend hellsehen.” Scath grinste dazu. “Aber im Ernst jetzt. Ich kenne insgesamt nur drei Personen, die eine riesige Flamme in Form eines Drachenoiden beschwören können. Meine kleine Schwester eine weiße, ich eine schwarze, also bleibt nur die Grüne.” “Ähm…” Blinzel, blinzel. “Cousine?” Ein erneuter Lachflash ging durch die Reihe. “Nein, du Trottel! Ich rede von meinem Zwillingsbruder!” Kurzzeitige Stille, bis ein lautes “WAS?” über den Platz hallte. “Das heißt ´Wie bitte´.” Aslam hatte es auf den Punkt gebracht und die nächste Welle Lachen ausgelöst. Scath grinste, deutete dann an ihm vorbei in meine Richtung. Leider verfügte ich nicht über den viel berüchtigten bösen Blick, denn dann wäre mein Bruder jetzt gerade umgekippt. Zu allem Überfluss sah ich noch, wie der sich zu mir drehte, bevor ich mich in meinen Knien vergraben konnte. Toll… In dem Moment, wo er in meine Nähe kam, holte ich abermals Volva heraus. Mehr als ein japsendes Geräusch drang an meine Ohren, sodass ich wieder aufsah. Jetzt war ich mal wieder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wat solls. Volva hatte sich zweimal um mich gelegt während sein Kopf neben mir in der Luft hing. Dabei grummelte er vor sich hin. “Sag mal, willst du mich jetzt komplett umbringen?” Das nächste diesmal laute Knurren kam direkt von mir. “Verarschen kann ich mich allein.” Der sah mich weiterhin nur verdattert an. Ich schnaubte nur genervt. “Wenn du schon so wenig über magische Flammen weißt, woher wollst du dann wissen, dass es eine ist?” “Was meinst…” Ich unterbrach ihn knurrend. “Magische Flammen verbrennen nur, wofür sie erschaffen wurden. Glaubst du wirklich, ich würde mich mit so etwas Ordinärem zufrieden geben?” Dabei deutete ich wage auf die Brandverletzung. “Willst du dich jetzt drücken?” “Verschwinde, oder ich verpasse dir eine narbe, die einer magischen Flamme würdig ist.” Das half endlich mal. Kaum war er außer Hörweite, kam Ganon zu mir herüber. “Warum warst du wirklich sauer auf ihn?” Ich zuckte mit den Schultern, dabei Volva verschwinden lassend. “Eigentlich nur wegen der billigen Anmache heute Morgen. Dass er mich für ein Mädchen gehalten hat, finde ich eher weniger tragisch. Passiert mir zu oft.” “Du kannst deine Flamme gut genug kontrollieren? Nickend beschwor ich ein kleineres Feuer, passend für meine Hand. Zu meiner Verblüffung hielt Ganon erst seine Hand hinein und anschließend - da nichts passierte - eine Seite aus seinem Notizbuch. Erst geschah nichts, dich dann ließ ich ein drachenoidenförmiges Loch brennen. Ganondorf staunte nicht schlecht, als er den Zettel gegen Himmel hielt. Nein, ich würde nicht rot anlaufen und starr mich gefälligst nicht so an! Bevor ich doch noch etwas Dummes tat, ließ ich mich wieder auf meinen Platz plumpsen. Aus dem Augenwinkel konnte ich noch sehen, wie er das Blatt wieder in sein Notizbuch packte, bevor er zu den Anderen zurück ging. Kapitel 41 ---------- Ich starrte schon weder aus dem Fenster. Nur konnte ich diesmal nicht Ganon beobachten. Denn es schneite. Passend am letzten Tag vor den Ferien. Ein Tritt an meine Stuhllehne ließ mich zu meinem Bruder sehen. Der deutete nur nach vorne. Amnean - unser Mathelehrer - schüttelte entnervt den Kopf und befahl mich nach vorne. “Was soll das mit dir mal werden?” “Immerhin störe ich den Unterricht nicht.” Nicht so wie in anderen Fächern. Er seufzte noch einmal, bevor er mir die Kreide in die Hand drückte. “Versuch mal, die Aufgabe zu lösen.” Wenns denn sein muss… Was behandelten wir eigentlich gerade? Oh. Wahrscheinlichkeitsrechnung. Nicht, dass ich auch nur einen blassen Dunst davon hatte, aber ich hatte Phai dazu gekriegt, mir wenigstens dabei vorzusagen. So holte ich sie aus meinem Pulli, damit sie etwas sah, und schrieb unter ihrer Anweisung eine ausführliche Rechnung an die Tafel. Wohle dem, der das lesen konnte… Amnean gehörte offensichtlich dazu, so wie er mich anstarrte. “Dass eins plus eins gleich zwei ist, geht in deinen Schädel nicht rein, aber Wahrscheinlichkeitsrechnung? Im Kopf?” Ich musste grinsen. “Ich haben einen guten Geist, der mir vorsagt.” Resignierend ließ er die Schultern hängen. “Nach allem, was ich über dich weiß, glaube ich dir das sogar.” Während ich zurück zu meinem Platz ging, sah ich aus dem Augenwinkel, wie Zelda zwischen mir und der Tafel hin und her starrte. Allerdings war sie nicht die Einzige, weshalb es mich weniger störte. Kaum saß ich wieder, klopfte es und Ganondorf kam herein. “Es tut mir leid, dass ich stören muss, aber jetzt habe ich noch die Chance, dass die mir zuhören.” Dabei machte er eine ausschweifende Geste, die unsere gesamte Klasse einfasste. Amnean nickte nur und starrte weiter die Tafel an. Als Ganon sich vor uns stellte, fiel mir als Erstes auf, dass er frierte. Die Gerudo waren eben Wüstenbewohner, wo selbst im Winter zweistellige Plusgrade herrschten. “Also gut, ich muss wissen, wer von euch kein Pferd hat.” Ich meldete mich. Sofort hatte ich seine Aufmerksamkeit. Kurz sah er noch einmal über die Anderen, bevor er wieder mich fixierte. “Ich sagte ´kein´ Pferd.” Das hatte ich schon verstanden, weshalb meine Hand blieb, wo sie war. Tatsächlich hatte ich ihn damit sprachlos gemacht. Aber nur kurzzeitig. “Einer also…” Wirklich nur ich? Nun gut, was solls. Scath ritt eine braune Stute, die… Ach, was erzähle ich da. Epona war schon immer wählerisch, was ihren Reiter betraf und wird es auch immer sein. Wieder im Matheunterricht hatte Ganon diese Info gerade verarbeitet. “Im nächsten halben Jahr werden wir mit dem Reitunterricht beginnen. Ich sage euch noch rechtzeitig Bescheid.” Kaum war er verschwunden, sahen mich einige abschätzend an. Nur, weil ich keinen vierhufigen Untersatz hatte… Die Leute spinnen, wenn sie jemanden auf solche Kleinigkeiten degradieren. Trottel. Der Schneesturm hatte nachgelassen. Kapitel 42 ---------- Gähnend trat ich aus dem Klassenzimmer. Für alle, die es noch nicht bemerkt hatten: Ich hasse Mathe! Auch wenn Phai ab und an für einen Lacher gut war. “Hey!” Was war letzte Zeit eigentlich los? Drei, die schätzungsweise aus der Sechsten kamen, hatten sich im Gang aufgebaut. “Wenn ihr was von mir wollt, dann lasst euch gesagt sein, dass ich nach Theoriestunden nie die beste Laune habe.” “Willst du uns verarschen?” “Nur vorwarnen.” “Link!” Scaths Stimme war zu leise, als dass die ihn hätten hören können. “Mach bitte keinen Ärger.” “Als ob ich Ärger mache. Das sind immer die Anderen.” Während Scath sich an die Stirn schlug, machte der fast Kahlrasierte einen Schritt auf mich zu. “Machst du dich gerade über uns lustig?” “Habe ich denn einen Grund dazu?” Ich ließ ihn noch zwei Sekunden zappeln, bis ich weiter sprach. “Was wollt ihr?” “Wir haben gehört, du kleiner Bastard…” Ich hatte ihm schneller eins in die Fresse gegeben, als jemand reagieren konnte - mich eingeschlossen. Verdient hatte er es. “Der Nächste, der dieses Wort in meiner Gegenwart verwendet, dem brech ich den Kiefer, dass er nie wieder reden kann.” Ich atmete tief ein. “Ist das klar?” Kurz herrschte Stille. Dabei konnte ich erst einmal schauen, was mit dem war, dem ich eine gefeuert hatte. Er lag fast zehn Meter entfernt am Boden und rührte ich nicht. Da hatte ich wohl etwas stark zugehauen. “Du…” Der Rechte - fast genauso geistreiche Frisur - trat einen Schritt auf mich zu. Bevor er nach mir greifen konnte, riskierte ich was. Diese Teleportation funktionierte, da ich mich nur einen halben Meter nach vorne Bewegt hatte. Ich ging auf den Bewusstlosen zu - die Unbeteiligten machten automatisch einen Schritt zurück. Neben ihm blieb ich stehen, besah ihn kurz, bis ich ihn mit dem Fuß aus den Rücken drehte. Da es immer noch bewusstlos war, trat ich ihm noch einmal in die Rippen. In dem Moment, in dem er sich aufrichtete, griff ich ihm an die Kehle und krachte ihn gegen die nächste Wand. Am liebsten würde ich ihm die Kehle durchschneiden. Nicht genug, dass er sofort abkratzte, aber genug damit er auf keinen Fall überlebte. Nur leider waren wir für diesen Drang in der falschen Ära. Also etwas harmloseres. “Spuck aus, was du willst, oder schweig für immer.” Es dauerte ein paar Sekunden, bis er merkte, dass ich ihn nicht so schnell loslassen würde. “Warum will jemand so Abnormales ausgerechnet Ritter werden?” Mit dieser Bezeichnung wiederum hatte ich kein Problem. Stattdessen konnte ich mir ein Glucksen nicht verkneifen. “Wäre doch langweilig, wenn alle nur normal wären.” Ich ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. Er rieb sich den schmerzenden Hals. “Pah! Wenn man noch nicht einmal reiten kann, hat man als Ritter nichts zu melden.” “Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?” Ich nuschelte nur. Kopfschüttelnd beschloss ich, ihn etwas zu provozieren. “Du glaubst doch wohl nicht, dass dir dieser Bonus etwas bringen würde?” Dem ersten Schlag von hinten wich ich eher intuitiv aus. Der Nächste traf ebenfalls nur Luft. Grinsens blieb ich an der Treppe stehen. “Mann. Ich dachte ja, ihr seit nur langsam, aber euch überholt ja noch die älteste Schildkröte.” Und Abgang. Fast so schnell wie ich konnte, rannte ich die Treppe hoch. Woher hatte ich gewusst, dass sie mir folgen? In der obersten Etage wartete ich auf sie, nicht dass sie verloren gingen. Kaum hatten sie schnaufend aufgeholt, rannte ich weiter. Fast am Ende des Ganges fand ich eine Tür zum Dach. Sie war abgeschossen, aber das hielt mich nur kurz auf. Der Schnee hier oben war noch unberührt. Ich stapfte langsam in Richtung Dachrand. Von hier oben hatte man eine wunderbare Aussicht. Erst als die Drei ebenfalls auf das Dach kamen, drehte ich mich wieder zu ihnen um. Anerkennend hob ich eine Augenbraue. Sie hatten sich genau richtig positioniert, um mich einzukesseln. “So, jetzt haben wir dich.” “Sicher?” Grinsend trat ich einen Schritt zurück. Der Linke - Gehirn der Gruppe? - stutzte. “Hinter dir ist der Rand.” “Ich weiß.” Noch ein Schritt. Während auch die anderen Beiden geschockt stehen blieben, starrte ich auf einen Punkt hinter ihnen. Dort im Schnee zeichnete sich ein großer Schatten an. Nicht, dass die ihn bemerkten, aber er war mein Freifahrtschein hier raus. Langsam wurden sie nervös, da ich mich immer weiter dem Abgrund näherte. “Hey hey.” Der Linke hob seine Hände. “Mach keinen Scheiß, o.k?” Mein Grinsen wurde etwas breiter. “Warum ich?” Ein Schritt. “Ihr habt hier doch den Mist gebaut.” Noch ein Schritt. In dem Moment, wo einer anfing zu wimmern, drehte ich mich um, rannte die letzten Meter zum Dachrand und sprang. Ich kam höchstens zwei Meter weit, da stieß ich auf etwas großes Rotes. Noch während ich mich in dem Fell verkrallte, ging es wieder aufwärts, bis auf Dachhöhe. Ich musste mir aufgrund der dummen Gesichter das Lachen verkneifen. “An eurer Stelle wäre ich vorsichtig. Reon mag es gar nicht, wenn seine Beute zu sehr rumzappelt.” Er gab einen zustimmenden Ton von sich. “RAAAH!” kaum verhallte dieser dreistimmige Schrei, fielen sie fast übereinander, beim Versuch schnell vom Dach zu kommen. Ich konnte nur den Kopf schütteln. “Feiglinge.” “Vielleicht wäre es anders, wenn du mich nicht immer als Fleischfresser hinstellen würdest.” Ich musste glucksen. “Als ob du etwas gegen ein Schnitzel einzuwenden hättest.” “Schon, aber Menschenfleisch schmeckt nicht.” Fast wäre ich lachend von ihm gefallen. ”Lebensmüde?” “Nein Danke. Heute nicht.” Ich nutzte die Gelegenheit, um mich erst einmal richtig auf seinen Rücken zu setzten. “Das kann ich doch meinem Lieblingswolkenvogel nicht antun.” Dabei kraulte ich ihn im Nacken. “Phöh!” Trotz dieser Reaktion wusste ich, dass er die Zuwendung genoss. Während Reon hier seine Runden drehte, wurden immer mehr Schüler auf uns Aufmerksam. Selbst, wenn einer von denen uns unwahrscheinlicher Weise hören sollte, war es nur halb so wild. Reon sprach zwar - wenn er denn Lust dazu hatte - allerdings nur die älteste mir bekannte Form des Hyrulanischen. Kapitel 43 ---------- Ein lauter Pfiff hallte über den Platz, noch bevor wir überhaupt in die Nähe der Umkleiden waren. Ganon stand mitten auf dem Platz. Sah mit dem leichten Schneefall irgendwie surreal aus. Verwirrt versammelten wir uns um ihn. Er hatte uns noch nie zusammen gerufen, bevor die Stunde los ging. Warum machte er das nicht drinnen? Es war doch offensichtlich, dass er sich gerade irgendwas abfror. Kurz sah er über uns. Durchzählen tat er aber nicht. “Irgendwie sind diese Idioten von der Schulleitung auf die dämliche Idee gekommen, dass am letzten Tag vor den Ferien die letzten Stunden ausfallen können.” Bevor das große Jubeln losbrach, hängte er noch an: “Ich bin dagegen!” Einige sahen missmutig drein, während ich - am Rand stehend - schon wieder leicht auf und ab hüpfte. Ganon atmete doch einmal durch. “Da ich aber keine Lust habe, mich mit den Obersten anzulegen, frag ich jetzt euch.” “Bin dafür, dass wir trotzdem Unterricht machen.” Erst nachdenken, dann reden Link. Obwohl, selbst wen ich darüber nachdenke, bleibe ich bei der Antwort. “Link, halt die Klappe. Du zählst nicht.” Verdattert blinzelte ich ihn an. Das meinte der jetzt doch wohl nicht in echt. Dafür ging ein Kichern durch die Reihe. “Schließe mich Link an.” Zelda hob eine Hand. Sie erhielt einige geschockte Blicke. Da ich wusste, dass sie andauernd mit ihrem Vater im Klinsch lag, war sie zumindest vor mir sicher. Im Endeffekt hieß es neun Schüler für Unterricht und zweiundzwanzig dagegen. Ich hasste die Tatsache, dass ich von der Abstimmung ausgenommen war. Was bildete der sich ein? Gut, meine Meinung war recht vorhersehbar gewesen, aber trotzdem! Ganondorf besah sich noch einmal die Unwilligen, bevor er mir dem Kopf schüttelte. “Und aus euch soll mal was Anständiges werden? Wie denn, wenn ihr jede Chance auf Weiterbildung in den Wind schreibt?” Das hatte gesessen. Für die Ehrlichkeit zur Faulheit noch einen Rüffel bekommen. Noch bevor sich jemand rechtfertigen konnte, scheuchte er uns weg. “Los verschwindet. Ich will euch faules Pack nicht mehr sehen.” Ich glaube, so schnell waren einige hier noch nie gerannt. “Link! Du bleibst noch hier!” War ja klar. Ich gab Scath ein Zeichen, das er schon abhauen sollte und wandte mich wieder an unseren Lehrer. Ganondorf sah mich mit verschränkten Armen an. “Kein Pferd, hm?” Ich schüttelte den Kopf. “Kein Pferd.” “Das nächste Mal sagst du so was gleich. Ich habe keine Lust, jedes mal alle Eventualitäten auszuschließen.” Ich zog den Kopf ein, während ich nickte. Das war jetzt das zweite Mal, dass ich ihn so verarscht hatte. Ein Wunder, dass er mir nicht gleich den Kopf abreißen wollte. “Wie kommst du an so ein Tier?” “Reon ist mir zugeflogen. So gegen Ende der Grundschulzeit.” “Und was hat deine Großmutter dazu gesagt?” “Was soll sie schon gesagt haben? Im ersten Moment hat sie sich die Haare gerauft, bis sie bemerkt hat, dass Reon mich nicht als nächste Mahlzeit ansieht.” Ganondorf schüttelte entnervt den Kopf. “Du würdest auch einen Drachen reiten, hm?” “Ja.” Schließlich hatte ich die Ausbildung dazu. “Na gut. Los, vielleicht holst du deinen Bruder noch ein." “Guten Rutsch in neue Jahr.” Erst dann drehte ich mich um und ging ins Hauptgebäude zurück. Im Gang war die halbe Hölle los. Offensichtlich hatten wirklich alle schon Schluss. Umso verwunderter war ich, als ich meinen Namen hörte. Am Vertretungsplan stand Ann mit ihrer Truppe. Ich kämpfte mich durch die Massen und blieb schließlich bei den Mädchen stehen. “Deinem freudigen Gesichtsausdruck nach ist der Bus schon weg.” “Lustig.” Ann seufzte. “Wo ist Scath?” “Ich schätze im Bus. Gerodu wollte noch mal kurz wegen Reon mit mir reden.” “War ja klar.” Ann sah mich fest an. “Weißt du, wenn ihr nicht wie die letzten Henker fliegen würdet, wäre ich sogar zu einer Kooperation bereit.” Ich verdrehte die Augen. “Ist ja gut. Wir benehmen uns.” Ich sah zu den anderen Mädchen. “Kommt ihr weg?” Die Orni nickte als Erste. “Da sich das Wetter beruhigt hat, kann ich fliegen.” “Und wir sind im Wohnheim.” Also waren auch die Zora versorgt. “Kommt darauf an. Hat Onkel Ganon dir gegenüber etwas erwähnt?” Nani grinste mich an. Ich musste glucksen. “Nein hat er nicht. Könnte aber daran liegen, dass ich nicht sein persönlicher Postbote bin.” “Schade eigentlich.” “Ruf ihn doch an, wenn es dich so brennend interessiert.” “Keine Lust.” Die Augen verdrehend wandte ich mich wieder an meine Schwester. “Wart ihr nicht mal eine mehr?” Ann seufzte entnervt. “Frag nicht, o.k?” “Zu spät.” “Du bist schuld.” Ann tippte mir stark gegen die Schulter. “Weil Nani lang und breit über das Wochenende bei uns erzählt hat, haben wir uns mir Daria gestritten.” “Wieso?” Eine der Zoras mischte sich ein. “Stimmt es, dass du lange Haare hast?” “Wegen so einem Blödsinn zofft ihr euch?” Noch während ich die Mädchen doof anstarrte, klaute mir Ann meine Kapuze und zog meinen Zopf an die Luft. “Sie ist etwas archaisch.” “Du hast doch keine Freundin, oder?” Das war die zweite Zora. “Nein, trotzdem kein Interesse.” Ich schnappte mir Ann, warf sie über meine Schulter und drehte mich zum Hof. “Tschüss, bevor hier noch etwas passiert, was ich nicht will.” Lachend schlug mir meine Schwester an den Kopf Erinnerung 3 ------------ Rechts. Links. Tritt. Tritt. Pause. “Steh auf, Bastart.” Vergiss es. Mehrere Hände griffen nach mir und zogen mich hoch. “Hör gefälligst, wenn man dir etwas sagt.” Erneut spürte ich einen Schlag im Gesicht. Schmerz fühlte ich schon lange nicht mehr. Kaum hörte mein herzallerliebster Cousin auf, mich zu bearbeiten, hob ich den Kopf und starrte ihn an. “Sieh mich nicht so großkotzig an, Bastart.” Und wieder schlug er zu. So langsam wurde es langweilig. Plötzlich hörten die Schläge auf, weshalb ich blinzelnd in Richtung meines Peinigers blinzelte. Ein etwas älterer Junge, den als verweichlichten Händlersohn identifizierte, hatte den Spinner aufgehalten. “Lao, lass ihn lieber.” “Klappe, Weichei.” “Weißt du nicht mehr, was die reisende Seherin gesagt hat? Einer derer unbekannter Herkunft wird unser Volk retten oder untergehen lassen.” Ich konnte nicht mehr. Ich musste lauthals lachen. Laos Stimme drang trotzdem bis zu mir durch. “Hab den Bastart wohl doch einmal zu oft geschlagen.” Die anderen Beiden ließen mich los, sodass ich rückwärts bis zur nächsten Wand taumelte. Es dauerte noch kurz, bis ich genauso schnell wieder aufhörte zu lachen, wie ich angefangen hatte. “Schwächling! Wer zu feige ist, sich selbst zu helfen, der kann nur untergehen!” Laos Faust krachte direkt neben meinem Kopf aufs Mauerwerk. “Halt dich mit solchen Weisheiten zurück!” “Dann beweiß mir, dass du stark und mutig bist. In der Gruppe auf einen losgehen ist das genaue Gegenteil.” Ich atmete noch einmal tief durch. “Sieh es ein, lieber Cousin, du bist schwach und feige wie kaum einer in dieser Stadt.” “Ich beherrsche…” Doch ich unterbrach ihn gleich. “Du beherrscht gar nichts. Alle die dir folgen, tun es wegen dem Namen deines Vaters. Du bist ein Nichts.” Während der Händlersohn - dessen Name mir ums Verrecken nicht einfiel - anfing zu hyperventilieren, wurde mein Gegenüber fleckig rot vor Wut. Sah zum Schreien komisch aus. “Was kannst du denn schon, außer jemanden zu verprügeln der von deinen Sklaven festgehalten wird oder kleine Mädchen zu vergewaltigen?” Ich schubste ihn mit Leichtigkeit von mir weg. “Bring selbst etwas zu Stande.” In dem Moment, wo ich an ihm vorbei ging, rechnete ich felsenfest mit einem feigen Angriff von hinten. Leider blieb dieser aus. Ich kam sogar unbehelligt bis nach Hause. “Link?” “Hallo Vater.” Ich hatte die Tür noch nicht ganz geschlossen, da kam er aus seiner Kammer und blieb sofort geschockt stehen. “Was ist passiert?” “Das Gleiche wie immer.” Ich wollte nur noch ins Bett. Doch mein Vater machte mir einen Strich durch die Rechnung. “Link, bitte rede mit mir.” Woraufhin ich nur noch wütend wurde. “Dann fang du an. Wer ist meine Mutter?” Vater zuckte wie geschlagen zusammen. “Link. Wir hatten darüber gesprochen. Ich kann es dir nicht sagen.” “Und damit verdammst du mich zu einem Leben am Abgrund.” Ich riss mich von ihm los. “Vergiss es einfach.” “Bitte versteh doch…” “Nein!” Ich unterbrach ihn nicht gerne, aber heute musste es mal sein. “Du wusstest schon immer, dass uneheliche Kinder in unserer Gesellschaft der letzte Dreck sind. Und trotzdem setzt du eins in die Welt. Ich raff es einfach nicht!” “Weil ich deine Mutter geliebt habe! Ich tu es auch jetzt noch. Verdammt, Link! Wir waren Beide geschockt, als wir von deiner Existenz erfahren haben!” “Hättest mich halt bei ihr gelassen. Vielleicht hätte sie den Schneid die Klappe auszumachen!” “Link. Deine Mutter gehört zu den Leuten, die keine Kinder haben dürfen. Bei mir bist du sicherer.” “Sicher. Klar doch.” Ich riss mich vollständig von ihm los. Der laute Knall der Tür unterstrich meine schlechte Laune. Seufzend lehnte ich mich an die Wand. Dieser Tag war ein wirklich mieser Tag. Schlimmer als der miese Rest der Woche. Ich zog mir meine dreckige Tunika über den Kopf, bevor ich den Verband vom Vortag löste. “AAAAH!” Fast hätte ich meine Waschschale umgeschmissen, als ich zum Fenster eilte. Von hier aus konnte ich in eine der dunklen Gassen sehen und musste schlucken. Einer dieser Möchtegern - Könige hatte sich Marlia geschnappt. Ich würde ihr nicht helfen können, also kümmerte ich mich erst einmal um meine Wunden. Aber nachher… Kapitel 44 ---------- Gähnend vergrub ich mich in meinen Armen. Die Nacht war eindeutig zu kurz gewesen. “Nur keine falsche Müdigkeit vortäuschen.” Dazu rüttelte jemand stark an meiner Schulter. Ich grummelte nur. Fünf Sekunden später fuhr ich hoch und sah den Störenfried an. “Ravio? Seit wann bist du denn hier?” Er lachte nur. “Deine Leitung wird auch von Jahr zu Jahr länger.” Dass er mir durch die Haare wuschelte, überging ich einfach mal. “Aber zu deiner Frage: Noch keine Viertelstunde.” Nickend sah ich ihn an wie eine Erscheinung. “Sonst bist du doch immer der Letzte.” “Es hat Vorteile, sein eigener Chef zu sein.” Damit ließ er sich auf dem Stuhl neben mir fallen. “Aber erzähl mal, was macht die Schule?” Darüber wollte ich eigentlich nicht reden. “So lala.” “Du solltest Verkäufer werden. Ausweichend antworten kannst du schon.” “Ravio! Lass den Jungen doch erst einmal wach werden.” Oma, du bist meine Lebensretterin. “Aber Tantchen Iris…” “Nichts.” Wie um das zu Unterstreichen, stellte Oma ihm eine Kaffeetasse vor die Nase. Als sie mir einen Tee hinstellte, sah sie mich durchdringend an. “Wobei mich wundert, dass er schon auf den Beinen ist.” “Ich habe nur schlecht geschlafen, das ist alles.” Ohne das unterstreichen zu wollen, musste ich gähnen. Man oh man, ich hätte noch mindestens drei Stunden im Tiefschlaf verbringen können. “Wunder.” Dieser trockene Ton ließ mich aufsehen. “Morgen Sophie.” “Morgen Jungs. Morgen Oma.” Sophie holte sich ihr Frühstück ab, bevor sie zu uns kam. Zu meiner Verblüffung kam Oma mit. “Aber Link erzähl mal, was macht die Liebe?” Sofort vergrub ich mich wieder. “Warum fragen das ausgerechnet meine sechs Jahre ältere Cousine und mein Onkel, die Beide überzeugte Single sind?” Schon lachten sie los. Auch Oma gluckste. “Wo er recht hat, hat er recht.” “Gut, anderes Thema.” Ravio schien mich wieder zu mustern. “Will unser erklärter Vielfraß nichts essen?” “Hab schon.” Kurz herrschte Stille, bis Oma sich wieder einklinkte. “Guck nicht so, Neffe. Link saß schon hier, als ich hereingekommen bin.” Daraufhin widmeten sich alle drei wieder ihrem Frühstück. Zumindest, bis ich ein doppeltes Tapsen hörte. In dem Moment, wo ich aufsah, bemerkte ich wieder Ravios fragenden Blick. Da aber nur Momente später Scath und Miriam in die Küche kamen, war das schon erledigt. “Morgen ihr zwei.” schon war Oma wieder auf den Beinen. “Moin.” Scath ließ sich wie ein nasser Sack neben unseren Onkel fallen und blinzelte ihn an. Denn schüttelte er den Kopf. “Tschuldige Ravio. Bin noch nicht ganz da.” Was mich nicht wunderte. Scath und Ravio sahen sich so ähnlich, dass man sie für Vater und Sohn halten konnte. Der größte Unterschied neben den achtzehn Jahren waren Ravios dunkelviolette Augen. Laut dem, was ich wusste, war es einem fehlgeschlagenen Experiment während seiner Schulzeit zuzuschreiben. Auf alten Fotos hatte er noch Blaue und ne dicke Brille. Erst eine halbe Tasse Kaffee später sah mein Bruder zu mir. “Warum bist du eigentlich schon auf den Beinen?” “Konnte nicht mehr schlafen.” Auf seinen fragenden Blick hin, verdrehte ich die Augen. “Solange du und Miri eure Hormone unter Kontrolle habe, habe ich nichts dagegen, dass sie bei uns schläft.” Rot anlaufend zog er sich hinter seine Kaffeetasse zurück. Dafür hatte er jetzt unseren neugierigen Onkel am Hals. Und ich stand auf. “Bin draußen.” Da ich heute schon mal außerhalb gewesen bin, brauchte ich mir nur noch meine Jacke und meine Schuhe schnappen und schon stand ich im Schnee. Ich hielt mich am Herrenhaus, bis ich zu den Stallungen kam. Das Tor stand leicht offen, weshalb ich einfach eintrat. Eins der Pferde hob sofort den Kopf und begrüßte mich schnaubend. Ich trat an die Box und strich über die weichen Nüstern. “Guten Morgen, Epona.” Sie kam etwas näher und stupste mich an. “Nix da.” Ich schob ihren Kopf weg. “Wenn du raus willst, frag Scath. Du hast ihn dir damals ausgesucht.” Sie schüttelte sich nur, als ob sie sagen wollte: “Mir schnurz. Ich brauch Bewegung.” “Ist klar.” Ich strich ihr noch mal über die Nase, bevor ich mich umdrehte und weiter ging. “Ich glaube, ich hab Halluzinationen. Guten Morgen Link.” Glucksend drehte ich mich zu der Stimme. “Guten Morgen, Maron.” Während sie lachte, schüttelte sie ihre feuerroten Haare. Jetzt ratet mal… Ich glaube, die Antwort hat sich, oder? “Was gibt’s?” “Nicht viel.” Ich lehnte mich an die Absperrung. “Ich krieg da drin nur einen Rappel.” “Wie immer.” Sie stellte sich neben mich. “Kann es sein, dass du etwas vermisst?” “Mein Matheverständnis.” “Lustig.” Sie holte etwas aus ihrer Latzhose. “Hier.” “Mein Handy?” Verdattert nahm ich den Gegenstand entgegen. “Wo hast du das gefunden?” “Du hast es im Sommer hier liegen lassen.” “Ich wusste dieses Jahr schon einmal wo es ist?” “Trottel.” Maron schüttelte den Kopf. “Hilfst du mir?” “Klar.” Ich konnte ja mal etwas für die Familie tun. Das gesamte Gut gehörte schon seit Generationen zur Familie. Und Marons kümmerte sich darum. Einmal im Jahr in den Winterferien hockten wir hier alle zusammen und oft genug endete ich als Babysitter Erinnerung 4 ------------ Und damit war sicher, Oma schlief auch. Ich schlich mich aus dem Haus und auf die Straße. Vorsichtshalber nahm ich einige hundert Meter Abstand, nicht dass meine Geschwister aufwachten. “Reon?” Es rauschte kurz, bis er vor mir landete. Er ließ seine Flügel aufgespannt, damit er gleich wieder los fliegen konnte sobald ich auf seinem Rücken saß. “Meinst du wirklich, dass das eine so gute Idee ist?” “Nö.” Ich drängte mich an das warme Fell, damit ich weniger Luftwiderstand bot. “Aber ich bin guter Dinge. Laut den Informationen, die ich von Onkel Ravio bekommen habe, muss ich mich beeilen. Wenn ich so weiter wachse, passe ich bald nicht mehr durch die Lüftungsschächte.” Reon gab ein seufz-ähnliches Geräusch von sich. “Streng genommen ist das Diebstahl.” “Streng genommen hole ich mir nur mein Eigentum zurück.” Damit gab er Ruhe und legte stattdessen einen Zahn zu. So dauerte es nicht zu lange und wir kreisten über einem großen Gebäude. Ich ging gedanklich die Pläne durch, bis ich auf einen Schacht fast in der Mitte des Daches deutete. “Da muss ich rein.” Tatsächlich warf er mich genau darüber ab. Reon war recht tief geflogen, weshalb ich mich ganz gut abfangen konnte. Hier auf dem Dach gab es recht wenige Sicherheitsvorkehrungen, weshalb ich mich nicht lange daran aufhielt. Das Gitter vor dem Schacht war schnell entfernt und ich drin. Woher ich so genau wusste, wo ich lang musste? Ich hatte den verdammten - nicht öffentlichen - Plan auswendig gelernt. Und ein Kompass ließ sich leicht mit ein bisschen Magie improvisieren. So kroch ich mehrere Minuten durch die Schächte, und stellte eins fest: Die waren noch enger als gedacht. Irgendwann -Zeitgefühl wo bist du… bist du … du - sah ich Licht am Ende des Tunnels. Das Gitter war etwas hartnäckiger, aber schlussendlich konnte ich raus und mich erst einmal strecken. Interessiert sah ich mich um und war irgendwie enttäuscht. Insgeheim hatte ich gehofft, an den Gerüchten aus der Schule sei etwas dran. Es hieß, nachts wird im Museum alles lebendig. Fehlanzeige. Schade. Trotzdem schnell weg hier. Am Eingang zum Nachbarsaal blieb ich stehen und kramte in meinen Taschen. Gefunden. Wenn Onkel Ravio rauskriegt, dass ich ihm das geklaut habe, bin ich so dermaßen geliefert. Ich aktivierte den Störsender und wartete kurz. Da nichts passierte, rollte ich ihn in den Saal. Es passierte immer noch nichts. Unschlüssig stand ich nun da. Wie bemerkte man, ob das Ding funktionierte? Irgendwann beschloss ich, auf mein Glück zu hoffen. Wenn der Sender nen Schaden hatte, würde ich es schon merken. Spätestens, wenn ich von Sicherheitskräften umgeben bin. Vor dem Podest blieb ich Stirn runzelnd stehen. Wo waren die magischen Sicherungen abgeblieben? Irgendwas lief hier gerade nicht, wie es sollte. Vorsichtshalber sandte ich einen Magiepuls aus, aber kein Zauber sprang an. Dafür kam plötzlich eine Welle zurück, dass es mich fast von den Füßen fegte. Verdattert sah ich auf und stellte fest, dass das Master-Schwert pulsierte. Was war denn jetzt kaputt? Jetzt fühlte ich mich doch etwas unwohl. Was, wenn das eine Falle war und ich geradewegs hinein rannte? Und warum bitte fing ich ausgerechnet jetzt an, darüber nachzudenken? So etwas war mir früher oft genug passiert und ich hatte jedes Mal überlebt. So steig ich die handvoll Stufen nach oben. Vor dem Schwert beugte ich mich etwas herunter, bis auf Höhe der Parierstange und sagte das Erste, was mir in den Sinn kam. “Buh!” Das Pulsieren wurde zu einem Leuchten, bis sich über dem Schwert eine mir wohlbekannte Figur abzeichnete. “Gebieter.” Also damit hatte ich nicht gerechnet, weshalb ich mal wieder losplapperte ohne nachzudenken. “Ich hab dir schon tausend Mal gesagt, du sollst mich Link nennen.” Phai starrte mich an. Ich starrte sie an. So ging das einige Augenblicke, bis ihr Verstand als Erstes etwas ausspuckte. “Die Wahrscheinlichkeit…” “Schon gut.” Ich unterbrach sie schnell. “Phai, bitte erzähl mir nichts von Wahrscheinlichkeiten. Mein Kopf brummt so schon zu genüge.” Sie akzeptierte es mit einem leichten Kopf senken. “Ihr benötigt meine Klinge.” “Momentan nicht.” Ich verschränkte die Arme vor der Brust. “Es ist eher ein ungutes Gefühl. Ich meine, ich erinnere mich. Irgendwas werden die Göttinnen sich dabei gedacht haben. Was mich zu der Frage bringt, warum bist du wach?” “Vor etwa 126 Tagen, 10 Stunden und 43 Minuten hat mich ein magischer Impuls geweckt.” Ups. “Das könnte ich gewesen sein. Sorry. Ich wollte nur wissen, ob du es wirklich bist, oder mich diese Replikat - Macher auch schon in die Irre geführt haben.” Ihr fehlende Antwort sagte alles: Sie hatte keinen Dunst, was ich gerade sabbelte. Ich seufzte. “Also, was meinst du? Ich habe zwar momentan keine Goblins zu verprügeln, aber möchtest du nicht trotzdem mitkommen? Dann kann ich dich auch mit den Eigenheiten dieser Ära vertraut machen.” “Es wäre mir eine Ehre.” Nickend überbrückte ich die Distanz, umfasste den Griff und zog. Leicht wie eine Feder fiel das Schwert der Götter in meine Hand… Was soll das? So ne heilige Klinge ist verteufelt schwer! Dazu kam noch das Gewicht der Schwertscheide, welchen plötzlich auf meinem Rücken auftauchte. Memo an mich: Bei Gelegenheit Phai fragen, wie das funktionierte. Zu meinem Glück entschied sie sich, den Rest selbst zu machen, als das Schwert aus meiner Hand flog und seinen Platz fand. Ich meine, ich bin elf. Schon mal in dem Alter versucht, mit einer Klinge für Erwachsene umzugehen? Falls ja: warum habt ihr euch nicht selbst aufgeschlitzt? Bevor ich ging holte ich noch einen Zettel hervor und steckte ihn in den Zeitfelsen. Augenblicklich sah es wieder so aus wie vor ein paar Minuten. Ich hatte das Blatt mit genug Magie vollgepumpt, dass sich die Illusion gut und gerne drei bis vier Tage halten sollte. Als kleiner Zusatz würde nur ein Häufchen Asche zurück bleiben. Auf dem Rückweg sammelte ich noch den Störsender ein und schaltete ihn ab. Vor dem Lüftungsschacht blieb ich stehen. Problem! Welches? Sperriges Master - Schwert in viel zu kleinem Fluchtweg. Ich wusste, dass ich irgendwas vergessen hatte. “Gebieter. Die Wahrschein…” Phai musste meinen Blick gemerkt haben, denn sie verstummte augenblicklich. “Wenn du ne Idee hast, nur raus damit. Aber bitte behalte die Zahlen für dich.” “Ihr tragt Schmuck.” Tat ich? Stimmt. Ich kramte kurz nach meiner Kette und zog sie heraus. “Die habe ich eher aus Jux geholt, als wir vor ein paar Monaten hier waren.” Das Schwertreplikat hing dort unschuldig vor sich hin. “Das reicht.” Was reicht? Phai griff nach dem Anhänger und ließ ihre Magie hinein fließen. “Darf ich fragen, was das wird, wenn es feraah!” Rums! “Autsch.” Ich hatte das Gleichgewicht verloren, als das Gewicht des Schwertes plötzlich wieder verschwand. Der Anhänger meiner Kette pulsierte leicht. Kurz war ich fassungslos, bis ich wieder halbwegs klar denken konnte. “Beschwer dich später nicht bei mir, wenn es dir da drin zu eng wird.” “Jawohl, Gebieter.” Das hatte sie jetzt gebraucht. Während ich das Gitter irgendwie wieder befestigte, kam mir der Gedanke, dass man mir nie etwas nachweisen konnte. Ich hatte ja schließlich kein Ausstellungsstück mit nach draußen genommen. Außer der Sender hatte doch nicht funktioniert. Der Rückweg dauerte gefühlt doppelt so lange. Reon würde so sauer sein. Kapitel 45 ---------- “Laman! Na warte, das gibt Rache!” Und schon war Ann unserem jüngeren Cousin hinterher gerannt. Er war einer derjenigen, auf die Scath und ich gerade aufpassen sollten. Was im Schnitt alle waren, die Jünger als wir sind. Ann eingeschlossen. Und wie passte man im Winter am Besten auf eine Horde Heranwachsender auf? Schneeballschlacht! Die anfänglichen Teams waren für Null und Nichtig erklärt worden und jetzt hieß es Jeder gegen Jeden, inklusiver spontaner Verbrüderung. So gingen sie zum Beispiel gerade zu Fünft aus Scath los. “Du Link?” Ich drehte mich mit einem Schneeball in der Hand zu der Stimme um und musste grinsen. “Hey Theska. Schon aufgegeben?” Nein, nicht die welche ihr gerade denkt. Die Theska hier war meine sechs Jahre jüngere Cousine. Auch sonst hatte sie praktisch nichts mit unserer Klassenkameradin gemeinsam. Thes schüttelte den Kopf. “Kann ich dich etwas fragen?” Oh je. Jedes Mal wenn sie so kam, steckte ich in Erklärungsnot. Trotzdem nickte ich. “Warum können Dämonen eine Schwertform annehmen?” …o.k. … Hilfe? “Das ist so, weil sie sehr viel Magie in ihrem Körper mit sich herumschleppen.” “Ach so.” Gefahr gebannt. Naryu, dieses Mädchen machte mich noch fertig. Andauernd kam sie mit solchen Fragen und terrorisierte die Allgemeinheit. Wenn sie zu mir kam, konnte ich ihr wenigstens eine schlüssige Antwort geben und sie fragte nie wieder nach. Das bisher größte Chaos hatte sie mit einer recht einfachen Frage gebracht: “Warum kann Link die Wirbelattacke nicht mehr?” Ich glaubte ja immer noch, dass sie eine Seherin ist. Eine Echte und nicht diese Verarschung vom Jahrmarkt. Zum Glück schien sonst noch niemand dahinter gekommen zu sein. Die Anderen hielten es nur für eine Macke von ihr. Eine gewaltige Macke zwar, aber wenigstens nahm es niemand ernst. “Hatschi!” Und schon klatschte ich in die Hände. “OK! Schluss für heute. Rein mit euch!” “Aber Link!” “Nichts da.” Ich griff nach zwei der Knirpse und warf sie mir über die Schultern. “Rein, sonst werdet ihr noch krank.” “Aber…” Jetzt knurrte ich laut genug, dass mich alle hörten. “Keine Widerrede!” Wenn es um die Gesundheit der Jüngeren ging, kannte ich kein Pardon. Din die Dank bemerkte auch Scath, worum es ging und wir begannen die Herde ins Haus zu treiben. Dort übernahmen schon die Eltern. Allerdings waren auch wir durchgeweicht, sodass ich gleich im Flur aus meinen Klamotten stieg. Im Bad schnappte ich mir ein Handtuch bevor ich den Platzt frei machte für das große Chaos. Ein weiteres Handtuch gab ich meinem Bruder und zusammen trabten wir in unser Zimmer. Miri saß am Fenster und telefonierte. “Tut mir wirklich leid.” Kurz sah ich sie fragend an, doch sie wank nur ab. Schulterzuckend suchte ich mir ein paar Sachen heraus. “Quatsch. Ich bin bei Scath… Nein.” Miri seufzte. “Wir sind außerhalb. Ein altes Familienanwesen.” “Worum geht’s?” Nicht nur meinen Bruder interessierte das. Miri sah uns Beide an, bevor sie erneut seufzte. “Zelda ist dran. Sie hat sich mal wieder mit ihrem Vater gezofft und ist abgehauen.” Ich musste mir ein Stöhnen verkneifen. Dieses Mädchen. “Und jetzt?” Scath lehnte sich an seine Freundin. “Jetzt gerät sie langsam in Panik, weil sie nicht weiß wohin. Aber sie will nicht zurück.” “Warum haben sie sich überhaupt gehofft?” Dabei zog ich mir einen Pulli über. “Er will sie mit dem Sohn eines Kollegen verkuppeln.” Und schon klaute ich ihr das Handy. “Zel?” “Link?” Sie klang leicht verheult. “Wo bist du?” “Noch in der Stadt.” “Was hast du dabei?” “Nur, was ich anhabe.” Im Hintergrund hörte ich ein Wiehern. “Und natürlich Hermes.” “Pferd?” “Ja.” Ich sah zu Scath.” Er nickte. “Ich jede mit Oma.” Schon hing ich wieder am Telefon. “Kommst du bis zu uns durch?” “Äh…” Kurz überlegte sie. “Ja.” “Gut. Ich hole dich ab.” Damit legte ich auf und warf das Handy seiner Besitzerin zu. “Du willst sie herholen?” Miri blinzelte verwirrt. “Warum?” “Sie kann doch nicht den halben Winter auf der Straße leben.” Dabei kramte ich nach einem weiteren Satz dicke Klamotten. Kapitel 46 ---------- “Und du bist dir sicher, dass Hylia da sein wird?” Seufzend strich ich Reon über das Fell am Hals. “Sie hat keinen Grund, uns anzulügen. Außerdem klang sie recht verzweifelt.” “Also lassen wir uns überraschen.” Ich kuschelte mich an sein warmes Fell um dem kalten Flugwind etwas zu entgehen. Winter + voller Flug = jegliche Kälteresistenz geht flöten. Irgendwann wurde er langsamer. “Wir sind gleich da.” “Ist gut.” Ich richtete mich leicht auf, um etwas sehen zu können. Dabei musste ich mich an seinen Schultern festhalten. Wenn er das Halfter nicht so hassen würde, hätte ich ihm schon längst wieder eines zusammen geschustert. Handwerklich mag ich vielleicht nicht gerade Spitze sein, aber das konnte ich im Schlaf. Wir hatten es nicht umsonst damals im Wolkenhort bis zum Umfallen gelernt. Von hier oben erinnerte mich die Gegend gerade an einen Vulkanausbruch. Nur dass Asche nicht so rein weiß ist. Trotzdem kannte ich den Ausblick gut genug, um sofort zu wissen, wo wir waren. Es dauerte noch ein paar Sekunden und Reon bremste über unserem Haus schlagartig ab. Dann begann er seine Kreise zu ziehen. Ich starrte an ihm vorbei auf die Aschelandschaft. Tatsächlich sah ich Zelda auf dem Bordstein sitzend. Neben ihr stand ihr… also ein Pferd war das nicht. “Ich dachte, die Pegasi sind ausgestorben.” Pferde hatten wie bekannt keine Flügel. Ich pfiff einmal laut, um Zelda auf mich aufmerksam zu machen, während Reon tiefer ging. Ruckartig sah sie in unsere Richtung und kam schnell auf die Beine. In vielleicht drei Metern Höhe begann Reon wieder mit den Flügeln zu schlagen damit wir nicht abstürzten. Das Ganze schien Zelda zu verwirren. Also: “Jetzt komm schon! Laut Wetterbericht ist ein Schneesturm in Anmarsch.” “Aber wie?” Hielt sie mich gerade zum Narren? “Indem du die Flügel deines Pegasus verwendest!” Auf ihren geschockten Gesichtsausdruck hin, hängte ich lieber noch an: “Ja, ich hab die Illusion bemerkt. Also hop!” Und endlich stieg Zelda in den Sattel. Einen gut gemeinten Anlauf später waren auch die Beiden in der Luft und wir lotsten sie in Richtung Braveryscher Familienresidenz. Reon musste langsamer fliegen, da wir das andere Gespann ansonsten verloren hätten. Aber das Tier, welches mit einem ausgewachsenen Wolkenvogel mithalten konnte, musste noch geboren werden. Ich toste ihn über Zelda, damit ich mich mit ihr unterhalten konnte. “Mal ehrlich, Hermes?” Sie sah fragend auf, merkte aber recht schnell, was ich wollte. “Sie trug den Namen schon, bevor ich sie bekommen habe.” “Sie…” Echo. Ich schüttelte den Kopf. “Wer benennt eine Stute nach einem Götterboten? Betonung aus ´er´?” “Keine Ahnung. Sie wurde als Fohlen auf dem Schwarzmarkt verkauft. Da sie zu mir recht schnell Vertrauen aufgebaut hat, hat sich niemand getraut uns auseinander zu reißen.” Ich nickte, bis mir einfiel, dass sie das gar nicht sehen konnte. “Besser als ein Zoo auf alle Fälle.” “Ja.” Zelda strich Hermes - ich kam über diesen Namen nicht weg - über den Hals. “Nur eine Handvoll Leute wissen, dass sie ein Pegasus ist. Dadurch kann sie sich recht frei bewegen. Und fliegen tut sie nur mit mir zusammen.” Das Schnauben klang wie eine Zustimmung. Dafür begann Reon plötzlich mit den Flügeln zu flattern. Sofort krallte ich mich wieder fester an ihn. “Was hast du?” Er kreischte einmal laut, bevor er den Kopf schüttelte. Mein Kopf ruckte in die Richtung, die er andeutete, bevor ich jahrtausendelang angesammelte Schimpfwörter herunter schlucken musste. “Zelda! Wie schnell könnt ihr fliegen?” “Etwas schneller schon, was ist los?” “Ich hab doch gesagt, laut Wetterbericht kommt ein Unwetter!” Etwas leiser fuhr ich fort: “Da muss der einmal Recht haben.” Zelda brauchte keine weitere Erklärung. Sie trieb Hermes an, schneller zu fliegen. Na hoffentlich schafften wir das noch rechtzeitig. Kapitel 47 ---------- So langsam glaubte ich, Glück wurde nur einmal an eine Seele gegeben und nicht mit jedem Leben neu verteilet. Warum? Dieser versammle Schneesturm hatte uns eingeholt. Sichtweite höchstens einen halben Meter. Hermes hatte sich an Reons Schweifende geheftet, damit sie nicht verloren ging. Ich schätzte mal, dass Zelda noch auf ihrem Rücken saß. Ich hatte zumindest keinen Schrei gehört. Erneut landete eine Fuhre Schnee in meinem Gesicht, den ich grummelnd wegwischte. Dann endlich gab Reon einen Ton von sich. Wir waren endlich da. Kaum ging er tiefer, ließ ich mich von seinem Rücken rutschen und überschlug mich im Schnee erst einmal. Toll. Ohne darauf ein zugehen, rannte ich die letzten Meter bis zum Stall, während ich laut nach Zelda rief. Sie landete fast so elegant wie ich. Sobald sie sicher waren, scheuchte ich sie durch das halb offene Tor. Immer noch draußen stehend, pfiff ich einmal laut und ausdauernd. Schon konnte ich im Schneewirwar einen großen dunklen Schatten sehen, der ein abweisendes Kreischen von sich gab. “Verdammt Reon! Ich habe keine Lust zu diskutieren! Beweg deinen felligen Hintern in den Stall!” Er wusste genau, dass ich ihn bei solchem Wetter ungern herumfliegen ließ. Zu meiner Verblüffung landete er doch vor mir und kam herein. Seufzend ließ ich mich gegen das endlich geschlossene Stalltor sinken. Aber nur kurz, denn schon zog ich mir zum zweiten Mal an diesem Tag meine Sachen aus und warf sie über einen hohen Balken zum Trocknen. “Du solltest lieber auch aus den nassen Klamotten raus. Wir haben hier zwar eine Heilerin, aber man muss es ja nicht herauf beschwören.” Erst auf Drängen ihrer Stute hin, willigte Zelda ein. “Oh.” Ich sah zur Verbindungstür zum Wohnhaus. Maron stand da. “Ihr seid ja schon da.” “Kannst du mal schauen, ob du ein paar Sachen für Zelda findest?” Kaum war sie weg, scheuchte ich die beiden Flügelträger in zwei freie Boxen. Wieder bei Reon fuhr ich ihm mehrmals durch das Fell am Kopf, um wenigstens den groben Teil des angetauten Schnees zu entfernen. Gurrend ließ er das über sich ergehen. “Und du wolltest draußen bleiben.” Kopfschüttelnd arbeitete ich mich immer weiter herab. Die einzige trockene Stelle, die ich fand war am Rücken. “Du redest mit ihm.” Ich sah kurz zu Zelda, bevor ich meine Arbeit an den Flügeln weiter führte. “Natürlich. Du etwa nicht?” “Schon. Aber mein Vater findet es bekloppt, da Tiere ja nicht antworten können.” Während Hermes sich an ihre Reiterin kuschelte, gab Reon einen protestierenden Schrei von sich. Ich musste grinsen. “Wie jetzt? Das ist wohl keine Antwort?” Und endlich lachte Zelda. “Finde ich ach. Aber Erwachsene haben oft genug Scheuklappen auf und sehen keinen halben Millimeter über ihren Tellerrand.” Maron kam lachend zu uns. “Dann wurdest du in der falschen Familie geboren.” Sie reichte der Blonden einen Stapel Sachen. “Mein Vater trägt zwar auch gewaltige Scheuklappen, aber er hat mich meine Eigenen zusammen basteln lassen.” “Die Tarons sehr ähnlich sind.” Hab ich je behauptet, die Klappe halten zu können? “Beschwer ich mich?” Sie wandte sich wieder ihrer eigentlichen Gesprächspartnerin zu. “Ich bin Maron.” “Zelda. Danke für die Klamotten.” Kurz sah ich zu ihnen, bevor ich mein Lachen in Reons Brustfell ersticken musste. Die hochwohlgeborene Prinzessin Zelda in einer schon ausgewaschenen Latzhose. Das Bild werde ich meinen Lebtag nicht mehr los! “Link lach nicht, sondern zieh dir erst einmal etwas an.” Schon traf mich ein weiteres Kleiderbündel am Rücken. Das sagte sie so leicht. Reon schlug einmal mit den Flügeln und schon bekam ich eine kalte Dusche ab. “Behalte deine Schneeflocken!” Schon war er deutlich amüsiert. Ich schüttelte mich, um das Wasser los zu werden, bevor ich mich wieder an Maron wandte. “Kannst du mir ein paar Handtücher besorgen?” Sie verdrehte die Augen, bevor sie ein drittes Bündel Stoff hochhob. “Zieh dir erst einmal was an. Ich werde nie verstehen, was du daran findest… hey!” Ich hatte mir einfach die Tücher aus ihrer Hand geklaut. “Du kennst Reon doch auch. Wenn ich mich an deine Reihenfolge halte, muss ich mich nachher wieder umziehen.” Zwei der größeren Tücher drückte ich Zelda in die Hand, bevor ich mich wieder meinem fliegenden Untersatz zuwandte. Kapitel 48 ---------- “Lernen wir also endlich mal deine Freundin kennen.” Und schon hatte Ravio eine Ladung Schnee im Gesicht. Ich hingegen wandte mich an Zelda. “Frage geklärt, warum ich diesen Schneeball unbedingt mit ins Haus schleppen musste?” Sie nickte nur verblüfft. “Zel!” Miriam schubste einfach meinen Onkel zur Seite, um zu uns durchzukommen. “Wie geht es dir?” “Kalt. Aber ansonsten ganz gut.” Alles Andere hätte mich gewundert. Von irgendwo weiter hinten hörte ich ein Klatschen und kurz darauf Omas Stimme. “Jetzt lasst das Mädchen erst einmal ankommen.” Und schon zerstreute sich die neugierige Meute. Ich schob Zelda zu Oma in Richtung Küche, wo sie erst einmal einen warmen Kakao in die Hände gedrückt bekam. Kaum saßen wir, kam von Zelda auch schon die große Frage. “Wer waren diese ganzen Leute?” “Verwandtschaft.” Da diese Kurzbeschreibung nicht auszureichen schien, führte ich noch etwas aus. “Genaue Anzahl unbekannt, frag am Besten Oma.” “Glaubst du, ich weiß so etwas aus dem Kopf?” Punkt für Oma. “Bei Ann und Scath können wir noch diskutieren. Aber mit dem Rest bist du näher verwandt. Außerdem führst du das Familienbuch.” Punkt für mich. “Link, lass Oma in Ruhe.” “Ich ärgere sie doch gar nicht.” Damit drehte ich mich zur Tür. “Hey Thelma. Auch schon da?” “Leider.” Sie trat zu Zelda. “Tach. Ich bin eine der vielen Cousinen die Link hat. Oma hat dich erst einmal bei Sophie und mir einquartiert.” “Darf ich fragen, wer Sophie ist?” “Noch eine Cousine. Allerdings ist sie etwas älter und arbeitet schon als Heilerin.” “Und du?” “Ich bin an der südwestlichen Akademie. Fachrichtung Diplomat.” “Du willst ins Ausland?” “Schlimm?” “Ne. Mutig.” Ich musste glucksen, was mir die Aufmerksamkeit der Mädchen sicherte. “Zelda, wenn ich dich daran erinnern darf, hast du einen noch radikaleren Schritt gemacht. In dem alten Rollendenken dieses Landes haben Mädchen und Frauen nichts im Rittertum verloren. Abgesehen davon, dass wir als einzigstes Land der Welt diesen Kult noch haben.” “Ist ja nicht so, dass alle aus diesem Kurs wirklich Ritter werden.” “Sorry Zel, aber ich denke da in eine andere Richtung. Ein Ritter ist ein Nahkämpfer. Soldaten aus anderen Ländern hingegen meist Fernkämpfer. Im Falle eines Krieges haben wir eindeutig das Nachsehen. Unsere einzigen Vorteile sind unsere Magie und dass bei uns die verschiedenen Völker in Frieden zusammen leben und sich unterstützen.” “Glaubst du, dass es so weit kommt?” “Ich bete nicht. Ich will nie in einem Krieg kämpfen. Aber wenn es nötig wäre, würde ich zumindest die Waffe erheben. Nur, wenn ich unsere Klasse als Durchschnitt nehme, kann das Niveau unserer Armee nicht sehr hoch sein.” “Es haben eben nicht alle so tolle Onkels wie mich.” Ravio setzte sich einfach zu uns. “Mann sollte euch viel eher das kämpfen bei- Umpf!” Er hatte ein Handtuch abbekommen. “Neffe, sei ruhig. Die Zwillinge waren fünf und du hast ihnen nicht einmal Holzschwerter gegeben, sondern gleich scharfe Dolche!” “Sie haben es doch überlebt.” Schon flog das nächste Handtuch. “Ich zieh dir gleich die Ohren lang!” Ich griff nach meinem Onkel, um ihn festzuhalten. Nicht, dass er im letzen Moment den Abgang probte. Das, was Ravio damals mit uns angestellt hat, war selbst mir suspekt gewesen. Ein paar Jahre hätte er ruhig noch warten können. Aber er hatte es sich in den Dickschädel gesetzt, dass wir Beide noch vor der Grundschule die Grundlagen der Schwertführung lernen sollten - mit Dolchen. In solchen Momenten war ich froh, dass er kein Lehrer geworden war. Erinnerung 5 ------------ Die Sterne standen anders als früher. Aber hier in den Bergen konnte man sie wenigstens sehen. Gut, Oma würde sauer sein, wenn ich morgen wieder nicht aus dem Bet kam. Göttin. Es waren Ferien. Da konnte ich doch mal ausschlafen. Seufzend sah ich auf die Ocarina in meinen Händen. Ich hatte sie auf einem dieser Heldenfeste gekauft. Schwertschaukämpfe, Bardentruppen, gefühlte 3000 Verpflegungsstände, ihr kennt das ja. Die Ocarina, die ich damals gekauft hatte, war blau lackiert und mit einem roten Vogel bemalt. Es war eigentlich ein Spontankauf gewesen, den meine Familie seltsam beäugt hatte. Da ich aber mein Taschengeld nie für irgendwelchen Süßkram ausgegeben hatte, war es komplett aus meiner Tasche gekommen. So hatte auch Oma kein Wort gesagt. Auch wenn sie nicht so rein klang, wie die Ocarina der Zeit, so war es doch sehr angenehm. Und spielen konnte ich immer noch. Ich setzte das Instrument an und begann wahllos vor mich hin zu spielen. “LINK!” Ich brach die Hymne der Göttin ab, um vom Dach sehen zu können. Oma stand dort und wirkte mehr als nur leicht genervt. “Komm da runter und ab ins Bett mit dir.” Ich hatte so was von keine Lust. “Kann ich nicht hier oben schlafen?” “Nix da! Du brichst dir den Hals!” Unwahrscheinlich. Im Falle eines Falles würde ich schon rechtzeitig aufwachen um mich abzufangen. Aber dieses Argument würde sie nicht gelten lassen. So rappelte ich mich auf und… warum bitte sah Oma so geschockt oder eher panisch zu mir? Dann erst hörte ich ein Rascheln hinter mir, mitsamt schwerfälliger Landung. Langsam - ja keine hastigen Bewegungen machend - drehte ich mich um. Ein Vogel… Ein großer Vogel… Ein Wolkenvogel… Ein roter Wolkenvogel…. …. Das war doch nicht möglich! Das Tier musterte mich, als on es nicht wusste, was es mit mir anstellen sollte. Dabei schweiften seine Augen immer wieder zu dem Instrument in meiner Hand. Ich machte einen Schritt auf es zu. Sofort breitete es die Flügel aus und klackerte mit dem Schnabel. “Link. Bitte komm jetzt runter.” Obwohl mein Gehirn sowohl den Inhalt des Satzes, als auch die blanke Panik der Stimme erfasste, starrte ich wie hypnotisiert auf das rote Fell. Langsam näherte ich mich dem Tier und streckte meine Hand aus. Plötzlich begann er, mit den Flügeln zu schlagen und gab einen aggressiven Ton von sich. Oma schrie. Der entstehende Windstrom war nicht stark genug, um mich umzuschmeißen. Aber er zwang mich, meinen Arm zu senken und stehen zu bleiben. Kaum hatte er sich wieder ansatzweise beruhigt, blinzelte ich, um wieder etwas zu sehen. Er hatte die Flügel aufgespannt und den Kopf gesenkt. Damit gab er sein Misstrauen kund. Und das verstand ich wiederum nicht, denn er hatte keinen Grund dazu. Zum Einen konnten Hyrulaner den Wolkenvögeln nicht gefährlich werden. Zum Zweiten sahen sie uns nicht als Beute an. Zum Dritten waren sie Flucht- und keine Angriffstiere. Also wenn er sich hier unwohl fühlte, warum flog er dann nicht einfach weg? Außer, er… “Reon.” Der Name war mir schneller entschlüpft, als ich nachdenken konnte. Er zog den Kopf zurück, gab einen Ton von sich, der sehr stark an ein althyrulanisches ´Was? ´ erinnerte und starrte mich mit aufgerissenen Augen an. Ich machte erneut einen Schritt auf ihn zu. Dieses Mal schien er nicht zu wissen, was er tun sollte. Mühsam kramte ich in meinem Gehirn. Von wegen, seine Muttersprache vergisst man nicht. Dann erst holte ich ein paar Worte hervor, die hoffentlich die richtige hyrulanisch Form waren. “Es… ist… gut.” “Link.” Die letzte Spannung fiel augenblicklich von mir. Ruhiger trat ich die letzten Schritte zu ihm, wobei ich meine Hand auf seinen Schnabel legte. Oma zog geschockt die Luft ein. Ich drehte mich zu ihr. “Er wird mir nichts tun.” Schnell drehte ich mich wieder zurück. Reon blinzelte kurz in Omas Richtung, bevor er endlich die Flügel anlegte und unter meinen leichten Bewegungen anfing zu gurren. Vollkommen zufrieden legte ich meine Stirn gegen Seine, sodass ich flüstern konnte. “Es ist schön zu sehen, dass es dir gut geht.” “Du erinnerst dich.” Kurz sah ich ihm in die Augen, bevor ich mich in sein Fell vergrub. “Ja, aber ich kann nicht behaupten, dass es ein Segen ist.” Er legte einen Flügel um mich und zog mich näher an sich. “Du hast dein Versprechen gebrochen.” Ich stockte kurz und runzelte die Stirn. Was meinte er? Dann erst klingelte es bei mir. Ich schlüpfte unter seinem Flügel hindurch, missachtete seinen fragenden Ton und kletterte von hinten auf seinen Rücken. Noch war ich zu klein, um wirklich Halt zu finden, aber es würde erst einmal reichen. Trotzdem begann ich so gut es ging, seinen Nacken zu kraulen. ”Unwissend.” Schon gurrte er zufrieden vor sich hin. “Link…” Oh. Ich hatte Oma total vergessen. Reon drehte mir den Kopf zu. “Wer ist das?” “Meine Großmutter. Ich glaube, sie wird mir nachher noch die Ohren lang ziehen.” Schon gab er einen belustigten Ton von sich, spannte die Flügel auf und segelte vom Dach. Ich krallte mich fest, während ich mich an ihn drückte. Wer wusste schon, was er vorhatte. Doch entgegen meiner Vermutung landete er gleich wieder. Blinzelnd sah ich über seine Schulter zu Oma. Er besah sie sich. Vorsichtig kletterte ich etwas hoch, sodass ich meine Arme auf seine Schultern legen und ihm beruhigend durch das Fell am Hals streichen konnte. Ich brauchte drei Anläufe, bis ich wieder im aktuellen Hyrulanisch angekommen war. “Keine Angst Oma. Ich glaube nicht, dass er dir etwas tun wird.” “Sicher?” “Relativ.” Oma hob vorsichtig eine Hand und legte sie Reon auf den Schnabel. Er schloss sogar die Augen. Oma gluckste, aber die langsam verschwindende Panik sah man ihr immer noch an. “Ich glaube, für dich brauchen wir kein passendes Pferd mehr suchen.” Ich merkte, wie ich anfing zu strahlen. Kapitel 49 ---------- “Hey Link! Wach auf!” Blinzelnd drehte ich meinen Kopf zu der Stimme.. Es dauerte, bis ich im Ansatz etwas sah. “Hey Mario. Ich hoffe, du hast einen guten Grund, mich zu wecken.” Mein Cousin rollte mit den Augen. “ Ja, den habe ich. Ich glaube, Jana hat heute den Schreck ihres Lebens bekommen?” “Was hat jetzt deine Frau damit zu tun?” Aufnahmefähigkeit gleich null. Doch Mario deutete nur wieder auf mich. Mein Blick wanderte an mir herunter, bis ich auf einen blonden Lockenkopf starrte. Ich ließ meinen Kopf zurückfallen, um wieder zu Mario zu sehen. “Deine Tochter. Und?” Schon verzweifelte er fast. “Jana ist vor zehn Minuten in unser Zimmer gegangen und hat Leonis Wiege leer vorgefunden. Was glaubst du, was sie für einen Schock bekommen hat?” Grummelnd schloss ich die Augen. “Mario, was willst du?” “Dass du das nächste Mal Bescheid gibst, wenn du unsere Kleine entführst.” Knurrend sah ich wieder zu ihm. “Dann sorg dafür, dass sie nicht weint. Etwas, dass keiner von euch mitbekommen hat.” “Ich konnte mir ja denken, dass du sie zu dir geholt hast. Aber Jana kennt deine Macken noch nicht so gut.” Na danke auch. “Guck mich nicht so an. Wir wissen alle, dass du dich gut und vor allem gerne um die Kinder der Familie kümmerst.” Besser. “Du wärst bestimmt ein guter Dad.” Jetzt sah ich ihn ernsthaft geschockt an. “Sag das bloß nicht laut! Mir fallen auf Anhieb drei Männer ein, die mir ihre Tochter auf dem Silbertablett servieren würden.” Ja Mario, lach mich nur aus. Grummelnd ließ ich mich wieder in die Kissen fallen. “Ich bezweifle, dass ich der Typ für eigenen Kinder bin. Aber weißt du was?” Ich sah ihn wieder an. “Ich habe noch mehr als ein dutzend Jahre Zeit.” “He! Du bist gerade mal fünf Jahre jünger als ich!” “Wer wird heutzutage mit 22 Vater?” “Ich!” “Als Einziger!” Schon lachte er wieder. “He! Jana hat sich am meisten gefreut, als wir erfahren haben, dass Leoni auf dem Weg war.” “Wenn ich einrechne, dass sie drei Monate alt ist, was soll ich da denken?” Steckt der mir gerade die Zunge raus? “Aber ne doofe Frage.” Er deutete an mir vorbei. “Wie hast du Andreas zum Mittagsschlaf überredet?” Ich sah kurz zu dem Fünfjährigen, der mir den Arm abschnürte. “Falls ich dich daran erinnern darf, rennt er mir pausenlos nach und will unbedingt wie ich werden. Er macht mir doch sowieso alles nach um ja mal ´Der´ Superritter zu werden. Und wenn selbst so etwas unliebsames wie eine Stunde Schlaf zwischendurch helfen soll, dann wird das eben mitgenommen.” “Verpenntes Etwas.” “Na und? Ich bewege mich viel, da werde ich doch auch etwas mehr schlafen dürfen.” “Du hast scheinbar deine Aktion von vor zwei Jahren vergessen, hm?” “Mein Gehirn hat sich beim hochfahren aufgehängt.” Schlaf, wo bist du? Mario lachte nur leise. “Als Theska verschwunden war, bist du drei Tage am Stück und ohne Schlaf durch den Wald gerannt, bis du sie gefunden hast.” Das Blanke damals war Thes Kommentar am Vortag ihres Verschwindens: ´Link, überanstreng dich nicht. Mir wird es gut gehen.´ Mir war immer noch ein Rätsel, wie sie diese alte Eiche hochgekommen war… “Kann ich jetzt meine Tochter wieder haben?” Kurz sah ich zu dem kleinen Mädchen, welches tief und fest auf meiner Brust schlief. “Nö. Ich habe keine Lust, sie zu wecken.” Kapitel 50 ---------- “Lass es, Zelda.” “Verdammt!” Sie beugte sich über mich, um mir ins Gesicht sehen zu können. “Wie hast du mich bemerkt? Ich habe mich doch lautlos bewegt!” “Dein Herzschlag.” Ich sah an ihr vorbei, wieder aufs Spielfeld. “Das hörst du?” Also nein, die quietschige Stimme passte nicht zu ihr. Ich nickte nur, während ich mir auf die Zunge biss. Andreas lag daneben. Synchron atmeten wir erleichtert durch. Zelda stellte sich wieder gerade hin, stützte sich dabei auf meine Schultern ab und sah auf unser Spielfeld. “Memory?” “Und?” “Hast du ernsthaft Hoffnungen eine Chance zu haben?” “Ja.” Ich war dran. Also… Ente und… Ente! “Ha!” Viele schmollende Gesichter, Drei Paare später verwechselte ich eine Fee mit einem Zora. Pech gehabt. Zelda pfiff anerkennend. “Du bist gut.” “Die Knirpse auch.” Schon konzentrierte ich mich wieder auf die Karten. Zu ihrem Glück blieb Zelda ruhig, sie setzte sich neben mich und beobachtete uns. Ein paar Runden später ging das letzte Paar an Laman und wir zählten aus. Zweiter Platz, wie gestern. Zelda klaute mir meinen Stapel und zählte aus. “Wie machst du das?” “Ich merke mir wo die Karten liegen.” Dong. Warum meinten immer alle, mir auf den Kopf schlagen zu müssen? “Verarschen kann ich mich alleine. Du weißt, dass Erwachsene gegen Kinder in diesem Spiel immer unterliegen?” “Ich bin nicht erwachsen! Ich bin 16!” “Selbst das zweifle ich an.” Sie besah sich die Knirpse. “Was sagt ihr dazu?” “Link ist lustig.” “Er stellt sich nicht so doof wie andere Erwachsene an.” “Ich bin nicht erwachsen!” “Es macht immer Spaß, mit ihm zu spielen.” Zelda sah wieder zu mir. “Bescheißt du?” Blinzel, blinzel. “Wie soll man denn bitte bei Memory schummeln?” “Das frag ich dich!” Schmollend sah ich sie an. “Dürfen denn nur die ganz Kleinen darin gut sein?” “Wissenschaftlich gesehen ja.” Ich wusste schon, warum ich mit sieben erklärt habe, dass ich keine Lust habe, erwachsen zu werden. “Also, was wolltest du?” Ich sah sie mit schief gelegten Kopf an. “Oder wolltest du dich nur über meine Vorliebe zum Memory-Spiel lustig machen?” Sie seufzte. “Ich finde es seltsam, nicht lustig.” Sie griff nach etwas auf dem Tisch. Wir waren gleich auf den Boden gewandert, da wir uns hier sowieso besser ausbreiten konnten. Das war schon so, als ich noch zur kleinen Gruppe gehörte. Vor allem die ganz Kleinen reckten die Köpfe. Und Zelda holte einen Teller Kekse herunter. Schon wurde sie belagert, was mich zum Lachen brachte. Aber auch ich stibitzte mit was. Kaum war der Teller halbleer, griff Theska nach diesem und die Horde walzte ihr hinterher. Zeldas verdattertes Gesicht war Gold wert. “Hat sie gerade…” “Ja.” Die Kekse waren gut. “Aber erzähle mir nicht, dass du in dem Alter anders warst.” “Doch.” Ich sah zu ihr. “Vater hätte mich dafür übers Knie gelegt.” Kein Wunder, dass sie so aufmüpfig geworden war. “Denk nicht dran.” Fragend sah sie zu mir. “Du bist hier nicht zu Hause, sondern bei uns. Wir sind eine sehr Kinderreiche Familie, du fällst hier nicht einmal auf. Wenn die Kleinen etwas aushecken, kommt keine Macht der Welt dagegen an. Sie erziehen sich praktisch gegenseitig und lernen auch ihren Willen durchzusetzen.” Ich deutete auf die Meute. “Gerade Theska ist sehr ruhig. Wenn sie was will, kann auch sie ihre Ellenbogen einsetzen.” “Du sagst, wenn ich Geschwister hätte, hätte ich schon früher meinen Dickschädel durchgesetzt?” Dabei starrte sie aus dem Fenster. “Nö. Da reichen schon weitere Verwandte oder auch ein beständiges Umfeld.” Als die Meute an mir vorbei rannte, schnellte ich vor und beanspruchte den Teller für mich. “Meins.” Schon hatte ich die halbe Fuhre auf mir sitzen. Dank ein paar kleinen Zaubereien kamen sie aber nicht mehr an das begehrte Gebäck. Na ja, außer Theska. Die bediente sich einfach weiterhin. Seherin, ich sag es ja. “Link!” “Du bist so gemein!” Ich konnte nicht anders. Ich musste ihnen die Zunge entgegen stecken. “Ich hätte nie erwartet, dass diese Kekse so gut ankommen.” Fragend und dabei kauend sah ich zu Zelda. “Da ist praktisch kein Zucker drin!” Entrüstet verschränkte sie die Arme. Erst einmal schlucken und dann: “Hast du sie mal gekostet?” “Schon.” Sie runzelte die Stirn. “Mir schmecken sie ja, aber den Kleinen?” “Ich glaube, das sieht man.” Wenn die so weiter machten, würde ich die Zauber lösen müssen. Die Truppe würde mich ansonsten noch überrennen. Zelda schüttelte den Kopf. “Mal ernsthaft. Du behauptest 16 zu sein? Das nimmt dir doch keiner ab.” “Nicht mehr lange.” So langsam gingen die Kekse zu Neige. “Wie jetzt? Ihr habt bald Geburtstag? Ich sah erneut zu Zelda. “Nur, weil wir Zwillinge sind, heißt das nicht, dass wir am selben Tag geboren wurden.” “Wie viel seit ihr auseinander?” Ich überlegte kurz. “Keine halbe Stunde. Aber Scath war damals schon der Langsamere.” “Und wann habt ihr?” “Noch diese Woche.” “Wir haben Montag!” Jetzt musste ich lachen. “Das stimmt.” Ich drehte mich um, nur um zu schauen, ob Scath in der Nähe war. Erst dann antwortete ich ihr. “Ich habe mir Sylvester ausgesucht, während Scath sich bis Neujahr Zeit gelassen hat.” Starren… Immer noch starren… Hilfe? Ich wedelte Zelda mit einem der Kekse vor der Nase herum. “Hyrule an Ritterin. Lebst du noch?” “Du verarscht mich.” Na, das hatte aber gedauert. “Nein.” Ich grinste sie an. “Jetzt guck nicht so. Ich flunkere wirklich nicht. Scath hasst seinen Geburtstag nicht umsonst.” Zeldas Mund ging mehrmals auf und zu, bevor sie den Kopf schüttelte. “Ihr seit ein Jahr auseinander?” “Jupp.” Kapitel 51 ---------- “Autsch!” Naryu! Brummt mir der Schädel! Blinzelnd versuchte ich, etwas zu erkennen. Ein großes gelbes Auge hing über mir. Ein roter Kopf gehörte dazu. Grummelnd schob ich den riesig anmutenden Schnabel zur Seite. “Reon, lass das.” “Link, du stinkst nach Alkohol.” “Autsch.” Danke für die Erinnerung. Lach nicht. Reon stupste mich an. “Hoch mit dir und wasch dich.” Mit seiner Hilfe kam ich tatsächlich in eine sitzende Position. Mir drehte sich alles. “Ich glaube, ich hab gestern zu tief ins Glas geschaut.” “Ich werde nie verstehen, warum ihr euch mit diesem Nervengift zuschüttet.” Ich musste lachen. Allerdings hörte ich schnell wieder auf. Nachdem auch meine Übelkeit wieder ein erträgliches Maß erreicht hatte, krallte ich mich an Reons Fell. So zog er mich auf die Beine. Schwankend kam ich zum Stehen, aber von Gleichgewicht konnte keine Rede sein. “RAAH!” Klitschnass und wütend sah ich Reon an. “Was sollte das?” Seelenruhig stellte er den Eimer ab, dessen Inhalt er gerade über mich gegossen hatte. “Ich habe dir schon mal gesagt, dass du stinkst.” “Dann lass mir doch wenigstens die Zeit ins Haus zu kommen, damit ich auch ohne Sachen duschen kann!” “Nö.” Seufzend wischte ich mir Wasser und Haare aus dem Gesicht. Auch wenn ich es ungern zugebe, die kalte Dusche hatte gut getan. Aber die Kopfschmerzen waren nicht besser. Endlich aus der Box raus, lehnte ich mich noch einmal gegen die Abtrennung. “Ich glaube, ich habe einen Filmriss.” Das amüsierte Geräusch von Reon überhörte ich einfach mal. “Ich bringe Ravio um. Langsam und qualvoll. Und seine Reste werfe ich den Bokblins zum Fraß vor.” “Du weißt, wo eine Meute Bokblins wohnt?” “Ich wusste, ich habe etwas nicht beachtet.” Mein Onkel hatte dieses Mal eindeutig seine Befugnisse überschritten. Zu seinem Glück waren die Kleinen schon im Bett gewesen, als er nicht nur den Saft etwas verdünnt hatte. Der Kerl brauchte eindeutig eine Frau, die ihn im Zaum hielt. Der hatte mehr Blödsinn im Kopf als ich und das will schon was heißen. Kopfschüttelnd - verdammte Kopfschmerzen! - sah ich wieder zu Reon. “Wenn du raus willst, sag es gleich. Ich fünf Minuten bin ich nicht mehr da.” “Wasch dich erst einmal. Dann können wir darüber diskutieren.” Schon steckte er den Kopf unter seinen Flügel. Auch gut. Schwankend kam ich zur Verbindungstür. Mit jedem Schritt wurde es besser, aber richtig klar wurde ich erst unter einer eiskalten Dusche. Nur in zwei Handtücher gewickelt tapste ich in unser Zimmer. Scath schlief noch tief und fest. Scheinbar war er noch mitten im Rausch. Belustigt besah ich mir den immer noch roten Handabdruck auf seiner Wange. Wenn man das immer noch sah, musste Miri wirklich extrem sauer gewesen sein. In mich hinein grinsend zog ich mir erst einmal ein paar Klamotten an, bevor ich das Fenster öffnete. Sofort kam mir ein Schwall frische Luft entgegen. Mein Bruder drehte sich nur grummelnd um, zog sich die Decke über den Kopf und schlief weiter. Kopfschüttelnd - dieses Mal ohne, dass sich alles drehte - schloss ich das Fenster wieder und ging aus dem Raum. Dem Stand der Sonne nach musste es so gegen zehn Uhr sein und es war noch alles ruhig. Unterwegs kam ich bei Mario vorbei, wo ich ein leises Quengeln hörte. Seufzend schlich ich mich hinein. Die Beiden waren ebenfalls nicht gerade nüchtern. Leonie war alles Andere als glücklich, weshalb ich sie einfach mitnahm. Aus der Küche waren leise Stimmen zu hören, also verschlug es mich dort hin. Ich wurde vom Geruch nach frischen Kaffee begrüßt. “Guten Morgen, Mädels.” Zu meiner Belustigung sahen die Vier verdattert auf. Während Thelma, Zelda und Miriam noch an meiner Anwesenheit zu knabbern hatten, hob Sophie die Hand zum Gruß. “Morgen Link. Du befindest dich ja wieder im Reich der Lebenden.” Ich verzog das Gesicht, während ich an den Kühlschrank trat. “Reon hat mir einen Eimer Eiswasser über den Schädel geschüttet.” Das belustigte Prusten brachte mich nicht einmal dazu, mich umzudrehen. Sollten sie sich das ruhig bildlich vorstellen. Oma hatte doch… Häh? Ach da. Ich nahm eine Flasche mit Babynahrung an mich, bevor ich die Kühlschranktür etwas zu stark zuschupste. Neben Miri ließ ich mich fallen. Ich sah zu ihr, während ich die Flasche unter leichter Bewegung erwärmte - Magie war schon was Tolles. “Scath hat dein Autogramm immer noch im Gesicht.” “Geschieht ihm recht.” Schmollend blies sie ihre Wangen auf. Leonie mit einem Arm haltend und gleichzeitig fütternd, griff ich nach einem Teller in der Mitte des Tisches. Wer auch immer die Brötchen geschmiert hatte, verdiente meinen Respekt. Zelda besah sich das Schauspiel sichtlich interessiert. “Ich dachte immer, Männer seinen nicht Multitasking fähig.” Ja, Mädels, lacht nur. Ich hatte was zu futtern, da war mir der Rest egal. “Was war eigentlich zwischen Scath und Miri los?” Thelma beugte sich an besagter Rothaarigen vorbei. “Sie will es uns nicht sagen.” Gedanklich weinte ich meinem zweiten Brötchen nach. Kurz sah ich zu meiner Schwägerin, die aber keinen Widerwillen kund tat. Also wollte sie nur nicht selbst darüber reden. “Scath war besoffen, das war los. Als Miri ihn ins Bett bringen wollte, hat er sie weggescheucht mit dem Kommentar: er habe eine Freundin, liebe sie und wolle ihr treu bleiben.” Thelma und Sophie fanden es zum Grölen lustig. Leonie hochhebend, runzelte ich die Stirn. “Falls mich meine Erinnerung nicht täuscht, hat Oma das ganze auf Video aufgenommen.” “Wie jetzt ´falls´?” “Filmriss.” Ich sah wieder in amüsierte Gesichter. “Er hat nicht zufällig eine von euch Lust mitzumachen, wenn ich Ravio umbringe?” “Mal schauen.” War ja klar. “Link! Du gehst mir auf die Nerven!” Verdattert starrte ich Miriam an. “Was ist denn jetzt kaputt?” “Du reibst dir andauernd den Nacken! Hör auf damit!” Ich ließ wirklich den Arm sinken. “Ich habe das Gefühl, als ob ich mir was verspannt habe.” Seufzend kam Miri wieder runter. “Zeig mal.” Nicht, dass ich was dagegen hatte. Das änderte sich, als sie geschockt die Luft einzog und verlangte: “Fotoapparat, Kamera, irgendwas!” Ein Handy wurde ihr ausgehändigt, welches sie mir nur Sekunden später vor die Nase hielt. Nachdem ich etwas erkannte, sprach ich meinen ersten Gedanken aus. “Oh Schei…” “Nicht vor der Kleinen!” Danke Mädels, ich wollte schon immer mal einen Hörsturz haben. Nur leider änderte das nichts an dem Bild vor mir. Danach war meine neuste Errungenschaft eine Tätowierung. Ein Triforce mit einer Kantenlänge von etwa vier bis fünf Zentimeter. Und in jedem Dreieck prangte das Symbol der entsprechenden Göttin. “Wo zum Teufel hast du das her?” “Gute Frage.” Rekonstruktion: Im Umkreis von etlichen Kilometern gab es keinen Tätowierer und Reon würde mich im betrunkenen Zustand garantiert nicht auf ihm reiten lassen. Wo bei allen Göttern des Altertums kam das Ding dann bitte her? Kapitel 52 ---------- Drei Tage dauerte es, bis Scath es endlich geschafft hatte, Miriam zu beruhigen. Wie? Er hat mir gedroht, mir den Hals umzudrehen, wenn ich plaudere. Es sei nur so viel gesagt: Verzweiflung trägt interessante Früchte. Ravio hatte sich vom Acker gemacht. Bevor ich ihn in die Finger kriegen konnte. Aber sein Anrufbeantworter hatte danach gut zu tun… “Epona!” Oh. Scath war auch endlich fertig, seine Tasche zusammen zu packen. Jetzt musste er nur noch seine Stute abmarschbereit machen, dann konnten wir endlich los. Mein Bruder hatte kein Problem damit, sie zu satteln, da wir es von Kindesbein an gelernt hatten. Nur bei dem Halfter sträubte sie sich etwas. Aber da Miri mit reiten sollte, bestand er auf diese zusätzliche Sicherung. Zelda amüsierte sich darüber, während sie ihrer Stute über die Nase strich. Hermes hatte alles ohne zu murren über sich ergehen lassen. “Link!” Ich musste etwas vorrutschen, um vom Dach sehen zu können. Maron stand dort, sogar mit dem obligatorischen Stroh im Haar. “Hast du zur Abwechslung mal dein Handy dabei?” Zu ihrer Verblüffung holte ich das Ding aus meiner Jackentasche. “Ganz so dämlich bin ich nicht.” Das Klatschen war eindeutig gegen mich, weshalb ich die Wangen aufbließ. Schon lachte sie. Grinsend ließ ich mich zurück in den Schnee fallen. Maron war immer für einen Spaß zu haben. Und teilweise war das richtig kindisch. Wenn ihr Vater nicht auch schon gefragt hätte, ob ich sie nicht heiraten will… und sofort von ihr über den ganzen Hof gejagt wurde. Ein Rumpeln neben der Scheune ließ mich dort hin krabbeln und mir sofort das Lachen verkneifen. Demont war mal wieder über seine Füße gestolpert, was bei einem ausgewachsenen Goronen einiges hieß. Ich verkniff mir alles dazu und begab mich an meinen Platz zurück. Scath hatte Epona endlich zu einem Halfter überredet und Miriam saß schon im Sattel. Er selbst saß hinter ihr auf, bevor er zu mir sah. “Hey, du lahmes Etwas, beweg dich!” Amüsiert beobachtete ich, wie sich die zwei Hufträger in Bewegung setzten. Erst fünf Minuten später kam Reon ganz gemütlich angesegelt. Als er am Stall vorbei kam, sprang ich ihm auf den Rücken. Auch wenn er fast Minimalgeschwindigkeit flog, kuschelte ich mich an das weiche Fell. “Ich bin doch kein Kuscheltier!” “Doch.” Schon aus Prinzip rückte ich ihm noch mehr auf den Pelz. Als er mit den Anderen auf einer Höhe war, hörte er fast ganz auf mit den Flügeln zu schlagen und segelte nur noch vor sich hin. “Penn bloß nicht ein.” “Ma schaun.” Ich machte mir nicht einmal die Mühe, die Augen zu öffnen. Erinnerung 6 ------------ Warum musstest du mich alleine lassen? Allein würde ich doch nie überleben. Es war doch sowieso schon ein Wunder, dass ich siebzehn geworden war. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und sah wieder zu dem Grabstein vor mir. Vater… Und ich konnte in dem Moment nicht einmal bei ihm sein, weil mein Cousin mich mal wieder verprügelt hatte. Vielleicht war ich mit meiner Existenz doch daran schuld… Klatsch! Denk nicht daran, Link! Vater würde sich im Grabe umdrehen! Allein dafür würde ich kämpfen müssen! Nicht, dass Klawn noch den Stand des Familienoberhauptes kriegen wird. Das war Vaters Amt, auch wenn es seit meiner Geburt auf Eis lag. Mein verdammter Onkel hatte da seine Griffel nicht nach auszustrecken. So lange ich nichts schwerwiegendes anstellte, konnten sie mir das Geburtsrecht auch nicht aberkenne. Das war momentan meine einzige Lebensversicherung, auch wenn mir der Stand sonst nichts brachte. Denn sollte er auf die sehr intelligente Idee kommen, mich irgendwie aus dem Weg zu räumen, um selbst Oberhaupt zu werden, konnte es ihm das alles kosten. Würde irgendjemand dahinter kommen, würde sein ganzer Zweig aus der Familie verbannt. Und als Familienloser war er in etwa so viel wert wie ich momentan. So gesehen hatte ich nichts dagegen, wenn er mir den Hals umdrehte. Hauptsache es ging schnell. Ich wischte mir noch einmal die Tränen aus dem Gesicht, bevor ich aufstand. Noch kurz starrte ich den Grabstein an, bevor ich mich doch abwandte. Ich hatte wieder einmal das Gefühl, dass mein Leben eine Aneinanderreihung verschiedener Katastrophen. Kopf hängen lassend und vor mich hin schlurfend, machte ich mich auf den Weg raus aus der Stadt. Dass mir meine überlangen Haare dabei ins Gesicht fielen und damit die Sicht versperrten, kam mir nur zu gute. Eigentlich hatte ich sie das letzte halbe Jahr aus Trotz wachsen lassen, was Vater einfach Kopf schüttelnd hingenommen hatte. Nun ja, jetzt hatte es außerdem noch einen praktischen Nutzen als Sichtschutz. Erst außerhalb der Stadt hob ich den Kopf wieder und atmete erst einmal tief durch. Das wusch den Schädel angenehm durch. Fast wäre ich gegen einen Baum gerannt, doch ich blieb gerade rechtzeitig stehen. Meine Beine hatten mich zum Wald getragen. Link an Unterbewusstsein: Was willst du mir damit sagen? … Keine Antwort. Na gut, weiter geradeaus. Der Wald war recht ruhig. Zumindest kam es mir so vor, da ich nur die laute Stadt gewohnt war. Ich blieb stehen und sah noch einmal zurück. Wenn ich mich jetzt verlaufe, dann… verlaufe ich mich halt. Auch gut, dann wäre ich die Spinner endlich los. Also ene meine, da lang. War hier überhaupt schon mal ein Hyrulaner? Nicht einmal die Tiere beachteten mich. Ich blieb unter einem Sonnenstrahl stehen und genoss die Wärme im Gesicht. Nur selten hatte ich die Zeit, die Sonne wirklich auf mich wirken zu lassen. Doch schon nach kurzer Zeit machte mir eine Wolke einen Strich durch die Rechnung. Weiter geht’s. Minuten… Stunden?… später blieb ich mit offenem Mund stehen. Eine Lichtung… Ich ließ die letzten Bäume hinter mir um mehr sehen zu können. Das war… Ich schluckte. Es sah aus wie das Paradies. Ein Felsen lag fast in der Mitte der Lichtung. Mann, der war riesig! Als ich neben ihm stand, stellte ich fest, dass er größer war als ich. Ich brauchte drei Anläufe, um auf ihn drauf zu kommen. Von hier oben sah die Wiese noch schöner aus. Die bunten Blumen und hohen Gräser, zusammen mit den Schmetterlingen und Hummeln… Sind das da hinten Füchse? Die kannte ich nur von Pelzhändlern. Schade, weg waren sie. Auf allen Vieren bleibend, krabbelte ich am Rand des Gesteinsbrockens entlang, beobachtete hier mal eine Biene, dort starrte ich minutenlang eine Blume an. Bis ich plötzlich einem Fisch ins Gesicht sah. Einen fragenden Ton von mir gebend, sah ich wieder auf. Ein glasklarer See. Was war eigentlich der Unterschied zwischen einem Teich und einem See? Aber die Stelle direkt vor mir schien recht tief zu sein und lud direkt zum rein springen ein. Wenn es da nicht ein kleines Problem geben würde. Ich konnte nicht schwimmen. Seufzend ließ ich mich der Länge nach auf den Felsen fallen. Abgesehen von dem Wasserproblem fühlte ich mich hier sauwohl. Der Stein war angenehm warm und die Sonne schien wieder. So konnte es bleiben. Kapitel 53 ---------- Gähnend streckte ich mich. Doch das Knacksen meiner Gelenke hielt mich schnell davon ab. “Au.” Ich sah zu Kentin. “Das tut doch weh.” “Tuts nicht.” Was mischte sich Scath ein? “Link kann keine Schmerzen fühlen.” Danke auch. Manchmal glaubte ich, mein Bruder wollte mich mit solchen Aktionen vergraulen. Da ich aber nicht besser war, sollte ich lieber nicht meckern. Mein Nacken beschloss spontan, noch mal zu knacksen. Als wir uns den Umkleiden näherten, blieb Kentin plötzlich stehen und ich lief fast in ihn hinein. Fragend beugte ich mich an ihm vorbei. Dort stand eine andere Klasse beisammen. “Was ist da los?” Gute Frage. “Link?” Zelda stupste mich an. “Frag doch mal Herr Gerodu?” “Warum ausgerechnet ich?” Und nein, das Quietschen in meiner Stimme bildet ihr euch nur ein. “Frag nicht.” Sie schubste mich leicht vorwärts. Das Handtuch werfend, machte ich mich auf dem Weg zum Lehrerzimmer. Ich hob kaum die Hand, als die Tür aufgerissen wurde. Schon fand ich mich in Abwehrhaltung auf der andere Seite des Ganges wieder. “Link? Was machst du hier?” Ich musste mehrmals blinzeln, um meinen Gegenüber zu erkennen und mich zu entspannen. “Ähm…” Intellekt, bitte melde dich. “Ich soll Ihnen sagen, dass vor den Umkleiden eine weitere Klasse steht.” “Ich weiß.” Geht das auch ein bisschen ausführlicher? “Einer meiner Kollegen ist krank, deswegen muss ich die Vertretung übernehmen.” Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn bemitleiden sollte. Doch da war er schon an mir vorbei und pfiff die Anderen zusammen, ob sie glaubten, dass sie sich nicht umziehen mussten. Kopf schüttelnd machte ich mich auf den Weg zu meiner Klasse. Sofort wurde ich fragend angestarrt. “Mindestens heute müssen wir unseren Lehrer teilen.” Während einige erleichtert aufseufzten - doppelt so viele Schüler bedeutete nur die Hälfte der Aufmerksamkeit unseres Lehrers - überlegte ich schon, was Ganon mit uns anstellen würde. Kaum wollten wir raus, kamen uns die ersten der Vertretungsklasse entgegen. “Hey, ihr! In welcher Halle haben wir Unterricht?” Finns Miene verdunkelte sich sofort. Er schien den Sprecher zu kennen. “In der Gleichen wie immer.” Und schwups, weg war er. Der Sprecher grinste daraufhin nur. Aber er schien nicht bemerkt zu haben, dass Aslam seinem Freund sofort hinterher ist. Sein Blick fiel auf mich. “So kalt ist es in den Hallen auch wieder nicht, dass man einen Schal tragen muss.” Häh? Ich trug doch gar keinen… Ach so. Ich hatte mir der Einfachheit halber meinen Zopf um en Hals geworfen, damit er mich nicht störte. “In der Halle wo ihr immer Unterricht hattet vielleicht nicht.” Wir schlossen zu den Schnelleren auf. Auch die Mädels ließen nicht lange auf sich warten. “Braucht ihr ne Extraeinladung?” Und Ganon meldete sich ebenfalls rechtzeitig an. Wir drehten uns wie einer zum Gebäude. Unser Lehrer kam mit üblicher guter Laune aus dem Gebäude gestapft, während die andere Klasse ihn und uns doof anstarrte. “Sie können doch nicht raus gehen!” Absolut jeder von uns zog den Kopf ein. Nun fast. Ich lebensmüdes Etwas beugte mich zur Seite, um mehr sehen zu können. Ganon drehte sich betont langsam wieder zu den Anderen. “Willst du mir vorschreiben, wie ich meinen Unterricht zu führen habe?” Oh je. Ich glaube, das letzte Mal, als er so sauer war, hatte ich ihn angeschrien. “Es liegt Schnee!” Wir tauschten verwirrte Blicke. Wo sah der denn noch Schnee? Nur im Schatten lagen noch kleine Flächen. Und wir hatten trotzdem die letzten zwei Wochen draußen Unterricht gehabt. “Schert mich das? Für jede Minute, die ihr verplempert, häng ich zehne ran!” Auch gut. Ein Zupfen an meinem Ärmel brachte mich dazu, mich umzudrehen. Kentin hatte meinen Bruder und mich so auf sich aufmerksam gemacht. “Sagt mal, ihr Beide könntet die nicht zufällig zum Kooperieren überreden, oder?” “Wieso?” Intelligente Frage, Link, das muss man dir lassen. Oh mist, das war ich ja selbst. “Ich will dir nicht zu nahe treten, aber deine abnormale Ausdauer teilen wir leider nicht.” Auch wieder wahr. Wir Brüder sahen uns kurz an, bis wir synchron nickten. Dafür gab es den passenden kleinen magischen Trick, den wir gleich in die Wege leiteten. Ein weit verbreiteter Irrglaube bestand darin, dass magische Flammen immer einen gewissen Körperkontakt zu ihrem Magier brauchten. Man konnte Flammen auch in einiger Entfernung beschwören, sagen wir zum Beispiel im Gang der Umkleiden. Allerdings brauchte man dafür ein extrem hohes magisches Level und eine Konzentration die auch zum Zählen der Sterne benötigt wurde. Also praktisch unmöglich zu bewerkstelligen. Teilte man das allerdings durch zwei, ging es ganz gut von der Hand. Und wir drei Braverys hatten das ganz gut gemeistert. Zudem hatten magische Flammen ab einer gewissen Stärke die Angewohnheit als zusätzliche Augen und Ohren zu fungieren. Nicht, dass ich wüsste warum. Ein Grummeln aus der Umkleide ließ unsere Klasse verstummen. Durch die Augen unseres Drachen sahen wir die Andern urplötzlich rennen. Kurz grinsten Scath und ich uns an, bevor auch wir auf das Schauspiel starrten. Durch die Verknüpfung unserer Magie war der Drachenoid nicht nur um einiges größer, sondern auch schwarzgrün getigert. Wir ließen ihn noch einmal nach den Anderen schnappen, die geschockten Schreie beachteten wir nicht. In dem Moment, wo wir einander losließen, explodierte der Drache. Ganon ging recht gemütlich auf die am Boden sitzenden, zitternden Gestallten zu. “Da die Herrschaften ja endlich mal ihren Hintern herausbewegt haben, können wir ja mit dem Unterricht beginnen.” Sie wagten nicht einmal mehr, einen Ton von sich zu geben. Schade, wäre lustig geworden. Noch bevor er uns zum Aufwärmen schickte, starrte er zu uns Brüdern. Ich hielt Scath fest, da der flüchten wollte. “Hatte ich nicht gesagt, keine Magie im Unterricht?” “Sie hatten die Stunde noch nicht eröffnet.” Kurz sah Ganon uns scharf an - mein Bruder wollte nur noch rennen - bis er seufzte. “Auch wieder wahr.” Jetzt durften auch wir uns bewegen. Kapitel 54 ---------- Ab dem heutigen Tag würde in unserer Klasse nie wieder das Gespräch Zu Ganons unmöglichen Trainingsmethoden aufkommen. Warum? Die fünfzehn Letzten, die ankamen, waren nicht von uns. Und sie pfeifen nicht mal mehr aus dem letzten Loch. Den Kopf schüttelnd beobachtete Ganon die Truppe kurz, bevor er die Stimme erhob. “Was bitte habt ihr die letzten Jahre gemacht?” Irgendeiner antwortete: “Etwas trainiert, sowie die Geschichte und Theorie verschiedener Stiele durchgenommen.” Theorie? Ganon schien beim bloßen Gedanken an Papierkram das Gruseln zu kriegen. Ich machte mit. Ob er die nächsten fünf Minuten brauchte, um über die Tatsache des Theorieunterrichts hinwegzukommen, oder ob er den Konditionskanonen Zeit zum Verschnaufen gab, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. “Oder dachten Sie, wir rennen drei Stunden am Stück durch die Gegend?” Scaths Gesichtsausdruck nach hatte er Ganondorfs genuscheltes “Ich denk am Besten gar nicht mehr.” auch gehört. Er beorderte den der gesprochen hatte nach vorne. “Name?” “Mavin Rees.” Als Ganon zu mir sah, schüttelte ich schnell den Kopf. Dieser Mavin war der, mit dem sich Finn offensichtlich nicht verstand. So nickte ich - mir die Aufmerksamkeit unseres Lehrers bewusst - in Richtung unseres Rotauges. Tatsächlich rief Ganon ihn und nicht mich nach vorne. Die andere Klasse staunte nicht schlecht, dass es einen Schüler - gegen - Schüler - Kampf geben sollte. ”Und wenn sich einer verletzt?” “Ist er hier so falsch, wie ein Zora im Magmafluss.” Offensichtlich war selbst Aslam mittlerweile genervt. Doch dann merkte er, was er gesagt hatte und zog schnell den Kopf ein. Aus dem Augenwinkel sah er zu Herr Gerodu, der aber gar nicht darauf einging. Stattdessen hatte er die schriftlich festgehaltenen Erfolge der Anderen studiert und schien Kopfschmerzen zu entwickeln. “Wer von euch ist der Beste?” Ein halbes Hemd meldete sich. “Nur auf die Praxis bezogen.” Hemd ließ Hand sinken. Stattdessen trat einer vor, der einen Krummsäbel an der Hüfte trug. “Name?” “Walcher.” “Link!” Ganon deutete auf den Anderen. “Leben lassen!” “Verdammt!” Unter den belustigten Blicken meiner Klasse trabte ich nach vorne und holte meinen Gegner ab. “Keine Lust, hm?” Ich sah kurz zu ihm, bevor ich den Kopf schüttelte. “Ich habe eher ein Problem damit, meinen Gegenüber am Leben zu lassen.” Seine Schritte verstummten augenblicklich, weshalb ich mich gezwungen sah, stehen zu bleiben und mich zu ihm umzudrehen. Seinen angstvollen Blick beachtete ich nicht, sondern verschränkte die Arme vor der Brust. “Ich dachte, ihr habt die verschiedenen Kampfstiele durchgenommen? Warum nicht auch den Kampf mit Worten?” “Waren wir noch nicht…” Super. Ich drehte mich wieder um und ging gemütlich weiter zum Ende des Platzes. “Na kommst du jetzt mal?” Endlich schloss er auf. “Du… du willst mich nicht wirklich umbringen, oder?” “Naryu steh mir bei. Ich glaub ich spinne.” Wieder ins aktuelle Hyrulanisch wechselnd starrte ich ihn an. “Was sind die Tugenden Hyrules?” “Bitte?” “Ihr seit doch so groß im Wissen, also los antworte schon.” “Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?” “Und so etwas will Hyrulaner sein.” Irgendwie sprang ich gerade quer durch die Zeitalter. “Stärke, Mut und Weisheit. Jeder der Helden soll über diese Tugenden verfügt haben.” Ich starrte ihn an. “Wo gehörst du hin?” “Ähm…” “Weisheit schon mal nicht.” Ich gab ihm noch ein paar Sekunden, bevor ich resignierend den Kopf schüttelte. “Ist ja auch egal. Los, greif mich an.” Er blinzelte verwirrt, wohl aufgrund meines abrupten Themawechsels. “… willst du deine Waffe nicht ziehen?” “Bring mich dazu.” Kapitel 55 ---------- “Los verschwindet! Ich kann und will euch nicht mehr sehen!” Oh. Es war schon eine Weile her, dass Ganon so entnervt den Unterricht beendete. “Meine Klasse bleibt noch hier!” Einige von uns ließen sich geschafften Ort und Stelle auf den Rasen fallen. Auch unser Lehrer gehörte zur Abwechslung mal dazu. So sah der Rest von uns sich gezwungen, ebenfalls zu Boden zu gehen. “Ich will jetzt eure ehrliche Meinung.” Er sah über uns und wirkte dabei recht verzweifelt. Da sich keiner meldete, war wohl ich mal wieder drann. “Link?” Doch ich schüttelte den Kopf. “Lieber nicht, ansonsten werde ich ausfallend.” Einige verhalten kichernde Stimmen erklangen. Ganon sah weiter über uns. “Theska?” Sie verschränkte genervt die Arme. “Der hat sich geweigert, was zu machen, nur weil ich ein Mädchen bin.” Wieder einige belustigte Geräusche. “Ey!” Oh, sie war wirklich wütend. “Der hatte ja so ne Angst, mich verletzen zu können. Aber wenn ich bedenke, dass ich hier schon das Schlusslicht bilde, wo war der dann?” Jetzt ging ein lautes Lachen durch die Reihe. Sogar Ganon schien belustigt. “Finn?” “Kein Kommentar.” “Doch Kommentar.” Kentin sah ihn an. “Du rauchst immer noch wie ein Vulkan und das obwohl du ihn mehrfach an den Rand der Verzweiflung gebracht hast.” Kurz herrschte Stille, bis Finn seufzte. “Mavin hat sich gefühlt seit der Grundschule nicht verändert. Keinen Dunst davon, wie man eine Klinge hält geschweige denn benutzt. Dazu sein Standard-Satz: ´Mein Vater hat / wird / sagt.´ Und von Taktik eine Ahnung wie ein Gorone vom Fliegen.” Eine sehr erheiternde Kurzcharakteristik. Ganon ließ uns etwas in unserer Erheiterung, bevor er sich weiter wandte. “Zelda?” “Das gleiche Problem wie Theska.” “Ich auch!” Miri rief einfach dazwischen. Aber niemand störte sich daran. Zelda selbst grinste nur dazu, doch sie wurde recht schnell wieder ernst. “Wenn der wirklich in der Theorie so gut war frag ich mich, was die lernen. Stiert mich an wegen meinem Degen. Und ist dann der festen Überzeugung, ich bin damit einem Schwert unterlegen.” Lebensmüde der Junge. Und nicht nur ich dachte so. Ich meldete mich, da mir gerade etwas einfiel. Ganondorf sah mich erst einmal verwirrt an, bevor er mir zunickte. “Was hat ihr Kollege überhaupt? Und vor allem, wie lange ist er noch krank?” Zu unserer Verblüffung legte er den Kopf in den Nacken und seufzte tief. “Ich kann dir auf Beides keine Antwort geben, einfach weil ich es nicht weiß. Die einzige Information, die ich habe, besagt noch den Rest der Woche.” Kollektives Stöhnen. “Aber egal. Übermorgen fangen wir wie geplant mit dem Reiten an. Wenn die noch nicht so weit sind, ist das nicht unser Problem.” Wieder sah er zu mir. “Wie lange brauchst du, um deinen Vogel herbei zu rufen?” Ich zuckte mit den Schultern. “Meistens etwa fünfzehn Minuten. Wenn er gerade ganz wo anders ist, dauert es eben länger.” “Gut.” “Wie funktioniert das eigentlich?” “Hm?” Fragend sah ich zu Aslam. “Was meinst du?” “Vor den Ferien hast du in keinster Weise irgendwie nach dem Tier gerufen. Es ist trotzdem gekommen.” “Ähm…” Mist. Wie erklärte man das? Und nein, die starrenden Blicke der Andern erleichterten das nicht. “Ihr habt doch schon mal gehört, dass Drachenreiter eine ganz besondere Verbindung zu ihren Tieren haben, oder?” Einheitliches Nicken. Gut. “Das wird der Einfachheit halber Seelenbund genannt, weil keiner so genau weiß, wie das abläuft. Das Band, welches Reon und mich verbindet, hat etwa die gleiche Ebene.” So doof war der Vergleich gar nicht. Und meines Wissens nach kam das so hin. Ob das für Wolkenvögel im Allgemeinen so galt, oder wir ein einmaliger Fall waren, wusste ich nicht. Mir waren aber auch keine Verbindungen bekannt, die nicht mit dem Tod endeten. “Sonst noch irgendwelche Fragen?” Ganondorf sah über uns. Da sich niemand meldete, hievte er sich hoch. “Na dann, schönen Tag noch.” “Wir haben doch noch ne halbe Stunde.” Link! Nachdenken! “Ich weiß. Aber wenn wir pünktlich Schluss machen, erwische ich den Direktor nicht mehr. Mit dem hab ich noch einen Stall Hühner zu rupfen. Das Niveau dieser Klasse ist doch…” Alles weitere ging in einem Grummeln unter. Kapitel 56 ---------- “Ihr lahmen Etwas! Bewegt eure faulen Hintern! Wir haben noch etwas vor!” Autsch. Und ich war gerade am anderen Ende des Platzes. Grummelnd verließ ich die Strecke und marschierte querfeldein zum Rest meiner Klasse, Ich war sowieso der Einzige von uns, der noch lief Ich ließ mich einfach neben Miri fallen und würgte sie gleich mit: “Frag nicht. Ich bin taub.” ab. Tatsächlich nickte sie nur und lehnte sich wieder an ihren Freund. Einige der Andern sahen mich leicht dämlich an, wohl weil Ganondorf nichts dazu sagte. Was auch, ich hatte meine Sollrunden schon längst absolviert und war nur noch aus Langeweile mit gelaufen. Nur kurz spürte ich einen Blick aus seiner Richtung auf mir. Doch er war schon längst wieder verschwunden, als ich mich umdrehte. Erst als wirklich alle einge… schwankt waren, erhob Ganon wieder die Stimme. “Schwächlinge! Euch kann man nicht mal als Wegweiser verwenden!” Noch während ich bemerkte, dass ich wieder etwas hörte, ging ein belustigtes Glucksen durch unsere Reihe. Unsere Parallelklasse verstand den kleinen Insider natürlich nicht. “Für den Fall, dass ich euch nächste Woche immer noch habe, erwarte ich bessere Ergebnisse! Ihr scheint die letzten Jahre nur faul herumgesessen zu haben! Mit den Leistungen werdet ihr nicht einmal Stallburschen!” Ich blendete Ganons Gemecker kurz aus und beugte mich zu Zelda. “Erinnerst du dich an unser Gespräch während der Ferien?” “Ist es gemein, wenn ich sage: Leider?” Dabei sah sie leicht gequält zurück. Grinsend schüttelte ich den Kopf und ließ mich der Länge nach auf den Rasen fallen. “Weckt mich, wenn doch noch etwas passiert.” Mein Bruder gab ein belustigtes Geräusch von sich. “Er schläft doch jetzt nicht wirklich, oder?” “Ich würde keinen Rubin auf das Gegenteil verwetten. Link kann sogar auf Reons Rücken schlafen.” “Hieß es nicht mal, er sei hyperaktiv?” “Neben verpennt und verfressen.” Und außerdem konnte ich bewusst auf dieser lustigen Zwischenebene verweilen, wo man zwar noch alles mitbekam, aber fast schon am Schlafen war. Anscheinend nahm Kentin das einfach so hin, denn ich hörte seine Stimme nicht mehr. Nein, ich schlief noch nicht. Erst als ich wirklich fast schon weg war, hörte ich Schritte, die in meine Richtung kamen. Sofort riss ich die Augen wieder auf und sah genau in Ganondorfs Gesicht. “Schläfst du?” Ich bekam geradeso ein Nicken zustande. Klatsch! Hatte mein Bruder sich schon wieder gegen die Stirn geschlagen? Ganon verdrehte nur die Augen. “Die Zwillinge üben mit den Schwachköpfen den Gruppenkampf und der Rest…” Ich saß schneller, als mein müdes Gehirn etwas registrierte und starrte ihn an. “… macht mit den Übungen zur Schwertkontrolle weiter.” Schon sah Ganondorf wieder zu mir. “Was?” “So, wie im Herbst?” Hätte ich gerade einen Wolfsschweif, würde dieser vermutlich in einem Affenzahn hin und her wedeln. Kurz sah Ganon aus, als wollte er etwas sagen, schloss aber den Mund und seufzte. “Mach doch, was du willst.” Jauchzend sprang ich auf - einige im Umkreis zuckten erschrocken zusammen - und zog gleich darauf meinen Bruder auf die Beine. “Los, komm schon!” Miri grinste, während Scath genervt stöhnte. “Weiche von mir, Dämon.” Ich ging gar nicht darauf ein, sondern zog ihn pfeifend weiter. “Link! Lass mich los! Ich kann alleine laufen!” Als ich ihn losließ, stolperte er kurz herum, fing sich dann aber wieder. Bei den Anderen blieb ich fröhlich stehen und klatschte einmal laut in die Hände. Als sie geschlossen zusammen zuckten, musste ich grinsen - Magie war doch was feines. “OK. Zu eurer Info: Herr Gerodu hat uns den Freifahrtschein gegeben, euch alle zu verprügeln.” “Link!” Fragend sah ich zu meinem Bruder. “Was denn, stimmt doch.” “Nur weil es stimmt, musst du es ihnen nicht so an den Kopf knallen!” “Wer die Wahrheit nicht verträgt, soll nicht Ritter werden.” Ich drehte mich wieder zu den Anderen. Die sahen uns durchgehend geschockt an, dass ich schon wieder fast lachen musste. Wie auch immer der hieß, den Finn gestern vermöbelt hatte, sah mich recht hochnäsig an. “Du glaubst doch nicht, dass wir uns das gefallen lassen.” “Schon.” Ich musste wieder grinsen. “Euch wird nämlich nichts anderes übrig bleiben.” Bevor ich denen noch weiter Angst machen konnte, spürte ich eine Magiewelle über mich hinweg wutschen. Wütend drehte ich mich zu meinem Bruder und starrte ihn in Grund und Boden. “Du hältst jetzt mal für fünf Minuten den Rand, ansonsten hauen die uns noch vor dem ersten Schwertstreich ab.” Damit wandte er sich an die Andern. Ich starrte ihn weiter in den Rücken. Was verzauberte der mich einfach? Ich will meine Stimme zurück! “Was mein Bruder versucht hatte, euch zu verklickern, ist Gerodus Plan für heute.” Er missachtete mich, stattdessen sah er kurz über die Sitzenden. “Wir sollen mit euch den Gruppenkampf durchnehmen. Irgendwelche Vorkenntnisse?” Starren. Und nicht nur von mir. “Ich definiere das mal als ´Nein´. Link, hör auf, mir ein Loch in den Schädel brennen zu wollen.” An sich könnte ich den Zauber auch selber lösen, aber wo bliebe da der Spaß? “Wir vertreten die Devise: Man lernt ab Besten beim Anwenden. Und genau so werden wir auch handeln. Also hop, keine falsche Müdigkeit vortäuschen.” Irgendeiner stand grummelnd auf und erhob die Stimme. “Und wie sollen wir das bitte lernen, ohne vorher erfahren zu haben, wie es geht?” “Benutz deinen Kopf. Aber spätestens wenn ihr euch nicht mehr gegenseitig auf die Füße latscht, habt ihr Fortschritte gemacht.” Trotzdem waren sie nicht überzeugt. “BEWEGT EUCH GEFÄLLIGST! IHR WERDET HIER NICHT FÜRS RUMSITZEN BEZAHLT!” Ganons Machtwort half. Kapitel 57 ---------- Immer noch stumm vor mich hin grummelnd, saß ich die Arme vor der Brust verschränkt im Rasen und starrte die schnaufende Meute an. Hinter mir hörte ich Schritte. Da ich allerdings merkte, wer auf uns zu kam, drehte ich mich nicht um. “Was ist hier los?” Ich drehte meinen Kopf zu Ganondorf und zuckte mit den Schultern. Er blinzelte kurz. “Hast du deine Stimme verloren, dass du nicht mehr mit mir redest?” Seine Belustigung verschwand sofort, als ich nickte. Ich deutete kurz auf meinen Bruder, der sichtlich zusammen zuckte. Doch anstatt sich über die Magieanwendung aufzuregen, verdrehte Ganon nur die Augen. “Lös den Zauber.” Wen von uns Beiden er meinte, konnten wir nicht mit Sicherheit sagen. Also weg mit der Stummheit. Währenddessen baute sich Ganon vor den Abgestrampelten auf. “Ich habe vorhin schon gesagt: Ihr werdet nicht fürs Rumsitzen bezahlt.” “Wir werden gar nicht bezahlt!” “Doch! Mit Erfahrung!” Kurz nickte Ganon uns bekräftigend zu, bevor er wieder zu den Anderen sah. “Da hört ihr es.” “Verdammt noch mal! Wir sind doch keine blöden Viecher, dass wir den ganzen Tag rum rennen!” Oh oh. Ganons Wut ließ Scath von ihm weg rutschen. “Ich zwinge niemanden hier zu bleiben. Verschwindet schon! Aber kommt mir dann nicht morgen angekrochen. Und lasst euch gesagt sein, dass sich Schwänzen gerade bei Rittern alles andere als gut auf das Zeugniss auswirkt.” Er drehte sich ruckartig um und stapfte zu unserer Klasse zurück. Ich sprang mit einem Satz auf die Beine und folgte ihm. Wirklich viel hatte ich in der bisherigen Stunde nicht gemacht. Selbst mein Bruder war unruhig, weil er im Gegensatz zu den letzten Wochen auch fast nur rumgestanden hatte. Eine Hand auf meiner Schulter ließ mich auf halben Weg stehen bleiben und zu Ganon sehen. Er hatte auch Scath auf diese Weise angehalten. “Dieses Mal will ich aber wirklich eine Meinung.” Ich antwortete das Erste, was mir einfiel. “Katastrophe.” Offenbar war das nicht nur meine Meinung, denn auch Scath hatte diese sehr treffende Aussage getätigt. “Etwas ausführlicher?” Kurz wechselten wir einen Blick, bis Scath als erstes antwortete. “Ausdauer nicht vorhanden.” “Von körperlicher Kraft ganz zu schweigen.” “Feige.” “Unpassende Waffen.” “Keine Ahnung von diesen.” “Unfähig, theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen.” “Theoretisches Wissen ist mies.” “Selber denken außer Mode.” “Könnt ihr das noch ewig weiter führen?” Ganon unterbrach uns belustigt. “Ja.” Und wieder waren wir einer Meinung. “Euch möchte ich nicht als Feinde haben.” Damit ließ er uns los. “Na, macht schon. Man sieht euch an, dass ihr keine Sekunde mehr still stehen könnt.” Und so war es auch. Wie ich erst Scath und dann Zelda zu einer kleinen Kampfübung überreden konnte, war mir persönlich schleierhaft. Aber wahrscheinlich ging ich ihnen mit meinem Rumgehüpfe tierisch auf die Nerven. Zu meiner Verwunderung waren nicht alle aus der andern Klasse abgehauen. Eine Hand voll der Jungs stand - zugegebenermaßen schon in Straßenkleidung - am Rand unseres Platzes und starrten uns an. Dabei beratschlagten sie irgendwas. Mein Gefühl sagte mir, dass wir die morgen wieder sehen würden. Aber was interessierte mich morgen, wenn ich heute die Klinge mit Finn kreuzen konnte? Kapitel 58 ---------- Noch zwei Theoriestunden und dann endlich mal wieder Bewegung! Nicht, dass Hyrulanisch ein so schlechtes Fach war, aber ich war nun mal Praktiker. Vorzugsweise draußen mit mehreren Kilometern Platz in jede erdenkliche Richtung. Jetzt ging ich gerade durch die Stallungen der Akademie und besah mir die Pferde meiner Klasse. Besonders lustig fand ich Aslams Schimmel. Ob er wusste, dass in einigen älteren Kulturen solche Pferde Meeresgottheiten geopfert wurden? Wahrscheinlich nicht. Ich glaube, er würde austicken. Man konnte regelrecht den vertrauten Umgang der Beiden sehen. Finns Hengst schien zu dessen Frust Interesse an Epona zu haben. Einige der Tiere waren nervös aufgrund der unbekannten Umgebung. Dagegen war der große schwarze Hengst am Ende des Ganges die Ruhe selbst. Durch das Gerudo-Symbol am neben ihm hängenden Halfter tippte ich spontan auf Ganons Pferd. Plötzlich hob er den Kopf vom Heu und starrte mich an. Selbst seine Augen waren sehr dunkel, sodass man Iris und Pupille fast nicht auseinander halten konnte. Im Moment machte er auf mich keinen sonderlich schlecht gelaunten Eindruck. Eher wirkte er neugierig. Ich trat an die Abtrennung und hielt dem Tier meine offene Handfläche hin. Eigentlich sollte man sich fremden Pferden nicht einfach so nähern, weil sie es eventuell als Angriff werten konnten. Aber ich vertraute meinen Kenntnissen gegenüber Tieren, dass ich so etwas einschätzen konnte. Tatsächlich kam er näher und beschnupperte mich. Scheinbar war ich harmlos, denn er stupste mich an. Schon begann ich ihm erst an den Nüstern zu streicheln und - als er näher gekommen war - auch hinter den Ohren. “Na du?” Verständlicherweise antwortete er nicht, aber schloss die Augen zufrieden. Jetzt hatte ich ne Beschäftigung für die Pause gefunden. “Du kommst auch mit allen Tieren gut aus, hm?” Meine Arbeit nicht unterbrechend, drehte ich meinen Kopf zu Ganondorf. “Fische mögen mich nicht.” “Hat das einen bestimmten Grund?” Daraufhin musste ich grinsen. “Sie schmecken zu gut.” Kurz war er ruhig, bis sein lautes Lachen im ganzen Stall widerhallte. Auch ich musste glucksen. Ein Druck an meiner Hand erinnerte mich daran, dass hier ein Pferd gekrauelt werden wollte. Ganon trat neben mich und strich dem Tier auch durch die Mähne. “Ich finde es erstaunlich. Normalerweise mag Galas keine Fremden.” Ich konnte nur mit den Schultern zucken. “Es wird bestimmt nicht daran liegen, dass mich das gesamte Wolfsrudel heute morgen überfallen hat.” “Und das lässt du mit dir machen?” “Natürlich.” Auch, wenn es für Fremde etwas rabiat aussah, waren sie bei so etwas sehr vorsichtig. Galas schupste mich etwas zu stark, sodass ich zurück taumelte. Ich befand spontan, der Name passte, schließlich bedeutete er auf alt-gerudoisch ´der Starke´. Kein Wunder also, dass ich ein totales Mathe-Rindvieh war. Mein Hirn brauchte den ganzen Platz für die vielen Sprachen, die ich irgendwann mal gelernt hatte. Ganon sah dem nur interessiert zu. Ich ging gar nicht weiter darauf ein, sondern trat wieder zu der Absperrung und nahm meine Beschäftigung wieder auf. Jetzt starrte er schon. Es dauerte kurz, bis er sich wieder fing. “Hättest du dich ihm auch genähert, wenn du gewusst hättest, dass er zu mir gehört?” Fragend sah ich zu Ganon auf. Es war selten jemanden zu treffen, der Tiere nicht als sein Eigentum bezeichnete. Aber er hatte etwas gefragt. “Ich konnte es mir denken.” “Wie das?” “Das blau-rote Muster am Halfter ähnelt dem, welches Nani an ihrer Tasche und ihren Armstulpen trägt.” “So etwas merkst du dir?” “Es ist recht eingängig.” Und schon jahrtausende alt. Tatsächlich handelte es sich um das gleiche eckige Muster, welches die Gerudos fast immer getragen hatten, wenn ich sie getroffen hatte. Ich sah wieder zu Ganon. “Es ist ein traditionelles Muster ihrer Familie, oder?” Kurz schweifte sein Blick zu mir, bevor er wieder zu seinem Pferd sah. “Das hast du richtig erkannt.” Und damit würde sich keiner wundern, wenn ich mich in dahingehend mal verplappern würde. Ein Pfiff hallte durch den Stall, sodass ich kurz verwundert in diese Richtung sah. Klingeling! “Verdammt!” Ich griff schnell nach meiner Tasche, stolperte noch fast über meine Füße und rannte los. Über die Schulter sah ich noch mal kurz zurück. “Bis nachher!” Jetzt aber schnell! Ich holte die Truppe erst vor dem Stall ein. “Danke Scath.” Mein Bruder nickte nur. Wir wussten Beide, wenn er mir nicht Bescheid gesagt hätte, hätte ich die nächste Stunde voll verpeilt. “Wo hast du dich denn die ganze Zeit rumgetrieben?” Hatte ich irgendwann schon mal erwähnt, dass Zelda neugierig ist? Nein? Dann hole ich das jetzt nach. Sie ist verdammt neugierig! “Ich hab mich mit Herrn Gerodu unterhalten.” Ich sah die ehemalige Göttin direkt an. “Schlimm?” Sie schien irgendwas herunter zu schlucken. “Ich finde es nur seltsam, dass du dich so gut mit ihm verstehst.” Ich blieb an Ort und Stelle stehen und drehte mich ihr vollständig zu. Irgendjemand prallte gegen mich, aber das beachtete ich nicht. “Wo liegt dein Problem?” Einige unserer Klasse machten einen kollektiven Schritt von mir weg und auch Zelda wirkte recht geschockt. “Ich… ich habe nie gesagt, dass ich ein Problem damit habe.” “Du benimmst dich so.” Ja ich war sauer. “Ich seh ein, dass er Vielen allein wegen seiner Statur suspekt vorkommt, aber das ist noch lange kein Grund ihn wie ein fremdes Wesen zu behandeln. Ja, er ist unser Lehrer. Ja, als solcher wird er nie der beste Freund eines Schülers sein. Trotzdem ist er auch nur ein menschliches Wesen und als solches behandele ich ihn auch.” “Link, beende deinen Monolog. Wir haben noch Unterricht.” Ich funkelte meinen Bruder an. “Darauf könnte ich gerade getrost verzichten.” “Gut, dann eben anders.” Scath atmete tief durch, bevor er mich anknurrte. “Krieg dich wieder ein! Du schmeißt mit deiner Magie um dich, wie ein Clown mit Torten!” Tatsächlich blinzelte ich ihn an. “Tu ich?” “Jetzt nicht mehr.” Alle, die mir zu nahe gewesen waren, atmeten erleichtert durch. Ups….. Genau deswegen hasste ich es, wenn ich die Kontrolle über mich verlor. Kapitel 59 ---------- “Ich kann nicht glauben, dass die wirklich wieder aufgetaucht sind.” Dabei sah Ganondorf auf die Handvoll schwitzenden und schnaufenden Schüler, die als Einzigste noch rannten. Mehr hatten es aus unserer Parallelklasse heute nicht hier her geschafft. Ich saß praktisch direkt neben ihm auf dem Boden und nickte nur dazu. Der Rest unserer Klasse holte gerade die Pferde auf die Trainingskoppel. “Jetzt sag mir mal, wie ich die drei Stunden lang beschäftigen soll.” Er sah dabei zu mir. “Ich habe fest damit gerechnet, dass die in Zukunft einen großen Bogen um mich machen.” Ich ehrlich gesagt auch. So konnte ich gerade noch mit den Schultern zucken und eine meiner dummen Ideen loswerden. “Weiter rennen lassen?” “Wäre erst einmal eine Idee. Aber das finde selbst ich rabiat.” Punkt für ihn. “Wir lassen sie Gleichgewichtsübungen auf dem Zaun absolvieren.” Idee Nummer zwei. “Und nachher bricht sich einer den Hals.” Ganon schüttelte sich. “Lass mal, mich gruselt es schon, wenn ich das mit euch durchnehmen muss.” “Gibt es überhaupt einen festen Lehrplan für dieses Fach?” Schon mal nachfragen, falls ich irgendwann auf die dämliche Idee komme, Lehrer zu werden. “Ja, gibt es. Mit vielen ´kann´, ´darf´ und so weiter.” “Das heißt, die da sind im Soll?” Ich versuchte nicht einmal, das geschockte Quietschen aus meiner Stimme zu halten. “Ja.” “Din steh mir bei. Ich glaube, ich spinne.” Wie konnten denn zwei Lehrer des selben Faches solch unterschiedliche Tendenzen haben, was die Schwerpunkte in ihrem Unterricht anging? Von Ganondorf hörte ich nur ein belustigtes Schnauben. Genau das ließ mich aufsehen. Der fröhliche Ausdruck stand ihm gut zu Gesicht. Doch er drehte sich viel zu schnell weg von mir. “Deine Klasse ist wieder da.” Warum musste ich eigentlich immer aufspringen, um ihm folgen zu können? Am Gatter lehnte ich mich erneut gegen das Holz und besah mir die bunte Truppe. Ganon ging noch ein paar Schritte weiter. “Lasst eure Pferde stehen und kommt mit.” Uns fragend ansehend befolgten wir die Anweisung. “Ich gehe mal davon aus, dass jeder von euch schon mal in einem Sattel gesessen hat. Wer also keinen blassen Dunst von Pferden hat, kann nach Hause gehen.” Es bewegte sich keiner. “Gut.” Ganondorf sah noch mal über seine Schüler. “Als Erstes schauen wir mal, wer von euch sein Pferd rufen kann.” Kentin meldete sich. “Was verstehen Sie unter rufen?” Zur Verwunderung unserer Klasse klatsche Ganon zwei Mal laut in die Hände. Keine zehn Sekunden später kam Galas auf ihn zu. Kurz vor dem Gatter bremste er stark ab. “Das versteh ich unter…” Ganon brach plötzlich ab. “Hey!” Ich konnte mir nur mit Mühe das Lachen verkneifen. Galas war zielsicher zu mir getrabt und forderte seine Streicheleinheiten ein. Auch einige Andere aus unserer Klasse fanden es - das unterdrückte Kichern nach zu urteilen - recht amüsant. “Ich hoffe, das wird jetzt nicht zur Gewohnheit.” Beim Versuch unschuldig auszusehen, scheiterte ich kläglich. Den Kopf schütteln wandte sich Ganondorf wieder an die Klasse. “So, oder so ähnlich. Irgendjemand hier, bei dem das auch funktioniert?” Mindestens mein Bruder, der auch gerade vortrat. Dabei friemelte er eine hölzerne Flöte aus der Innentasche seiner Jacke. Es erklangen ein paar Töne und schon löste sich Epona von ihren Artgenossen. Scath wirkte recht zufrieden, als sie vor ihm stehen blieb und ihn stupsend darauf hin wies, dass auch sie gestreichelt werden wollte. Ganondorf nickte anerkennend. “Ungewöhnlich, aber sehr gut.” “So ungewöhnlich ist das gar nicht.” Ich saß mittlerweile auf dem Gatter. “Epona mag Musik. Sie ist bei manchen Stücken schon als Fohlen angekommen.” “Da hört ihr, wie man das macht.” Auch bei Miriam und Zelda funktionierte es auf Anhieb und sie waren nicht die Einzigen. Plumps machte es und Galas wurde sofort unruhig. Ein Blick über die Schulter reichte, um das Elend zu sehen. Unser Vertretungslehrgang lag schnaufend, alle viere von sich gestreckt im Gras. Ich wusste ja, dass ich ausdauertechnisch komplett abnormal war, aber das hier ließ mich nur noch den Kopf schütteln. Ganon ließ sie einfach liegen und beobachtete stattdessen seine Pappenheimer bei ihren teilweise kläglichen Versuchen. Und ich nahm meine Arbeit wieder auf. Pferd kraulen. Erst Minuten später regten sich die doch nicht Leichen wieder. Leicht daran zu merken, dass einer plötzlich neben mir lehnte und Galas betrachtete. “Eingroßes Pferd hast du da.” Ich strich dem Schwarzen weiterhin beruhigend über den Kopf. “Er gehört nicht zu mir sondern Herrn Gerodu.” “Er lässt dich an sein Pferd?” “Offensichtlich.” “Du könntest dich doch auch mit deinem Pferd beschäftigen.” “Hab keins.” “Warum?” “Darum?” Prompt hörte ich Reon schwer landen und aggressiv kreischen. Die eben noch Halbtoten standen plötzlich wie Eins und hatten alle ihre Schwerter in der Hand. Stirnrunzelnd sah ich zu ihnen. “Wenn ich auch nur eine geknickte Feder an ihm finde, reiße ich euch einen nach dem Andern den Kopf ab.” “Das ist nicht wirklich der Zeitpunkt für Scherze.” Erstaunlich, dass ich durch die klappernden Knochen noch etwas hörte. “Du wolltest doch wissen, warum ich kein Pferd habe. Da steht die gerade schlecht gelaunte Antwort.” Reon gab noch einen aggressiven Ton von sich und kam etwas näher. Verwundert stellte ich fest, dass Galas den Rückwärtsgang einlegte und sich rasch zu seinem Reiter trollte. “Na, du treulose Tomate?” Die Begrüßung hatte es ja auch in sich. Schon war Reon mehr als zufrieden und kam auf mich zugetapst. Kurz vor dem Gatter blieb er stehen. Ich musste einfach die Augen verdrehen. “Guck mich nicht so vorwurfsvoll an. Ich kann doch auch nichts dafür, dass du den festen Boden nicht so magst.” Er gab ein Geräusch von sich, das mich jedes Mal an ein Meerschweinchen erinnerte. “Ha ha.” Ich streckte eine Hand aus und erreichte gerade so seinen Schnabel. “Von wegen, ich hätte zu dir kommen können. Du willst wohl, dass ich die interessanteste Zeit des Tages verpasse.” Dass mich die Jungs aus der Parallelklasse richtig schön doof anstarrten, fand ich irgendwie recht lustig. Aber was solls. Denn schon hatte ich den nächsten Kopf auf dem Schoß, der gekrauelt werden wollte. Ich sollte mich dafür bezahlen lassen. Leider konnte ich den Gedanken nicht ausweiten, da sich Ganondorf wieder näherte. Dabei hielt er sich auffallend außerhalb von Reons Schnabelreichweite auf. Er besah sich die immer noch Starrenden. “Hat das wenigstens in dem Zusammenhang etwas gebracht?” “Sie waren recht schnell auf den Beinen, um von Reon wegzukommen.” Ich sah auch kurz über sie. “Ansonsten war nix.” Dabei kraulte ich unablässig das rote Fell. “Ich überlege trotzdem noch, wie ich sie beschäftigen soll.” Dumme Idee Nummer drei: “Wir könnten sie aneinander binden und schauen, ob sie sich am Ende des Tages von einander lösen konnten.” “Ist Freiheitsberaubung.” Ganon sah wieder zu mir. “Wo nimmst du den ganzen Blödsinn her?” “Mein Onkel ist Jungegeselle.” “Gut. Das sagt alles.” Jetzt hatte er es geschafft, mich zu verwirren. Erst Reons Quietschen - ich hatte schlagartig aufgehört, ihn zu kraulen - brachte Ganon erneut dazu, zu mir zu sehen. “Was? Dachtest du, ich habe nur Nani als Familie?” Schnell schüttelte ich den Kopf, dabei meine Arbeit wieder aufnehmend. Ganondorf musterte mich weiterhin. “Du hast doch gerade nichts zu tun.” Ich musste Schlucken. Schnell sah ich zu Reon, der immer noch nicht wirkte, als ob er von mir runter gehen wollte. “Hauptsache, du hast deinen Kopf.” Für seine riesige Statur sehr elegant hüpfte er über das Gatter und machte sich auf den Weg zu den Umkleiden. “Wie hast du es geschafft, ihn zu vertreiben?” “Keine Ahnung.” Ich sah der kleiner werdenden Gestallt hinterher. Erst als sie im Gebäude verschwunden war, konnte ich mich losreißen. Epona stand neben mir, friedlich grasend. Sie fürchtete sich nicht vor Reon, dafür kannte sie ihn zu lange. Auf ihrem Rücken hatte sich Scath lang gemacht und musterte mich. “Ich schätze mal, für dieses Kunststück würden Etliche unserer Klassen einiges geben.” “Ich auch.” Und wenn nur, um eine Wiederholung zu verhindern. Ein leichtes Zupfen an meinem Oberteil ließ mich seufzen. “Galas lass das bitte.” Das Zupfen hörte zwar auf, aber sein Kopf schob sich in mein Sichtfeld. Nun schien er sich mit Reon zu unterhalten. Auch gut, sollten sie das unter sich klären. Für jeden Außenstehenden musste das seltsam wirken. Aber da ich selbst schon genug Zeit auf vier Pfoten verbracht hatte, konnte ich bloßes Anstarren ganz gut von einem ernsthaften Gespräch unterscheiden. Und momentan war eindeutig letzteres der Fall. “Halt mal still.” Fragend sah ich zu Scath und bemerkte auch prompt das Handy in seiner Hand. “Was soll das?” “Oma beschwert sich immer, dass sie von dir viel zu wenig anständige Fotos hat.” Oh super. “Einfach fremde Pferde knipsen.” Scath fiel fast von Epona, als er sich schnell zu unserem Lehrer drehte. Ganon aber tat fast so, als ob er nie etwas gesagt hatte und warf mir einen Gegenstand zu. Verwundert fing ich das Buch auf und besah mir den Titel. “Lehrbuch der praktischen Schwertkunst? Es gibt ein Buch für das Fach?” “Frag nicht.” Er nickte kurz zu unserer Parallelklasse. “Nimm mit denen mal die Anwendung durch.” Zwischenzeitlich hatte ich das Buch aufgeschlagen und auf Reons Kopf gelegt. Da ich ihn weiter kraulte, ließ er es über sich ergehen. “Also wenn ich alles so durchnehme wie hier beschrieben, haben Sie eine Menge Papierkrieg zu bewältigen.” Scath hatte über meine Schulter mitgelesen und nickte nur dazu. “Warum?” Ganondorf war gerade auf der Kuppelseite des Gatters angekommen. “Weil diese Erklärung hier Schrott sind.” Ich schlug das Buch zu und reichte es ihm. “Wenn ich den Vertikalhieb ausführe wie dort geschrieben, bring ich mich selbst um. Es könnte höchstens noch mit einem Kurzschwert funktionieren, aber nie mit dem Anderthalbhänder von der Zeichnung.” Wobei dieser lustigerweise als Einhänder beschrieben wurde. Ganon machte keinerlei Anstalten das Buch wieder an sich zu nehmen. “Dann sorg dafür, dass sie es überleben.” Schon flüchtete er. “Das ist jetzt das zweite Mal, dass er heute vor mir abhaut.” Das war frustrierend. “Ich glaube, gerade eben ist er vor seiner Verantwortung geflüchtet.” “Weißt du Scath, das macht es auch nicht besser.” Während die Jungs aus der Parallelklasse mich anstarrten, als ob mir ein zweiter Kopf gewachsen wäre, zuckte mein Bruder mit den Schultern. Kaum war Ganondorf aus unserem Sichtfeld verschwunden, entspannte sich Reon schlagartig wieder. Seufzend begann ich abermals ihm durch das Fell zu streichen, während ich das Buch auf Seite XY aufschlug. Ich hatte so was von keine Lust auf diesen Blödsinn, also war es mir egal welche Technik wir durchnahmen. Mein Wolkenvogel spannte sich immer mal kurz an, wenn unser Lehrer in sein Sichtfeld trat. Alles, was ich tun konnte war, ihn am Ausflippen zu hindern. Reon mochte den Todbringer nicht und er machte auch kein Geheimnis daraus. Es war aber nicht, weil dieser in der Vergangenheit einige Kriege heraufbeschworen hatte - das hätte ich ja noch verstanden. Nein, es war einfach, weil er mich in der Ära Hylias gekillt hatte. Dass die Verletzung an sich damals nicht tödlich gewesen war, wollte er nicht hören. Es war schließlich meine Schuld, dass ich jegliche ärztliche Hilfe verweigert hatte. Ich war schlicht und ergreifend verblutet. War ein ekliger Tod, konnte ich nicht empfehlen. Erinnerung 7 ------------ Hustend tauchte ich wieder auf, nachdem meine Füße endlich Grund gefunden hatten. Das war gar nicht so einfach wie es sich anhörte. “Quack.” Ich drehte mich zu dem Tier, das auf einer Seerose saß und mich vorwurfsvoll anstarrte. Nein, ich war nicht bekloppt! “Ja, Meister Frosch. Ich habe wieder den Takt verloren.” Noch mal nein, das war weder sarkastisch noch ironisch. Ich hatte aufgeschnappt, dass Hylianer genauso wie Frösche schwammen. Also hatte ich mir an meinem persönlichen Teich eines dieser Tiere rausgepickt und versuchte seine Bewegungen nachzumachen. Das klang leicht, war es aber nicht. Nun, zumindest hatte ich meine Scheu gegenüber tiefen Gewässern überwunden. Hier lebten doch keine Ungeheuer, die sich von meinem Volk ernäherten. So ein Wesen wäre mir auf einem meiner eher unfreiwilligen Tauchgänge schon über den Weg geschwommen. Und das Wasser war glasklar, man konnte da unten fast bis zum anderen Ufer sehen. “Quack.” Ein Seufzen entwich mir. “Ich mach ja schon weiter.” Ich schwöre, die Tiere halfen mir. Wenn ich bei den Beerensträuchern stand und mich bediente, war es eindeutig. Zweimal hatte mich ein Vogel gepickt, während ich mich anderen Sträuchern gefahrlos nähern konnte. Auch bei den Früchten der Bäume war es so. Die Tiere zeigten mir den Unterschied zwischen reif und nicht essbar und verschonten mich so vor einigen Magenverstimmungen. Und jetzt brachten mir die Frösche eben das Schwimmen bei. Wenn mein Leben nicht schon seltsam genug wäre, würde ich mich eventuell noch darüber wundern, aber so… Fünf Tauchgänge später hatte ich erst einmal die Schnauze gestrichen voll. Meine Lunge konnte kein Wasser mehr sehen und ich auch nicht. So erklomm ich wieder den großen Felsen und legte mich einfach in die Sonne. Auch meine Sachen lagen hier. Durch den sonnengewärmten Stein unter mir war es richtig mollig warm. Wäre ich eine Katze, würde ich vor mich hinschnurren. Hier auf der Lichtung schien irgendwie immer die Sonne. Wenn, bis auf die freundlichen Tiere noch irgendetwas seltsam gewesen wäre, hätte ich gedacht auf einer heiligen Stätte gelandet zu sein. Aber ich hatte den Felsen und die Bäume um die Lichtung herum etliche Male abgesucht. Nirgends waren Symbole oder so etwas aufgetaucht. Und selbst unter Wasser war ich noch nicht auf irgendwas Auffälliges gestoßen. Kommt vielleicht noch, wenn ich das mit dem unbeabsichtigt untergehen irgendwann mal drauf habe. Aber im Moment sah ich lieber den Vögeln zu, die über mir hinweg flogen. Ich war schon fast eingepennt, als ein Quietschen auf meine Ohren traf. Augenblicklich hellwach und in einer sitzenden Position starrte ich in Richtung des Geräusches. Die Füchse, die in einer Höhle unter dem Felsen wohnten, kamen zwischen den Bäumen hervor geschossen und verschwanden sofort in ihrem Bau. So hatten sie noch nie auf irgendwas reagiert, seit dem ich regelmäßig hier war. Es musste also etwas Ernstes sein. Ich angelte nach meiner Hose. Nur für den Fall, dass es Leute aus meinem Volk waren, wollte ich lieber etwas anhaben. Wenn es schnell gehen sollte, verhedderte ich mich immer in den Kordeln. Gab es da irgendein Naturgesetz, welches ich nicht kannte? Also ließ ich es, wie es war. Ich griff nach Vaters Schwert und sprang vom Felsen. Auch, wenn ich nie gelernt hatte, mit einer Waffe umzugehen, ein bisschen hatte ich mir von den Erwachsenen abgeschaut. Ein Knacksen erklang zwischen den Bäumen. Kein Tier würde solch einen Krach im Wald machen. War mir etwa einer aus der Stadt gefolgt? Nein, das konnte nicht sein. Die Stadt lag in einer anderen Richtung. Also wer war das? Oder was? Ich ging neben dem Felsen in die Knie, das Schwert neben mir legend. Durch das hohe Gras und die Blumen hatte ich eine recht brauchbare Tarnung. “Du kleines Mistvieh! Komm und stell dich mir wie ein Mann!” Also, zumindest konnte es sprechen. Der dunkle Ton bescherte mir eine Gänsehaut vom Feinsten. Ich kannte niemanden, der eine so machtvolle Stimme hatte. Irgendwie bindend… Eher nebenbei fiel mir auf, dass absolut nichts mehr zu hören war. Die Tiere hatten sich ausnahmslos verkrochen und selbst der stete Lufthauch war zum erliegen gekommen. Ich schluckte trocken, als sich etwas bisher Unbekanntes in mir breit machte: Angst. Göttinnen, bitte steht mir zur Abwechslung mal bei. Ein Schatten tauchte zwischen den Bäumen auf. Riesig… Und schließlich kam eine Gestallt auf die Lichtung. … Panik? Verdammt noch eins, was war das? Dieses… Wesen… war nicht nur riesig, sondern sah beängstigend furchteinflößend aus. Nun, immerhin war es humanoid. Zum Einen war es um etliches größer als ich. Zum Zweiten sahen das, was bei meinem Volk das Haupthaar war, sehr leuchtend rot aus, fast als ob es brannte… Verdammt, waren das vielleicht wirklich Flammen? Zum Dritten war die Haut schwarz. Ich blinzelte und kniff die Augen zusammen. Gut, keine Haut. Es waren Schuppen! Zum Vierten war es verdummt sauer! Was bitte hatten die roten Fellknäule gemacht? Dieses Wesen fasste den Felsen ins Auge und kam auch direkt auf ihn zu. Vater Fuchs steckte in einem sehr ungünstigen Moment die Nase aus dem Bau. Sofort bemerkte das beschuppte Etwas ihn und stapfte auf ihn zu. Ich handelte doch. Mit erhobenem Schwert stellte ich mich vor den Fuchsbau. Ich würde nicht zulassen, dass einem meiner Freunde etwas angetan wurde. Das Wesen blieb stehen um mich zu mustern. Mir war nicht wohl unter den stechenden roten Augen. “Was willst du, Kind?” Spontan entschied ich, aus dem ´es´ ein ´er´ zu machen. So klang die Stimme zumindest. “Lass meine Freunde in Frieden.” Kurz huschte etwas über sein Gesicht, das mir stark nach Verwunderung aussah. “Kind, dein Volk interessiert mich nicht.” Ein leises Quietschen erklang zu meinen Füßen und ich spürte kurz eine kalte Schnauze am Bein. Meine Augen schweiften zu dem Fellball, der mich irgendwie besorgt ansah. “Was hast du jetzt schon wieder angestellt, hm?” Doch ich wandte mich schnell wieder an das fremde Wesen. Also dieses Mal war die Verwirrung offensichtlich. Doch nicht lange. “Rück das Mistvieh raus.” “Nein.” “Sein nicht dumm, Kind.” Er verdrehte die Augen. “Es ist ein Tier.” “Er…” Ich betonte dieses Wort extra. “…ist mein Freund. Und wenn das heißt, dass auch ich zu den Tieren gehöre, dann soll es eben so sein.” Was auch immer mein Gegenüber war, ich hatte ihn tatsächlich kurz sprachlos gemacht. “Du gibst dir selbst eine niedrigere Stufe?” “Ansichtssache.” Verdammt! Lange würde ich mein Schwert nicht mehr halten können, so wie mir die Hände schwitzten. Er schnaubte. “So einen Blödsinn habe ich ja noch nie gehört.” Seine Augen wanderten erneut über mich, was ich persönlich nicht so toll fand. “Mach dich nicht lächerlich Kind, und rück das Vieh raus.” “Nein.” Dabei schob ich ihn mit dem Fuß zurück in den Bau. Mein Gegenüber kam nähr und baute sich vor mir auf. “Das Vieh kennt seine Grenzen nicht. Das will ich nur ändern.” Er beugte sich zu mir herunter. “Es soll doch alles seine Richtigkeit haben.” Ich musste schlucken. Zweimal. Dann erst fand ich meine Stimme wieder. “Er wird Sie nicht ohne Grund gebissen haben.” Der Schwarze starrte mich an. Er schien abermals über mich verwundert zu sein. Entweder lag es daran, dass ich ihn trotz der verfahrenen Situation siezte, oder weil ich einfach ins Blaue hinein geraten hatte und auf einen Biss tippte. “Ach und du glaubst, ich hätte ihn einen Grund geliefert?” “Irgendwas werden Sie schon getan haben, dass er sich angegriffen gefühlt hat.” “Was soll das bitte gewesen sein?” Die Flamme auf seinem Haupt loderte immer stärker. Da mich die Farbe an das Fell der Füchse erinnerte, kam mir eine selten dämliche Idee. “Vielleicht haben sie sein Weibchen zu lange angestarrt.” Endlich richtete er sich wieder auf. “Das meinst du doch jetzt nicht ernst.” “Sie selbst sind der Meinung, dass ich kein Tier bin. Und als Hylianer kann ich mich leider nicht mit ihnen unterhalten. Also woher soll ich das wissen?” “Hör auf, mich verarschen zu wollen.” “Nichts liegt mir ferner. Ich will nur meine Freunde schützen.” Um das zu unterstreichen, hob ich das Schwert wieder. Doch er schob es einfach zur Seite. Dabei berührte er mit Sicherheit nicht nur zufällig die Klinge. Die Warnung kam bei mir an. Ich hatte am eigenen Leib erfahren, wie scharf das Schwert war und mir etliche Wunden zugezogen. Aber bei ihm schlug es nicht einmal einen Kratzer in die Schuppen. Trotzdem griff ich wieder fester zu. Wenn schon ein Schwert ihn nicht verletzen konnte, würde ich mit bloßen Händen erst recht alt aussehen. Diese Entscheidung meinerseits brachte ihn dazu, mir die Zähne zu zeigen indem er grinste. Ich war in einer verdammt schlechten Situation. Das Schwert brachte mir nichts. Körperlich war ich nicht auf der Höhe, dass ich ihm etwas entgegensetzen konnte. Und zu allem Überfluss hatte ich auch noch einen Bammel, dass mir die Knie schlotterten, “Du hast Angst.” Fand der das ernsthaft lustig? “Es ist keine Schande Angst zu haben. Es ist eine Schande, sich von ihr beherrschen zu lassen.” Augenblicklich hörte er auf zu Grinsen. Stattdessen setzte er eine nachdenkliche Miene auf. Toll, was hatte ich jetzt wieder angestellt? “Sind alle deines Volkes so?” Ich schnellte nach oben. “Göttin bewahre. Nein.” Er nickte? Vielleicht sollte ich in Zukunft doch mit meiner ehrlichen Meinung etwas zurückhaltender sein. “Du hast den Sinn des Mutes verstanden.” Ich öffnete den Mund, um ihm zu verklickern, dass mir persönlich der Mut so was von egal sein konnte. Er unterbrach mich, indem er eine Hand hob. “Schon gut. Behalte dein Haustier.” Er wandte sich ab und ging. Ich blieb noch gefühlte zehn Stunden an Ort und Stelle stehen, immer noch mit offenem Mund. Was bitte war das gewesen? In echt waren vielleicht ein paar Minuten vergangen, bis mir das Schwert aus den Händen glitt. Ich folgte ihm prompt zu Boden. War das gerade wirklich passiert? Was war das für ein Wesen? Hatte ich jetzt voll einen an der Klatsche? Warum war er gegangen? Wie stark hatte Lao beim letzten Mal zugeschlagen? Wer war das? Etwas Rotes schob sich in mein Sichtfeld. Vorsichtig griff ich danach, hob es hoch und vergrub mein Gesicht in dem weichen Fell. Das war das erste Mal, dass sich einer der Füchse von mir anfassen ließ. Die Eichhörnchen waren da nicht so zimperlich. So schön das auch war, es bewies, dass die Begegnung nicht geträumt hatte. Ich hatte das Gefühl, irgendetwas Wichtiges verpasst zu haben. Kapitel 60 ---------- “RAAH!” Rumpel. “Autsch.” Sofort lief ich auf den am Boden liegenden Kentin zu. “Ist alles in Ordnung?” “Frag mich das noch mal, wenn ich meine Knochen sortiert habe.” Ganondorf stand ein paar Meter von uns entfernt und machte sich eifrig Notizen. “So langsam wird es. Du hast im entscheidenden Moment gezögert deine Waffe einzusetzen.” Seufzend richtete ich mich auf und sah mich nach Kentins Pferd um. Der Hengst hatte schon längst bemerkt, dass sein Reiter fehlte und kam zurück getrottet. Dankend nahm Kentin meine helfende Hand an und ließ sich hochziehen. Kurz versicherte ich mich, dass er alleine stand, bevor ich an meinen Platz zurück ging. Ich griff nach der Holzstange, die ich hatte fallen lassen und nickte Ganon zu. Ich war wieder bereit. Seit drei Tagen machten wir das hier jetzt schon. Sich verteidigen, wenn man auf einem Pferderücken saß. Und da ich nicht so wirklich mitmachen konnte, wurde ich dazu verdonnert den Angreifer zu mimen. Wo meine Klasse zu Beginn noch ganz froh war, dass ich eine Holzstange anstelle eines Schwertes verwenden sollte, hatte sich das schon nach einer Stunde in Wohlgefallen aufgelöst. Da konnte ich doch einfach mit einem Stab umgehen! Ich wagte mir was! Als Ergebnis gingen die Meisten mit blauen Flecken nach Hause. Tja, und mir wurde nicht langweilig. Miriam hatte sich nicht schnell genug zur Seite gebeugt, sodass ich sie noch an der Schulter erwischte. Aber sie fiel nicht, was schon ein großer Fortschritt war. Ich lächelte ihr aufmunternd hinterher und nickte. Auch Ganon schien zufrieden, denn er sagte nichts dazu, sondern notierte sich den Erfolg. “Finn!” Und wieder bereit machen. Manchmal war es frustrierend, sich jedes Mal wieder auf einen anderen Stiel einzustellen, aber so lange mein Schädel noch nicht rauchte, würde es gehen. Ich wehrte die beiden Wurfmesser ab, die er kurz hintereinander geschmissen hatte, und schlug nach ihm. Zu meiner Verwunderung traf ich nur Luft. Dafür hörte ich ein unschönes Knirschen. Wie ich jetzt erst sah, hatte sich Finn nach hinten gebeugt, um dem harten Holz zu entgehen. Seinem Gesichtsausdruck nach hatte er sich irgendwas ausgerenkt. Ich rammte den Stab zum tausendsten Mal in die Erde, bevor ich ihm besorgt hinterher lief. Es war nicht weit, da er seinen Hengst sofort gezügelt hatte. Kaum stand ich neben ihm, sah ich besorgt zu ihm hoch. “Geht’s?” “Muss.” “Ich griff selbst nach den Zügeln, um ihn am Abhauen zu hindern. “Muss nicht. Wenn dir was weh tut, dann sag es.” “Was ist los?” Und schon war Ganondorf hinter mir aufgetaucht. “Ich glaube, Finn hat sich was ausgerenkt.” “Kein Wunder bei dem Stund. Hohl ihn vom Pferd.” Schon sah er zum Rest der Klasse. “Aslam! Kentin! Kommt her!” Nun gut, ich hatte meine Anweisungen. Schnell hatte ich die Sicherheitsschnallen an den Steigbügeln gelockert. Vorsichtig griff ich nach ihm. “Meld dich, wenn es schmerzt.” Zu Zweit hievten wir ihn herunter. Ganon hatte eben den Vorteil, dass er verdammt groß war. So übergaben wir Finn an seine besten Freunde. “Schafft ihn auf die Krankenstation.” Und weg waren sie. Ich brachte den Hengst noch schnell zur Seite, damit er nicht im Weg stand. Dann erst kehrte ich an meinen Platz zurück, von wo ich Ganondorf zunickte. “Zelda!” Bisher hatte Hermes noch nicht mit ihren Flügeln zurück geschlagen. Aber das konnte noch werden. Als sie auf mich zu galoppierten, hielt ich mich genau mittig, was schon mal einige zum Aufschreien brachte. Dadurch hatte ich den Vorteil, dass ich mit entsprechenden Reflexen in beide Richtungen abtauchen konnte. Und Zelda müsste auf mehr achten. Ich war mir aber sicher, dass sie das schaffen würde. Also? Ab zur dritten Seite. Den Stab als Unterstützung nutzend, sprang ich über sie drüber und landete mehr schlecht als recht hinter ihr auf dem Rücken des Pegasus. Beim Versuch das Gleichgewicht zu finden, schubste ich sie eher aus Versehen herunter. Dadurch war es um mich geschehen und ich fiel selbst. “Link, das war mies.” Zu meiner Verwunderung kam das nicht von Zelda, sondern von Ganon. “Ich wollte sie wenigstens einmal zum Fallen bringen.” Denn Zelda war eine von Zweien, die heute noch nicht den Boden geküsst hatten. Der Andere war mein Bruder, aber nicht mehr lange. Zelda schüttelte sich die Erde aus den Haaren, während Hermes ihr hinterher trottelte. Das Bild hatte etwas von einem Hund. Lange konnte ich dem nicht zusehen, denn es ging weiter. Das Feld hatte sich schon etwas gelichtet, denn Finn war nicht der einzige Ausfall. Da es Theska als Erstes erwischt hatte - ne ausgekugelte Schulter - wurden ihr die Jungs aus der Parallelklasse aufs Auge gedrückt. Mit Finn waren es dann mehr ´Lehrer´ als ´Schüler´. “Scath!” Mein Bruder also. Er saß etwas seltsam auf Eponas Rücken, indem er ein Bein auf den Sattel gestellt hatte. Wahrscheinlich würde er das Gleiche machen, wie ich eben. Als ich nach ihm schlug, sprang er wirklich aus dem Sattel, geradewegs nach oben. Doch da ich das geahnt hatte, erwischte ich ihn gerade noch am Fuß. Scath drehte sich ungünstig in der Luft und stürze mit dem Kopf voran zu Boden. Irgendwie bekam ich ihn zu packen, auch wenn wir Beide dann im Dreck lagen. “Danke fürs Retten.” Ich schüttelte erst einmal den Kopf, um ihn wieder frei zu bekommen. “Ich hoffe, du machst das hier nie wieder.” “Versprochen.” Endlich ging er von mir runter und zog mich gleich mit hoch. “SO ETWAS WILL ICH NIE WIEDER SEHEN!” Wir zuckten zusammen bevor wir uns umdrehten. Ganondorf stand wütend wie selten vor uns und wirkte, als ob er uns genüsslich den Hals umdrehen wollte. “Sagt mal, spinnt ihr Beide jetzt vollkommen? Denkt ihr auch mal nach, bevor ihr etwas macht?” Ich zog meinen Kopf immer weiter ein. Na, zum Glück war ich keine Schildkröte. “Habt ihr jetzt den geistigen Totalschaden?” Meinem Bruder ging es auch nicht besser als mir. “Was sollte das?” Kurz war er ruhig, bevor er wieder lauter wurde. “ANTWORTET!” “Ähm…” Musste mich meine große Klappe ausgerechnet jetzt im Stich lassen? Ich zuckte schon mal vorsorglich zusammen, als er den Mund zum Weiterschreien öffnete. “Onkel Ganon!” Häh? “Warte!” Wir konnten nur stumm beobachten, wie Nani und kurz hinter ihr Ann über das Gatter sprangen und auf uns zu liefen. Erstere hielt erst an, als sie sich zwischen ihrem Onkel und uns befand. Unsere Schwester hingegen lief uns direkt in die Arme, um uns zu erwürgen. “Was soll das Nani?” Oh oh. Er war sogar noch sauer, während er mit seiner Nichte sprach. Es war ernst. Kurz sah sie zu uns, bevor sie sich wieder an ihren eigentlichen Gesprächspartner wandte. “Ich bin mir sicher, die Beiden wissen, was sie falsch gemacht haben. Du brauchst nicht noch ihre Trommelfelle zum platzen bringen.” “Nani.” Ganon blieb betont ruhig. “Die Beiden hätten sich den Hals brechen können. Glaubst du, ich lasse das unkommentiert?” “Das nicht. Aber mindestens Link kann sich schon nicht mehr auf den Beinen halten.” Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass nur noch Ann mich aufrecht hielt. Ich glaube, meine Knie machten einer Espe Konkurrenz. Ganondorf hatte sich nicht beruhigt. Im Gegenteil. Aber er schrie nicht, als er uns zum Gatter schickte. “Hinsetzen! Ich will euch nicht mehr sehen oder hören! Remus, du übernimmst erst einmal.” Irgendwie kam ich mit viel Hilfe wirklich bis zum Rand der Koppel. Kaum saß ich, zog ich die Beine an und vergrub mein Gesicht in den Knien. Ich kam mir vor wie ein Grundschulkind, welches sofort losheulte, wenn es mal angeschrien wurde. Prompt merkte ich, wie Ann mir über den Kopf strich. Auch Scath ließ sich hier fallen. “Sag mal, Schwesterchen, hast du nicht Unterricht?” “Schon, aber das kann ich jetzt wohl vergessen.” Ann seufzte. “Wir waren auf die Krankenstation gegangen. Weißt du, an einem Ort mit so vielen Jugendlichen ist ja immer irgendwas. Wir sollten uns einen Schüler rauspicken, in Erfahrung bringen was passiert ist und nach entsprechender Recherche Rechtsbeistand leisten. Als der Neuzugang meinte, dass er aus eurer Klasse ist und sich im Unterricht verletzt hat, sind Nani und ich lieber her gekommen.” “Ihr habt gesehen, was passiert ist?” “Wenn du den Stunt von euch Beiden meinst, ja.” Sie raschelte kurz, als ob sie den Kopf schüttelte. “Das hätte böse enden können. Kein Wunder, das Herr Gerodu die Beherrschung verloren hat.” “Ich glaube eher, er hat sie zum Teufel gejagt.” Nani schloss sich unserer Runde also auch an. “Keine Angst, Link. Onkel Ganon wird immer etwas ungehalten, wenn er sich ernsthaft Sorgen macht.” Irgendwie beruhigte mich das nicht gerade. “So, wie ich ihn kenne, wird er nach der Stunde noch mal mit euch reden wollen. Macht euch nicht fertig, er hat sich dann beruhigt.” Nani raschelte beim Aufstehen. “Ann? Ich glaube, wir sollten langsam wieder zurück.” “Ungern.” Meine Schwester strich mir noch mal über die Wange, bevor auch sie sich auf die Beine hievte. “Macht keinen Blödsinn, ja?” Den Rest des Unterrichts blendete ich aus. Kapitel 61 ---------- So wirklich wohl fühlte ich mich immer noch nicht. Und ich bezweifelte, dass es endlich besser werden würde, wenn ich noch zehn weitere Minuten unter der Dusche stand. Seufzend lehnte ich den Kopf gegen die Fliesen. Wenn ich an das folgende Gespräch dachte, kam mir die Galle hoch. Ich war schon seit Minuten der Letzte im Duschraum, war auch besser so. Meine Augen waren garantiert immer noch rot vom Heulen. “Link?” Ich hob den Kopf, um besser zu Scath sehen zu können. “Hm?” “Du siehst mies aus.” Er kam an die Kabine. “Wie geht’s dir?” “Mies.” Ich drehte das Wasser ab. “Hat er schon nach uns geschrien?” “Schön wäre es.” Er musterte mich. “Die Jungs aus der Parallelklasse wollen etwas von dir.” Mein Kopf machte lautstarke Bekanntschaft mit der Wand. “Will ich wissen, was sie auf ihren kleinen mitkriegen Herzen haben?” Merkte man meine schlechte Laune? “Wahrscheinlich nicht. Sie wollen fragen, ob du sie in der Schwertführung unterrichten würdest.” “Nein.” Klare Ansage, oder? “Sag denen das lieber selber.” “Du meinst wohl eher schreien?” Ich griff nach meinem Handtuch, wickelte mich darin ein und trat auf den Gang. “Würdest du das wirklich machen?” “Heute ja.” Ich strich mir die nassen Haare aus dem Gesicht. “Ehrlich gesagt habe ich das unschöne Verlangen, der nächsten Fresse alle Knochen zu brechen. Einzeln und langsam.” “Tu dir den Gefallen und lass das.” Scaths Gänsehaut sah ich bis hier. Ich zuckte mit den Schultern. “Mal schauen.” So ging ich tropfend in die Umkleide zurück. Sofort sahen fünf Gesichter auf, deren dazugehörige Namen ich beim besten Willen nicht kannte. Als einer den Mund öffnete, funkelte ich sie an. “Was wollt ihr? Habt ihr keine eigene Umkleide?” Ich ließ ihnen keine Zeit zu antworten. “Verschwindet.” Beim Umdrehen fielen mir Aslam und Kentin ins Auge. Schon war die Hand voll starrender Augenpaare vergessen. “Wie geht’s Finn?” Kentin, der gerade die Sachen des Shiekah aus dem Spind räumte, sah zu mir und antwortete. “Relativ gut. Er hat für den Rest der Woche Reitverbot.” Das schmälerte meine Sorge nicht gerade. Schließlich war ich ja für diese Verletzung verantwortlich. “Jetzt guck nicht, wie ein verschrecktes Rehkitz.” Das umschrieb mein Gefühl beängstigend gut. “Finn gibt dir nicht die Schuld daran. Er sieht es eher gelassen, da er jetzt weiß, dass es so nicht funktioniert.” Ein Handtuch traf mich am Rücken, also drehte ich mich zu meinem Bruder um. “Hör auf, dir die Schuld daran zu geben. Finn ist hart im Nehmen, der wird schon wieder werden.” Scath atmete tief durch. “Wenn mir etwas passiert wäre, wäre es auch unter meiner Verantwortung geblieben. Glaub ja nicht, dass Gerodu nur auf dich sauer ist.” Ich starrte immer noch auf das Handtuch in meinen Händen. Warum hatte mein Bruder ausgerechnet ein Rotes? Rot wie… Nein! Denk nicht dran! Es war zwar nur die Hälfte von dem, was mein Bruder gesagt hatte, bei mir angekommen, aber ich nickte und begann endlich mich abzutrocknen. “So.” Scath klatschte in die Hände. “Raus mit euch aus unserer Umkleide. Ihr habt hier nichts zu suchen. Bitte.” Ich konnte das raubtierhafte Grinsen förmlich raushören. Vielleicht gerade deswegen verschwanden unsere ungebetenen Gäste. Aslam und Kentin waren schon lange weg, als ich endlich mal fertig wurde. Heute war ich wirklich der Letzte. Scath war nicht einmal dabei, mich anzutreiben. Also musste ich wirklich ein Bild des Grauens abgeben. Als er schließlich am Lehrerzimmer klopfte, öffnete zu unserer Verwunderung Nani die Tür. Sie wank uns herein. Großraumbüroflair. Einige Lehrer saßen hier herum, um noch Papierkram zu erledigen. Andere unterhielten sich leise. Zwei der Erwachsenen jedoch sprachen auf Ganondorf ein. Hier war es zu laut, als dass ich irgendetwas verstehen konnte. Unseren Lehrer schien das gar nicht zu stören. Er hing über einem Buch, welches verdächtig nach diesem seltsamen Lehrbuch aussah. Nani schlich sich von hinten an ihren Onkel heran. Ganon drehte sich gerade noch rechtzeitig um und…. nahm seine Kopfhörer ab? Die beiden Lehrer starrten mindestens so doof drein, wie wir Zwillinge. Doch Ganon beachtete seine Kollegen gerade nicht. Stattdessen musterte er uns. Mir schlug das Herz wieder mal bis zum Hals. “Was habt ihr beiden Deppen euch gedacht?” Ich zuckte zusammen. Er seufzte. “Link. Was hast du dir bei der Aktion mit Zelda gedacht?” Schulterzucken. “Nicht viel. Aber…” “Nichts ´Aber`!” Er unterbrach mich. “Du hättest dir da den Hals brechen können!” “Hätte ich nicht.” Wow, ich rastete nicht aus. “Selbst, wenn ich noch schlechter gelandet wäre, hätte ich mich irgendwie abfangen können.” “Sicher?” “Absolut.” “Und wie kommst du zu dieser Annahme?” “Bisher hab ich mir auch nichts gebrochen.” Ganon sah mich dezent fassungslos an. “Du hast so etwas schon öfters gemacht?” “Etwas Ähnliches. Meistens bei Reon.” “Du..” Doch er brach ab und massierte sich die Schläfen. “Nein. Stopp. Ich will es gar nicht wissen.” Nicht gut… “Scath. Deine Erklärung.” “Ohne Unterbrechung wäre ich wieder im Sattel gelandet.” “Erfahrung?” “Ja.” “Ihr Beide seit doch lebensmüde!” Kurz sahen wir uns an und konnten nur die Köpfe schütteln. Ob er unsere Geste gesehen hatte, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, aber er funkelte uns wütend an. “Was hättet ihr gemacht, wenn irgendein Anderer auf diese dumme Idee gekommen wäre, so eine Aktion zu versuchen?” Mich ernsthaft gefragt, ob sie Selbstmord… oh. “Ja. ´Oh.`” Hatte ich so laut gedacht? “Wahrscheinlich hätten sich die Anderen wirklich den Hals gebrochen. Und ihr ermutigt sie auch noch dazu!” “Tun wir doch gar nicht!” “Doch Link.” Ganon seufzte. “Du probierst doch auch mal etwas aus, wenn du etwas siehst. Das ist auch gar nicht so schlimm, wenn du vorsichtig bist und die nötigen Vorraussetzungen mitbringst. Allerdings haben nicht alle aus eurer Klasse eure Körperbeherrschung. Wer dann auch noch zur Selbstüberschätzung neigt, hat erst recht schlechte Karten.” Ich fing wieder an zu schrumpfen, als er uns musterte. “Versprecht mir einfach, solche extremen Stunts im Unterricht zu lassen.” Während Scath langsam nickte, kam von mir erst einmal keine Reaktion. Erst als mein Bruder mich anstieß, sah ich wieder direkt zu Ganondorf. “Ich werde es zumindest versuchen.” “Mehr kriege ich von dir nicht, hm?” Ich schüttelte den Kopf. “Dafür handele ich zu oft, ohne richtig nachzudenken.” Vor allem in Extremsituationen, wo oftmals nur noch meine Instinkte funktionierten, aber das musste er nicht wissen. “Du riskierst gerade ein gewaltiges Problem.” “Ein Kleineres, als wenn ich Ihnen etwas zusichere, was ich früher oder später sowieso nicht halten kann.” Und wieder starrte er mich an. Das war eindeutig nicht mein Tag. “Pluspunkt für deine Ehrlichkeit. Los, geht nach Hause.” Das er immer so abrupt das Thema wechseln musste. Da kam doch keine jahrtausende alte Seele mit. Man musste mir zugute halten, dass ich das Lehrerzimmer aus eigenem Antrieb verließ. Auf dem Platz pfiff Scath nach Epona, die auch sofort angaloppiert kam. Ich würde nie rauskriegen, woher Pferde wussten, wann sie spätestens auf die Bremse treten mussten. So schnell, wie Scath auf ihrem Rücken saß, war offensichtlich dass er nach Hause wollte. “Bis gleich, Knirps.” “Bis gleich, Jungspund.” Erst dann stieg ich auf Reons Rücken, der sofort wieder abhob. Gähnend vergrub ich mein Gesicht in seinem Fell. Der Tag war vor allem seelisch anstrengend gewesen. “Link?” Blinzelnd sah ich auf. “Hm?” “Schlaf. Ich weck dich rechtzeitig.” Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Erinnerung 8 ------------ Beide Beine ins Wasser baumeln lassend, sah ich den Fuchsjungen beim Spielen zu. Neben mir lag die Mutter und ließ sich von mir kraulen. Seit dieses große schwarze Etwas hier aufgetaucht war, war die ganze Familie sehr anhänglich. Sie beobachten mich mittlerweile sogar bei meinen Schwimmversuchen. Es wurde besser. Seufzend lehnte ich mich an den warmen Felsen. Dieses schuppige Ding ging mir nicht aus dem Kopf. Ich verstand nicht, dass solch ein Wesen wirklich existieren konnte. Wäre ich des Lesens mächtig, könnte ich ja noch in der Stadtbibliothek nachsehen, aber so… Dass es sich aber so in meinen Gedanken festgesetzt hatte, war alles andere als beruhigend. Aber nicht nur die Füchse und ich hatten an dieser Begegnung zu knabbern. Auch die Vögel, Eichhörnchen und sogar die Eidechsen waren schreckhafter als sonst. Meine Augen wanderten über die Lichtung. Sitzend konnte ich geradeso über die Gräser sehen. Entweder war ich sehr klein. Oder die Pflanzen hier sehr hoch. Ich tippte auf Letzteres. Mein Kopf ruckte herum, als ich einen Schatten zwischen den Bäumen wahrnahm. War das etwa… Anscheinend. Ich stupste die Füchsin an, die mich sofort ansah. “Schnapp dir deine Welpen und versteck dich im Bau.” Obwohl ich nur flüsterte, rannte sie sofort los um ihre Familie in Sicherheit zu bringen. Ich stand auf und lehnte mich an den Felsen. Auf Vaters Schwert verzichtete ich. Es lag oben auf dem Stein, es zu holen würde zu lange dauern. Irgendwie hoffte ich immer noch, dass es jemand aus der Stadt… O.K. Göttinnen. Hatte ich euch irgendwas getan? Der humanoide Echsenverschnitt trat zwischen den Bäumen hervor und starrte mich an. Musste dieses Vieh nie blinzeln? “Na sieh mal einer an.” Was zum Geier war an mir so interessant? “Du traust dich doch noch hier her.” Ich musste mir schon schmerzhaft auf die Zunge beißen, um kein selbstmörderischer Kommentar abzugeben. “Wer hätte gedacht, dass dir deine Tierchen so wichtig sind.” Ich schmeckte mittlerweile mein Blut. “Zu feige, zu antworten?” “Nein, aber ich habe immerhin Freunde und muss nicht wildfremde Personen nerven.” Und damit war es offiziell. Ich war lebensmüde und gleich so was von tot. … Der Tot ließ ganz schön lange auf sich warten. Ob die Story mit der langen Kutte und der Sense stimmte? Halloho! Ich lebe ja immer noch! Ein lautes echt amüsiertes Lachen ließ mich die Augen aufreißen und zu meinem Gegenüber sehen. Er lachte wirklich. Aber irgendwie klang es, als ob er diese Möglichkeit seiner Stimme schon lange nicht mehr genutzt hatte. War das jetzt ein gutes oder ein verdammt mieses Zeichen? Es dauerte etwas, bis er sich beruhigt hatte. “Du bist gut, Kind.” Ich war doch tot. Das konnte nicht echt sein. Er kam auf mich zu, blieb aber in vertretbarem Abstand wieder stehen. Seine Musterung war weniger stechend als das, was ich manchmal gewohnt war. An meinen stellenweise sehr bunten Blutergüssen blieb er hängen. Tja, und ich? Ich rätselte immer noch, WAS da genau vor mir stand. Eigentlich konnte ich nur das Hylianische Volk wirklich ausschließen. Er hatte keine spitzen Ohren. “Heute unbewaffnet?” Mir entwich ein Schnauben bevor ich mich aufhalten konnte. “Stumm?” Ich funkelte ihn an und verschränkte die Arme vor der Brust. Klar doch, stumm. Wo ich eben noch eine dicke und vor allem tote Lippe riskiert hatte. “Also ja.” Drehs dir zu Recht, aber lass mich in Ruhe. “Auch gut.” Was für Völker gab es eigentlich noch? “Stumme schreien für gewöhnlich nicht.” Die keine spitzen Ohren hatten? “Und Schreie stören doch ganz gewaltig.” Goronen? Waren für gewöhnlich kleiner und hatten eine eher rundere Statur. “Vor allem, wenn sie wirklich jemanden anlocken.” Die sagenumwobenen Kyu? Außer, dass es Waldbewohner waren, wusste ich leider gar nichts über sie. “Hey!” Ein Händler erwähnte letztens noch ein Volk. Irgendwas mit Mo… “Hörst du mir überhaupt zu?” Mein Kopf ruckte hoch. “Nö.” Ich blinzelte. “Worum ging es gerade?” Dem Schwarzen entgleisten sämtliche Gesichtszüge. Es fehlte nur noch, dass ihm der Mund offen stehen blieb. Ich musste mich stark zusammen reißen, um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Offensichtlich sah man mir meine Belustigung doch an, denn er kniff die Augen zusammen. Ich konnte nicht mehr. Ich musste mich von ihm weg drehen. Wenn ich ihn noch einmal ansah, würde ich jeglichen Selbsterhaltungstrieb zum Teufel jagen. “Wehe du lachst.” Halt die Klappe! Das ist alles andere als hilfreich! … Was denn, auch noch Gedanken lesen? Anscheinend doch nicht, denn darauf kam keine Antwort. Japsend holte ich tief Luft. Atem anhalten gegen Lachkrampf hilft, wäre das auch geklärt. “Wie heißt du, Kind?” Schwer keuchend sah ich wieder zu ihm. Als der Inhalt der Frage bei mir ankam, kniff ich die Augen zusammen und funkelte ihn an. Das hatte ihn so etwas von gar nicht zu interessieren. Er schien es einzusehen, denn er schüttelte den Kopf und murmelte etwas, das ich nicht verstand. Recht schnell sah er wieder zu mir. “Mein… Name ist Amparo.” (*) Hatte er gerade wirklich eine kurze Pause gemacht? Was war denn jetzt kaputt? Ich biss mir abermals auf die Zunge. Dieses Mal um ein recht unhöfliches Kommentar bei mir zu behalten. Stattdessen rang ich mich zu einer Antwort durch. “… Link.” Ganz leicht, aber wirklich nur minimal driftete sein Kopf n eine Schräglage. “Ein ungewöhnlicher Name.” “Danke gleichfalls.” Wie war das mit dem erst nachdenken? “Du nimmst kein Blatt vor den Mund, hm?” Ein Kopfschütteln meinerseits. Er schien belustigt. “Aus dir kriegt man wirklich nichts raus.” Anstatt mir Zeit zu lassen, zu antworten, sprach er gleich weiter. “Eigentlich wollte ich nur schauen, ob du öfters hier bist.” Er drehte sich zum Gehen und trat ein paar Schritte in Richtung Wald. Dann schien ihm etwas einzufallen, denn er blieb stehen und drehte mir den Kopf zu. “Ich bin dir nicht feindlich gesonnen.” Erst dann verschwand er ganz. Verwirrt sah ich ihm hinterher. Irgendwie war die letzte Zeit verdammt ereignisreich gewesen und das, obwohl ich nicht mehr täglich verprügelt wurde. Eventuell sollte ich doch mal aufhören, meinen Cousin bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu reizen. Aber es war so lustig, ihn explodieren zu sehen. Ich sah dem fremden Etwas hinterher. Amparo… Irgendetwas klingelte da. Ich kannte diesen Namen. Nur woher? Vielleicht war es wieder einmal so weit, dass ich den wandernden Geschichtenerzählern einen Besuch abstatten sollte. Kapitel 62 ---------- Wie ich Montage hasste. Wenn, dann lief meistens an diesem Tag etwas schief. Was passiert war? Ich hatte mich in Geschichte fast verplappert. Ich vergaß immer wieder, dass über die Kokiri so gut wie nichts bekannt war. Lonley fragte sich wahrscheinlich immer noch, was ein Skelettkrieger aus alten Legenden damit zu tun hatte. Zu meiner Verteidigung: Ich war praktisch am pennen, während ich geantwortet hatte - nicht einmal die Frage war bei mir hängen geblieben - also hatte sie nicht weiter gefragt. Mit etwas Glück hatte sie es zur nächsten Stunde alles vergessen. So eine Lehrerin war auch nur eine Hylianerin. “Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?” Ich sah wieder zu meiner Schwester. “Sollte ich?” “Ja!” “Und warum?” Während Ann verdrießen drein schaute, kamen von Nani und dem Rest der Truppe nur belustigte Laute. “Du wirst mir doch mal für fünf Minuten geistig folgen können.” “Bei aller Liebe: Nein.” Zur Unterstreichung meiner Worte schüttelte ich den Kopf. “Ich werde nie verstehen, wie ihr so viel erzählen könnt. Da kommt doch kein gestandener Mann mit.” Und schon streckten sie mir geschlossen ihre Zungen entgegen. Ich hingegen grinste nur. Diese weibliche Eigenart hatte ich nie kapiert und ich hatte wahrlich genug Zeit dazu. Einmal hatte ich den Fehler gemacht und war während eines Monologes von Midna eingepennt. Ich hatte es sehr schnell bereut und mir hatten wochenlang die Ohren geklingelt. “Woran denkst du?” “Daran, dass Scath es immer wieder schafft, Miriam zuzuhören.” “Trottel.” “Immer wieder gerne.” Grinsend verabschiedete ich mich von den Mädchen. Ich musste noch zwei Etagen weiter hoch. Doch ich kam nicht weit. Ich war noch nicht einmal an der nächsten Treppe, da ließ mich Anns Stimme wieder herumfahren. “Hey! Pass doch mal auf!” Eine Orni hatte Nani geschubst und als sich meine Schwester beschwerte auch sie. Doch meine Kleine stand an der Treppe. Verdammt! War das in unserer Familie mittlerweile Gesetz? Ich rempelte das Mädchen mit voller Wucht und Absicht an, während ich die Treppe nach unten stürmte. Hatte ich überhaupt noch eine Chance, sie zu erreichen? Nein. Erst als ich eine Etage weiter unten ankam, schaltete ich, dass Ann verhältnismäßig weich gelandet war. “Aua..” Das war klar. Erst einmal beschweren, anstatt dem unfreiwilligen Kissen zu danken. Auch ich sah jetzt erst einmal, wen meine Schwester da einfach mitgerissen hatte. Blinzelnd starrte ich in das schmerzverzehrte aber trotzdem bekannte Gesicht. “Remus! Alles in Ordnung?” Er funkelte mich an, bekam aber seinen Mund nicht auf. Scath und ich waren uns nicht hundertprozentig sicher, ob er reden konnte. Ich definierte diesen Blick mal als ´ihm geht’s gut´. Meine Augen wanderten wieder zu meiner Schwester. Ann war noch dabei, sich zu orientieren. Auf den ersten Blick war sie unverletzt. Wenigstens etwas. Und auch mein Klassenkamerad schien recht gesund. Wenn man von seinem Missfallen absah, dass meine Schwester immer noch auf ihm lag. Besagtes Mädchen schien auch gedanklich wieder im Hier und Jetzt zu sein, denn sie richtete sich auf. “Es tut mir Leid. Ich…” Und Sense. Oh oh. Ich kannte den Ausdruck, den Annria gerade drauf hatte. Son leicht glasiger Blick und halb geöffneter Mund. Zum Glück funkelte Remus mich immer noch an, sodass er sich der Aufmerksamkeit nicht bewusst war. Um meine Schwester vor einer sehr peinlichen Situation zu bewahren, hob ich sie hoch und stellte sie mit dem Gesicht zu mir hin. Dabei zwang ich sie förmlich, mir in die Augen zu sehen. “Hey, Kleine. Alles ok?” Sie nickte nur, was mich nicht gerade beruhigte. Normalerweise mochte sie es gar nicht, so genant zu werden. Aber ich nahm es erst einmal hin. Stattdessen beugte ich mich an ihr vorbei und bot Remus eine helfende Hand an. Er stand auf ohne mich noch einmal anzusehen und ging schnurstracks die Treppe hoch. Als Ann einen Schritt hinter ihm her machte, musste ich sie festhalten. Nicht, dass sie unsicher unterwegs war, im Gegenteil. Ich hatte einfach nur vor Remus Reaktion Bammel. Kaum war er aus unserem Sichtfeld, atmete ich erleichtert durch. Parallel ließ Ann ihren Arm sinken, starrte ihm aber weiter hinterher. Seufzend nahm ich sie hoch und erklomm abermals die Treppe. Oben wartete nur noch Nani, die uns besorgt entgegen sah. Ich stellte meine Schwester wieder auf ihre eigenen Füße und - da mir ihr starrer Blick zu viel wurde - wedelte mit einer Hand vor ihrem Gesicht herum. Eins, Zwei. “Wa… Link?” Hah! Eine Reaktion! “Wieder da?” “Wer war das?” Ah, ich wusste es. “Fragen nach dem Unterricht. Es reicht, wenn ich zu spät komme.” Damit schob ich Beide in Richtung ihres Unterrichtsraumes. Tatsächlich schien Ann dadurch wieder zu merken, wo sie war, denn sie gab einen erschrockenen Schrei von sich und sprintete aus dem Stand los. Nani war gleich hinter ihr. Ich schüttelte nur den Kopf, bevor auch ich mich auf den Weg machte. Der Stufen auf einmal nehmend flitzte ich die Treppe hoch. Ich würde es nie mehr pünktlich zu Bardentum schaffen, aber egal. Und tatsächlich. Kaum war ich in der angepeilten Etage, da klingelte es zum Stundenanfang. Trotzdem wurde ich nicht langsamer. Unser Lehrer wollte gerade die Tür schließen, da schlüpfte ich noch durch. “Na, so geht das aber nicht.” Darauf ging ich gar nicht ein. Ich blieb genau vor Remus stehen, was wohl alle verwunderte. Er selbst brauchte etwas, um mich zu bemerken - endlich war das Getuschel mal für etwas gut. “Danke.” Mehr sagte ich nicht, sondern ging einfach zu meinem Platz. Kapitel 63 ---------- Ich kam gerade aus der Umkleide, da lief ich fast in meine Schwester rein. Sie kam nicht mal halb an mir vorbei, schon hatte ich sie ergriffen und mir über die Schulter geworfen. Nani stand verwirrt daneben und schien tausend Fragen auf der Zunge zu haben. Ich schüttelte nur kurz den Kopf. “Frag lieber nicht. Wenn Ann geistig wieder klar ist…” “Link!” “… wird sie dir das selbst erklären.” Ich drehte meinen Kopf weit genug, um besagte Schwester aus dem Augenwinkel anfunkeln zu können. “Und du hörst jetzt auf, mich zu schlagen, ansonsten kriegst du es doppelt und dreifach zurück.” Tatsächlich wurde sie ruhiger. Allerdings hörte sie nicht auf, mich zu beschimpfen. Auch Scath trat zu uns. “Also Link, jetzt ist später.” Seufzend fügte ich mich. “An sich gerne. Aber ich glaube, Ann wird mich dafür umbringen - zu Recht.” Scath stutzte, sah noch mal zu unserer Kleinen und nickte schließlich. “Zu Hause will ich ne anständige Erklärung.” “Nicht nur du.” Augen rollend sah Scath zu Nani. “Dein Onkel hat mal wieder schlechte Laune. Aber wir sind ausnahmsweise Unschuldig.” Kurz schien unsere kleine Gerudo verwirrt, bis sie uns anfunkelte. Es war zu ihr durchgedrungen, dass wir sie gerade loswerden wollten. Ihr Blick erinnerte mich spontan daran, warum ihr Volk früher berüchtigt und gefürchtet war. Ich legte sofort den Rückwärtsgang ein., Bei den Busplätzen mussten wir kurz auf Scath warten, der sich sehr ausführlich von Miri verabschiedete. So verpassten wir fast den unseren. Erst drinnen ließ ich meine Schwester runter, die mich schmollend nicht beachtete. Konnte ich gerade nichts machen. Zu Hause fanden wir einen Zettel an der Küchentür. Das Essen stehe auf dem Herd und Oma würde zum Abend wieder da sein. Ihr Kaffeekränzchen traf sich mal wieder. “Jetzt aber.” Scath hatte wirklich die ganze Zeit durchgehalten. “Was ist passiert?” Ich sah noch mal kurz zu Ann, die immer noch vor sich hin schmollte. “Unser Talent hat mal wieder zugeschlagen.” Da diese Erklärung nicht ausreichen würde, wurde ich gleich etwas ausführlicher: “Sie hat das Gleiche geschafft wie wir Beide und unser Vater.” Schon erklang ein genervtes Stöhnen von Scath. “Sie ist die Treppe runter gesegelt, in Remus reingekracht und hat sich auf den ersten Blick in ihn verknallt?” “Ja.” “Was ist passiert?” Da konnte ich nur mit den Schultern zucken. “Eine Orni, schätzungsweise aus der Sechsten. Aber was genau war, kann ich dir nicht sagen.” Scath nickte nachdenklich. “Sag mal Link, glaubst du an das Schicksal?” Verblüfft sah nicht nur ich zu Ann. “Wie kommst du darauf?” “Wir drei, unsere Eltern und noch ein großer Teil unserer Verwandtschaft. Wir alle haben den gleichen mehr oder weniger lustigen Stund hingelegt. Und momentan sind nur wir Beide noch Solo.” Blinzelnd sah ich zu Scath, der nur mit den Schultern zuckte. “Wo sie Recht hat, hat sie Recht.” Leg dich niemals mit einer werdenden Anwältin an. Also sah ich wieder zu unserer Kleinen. Und sie starrte zurück. “Hältst du das für Zufälle?” Ich legte seufzend den Kopf in den Nacken, während ich nach Worten suchte. “Nein, ich glaube nicht, dass es sich bei dieser Häufung um Zufälle handelt. Aber speziell an das Schicksal glaube ich nicht.” “Warum?” “Wir selbst sind unseres eigenen Schicksals Schmied. Kennst du den Ausdruck?” Ann konnte nur nicken. “Warum warst du dann dagegen, dass ich… wie heißt er eigentlich?” Ich musste grinsen. Fast die gleiche Frage hatte ich zu Beginn des Schuljahres auch gestellt. Auch Scath war amüsiert als er antwortete: “Sein Name ist Remus.” “Ah, Remus.” Anns Augen wurden wieder etwas glasig. Bevor wir ihren Geist wieder nach Hause holen mussten, kam sie von ganz allein zurück. “Warum durfte ich nicht zu Remus?” Wir Jungs sahen uns kurz an, bis ich Scath zunickte. Er hatte immerhin mehr Ahnung von unserer Klasse. Unser Rotauge setzte sich zu ihr und zog sie an sich. “Es ist so, dass wir Remus nicht einschätzen können. Zum Anfang habe ich ernsthaft gedacht, er sei stumm, nicht dass er in den letzten Jahren mal gesprochen hätte. Zudem lässt er niemanden an sich heran. Er blockt alles ab, also haben wir beschlossen ihn in Frieden zu lassen.” Ann sah irgendwie leicht geknickt aus. Ich schwang mich auf die Beine zurück um die Suppe aufzuwärmen. Mich neben den Herd an die Arbeitsplatte lehnend, starrte ich aus dem Fenster. Ich hatte noch einen Grund, warum mir Remus suspekt war. Ich war ihm schon mal begegnet. Damals war er genauso stumm und hatte eine gewaltige Wut auf Feen. Das war für den Held der Zeit ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Nachträglich betrachtet hatte diese Große Fee wirklich voll einen an der Klatsche, aber damals wollte ich es einfach nicht sehen. Und ich hatte nicht rausgekriegt, warum die Stalfos sein Haus als Einzigstes in Ruhe gelassen hatten. Erinnerung 9 ------------ “Also langsam reicht es mir.” Zum wiederholten Male an diesem Tag steckte ich mein Schwert zurück und schwang mich auf Eponas Rücken. Ich klopfte ihr auf den Hals und sie setzte sich in Bewegung. Seufzend lehnte ich mich vor und kuschelte mich an ihren Hals. “Das war heute der neunte Stalfos-Krieger. Wo kommen die alle her?” Epona schnaubte nur als Antwort. Ich fand es schade, dass ich sie nicht verstehen konnte. Das war nun mal das Los eines Hylianers. Manchmal wäre ich gerne ein Eichhörnchen… Ein Klappern ließ mich die Augen aufreißen und mich aufsetzen. Sofort blieb Epona stehen und horchte ebenfalls in den Wald hinein. Meine Hand wanderte wieder zum Schwertgriff. Das war jetzt schon der zehnte Stal… häh? Ein Skelett ja, aber das war eher ein Hund. Das Tier ging nicht sofort auf uns los, sondern schien irgendetwas anderes im Visier zu haben. Es bemerkte uns nicht einmal. Es war schon halb an uns vorbei, da reichte es mir. “HEY!” Augenblicklich blieb es stehen und sah uns aus seinen leeren Augen an. Ein Geräusch erklang, welches entfernt an ein Knurren erinnerte. Ich machte mich bereit für den Angriff und wollte gerade von Epona runter… … da drehte sich das Skelett weg und verschwand im Wald. Perplex sah ich dem Tier hinterher. “Also langsam fühle ich mich verarscht.” Epona war bei meinen Worten losgesprintet. Ich fingerte nach der Halterung meines Bogens, um ihn vom Gürtel zu lösen. In Ritterbestzeit konnte ich den Pfeil anlegen. Wir kamen dem seltsamen Wesen immer näher. Kaum hatte ich freie Schussbahn, warf Epona kurz den Kopf zurück und gab mir damit ein Zeichen. Ich richtete mich auf, spannte den Bogen und zielte. Noch fast in dieser Bewegung ließ ich den Pfeil über Eponas Kopf hinweg surren. Kurz hielt ich die Luft an und fingerte schon nach dem nächsten Pfeil. Doch die Sorge war unbegründet. Der Pfeil traf das Skelett genau am Schädel und heftete diesen an den nächsten Baum. Der Rest des Körpers bewegte sich noch ein paar Meter, bevor er in sich zusammen klappte. Epona wurde sofort langsamer, als sie den Jagderfolg sah. Es war unnötig, dass sie ihre Reserven derart verschleuderte. Wir hatten noch nicht einmal die Hälfte des Weges zurück gelegt, da hauchte das untote Etwas den Rest seines Lebens aus. Das war leicht daran zu erkennen, dass sich die Knochen in extrem feinen Staub auflösten. Ich beugte mich weit aus dem Sattel um meinen Pfeil wieder an mich zu nehmen. Erst besah ich mir die Wunde in dem hölzernen Fleisch. Sie sah nicht sonderlich schlimm aus, aber wer konnte das schon so genau sagen? Darum kramte ich nach einem Kristallfläschchen und goss den Inhalt über die Verletzung. Ich hatte ein halbes Vermögen für dieses Baumharz hingeblättert, aber es wirkte wie beschrieben. Die Wunde verschloss sich sofort und ohne Narbe. In der Baumkrone raschelte es leise und angenehm, als ob die Eiche mir etwas sagen wollte. Ich legte meine Hand auf die raue Rinde. “Es tut mir leid.” Das Rauschen der Blätter wurde lauter. Entfernt hörte es sich an wie ein: “Schon gut.” Ich nickte dem stolzen Baum noch einmal zu, bevor ich Epona wieder antrieb. Sie folgte der Richtung, in der das Skelett gerannt war. Währenddessen hatte ich etwas Zeit und besah mir meinen Pfeil. Ein Teil der Spitze war abgeblättert. Das würde ich austauschen müssen. Aber vorerst musste es noch so gehen. Also Pfeil zurück in den Köcher und Bogen wieder unterm Schild befestigen. “Neun Stalfos und ein Hund. Das sind heute schon balle mehr als während des gesamten Zeitenkrieges.” Epona sah mich kurz an, bevor sie sich wieder darauf konzentrierte, ein Weg durch das Gebüsch zu finden. “Ja, ist doch so. Hier muss doch irgendwo ein Nest sein. Abgesehen davon habe ich noch nie gehört, dass auch Tiere Untote sein können.” Dagegen konnte auch Epona nichts mehr einwenden. Der Tag hätte so schön werden können, wenn nicht plötzlich ein Schrei aus unserer sowieso schon angepeilten Richtung zu uns hallen würde. Epona galoppierte sofort los. Erneut kam ein Stalfos-Krieger in Sicht. Ich hielt mich nicht lange an ihm auf, sondern schnitt ihm im vollen Galopp den Schädel ab. Mein Schwert behielt ich gleich in der Hand. Eine gute Idee, denn erneut erklang ein verzweifelter Schrei. Noch zwei Krieger später brachen wir durch die letzte Baumreihe und… “Naryu steh mir bei.” Hier am Rande des Waldes stand ein kleines Dorf, keine zehn Gebäude. Es wirkte mit dem Bachlauf sehr idyllisch. Wenn ein kleiner Makel nicht gewesen wäre. Momentan rannten hier mehr Untote als Lebende herum. Schnell verschaffte ich mir einen Überblick, um festzustellen, wer meine Hilfe am Nötigsten hatte. Dabei fiel mir etwas Seltsames ins Auge. Vor einem der Gebäude stand ein älterer Mann in einer dunklen Kutte. Er war nicht bewaffnet oder dergleichen. Keine zwei Meter vor ihm war ein Skelett-Pferd mit dazugehörigem Reiter. Immer, wenn er näher ans Gebäude wollte, scheute das Tier. So hob er ein Langschwert über den Kopf. Diese Klinge war lang genug, um den Alten aufzuschlitzen. Während dieser Beobachtung hatte ich erneut den Bogen vorgeholt und angelegt. Durch die Bewegung des Kriegers war eine Schwachstelle in seiner Rüstung aufgetaucht. Noch während der erste Pfeil flog, legte ich den Zweiten an. Der erste Pfeil fand sein Ziel - genau unter dem Helm. Er durchtrennte kraftvoll den Nacken des Kriegers und ließ seinen Schädel zur Seite rollen. Der zweite Pfeil spießte den Kopf durch das Sichtfenster hindurch auf und schlug über dem armen Mann an der Türzarge ein. Der dritte Pfeil traf den Schädel des sich gerade umdrehenden Pferdes frontal. Die restlichen Stalfos-Krieger drehten sich wie ein Wesen zu mir um. Hatte ich jetzt den Anführer erwischt, oder wie? Auch die Überlebenden starrten mich teilweise wie eine Erscheinung an. Bis auf den älteren Mann. Der schien zu überlegen, wie er den Helm wieder von seinem Haus lösen sollte. Ein gestandener Feldarbeiter mit einer Sense in der Hand fand als Erster seine Stimme wieder: “Junge! Verschwinde von hier! Die bringen dich um!” Doch ich ging gar nicht darauf ein. Wie denn auch, wenn der erste Krieger auf mich zustürmte? Sofort sprang ich aus dem Sattel, über den Krieger hinweg- dabei seinen Helm mit dem Schwert spaltend. Kaum berührten meine Füße den Boden, wirbelte ich herum und griff den armen Kerl von hinten an. Einer weniger. Blieben noch… eine ganze Menge. Ich löste meinen Schild vom Rücken, um einen Hieb des nächsten Skelettes abzufangen. Sofort lehnte ich mich mit meinem gesamten Gesicht gegen die Attacke. Mein Gegner verlor das Gleichgewicht und fiel dadurch ebenfalls meinem Schwert zum Opfer. “Hey, der kann ja was!” Ich konnte mir ein Grinsen in Richtung der Dorfbewohner nicht verkneifen. Dadurch fassten sie neuen Mut und griffen erneut zu den Waffen. Hoffentlich achteten sie auf sich. Denn so leicht, wie es bei mir eventuell aussah, waren Stalfos-Krieger nicht zu besiegen. Dass sie jetzt von mehreren Seiten aus angegriffen wurden, brachte die Skelette aus dem Konzept und gab mir die Möglichkeit, einige komplett ohne Gegenwehr nieder zu strecken. Bis ich eingekeilt von vier Kriegern zusammen mit einem jungen Mann dastand. Aber nichts, was ein “Duck dich!” mit anschließender Wirbelattacke nicht beheben konnte. Einer stieß mir seinem Kollegen zusammen, also spießte ich gleich Beide auf. Zwei zum Preis von Einem. So langsam lichtete sich das Feld und ich konnte kurz durchatmen und mich nach Epona umsehen. Sie hatte sich etwas vom Getümmel entfernt, sodass sie nicht Gefahr lief, zwischen die Fronten zu geraten. Trotzdem würde sie sofort zu mir galoppiert kommen, wenn ich nach ihr rief. Egal, was und wer sich dann im Weg befand. Erleichtert atmete ich durch, da ich sie in der Vergangenheit schon mehrfach retten musste. “PIA!” Ich fuhr herum und nicht nur ich. Ein etwa vierzehnjähriges Mädchen wollte wohl mithelfen und hatte sich an einem der Krieger die Zähne ausgebissen. Schon rannte ich los. Der Stalfos war nicht nur schwer gepanzert, er schwang auch noch einen riesigen Hammer. Na hoffentlich überlebte ich das… Ich konnte mich gerade noch zwischen beide Parteien werfen und meinen Schild hochreißen. Mein Hylia-Schild war aus gutem Stahl und mit mir schon durch Dick und Dünn gegangen. Aber irgendwann brach auch ein Diamant. Kracks. Der Schmerz traf mich unvermittelt. Schätzungsweise hatte ich mir eine mittelschwere Prellung am Arm zugezogen. Das war aber nicht das einzige Problem. Einige der Bruchstücke trafen mich im Gesicht. Und das war es, was wirklich weh tat. Zudem spürte ich fast sofort, wie Blut aus zahlreichen kleinen und einem großen Schnitt sickerte. Mit Mühe zwang ich mich, wenigstens ein Auge zu öffnen. Der Stalfos hob seine Waffe ein zweites Mal. Ich griff an die Kette an meinem Handgelenk und aktivierte den Zauber. Augenblicklich brachen Flammen in allen möglichen Farben und Formen hervor und verbrannten den untoten Leib vor mir zu Asche. Schwer atmend stützte ich mich am Boden ab. Genau darum benutzte ich die Magie der Feen so selten. Jedes Mal entkräftete es mich, weil ich den Kraftfluss nicht richtig kontrollieren konnte. Mit zitternden Fingern löste ich die Reste des Schildes von meinem Arm. Erst dann wischte ich mir kurz unterm rechten Auge entlang. Blut. Verdammt viel Blut. Im dümmsten Fall hatte ich eine Verletzung am Auge. Doch bevor ich das überprüfen konnte, griff jemand nach meinem Arm und stoppte die Bewegung. Es war der alte Mann. Er fixierte sofort meine rechte Gesichtshälfte, wofür er erst einmal meine strubbeligen Haare zur Seite streichen musste. Das Mädchen, welches ich gerade beschützt hatte, trat vor mich. Sie zog geschockt Luft ein und schlug ihre Hände vors Gesicht zusammen. Mich beschlich das dumme Gefühl, dass ich ein Bild des Grauens abgab. Auch der Arbeiter mit der Sense trat zu mir. “Geht’s dir gut, Junge?” Ich wollte nicken, da machte mich ein stechender Schmerz auf die Handlung des Alten aufmerksam. Also musste ich hoffen, dass meine Stimme nicht zusammenbrach. “Ich werde es überleben.” “Remus?” Dabei sah er an mir vorbei. Ich folgte dem Blick bis zum Alten. Er hantierte immer noch an meiner Verletzung herum. Auf einem Tuch hatte er mehrere Metallsplitter gesammelt und es kamen immer wieder welche hinzu. Kurz sah er auf, um resignierend den Kopf zu schütteln. Schon machte er weiter. Aufgebend schloss ich auch mein linkes Auge. Ich hatte bestimmt nicht so viel Glück, dass mein rechtes Augenlicht erhalten blieb. Kapitel 64 ---------- “Hat einer von euch eine Ahnung, wer das da ist?” Dabei deutete ich grob in Richtung des Trainingsplatzes. “Gerodu.” Ich rollte genervt mit den Augen. “Danke, Scath, das ist mir durchaus bewusst. Ich rede von dem Anderen.” Ein kollektives Schulterzucken ging durch unsere Reihe. “Ich glaube, dass ist unser Direktor.” Womit bewiesen wäre, dass Finn kommunikationsfreudiger war, als Andere seines Volkes. Schon sahen wir alle wieder auf die Erwachsenen, die sich offensichtlich wegen irgendwas stritten. Wir sahen uns an. Aber keiner schien eine Ahnung zu haben, was da los war. “Schlage vor, wir rennen schon einmal unsere Runden.” Allgemeines Nicken. Also los. Während wir unsere Aufwärmübungen absolvierten, schaute ich immer wieder zu den Streitenden. Allerdings waren sie zu leise, als dass man etwas verstehen konnte. Wer fertig wurde, setzte sich in gebührenden Abstand zu Ganon und hielt die Klappe. Ich selbst war mal relativ spät dran. Hatte mich verzählt… Nun, ich war trotzdem nicht der Letzte. Geschlossen sahen wir weiterhin auf die Älteren. Selbst als Theska schon wartend bei uns saß, regte sich Ganon nicht in unsere Richtung. Ich würde sitzen bleiben und mich ruhig verhalten. Ganze zwölf Sekunden hielt dieses Vorhaben stand. Dann fiel ein kleiner Stein in mein Sichtfeld. Ich langte danach. Er war keine zwei Zentimeter groß und weiß. Meine Augen wanderten zwischen den Erwachsenen und dem Stein in meiner Hand hin und her. “Woran denkst du gerade?” “Nichts.” Was ausnahmsweise die Wahrheit war. Alles war besser, als störrische Langeweile. Ich holte aus. Der Stein flog zwischen Ganondorf und dem Direktor durch. Unser Lehrer drehte sich sofort zu uns. Erst sah er über die gesamte Klasse, bevor er mich fixierte. Ich zuckte mit den Schultern und sah ihn auffordernd an. Daraufhin runzelte er die Stirn und kramte in seinen Taschen, bis er eine Uhr zu Tage förderte. “Verdammt noch eins!” Endlich kam er zu uns. “Wie lange wartet ihr schon?” “Theska ist seit Minuten fertig mit ihren Runden.” Ich sah Ganon mit schief gelegten Kopf an. “Was machen wir heute?” Er wollte gerade den Mund aufmachen, als er schon unterbrochen wurde. “Wir sind noch nicht fertig!” “Doch! Sind wir!” Knurrend drehte Ganondorf sich wieder zum Direktor um. “Ich war vor ein paar Jahren auch noch Schüler. Höchstens eine Hand voll der hier Anwesenden wird im Sommer auch nur einen Finger rühren. Um die mache ich mir auch keine Sorgen. Aber der Rest wird im nächsten Schuljahr wieder von vorne anfangen können, einfach weil sie zu faul sind!” “Sollen sie doch!” Hatte der gerade wirklich gesagt, dass ihm die Leistung unserer und anderer Klassen egal war? Ich beugte mich an Aslam vorbei, sodass ich praktisch auf seinem Schoß lag, um Finn ansprechen zu können. “Sicher, dass ausgerechnet Der unser Direktor ist?” “Ja?” Es klang eher wie eine Frage. “Was erlaubst du dir, junge Dame?” Klack. Nicht nur mein Kiefer hatte sich hörbar geschlossen. “Nur, weil du das einzigste Mädchen in der Klasse bist, brauchst du nicht auf andere herab zu sehen.” Mittlerweile starrte ich ihn an. Da ich meiner Stimme gerade nicht traute, deutete ich auf mich und legte einen fragenden Gesichtsausdruck auf. “Natürlich du. Oder siehst du noch ein Mädchen hier?” Gelinde gesagt fühlte ich mich verarscht. “Ja, drei. Und das sind auch Mädchen.” “Wie jetzt?” Ganondorf stand am Rand und ließ mich machen. Täuschte ich mich, oder grinste er? Ich packte es endlich mal - zu Aslams Erleichterung - mich aufzurichten und den immer noch Namenslosen anzustarren. “Warum werde ich andauernd für ein Mädchen gehalten? Und wie schaffen Sie es Miriam, Zelda und Theska zu übersehen?” Zu meiner Belustigung meldeten sich die Drei auch noch. “Wie heißt du Junge?” Meine übliche Antwort: Ich verschränkte die Arme vor der Brust, kniff die Augen zusammen und hielt ausnahmsweise mal die Klappe. Damit traf ich voll einen Nerv, denn er drehte sich wieder zu Ganondorf um und verlangte zu wissen: “Wer ist er?” Ganon hob abwährend die Hände. “Datenschutz.” Drei Sekunden Ruhe und die ganze Klasse grölte los. Direktor ohne Namen starrte ihn an. “Was erlaubst du…” “Ach, halts Maul.” Ganon wurde ausfallend? Verdammt, es wurde ernst! “Was denn, hat es dir die Sprache verschlagen, nur weil ich deine eigenen Worte gegen dich verwende?” Mund auf, Mund zu. Fischimitator. “Wenn du nichts weiter zu melden hast, schwirr ab und lass mich meinen Unterricht machen.” Ich drehte mich wieder zu Aslam, der langsam betete nie wieder neben mir zu sitzen. “Sag mal, seh ich wirklich aus, wie ein Mädchen?” “Du bist schwer.” Na das war doch mal eine Antwort. Aber ich bestritt es nicht, da Aslam wirklich nicht der Kräftigste war. Ganon hatte währenddessen wieder mal sein Büchlein heraus gekramt und blätterte darin herum, wobei er murmelte: “Plan für heute. Plan für heute.” Scath begegnete meinem Blick und grinste. Er hatte das auch gehört und fand es lustiger als ich. “Link Bravery!” Ich drehte mich wieder zum Direktor, dabei Ganons genervten Gesichtsausdruck registrierend. “Tach.” “Ich hätte wissen müssen, dass du noch Probleme bereitest.” Ich hingegen blinzelte verwirrt. “Eigentlich bin ich mir sicher, ausnahmsweise mal nicht Schuld zu sein.” Abgesehen davon hatte ich keinen Dunst, was los war. “Deine alte Schulakte…” Ich unterbrach ihn. “Das Ding haben sie gelesen? Ist ihnen langweilig? Die wiegt doch bestimmt mehrere Kilo.” Dass mich einige verstört anstarrten, nahm ich einfach hin. Scath währenddessen versuchte, einen ausgewachsenen Lachkrampf zu unterdrücken. Auch der Direktor wirkte leicht neben sich stehend. “Du weißt um den Stand deiner Akte?” “Natürlich.” Ich zuckte mit den Schultern. “Mein alter Direx hat Strichliste geführt, wann ich wie oft bei ihm war.” Mein momentaner Direktor drehte sich wieder zu unserem Lehrer. “Ist der Junge in deinem Unterricht auch so aufmüpfig?” Ganon sah erst ihn verwirrt an, dann mich und wieder ihn, bis er den Kopf schüttelte. “Nicht einmal ansatzweise.” “Wie jetzt?” Des Direx Aufmerksamkeit lag wieder auf mir. Ich zuckte nur mit den Schultern. “Vielleicht hätten Sie sich nicht nur auf die Tatsache versteifen sollen, dass ich mich auf Teufel komm raus nicht mit dem Leiter des Schwert-Kurses verstanden habe. Ich hatte gute Gründe, ihm mehrmals die Woche die Meinung zu geigen.” “Einem Lehrer sollte man Respekt zeigen.” “Der Kerl war ne Witzfigur.” “Das reicht!” Ganondorf schritt ein. “Marek, in dein Büro! Keine Widerrede, oder ich lass mich auf dein Kindergartenniveau herunter und häng dich wieder ein Mal an deiner Unterhose an den Fahnenmast!” Die Geschichte dahinter würde mich echt interessieren, aber der Direktor zog den Schwanz ein und rannte förmlich zurück in die Schule. “Und ihr wiederholt die Techniken, die wir dieses Jahr durchgenommen haben. Ich habe keine Lust, jetzt noch etwas Neues anzufangen.” Also hoch… “Link! Herkommen!” … War klar. Während sich meine Klasse aufstellte, um das Angewiesene durchzuführen, war ich auf dem Weg nach vorne. Wirklich Bammel hatte ich vor der Konfrontation nicht. Ganondorf wirkte leicht gereizt, als ich bei ihm ankam. “Eine Erklärung!” Also gut. “Der Name des eben genannten Lehrers war Nire. Er hatte sehr festgefahrene Ansichten über den Schwertkampf und ist jedes Mal durch die Decke gegangen, wenn ein Schüler anderer Meinung war. Gab jedes Mal einen riesen Trabbel und nen Besuch beim Direx. Ist doch kein Wunder, dass ich meine Klappe nicht halten konnte.” Ganon hob nur eine Augenbraue. Und ich zuckte mit den Schultern. “Dem Direktor ging das schon nach ein paar Wochen auf die Nerven. Hat Nire einige zusätzliche Seminare zur Konfliktbewältigung und mir etliche Verweise eingebracht. Der letzte dauerte fast einen Monat.” “Warum so lange?” “Nire ist ausfallend geworden und das habe ich nicht auf mir sitzen lassen. Doof, dass es im Direktorat war.” Für das nächste senkte ich lieber den Kopf. “Na ja. Eine meiner eher netteren Ausdrücke war ´fachliches und pädagogisches Rindvieh´, sodass dem Direx der Kragen geplatzt ist.” “Du nimmst kein Blatt vor den Mund, hm?” Ich riss die Augen auf. Genau den gleichen Wortlaut hatte er schon mal verwendet. Schluckend hob ich den Kopf, bevor ich diesen schüttelte. Ganondorf musterte mich, ohne jede Abneigung in den Augen. “Ich nehme es mal als positiven Aspekt, dass du dich in meinem Unterricht weitestgehend benimmst.” Ich konnte nicht anders, ich blies die Wangen auf. Das brachte ihn wirklich zum Grinsen. “Komm mir nicht so. Ein Musterschüler bist du nicht.” “Hab ich auch nie behauptet.” Ich sah ihn weiterhin an. “Frag.” “Worum ging es bei dem Streit?” Kurz wirkte er verwirrt, bevor er seufzte. “Es ging wie schon erwähnt, um die langen Sommerferien. Ich habe nur versucht ein zweiwöchiges Trainingslager zu organisieren.” “Wann und wo soll ich stehen?” Tatsächlich brachte ihn das zum Lachen. “Danke.” “Gerne. Also?” Doch Ganon schüttelte den Kopf. “Leider nie. Es ist nicht tragbar, dass nur ein Lehrer auf euch Chaoten achtet.” Mist. Obwohl… “Fragen Sie doch mal Frau Lonley. Sie ist unsere Klassenlehrerin und kennt uns daher schon.” “Meinst du?” “Fragen kostet nichts.” Ich zuckte mit den Schultern. Ganondorf schien es sich durch den Kopf gehen zu lassen. “Ich schau mal.” Zufrieden nickte ich. Erinnerung 10 ------------- Schweißgebadet fuhr ich hoch. Sofort zuckte ich wieder zusammen, da mein rechtes Auge schmerzte. “Göttin. Kann das nicht aufhören?” Seit zwei Wochen hatte ich diese Verletzung, aber es wurde einfach nicht besser. Selbst das Heilige Dreieck in meinem Handrücken konnte mir nicht helfen. Ein Hahn krähte. Zeit zum aufstehen. Und das für mich bekennenden Langschläfer. Seufzend stand ich auf, streckte mich ausgiebig und langte nach meiner Tunika. Auf in den neuen Tag! Kaum trat ich aus dem Raum, rannte jemand in mich hinein. “Oh Link. Es tut mir Leid.” “Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, Pia.” Die Familie der Kleinen, die ich gerettet hatte, hat mich vorerst aufgenommen. Mir war bewusst, dass ihre Eltern darauf abzielten, mich irgendwie mit ihr zu verkuppeln. Leider schien auch sie nicht abgeneigt. Wie brachte ich ihnen bei, dass ich meine Verlobte - die immerhin die Prinzessin der Zoras ist - sitzen gelassen habe? Und dass ich nicht vorhatte, irgendein Mädchen zu ehelichen - egal welchen Volkes. “Remus ist da.” “Bitte?” Ich hatte alles getan, aber nicht zugehört. “Träumer.” Pia lächelte mich etwas zu viel sagend an. “Remus ist da, wegen deiner Verletzung.” Ich nickte und trat mit ihr nach draußen. Der ortseigene Heiler, der alte Mann, saß auf einem der Holzstühle und genoss die morgendliche Ruhe. Kaum saß ich ihm gegenüber, löste er den Verband und besah sich die Verletzung. Wenn es nicht so eine stille Angelegenheit wäre, hätte ich ja nichts dagegen. Aber dieser Heiler bekam die Klappe einfach nicht auf. Irgendjemand meinte aber, dass der Heiler vor Jahren einmal seine Stimme verwendete. Und seit dem war sein Haus sicher vor Monstern. Wenn ich nicht von einem sprechenden Baum aufgezogen worden wäre, würde ich mich eventuell sogar wundern. Auch Pias Vater näherte sich uns. “Guten Morgen ihr Zwei. Wie sieht es aus?” Ich drehte meinen Kopf zum Heiler um auch etwas mitzukriegen. Remus seufzte und schüttelte den Kopf. Dann gab er mir ein schwarzes Stück Stoff, welches meine Verletzung schützen sollte. “Muss ich mich von meinem Augenlicht verabschieden?” Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen, ich musste es einfach wissen. Und Remus nickte. Resignierend schloss ich das zweite Auge ebenfalls. “Link?” Beruhigend sah ich zu Pia. “Schon gut. Ich konnte es mir denken und brauchte nur noch eine Bestätigung.” Damit drehte ich mich wieder zu Remus. “Danke für die Mühe.” Er nickte erneut. “Vielleicht…” Mein Kopf ruckte wieder zu Pias Vater. “… es gibt doch die Legende um die Feen - Quelle in den Bergen.” Remus schnaubte. Und meine Hals knackste bei seinen Überstunden. “Was denn?” “Remus ist nicht so gut auf Feen zu sprechen.” “Warum? Die sind doch ganz in Ordnung.” Mehrere starrende Blicke lagen auf mir. “Du kennst Feen?” “Natürlich.” Ich zuckte mit den Schultern. “Ich kenne mehr Feen als Hylianer. Ich bin praktisch unter ihnen aufgewachsen.” Die Kokiri erwähnte ich lieber nicht. Selbst in Hyrule hatten mich genug Leute für verrückt erklärt. “Dann könntest du…” Ich hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. “Du hast eine vollkommen falsche Vorstellung von Feen. Sie können keine Wunder vollbringen. Einfache Verletzungen, oder im besten Fall glatte Brüche, so etwas können sie heilen. Aber das hier…” Ich deutete auf mein Auge. “… übersteigt ihre Möglichkeiten um Welten.” “Oh.” “Ja, oh.” Ich stand leichtfüßig auf und bot Remus eine helfende Hand an. Er ging nicht darauf ein, wie immer. “Papa! Link! Mama sagt, Frühstück ist fertig.” Darum war Pia so ruhig gewesen. Sie war schon wieder im Haus. “He, Remus, isst du mit?” Der Heiler schüttelte den Kopf und hob eine Hand zum Abschied. Ich konnte mich leider nicht so einfach abseilen. Pech gehabt. “Also, damit ich das richtig verstehe.” Und wieder war ich in Vaters Fokus. “Du wirst nicht versuchen, dein rechtes Augenlicht wieder zu bekommen.” Ich schüttelte den Kopf. “Nein. Aber den Bergen werde ich trotzdem einen Besuch abstatten.” “Warum das?” Frauen waren neugierig. “Aus euren Erzählungen entnehme ich, dass die Stalfos von dort kommen. Ich werde mir das mal ansehen.” Weiter ging ich nicht darauf ein. Doch Pia ließ nicht locker. “Du willst dort einfach so hin?” “Farore bewahre, nein. Ich muss meine Pfeile in Ordnung bringen und ich brauche einen neuen Schild. Ich bin doch nicht lebensmüde.” Kapitel 65 ---------- Fürs Protokoll: Ich hasste Montage, fast so sehr wie Mathe. Zur Abwechslung regte Scath sich nicht auf, dass ich auf seinem Tisch noch weiter schlief - oder es zumindest versuchte. Ein Knarren kam bis zu mir, gefolgt von Schritten und einem Stapel Bücher, der auf dem Lehrertisch landete. War es so spät, dass Frau Lonley schon da war? Sie kam doch sonst immer kurz vor knapp. “Keine Angst, Leute. Es ist noch Zeit.” Ah, gut. Ich vergrub meinen Kopf wieder in meinen Armen. “Link, komm mal bitte vor.” Verwirrt und vor allem müde blinzelnd sah ich nach vorne. “Bin unschuldig.” “Nein, bist du nicht. Und jetzt komm her.” Gähnend stand ich auf und tapste nach vorne. Zum Glück trug ich in dieser Ära nicht ununterbrochen eine Zipfelmütze. Dann wäre mein verpennter Eindruck perfekt. “Was´n los?” “Weißt du es wirklich nicht, oder schläfst du einfach noch?” “Ohm… Beides?” Frau Lonley schüttelte amüsiert den Kopf. “Du hast wirklich keine Ahnung, hm?” Der Versuch, etwas in meinem Gehirn zu finden, scheiterte kläglich. “Helfen Sie mir auf die Sprünge?” “Herr Gerodu.” Ich wartete auf weitere Informationen und sah sie dementsprechend fragend an. “Sommerferien?” Irgendwas klingelte da bei mir. Hah! “Trainingslager.” “Ja.” Jetzt, wo ich offensichtlich auf ihrem Wissensstand war, kam sie endlich zum Punkt. “Hast du ihm gesagt, er soll mich fragen, ob ich als Aufsichtsperson mitkommen möchte?” “Ja.” Ich sah sie erwartungsvoll an. “Und?” “Nichts und. Wie kommst du auf die Idee, ihm so etwas zu sagen?” War sie jetzt wütend oder enttäuscht? “Ich wusste nicht, welchen Lehrer ich sonst vorschlagen sollte.” Bloß nicht dieses hyperaktiven Musik-Lehrer. Dann wären die kompletten Ferien dahin. Erst sah Frau Lonley mich irgendwie geschockt an, bis sie tief durchatmete und mich fixierte. “Warum bist du überhaupt darauf eingegangen?” Ich zuckte mit den Schultern. “Das mag in Ihrem Unterricht vielleicht nicht ganz so rüber kommen, aber ich gehe gerne zu Ritterkunst. Außerdem gehöre ich sowieso nicht zu denen, die in den Ferien die Beine hoch legen und sich die ganzen sechs Wochen nicht bewegen.” “Darauf hätte ich gewettet.” Sie schüttelte verwirrt den Kopf. “Ich konnte von vornherein nicht glauben, dass du verpenntes Etwas dich freiwillig bewegst.” “Bin hyperaktiv. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen auch ein ärztliches Attest dazu geben.” Oma erklären, wozu ich das Ding brauchte, wäre lustig. “Du hast so etwas?” “Nicht nur ich.” Schon sah Lonley an mir vorbei zu meinem Bruder. Ich nickte dazu. "Ja, aber bei Scath ist es nicht so ausgeprägt.” Sie sah wieder zu mir. Es klingelte. “Setz dich.” Ich tat wie mir gehießen. “Guten Morgen.” Eine wirklich brauchbare Antwort kam nicht. “Warum versuche ich es bei euch eigentlich noch?” Frau Lonley setzte sich einfach auf ihren Schreibtisch. “Könnt ihr mir mal einen Teil eurer Aufmerksamkeit schenken?” Tatsächlich richteten sich die meisten Augenpaare auf unsere Klassenlehrerin. “Ihr habt doch bestimmt vorige Woche die kleine Meinungsverschiedenheit zwischen Herrn Gerodu und unserem Direktor mitbekommen.” Zustimmendes Gemurmel. “Weiß jemand - außer Link - worum es da ging?” “Irgendwas mit den Ferien.” Stimmt ja. Ich hatte auch meinem Bruder nichts erzählt. Zu meiner Verteidigung: Er hatte nicht gefragt. Nur Zelda schien etwas besser zugehört zu haben. “Herr Gerodu beschwerte sich darüber, dass nur die Wenigsten während des Sommers einen Finger krumm machen und er im nächsten Schuljahr wieder von vorne anfangen kann.” “Genau.” Frau Lonley nickte ihr zu. “Passt auf. Herr Gerodu ist auf mich zugekommen, um dafür eine Lösung zu finden. Er hatte den Vorschlag gemacht, dass die ganze Klasse ein Trainingslager absolviert. Keine Angst, nur ein bis zwei Wochen.” “Aber das ist doch normal, dass man über die Ferien abbaut.” Und meine Banknachbarin musste ihren Senf dazu geben. “Und du glaubst, dass sich Herr Gerodu dafür interessiert?” Ich sah sie dabei an. Tatsächlich blinzelte Theska mich verwirrt an. Kurz war sie ruhig, bis sie kleinlaut zugab: “Eher nicht.” Frau Lonley wirkte fast genauso verwirrt. “Kennst du ihn so gut?” “Nein. Es ist offensichtlich, so wie er sich am Anfang des Jahres über die Leistungen beschwert hat.” Ich stütze meinen Kopf auf den Händen ab. “Ich bezweifle, dass er noch einmal die Geduld aufbringt, das alles mit uns durchzukauen.” Stille im Klassenzimmer. Und Lonley seufzte. “Da muss ich Link Recht geben. Herr Gerodu wirkte nicht, als ob er mehrfach alles mit euch behandeln möchte. Er hatte das schon zu seiner Schulzeit angeprangert.” Da immer noch Stille herrschte, übernahm ich wieder. “Und was heißt das für uns?” “Was willst du, das es für euch heißt?” “Ich hätte nichts dagegen. Wir fahren sowieso nicht in den Urlaub, höchstens zu ein paar Verwandten.” Ich drehte mich zu Scath. “Oder habe ich irgendwelche Planung verpasst?” “Ja.” Mein Bruder sah mich mit verschränkten Armen an. “Ich fahr ne Woche bei Miri mit.” Ich wank ab. “Nichts, was mich betrifft.” Schon muste ich von ihm wegrutschen, um einen Schlag auszuweichen. Ein Klatschen erklang von vorne, was unsere Aufmerksamkeit dahin zurück zog. “Jetzt aber mal im Ernst. Ist irgendjemand hier die mittleren zwei Wochen nicht da?” Riko meldete sich - als Einziger. Als auch ihm das auffiel, ließ er den Arm sinken. “Heißt das, ich brauche nicht auf meine Cousine aufpassen?” Ein verhaltenes Kichern lief durch unsere Klasse. Auch Frau Lonley schmunzelte. “Möchtest du nicht zu deinen Verwandten?” “Ich kann auf dieses verzogene kleine Mistgör dankend verzichten.” “Verzogener als du?” Wie war das mit im richtigen Moment die Klappe halten? “Viel schlimmer.” Da er sich nicht einmal über meinen Vorwurf aufregte, schien etwas dran zu sein. Frau Lonley schüttelte amüsiert den Kopf. “Ich warte immer noch, dass ihr auch über eure versauten Ferien aufregt.” Stille. Eins, zwei… “Link hat Recht.” War klar… “Häh? Wobei?” Kentin sah zu mir. “Dabei, dass es Herr Gerodu nicht stören wird, weiter zu machen wo wir aufhören. Ich schätze Mal, es ist eher das Gegenteil der Fall.” Ich starrte nicht nur in sein, sondern auch in viele andere zustimmende Gesichter. Seufzend lehnte ich mich nach hinten. “Und ich habe mich auf die Diskussion des Jahrhunderts eingestellt.” Der Raum explodierte vor lachen. Anhang: “So, jetzt noch mal von vorne.” Ganon wirkte leicht neben sich, als es über uns sah. “Von euch hat keiner etwas dagegen, zwei Wochen seiner Sommerferien zu opfern?” Kollektives Kopfschütteln. “Warum nicht?” Stille. Feiges Pack. “Link.” Und schon sah er wieder zu mir. “Was hast du getan?” “Nichts.” Dass immer sofort ich dran war, ging mir langsam auf den Keks. “Wers glaubt.” Ganon sah mich weiterhin an, als ob ich irgendein schweres Verbrechen begangen hätte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. “Ich habe nur erwähnt, dass Sie im nächsten Schuljahr nicht darauf eingehen werden, wenn einzelne nachgelassen haben.” “Das Argument hat gereicht?” “Gucken Sie mich nicht so an. Ich bin selbst erstaunt.” Tatsächlich wanderten seine Augen über den Rest der Klasse. “Riko. Du bis doch sonst immer dagegen.” “Solange ich nicht auf meine Cousine aufpassen muss, mache ich alles.” Ganon blinzelte. “Also jetzt fühle ich mich von euch verarscht.” “Glauben Sie mir, so geht es mir seit heute morgen.” Ich konnte wieder mal meine Klappe nicht halten. “Ausgleichende Gerechtigkeit.” Und schon fing sich Ilyas gleich zwei fragende Blicke ein, aber meiner war offensichtlicher. “Na, was glaubst du, wie oft wir geschlossen dagestanden haben, weil du mal wieder irgendeine Schote gerissen hast?” Ich zuckte nur mit den Schultern, bevor ich wieder zu einem nicht minder verwirrten Lehrer sah. Premiere. Das war unter Garantie das erste Mal, dass ein Trupp junger Erwachsener uns Beide sprachlos gemacht hatte. Erinnerung 11 ------------- Und fünfzehn. “Warum zum Geier kann ich meine große Klappe…” Sechzehn. “…nicht halten?” Wütend funkelte ich den Nächsten an. “Ich habe so was von keinen Bock mehr auf euch!” Siebzehn. “Gibt’s hier was umsonst?” Stille. Verwirrt sah ich mich um. Niemand mehr da. “Oh.” Nur sicherheitshalber drehte ich mich noch einmal um mich selbst. Also, wo war ich stehen geblieben? “17 Stalfos?” Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder dem Trampelpfad zu. “Hieß es nicht irgendwann mal, die bilden keine Gruppen?” Wenn es denn nur dabei bliebe. Mir waren heute schon massenhaft dieser Skelettkrieger über den Weg gelaufen. Dazu kamen noch eine ganze Herde Rehe, Füchse, Echsen und etliches anderes Getier. Kein Wunder, dass das komplette Dorf mich für bescheuert hielt. Ehrlicher Weise stimmte ich zu. Sich halbblind in dieses Gebiet zu wagen war selbstmörderisch. Und mein rechtes Auge schmerzte wieder. Jup, ich war auf den besten Weg in den Selbstmord. Seufzend trat ich aus dem Wald und streckte mich ausgiebig. Warum bin ich heute morgen so früh aufgestanden? Ach ja, ich wollte weit kommen, bevor es wieder dunkel wurde. Blinzelnd sah ich zur Sonne hinauf. Es war noch nicht einmal Mittag. Also alles gut. Ich folgte dem Trampelpfad weiter, um endlich den Berg zu erklimmen. Bei der Menge Skelette, denen ich heute schon über den Weg gerannt war, müsste ich doch irgendwann auf die Ursache treffen. Morgen Abend würde ich mich wieder auf den Rückweg machen müssen. Mehr Proviant hatte ich nicht dabei. Gut, vielleicht auch etwas später. Mit diesem Gedanken pflückte ich eine Handvoll Beeren von einem Busch. Minuten später kam mir ein Skelettpferd entgegengetrabt. Verwirrt legte ich den Kopf schief. Das Tier trug zwar einen Sattel aber keinen Reiter. Als es mich bemerkte, scheute es sofort. Ich holte die Ocarina der Zeit aus meiner Tasche und begann zu spielen. Erfahrungsgemäß beruhigte der leise Klang nicht nur Epona sondern auch viele andere Tieren. Und tatsächlich. Das untote Tier beruhigte sich wieder und kam sogar näher. Es schien sogar die Streicheleinheiten zu genießen. So tastete ich mich vorsichtig vor, bis ich im Sattel saß. Epona würde ausflippen, wenn sie das sehen sollte. So wie sie mich dann anblickten würde, würde ich mir vorkommen wie einer dieser untreuen Ehemänner. Wäre nicht das erste Mal. Das Tier brachte mich die Anhöhe hinauf und sogar durch das Geröllland des Berges. Interessanter Weise registrierten die anderen Stalfos mich nicht mehr. Hielten die mich etwa für einen von ihnen? Auch gut. Dann kam ich schneller voran. Jetzt war nur noch die Frage, wo mich das Tier hinbrachte. Also hielt ich die Klappe und ließ mich treiben. Dabei sah ich mich um und ließ die Landschaft auf mich wirken. Teilweise sah es hier aus, als ob noch nie ein Mensch hier gewesen war. Aber trotzdem waren hier und da Ruinen zu sehen. Ein großer Steinhaufen schob sich in mein Sichtfeld. War das früher eine Kathedrale? Das Tier, auf dessen Rücken ich saß, hielt genau auf das ehemalige Gebäude zu. Der Torbogen war auch schon halb zerfallen, aber es war immer noch ein gutes durchkommen. Drinnen war alles Licht durchflutet - kein Wunder ohne Dach. Das Pferd blieb auf halben Weg zum Altar stehen. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis bei mir ankam, dass wir wohl am Ziel waren. Also runter. Sofort trollte sich das Tier. Gut… Was auch immer hier gerade los war. Langsam - mich dabei umsehend - trat ich auf den Altar zu. Irgendwas würde passieren. Ein Klappern ließ mich mit gezogenem Schwert herumfahren. Zwei Stalfos-Krieger hatten die Halle betreten, blieben aber am Tor stehen. Blinzelnd stellte ich mich wieder gerade hin. Ich trat ein paar Schritte nach rechts. Die Stalfos folgten mir mit den Köpfen. Ich trat ein paar Schritte nach links. Die Stalfos folgten mir immer noch. Ich trat wieder auf den Gang und auf das Tor zu. Die Stalfos zogen ihre Waffen. Ich legte den Kopf schief, da sie sich nicht weiter regten. Auch nicht, als ich mein Schwert wegsteckte. Kaum dass ich wieder zurücktrat, folgten sie meiner letzten Bewegung. Verwirrt kratzte ich mich am Kopf. “Also, das ist noch merkwürdiger als ein herab fallender Mond.” Es kam keine Antwort, woher auch? Da mich die Untoten anscheinend zu irgendwas drängen wollten, machte ich erst einmal mit. So trat ich auf den Altar zu und besah ihn mir. Er hatte auf allen Seiten Symbole. Allerdings waren diese zu stark verwittert, als dass man etwas erkennen konnte. Einige könnten zwar mit viel Fantasie etwas bedeuten, aber es war zu wenig, um etwas zu verstehen. Ich drehte mich um und besah mir die Wand, oder was von ihr übrig war. In der Mitte prangte ein großes Loch. Allerdings trat ich nicht hindurch, da ich mir bei dem Schutt wahrscheinlich alle Knochen brechen würde. Weiter oben war etwas abgebildet, das Ähnlichkeiten mit einem menschlichen Wesen hatte. Ich trat wieder vom Podest herunter und den Gang entlang. Dabei starrte ich angestrengt auf den schwarzen Boden. Tatsächlich fand ich eine ähnliche Einkerbung in der Nähe des Tores. Ich drehte mich so, dass ich beide Symbole miteinander vergleichen konnte., Es war wirklich das Gleiche. Ein humanoides Wesen, wenn man ein paar Kleinigkeiten außer acht ließ. So hatte es zum Einen seltsame Auswüchse am Kopf und die Arme wirkten wie Flügel. Stirnrunzelnd sah ich auf. Das hatte ich doch schon mal irgendwo gesehen. Nur wo? “Könntet ihr mal mit eurem verdammten Geklapper aufhören?” Dabei funkelte ich die beiden Krieger sauer an. Tatsächlich hielten sie sofort still und gaben keinen Mucks mehr von sich. Als ich mich wieder zu dem Symbol drehte, beugte ich mich hinunter und klopfte dagegen. Wieder erwarten klang es nicht hohl. Trotzdem trommelte ich weiter darauf herum. Einerseits wusste ich gerade nicht weiter und zweiten hatte ich nie behauptet erwachsen zu sein. Klick. “Häh?” Ich sah wieder zum Altar, der sich tatsächlich geöffnet hatte. “Wars das schon?” Die beiden Krieger gingen an mir vorbei, um sich neben den Altar zu stellen. “Klar doch. Und jetzt?” Hallo! Held steht neben sich! Einer der Krieger nickte zum Altar. Seufzend trat ich wieder auf den Steinquader zu und sah hinein. Ein Schädel sah mich an. Ein menschlicher Schädel auf den jeder Ziegenbock neidisch gewesen wäre. Ich streckte die Hand danach aus und zog sie gleich wieder zurück. Das Triforce leuchtete. “Jahrelang meldest du dich nicht. Aber jetzt. Was ist los?” Ich sprach mit meiner Hand… Einer der Krieger klapperte mit seinen Knochen, sodass ich wieder zu ihm sah. Er schien mich irgendwie aufmunternd anzusehen. Also los. Ich berührte den Knochen. Das Leuchten des Triforce ging auf den Schädel über und… … er löste sich in Staub auf. OK? Klapper. Noch mal verwirrt. Die Stalfos waren einfach zusammengefallen und hatten sich dem Schädel gleich aufgelöst. Ich wirbelte herum. Das Pferd war ebenfalls nicht mehr da. Seufzend beugte ich mich zu dem Helm, der mir vor die Füße gekullert war. “Hah! Ich wusste doch, ich habe das Zeichen schon mal gesehen!” Es war oben auf dem Helm. “Du hast ihn zerstört.” “WAAAAH!” Erschrocken sprang ich zur Seite und warf dabei den Helm von mir. Über dem Altar schwebte eine Große Fee. “Göttin! Musst du mich so erschrecken?” Die Fee sah mich leicht verstört an. Ich taumelte zurück bis zur nächsten Steinbank. Jetzt musste ich mich erst einmal setzten. “Euch trifft man auch wirklich überall.” Die Fee kam zu mir geschwebt, so nah, dass sich unsere Nasen fast berührten. Dann grinste sie plötzlich. “Du bist ja ein Süßer.” Ich sah sie weiterhin einfach an. Irgendwann stumpfte das ab. “Du brauchst gar nicht so schüchtern zu sein.” “Wenigstens habe ich etwas an.” Von allen Großen Feen, die ich bisher getroffen hatte, war diese eindeutig am spärlichsten bekleidet. Und die Hyrulanische Feen waren nicht gerade für ihren zugeknöpften Kleidungsstiel bekannt. “Gefällt es dir?” Sie strahlte mich an, als ob ich sie mit einer Göttin verglichen hatte. “Nein.” Ich war nie ein Freund von halbnackten Frauen gewesen. Was sollte das bringen. Sie schmollte. Ich grinste. Das ging ein paar Minuten so, bis sie den Kopf schief legte und mich - diesmal aus einiger Entfernung - musterte. “Du hast den Schädel zerstört.” Da konnte ich nur mit den Schultern zucken. “Scheint so.” “Schade.” Sie drehte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen von mir weg. Dabei präsentierte sie mir ihre gänzlich unbekleidete Kehrseite. “Er war ein netter Gesprächspartner.” “Tut mir ja leid, aber er hing irgendwie mit den ganzen Stalfos- Kriegern zusammen.” Sie drehte sich wieder zu mir. “Weißt du, was das für ein Ort ist?” “Eine Kathedrale.” Ich sah wieder zum Altar. “Auch wenn ich noch nie eine gesehen habe, die vollkommen aus schwarzen Stein erbaut wurde.” “Hier wurde der Schädel verehrt, in der Hoffnung selbst so ein Wesen zu werden.” Sie hob den zweiten Helm auf. “Jeder von ihnen hatte zu Lebzeiten etwas Staub von dem Schädel zu sich genommen. Das Gleiche galt für die Tiere.” Mir kamen die Beeren von vorhin wieder hoch. “Wer denkt sich denn so was aus?” “Keine Ahnung. Es ist sehr lange her.” Sie kam wieder auf mich zu und setzte mir den Helm auf. Verwirrt sah ich sie an. Was sollte das? Sie sah verträumt zurück. “Der Helm gehörte dem Anführer der Garde. Er war ein großer Krieger.” Sie seufzte. “Er hat dich hergeführt. Bitte halte ihn in Ehren.” Ich nahm ihn wieder herunter und besah ihn mir. Er ließ das komplette Gesicht frei. Zudem hatte er drei Auswüchse an der Seite und oben, was dem Ganzen ein aggressives Aussehen verleite. Er traf zwar nicht gerade meinen Geschmack, aber besser als mein einfaches Kettenhemd war er alle mal. Nachdem ich eine Stelle halbwegs sauber bekommen hatte, beschloss ich spontan auch den Rest der Rüstung mitzunehmen. Wer wusste schon, wann man die gebrauchen konnte. Mit dem Helm in der Hand stand ich auf und nickte der großen Fee zu. “Ich werde dieses Geschenk in Ehren halten.” Sie strahlte daraufhin und fiel mir um den Hals. Ich drehte nur die Augen gen Himmel und flehte Farore um Geduld an. Dass Frauen mir ihre Nähe immer so aufdrängen mussten. Und tatsächlich löste sie sich recht schnell wieder von mir. Ich konnte mir nicht verkneifen erleichtert zu seufzen. Sie nahm noch etwas Abstand von mir und beobachtete mich, während ich mir die restlichen Teile der Rüstung zusammen suchte. Sobald ich etwas Zeit hatte, würde ich dem Metall ein komplettes Vollbad gönnen. “Komm mit.” Mittlerweile schwebte sie vor dem Loch in der Wand. Ich verzog eher unwillkürlich das Gesicht. “Ich gehe außen herum. Ich hänge halbwegs an meinem heilen Hals.” Und weg hier. Seufzend trat ich aus der Kathedrale und ließ mir erst einmal die Sonne ins Gesicht scheinen. Wenn ich nicht zwischen Feen aufgewachsen wäre, würde ich schreien. Aber es half nichts. Augen zu und durch. Hinter der Kirche fand ich eine steile Felswand. Toll. Also hielt ich mich an dieser und siehe da, ein Eingang. Diesem folgte ich und folgte ich und… Hey, gibt es hier auch mal ein Ende? Gefühlt in der Mitte des Berges kam ich endlich in der typischen Kammer an. Mehr oder weniger typisch. Fragend blickte ich an die Decke, da es hier drin taghell war. Tatsächlich war ein großes Loch in der Decke, welches innen mit reflektierenden Kristallen bedeckt war. Dadurch kam das Tageslicht bis hier unten hin. Das erklärte auch, wie hier alte Eichen überleben konnten und nicht nur die. Ich hatte das Gefühl, als ob ich im Wald stand. Sofort fühlte ich mich wie zu Hause. Gemütlich schlenderte ich zwischen den Bäumen hindurch, bis ich zur Quelle kam. Ich wurde schon erwartet. Die große Fee schwebte über dem Wasser und sah mir fröhlich entgegen. “Da bist du ja.” Ich nickte, blieb am Ufer des Sees stehen und nahm den Helm wieder ab. Sie kam auf mich zu und nahm mein Gesicht in ihre Hände. Ihre Finger strichen mir über die Augenbinde. Bevor sie den Stoff abnehmen konnte, hielt ich sie auf. “Nicht. Die Verletzung ist zu ernst, als dass Ihr mir helfen könntet.” “Du bist blind?” Ein erneutes Nicken reichte ihr als Antwort. “Du hast Recht, da kann ich dir nicht helfen.” Sie legte den Kopf schief und besah mich. Dann lächelte sie. “Aber ich kann dir anderweitig helfen.” Sie kam wieder näher. Erst als sie mich fast küsste, schaltete ich was los war. Sofort wehrte ich mich, schreiend. Sie ließ mich geschockt los. Ich stolperte zurück, bis ich auf meinem Hintern landete. Selbst so robbte ich noch weiter von ihr weg. Mein Herz hämmerte schneller, als bei meinem Kampf gegen Ganondorf. Und ich hatte unerklärlicher Weise Angst. Zitternd schlang ich meine Arme um mich. “Lass das. Bitte, lass das.” Eine Hand strich mir über den Kopf. “Ich riskier garantiert nicht, dass du mich noch schlägst.” Sie hockte sich vor mich hin. “Du bist der Erste, der sich gegen einen Kuss gewehrt hat.” Ich zuckte nur mit den Schultern. Das war mir egal. Ich wusste nur, dass der Gedanke mit einer Frau irgendwie intim zu werden, mich abschreckte. Nur langsam kam ich wieder runter. “Geht’s wieder?” “Nein.” Tief durchatmend richtete ich mich auf. “Was sollte das?” Sie entfernte sich etwas von mir und blieb dort schweben. “Ich wollte nur die Zauber lösen, die auf dir liegen.” “Zauber?” Echo. “Was für Zauber?” “Keinen Dunst.” Sie legte den Kopf schief. “Aber es scheint irgendetwas an dir zu verstecken.” Ich war sprachlos. Wer sollte mich unter Zauber setzen? Und warum? Mir fiel beim besten Willen niemand ein. Mein Kopf ruckte hoch. “Kannst du mir sagen, wie lange dieser Zauber schon auf mir liegt?” Sie schwebte einmal um mich herum. “Lange.” Als sie wieder vor mir war, schwebte sie auf dem Kopf. “Sehr lange. Weit mehr als zwei Dekaden.” Ich wollte gerade etwas sagen, da redete sie schon weiter. “Na, kann nicht sein. Oder bist du so viel älter als du aussiehst?” “Sechzehn bis Siebzehn.” Das wusste doch sowieso niemand. Sie nickte. “Also mindestens seit deiner Geburt. Wahrscheinlich sind sie sogar älter.” Verstand ich nicht. Außer… “Was verstecken diese Zauber?” “Das kann ich dir sagen, wenn ich sie löse.” Ihr ´eventuell´ überhörte ich lieber. Ich fing an, zu grübeln. Wer sollte mich unter Zauber setzen? Und warum schon damals? Es musste irgendwas mit meiner unbekannten Familie zu tun haben. Ich schüttelte den Schädel, um diesen Gedankengang zu unterbrechen. Es hatte keinen Sinn, sich darüber das Hirn zu zermartern. Also sah ich wieder zu der Fee. “Du sagst, du kannst die Zauber lösen?” “Ja.” Und wieder strahlte sie heller. “Soll ich?” Ich nickte. Woraufhin das Triforce anfing, zu pulsieren. Ich funkelte das heilige Dreieck an. “Was?” Schon war es wieder still. “Wenn ich die Zauber von dir nehme, musst du mir das unbedingt mal zeigen.” Sie flippte aus, aber voll. Ich musste ihre Aufforderung mehrfach bestätigen, bis sie wieder normal wurde. Oder das, was bei Feen eben normal war. “Also gut, ich fang dann an.” “Aber ohne mich zu küssen!” Das fand ich schon ein starkes Stück. Sie blies die Wangen auf. “Och.” Doch zu meinem Erstaunen legte sie nur ihre Stirn gegen meine und ich spürte, wie etwas in mich hinein floss. Mir wurde warm. Und dann… Kapitel 66 ---------- “Jaul!” “Vergiss es!” Ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, damit ich Scaths Fall in die Badewanne mit ansehen konnte. “Link, lach nicht!” Ich versuchte es wirklich, aber es gelang mir nicht. Auch Lily schien belustigt, obwohl sie noch immer tropfte. Doch dann stupste sie mich an, damit ich sie endlich abtrocknete. Immer noch kichernd, kam ich der Bitte nach. Ein Grau-brauner Wolf kam auf uns zu und leckte der Weißen die Schnauze trocken. “Keine Angst, Lan, dich habe ich nicht vergessen.” Schon ließ er die Ohren hängen und winselte. “Komm mir nicht so. Die Flöhe gehen dir doch auch auf die Nerven.” Zumindest hörte er auf zu winseln. Und mein Bruder rannte immer noch Flocke hinterher. Ich trocknete Lily noch die Ohren, bevor ich mich an ihren Partner wandte. “So Lan, jetzt du.” “Verdammt, Link! Kümmere dich lieber um Flocke!” Seufzend hob ich Lan hoch. “Dann übernimmst du aber die Jungen.” “Meinetwegen.” Schon drückte ich ihm den Wolf in die Hände. Ein Kichern ließ uns kurz zum Haus und damit zu Ann sehen. “Nasse Hunde.” Das ganze Rudel begann zu knurren. Genau diese Ablenkung nutzte ich um Flocke hochzuheben. Da er sich sofort gegen meinen Griff wehrte, schob ich ihm meine Hand zwischen die Kiefer. Prompt wurde er ruhiger. Er würde mich nicht verletzen wollen, also war das die einfachste Methode, ihn ruhig zu stellen. “Fang gar nicht erst wieder an rumzumeckern. Du wirst heute gebadet und basta.” Er jaulte. “Richtig so, Link.” Miriam war auch hier? “Ich habe keine Lust, dass mein Freund mir Flöhe anschleppt.” “Ha ha. Sehr lustig.” Scath war immer noch nass von seinem unfreiwilligen Bad. Auch Ann kicherte vor sich hin. “Ich bin nur froh, dass ich nicht mithelfen muss.” Währendessen zog Flocke die Beine an, um das Wasser nicht zu berühren. “Je mehr du dich wehrst, desto länger dauert es.” Flocke jaulte noch einmal auf, bevor ich ihn endlich in das Floh-Bad steckte. Sofort begann ich, das Shampoo in sein Fell einzumassieren. “Stillhalten.” Jedes Mal das gleiche Tara. Vor allem Flocke war nie leicht zu überzeugen. Steckte er aber erst einmal im Wasser, ließ er den Rest halbwegs schweigend über sich ergehen. Und wenn dieser Dickschädel durch war, bekam man auch den Rest ins Wasser. Irgendwie. “Du Link?” Miri hatte sich offensichtlich satt gesehen. “Frag Scath nach Schwert-Nachhilfe.” Ich hatte gerade die Hände voll Fell. “Eigentlich wollte ich deine Meinung zu etwas wissen.” “Und was?” Himmel! Wo bekam ein einzelner Wolf so viele Flöhe her? “Kann es sein, dass du in Gerodu verknallt bist?” Sofort stockten meine Bewegungen. Nur langsam drehte ich mich zu ihr. Miri sah mich einfach fragend an. Kopfschüttelnd versuchte ich, meine Gedankengänge wieder frei zu bekommen. “Du überrennst mich hier gerade.” Ich wandte mich wieder Flocke zu und begann sein Fell auszuspülen. “Aber ja.” “Hm?” Jetzt war Miri verwirrt. “Na, deine Frage.” “Oh.” Sie beugte sich etwas aus dem Fenster, um mich besser mustern zu können. “Du streitest es nicht ab?” “Warum sollte ich?” Ich sah wieder zu ihr. “Aber mich würde interessieren, wo ich mich verraten habe.” “Weibliche Intuition?” Woran ich nie geglaubt habe. “Und in echt?” “Na ja…” Kurz war sie still. “Eigentlich ist er der Einzige, dem du kein Kontra gibst.” “Und wer sagt dir - Hier geblieben! - dass ich nicht wie der Großteil der Klasse den kompletten Bammel vor ihm habe?” "Dann könntest du nicht so seelenruhig neben ihm schlafen.” Fragend - oder geschockt, da war ich mir gerade nicht so sicher - sah ich zu ihr. “Ne jetzt oder? Bitte sag mir, dass das ansonsten keiner mitgekriegt hat.” “Keine Ahnung. Die Meisten haben geschlafen.” “Bis der Bus ganz spontan stehen geblieben ist.” Scath schüttelte sich. “Mir hat danach alles weh getan.” Ich verdrehte die Augen. “Schon klar. Ich werde es mir abgewöhnen zu petzen.” “Ich frage mich sowieso, warum du es dir angewöhnt hast.” “Weil es manchmal ganz lustig ist. Und du musst zugeben, ich habe nie alles an die Erwachsenen weiter gegeben.” Flocke sah mich mit schiefgelegen Kopf an. Er verstand nicht, was gerade los war. “Stiers sind nicht zu Hause.” Ich sah mich um. “Fehlt noch jemand?” “Ja.” Fragend sah ich zu meinem Bruder. Er war neben mich getreten. “Du.” Und schon schupste er mich in die Wanne. Erinnerung 12 ------------- Blinzelnd richtete ich mich auf. War was? Oh… Es war ja schon dunkel. Ich musste eingeschlafen sein. Na egal. Gähnend drehte ich mich um und machte es mir wieder auf meinem Felsen gemütlich. Obwohl der Feuerschein etwas störte. … Feuer? Ich fuhr hoch. Feuer! Ich war schon am Rande des Steines, als ich endlich sah, was hier los war. Dieses schwarze Etwas war wieder hier. “Umpf.” Luft entwich aus meiner Lunge, als ich mich auf den Stein fallen ließ. Er wandte sich zu mir. “Verdammt noch mal! Erschrick mich doch nicht so!” Ich funkelte ihn sauer an. “Guten Morgen.” “Guten Morgen?” Ich war kurz verwirrt, bis ich etwas lauter antwortete: “Ich besitze vielleicht keine Uhr, ganz zu schweigen davon, dass ich sie nicht verstehe. Aber wenn die Sterne am Himmel stehen ist es ganz sicher nicht ´Morgen´.” Und schon war er ruhig. Ich ließ meinen Kopf vom Stein hängen. Ich war mit einem Schrecken aufgewacht und noch todmüde. Wenn er die Nacht überlebte, dann nur, weil ich keine Chance gegen ihn hatte. “Schlechte Laune?” Ich hob den Kopf ruckartig, um ihn wütend anzustarren. “Ich gehöre leider nicht zu Weiß - Naryu - welches - Volk. Ich benötige so ein komisches Zeug namens Schlaf.” “Hätte ich nicht erwartet.” Er sagte das so ernst, dass ich nicht wusste, ob er sich einen Spaß erlaubte. Mir persönlich war das schnurz. Ich fing an zu knurren. “Tja. Man lernt nie aus.” Er sah mich einfach nur an. Ich starrte ihn in Grund und Boden. Oder zumindest versuchte ich es. Ihn störte es gar nicht. Er blinzelte nicht mal. Musste er das überhaupt? Grummelnd drehte ich mich weg, um mich wieder der Länge nach auf den Stein fallen zu lassen. Gähnend kuschelte ich mich zurecht. Hoffentlich war er weg, wenn ich wieder wach wurde. Oder es entpuppte sich als Traum, was auch ganz brauchbar war. Eine kalte Schnauze ließ mich die Augen erneut aufreißen. Vater Fuchs sah mich mit großen Augen an. “Was machst du denn hier oben?” Ich traute dieser Familie vieles zu, aber hier hoch klettern? Er kuschelte sich an mich, wobei ich merkte, wie er zitterte. Und zwar nicht vor Kälte. Der Schwarze lachte. Ich zog den Fuchs näher an mich heran, während ich nach meiner Tunika fingerte. Kaum hatte ich das Kleidungsstück, pfefferte ich es der Nervensäge an den Kopf. Es herrschte Stille. Endlich. Langsam begann ich das gesträubte Fell glatt zu streichen. Der Arme war vollkommen verängstigt. Meine Tunika kam zurück geflogen, verfehlte mich aber um Längen. Ich richtete mich wieder auf, um ihn anzufunkeln. “Trink mal Zielwasser.” “Schmeckt nicht.” Er kam auf den Stein zu, bis er mich musterte. Ich runzelte die Stirn. Mein Felsen war höher als das Unbekannte. Gerade so. Er lehnte sich gegen den Stein. “Du wirkst wütend.” “Ach ne.” Ich verdrehte die Augen. “Ich bin müde, habe einen zu Tode verängstigten Fuchs im Arm und mir hängt der Schreck vom vermeintlichen Waldbrand noch in den Knochen. Ich bin kurz davor einen Freudentanz aufzuführen.” “Zeig mal.” Ne jetzt, oder? Mir langte es, gewaltig. “FALL JEMANDEN ANDERS AUF DIE NERVEN! IST MIR SCHNURZ, ABER LASS MICH PENNEN!” Er starrte mich an. Ich hatte das Gefühl, vor Wut zu rauchen. “Schrei mich nicht an, Kind.” Ich hörte meine Zähne knirschen. “Ich schreie, wann ich will. Und es ist mir egal, wenn du mir erzählen willst, dass du ein Beschützer des nicht existierenden heiligen Triforce bist. Ich will nur meine Ruhe!” Dieses Mal war die Schieflage seines Schädels schon offensichtlicher. “Meinst du das mit den Beschützern ernst?” “JA!” Er zuckte sichtbar zusammen, bevor er seufzte. “Nun gut. Bevor du mir noch den Hals umdrehst, lass ich den werten Herrn lieber schlafen.” Bei der Anrede stellten sich mir sämtliche Nackenhaare auf. Erst als er weg war, ließ ich mich zurück fallen. Ein Gewicht sprang auf meine Brust, sodass ich die Augen öffnete und Vater Fuchs ansah. “Wir sind verranzt, hm?” Er quietschte, bevor er sich zu einer Kugel zusammen rollte. Kapitel 67 ---------- “Link, guck nicht so mürrisch.” Die Stirn runzelnd sah ich zu Oma. “Warum nicht?” “Das gibt unschöne Falten.” Ann und Miriam lachten, während Scath mich angrinste. Ich rollte nur mit den Augen. “Was ist los, dass du so schlechte Laune hast?” “Ist das nicht offensichtlich?” Dabei verschränkte ich die Arme vor der Brust und starrte aus dem Autofenster. “Nein, ist es nicht.” Ich spürte Omas Blick selbst durch den Rückspiegel. Seufzend lehnte ich mich zurück. “Das heißt doch Elternversammlung. Was sollen wir da?” “Was fragst du mich das?” Zum Glück sah Oma wieder auf die Straße. “Es ist auch das erste Mal, dass ich so etwas erlebe. Und ich habe drei Kinder erwachsen gekriegt.” “Aber Link hat Recht.” Miri lehnte sich an meinen Bruder. “Mein Vater hat sich auch darüber aufgeregt, dass die Schule uns Schülern jetzt noch mehr Zeit stielt.” “Wir müssen ja nicht die ganze Zeit dabei sein.” Wo Scath Recht hat… “Trotzdem.” Ich starrte wieder nach draußen. “Griesgram.” Da hatten die beiden Mädchen ausnahmsweise Recht, aber ich ging nicht darauf ein. Es herrschte ein paar Minuten Stille, bis Oma den Wagen auf den Parkplatz lenkte. “Los Kinder, aussteigen.” Wenn es denn sein muss. “Papa!” Wir sahen Miri hinterher. “Hallo Mäuschen.” Herr Hellko schloss seine Tochter in die Arme. “Sieht man dich auch mal wieder.” Ich musste grinsen. “Papa! Hör auf!” Lachend wandte sich Miriam aus den Armen ihres Vaters. “Ich bin doch kein kleines Mädchen mehr.” “Das sagst du.” Er kam mit seiner ´Kleinen´ zu uns herüber. “Hallo Neu-Familie.” “Guten Abend Zahon.” Scath begrüßte seinen Schwiegervater in Spe genauso herzlich. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kamen die Beiden sehr gut miteinander aus. Aber welcher Vater gab schon gerne seine Tochter frei? “Also, was hat die Jugend mit ihrer Zeit vor?” “Die Mädchen sind auf die Idee gekommen, zu picknicken.” Ich rollte mit den Augen. “Und weil es hier keine anständige Grünfläche gibt, nehmen wir das Dach.” Zahon sah erst mich verwirrt an, bis er zu Oma blickte. “Also zu meiner Zeit war da oben noch verbotene Zone.” Oma gluckste. “Zu meiner auch. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.” “Miriam?” Ihr Vater sah sie scharf an. Woraufhin die Rothaarige auf mich deutete. “Hey!” Ich stemmte die Arme in die Seite und funkelte sie an. “Nur weil ich einmal das Schloss geknackt habe.” “Also kannst du es wieder.” “Frag deinen Freund, der kann das auch.” Eine Hand auf meiner Schulter brachte mich dazu, zu meinem Bruder zu sehen. “Ich kann dich beruhigen, das hat sie schon.” “Und warum bin ich dann noch hier?” “Anweisung der Schulleitung.” “Die Geschichte mit der Unterhose und dem Fahnenmast würde mich immer noch interessieren.” Scath und Miriam lachten, da sie wussten was ich meinte. Außerdem hörte ich noch eine dritte Stimme, die ich Zelda zuordnete. “Guten Abend Frau Bravery, Herr Hellko.” “Abend Zelda.” Zahon sah sich kurz um. “Wo ist denn dein Vater?” Sie zuckte mit den Schultern. “Schätzungsweise schon im Klassenraum. Er ist direkt vom Büro hergekommen.” Zahon schüttelte den Kopf. “Ich werde ihn nie verstehen.” Oma hatte noch einen Korb aus dem Auto geholt, den sie meinem Bruder in die Hand drückte. “Na los, Kinder, geht schon. Wir finden alleine in den Raum.” “Darf ich bitten?” Zahon hielt Oma seinen Arm hin. “Alter Charmeur.” Trotzdem hakte sie sich bei ihm ein. “Das erzähle ich Ma… hey!” Scath zog Miri lieber schnell mit. Lachend folgten wir Anderen. Dabei fiel mein Blick auf Zelda, die ebenfalls einen großen Korb bei sich trug. Was bitte hatten die Mädchen geplant? Die Antwort erhielt ich auf dem Hof, als Zel mir den Korb in die Hände drückte und verschwand. “Guck nicht wie ein Auto. Sie holt nur Finn, Aslam und Kentin dazu. Wir waren der Meinung, in einer etwas größeren Runde wird es lustiger.” Ich sah zu Ann, die leicht den Kopf hängen ließ. Hey Amor! Auch wenn ich nicht an dich glaube, könntest du meiner kleinen Schwester wenigstens etwas unter die Arme greifen? Ach verdammt, was denke ich da? Vor mich hin grummelnd drückte ich Kentin den Korb in die Hände und stapfte an ihnen vorbei. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Zelda Finn fast hinter sich her schleifte. Meine Priorität lag gerade ganz wo anders. Ich musste ein paar Minuten umherirren, aber schließlich fand ich den Gesuchten. Remus saß auf einer der Bänke etwas abseits. Er las, aber das interessierte mich gerade weniger. Ich trat an ihn heran, was er gar nicht zu registrieren schien. “Guten Abend, Remus.” Die Verwirrung, dass er angesprochen wurde, sah man ihm an, als er den Kopf hob. Kaum erkannte er mich, wurde seine Miene ausdruckslos und er nickte zur Begrüßung. Ich verdrehte die Augen. “Zu Sprechen hat noch niemanden umgebracht, weißt du.” Er gab einen belustigten Ton von sich bevor er wieder in sein Buch blickte. “Hör mal.” Dabei drückte ich die Literatur nach unten, damit er mich wieder ansehen musste. “Die Mädchen wollen ein Picknick machen. Komm doch mit zu uns.” Kurz schien er zu überlegen, bevor er den Kopf schüttelte. Ich schnappte mir das Buch ganz. “Das war keine Frage.” Remus funkelte mich nur wütend an. “Du hast die Wahl, entweder kommst du freiwillig mit, oder ich trag dich.” Sein Blick erinnerte mich stark an einen Stahlzyklopen. Seufzend ging ich vor ihm in die Hocke. “Sieh mal, Remus. Ich kann mir das nicht ewig ansehen, wenn du immer alleine bist.” Er verschränkte genervt die Arme vor der Brust und starrte von oben auf mich herab. “Also gut.” Ich stand wieder auf und klemmte mir das Buch unter den Arm. “Wie soll ich dich tragen?” Sein Gesichtsausdruck wurde noch finsterer. Während ich mich schon auf die Prügel gefasst machte, die meiner umgesetzten Drohung folgen würde, holte sich Remus sein Buch zurück. Es verschwand in seiner Umhängetasche bevor er aufstand. Ich konnte mich gerade so davon abhalten, ihn verdattert anzustarren. Stattdessen nickte ich ihm zu. “Na dann, komm mit.” Remus stockte kurz, als ich ihn zum Schulgebäude brachte und noch einmal an der Tür zum Dach. Er sah mich an, als ob ich jetzt voll einen an der Klatsche hatte. Ich konnte nur mit den Schultern zucken. “Die Mädels.” Das schien ihm zu reichen. Netterweise hatte Scath die Tür offen gelassen, sodass ich das Schloss nicht noch einmal knacken musste. Ann war die Erste, die uns bemerkte. Als sie Remus erkannte, stockte sie sofort in der Bewegung. Ich stockte auch kurz. Aber bei mir war Nani der Grund. Dieses Mädchen rannte auch überall herum. Nun gut, heute war ihr Onkel sowieso hier und alleine zu Hause bleiben war bestimmt nicht das Richtige für eine junge Gerudo. Remus verfrachtete ich neben meine Schwester, die auch gleich knallrot versuchte sich für ihre Fallaktion zu entschuldigen. Scaths verblüfften Gesichtsausdruck quittierte ich mit einem Grinsen. Zelda und die anderen Jungs verstanden nicht, worum es ging. Ich würde mich hüten, einen Ton zu sagen. Ann würde mich umbringen - zu Recht. Mein Weg führte mich zum Dachrand. Von dort sah ich nach unten. Warum gab es eigentlich kein Geländer oder dergleichen? Glaubten Erwachsene wirklich, eine abgeschlossene Tür hielt Jugendliche auf ewig auf? Wir Brüder waren doch das beste Beispiel, dass es eben nicht funktionierte. Gut, das Schloss war recht hochwertig, aber jeder mit dem nötigen Grundwissen konnte es verdammt schnell knacken - wie Ann und Oma. Ich schloss die Augen um mich besser auf die Stimmen unter uns konzentrieren zu können. Da unsere Runde nicht so laut war, hatte ich auch kein Problem, etwas zu verstehen. Omas Stimme kam zu erst zu mir. “Die Schulleitung hätte wenigstens einen größeren Raum zur Verfügung stellen können.” “Aber so was von.” Das war Zahon. Ich schlug mir die Hände vor dem Mund zusammen, um nicht zu lachen. Eine mir unbekannte Stimmlage im Hintergrund murmelte etwas von “vergeudete Zeit! Ich runzelte kurz die Stirn, bevor ich mich - die Augen wieder öffnend - zu meinen Mitschülern drehte. “Sag mal, Zel, würde dein Vater sich über die Zeit aufregen, die er hier verschwendet?” Sie ließ sich nach hinten auf die Decke fallen, um mich ansehen zu können. “Klingt nach ihm.” “Dann ist er auf jeden Fall schon da.” Ich drehte mich wieder zum Dachrand. “Link!” Ein Fragezeichen im Gesicht tragend, sah ich zu Miri. “Hör auf die Erwachsenen zu belauschen und setzt dich zu uns!” Wer war ich, dass ich den Wunsch einer schönen Frau nicht erfüllte? Kaum saß ich, drückte Ann mir etwas in die Hände. Ein Muffin. Scharf starrte ich meine Schwester an. Sie zuckte unschuldig mit den Schultern. “Guck nicht so. Da ist nichts drin, was du nicht isst. Ehrenwort.” Wären wir innerhalb der Familie, würde ich ihr kein Wort glauben. Im großen Kreis gab es aber guten Chancen, dass die nicht log. Also biss ich doch hinein. Tatsächlich, sie hatte die Wahrheit gesagt. Kartoffelteig mit Bananenfüllung. Kaum hatte ich das zweite Mal zugebissen, sah ich aus dem Augenwinkel etwas blinken. Nani hatte einen roten Rubin an meine Schwester übergeben. Ich räusperte mich, um die Mädchen auf mich aufmerksam zu machen. Ann grinste. “Nani war der Meinung, du würdest das im Leben nicht essen.” Der letzte Rest des Muffins verschwand in meinem Magen. “Warum nicht?” “Hallo? Kartoffel und Banane?” Jeder Nicht - Bravery starrte mich geschockt an. Aslam lief sogar grünlich an. “Immer noch besser als Kokos und Schokolade.” Dabei deutete ich auf das Gebäck in der Hand meiner Schwester. Lachend schlug mein Bruder mir an die Schulter. “Es ist nicht jeder so verrückt wie du.” Die Augen rollend schubste ich ihn zurück. “Schuldig im Sinne der Anklage.” “Worum geht er gerade?” Zelda hatte es im Winter also nicht mitbekommen. Seufzend ließ ich mich nach hinten fallen. Auf das Folgende hatte ich so dermaßen keine Lust. “Link kann Süßkram nicht ausstehen. Egal ob Schokolade, Kuchen oder sonst was.” “WAS?” Sag ich doch. Kapitel 68 ---------- Auf dem Rücken liegend, ließ ich den Kopf vom Dachrand hängen. Es war ein richtig toller Ausblick von hier oben. Oma würde sich aufregen, wenn sie mich so sehen würde. Da sie aber gegenwärtig zwei Etagen unter mir saß, war ich davor recht sicher. “Renk dir den Hals nicht aus.” Kurz hob ich den Kopf, um zu Finn sehen zu können, bevor ich ihn wieder fallen ließ. “Keine Lust.” Hey! Ein lachender Shiekah! Der letzte Beweis, dass nicht alle eines Volkes gleich waren. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er sich setzte. "Belauscht du wieder die Erwachsenen?” “Nein. Dafür reden sie zu sehr durcheinander.” “Ich finde es erstaunlich, dass du überhaupt etwas hörst.” Nur kurz sah ich ihn an. “Glaub mir, es hat nicht nur Vorteile. In der Stadt ist ein gutes Gehör Folter pur.” “Glaub ich dir.” Vor mich hin grinsend, sah ich mich weiter in der Gegend um. “RUHE!” Vor Schreck stieß ich mir den Kopf. Parallel griff ich nach Finn, um ihn am Fallen zu hindern. Während ich mir noch den schmerzenden Schädel hielt, ließ sich Zelda auf meiner anderen Seite nieder. “Was hat Herr Gerodu denn so wütend gemacht?” “Erwachsene, die die Klappe nicht halten können und quer durcheinander quasseln.” Vor mich hin grummelnd setzte ich mich auf, um besser an die schmerzende Stelle zu kommen. “Das gibt ne Beule.” In den darauf folgenden Sekunden kam von unten tatsächlich Stille entgegen. Doch schon kurz darauf hörte ich Zeldas Vater: “Was erlauben Sie…” “Schnauze!” Ich schloss mich Ganons Meinung an. “Da sind ja selbst eure Kinder besser erzogen! Die lassen uns wenigstens ausreden und quatschen dann auch nicht alle mit einmal.” Seufzend beschloss ich, dass es keinen Sinn hatte, mich noch einmal hin zu legen. Also drehte ich mich um und ließ meine Beine vom Rand baumeln. Auch Scath hatte sich bei uns nieder gelassen, um etwas mit zu kriegen. “Herr Gerodu! Mäßigen Sie sich!” Das war Lonley. “Sofort, wenn die Herrschaften hier sich benehmen!” “Ich lass mir doch von einem Jungspund nichts sagen!” Die Stimme kannte ich nicht, aber sie klang Riko sehr ähnlich. Da es unten wieder lauter wurde, drehte ich mich zu unserer anwesenden Gerodu. “Sag mal Nani, wie alt ist dein Onkel überhaupt?” Sie sah mich mehr als nur verwirrt an. “Warum?” “Weil irgendjemand ihn gerade als Jungspund bezeichnet hat.” Nani verdrehte die Augen. “Er ist 23. Ihr seit praktisch die erste Klasse, die er unterrichtet.” “Dafür macht er es aber recht gut.” Wir sahen geschlossen zu Kentin. “Was denn?” Er zuckte mit den Schultern. “Wir haben mindestens gelernt die Zähne zusammen zu beißen. Neben der Tatsache, dass jeder Stiel die Chance hat, gegen andere zu gewinnen.” Wo er Recht hat… Ganon verurteilte absolut niemanden aufgrund seiner Technik. Stattdessen rastete er immer noch regelmäßig wegen der Faulheit einiger Schüler aus. Unten wurde es wieder ruhiger, bis ich plötzlich Omas Stimme hörte. “Na, geht doch.” “Frau Bravery?” Also, wenn ich das Quietschen herausfilterte, könnte es abermals unsere Klassenlehrerin sein. “Was…” “Reg dich nicht auf Mädchen.” Ob sich irgendjemand da unten bewusst war, dass Oma sauer war? “Und der Rest von euch gibt Ruhe. Ansonsten behandele ich euch so, wie ihr es verdient.” Zahon gab auch noch seinen Senf dazu. “Ich kenne einen guten Lieferanten für Kleinkinderspielzeug.” Die anderen Erwachsenen regten sich abermals auf, wohingegen meine Geschwister anfingen zu grölen. Ich hingegen drehte mich grinsend zu Miriam und erzählte ihr, was ihr Vater angestellt hatte. Ihr war es offensichtlich sehr peinlich, während der Rest es ebenfalls sehr lustig fand. Wobei mich interessierte, was Oma getan hatte, um die Meute ruhig zu bekommen. Und sie tat es wohl wieder. “Frau Bravery! Bitte unterlassen Sie…” “Mädchen sei ruhig. Es merkt doch jeder, dass du keine Kontrolle über diese Leute hier hast.” Da sagte Oma was wahres. Uns Schüler bekam sie meistens ruhig - wenn ich mich nicht gerade über irgendeine historische Theorie lustig machte - aber Eltern ließen sich bekanntlich nichts sagen. Ein Klatschen erklang von unten und kurz darauf erneut Omas Stimme. “Worum ging es eigentlich, bevor sich alle wie Kleinkinder benommen haben?” Bevor sich erneut jemand aufregen konnte, antwortete Zahon: “Ich glaube, Herr Gerodu hatte das Wort.” “Also bitte.” Oma hatte die Führung an sich genommen. “Und ihr benehmt euch zur Abwechslung mal wie Erwachsene und quatscht nicht alle durcheinander! Kapiert?” Sie war immer lauter geworden. “Also bitte. Sie können.” “Vielen herzlichen Dank.” Ganon klang nicht gehässig oder dergleichen, sondern wirklich dankbar. “Noch mal von vorne. Ja, ich wollte mit den Schülern ein Trainingslager machen. Und ja, sie wissen auch davon.” “Ach papperlapapp!” Ich tippte immer noch auf Rikos Vater. “Mein Sohn hätte mir davon erzählt! Er freut sich jedes Jahr auf das Familientreffen.” “Sicher doch.” Ganondorfs trockener Ton triefte nur so vor Sarkasmus. “Fragen wir die Schüler doch einfach.” Wieder Oma. “Es müssten doch alle Mitglieder der Klasse hier sein, dann ist das doch kein Problem. Link komm mal her.” Blinzelnd sah ich zu Scath, der nur mit den schultern zucken konnte. Seufzend stand ich auf. “Finn, rutsch mal zur Seite.” Er tat, was ich sagte. Noch einmal besah ich mir die Wand des Gebäudes. Erst als ich sicher war und angestarrt wurde, drehte ich mich vom Abgrund weg. Und ließ mich rückwärts fallen. In der Luft drehte ich mich, damit ich einen der Vorsprünge erwischte und mich mit den Beinen abfederte. Autsch. Kurz sah ich zur Seite. Keinen halben Meter neben mir begannen die Fenster. Ich brauchte nur kurz nachzufassen, bin ich vor dem Fenster hing, wo Zahon mich schon belustigt ansah. “Was gibt es, Oma?” Geschockt drehten sich mehrere dutzend Köpfe zu mir. “Als Erstes kommst du mal bitte rein.” Nickend schwang ich mich durch das offene Fenster und ließ mich auf dem Rahmen nieder. “Also?” Oma schien recht belustigt, aufgrund der geschockten Gesichter der Anderen. “Was weißt du über den Plan eines Trainingslagers?” “Leider nicht alles.” Ich lehnte mich leicht vor. “Aber ich habe Herrn Gerodu gesagt, er soll doch für eine zweite Aufsichtsperson mal Frau Lonley fragen.” “Und weiter?” “Nichts weiter.” Ich zuckte mit den Schultern. “Sie hat uns bei der nächsten Gelegenheit darauf angesprochen. Es hatte niemand etwas dagegen.” “Ja, haben sie.” Lonley fixierte mich. “Nachdem du dafür argumentiert hast.” “Von wegen. Ich erwähnte nur, dass es Herrn Gerodu nicht interessieren würde, wenn jemand über die Ferien abbaut. Danach waren alle recht positiv auf diese Idee zu sprechen.” Lonleys zustimmendes Nicken bemerkten genug Eltern um beruhigt zu sein. Dafür beobachtete mich Ganon schon die ganze Zeit. Und er machte kein Geheimnis daraus. Ich begegnete seinem Blick offen und legte dabei den Kopf schief. Er atmete mit geschlossenen Augen tief durch, bevor er mich wieder ansah und den Mund öffnete. “Wo kommst du eigentlich auf einmal her?” “Vom Dach.” Das ´dumme Frage´ verkniff ich mir lieber. Frau Xia starrte mich geschockt an. “Aber da oben ist abgeschlossen!” Ich schnaubte nur. Ganon hingegen grinste meine Magie-Lehrerin an. “Also als abgeschlossen kann man das nicht bezeichnen.” Ich nickte nur. “So schnell habe ich selten ein mir unbekanntes Schloss geöffnet.” Einer der Erwachsenen, dessen Ähnlichkeit mit Riko unbestreitbar war - außerdem saß er auf dessen Platz - schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. “Ich kann das nicht hinnehmen, dass die Ferienplanung einfach über unsere Köpfe hinweg entschieden wird!” Bevor das Chaos wieder ausbrechen konnte, wandte sich Oma wieder zu mir. “Wer ist gerade alles auf dem Dach?” Blinzelnd sah ich nach vorne. Was wollte sie denn damit? “Bis auf unsere Familie? Zel, Finn Aslam und Kentin. Remus noch.” Meine Augen wanderten zu Ganondorf. “Ach und Nani.” “Warum wundert mich das jetzt nicht?” Er lehnte sich zurück und erwartete nicht einmal eine Antwort. “Hol sie mal runter. Und der Rest holt auch seinen Nachwuchs her, damit wir das klären können.” Was Oma sagt, wird gemacht. Also lehnte ich mich zurück, um nach oben sehen zu können. Ann hatte sich über die Dachkante gebeugt, sodass sie zu mir sehen konnte. Sie nickte und zeigte mir einen erhobenen Daumen. Dann verschwand ihr Gesicht. Sie hatte also gehört, was los war. Also machte sich die Truppe auf den Weg. Einige der Erwachsenen - nach Aussehen und Sitzplatz die Eltern der eben genannten - starrten mich an. Der Rest hantierte an Handys rum. Ganon beugte sich währenddessen zu meiner Oma. “Sagen Sie gar nichts, dass ihr Enkel einfach vom Dach gesprungen ist?” “Nein, warum denn?” Oma schien verwirrt. "Bei Scath würde ich mir noch Sorgen machen, aber bei Link doch nicht.” Es war ja auch kein Anderer so dämlich. Wer sprang schon freiwillig von einem mehrstöckigen Gebäude? Während die Eltern also alle mehr oder weniger beschäftigt waren, besah ich mir die Tafel genauer. Mehrere rot ausgemalte Herzen in unterschiedlichen Größen prangten dort. Das erklärte, wie Oma die Meute ruhig gekriegt hatte - kindisches Verhalten mit kindischem Verhalten bekämpfen. Ich erahnte die Schritte eher, als dass ich sie durch den anhaltenden Lärm wirklich hörte. Aber es reichte, dass ich nicht erschrocken zusammen zuckte, als die Tür lautstark aufgerissen wurde. Es war auf einmal wunderbar ruhig im Klassenzimmer, Aber leider nicht lange, denn schon kam Zelda hereingestürmt. Noch von ihrem Platz dort vorne brüllte sie mich an. “Sag mal, tickst du noch ganz richtig?” “Nein, ich weiß nicht, wo meine Uhr ist.” Nicht, dass mich das interessierte. Ich hatte sie ernsthaft sprachlos gekriegt. Erst dann tauchte der Rest der bunt zusammen gewürfelten Truppe auf. Ein Mann - dem Sitzplatz nach Aslams Vater - fixierte den Halbzora. “Du warst auf dem extra abgesperrten Dach?” Aslam zuckte zusammen. Aus dem Augenwinkel funkelte er mich wütend an. Dann erst drehte er sich zu dem Sprecher und nickte. Ich war raus. Es war nicht meine Idee gewesen, ihn dazu zu holen. Dass ich kurz vorher davon berichtet hatte, war mir schon wieder entfallen. Nicht nur zu meiner Verblüffung ließ sich Aslams Vater kopfschüttelnd im Stuhl nach unten rutschen. “Und ich habe mir schon Sorgen gemacht, weil du nie über die Stränge schlägst.” Ein Mann von vielleicht dreißig musterte jeden Einzelnen, bevor er wieder auf seinen Blätterstapel starrte und den Stift ansetzte. Ich musste schlucken. Der Kerl hatte eine Karte am Hemd befestigt mit einem amtlichen Logo. Er war ein Sozialarbeiter. Und wo er saß… Das hieß, Remus war Waise. Wahrscheinlich auch zu unserer Ersten Begegnung. Oh je. Zwischenzeitlich war Zelda auf mich zu getreten. “Komm mal runter.” “Nö.” Sie wollte mir wahrscheinlich eine reinhauen. Kein Bedarf. Lachend klopfte Miri ihr auf die Schulter. “Lass den Sturkopf. Augen rollend ging Zelda wieder nach vorne, um sich auf ihren Tisch zu setzen - zum Missmut ihres Vaters. Scath schwang sich neben mir auf den Fensterrahmen. Er stieß mich an und nickte - kaum dass ich zu ihm sah - in Richtung Amtsträger. Ich verzog nur das Gesicht. Nani hatte irgendwie ihrem Onkel den Stuhl abspenstig gemacht und teilte sich diesen mit Ann. Ganon schien recht belustigt darüber, während einige andere Lehrer nur entgeistert zusehen konnten. Nach und nach trudelte der Rest unserer Klasse ein. Theska setzte sich einfach auf meinen unbenutzten Stuhl. So sichte sich jeder seinen Platz, größtenteils auf dem Boden. Verdammt sei der kleine Raum! Selbst der Lehrertisch musste als Sitzplatz herhalten. Tatsächlich ging das recht ruhig von statten. Die meisten Schüler hatten einen zu großen Respekt vor Ganon. Und das schien die Erwachsenen zu wundern. Drei Ansätze brauchte Frau Lonley, nur um fest zu stellen, dass sie keinen Ton heraus brachte. Also erhob Ganon die Stimme. “Warum hat keiner von euch euren Erwachsenen von den Sommerplänen erzählt?” Lüge! Mindestens Oma uns Zahon wussten Bescheid. Miris Dad grinste vergnügt, also hatte er es bewusst verschwiegen. Unsere Klasse hingegen tauschte Blicke und Schulterzucken. Dachte jeder, nur er hätte nichts erzählt? Theskas Mutter besah sich nur kurz meine Sitznachbarin, schüttelte den Kopf und drehte sich wieder nach vorne. “Wie genau haben Sie sich das vorgestellt?” “Trainingslager. Für zwei Wochen. Für weitere Vorschläge bin ich gerne offen.” Ne, oder? Keine Planung? Aber Zahon hatte schon eine Antwort darauf. “Ich wüsste schon was. Aber das klären wir später.” “Paps?” “Nein.” Er verdrehte die Augen. “Ich bin sicher, ihr würdet es lieben, zu zelten.” Zustimmendes Gemurmel. “Aber…” Oma würgte Rikos Vater sofort wieder ab. “Also eine demokratische Abstimmung. “Wer von den Eltern ist erst einmal grob für die Idee?” Und selbst hob sie gleich die Hand. Es folgten weitere. “Wer strikt dagegen?” Sechs Hände hoben sich. Darunter Zeldas und Rikos Väter, sowie Remus Vormund. “Jetzt die Schüler. Dafür?” Ich sah nicht, wer sich nicht meldete. “Dagegen?” Niemand ergriff Partei. “RIKO!” Der Angebrüllte zuckte zusammen. “Ja?” “Warum hast du dich nicht gewährst?” “Weil ich der Einzige gewesen wäre.” Eindeutig verschwieg er die Wahrheit. “Du gehst nicht!” Ilyas sah kurz zu seiner Mutter, bevor er seinen Senf dazu gab. “Dann entführen wir ihn.” Die Truppe der Beiden schlug einander ein. “Nein!” Warum hielten sich die andern Eltern eigentlich raus? Und hatte Ganondorf einen Roman in der Hand? Aus dem Augenwinkel bemerkte ich einen Blick auf mir liegen. Es war Riko, der einen Ausdruck irgendwo zwischen fragend und hilfesuchend aufgesetzt hatte. Also zauberte ich seinen Vater stumm. Und fing mir damit einen drittklassigen Todesblick von Frau Xia ein. Ich lächelte nur. Und Oma riss wieder das Ruder an sich. Scath und ich wechselten einen gequälten Blick. Der Tag konnte noch lang werden. Erinnerung 13 ------------- Ich stolperte über meine Füße und landete der Länge nach im Gras. Grummelnd stützte ich meinen Kopf auf die Hände. “Sagt mal Welpen, wollt ihr, dass ich mir den Hals breche?” Die vier Fuchs-Welpen saßen einen Schritt von mir entfernt und hatten ihre Kopfe schief gelegt. Das Bild sah richtig niedlich aus. Trotzdem war das gefährlich gewesen. “Hört auf, mir zwischen den Beinen herum zu rennen. Irgendwann verletze ich einen von euch.” Sie verstanden nicht. Seufzend ließ ich mich fallen. Ein Quietschen von den Welpen ertönte. Ich fuhr hoch und stürzte auf die Kleinen los. Sofort rannten sie in verschiedene Richtungen davon. Einen erwischte ich trotzdem. Aber schon spürte ich, wie zwei der Fellknäule gegen mein Bein rannten. Erneut stolperte ich. Ein erneuter Stoß ließ mich schwanken. Och nö. Mit einem lauten Platschen landete ich im Wasser. Der Welpe in meinem Arm fing sofort panisch an, sich zu währen und zu meckern. Dass Füchse es nicht mochten, nass zu werden, hatte ich sehr schnell gelernt. Ich musste etwas strampeln, um den Kopf nach oben zu bekommen. Gleich darauf setzte ich den Kleinen auf meinen Schopf, damit ich die Hände frei hatte. Wieder an Land holte ich meine Tunika vom Felsen und wickelte den Welpen darin ein. Dabei funkelte ich die anderen Drei an. “Das habt ihr jetzt davon! Was macht ihr, wenn sich euer Bruder erkältet?” Alle drei ließen die Ohren hängen. Das gerade nicht beachtend, hob ich den zitternden Kleinen auf Augenhöhe. “Du hast dir da ja ein paar Schwestern ausgesucht. Bist du sicher, dass du in der richtigen Familie geboren wurdest?” Er gab ein herzzerreißendes Quietschen von sich und streckte seine Pfote nach mir aus. Seufzend ließ ich ihn an meine Brust sinken und begann, ihn trocken zu rubbeln. Dabei lehnte ich mich an den warmen Stein. Ein lautes Lachen ließ mich zusammen zucken und fast den eingewickelten Welpen fallen lassen. Die drei Mädchen rannten über einander, um sich hinter mir zu verstecken. Langsam hob ich den Kopf, um den unerwünschten Eindringling entgegen sehen zu können. Und da stand er - an der gleichen Stelle wie immer. Verdammter zweibeiniger Echsenverschnitt. Der zitternde Fellknäule drängten sich an mich, also hob ich sie auch hoch und wickelte sie mit in meine Tunika. Er kam näher. Aber nicht stampfend, wie man es von seiner Statur erwarten würde, sondern eher schlendernd. “Hallo. Dich trifft man auch immer hier an.” Ich nickte zur Begrüßung. “Hallo. Und nein, gestern war ich nicht hier.” Zu meiner vollsten Verblüffung gluckste er. “Na, dann habe ich wohl Glück.” Ich runzelte die Stirn. An so etwas wie Glück glaube ich nicht. Und ich würde nicht gerade jetzt damit anfangen. “Kein Glück?” Den Kopf schüttelnd, beobachtete ich ihn. “Schicksal?” “Auch nicht.” “Na, dann ist ja gut.” “Häh?” Seine Gedanken erschlossen sich mir nicht gerade. Doch er wank ab. Verwirrt. Stattdessen deutete er auf den Stoffballen in meinen Armen. “Was ist passiert?” “Hab mit den Kids fangen gespielt.” Eher unbewusst zog ich die Knirpse noch enger zu mir. “Bist du nicht etwas alt dafür?” “Nie.” Er beobachtete mich - warum auch immer. Mir war leicht unwohl dabei, weshalb ich zwei Schritte zur Seite tat, weg vom Wasser. Er gab ein belustigtes Geräusch von sich. “Jetzt guck nicht wie ein verschrecktes Rehkitz. Ich schmeiß dich schon nicht in den Teich.” “Sicher?” “Ja.” Einer der Welpen kämpfte sich aus meinem Kleidungsstück und quietschte leise. “Ist ja gut.” Ich kniete mich hin und ließ die Kleinen runter. Sie sahen mich noch kurz an, bevor sie im hohen Gras verschwanden. Vor allem der einzige Junge sah mich dabei recht besorgt an - oder ich bildete es mir durch das verwuschelte Fell nur ein. Als ich wieder aufstand, bemerkte ich den interessierten Blick des Schwarzen. “Ist was?” “Sprichst du die Sprache der Tiere?” Verwirrt blinzelte ich ihn an. “Nein…” Kurz versagte mir die Stimme. “Wie kann ich das lernen?” “Diese Fähigkeit ist angeboren.” “Mist.” Deprimiert ließ ich die Schultern sinken. “Ich hätte gewettet, du kannst das. Na ja, so kann ich mich täuschen.” “Hm?” Fragend sah ich wieder auf. “Warum?” “Wie du mit den Tieren umgehst. Deswegen hätte ich darauf gewettet, dass du sie verstehst.” Ich sah an ihm vorbei zu den Eichhörnchen auf den Bäumen. “Schön wäre es.” Sein Blick wanderte zwischen den Nüsseknackern und mir hin und her. Seufzend lehnte er sich neben mich an den Felsen. “Ich frage gar nicht erst.” Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn ansehen zu können. “Danke.” Er nickte und war erst einmal ruhig. Dem schloss ich mich an. Minuten später hörte ich, wie er sich bewegte und mir etwas vors Gesicht hielt. Ich brauchte kurz, um den Gegenstand zu erkennen. “Eine Taschenuhr?” “Nimm sie.” Verwundert befolgte ich den Befehl. Die Uhr lag schwer und kalt in meiner Hand. Erst, als ich sie etwas weiter weg hielt, erkannte ich das filigrane Muster. Es sah aus, wie Efeupflanzen. “Sie sieht wunderschön aus.” “Freut mich. Aber darum geht es gerade nicht.” Fragend sah ich wieder zu ihm. Er hatte sich zu mir gedreht, sich seitlich an den Felsen gelehnt und die Arme verschränkt. “Mach sie auf.” Nickend tat ich wie mir gehießen. Die Zeiger sahen aus wie irgendein edles Metall. Und auch das Ziffernblatt wirkte, als ob es mehr wert hätte, als unser gesamtes Familienvermögen. Ich konnte nur trocken schlucken. “Pass auf, ich erklär dir, wie man eine Uhr ließt.” Ich hatte das Gefühl, mir würden die Augen raus fallen, als ich ihn anstarrte. “Ist was?” “Ich kann nicht einmal die Symbole entziffern.” “Wie jetzt?” Er schien wirklich fassungslos. “Ich kann nicht lesen.” “Warum denn das?” “Weil ich es nicht wert bin.” Er starrte mich stumm und mit offenem Mund an. Und ich biss mir auf die Lippen. Irgendwann würde ich verinnerlichen, dass andere Völker andere Kulturen hatte. Kapitel 69 ---------- Ein Knall ließ mich hochfahren und dabei fast von meinem Stuhl fallen. Geschlossen starrte die Klasse nach vorne. Hatte unsere Magie-Lehrerin jetzt voll einen an der Waffel? Und das, wo der Unterricht noch nicht einmal begonnen hatte… “Jetzt guckt nicht, als ob ich euch umbringen möchte. Ich habe euch doch nur geweckt.” Läuft aufs Gleiche hinaus. Erst das Lachen der Anderen machte mir bewusst, dass ich mal wieder meine Klappe nicht hatte halten können. Außerdem wirkte Frau Xia, als ob sie mir den Hals umdrehen wollte. Bestimmt noch eine Nachwirkung der Versammlung letzte Woche… Das bisschen Selbsterhaltungstrieb, was ich noch hatte, verbot mir, sie darauf anzusprechen. Also ließ ich es. Sie registrierte es mit hochgezogener Augenbraue. Und ich ging nicht weiter darauf ein. In dem Moment, wo ich es mir gerade wieder auf dem Tisch gemütlich gemacht hatte, klingelte es zu Stundenbeginn. Nö. Jetzt war ich bockig. Also blieb ich liegen. Nur veränderte ich meine Lage so, dass ich zwischen Riko und Ilyas hindurch nach vorne sehen konnte. Miri quittierte das mit einem Glucksen. Und Frau Xia rollte mit den Augen, bevor sie sich der gesamten Klasse zu wandte. “Etwas mehr Begeisterung bitte. Es ist schließlich die letzte Woche vor den Ferien.” Nur mit viel Fantasie konnte man die Antwort als positiv bezeichnen. “Na zum Glück habe ich heute nur Theorie geplant. Die allgemeine Laune sank weiter. “Meckert nicht. Das Thema, welches ich heute mit euch durchnehme möchte, kommt wenn überhaupt erst im letzten Jahr dran. Selbst die Magieklassen haben das nicht praktisch.” Langsam stieg das Interesse wieder. Ich hingegen war mir nicht mit mir einig. Was interessierte mich die Theorie, wenn wir das sowieso nicht umsetzten sollten? “Es handelt sich um die Eigen- Transmutation in ein Tier.” Scherz, oder? Ich drehte meinen Kopf zu Scath, der mich mindestens genauso verwirrt anstarrte, wie ich ihn. Wir Beide dachten das Gleiche: Trockener geht es doch gar nicht. Vor Jahren - so in der vierten Klasse der Grundschule - hatten wir von Ravio ein Buch über dieses Thema gemopst. Nachdem wir uns in die vielen Fachwörter hinein gewunden hatten, ging es auch mit der Erklärung. Aber trocken wie die Gerudo - Wüste im Hochsommer. Ende der Geschichte war, dass wir das Buch nie wieder sehen wollten und Ravio einen Anpfiff vom Feinsten bekam, was er so ein Buch einfach rum liegen ließ. Mit einem ´Klonk´ wanderte mein Kopf wieder auf die Tischplatte. “Selbst wenn ihr meint, das Zeug für so etwas zu haben, versucht das bloß nicht alleine. Da kann sonst was schief laufen.” Ab hier versuchte ich, das ganze auszublenden. Erstens hatte ich die wichtigste Theorie sowieso im Kopf. Zweitens hatte ich nicht das Verlangen, mich mit Gewalt in jedes erdenkliche Tier zu verwandeln. Drittens war die Zeiteinteilung irgendwie Schwachsinn. Drei Stunden Ritual für zehn Minuten Tier … oder so ähnlich. Viertens war damals nicht beschrieben, dass sich die Verwandelten auch mit anderen Tieren unterhalten konnten. Das war für mich ein Zeichen für die miese Qualität der Verwandlung. Alles in Allem konnte man sagen, durch diese Form der Magie wird der Körper in eine fremde Form gezwängt, die gar nicht mit der Seele gemeinsam hat. Danke auch. Ich blieb bei meinem Wolf, oder je nach Ära auch Hase. Also Danke für den Unterricht, aber nein Danke. Ich verzichte. Zu meinem persönlichen Frust war der Rest der Klasse interessiert genug, das Schlafen nicht im Bereich der möglichen Zeitvertreibe stand. Und nein, ich würde den Kopf nicht aus lauter Verzweiflung gegen die Wand schlagen. Zumal die einzige erreichbare Wand aus Fenstern bestand. Und wie ich meinen Dickschädel kannte, überlebte das Glas den Zusammenstoß nicht lange. Und so war ich dazu gezwungen, mir das Ganze anzutun. Frau Xia hatte gerade den groben Grundriss des Rituals angezeichnet, da merkte ich, wie mein Kopf abermals auf Kollisionskurs mit dem Tisch ging. Mag nicht. “Link. Hast du irgendwas hinzuzufügen?” “Viel.” “Irgendwas, was auch zum Thema passt?” Ich fuhr hoch, da mir ne Idee gekommen war, wie ich das Trauerspiel vorzeitig beenden konnte. “Ja. Ich hätte da ne Frage zu dem Ritual.” “Den genauen Ablauf erkläre ich dir nicht.” Zu ihrer Verwunderung wank ich ab, beidhändig. “Das interessiert mich doch gar nicht. Ich hab ne viel grundlegendere Frage. Und Scath, hör auf meine Lehne zu treten.” “Link, du kannst doch nicht…” Aber ich unterbrach meinen Bruder sofort. “Willst du dir das ernsthaft weiterhin antun?” Schon hatte ich ihn fast so weit, nur noch: “Du erklärst das Oma.” “Wenns weiter nicht ist.” Ich drehte mich wieder nach vorne. Frau Xia schüttelte den Kopf. Und sie war nicht die Einzige. “Also, Link, was möchtest du wissen?” Ja, was wollte ich? Ach so: “Wegen dem zeitlichen Aspekt: Heißt das, ich muss noch jahrelang ein Ritual durchführen, damit ich erst einmal auf einen Nullwert komme?” Während ich wieder einmal angestarrt wurde, versuchte Miri ihr Lachen irgendwie zu ersticken. “Wiederhole das bitte noch einmal.” Anscheinend fing ich doch an, undeutlich zu sprechen. Doch ausgerechnet Theska bewahrte mich davor. “Das klang jetzt, als ob du dich auch ohne Ritual verwandeln kannst.” “Danke.” Frau Xia wirkte erleichtert. “Ist doch gut, wenn es so klang.” Ich lehnte mich mit verschränkten Armen zurück. “Also, kriege ich noch eine Antwort?” “Stopp! Moment!” Jetzt schien unsere Lehrerin gar nicht mehr zu wissen, was sie von der Sache halten sollte. “Noch mal langsam, ganz langsam und vor allem von vorne.” “Du hast sie weich gekocht.” Ich nickte, um meinem Bruder Recht zu geben. Dafür wurden Frau Xias Kopfschmerzen nicht besser. Seufzend gab ich auf. “Theska, rutsch mal.” Sobald sie näher am Tisch saß, stand ich auf und schlenderte nach vorne. Mit einem Satz sprang ich auf den Lehrertisch, missachtete die geschockten Schreie, sowie das panische Zurückweichen und ließ mich der Länge nach auf den garantiert wichtigen Unterlagen fallen. “Ich pack es nicht.” Ich drehte den Kopf zu Zephyr, der mich groß anstarrte. Ein seufzähnliches Geräusch von mir gebend, legte ich den Kopf auf die Vorderbeine. Ein Hicksen erklang von Frau Xia, die mich anstarrte, als ob ich ein Dämon wäre. Selbst Zelda hatte ihren Stift fallen lassen, während sie mich anstarrte. Eine Hand kam von der Seite auf mich zu. Meine Ohren zuckten kurz, doch ich ließ Leon machen. So spürte ich seine Finger Augenblicke später im Fell. “Ein Hund.” Ich fuhr hoch und herum. Knurrend hielt ich Leons Arm fest. Frau Xia war abermals geschockt zurück gewichen. “Wolf!” Mehrfaches geschocktes zusammen zuckt. “Scath, rede in ganzen Sätzen!” “Meinetwegen.” Er räusperte sich. “Das Tier dort vorne ist stolz und wild, also kein Hund!” Leon starrte mich weiterhin mit großen Augen an. In dem Moment, wo er ein geschocktes “Wolf?” über die Lippen brachte, ließ ich seinen Arm los. “Kneif mich jemand. Ich glaube, ich träume. Autsch!” Dieses Angebot hätte sich Frau Xia eventuell verkneifen sollen, denn Kentin und auch Zelda waren der Aufforderung nachgekommen. Nur Sekunden später fuhr sie herum. “Scath!” “Anwesend.” “Du wusstest davon!” Dabei deutete sie auf mich. Und ich jaulte. Ich war doch kein Gegenstand! Mein Bruder hingegen lachte. “Natürlich wusste ich davon. Wir sind Zwillinge!” “Eingeworfene Frage.” seitens Zelda. “Kannst du das auch?” Damit drehten sich alle zu meinem Bruder. Der funkelte mich wütend an, bevor er seufzte und nickte. “Klar. Ist doch ganz einfach.” “Ganz einfach?” Unsere Lehrerin quietschte so laut, dass ich geschockte den Rückwärtsgang einlegte und vom Tisch fiel. “Das gilt als unmöglich!” “Wie unsere Drachenflammen. Ich weiß.” Es erklang ein seufzen von meinem Bruder. “Was hat eure magische Flamme damit zu tun?” “Ne Tante von uns ist Magierin. Wir haben sie schon mehrfach vom Hocker geholt.” “Das glaube ich dir.” Dabei starrte sie mich geradezu an. Ich jaulte abermals. Einige fanden das wohl recht lustig. Nur Frau Xia stutzte. “Wie lange hält die Verwandlung?” “Unterschiedlich. Link hat es schon auf zwei Wochen gebracht.” “Wie denn das?” “Indem er sich einfach nicht zurück verwandelt hat.” Ich schüttelte den Kopf. Leider wurde das stechende Gefühl von Xias Blick dadurch nicht besser. Im Gegenteil. “Link. Verwandle dich zurück.” Ich legte den Kopf schief. “Darauf können sie lange warten. Wenn Link erst einmal im Pelz steckt, verwandelt er sic so schnell nicht zurück. Ich nickte nur dazu. “Versteh ich nicht.” Also musste ich mich doch wieder hoch kämpfen. Dazu nahm ich einfach den Lehrerstuhl in Beschlag. “Ist doch ganz einfach.” “Na da bin ich aber mal gespannt.” Ich lehnte mich zurück und schlug die Beine über einander. “Wir benutzen vielleicht kein Ritual, dafür kommt die gesamte Magie von uns. Wir können uns verwandeln, wann wir wollen. Anders als bei dem Ritual können wir zwar nicht frei wählen, welches Tier wir wollen. Aber wir kennen unseren Pelz.” Frau Xia hatte sich bei Zelda auf den Tisch gesetzt und beobachtete mich. “Wer?” “Außer Scath und mir? Ann, Laman, Katha und Thes ist auf dem besten Weg dahin.” “Ich wette Theska kann es auch schon.” Stirn runzelnd sah ich zu meinem Bruder. “Meinst du?” “Ja, meine ich.” “Wer sind die Erwähnten?” “Jüngere Cousins und Cousinen. Fehlt dann nur noch Andreas. Und Ann ist unsere Schwester.” “Alles Wölfe?” “Naryu bewahre, nein. Unsere Schwester ist ein Hase, Laman ein Fuchs und Katha ein Rotkehlchen.” “Sehr bunt.” Frau Xia sah zwischen uns Brüdern hin und her. “Link, wie kommst du mit dem goldenen Fell zurecht?” “Ich bin blond?” Davon würde ich keinen Zentimeter abweichen. “Ich rede von deinem Fell!” “Ich auch!” Schon blinzelte sie verwirrt. Ich hingegen verdrehte ich die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. “Sonst noch Fragen?” “Garantiert, wenn der Schock weg ist.” “Hey Scath. Sie will dein Fell nicht sehen.” Schon war Frau Xia aufgesprungen. “Genau! Scath, warum hast du das noch nicht gezeigt?” “Hat Keiner gefragt.” Trotzdem tat Scath wie ihm gehießen. Und schon hatte Miriam ihre Finger in seinem schwarzen Fell vergraben und zog ihn fast auf ihren Schoß. Auch wenn mein Bruder es fast so sehr wie ich hasste, als Hund bezeichnet zu werden, gab er gerade das perfekte Bild von einem Schoßhund ab. Kapitel 70 ---------- Von meinem Platz aus konnte ich ganz gut unsere Parallelklasse beobachten, die sich abmühte. Stellen wir uns genauso dämlich an? Hoffentlich nicht. Ganon schien auch nicht sehr erfreut über die Jungs. “Sagt mal, red ich Spanisch? Was ist das Problem mir zu zuhören und meinen Anweisungen zu folgen?” Keiner antwortete. Und Ganondorf ließ sich total entnervt auf den Rasen fallen. “Das gibt es doch gar nicht. Bin ich denn nur von Idioten umgeben?” Ich wäre garantiert nicht doof genug, um jetzt zu antworten. Zumal ich nicht wusste, was schon wieder los war. Trotzdem schwang ich mich auf die Beine und trottelte auf ihn zu. Mit etwas Glück konnte ich ihn beruhigen, bis wir nachher Unterricht hatten. Zu meiner Verwunderung bemerkte er mich nicht, als ich mich näherte. Dabei schlich ich nicht einmal… Das wieder beginnende Klirren der Schwerter ließ mich kurz zusammen zucken. Mich gewaltsam aus der Schockstarre holend, schüttelte ich mich. Manchmal war ich schreckhaft, das war schon nicht mehr schön. Mir ein Seufzen verkneifend, ließ ich mich ein paar Zentimeter von Ganondorf entfernt im Gras nieder. Tatsächlich spürte ich nur Augenblicke später seine Hand im Fell. Genießerisch schloss ich die Augen und merkte, wie sich mein Schweif verselbstständigte. Tja, vielleicht sollte ich mich nicht immer so über Scath lustig machen. Als er an meiner Kette hängen blieb, zuckte ich zusammen. Seine Hand blieb auf meiner Schulter liegen und hinderte mich so an der Flucht. “Was zum…” Sein stechender Blick lag auf mir. Nervös zuckte ich mit den Ohren. Ganon starrte mich regelrecht an, bis er den Kopf schüttelte. “Was denn, ein Wolf?” “Wiff.” Mehr sagte ich nicht. Er schien sich daran zu erinnern, dass er irgendwo hängen geblieben war, denn er tastete sich an meiner Kette entlang, bis er Phai in der Hand hielt. Ups… “Sag mal, warum wundere ich mich bei dir überhaupt noch?” Ich winselte, während ich mich an einem Blick Marke ´geprügelter Hund´ versuchte. Leider war ich darin nie besonders gut. Deswegen wunderte ich mich regelrecht, als er mir doch wieder durchs Fell strich. “Hör auf, mich so anzustarren.” Wenns denn sein muss. Dafür landete mein Kopf auf seinem Schoß. Ganon gab ein belustigtes Geräusch von sich. “Was schwänzt du gerade, hm?” Hey! Hör nicht auf, mich zu kraulen! Da er weiter machte, interessierte mich recht wenig, was er so nebenbei seiner Klasse um die Ohren pfefferte. Aber es war alles andere als höflich. Das ging so weit, dass er mich wieder hochscheuchte. Fand ich ehrlich gesagt nicht sehr lustig. “Tue was dafür, dass ich dich nicht an deinen regulären Lehrer verpfeife.” Ich bezweifelte, dass Frau Xia noch Nerven dafür hatte, nachdem sie mich aus dem Unterricht gejagt hatte. Also sah ich ihn laut winselnd von unten an. “Nix da. Hoch mit dir.” Keine Lust, ich blieb einfach liegen. “Erinnerst du dich noch an Florian?” Na toll. Ich konnte meine Streicheleinheiten wohl wirklich in den Wind schreiben. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich aufzurichten und mir das Gras aus dem Fell zu schütteln. Was gibt’s? Ganon deutete meinen Blick richtig, denn er hockte sich neben mich hin und deutete auf die Klasse. “Siehst du, was mich so wurmt?” Den Kopf schief gelegt, beobachtete ich die Truppe. Im Allgemeinen hatten sie einen sehr lockeren Griff. Erstaunlich, dass sie ihre Waffen nicht alle naselang verloren. Mit schief gelegten Kopf sah ich wieder auf. “Weißt du noch, wem du letztes Jahr deine Flamme auf den Hals gehetzt hast?” Umpf. Was erwartet der von mir? “Der Blonde etwa mittig.” Fürs Protokoll: von meiner Position aus sah ich praktisch nix. Mit blieb also nur eine Möglichkeit. Ich schlich mich um die Truppe, um mehr zu sehen. Kaum erblickte ich ein entfernt bekanntes Gesicht, blieb ich stehen und beobachtete ihn. Kurz sah ich zu Ganon zurück und nickte. Ein paar Schritte von meinem Ziel entfernt legte ich mich ins Gras und beobachtete ihn. Nach und nach wurde die Klasse auf mich aufmerksam. Sie tuschelten und vernachlässigten dadurch ihre Übungen. Mehrfach drang die Wortkombination Gerodus Haustier zu mir durch. Haustiersein hatte etwas. Aber nur, wenn der dazugehörige Zweibeiner nichts von dem eigenen Verstand wusste. Auch mein Ziel stierte mich an, als ob ich eine Erscheinung wäre. Das ging mehrere Minuten so, bis ich genug gemustert worden in und alle wieder mit ihren Aufgaben weiter machten. Zeit für mich in Aktion zu treten. Ich kämpfte mich wieder auf die Beine, steckte mich noch mal ausgiebig und machte mich bereit. So laut es mir möglich war, bellte ich, bevor ich los sprintete. Geschockt drehten sich alle wieder zu mir um. Ich sprang den, dessen Namen ich mir auf Teufel komm raus nicht merken konnte, an und biss in das geschockt erhobene Schwert. Es war mir ein leichtes, die Waffe aus dem Griff zu hebeln und wieder auf Abstand zu gehen. So stand ich ein paar Meter von ihm entfernt mit dem Schwert im Maul und Schwanz wedelnd. “Was zum…” Er starrte ernsthaft zwischen mir und seiner leeren Hand hin und her. Ich ließ das Schwert in den Rasen fallen, stellte die Vorderpfoten darauf und bellte vergnügt. Die gesamte Klasse zuckte erschrocken zusammen. Und Ganon bekam einen fast schon hysterischen Lachanfall. Mission abgeschlossen. Er hatte viel bessere Laune. Ich schnappte mit wieder die Waffe und stiefelte zum Lehrer zurück. Er empfing mich, indem er mir wieder durch das Fell wuschelte. Wolke sieben. “Herr Gerodu?” Ich funkelte den gerade Schwertlosen sauer an. Was stört der? Ganondorf räusperte sich mehrfach, um seine Stimme wieder zu finden. “Nimm dein Schwert und hau ab.” Er kam dem Befehl in einem wahnwitzigen Tempo nach. Kaum war er weg, zog Ganon mich an ihn und vergrub sein Gesicht glucksend in meinem Fell. Wer war ich, dass ich es ihm verbot? Es dauerte mehrere Minuten und dutzende unsichere Blicke, bis er sich halbwegs wieder beruhigt hatte. “Das war gut. Ich hätte nie gedacht, dass du das wirklich machst.” Immer, wenn der Lohn so aussieht. Als Ganon sich doch entschloss aufzustehen und wieder zu seinen Schülern zu gehen, trabte ich neben ihm her - wie ein Haustier. Mit verschränkten Armen besah er sich die Truppe und schüttelte den Kopf. “Hat einer von euch etwas aus der Aktion gelernt?” “Achtung vor Hunden?” Ich stellte das Nackenfell auf und knurrte angriffslustig. “Das ist ein Wolf.” Vielleicht gerade deswegen nahmen alle noch einen Schritt Abstand von mir. Mein Fell glättete sich erst, als Ganon mir beruhigend über dieses strich. “Also?” Er beobachtete die Klasse genau. “Was war die Lektion?” Stille. Und das lag nicht an meiner Anwesenheit. Ganondorf ließ ihnen noch ein paar Sekunden, bis er knurrte. “Das gibt es doch gar nicht! Ich rede mir seit Monaten den Mund fusselig, dass ihr eure Griffstärke verbessern müsst! Habt ihr überhaupt etwas zwischen den Ohren, was meine Worte auffängt?” Allgemeines Zusammenzucken. “Das gibt es doch gar nicht…” Ich fragte mich gerade ernsthaft, warum unsere Klasse im weitesten Sinne auf ihn hörte. Waren wir doof, dass wir seine Anweisungen befolgten? “Sie tun immer so, als ob nur wir nichts können. Ihre andere Klasse kann doch nicht so viel besser sein.” Augenblicklich sah ich wieder zu Ganondorf. Die Antwort reizte mich jetzt ernsthaft. “Doch, der Unterschied zwischen euren Klassen ist sehr groß.” Irgendetwas musste er sich versprechen, dass er antwortete. “Ich gebe zu, im Bereich der Faulheit sind einige von ihnen nicht zu übertreffen. Aber sie strengen sich wenigstens im Unterricht an. Und wenn ich ihnen sagte, sie sollen dies oder jenes verbessern, dann machen sie das auch.” Meistens. Kapitel 71 ---------- Ein lauter Pfiff hallte über den Platz und ließ mich verwundert aufsehen. Als ich Ganon entdeckte, ließ ich den Stock - auf dem ich bis eben herumgekaut habe - liegen und stürmte auf ihn zu. Oh. Meine Klasse war ja schon da. Ich musste mit allen Pfoten bremsen, damit ich nicht in meinen Bruder rein krachte. “Hier warst du den ganzen Tag?” “Alle da?” Nachdem einige genickt hatten, sprach Ganon weiter. “Ich hoffe, ich habe eure Aufmerksamkeit. Es geht um das Trainingslager im Sommer.” Das Interesse stieg sprunghaft an. “Das muss ich mir merken.” Ganondorf war verblüfft. “Punkt eins: Fragt nicht wie, aber der Direktor hat doch noch zugestimmt. Das heißt, es ist sicher.” Fröhliches Getuschel anbrannte. “Punkt zwei.” Sofort wurde es wieder still. “Frau Lonley kommt mit. Auch wenn sie glaubt, dass sie nur im Weg herum stehen wird.” Leises Lachen ertönte. “Punkt drei: Die anderen Lehrer meines Faches halten mich für total durchgedreht und sind sich auch nicht zu fein, mir das wortreich mitzuteilen.” Etwas lauteres Lachen. “Punkt vier: Das Angebot von Miriams ater wird angenommen. Wir gehen zelten.” “Warum erfahre ich das erst jetzt?” “Weil du auch nicht erfahren wirst, wohin es geht.” Für dieses Rüffel erntete Miri einige Lacher. “Punkt fünf: Für Zelte sind gesorgt. Jeweils zu viert müsst ihr euch eines teilen.” Lautes Getuschel. “Könnt ihr das später klären?” Die Anderen beachteten ihn gerade nicht. “Hallo! Ich rede mit euch!” Aber offensichtlich die Klasse nicht mit ihm. Ein Stoß in die Seite ließ mich zu Scath sehen. “Wir teilen uns ein Zelt mit Miri und Zelda.” Hatte ich da noch ein Wörtchen mit zu reden? Anscheinend nicht, also ließ ich mich regungslos zur Seite fallen und spielte toter Wolf. “Aber das geht doch nie auf.” Theska übertönte das allgemeine Gerede und ließ es somit effektiv verstummen. Ganon seufzte resignierend. “Ja. Wissen wir. Genau darum wird einer der Jungs…” “Ich rede von mir!” Stille. Auch ich sah geschockt auf. War das Mädel lebensmüde, dass sie Ganondorf mitten im Satz unterbrach? Er selbst blinzelte sie verwirrt an. “Wie jetzt?” “Vielleicht ist es Ihnen noch nicht aufgefallen, aber ich habe leichte persönliche Differenzen mit Miriam. Während besagtes Mädchen die Schwarzhaarige total verdattert anstarrte, drehten sich einige mit deutlichen Grinsen im Gesicht weg. “Heißt, wenn Sie uns zwei ganze Wochen zusammen stecken, stirbt eine von uns. Wahrscheinlich ich, wenn ich unsere Noten in diesem Fach bedenke.” Ganons Blick wanderte zu meiner Schwägerin. Sofort sprang Zelda dazwischen. “Wir werden zu den Zwillingen ziehen.” “Und ich traue den meisten Jungs ehrlich gesagt nicht genug, um mich ihnen auszuliefern.” Einige der Jungs beschwerten sich, wenn auch halbherzig. Ganon zuckte mit den Schultern. “Auch gut. Dann habe ich das Zelt für mich allein. Nur wie erkläre ich das eurer Klassenlehrerin?” Genervt ließ ich den Kopf zurück auf den Rasen fallen. Ich bringe meinen Bruder um, dass er mir das vermasselt hat. Verdammt, ich hätte mich sogar freiwillig gemeldet, um bei ihm schlafen zu können. Eine Hand im Fell ließ mich kurz aufsehen. Miriams entschuldigender Ausdruck entlockte mir ein Fiepen. Sie konnten ja nichts dafür. “Sa, habt ihr es so weit, oder machen wir Überstunden?” Sofort waren alle wieder ruhig. “Punkt sieben. Am zweiten Juli seit ihr um halb sechs früh hier. Wer nicht, bleibt hier und hat ein Problem.” Einige schluckten, nickten aber. “Punkt acht. Wer meint, ein elektrisches Gerät mitschleppen zu müssen und das leidet, der bleibt auf dem Schaden sitzen.” Das musste extra erwähnt werden? Ich war gerade froh, dass ich auf solch einen Kram nicht angewiesen war. Wo hatte ich eigentlich mein Handy schon wieder liegen lassen? Ach egal. “So. Fragen? Habe ich was vergessen?” Blicke wurden getauscht, Schulter zucken und von irgendwo her kam ein “Eigentlich nicht.” “Gut, falls was ist, wir haben ja nächste Woche noch mal. Also setzt euch in Bewegung. Und Link, zieh dich endlich um!” Ich sprang auf die Pfoten und jagte in Richtung des Gebäudes. Erinnerung 14 ------------- Brummt mir der Schädel! Was bei Rauros Unterhose ist passiert? Blinzelnd hob ich den Kopf, um mich umzusehen. Das ließ ich aber schnell wieder bleiben, als der Boden begann unschön zu schwanken. Da ich jetzt sowieso erst einmal zum liegen verdammt war, konnte ich genauso gut überlegen was überhaupt los war. Die Kopfschmerzen wurden dadurch nicht gerade besser, aber es musste sein. Stalfos… Dorf… Mädchen… Erklärt zumindest, warum mein rechtes Auge ziepte. Aber weiter. Berg… Kathedrale… Schädel… Fee… Die hatte doch irgendwas von Zaubern erwähnt. Danach herrschte Ebbe. Also wahrscheinlich hatte ich das Bewusstsein verloren. Schöner Held bin ich… Ich öffnete erneut das Auge. Dieses Mal blieb das Schwanken im Bereich des Ertragbaren. Ein vorsichtiger Blick umher offenbarte, dass ich mich wirklich noch in der Feenhöhle befand. Na, wenigstens etwas. Vorsichtig drehte ich mich auf den Bauch und blieb erst einmal so liegen. Mein ganzer Körper fühlte sich taub an. Wie lange war ich weg gewesen? Vorsichtig stemmte ich die Hände auf die Erde und stützte meinen Oberkörper hoch. Es gelang irgendwie. Doch als ich ein Bein nachziehen wollte, verlor ich das Gleichgewicht und landete wieder im Gras. Auch gut. Blieb ich halt noch liegen. Ein Licht kam näher, weshalb ich den Kopf wieder etwas drehen musste. Es war die Große Fee. “Bist du wach?” “Ja.” Ich stockte. Meine Stimme klang seltsam. “Wie geht es dir?” “Beschissen. Was hast du mit mir gemacht?” Meine Stimme klang nicht nur seltsam. Ich hatte das Gefühl, eine andere Sprache zu sprechen. Sie blieb vor mir schweben und musterte mich. Dabei sah sie so zweifelnd aus, dass es mir eiskalt den Rücken runter lief. “Was?” Mir war nicht wohl. Sie hielt von einer Bewegung ab. “Beruhig dich bitte. Du warst zwei Tage bewusstlos.” “WAS? ZWEI TAGE?” “Bleib ruhig! Dein Körper muss erst mal wieder in Schwung kommen!” Wo sie Recht hat. Also ließ ich mich doch wieder fallen. Was anderes blieb mir sowieso nicht übrig. “Gut so.” Sie strich mir über den Kopf. Wenigstens das Knurren aus meiner Kehle klang vertraut, wenn auch unnatürlich tief. Irgendwas hatte sich verändert, aber ich konnte einfach nicht den Finger darauf legen. Zudem hatte ich so ein nerviges Summen in den Ohren, dass mir auf Dauer den Verstand raubte. Weiterhin lenkte es ab. “Merkst du schon, was die Zauber versteckt haben?” Ich schüttelte leicht den Kopf. Ich merkte gerade gar nichts. “Hm.” Sie sah mich mit schief gelegten Kopf an. “Ich kann sagen, dass einige Dinge recht offensichtlich sind. Deine Gestallt hat sich zum Beispiel verändert und…” Ich hob den Kopf. “Und? Was und? Hey!” Sie schüttelte plötzlich den Kopf. “Ach, das hat doch keinen Sinn.” Sie fixierte mich. “Wehe du beißt. Ich will dir nur zeigen, was sich bei dir getan hat.” Beißen? Warum sollte ich sie beißen? Wenn, dann würde ich sie höchstens WAAAH! Ich fliege! Oder konkreter: Sie hatte mich hochgenommen und schwebte mit mir in Richtung See. “Ey! Lass das!” Ich fing wieder an, mich zu bewegen. “Ruhig. Alles gut.” Sie strich mir wieder über den Kopf. “Du bist schwerer, als du aussiehst.” “Na, danke auch.” Aber ich hörte wirklich auf, mich zu wehren. In meiner momentanen Verfassung wäre ein Vollbad nicht das Richtige für mich. Ich würde untergehen wie eine bleierne Ente, da ich bezweifelte, dass ich plötzlich ohne Zora-Rüstung unter Wasser atmen konnte. “So ist es gut.” Sie ging gar nicht darauf ein, was ich gesagt hatte. Aber ich hatte keine Lust, zu diskutieren. Erst als wir schon im Loch nach oben schwebten, sprach sie erneut. “Schau mal in die Kristalle.” Wenn es denn sein muss. Ich sah in die natürlichen Spiegel und… … … … “WAS ZUM…?” “Hey! Ich muss dich immerhin irgendwie halten!” Die Worte ließen mich mitten in der Bewegung festfrieren und erneut auf die Kristalle starren. Ein blaues Auge starrte mir entgegen. Da endete aber schon das Bekannte. Denn mir sah ein … ja, ein Wolf entgegen. Das blonde Fell erinnerte mich stark an meine Haare und er hatte eine Narbe über dem rechten Auge. Das war doch unmöglich! Mein Kopf ruckte runter und ich hob meine Hände. Zu meinem persönlichen Horror starrte ich auf zwei Pfoten. Ich bewegte sie hin und her, drehte sie und brachte die Fee damit fast zum ausflippen. Aber das Bild änderte sich einfach nicht. “Das… das gibt es doch gar nicht!” Und endlich konnte ich auch die Geräusche zuordnen, die as meiner Kehle drangen. Es war ein klägliches Jaulen. Kraftlos sackte ich in mich zusammen. Hasste das Schicksal mich so sehr? Die Fee schwebte wieder nach unten und setzte mich auf dem Rasen ab. Doch ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper und sackte in mich zusammen. “Sieh es positiv. Es könnte schlimmer sein.” Als ich den Kopf zu ihr drehte, drehte ich mich halb auf den Rücken. “Und wie?” “Du hättest ein Vogel oder ein Fisch werden können. Ein Wolf hat wenigstens noch Beine.” Wo sie Recht hat. “Ach ja, eins noch: Es gehört nicht zu den Fähigkeiten einer Fee, die Sprache der Tiere zu verstehen.” Erklärte, warum sie nicht auf alles eingegangen war, was ich gesagt hatte. Seufzend drehte ich mich wieder auf den Bauch. Das Ganze schlug mir mehr aufs Gemüt als die Augenverletzung. War aber noch Welten unter den Mord an Ganondorf. Das Gefühl war schlagartig in meine Knochen zurückgekehrt, als ich mir meines Körpers bewusst wurde. War ein Versuch wert. Erneut stemmte ich mich hoch. Dieses Mal kam ich auch zum Stehen. Aber da mir die Beine zitterten, ließ ich mich schnell wieder auf den Rasen nieder. Noch einmal wollte ich nicht fallen. Danke. “Hier. Du solltest etwas essen.” Damit hielt sie mir ein Stück Trockenfleisch vor die Schnauze. Wahrscheinlich stammte es aus meiner Tasche, also brauchte ich mich nicht zu wundern. Vorsichtig nahm ich das Stück an mich und begann darauf herum zu kauen. Hunger hatte ich beim besten Willen nicht, aber ich würde die Energie brauchen. Das würde auch noch ein Graus werden. Jagen. Vielleicht konnte ich mich an Fische halten oder die Nähe der Menschen suchen. Gut, letzteres würde als Wolf etwas doof werden, aber eventuell könnte ich als Hund durchgehen. … Unwahrscheinlich. Kapitel 72 ---------- Wochenende! Endlich. Und wir waren mal nicht verhindert. Mit meinem Bruder neben mir jagte ich durch den Wald, die Bewegung und die frische Luft genießend. Auf den letzten Metern beschleunigte ich noch einmal und brach als Erster durch die Baumreihe und stand auf der Lichtung. “Schneeflocke! Guten Morgen!” Sofort sprang der weiße Wolf von seinem Beobachtungsposten und kam auf uns zu, dabei die Schnauze zur Seite legend. “Alpha Himmelsauge. Blutträne. Es ist schön, euch wieder zu sehen.” “Ich war doch erst vor zwei Tagen hier.” Dabei stieß ich ihn an. “Aber als Zweibeiner. Und euer Bruder war schon einen Mond nicht mehr hier.” Scath zog schuldbewusst den Kopf ein. “Ich verbringe halt so viel Zeit wie möglich mit meiner Partnerin.” Schneeflocke gab ein Geräusch von sich, welches mal fast schon als Glucksen bezeichnen konnte. “Bring sie doch mit.” Kopfschüttelnd machte ich mich auf den Weg zur Höhle. Ich musste mich ducken, um den Kopf reinstecken zu können. “Jemand zu Hause?” Schnell zog ich mich wieder zurück. Das war auch gut so. Denn nur Sekunden später ertönte ein mehrstimmiges “Alpha!” und schon wurde ich fast umgerannt. “Umpf.” Eine Wölfin war doch geradewegs in mich rein gekracht. “Jasminblüte! Obacht! Du bist kein Welpe mehr!” “Tut mir leid Alpha.” Dass sie sich unterwürfig auf den Rücken drehte, konnte ich nicht verhindern. Das war eben das Verhalten der Wölfe. Alles, was ich tun konnte war, meine Schnauze an der Ihren zu reiben und so die Entschuldigung anzunehmen. “Es tut mir leid Alpha. Meine Tochter ist sehr ungestüm.” Ich drehte der Mutter den Kopf entgegen. “Wenn ich mich recht entsinne, sind das alle deine Welpen, Lilienblüte. Und du und Schneeflocke wart in dem Alter genauso.” Sofort ruckte Jasminblüte zu ihrer Mutter. “Ach so ist das!” Blutträne kugelte sich vor Lachen am Boden. Die Mutter sah mich missmutig an. “Vielen Dank auch.” “Immer wieder gerne.” Ich schüttelte amüsiert den Kopf. Ich war noch nie einer Mutter begegnet, die es mochte, wenn man ihre Eskapaden vor ihren Kindern erwähnte. Da waren Wölfe gar nicht anders, als alles was zwei Beine hatte. “Ich hoffe, du wirst daran denken, wenn du selbst Welpen erwachsen kriegen möchtest.” Das Rudel trat auseinander um eine alte Wölfin durch zu lassen. Sie lief schon sehr langsam und nahm bereits seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr an der Jagd teil. Aber wir alle schätzten ihre Erfahrung. Ich senkte meinen Kopf zur Seite um ihr meinen Respekt zu zeigen. “Sei gegrüßt, Sandschweif.” Sie stieß kurz unsere Schnauzen aneinander. “Sei gegrüßt, Himmelsauge.” Zum Glück konnten Wölfe nicht lachen. “Ich bezweifle, dass ich irgendwann meine Welpen vorstellen kann, da ich keine bekommen werde.” “Das erinnert mich daran, dass dein Bruder auch nie ein eigenes Rudel wollte. Trotzdem ist er seinem Weibchen seit über zwei Wintern treu.” Nur Bluttränes schwarzes Fell bewahrte ihn gerade davor, wie eine überreife Tomate zu leuchten. Und ich musste - auch wenn Wölfe es normalerweise nicht taten - grinsen. Da ich mir aber bewusst, war, dass ich gerade sehr aggressiv wirkte, zwang ich mich wieder zu einer nicht so menschlichen Gestik. Ich legte den Kopf schief und zuckte mit den Ohren. “Oh, das wäre nicht das Problem. Einen Partner habe ich mir schon ausgesucht.” Während mein Bruder fiepte, sah der Rest des Rudels mich mit großen Augen an. Sandschweif sprach aus, was alle dachten: “Du hast eine Partnerin?” “Fenris bewahre, Nein!” Habt ihr etwa gedacht, Tiere glaubten nicht an höhere Wesen? “Ich bin zwar durch das gleiche Rudelritual gefallen wie Blutträne und habe meinen Partner gefunden, aber ich habe nie ein Wort darüber verloren.” Wobei gefallen sehr treffend war. Immerhin lag ich am Ende in Ganons Armen. Scath hingegen hatte erst versucht zu fliegen, nachdem er Miriam aufgefangen hatte. “Und wo liegt das Problem mit Welpen?” “Neben sechs Wintern Altersunterschied?” Man konnte förmlich sehen, wie es bei ihnen anfing zu rattern. Sie überlegten hin und her, ob ich älter oder jünger war. Da sie aber auf keinen grünen Zweig kamen, bedeuteten sie mir, weiter zu erzählen. Und ich kam dem nach. “Zum Einen habe ich nicht vor, auch nur einen Miep zum diesem Thema zu sagen.” Ihre Einwürfe, würgte ich gleich ab. “Zum Zweiten: Selbst wenn wir wieder Erwarten ein Pärchen bilden sollten, kann ich trotzdem keine Welpen austragen.” Außer, ich könnte bis dahin meine Hände an das Triforce legen. Da es Tote wieder beleben konnte, müsste so etwas doch ein Kinderspiel sein. Das einzige Problem war, es war tierisch egoistisch. Man merkte, dass ich zu viel Zeit hatte, nicht? Andernfalls hätte ich mir so etwas nie überlegt. “Du hast dir ein anderes Männchen ausgesucht?” Womit bewiesen wäre, dass auch erwachsene Wölfe quietschen konnten. “Ja. Habe ich.” Das komplette Rudel starrte mich an. Schneeflocke bekam sich als Erster wieder ein. “Das ist so eine Zweibeiner-Sache, oder?” Ich gab einen belustigten Ton von mir. “Das stimmt. Obwohl… Ich habe letztens eine Erzählung gehabt, in der ging es um zwei Delphine.” “Wo hast du denn so etwas her?” “Das hat sich ein Mensch ausgedacht.” “War ja klar.” Ich fand es immer noch lustig, wie man Tiere mit menschlichem Verhalten regelrecht schocken konnte. Galt auch für die Gegenseite. Ein Stoß warf mich um. Da ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte, lag ich jetzt am Boden. “Lasst uns lieber spielen!” “Erdpfote!” Erinnerung 15 ------------- RUMS! “Autsch! Verdammt noch eins!” Sauer starrte ich auf das Holz vor meiner Schnauze. “Musst du Eibe ausgerechnet hier wachsen?” Die Blätter raschelten. “Lachst du mich aus?” Die Blätter raschelten lauter. Seufzend kämpfte ich mich wieder auf die Pfoten. Einen großen Bogen um den Baum machend, hielt ich auf den Tech zu. Durst. Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich die große Fee vor mir schweben. Ich legte den Kopf schief. “Morgen.” Sie kam näher, bis sie im Schneidersitz knapp über dem Wasser in der Luft hing. Dass ich dabei mehr Einblicke bekam, als auch mit allen Augen zudrücken akzeptabel wäre, interessierte sie nicht. “Guten Morgen Link.” Sie musterte mich kurz. “Die Bäume beschweren sich schon, weil du andauernd in sie rein läufst.” Ich verdrehte die Augen, so offensichtlich es mir möglich war. Seit drei - mir bewussten - Tagen steckte ich in diesem unbekannten Wolfskörper fest. Zwar hatte die Dame vor mir versucht, mich zurück zu verwandeln, aber irgendwann war ich entnervt abgehauen. Mittlerweile hatte ich mich mit der Tatsache angefreundet, nur mit den Beinen noch nicht. Immer wenn ich vergaß, nicht ans laufen zu denken, stolperte ich und fiel auf die Schnauze. Oder ich sah auf meine Pfoten und lief zielsicher gegen den nächsten Baum. Die Fee gluckste. “Man kann dir deine Gedanken förmlich ansehen.” “Absicht.” “Aber im Ernst.” Das sah man ihr allerdings nicht an. “Deine Vorräte sind aufgebraucht. Was willst du machen?” Ich legte den Kopf zurück und sah nach oben in das Loch. “Dann bleibt mir nur, zurück zu den Menschen zu gehen. Jagen kann ich nicht und ich fang garantiert nicht ausgerechnet jetzt an, einen auf Vegetarier zu machen.” Ich sah wieder zu ihr. “Aber warum erzähle ich dir das überhaupt? Du verstehst mich doch sowieso nicht.” Sie lächelte. “Ich gehe mal davon aus, dass du irgendwann erwähntest, von hier zu verschwinden.” Damit sie mich auch verstand, nickte ich einfach. "Gut. Denn ich möchte ehrlich gesagt nicht, dass du mir hier irgendetwas totes anschleppst." "Wo mir immer noch die Fähigkeit der Jagd fehlt." "Irgendwie werde ich dich vermissen, Kleiner." Niemand mehr zum zuquatschen, hm? "Aber du kannst jederzeit wieder mal vorbei schauen." Ich nickte, stand auf und stieß sie dankbar an. Dass ich mir nasse Pfoten holte, nahm ich einfach hin. "Pass bloß auf, dass du keine Welpen anschleppst. Wer weiß, wie die dann aussehen." Ich schüttelte mich angewidert. "Alles nur das nicht." Sie gluckste und grinste vergnügt. "Du machst das schon." Ich bellte fröhlich und merkte wieder einmal, wie sich mein Schweif verselbstständigte. Wenn ich mal einen echten Wolf traf, musste ich unbedingt fragen, ob das normal war. Ich drehte mich um und lief durch die Bäume zum Höhlenausgang. Dort lag auch meine Tasche, die ich sofort an mich nahm. Sie war zwar mittlerweile leer, aber dass war der einzige Beweis, dass ich wirklich ich war. Der Gang an die Oberfläche schien viel weiter, als noch vor ein paar Tagen. Könnte aber auch daran liegen, dass ich zweimal den Boden und einmal die Wand küsste. Endlich wieder Sonne! "Hatschi!" Was zum? Ich schüttelte mich. Das letzte Mal, als ich wegen der Sonne niesen musste, kam ich frisch aus dem Schattentempel. Und ganz Kakariko fragte sich, wie mal den ganzen Tag in der prallen Sonne liegen konnte, ohne sich zu rühren. Die Wärme auf meinem Fell tat richtig gut. Ich setzte mich wieder in Bewegung, immer den Berg hinab. Nach ein paar Minuten warf ich jede Vorsicht über Bord und fing an zu rennen. Der Wind im Fell fühlte sich super an. Das hatte ich vermisst. Kurz vor dem Wald wurde ich langsamer. Wo lag noch mal das Dorf? Ohne nachzudenken, drückte ich die Schnauze ins Gras und fing an, hin und her zu laufen. Zu meiner vollsten Verwunderung fand ich eine Spur, der ich folgte. In dem Moment, wo ich mich über mein Verhalten wunderte, stolperte ich über meine eigenen Pfoten und landete im Moos. O.K. Link. Ruhe bewahren. Ich sollte wirklich anfangen, auf die Fee zu hören und meine Instinkte die Kontrolle übernehmen lassen. So sprang ich wieder auf und folgte meiner eigenen Spur. Das funktionierte so lange, wie ich mein Gehirn nicht einschaltete. Laute Stimmen ließen mich langsamer werden und schließlich verließ ich den Weg. Ich kam an einem Gatter aus dem Wald, in welchem Schafe, Ziegen und ein Pferd - Epona - grasten. Meine Tasche schob ich unter einen Busch. Mein Gefühl sagte mir, dass sie mich jetzt nur behindern würde. Um einen besseren Überblick zu haben, stellte ich mich mit Mühe auf die Hinterläufe und stützte mich am obersten Brett des Gatters ab. Das war gar nicht so leicht, wie es sich anhörte. Von diesem erhöhten Standpunkt aus konnte ich ganz gut über die Woll- und Milchlieferanten gucken. "Epona!" Meine Instinkte übernahmen wieder. Ich sprang durch ein Loch im Gatter und jagte quer über die Wiese. Dass die Pflanzenfresser geschockt Reißaus nahmen, bemerkte ich nur am Rande. Jetzt musste ich erst einmal meiner Freundin helfen. Ein Mann, den ich noch nie gesehen hatte, hatte ein Seil um Eponas Hals geschlungen und zerrte daran herum. Sie wehrte sich natürlich und stieg immer wieder empor. Aber der Mann war zu kräftig, als dass sie sich einfach los reißen konnte. Als ich nahe genug war, sprang ich ihn von der Seite an und versuchte, ihn in den Arm zu beißen. Doch kaum hatte ich ihm ein paar Kratzer zugefügt, traf mich seine Faust frontal und schleuderte mich weg. Autsch. Bevor der Schmerz überhand nehmen konnte, sprang ich wieder auf die Pfoten und knurrte ihn an. Der Schreck schien gereicht zu haben, denn Epona war frei und hatte mehrere Meter zwischen sich und den Pferdedieb gebracht. Dafür sah sie mich jetzt an, als ob ich eine Erscheinung wäre. Nur leider handelten die Dorfbewohner ebenso. Der nun verletzte zog unterdessen sein Schwert und kam damit auf mich zu. "Du verdammtes Mistvieh! Ich zieh dir das Fell über die Ohren und mach mir einen Bettvorleger daraus." Iiih... Meiner Meinung nach etwas zu zeitig wich ich dem Stahl aus, aber schätzt das mal mit nur einem Auge ab. Gleich darauf sprang ich ihm wieder an den Arm. Diesmal erwischte ich ihn und ich spürte mehr, als dass ich es hörte, wie seine Knochen unter meinem Kiefer zerbrachen. Seinen Schrei musste noch die große Fee in ihrer Berghöhle hören und erinnerte mich unschön an diese wandernden Leichen während des Zeitenkrieges. Vor Schreck ließ ich von ihm ab und sprang zurück. Würde er mir gleich... Nein, würde er nicht. Er sackte nur zusammen, hielt sich den Arm und heulte Rotz und Wasser. Wenn er nicht zufällig einen guten Heiler kannte und zusätzlich ein dutzend Feen, dann würde er den Arm nie wieder verwenden können. Seine Schuld, was hatte er seine Hände auch an Epona gelegt? Um den würde ich mich nicht mehr kümmern müssen. Stattdessen wandte ich mich dem Rest der gut gekleideten Edelmänner zu. Einer von denen saß auf einem weißen Pferd und hatte goldene Ohrringe. Adelig? Mir stellten sich die Nackenhaare auf, als ich die Angst des Hengstes roch. Und die Angst war nicht auf mich gerichtet. "Ihr!" Er drehte sich zu den Dorfbewohnern. "Nicht nur, dass ihr eure Steuern nicht zahlt! Jetzt hetzt ihr auch noch ein Monster auf uns!" "Steuern?" Pias Vater schrie zurück. "Du Arsch! Beschütz uns, wie versprochen und wir zahlen! Aber ohne Tat kein..." Einer der Hochwohlgeborenen hatte ihn geschlagen und ihn so zum Schweigen gebracht. Ich knurrte. "Wag es nicht." Ein Weiterer zog sein Schwert und kam auf mich zu. Ein Zweiter kam von rechts, ein Dritter von links. Ich hatte so was von keinen Bock! Aber ein Problem. Drei Seiten Angriff und ich würde sehr wahrscheinlich in mindestens ein Schwert laufen. Tolle Aussichten. Jetzt vermisste ich das erste Mal wirklich meine Arme. Denn meine Wirbelattacke... Klirr! Was bei Farore hatte ich getan? Ich hatte die drei Männer allen Ernstes mit einer Wirbelattacke entwaffnet. Als Wolf! Hui. "Was..." Alle drei Männer starrten mich entgeistert an, bevor sie schlagartig Reißaus nahmen. Sobald ich freie Bahn hatte, stürmte ich los. Schnell bellte ich dem Schimmel noch "Halt still!" zu. Ich musste mich durch mehrere Beinpaare schlängeln, bis ich bei dem Reiter war. Ich schlüpfte unter den Bauch des Tieres. Ein Blick und ich hatte die Schnalle zur Befestigung des Sattels gefunden. Obwohl ich mich bemühte vorsichtig zu sein, kratzten meine Zähne an der Haut des Pferdes während ich die Schnalle abriss. Gleich darauf machte ich, dass ich weg kam und kläffte laut, um das Tier zu erschrecken. Sofort stieg der Hengst hoch und schmiss seinen Reiter runter. Der Schrei lenkte die Andern lange genug ab, damit die Dorfbewohner sich gefahrlos bewegen konnten und somit die Edelleute überwältigten. Und ich verschwand lieber. Also ab auf die Weide. Ein paar Meter vom Gatter entfernt ließ ich mich auf den Rasen fallen. Das sah sehr interessant aus. Ein Schatten näherte sich mir. Fragend sah ich auf, genau zu Epona. Sie wirkte angespannt, was bei einem Wolf keine Kunst war. "Sag mal, Link, was hast du jetzt schon wieder angestellt?" Ich legte den Kopf schief. "Das frage ich mich seit Tagen und habe immer noch keine Antwort." Meine Ohren zuckten wie verrückt. "Wie hast du mich erkannt?" "Na hör mal! Wie lange kennen wir uns schon?" "Auch wieder wahr." Kurz sah ich zu dem Getümmel, aber die Dorfbewohner schienen meine Hilfe nicht zu brauchen. So stemmte ich mich in die Höhe, streckte meine Knochen und drehte mich zu meiner Freundin. "Halt mal still." Sie hörte zur Abwechslung auf mich. Vorsichtig griff ich nach dem Seil um ihren Hals und zog es ihr über den Kopf. Sofort schüttelte sie sich. "Endlich bin ich das Ding los." "Gern geschehen." Und schon fing ich an, das Lasso zu zerkauen - warum auch immer. Epona sah mich an, als ob ich jetzt voll einen an der Klatsche hatte. Könnte ich unterschreiben, wenn ich noch schreiben könnte. "Du benimmst dich wie ein Hund." "Wolf." Schon biss ich wieder in das Seil. Nach einer Weile spürte ich wieder einmal, wie mein Schweif hin und her schwang. Super... Dass der Lärm immer weniger wurde, bemerkte ich nur am Rande. Dafür schlugen die starrenden Blicke ein wie eine Bombe. Das Seil immer noch im Maul drehte ich mich zum Gatter. Pia stand dort, mit Remus an ihrer Seite. Während der Heiler das Mädchen fest hielt, sah er mich an als ob er meine Gedanken lesen wollte. Ich ging mal spontan davon aus, dass es ihm nicht gelang. Wahrscheinlich dachte er, ich hätte irgendeine Krankheit, was bei meinem ungewöhnlichem Verhalten naheliegend war. Also hoch die müden Knochen! So trabte ich - die Blicke in meinem Rücken - wieder in den Wald. Dort musste dich erst einmal einen Marder von meiner Tasche verscheuchen, bevor ich sie an mich nahm und zurück kehrte. Als ich wieder nahe genug war, sah ich wie Pia sich geschockt entfernte. Sie hatte die Tasche erkannt. Remus hingegen schien nicht zu wissen, was er denken sollte. So blieb ich in der Nähe von Epona sitzen. Wer wusste schon, ob sich die Menschen vielleicht von mir angegriffen fühlten. Remus sah zwischen uns Vierbeinern hin und her. Dann fiel sein Blick auf das Seil, welches immer noch in meinem Maul hing. Vergiss nicht zu blinzeln, o.K? Er schüttelte sich, bevor er das Gatter überwandt und auf mich zu trat. Vor mir ging er in die Knie und nahm die Tasche an sich. Während er den Inhalt durchsah, bearbeitete ich weiter das Seil. Irgendwie musste ich es doch kaputt kriegen. Einer der Dorfbewohner rief vom Gatter her. "He Remus! Was ist los?" Er hob einfach nur meine Tasche an. "Die gehört doch Link!" Er sprang über den Zaun und rannte auf uns zu. "Was ist passiert?" Ich sah ihn kurz sauer an. Was schrie der so laut? Mittlerweile war auch das komplette Dorf auf mich aufmerksam geworden. Freude. Von der Frage was mit mir passiert war, über war machen wir mir diesen idiotischen Adelskindern bis hin zu was macht eigentlich ein Wolf hier? Der hat uns gerettet, die Tasche wieder gebracht und ne Verletzung. Ah, gut. Wo ist meine Tochter? Wenn die Sechsjährige gemeint war, die saß neben mir und streichelte mir durchs Fell. Dabei konnte ich sagen, mein Fall war das nicht. Am liebsten hätte ich sie weggescheucht, aber sie war ein Kind. Außerdem konnte ich dann nicht als zahm durchgehen. "Willst du jetzt Haustier spielen?" "War.." Ich spuckte erst einmal das Seil aus, bevor ich noch einmal ansetzte. "Warum nicht? Was Besseres fällt mir nicht ein. Dir?" "Nicht wirklich." Epona sah mich noch kurz an, "Ist vielleicht besser so." dann begann sie zu grasen. Das komplette Dorf starrte sie an. Da stand ernsthaft ein Pferd seelenruhig neben einem Wolf und futterte. Und zu allem Überfluss wurde besagter Fleischfresser von einer Sechsjährigen missbraucht. Wie bei Naryu sollte ich jemals wieder Ordnung in mein Fell bekommen? "Ich glaube, das Tier ist zahm." "Ach nee." Ein Schatten neben mir ließ mich aufsehen. Remus hatte sich zu mir gekniet und musterte mich. Er runzelte die Stirn und griff nach meinem Ohr. "Hey!" Ich versuchte, mich zu befreien - erfolglos. "Lass meine Ohrringe in Ruhe!" "Was hast du da Remus?" Und er musste seine Entdeckung natürlich sofort rum zeigen. "Gehören die nicht Link?" "Wo kommen die denn her?" Remus sah zu Epona, dann wieder zu mir. Nach und nach wurden einige Dorfbewohner auf dieses seltsame Verhalten aufmerksam. "Ich schätze mal, Remus glaubt, dass der Wolf auch zu Link gehört." "Erklärt, warum das Tier sich so gut gegen ein Schwert wehren kann." "Aber nicht, warum er es nie erwähnt hat." Nur knapp konnte ich mir ein Augenrollen verkneifen. Das wäre aufgefallen. Also blieb mir nur aufzustehen, das Kind und Remus abzuschütteln, um mich unter Eponas Bauch zusammen zu rollen. "Missbrauchst du mich jetzt als Schutzschild?" "Hab ja keinen Anderen." "Ein schöner Reiter bist du mir." "Momentan liege ich unter dir. Und ob ich noch einmal auf deinem Rücken sitze, bleibt abzuwarten." "Na hoffentlich. Ansonsten streike ich." Ich sollte aufhören, ihr Worte beizubringen. "Und was machen wir jetzt mit ihnen?" Meine Augen wanderten wieder zu den Dorfbewohnern. Was hatten die denn jetzt vor? "Also lassen wir die Tiere in Frieden und warten ab?" Verhaltenes aber einheitliches Nicken. Auch gut. Werde ich halt Wachwolf. Kapitel 73 ---------- Mit dem Kopf auf dem Tisch liegend, hielt ich mir die Ohren zu. Will nicht. “Link, benimm dich.” Hör dich nicht. Seh dich nicht. Lass mich in Ruhe. “Scath. Weck mal deinen Bruder.” “Das können Sie auch selbst machen.” “Ich habe das unschöne Verlangen, ihm eine rein zu hauen. Nur leider darf ich das als eure Lehrerin nicht.” “Ich petzte nicht!” Schon lachte unsere Klasse. Tatsächlich kollidierte nur Sekunden später eine Faust mit meinem Schädel. Wenn unsere Klassenlehrerin jetzt schon gewalttätig wurde, sollte ich ihr wohl doch meine Aufmerksamkeit schenken. “Ne endlich. Du tust ja so, als ob dein Zeugnis etwas schlimmes wäre.” “Ich fall doch sowieso durch. Also warum sollte ich mir dann noch ihre Standpauke anhören?” Sie blinzelte kurz. “Du bist dir sicher dabei, hm?” “Da ich durch vier Fächer geflogen bin, ja.” Lonley besah sich den Zettel, der mein Zeugnis darstellen sollte. “Also ich finde hier nur ein Fach.” Ich sprang fast auf. “Wie jetzt?” “Du bist glatt in Mathe durchgerasselt, aber ansonsten… Gut, deine Integrationsnote könnte besser sein.” Mir stand der Mund offen, als ich sie anstarrte. “Wie das?” Sie holte ihre Notizen hervor und besah sie sich. “Du hast in der Prüfung einiges an Zusatzwissen gehabt. Das hat dich gerettet.” “Naturwissenschaften?” “Ebenfalls. Oh, und deine Antwort zur Strömungslehre hat viele Zusatzpunkte gebracht.” Unsere Lehrerin sah mich an. “in Geschichte hast du auch einige Sachen zusätzlich gewusst.” Ich starrte sie immer noch an. “Was ist mit Hyrulanisch?” “Frau Tanki sagte, du kannst gute Texte verfassen. Wenn man sie erst einmal entziffert hat.” Das war mir zu hoch. Ich hätte durchfallen müssen. Klipp und klar. “Außerdem hast du drei Fächer mit Auszeichnung bestanden. Das gleicht sich wieder aus.” “Ritterkunst und was noch?” Ich runzelte die Stirn. Irgendetwas lief hier komplett schief. “Magie und Geschichte.” Vor allem Letzteres schien sie irgendwie zu freuen. “In Geographie bist du ganz knapp vorbei geschrammt. Aber nur, weil Herr Lexus nicht durch deinen Aufbau des Todeskraters durchgestiegen ist.” Wahrscheinlich hatte ich irgendwie die Zeitebenen durcheinander gebracht. Was auch erklärte, warum ich mit dieser Aufgabe einfach nicht fertig geworden war. Kopfschüttelnd ließ ich mich in den Stuhl zurück fallen. Hilfe! Frau Lonley legte mir mein Zeugnis auf den Platz, bevor sie sich dem nächsten Schüler zuwandte. Sofort krallte ich mir den Zettel, drehte ihn um und starrte drauf. Tatsächlich. Ich wurde versetzt. Warum? Bei den Bemerkungen stand noch was. ´Bardentum: Interpretation durchgefallen.´ Was kein Wunder war, denn ich weigerte mich immer noch, bei diesem Blödsinn überhaupt mitzumachen. ´Allgemein: Verbessere dein Schriftbild!´ Noch Sonderwünsche? Und in einer anderen, kräftigeren Handschrift war noch schief drunter geschrieben: ´Lass deine Schrift in Ruhe. Konzentriere dich auf deine Talente. G.´ G? Doch nicht etwa Gerodu? Also dem Rat würde ich mit Freuden folgen. Ich drehte mich zu Scath um und zeigte ihm die Bemerkungen. Erst runzelte er die Stirn, bis er plötzlich lat lachte. Dadurch sahen wieder alle zu uns. Es ging so weit, dass Frau Lonley wieder herüber kam. “Was ist los?” Ich sah grinsend auf. “Sie schreiben doch die Anmerkungen unter die Zeugnisse, oder?” “Natürlich. Das ist meine Aufgabe als Klassenlehrerin.” “Ah. Gut.” Ich drehte das Blatt um, damit sie die andere Schrift nicht sah. Das brauchte sie nicht zu wissen. Ihrer Antwort nach hatte sie den Zusatz nicht gesehen. Also musste dieser eben noch unsichtbar gewesen sein. War Ganon sich bewusst, dass es ihm ernste Probleme bringen konnte? Also ich würde nichts sagen. Aber trotzdem. Erinnerung 16 ------------- “Hey! Pass doch auf!” Ich funkelte den alten Mann an und wünschte mir, er würde tot umfallen. Er tat mir den Gefallen leider nicht, stattdessen drehte er sich plötzlich um und rannte - oder versuchte es zumindest. Schnaubend wandte ich mich wieder ab und drängte mich weiter durch die Menschenmenge. Zu meinem Glück erkannte mich niemand, oder zumindest sprach mich niemand an. Eigentlich hatte ich hier nichts zu suchen. Wenn mein Onkel das herausbekommen sollte, würde meine geprellte Rippe sehr wahrscheinlich brechen. Vorausgesetzt, dieses lahme Etwas erwischte mich. Aber jetzt hatte ich eine Mission! Ein buntes Zelt kam in mein Sichtfeld. Genau da wollte ich hin. Einem vorbeieilenden Wächter brachte ich zum stolpern. Die dadurch entstandene Verwirrung nutzend, entkam ich der Menge und erreichte mein Ziel. Tief durchatmend trat ich zum Eingang und hob eine Hand um zu klopfen. Kurz bevor ich die Holzstütze berühren konnte, ertönte von innen eine weiche Stimme. “Komm herein, Junge.” Also gut. Ich schob mehrere Stofflagen zur Seite und trat in das Zelt ein. “Guten Morgen.” “Guten Morgen. Komm nur näher.” Ich tat wie mir gehießen. Als die Stoffe den Eingang wieder verhüllten, erwartete ich im Dunkeln zu stehen. Aber weit gefehlt. Irgendwas begann zu leuchten und beschien einen niedrigen Tisch um den mehrere Kissen lagen. Es saß niemand dort. Ich trat an den Rand eines großen Teppichs und wusste nicht weiter. “Setzt dich.” Die Stimme kam von rechts, aber in der Finsternis konnte ich nichts erkennen. Also folgte ich der Anweisung, wenn auch widerwillig. Ich schlüpfte schnell aus meinen Stiefeln und spürte den flauschigen Teppich unter meinen Füßen. Der Versuchung nachgebend beugte ich mich herunter und strich über den weichen Stoff. Fast wie ein Fuchsfell. Langsam ließ ich mich auf einem der größeren Kissen nieder. Meine Rippe machte mir Probleme und würde es wahrscheinlich noch ein ganzes Weilchen. Tap tap. Eine Frau trat vor mich, stellte einen Flakon auf den Tisch und setzte sich mir gegenüber hin. “Trink. Es wird dir gut tun.” Ihre Stimme war leicht einschläfernd. Der Flakon war geschliffen als ob er aus Kristall war. Zumindest war er nicht aus Glas. Der rote Inhalt schien von innen heraus zu leuchten. Vorsichtig stellte ich die garantiert magische Substanz zurück auf den Tisch. “Danke. Aber ich benötige so etwas nicht.” “”Weißt du überhaupt, was das ist?” “Ja. Es handelt sich um einen Heiltrank.” “Das ist richtig.” Sie legte den Kopf etwas schief um mich zu mustern. Dabei fiel ihr silbernes Haar über ihre Schultern. “Doch sage mir, wer - wenn nicht du - benötigt momentan etwas zur Heilung? Vor allem wenn die Verletzungen nicht für dich bestimmt waren.” Ich fragte gar nicht erst, woher sie das wusste. Tatsächlich hatte ich gestern Abend eine Sechsjährige meines Standes versteckt und dafür von ihren Peinigern einiges an Gewalt eingesteckt. Aber als ich mich nicht wehrte, wurde es ihnen schnell langweilig. “Ich hatte schon schlimmere Verletzungen und habe sie auch überlebt.” “Deinem Körper würde etwas Hilfe sicher gut tun.” “Trotzdem kann ich es mir nicht leisten.” Jetzt lachte sie. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, was so witzig gewesen war. Es dauerte etwas, bis sie sich wieder beruhigt hatte. “Ich verlange nichts dafür. Sieh es als Dank, dass du mich mit Ehre behandelst.” Ehre? Häh? “Deine Landsleute stürmen für gewöhnlich in unsere Zelte, lassen keinen Ton eines Grußes verlauten und treten mit ihren teilweise sehr schmutzigen Schuhen auf unsere Teppiche.” Dabei strich sie schon fast liebenswürdig über die weiche Unterlage. Die gut erzogene Oberschicht. Mir blieb also fast nichts anderes übrig, als diesen Trunk zu mir zu nehmen. Andernfalls würde ich sie beleidigen. Ich griff also wieder einmal nach dem Flakon, öffnete ihn und roch dran. Ein fruchtiger Geruch kam mir entgegen. Also runter damit. Im ersten Moment schüttelte ich mich. War das süß. Im zweiten Moment merkte ich, wie mir warm wurde. Ich konnte förmlich spüren, wie einige Prellungen zurück gingen und meine rechte Schulter sich wieder richtig einrenkte. Der schönste Moment war, wenn der Schmerz nachlässt. Immer noch die Schulter reibend, sah ich leicht gequält zu der Frau. “Danke.” Schon wieder lachte sie. Ich hingegen grummelte. Das war doch nicht lustig. “Tut mir leid.” Sie zwang sich förmlich zur Ruhe. “Aber ich finde deine Ehrlichkeit einfach erfrischend.” Dazu sagte ich lieber nichts. Sie griff nach einer Kanne auf dem Tisch - stand die schon die ganze Zeit da? - und goss zwei Tassen ein. Eine schob sie mir zu. “Also, womit kann ich dir helfen?” Jetzt wurde ich etwas nervös. “Ich… ähm… also…” “Na spuck es schon aus. Ich beiße nicht.” Ich atmete noch mal tief durch. “Es geht um einen Namen. Ich habe ihn früher schon mal gehört, aber ich weiß nicht wann und wo oder in welchem Zusammenhang.” “Um wen geht es?” “Amparo.” Kurz und knackig. Sie stockte in ihrer Bewegung. Man konnte ihren Gesichtsausdruck getrost als geschockt bezeichnen. Betont langsam stellte sie ihre Tasse ab. “Amparo?” Ich nickte. “Ja.” Was hatte ich angestellt? Sie starrte mich an. “Kannst du mir sagen, wie diese Person aussieht?” “Er ist groß, dunkelhäutig und sein Haar ist feuerrot.” Bei näherer Betrachtung hinkte diese Beschreibung wahnsinnig. Sie gluckste und besah sich ein Pergament - hier schienen regelmäßig Sachen aus dem Nichts aufzutauchen. “Kann es sein, dass sein Haar aus Flammen gemacht ist und er selbst aus schwarzen Schuppen besteht?” Ertappt zuckte ich zusammen. “…ja.” Grinsend gab sie mir ein Pergament. “Ist er das?” Tatsächlich prangte hier eine Zeichnung von diesem nervigen Etwas. “Ja, das ist er.” Ich reichte ihr das Blatt zurück. “Also gut.” Sie griff wieder nach ihrer Tasse. “Was konkret möchtest du wissen?” Ich verkrampfte mich etwas. Eigentlich war es nicht richtig, was ich hier tat. “Wer, oder eher was, ist er?” “Hm…” Sie überlegte kurz. “Um dir diese Frage beantworten zu dürfen, muss ich erst noch ein paar Dinge wissen. Sicherheitshalber.” Ich nickte. Es war von vornherein klar, dass sie nicht einfach mit der Sprache rausrücken würde. “Gut. Wie oft bist du ihm schon begegnet?” Ich runzelte nachdenklich die Stirn. “Viermal? Ehrlich gesagt, keine Ahnung.” “Wo hast du ihn getroffen?” “Im Wald. Immer an der gleichen Stelle. Nach dem ersten Mal hat er mich gesucht.” Jetzt sah sie mich fragend an. “Meinst du das Ernst?” Ich nickte. “Vorgestern meinte er zu mir, ich sei anscheinend immer dort.” “Gut.” Wieder sah sie auf ihre Tasse. “Wem hast du schon von deiner Begegnung mit ihm erzählt?” “Meinem Vater.” Ich schloss mich dem Tassenstarren an. “Oder eher seinem Grabstein.” “Hm.” Sie lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und sah mich dabei an. Das ging mehrere Minuten so, bis sie urplötzlich nickte. “Ja, ich denke, es wird in Ordnung sein.” “Was?” Ich verstand gerade nicht, was gerade los war. “Bei dem, was du mir gerade erzählt hast, kann ich davon ausgehen, dass du das Wissen nicht gegen ihn verwenden wirst.” “Warum? War ein Wahrheitsserum im Tee?” “Ja.” Knallhart. Ich schluckte. Das war doch nicht etwa ihr Ernst, oder? “Doch, das meine ich so. Und nein, ich kann keine Gedanken lesen.” … Toll… Ich hatte trotzdem eine Frage. “Ist das, um eure Zunft abzusichern?” Sie gluckste. “Da hast du recht. Wir Geschichtenerzähler haben in der Vergangenheit zu oft den Falschen etwas erzählt. Das prägt auch jetzt noch unsere Handlungen.” Ich nickte. Das Unterjubeln des Serums hatte ich ihr schon längst wieder verziehen. “Also gut. Amparo.” Sie sah wieder auf die Zeichnung. “Was weißt du über Hylia?” Ich dachte kurz nach. “Schutzgöttin der Hylianer. Und irgendwas mit dem Triforce.” “Sie ist die Beschützerin des heiligen Dreiecks.” “Ja stimmt. Aber was hat das mit ihm…” ich deutete auf die Zeichnung “…zu tun?” “Viel.” Sie setzte sich anders hin. “Er ist Hylias Gegenstück.” “Ich verstehe nicht.” “Dafür bin ich ja da. Hylia achtet darauf, dass niemand etwas Böses mit dem Triforce tut.” Ich nickte. “Klar soweit.” “Gut. Und wer passt auf, dass niemand etwas Gutes tut?” Ich stockte mitten in der Bewegung. Ja, wer eigentlich? Das war eine gute Frage. “Keine Ahnung.” “Es ist dein Freund.” Damit deutete sie wieder auf die Zeichnung. Ich starrte das Bild mehrere Minuten an, während ich gedanklich zusammen fasste. Dieses nervige Echsen-Vieh war keine Ausgeburt meines Geistes. Es war ein bekanntes Schuppengesicht. Und mächtig. Warte mal… “Er ist ein Gott?” Himmel! Nein! “Jap.” Sie grinste mich an. “Du quietscht.” “Er ist ein Gott?” Zu meiner vollen Entrüstung, lachte sie auch noch. Schei… “Er ist ein Gott!” Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. “Ich bin so was von tot.” Endlich hörte sie auf zu lachen. “Wie jetzt?” Aber ich war in Selbstmitleid gefangen. Er würde mich umbringen. Langsam. “Hey, was hast du?” Sie stieß mich an. Ich schreckte hoch. “Ich bin tot!” “Warum denn das?” “Ich habe ihn angeschrien! Ich bin tot!” “Ach was.” Sie wank ab. “Dann hätte er dich gleich getötet.” Das Argument hatte was. Ich sah sie an und zuckte mit den Schultern. Sie sah mich aufmunternd an. “Ja, ist doch so. Ich bin mir sicher, dass er irgendwas an dir mag. Ansonsten… na ja.” Jetzt stutze ich. Da sie das gerade erwähnte… Ich fingerte nach dem Lederband um meinen Hals und zog es hervor. Dort hatte ich die Taschenuhr befestigt, damit sie mir niemand abnehmen konnte. Sie pfiff anerkennend. “Die ist wunderschön. Wo hast du die her?” “Von Amparo. Er hat sie mir gegeben, als er mir zeigen wollte, wie man eine Uhr liest. “Er wollte dir etwas beibringen?” Jetzt quietschte sie aber. “Ähm… ja?” “Bevor oder nachdem du ihn angeschrien hast?” Ich blinzelte kurz. “Nachdem.” Ich legte den Kopf überlegend schief. “Dabei erwähnte ich in einem Nebensatz, dass ich zwar keine Uhr lesen kann, aber wenn es dunkel ist, sei es Nachts.” “Und du machst dir Sorgen, dass er dich killt.” Sie schüttelte den Kopf. “Sachen gibt´s.” “Warum sollte ich mir keine Sorgen machen?” “Deswegen.” Damit deutete sie auf die Uhr. “Er würde dir nichts geben oder sich um dich kümmern, wenn du ihn nicht irgendwie beeindruckt hättest.” “Die Füchse…” Was anderes konnte ich mir nicht vorstellen. “Füchse?” Ich überforderte sie. “Unsere erste Begegnung endete damit, dass ich mit erhobenem Schwert ein Paar Füchse verteidigt habe.” “Das ist in der Tat beeindruckend.” “Meinen Sie?” “Ja.” Sie blickte wieder auf die Zeichnung. Die meisten ach so muteigen Krieger deines Volkes wären bei seinem bloßen Anblick in eine Schockstarre gefallen. Oder gleich an einem Herzkasper gestorben.” Auch ich sah wieder auf das Bild. “Also so schlimm sieht er nun auch wieder nicht aus. Und wenn er gute Laune hat, ist er gar nicht furchteinflößend.” Sie lachte wieder, nur dauerte es dieses Mal nicht so lange. Immer noch amüsiert sprach sie weiter. “Behalte es dir bei. Ich bin mir sicher, er wird noch viel Zeit mit dir verbringen.” Ich nickte. “Wie soll ich ihn behandeln? Ich meine…” Eine Hand auf der Meinen ließ mich aufsehen. “Behandele ihn weiter so. Aber beim Triforce, rede mit ihm, dass du Informationen über ihn eingeholt hast.” Erneut nickte ich. “Versprochen. Das hatte ich sowieso vor.” “Dann ist ja gut. Also, womit kann ich dir sonst noch helfen?” “Danke. Das war alles und mehr als ich gehofft hatte zu erfahren.” Ich merkte, wie sich meine Mundwinkel von alleine hoben - ein seltsames Gefühl. “Danke.” “Wenn doch nur jeder Zehnte wie du wäre.” Das Lob war mir persönlich sehr peinlich, weshalb ich den Kopf von ihr weg drehte. Die Kanne und die Tassen waren vom Tisch verschwunden. Wobei mich auch wunderte, wie viel Tee in so eine kleine Kanne passte. Eine Hand an meiner Wange ließ mich aufsehen. “Wenn ich mir etwas wünschen darf, dann dass du dein Glück finden wirst.” Ich starrte sie wortlos und mit offenem Mund an. Kapitel 74 ---------- Das Rauschen des Windes klang beruhigend in meinen Ohren. Vor allem, da ich mir erst vor Kurzem eine Standpauke von Oma abholen durfte. Sie war immer noch nicht begeistert, dass ich mit meinen Fähigkeiten einfach nicht hinterm Berg bleiben konnte. Wenn sie wüsste… Reon zog seelenruhig weite Kreise. Immer wieder flog er dabei über mich um nach dem Rechten zu sehen. Es ging mir auch relativ gut, wenn man außen vorließ, dass meine Beine über dem Abgrund baumelten. Und da ging es sehr weit runter. Meine alten Lehrer würden die totale Krise kriegen. Nicht, dass ich damals auf sie gehört hätte. Seufzend setzte ich mich auf und blickte auf das Wolkenmeer unter mir. Ich liebte diesen Ausblick. Midna hatte es nicht verstanden und war ängstlich abgehauen, als ich damals am Rand Kumulas stand und der Wind mir durch die Haare wehte. Jetzt hatte meine alte Heimat nicht mal mehr einen Namen, da schon seit Jahrtausenden niemand mehr hier wohnte. Das komplette Ökosystem basierte auf Insekten, und etliche der Pflanzen hier kannte ich nicht einmal, geschweige denn hatte ich in irgendwelchen Enzyklopädien gefunden. Ich ließ mich wieder rücklings ins Gras fallen. Die Luft hier oben war so herrlich sauber. Einer der vielen Gründe, warum ich das Leben im Wolkenhort vermisste. Wobei der Ausblick auch ein Großer war. Ein Schatten fiel auf mein Gesicht, weshalb ich mich grummelnd gezwungen sah, die Augen zu öffnen. “Reon? Was ist?” Mein roter Freund schwebte nur ein paar Meter von mir entfernt. “Auf der Hauptinsel ist gerade was gelandet.” Verwirrt stützte ich mich auf den Ellenbogen ab und machte dem in mir vorherrschenden Gefühl sehr geistreich Luft. “Häh?” Kurz war ich verwirrt, bis sich mein Gehirn stückchenweise wieder einschaltete. “Wer soll denn bitte hier her kommen? Es kennt doch niemand sonst den Weg… Hylia.” Schon lag ich wieder im Grünen. Fast sofort wurde das Master-Schwert warm und Phai erschien über mir. “Gebieter, seid ihr euch da sicher?” “Welche Seele, die sich eventuell erinnern könnte, hat die Möglichkeit durch die Wolkenbarriere zu dringen?” Schon verschwand sie wieder, also stimmte sie mir zu. Reon hingegen sah mich weiterhin an. “Was willst du machen?” “Warten. Wenn sie nicht hier her kommt, habe ich umsonst die Pferde scheu gemacht.” Außerdem hatte ich keine Lust, mich zu bewegen. “Auch wieder wahr.” Noch kurz sah Reon mich an, bevor er nach unten abtauchte. Ich machte das Beste aus der Situation. Ich verschränkte die Arme hinterm Kopf, gähnte laut und schloss die Augen. Was wären die Alternativen? Der Wind rauschte wieder gut hörbar durch das Gras. Es kam mir vor, als ob ich durch die allgemeinen Geräusche hier Schritte hören konnte. Könnte sein, hatte aber keine Lust, nach zu sehen. Also blieb ich liegen. “Link? Bist du das?” Alles, was von mir kam, war ein unverständliches Grummeln. Erneut fiel ein Schatten über mich. “Du bist es ja tatsächlich.” Knurrend öffnete ich ein Auge. “Geh mir aus der Sonne.” Tatsächlich ruckte sie wieder zurück, ließ sich aber nur Sekunden später neben mir fallen. “Wie kommst du denn hier her?” “Hab mir Flügel wachsen lassen und bin hergeflogen.” Ich drehte den Kopf zu ihr. “Wie sonst?” Reon schrie laut auf, als er über uns hinweg segelte. Zelda starrte kurz nach oben, bis sie wieder mürrisch zu mir sah. “Haha.” Und ich grinste sie an. Aber nur kurz: “Pass auf deine Stute auf. Viele der Pflanzen, die hier wachsen, sind einzigartig.” “Ich weiß. Hermes steht gut im Futter und wenn sie Hunger bekommt, bin ich ihre erste Anlaufstelle.” “Gut.” Damit schloss ich die Augen wieder. Zeldas Unbehagen spürte ich mehr als eindeutig, aber ich würde mich hüten sie darauf anzusprechen. Da musste sie jetzt alleine durch. “Hat dein Vogel dich her gebracht?” “Klar.” Mir war bewusst, warum sie das gefragt hatten. Wolkenhort, Kumula oder wie der Ort hier auch immer in der Vergangenheit hieß, gab es nicht mehr auf den Karten von Hyrule. In jedem Zeitalter legten die Bewohner dieses Ortes verschiedene Zaubereien zum Schutz auf die Luftinsel. Das begann mit Hylias Wolkenbarriere und wurde immer vielfältiger. Jetzt war es praktisch unmöglich, hier her zu kommen. Nur noch wer wusste wo Wolkenhort lag, konnte hier her finden. Theoretisch könnte mir Reon diesen Ort gezeigt haben. Aber Zelda konnte das von Hermes beim besten Willen nicht behaupten. Hieß: Zelda war Hylia. Beziehungsweise, sie wusste, dass sie mal Hylia gewesen war. Im Umkehrschluss wusste sie nicht, ob das auch auf mich zu traf. Nicht Hylia, sondern die Sache mit dem Erinnern. Und jetzt wusste sie nicht, ob und wie sie mich darauf ansprechen sollte. Mir schlich sich ein Grinsen auf die Lippen. Endlich wusste ich mal mehr, als die Trägerin des Triforce der Weisheit. Yeah! “Du wirkst glücklich.” “Wir haben Ferien.” Zur Unterstreichung meiner Worte streckte ich mich. “Hm…” Ihrem Ton entnahm ich, dass die Antwort ihr nicht gefiel. Und ich hatte nicht vor, etwas daran zu ändern. Kapitel 75 ---------- Kapitel 75 Gähnend streckte ich mich. Blinzelnd sah ich in die Sonne. Dem Stand im Zenit nach, musste ich drei bis vier Stunden geschlafen haben. Dass meine Beine noch immer über dem Abgrund baumelten, war mir dabei recht Schnurz. Einem Gefühl folgend, setzte ich mich auf und sah geradewegs nach unten. Reon und Hermes flogen dort herum. Ich legte den Kopf schief. Es schien eine Lehrstunde für den Pegasus zu sein. Sollten sie machen. Einen besseren Meister konnte die Stute gar nicht bekommen, denn niemand konnte Winde lesen wie ein Wolkenvogel. Leise Schritte ließen mich aufhorchen, aber nicht den Blick von den Flügelträgern nehmen. “Du bist ja wach.” Zelda erklang ernsthaft erstaunt. “Du bist ja noch da.” Ich stellte es einfach nur fest. Zelda trat neben mich und sah auch zu den zwei Tieren. “Ich finde es immer noch erstaunlich, dass die Zwei sich so gut verstehen.” “Tiere sind eben nicht so doof wie wir Zweibeiner. Sie denken sich nicht verschiedene Sprachen aus.” “Du musst es ja wissen, Wölfchen.” Stirnrunzelnd drehte ich den Kopf zu ihr. “Das -chen habe ich überhört. Scath und ich sind größer als alle Wölfe, denen wir bisher begegnet sind.” “Was ja nicht viele sein können.” “Du würdest staunen, wie viele dieser Tiere wandern. Manchmal sind es ganze Rudel.” Ich schüttelte den Kopf und stützte mich nach hinten auf den Ellenbogen am, um wieder nach oben sehen zu können. “Wie kommt es?” “Vertreibung durch Zweibeiner.” Ich schloss die Augen. In den Massen hatte es so was früher nicht gegeben. Kein Wunder, dass mich Flocke regelmäßig rausholte, um das Territorium zu verteidigen. Wo mir wiederum meine Größe zu Gute kam. Die wenigsten Wölfe legten sich freiwillig mit einem Koloss wie mir an. Da zählt nicht mal meine doch recht ungewöhnliche Fellfärbung rein. “Du starrst.” Schon sah Zelda wieder weg. “Dich kann man auch gar nicht überraschen.” In ihrer Stimme schwang starke Belustigung mit. Ich musste wieder grinsen. “Doch kann man. Aber nicht mit so einfachen Mitteln.” “Ist das eine Herausforderung?” Nur kurz sah ich ihr in die Augen, bevor ich wieder gen Himmel blickte. “Nein.” Ich würde mich hüten, eine Göttin herauszufordern. Dafür starrte sie mich jetzt aus dem Augenwinkel an. Ich ließ mich wieder nach hinten fallen, da ich keine Lust hatte, sie erneut anzusprechen. Es herrschte eine ganze Weile Stille, bis Zelda erneut ansetzte. “Du, Link…” “Nein.” Ich unterbrach sie lieber gleich. “Bitte?” “Nein.” Ich wiederholte mich. “Es sind Ferien. Ich habe keine Lust, mich zu bewegen. Also nein.” “Ich wollte doch nur…” Jetzt unterbrach sie sich selbst. “Ach egal.” Ein Augenlied auf Halbmast setzend, sah ich sie an. Die letzten beiden Worte hatte sie nur genuschelt, aber akustisch drangen sie doch zu mir durch. Nur war es kein Hyrulanisch. Meiner Meinung nach klang es wie die Sprache der Shiekah, von der ich leider gerade mal ein paar Grundlagen kannte. Zelda reagierte auf meinem Blick mit einem entschuldigenden Lächeln. “Sorry. Alte Familiensprache.” Klar doch. Das würde ich ihr nicht mal abnehmen, wenn bekannt wäre, wohin das alte Königsblut geflossen ist. Aber ich tat so, als ob ich ihr glaubte. Fast unmerklich entspannte sie sich. Aber etwas lag ihr immer noch auf dem Herzen. Ach verdammt. Ich setzte mich wieder auf, drehte mich zu Zelda und verschränkte die Arme vor der Brust. “Jetzt spuck es schon aus.” Damit wurde sie nervöser. Sie biss sich auf die Lippen, spielte mit dem Saum ihres Shirtes und ihre Augen schweiften über die Wolken. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie ihre Stimme leise klingen ließ. “Verstehst du mich?” Sie verwendete das Hyrulanisch der Ära der Weltmeere. “Warum sollte ich nicht?” Dabei griff ich tiefer in die Trickkiste und bediente mich der Ära des Himmels. Zelda ruckte hoch und starrte mich an. “Du erinnerst dich.” Ich legte den Kopf schief und sprang zu der ursprünglichen Version unserer Sprache. “Natürlich, Hylia.” “Du wusstest es.” Endlich hatten wir uns auf eine Sprache geeinigt. Dabei klang sie irgendwie verletzt. “Wissen?” Überlegend wackelte ich mit dem Kopf. “Wissen tue ich es seit heute. Vermutet habe ich es hingegen schon als wir uns kennen lernten.” “Was tat ich?” “Du sagtest, es habe bei dir vor einiger Zeit Klick gemacht und seit dem liefe es mit der Magie.” Ich musste schmunzeln, als ich an Rikos dämliches Gesicht dachte. “Das klang wie meine Ausreden für die absurden Dinge, die mir immer wieder passieren.” Zelda überlegte kurz, bevor sie antwortete. “Mir kam der Gedanke das erste Mal als ich erfuhr, dass du an den Göttinnen fest hältst.” “Natürlich.” Ich hatte immer fest an die Heiligen geglaubt. Mein Gefühl sagte mir, dass ich weder Erziehung noch Wissen brauchte, um daran fest zu hängen. “Dagegen hatte ich nach jeder Stunde bei Ganondorf praktisch die Sicherheit, dass du keinen Dunst hast.” Jetzt hatte sie mich. “Womit habe ich das verdient?” “Dein Verhalten. Ich hätte nicht gedacht, dass du mit jemandem so unbefangen umgehen kannst, der dich zwei Mal getötet hat.” Da ich die gleiche Diskussion schon mit Reon hatte, enthielt ich mich eines Kommentars. “Ehrlich gesagt, fand ich es auch so seltsam.” “Hm?” Was hatte ich dieses Mal angestellt? Zelda musste schmunzeln. “Du hast Ganondorf immer wieder beobachtet. Auch als wir alle bei euch waren oder während des lustigen Elternsprechtages. Dein Blick lag andauernd auf ihm.” Wo sie recht hatte… Mir war sehr wohl bewusst, dass ich in diesem Zusammenhang ein total abnormales Verhalten an den Tag legte. Auch wenn ich nach Möglichkeit versuchte, das nicht ausarten zu lassen. “Und ich kann dir versprechen, ich werde damit nicht aufhören.” “Warum?” “Weil ich nicht will.” Kurz sah Zelda mich an, bis sie den Kopf schüttelte. “Schon wieder.” Ich verdrehte die Augen. “Hylia, bitte. Si gewandt in der Sprache der Shiekah bin ich nun wieder auch nicht.” “Sorry.” Sie wurde wieder nervös. Doch diesmal fing sie sich relativ schnell wieder. “Ganz ehrlich?” Nur ein Nicken kam von mir. “Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen dass du in Ganondorf verknallt bist.” Ich verkrampfte mich regelrecht und musste mir ein aggressives Knurren verkneifen. Stattdessen holte ich bewusst tief Luft. “Ich sagte doch…” “Woher willst du es denn besser wissen?” Ich unterbrach mal wieder jemanden. “Bitte was?” “Ich habe dich gefragt, woher du wissen willst, dass ich den König der Diebe nicht liebe.” “Na, weil du…” Diesmal unterbrach sie sich selbst. “War das jetzt so gemeint, wie es sich anhörte?” “Weiß nicht.” Diesmal konnte ich mir das Knurren nicht mehr verkneifen. Zelda sah mich immer noch an, bis sie zu einem Entschluss kam. “Du liebst ihn.” “Ja.” Sie lehnte sich zurück und musterte mich. Dabei schien sie zu überlegen, ob ich sie verarsche. Ich zwang mich endlich dazu, meine Hände von meinen Armen zu lösen. Dabei bemerkte ich das Blut an meinen Fingern. Seltsamer Weise beruhigte mich der Anblick, denn es war besser als Hylias Hals umzudrehen. Ich musste unbedingt etwas gegen meine Aggressionen tun. Ruhig genug um keine Dummheiten zu machen begann ich, mir das Blut von den Fingern zu lecken. Ein Rascheln ließ mich wieder zu der Anwesenden Göttin sehen, die sich ins Gras hatte fallen lassen. Zelda sah nach oben in die verstreuten Wattewolken. “Seit wann?” Kurz wusste ich nicht was sie meinte, doch dann klingelte es. “Ich liebe ihn länger, als ich dich kenne.” “Wie jetzt?” Sie sah wieder zu mir. “Du kanntest ihn schon vorher?” “Ja.” Blut unter den Fingernägeln war das Schlimmste was ging. “Wann?” Ich gluckste. “Ich lernte ihn kennen, kurz nachdem mein Vater starb. Er hat mit einige Dinge beigebracht.” “Warum?” “Na, weil es keiner sonst tat.” “Nein, nein.” Zelda schüttelte den Kopf. “Warum du dich ausgerechnet in… ähm…” “Weil er der Erste und Einzige war, der mich wie einen ganz normalen jungen Mann behandelt hat.” “Aber das warst du…” Ich ruckte vor und griff dabei fest nach ihrem Handgelenk. “Wag es ja nicht, diesen Satz zu beenden, Hylia. Du weißt gar nichts!” “Link? Was?” “Dafür, dass du unsere Schutzgöttin warst, hattest du erstaunlich wenig Ahnung von unserem Leben und unserer Kultur.” Mir war bewusst, dass ich mich wiederholte. Und Zelda wurde weiß wie eine Wand. “Wie… Warum…” “Sprich mich einfach nicht auf dieses Leben an und wir kommen gut miteinander aus.” Ich ließ sie wieder los und ging wieder etwas auf Abstand. “Reiß keine alten Wunden wieder auf.” Ich rutschte ganz über den Rand, bevor ich laut pfiff. Sofort kam Reon angeflogen und fing mich auf. Erinnerung 17 ------------- Erinnerung 17 “Halt doch mal kurz still!” Wie nicht anders zu erwarten hörte niemand auf mich. Augenblicke später bekam ich das sich windende Tier doch noch zu packen und konnte es aus dem Wasser holen. Sofort sträubte sich das rote Fell. “Hey, hey! Ich bin es doch nur!” Kurz wurde es ruhiger, sodass ich mich verleitet sah, den Griff etwas zu lockern. Prompt entwand sich das Eichhörnchen meinem Griff und suchte Schutz auf meinem Kopf. Seufzend ließ ich es da oben sitzen. Ich drehte mich zum Ufer, um endlich aus dem Wasser zu kommen. Allerdings blieb ich fast sofort wieder stehen. Ich hatte Besuch Schnell schüttelte ich die Verkrampfung ab und setzte meinen Weg fort. “Morgen.” Amparo musterte mich wie sonst auch. “Dich sieht man auch immer mit einem Tier.” Ich zuckte nur mit den Schultern, ging an ihm vorbei auf die Bäume zu. Das Tier auf meinem Kopf richtete sich auf, als es bemerkte wohin es ging. Mit einem gezielten Sprung war es im Ast eines Baumes. Es blieb lange genug, dass ich ihm noch einmal durch das Fell streichen konnte, dann war es im Blätterdach verschwunden. Ich schüttelte nur amüsiert den Kopf. “Du hast gerade ernsthaft ein Eichhörnchen vor dem Ertrinken gerettet?” Er klang recht belustigt. Aus dem Augenwinkel besah ich ihn. Dabei biss ich mir unbewusst auf die Unterlippe. Ich wusste einfach nicht, wie ich ihn behandeln sollte. “So wortkarg heute?” Ich nickte. Er trat auf mich zu, blieb aber entfernt genug stehen, dass ich nicht in seiner Reichweite war. “Was ist los?” Ich antwortete nicht, sondern sah weg. “Ist etwas passiert?” Ich schüttelte den Kopf. Schon spürte ich seinen starrenden Blick am Hinterkopf. Er fragte nicht weiter nach, aber er wollte es unbedingt wissen. Im Endeffekt war ich derjenige, der nachgab. Ich lockerte meine Anspannung ließ die Schultern hängen. “Ich war vor einigen Tagen bei den Geschichtenerzählern.” Ich bemühte mich wirklich klar und deutlich zu sprechen. Das Gefühl eines Steinblockes, der immerzu gegen meinen Kopf drückte, verschwand. Stattdessen sprach er wieder. “Konnten sie dir weiterhelfen?” Nur kurz sah ich zu ihm, bevor ich nickte. Er war ruhig, während er mich wieder einmal musterte. Es dauerte einige Momente, bis er in einem viel zu neutralem Ton feststellte: “Du hast Informationen über mich eingeholt.” Ich kniff die Augen zu, während ich erneut nickte. “Und jetzt?” “Weiß nicht.” Ich fing doch an zu Nuscheln. Von Amparo - es war immer noch seltsam diesen Namen zu denken - kam ein entnervter Ton und er trat weiter auf mich zu. “Sieh mich an Link.” Ich folgte dem Befehl. Er stand direkt vor mir, sodass ich aufsehen musste. In seinen Gesichtszügen konnte ich weder positive noch negative Emotionen wahrnehmen. “Was haben dir die Schatten erzählt?” Am liebsten hätte ich wieder Abstand genommen, aber ich beherrschte mich - gerade so. “Euren Stand und eure Aufgabe.” Etwas ging durch sein Gesicht was wie ein Stirnrunzeln wirkte, aber es ließ schnell wieder nach. “Was noch?” “Nichts. Ich habe auch nicht weiter gefragt.” Er zuckte kurz, brach die Bewegung aber schneller ab, als ich das Ziel erahnen konnte. Stattdessen verschränkte er die Arme vor der Brust. “Was war deine Frage?” “Wer - oder eher was - Ihr seit.” Er starrte mich weiter von oben herab an. Na ja, ich hatte es nicht anders verdient. “Warum hast du mich nicht einfach gefragt?” Ja, warum wohl? “Ich hatte nicht das Gefühl, dass Ihr mir darauf eine Antwort hättet geben wollen.” “Fast richtig.” Verwirrt blinzelnd sah ich wieder auf. “Hättest du mich gefragt, hätte ich dich sowieso zu den Schatten geschickt.” Er zuckte ernsthaft mit den Schultern. “Einfach, weil ich es dir nicht sagen darf.” “Ich dachte, Götter können tun und lassen, was sie wollen:” Und ich redete schneller, als ich nachdachte. Doch Amparo schnaubte nur. “Schön wäre es. Wie bei jedem anderen Volk auch, haben wir Gesetze wo du dich fragst, welches Rindvieh sich das ausgedacht hat.” Oh ja, da kannte ich so einige. Onkelmord zum Beispiel. “Das heißt, Sie…” Doch er unterbrach mich. “Wenn du mich noch einmal siezt, setzt es was!” Ich starrte ihn an, als ob ihm ein zweiter Kopf gewachsen wäre. “Ja ist doch so.” Kapitel 76 ---------- Kapitel 76 Da hatte man schon Ferien und ich ging trotzdem zur Schule. Freiwillig. In aller Herrgottsfrühe. Ich musste verrückt sein. So wie der Rest der Klasse. Zugegebenermaßen war ich mir nicht sicher, ob Remus im Stehen schlief oder er nur noch ruhiger war als sonst. Und auch Frau Lonley nickte immer wieder weg, während sie auf ihrer Tasche saß und die Zeit verstreichen ließ. Inmitten unserer müden Meute wirkte der Busfahrer mit der Zeitung in der Hand wie das blühende Leben. Und erst Ganondorf, der seelenruhig zusammen mit Nani an uns vorbei schlenderte und seine Nichte bei Oma ablieferte. Es war nur für eine Woche, dann würde die Kleine zu ihrer Mutter fahren, für den Rest der Ferien. Ganons “Morgen.” war seit langem mal wieder das erste Wort welches gesprochen wurde. Als ich eine Hand zum Gruß hob, war ich einer der Aktiveren. “Ihr seit wacher, als ich gedacht hätte.” Er schien das ernst zu meinen. “Fehlt noch jemand?” “Riko und Leon.” “Noch jemand?” Kollektives Schulterzucken bis nicht beachten. Ganon sah kurz auf die Uhr. “Sie haben ja noch zehn Minuten.” Ohne noch mal darauf einzugehen, wandte er sich an den Fahrer. “Können wir die Schüler schon reinlassen?” Der Fahrer antwortete nicht direkt. Er stand nur vom Eingang auf und stellte sich neben diesen. OK? “Los, rein mit euch.” Woher Ganon auch immer diese gute Laune nahm. Als ich mich dann doch freiwillig regte, stieß ich Remus an. Er schreckte hoch, also hatte er wirklich geschlafen. Wow, das schaffte nicht einmal ich. Ich ließ mich drinnen neben Zelda fallen und schloss die Augen. Wenn ich erst einmal wieder schlief, war alles in Ordnung. Vorher hörte ich aber noch Ganons Stimme, als auch er eintrat. “Ihr tut ja alle so, als ob diese Uhrzeit die totale Folter wäre.” “Ist sie auch.” “Möchtest du etwas sagen, Link?” Blinzelnd lehnte ich mich in den Gang. “Ich dachte eigentlich, das habe ich gerade.” Mein Blick schweifte kurz. “Und im Gegensatz zu Frau Lonley bin ich wenigstens wach genug für so etwas.” Tatsächlich hatte sich unsere Klassenlehrerin, kaum dass sie im Bus war, über zwei Sitze lang gemacht und schlief tief und fest. Die Paar, die zurechnungsfähig genug waren, glucksten vergnügt. Selbst Ganon schüttelte amüsiert den Kopf. Ein Waagen kam neben dem Bus zum Stehen. Na zum Glück waren wir alle schon drin, ansonsten hätte es jetzt Tote gegeben. “Das sind Leon und Riko.” Zeldas Worte hallten förmlich durch des ruhigen Bus. Die zwei Spätentschlossenen rannten fast in unseren Lehrer rein, blieben aber gerade noch so stehen. “Tut mir leid.” Riko platzte gleich damit raus. “Morgen.” Ganon blieb die Ruhe selbst. Beide Schüler strafften sich und erwiderten den Gruß. “Morgen.” Immer noch total gelassen sah Ganon erneut auf seine Uhr. “Ihr seit drei Minuten zu spät.” Riko schnaubte gut hörbar. “Klettern Sie mal um die Uhrzeit aus dem zweiten Stock. Aber ohne das Seil, welches Sie vorsorglich deponiert haben, das aber verschwunden ist. Und das ohne jemanden zu wecken.” “Ich stell es mir bildlich vor.” Wo nahm der Mann seine gute Laune her? “Setzt euch.” Ohne zu Murren kamen sie der Aufforderung nach. Ganondorf trat noch einmal zum Fahrer um mit diesem zu reden. Es dauerte keine zwei Minuten, da kam er wieder rein und setzte sich. Seelenruhig startete der Busfahrer. Ich beugte mich zu Zelda. “Schläfst du schon wieder?” “Jetzt nicht mehr.” Neben verschlafen sah sie auch noch müde aus. “Was ist?” “Du kannst doch ein bisschen Heilmagie, oder?” Ihrem Blick nach fühlte sie sich komplett verarscht. Trotzdem nickte sie zaghaft. Und ich kam zum Punkt. “Riko hat eben gehumpelt. Kannst du mal drüber schauen?” Helferkomplex, ich weiß. Seufzend ließ sich Zelda zurück fallen und schloss die Augen. Mehrere Sekunden später sah sie mich wieder an. “Schön.” Ich stand auf, um sie vorbei zu lassen. Schließlich folgte ich ihr nach hinten. “Hey.” Leon und Riko sahen auf, nachdem sie zusammen gezuckt waren. “Hey.” Dabei hielt sich der vermeintlich Verletzte tatsächlich einen Fuß. “Zeig mal.” Zelda deutete wage auf die Verletzung. “Vielleicht kann ich da was machen.” Kurz haderte Riko mit sich selbst bevor er nickte. “Danke.” “Was ist passiert?” “Ich habe mich in der Höhe verschätzt, als ich von der Hausfassade gesprungen bin. Autsch!” Sorry, mein Fehler. Ich hatte in der Kurve nicht schnell genug nach Zeldas Schulter gegriffen, sodass sie sich genau an Rikos Verletzung festgehalten hatte. Zelda sah noch einmal schnell zu mir, ob ich sie jetzt richtig hatte, bevor sie mit der Heilung begann. Durch das Licht von draußen fiel es nicht mal auf, wie ihre Hände leicht leuchteten. Das war so ein charakteristischer Blauton, den jeder Heiler kannte. Riko und Leon staunten hingegen nicht schlecht. Offensichtlich kannten sie das nicht. Ich bemerkte Ganon gerade so, bevor er sprach. “Wie sieht es aus.” Sofort verspannte sich Zelda. “Er wird es überleben.” Und Riko quietschte erschrocken auf. Ich drückte Zeldas Schultern kurz etwas fester. Wehe, sie würde etwas dummes tun. Tatsächlich beruhigte sie sich wieder. “Wenn er es ein paar Stunden ruhig hält, wird alles in Ordnung sein. Nur zur Sicherheit guck ich heute Abend noch einmal drüber.” Schon entspannte Riko sich. “War es schlimm?” “Nein.” Zelda schüttelte den Kopf. “Nur eine leichte Zerrung.” Ihre Hände hörten auf zu Glühen, also war sie soweit fertig. Und auch Ganon nickte. “Gut. Schlaft noch etwas.” Damit trat er den Rückweg zu seinem Platz an - schwankend. Dadurch grinsend half ich Zelda auf die Beine und kehrte mit ihr zu unseren Platzen zurück. Seine letzte Anweisung würde ich mir Freuden befolgen. Kapitel 77 ---------- Kapitel 77 Ein lauter Pfiff weckte auch den Letzten aus seinem Dämmerzustand. Mich zum Beispiel. “Guten Morgen, Langschläfer.” “Kann ja nicht jeder so ein Frühaufsteher wie Sie sein.” Ich und nur halb wach. Irgendwann würde ich lernen, dass dies keine gesunde Mischung war. Doch wieder erwarten grinste mich unser Lehrer nur vergnügt an. Und auch Frau Lonley war meinem dummen Kommentar nicht abgeneigt. Vielleicht, weil sie selbst noch sehr müde wirkte. “Gut. Wer noch nicht wach ist, meldet sich.” Stille. Nur unterbrochen von Zeldas Glucksen. “In fünf Minuten werden wir halten und aussteigen. Dann geht es noch ein Stück zu Fuß. Also…” Miriam unterbrach ihn sehr effektiv, indem sie schreiend von ihrem Platz aufsprang und aus dem Fenster starrte. Ihre Stille hielt für ganze sieben Sekunden, bis sie sehr laut ihre Meinung kund tat. “Oh, ich bring meinen Vater um!” “Schatz?” Scath war mindestens so verwirrt wie der Rest von uns. “Wir befinden uns süd-östlich der Hauptstadt. Das Waldstück liegt am Rande des Nationalparks.” Sie funkelte kurz unseren Lehrer an, bis sie seufzte. “Eigentlich hätte ich es wissen müssen.” “Du warst schon einmal hier?” “Einmal für kaum zwei Stunden. Hergekommen, meinem Vater was gebracht, wieder weg und einen restlichen schönen Tag mit meiner Mutter gemacht.” Ganon nickte dazu nur und schwankte als der Bus hielt. “O.K. Raus hier.” Eher gemütlich kamen wir der Anweisung nach. Tatsächlich kam jeder raus und niemand musste geholt werden. Das schien vor allem Frau Lonley und den Busfahrer zu wundern. Tja, Gonondorfs Pfiffe ließen jeden hochfahren. Nicht weil sie besonders laut waren, sondern weil niemand wusste, was er jetzt schon wieder wollte - meistens endete es ja mit Muskelkater. Der Busfahrer kam auch noch mal raus. “Wem gehört das hier?” Er hielt eine Umhängetasche hoch… “WAAAH!” … die offensichtlich unserer Klassenlehrerin gehörte. Das brachte unsere gesamte Klasse inklusive zweitem Lehrer zum Lachen. Frau Lonley schmollte nur, auch wenn sie es offensichtlich niemanden übel nahm. Immer noch amüsiert verabschiedete sich der Fahrer. “Dann bis in zwei Wochen. Ich hoffe, ihr seit dann ebenso angenehme Gäste wie heute.” Keine Kunst, wenn die Meisten die Zeit verschliefen. Das einzige Mal, als es lauter wurde, was als Riko einen Anruf von seinem Vater erhielt. Er brauchte noch nicht einmal den Lautsprecher einschalten, man verstand ihn auch so ganz gut. Zumindest bis eine wütende Lehrerin nach dem Telefon verlangte und dem Mann ein paar Takte erzählte. Ich glaube, in dem Moment hat sie einigen von uns Angst gemacht. Zelda nicht, die lag auf meinem Schoß und sah sehr interessiert zu. Was wiederum Finn Stirnrunzelnd zur Kenntnis nahm. Manchmal fragte ich mich ernsthaft, was unser Shiekah alles wusste. Oder ob ihm nur seine Instinkte vorgaben, Hylia zu beschützen? Verknallt war er auf jeden Fall nicht in sie, da er selbst eine Freundin hatte. “Ihr seit ja eine heitere Truppe.” Immer noch amüsiert drehten wir uns zu der Stimme. Es handelte sich um einen jungen Mann, vielleicht drei vier Jahre älter als Ganondorf. Er trug eine kurze Uniform, die ihn als Wildhüter oder so was auszeichnete. Dazu waren seine Haare ebenfalls grün und zwar genau in dem Ton, wie Salias Schopf. War der ein Nachfahre der Kokiri? Gab es das Blut der Kinder des Waldes überhaupt noch? Ein schmerzhafter Stoß in die Rippen ließ mich zu Zelda sehen. Ihr Blick warnte mich eindeutig vor irgendwelchen Dummheiten, zum Beispiel mich zu verplappern. Na ja, wahrscheinlich hatte er sich irgendeine künstliche Farbe auf de Kopf geschmiert. Hoffte ich… Remus schreckte regelrecht aus seinem Schlaf hoch, als Ganondorf erneut kurz Pfiff. Aber keine Angst, wir sollten nichts Schlimmes machen. “Schnappt euch eure Taschen und dann folgt dem Herrn hier. Dem Befehl wurde nachgekommen - gemütlich aber bestimmt. Ich selbst las noch Frau Lonleys Umhängetasche auf, bevor ich als Letzter den Wald betrat. Kaum hatte ich die Baumgrenze überquert, streckte ich mich ausgiebig. Erst jetzt wurde ich hundertprozentig wach. “Ein Unterschied wie Tag und Nacht.” Ich drehte meinen Kopf zu Ganon, der neben mir lief. “Nur frische Luft.” “Die wirkt bei dir Wunder, hm?” Er hatte heute auffallend gute Laune - beängstigend. “Lebenselixier.” Und schon lachte er. Zufrieden mit dem Ergebnis verschränkte ich die Hände hinterm Kopf und folgte dem Rest der Klasse. Zelda drehte sich kurz zu uns um, runzelte die Stirn, bevor sie sich Kopfschüttelnd wieder nach vorne wandte. Ganondorf hatte davon nichts mitbekommen. Zumindest ließ er sich nichts anmerken, als er sich zu mir drehte. “Du brauchst wohl nicht viel zum Leben.” Ich zuckte mit den Schultern. Im Gegensatz zu dem, was ich schon erlebt habe, war diese Ära das pure Schlaraffenland. “Wobei ich mich immer noch frage, was du in deiner Tasche hast.” Jetzt musste ich mir das Lachen verkneifen. Selbst die Umhängetasche unserer Klassenlehrerin war schwerer als mein Rucksack. Hatte die Frau Steine da drin? Aber ein anderer Lehrer wartete auf eine Antwort. “Das, was man halt so braucht. Drei Sätze Klamotten, ein Buch, meine Mundharmonika…” “Moment. Du weißt schon, dass wir zwei Wochen hier bleiben?” “Sie sagten, wir sollen Badesachen einpacken. Also werde ich meine Klamotten doch mal waschen können.” Das hatte früher schließlich auch funktioniert. Da bin ich manchmal Monate lang mit nur einem Satz Kleidung ausgekommen, aber das ließ Oma nicht zu. “Du bist lustig.” Und ich ließ das einfach so stehen. Nach ein paar Minuten kamen wir auf einer Lichtung an. Diese wurde eindeutig von Menschenhand gepflegt und erhalten. Dafür sprachen die annähernd kreisrunde Form, das recht kurze Gras und die Hütte am Rand. Und natürlich die Zelte, die Naryu sei Dank schon aufgebaut waren. Aslam stand etwas abseits der Truppe und besah sich etwas. Den Geräuschen nach zu urteilen, gab es dort einen Wasserlauf. Einen etwas größeren, mindestens ein Fluss. “Junge! Komm da lieber weg!” Das war unser Naturführer. Doch Aslam hob nur eine Hand und stierte weiter auf das Wasser. “Hey! Ich habe…” “Lassen Sie ihn.” Kentin ging einfach dazwischen. “Einen Zora vom Wasser fern zu halten ist praktisch unmöglich.” “Oh.” Kurze Sprachlosigkeit. “Das beruhigt mich jetzt irgendwie. Also gut.” Er klatschte in die Hände. “Mein Name ist Marak. Ich passe etwas auf euch auf, dass ihr keinen Blödsinn anstellt. Dazu gehört zum Beispiel, nicht im Fluss ertrinken.” Einige lachten darüber. “Ansonsten benehmt euch einfach, dann werden wir keine Probleme miteinander haben.” Riko meldete sich, verwirrte damit den armen Mann und deutete anschließend auf den Waldrand. “Was ist mit den Tieren?” Ein junges Reh stand dort und beobachtete uns. Er seufzte. “Viele von denen haben die Angst vor uns Menschen verloren, leider. Zudem gibt es hier zu wenig große Raubtiere wie Bären oder Wölfe.” “Heißt das, wir sollen uns unser Fleisch selbst jagen?” Damit war mein Plan, das nur zu denken schon mal hinfällig. Marak sah mich an und überlegte angestrengt. Dann schüttelte er den Kopf. “Wenn ihr die Tiere schnell tötet und euch an die reinen Pflanzenfresser haltet, dann ja.” Kurz blinzelte ich verwirrt. Mit der Antwort hätte ich nicht gerechnet. Dafür klingte Scath sich ein. “Link, höre auf zu denken.” Mist. Und auch Miri gab ihre Meinung kund. “Die Zwillinge am Besten nicht beachten.” Ich verdrehte genervt die Augen. “Aber jetzt im Ernst, meinten Sie das wirklich so?” “Ja. Und du?” “Auch. Ich kann jagen, das ist überhaupt kein Problem. Nur mit Wildschweinen lege ich mich nicht an.” Einmal und nie wieder. Nein, ich meinte nicht Ganondorf! Eben jener sah mich mindestens so verstört an wie der Rest der Klasse. “Muss ich mir Sorgen machen?” “Warum?” Ich verstand die Frage nicht. “Die meisten Psychopathen fangen mit Tieren an.” Das war Riko. Den ich jetzt wütend anfunkelte. “Dann wärst du der erste Mensch gewesen.” Das brachte ihn schnell und effektiv dazu, die Klappe zu halten. Und Ganon schüttelte den Kopf. “Gut, da wir das jetzt auch geklärt haben, können wir nun endlich zum eigentlichen Thema kommen. Verstaut eure Taschen. Wir treffen uns in einer halben Stunde wieder hier.” Mein erster Weg führte mich zu Frau Lonley, die knallrot wurde, als ich ihr die Tasche gab. Dann erst ging ich Miris rotem Schopf hinterher. Die Mädchen hatten sich schnell für ein Zelt fast am Waldrand entschieden, sodass wir Jungs kein Mitspracherecht hatten. Kapitel 78 ---------- Kapitel 78 Der Tag forderte seinen Tribut. Der Großteil der Klasse lag am Waldrand im Schatten und schnaufte vor sich hin. Frau Lonley ging kreuz und quer zwischen ihnen entlang und füllte Becher mit Wasser wieder auf. Wieder erwarten war das Wasser des Flusses wirklich sauber genug, dass es ohne Probleme getrunken werden konnte. Das hatte uns der Naturfritze noch erklärt. Ebenso, dass es eine Stelle gab, an der man gefahrlos Baden konnte. Also war Frau Lonley immer mit einer Karaffe hin und her gelaufen, um uns mit dem kühlen Nass zu versorgen. Aber auch Ganondorf hatte darauf geachtet. Immer wieder gab es Fünf Minuten Pausen, damit wir was trinken konnten. Ansonsten nahm er uns ganz schön hart rann. Selbst ich hatte ein leichtes Ziehen in den Muskeln. Nicht, dass mich das außer Gefecht setzte, aber es reichte für ein unangenehmes Gefühl. Und da Ganon im Gegensatz zu den meisten Lehrern auch mitmachte, war er sich mit den Anderen einig, jetzt ist Schluss. Wobei ihm wenigstens die Hitze nicht so zu schaffen gemacht hatte. Marak kam zu uns herüber. “Also spätestens jetzt bin ich der festen Überzeugung, ihr spinnt doch alle.” Immer wieder gerne.” “Zu Beginn habe ich wirklich gedacht, Herr Hellko will mich verarschen.” Zu seinem Glück sah er gerade nicht zu Miriam. “Ihr habt eine ganz schöne Ausdauer.” “Abzüglich der Mittagspause etwas sechs Stunden.” Ich sah von meinem Buch auf. “Das ist immerhin eine Steigerung von drei Stunden.”! “Abzüglich der kurzen Pausen.” Ich verdrehte die Augen. “Kentin, nimm ihnen nicht das Erfolgserlebnis!” Erneut lachten alle, die sich dazu in der Lage fühlten. “Ihr seit ne lustige Truppe.” “Ja, das auch.” Und schon krallte sich Zelda mein Buch. “Was ließt du da eigentlich?” “He!” Ich ruckte mit einer Geschwindigkeit vor, an die die Meisten momentan nicht einmal denken mochten. “Meins!” Tatsächlich bekam ich mein Buch zu packen und ließ mich wieder rückwärts in den Rasen fallen. “Hol dir dein eigenes, wenn dir langweilig ist.” “Und was soll ich lesen, wenn ich damit fertig bin?” “Dann lies es erst einmal!” “Ihr habt wohl zu viel Energie, hm?” Wenn es nicht zu dämlich wirken würde, würde ich jetzt schmollen. Stattdessen drehte ich mich so zu Ganon und deutete parallel auf Zelda. “Sie hat angefangen!” “Wie die kleinen Kinder.” Das war Frau Lonley. Im Gegensatz zu Zelda störte ich mich nicht an diesem Ausdruck. Stattdessen schlug ich mein Buch wieder auf. Klaute die mir das einfach… “Was war das eigentlich mit der Jagd?” Entnervt ließ ich meinen Kopf fallen. Fünf Minuten ok? “Fragen Sie meinen Bruder, wann es losgehen kann.” Eben jener ließ ein genervtes knurren ertönen. Scath war sowieso kein Fan der Jagd. Trotzdem würde er mir helfen. Erstens, weil dann das Risiko sank und zweitens, weil es hier sein musste. Ich war sowieso gespannt, was uns als Erstes vor die Nase lief. Aber da er momentan eindeutig in der schwächeren Position war, würde er - und nur er - entscheiden wann es los gehen würde. Also konnte ich genauso gut noch das Kapitel zu Ende lesen… “Na los, Link. Dann haben wir es hinter uns.” … oder auch nicht. Ich kam mit einem Satz auf die Beine. Während mein Bruder sich langsam nach oben kämpfte, schlenderte ich zu unserem Zelt. Dort zog ich meinen Rucksack nach draußen und begann zu wühlen. So viel war da eigentlich gar nicht drin, aber das Finden. Triumphierend zog ich einen längeren Stoffbeutel hervor. Sofort begann ich dieses auszupacken. “Eine Armbrust?” Meine Augen nicht von dem Holz lassend, nickte ich unserem Führer zu. “Man kann nie wissen, wozu man sie gebrauchen kann. Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich sie zwar nicht verwenden, aber rein zur Sicherheit nehme ich sie lieber mit.” “Warum ausgerechnet eine Armbrust?” “Ein Bogen nimmt mehr Platz weg und eine moderne Schusswaffe macht mehr Krach.” Ich befestigte erst den Köcher am Gürtel, bevor ich mir den Lederriemen der Waffe über den Kopf warf und wieder aufstand. So ausstaffiert trat ich zu meinem Bruder zurück. “Können wir.” “Meinetwegen.” Scath streckte sich noch einmal. “Welche Richtung?” Ich deutete auf die Stelle, an welcher vorhin das Reh gestanden hatte. “Versuchen wir es erst einmal dort lang.” Marak trat auch zu uns. “Ihr kennt die Regeln der Jagd?” “Alte oder schwache Tiere zuerst. Möglichst schnell töten. Nur nehmen, was nötig ist.” Die wichtigsten Regeln runter rasselnd sah ich ihn an. “Sag mal, willst du nicht Förster werden?” “Weniger.” Ich tat zwei Sekunden so, als würde ich überlegen. “Aber ich könnte Ihnen eventuell einen Drachenreiter vermitteln.” “Du kennst einen Drachenreiter?” “Zwei. Aber der Eine ist Ausbilder.” Ich sah wieder zu meinem Bruder. “Können wir?” “Ich will es hinter mir haben.” Schon drehte Scath sich um und stapfte in Richtung Wald. Lachend lief ich hinterher, blieb aber auf halben Weg stehen und drehte mich noch einmal zum Förster. “Wollen Sie vorsichtshalber mit kommen, dass wir auch alles richtig machen?” “Ich muss sogar.” Doch als ich meinem Bruder hinterher rannte, musste der arme Mann ganz schön schnaufen. Dafür verfolgte mich das Lachen meiner Klasse. Nach ein paar Minuten hatte ich meinen Bruder eingeholt. “Und?” “Hasen in rauen Mengen.” Ich stieß einen entnervten Ton aus. “Bloß nicht. Damit kriegen wir die Meute nie satt.” “Wo hast du unseren Aufpasser gelassen?” “Eben war der doch noch hinter mir…” “Junge, bist du aber schnell.” “Siehst du. Da ist er.” Scath verdrehte nur die Augen. Dann grinste er. “Also.” Ich übernahm. “Los.” Schon liefen wir wieder los, halbwegs in die gleiche Richtung, auf der Suche nach einer halbwegs brauchbaren Spur. Und von Marak kam nur ein “Och nö.” Gab es hier überhaupt etwas Brauchbares? Anscheinend nicht. “Hey!” Scaths Stimme riss mich nach oben. “Dammwild.” Na, da hatten wir doch unser Abendbrot. Sofort schlugen wir die Spur ein, diesmal aber langsamer. Auch Marak konnte uns endlich normal folgen. “Ihr macht das nicht zum ersten Mal.” “Sonst sind wir einige mehr.” Scath sah nicht einmal auf, als er antwortete. “Wer noch?” “Scht!” Ich blieb schlagartig stehen und streckte meine Hand aus, um auch ihn aufzuhalten. Ich hatte doch etwas gehört. Scath kam zu mir herüber, nickte kurz und wir schlichen weiter. Bei ein paar Büschen gingen wir runter. Unsere Ohren leiteten uns weiter, sodass wir hinter einer wilden Rose hocken blieben. Konnte es nicht einmal etwas sein, was keine Dornen hatte? Marak ließ sich neben uns fallen, hielt aber netterweise die Klappe. Durch eine Lücke zwischen den Büschen konnten wir auf eine etwas lichtere Stelle des Waldes sehen. Eine Herde Dammwild graste dort. Auffallend war ihre vollkommene Ruhe. Das war der beste Beweis, dass es hier keine Jäger gab. Sie rechneten gar nicht damit, angegriffen zu werden. Nicht gut… Aber nichts, was man nicht ändern konnte. So glitten unsere Augen über die Gruppe Mütter mit Kindern. Die Jungtiere ließen wir in Frieden. Wir hatten nur einen Versuch, dafür waren sie zu klein. Eine der Damtiere zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Sie belastete nicht alle Beine gleichmäßig. Als sie sich eine andere Stelle zum Futtern suchte, konnte man Narben sehen. Erstaunlich, dass sie lange genug gelebt hatte, dass die Wunde verheilt war. Neben ihr stand ein Jungtier. Ich ging einfach davon aus, dass es ihres war. Tja, Pech. Wilde Jäger würden darauf auch keine Rücksicht nehmen. Aber es bestand die Chance, dass der Rest der Herde sich um das Junge kümmern würde. Gerade wollte ich Scath um das Tier aufmerksam machen, doch er hatte auch schon ein Auge auf die Verletzung geworfen. Er zögerte kurz beim Anblick des Kitzes, entschied sich dann aber auch für die Mutter. Wir deuteten Marak, dass er sitzen bleiben sollte. Dann erst schlichen wir weiter. Scath noch rechts, ich nach links. Nach einigen Schritten zog ich mir mein Fell über. Als Wolf machte es mir um Welten weniger aus, ein Tier zu töten. Scath hingegen konnte es gar nicht. Und er wollte es auch nicht. Zudem kam ihm schon bei dem Gedanken an rohes Fleisch die Mahlzeiten der letzten drei Wochen wieder hoch. Trotzdem hatte er die Grundlagen der Jagd drauf, wofür Sandschweif schon gesorgt hatte. Mein Weg endete an einer Lücke zwischen den Büschen, wo ich mich nieder ließ. Einmal quer durch die Hecke geblickt, sah ich Scaths rote Augen durch die Hecke blitzen. Er war sich dessen nicht bewusst, aber seine Augen leuchteten, wenn er als Wolf an eine dunkle Stelle kam. Wieder würde Scath entscheiden, wann es los ging. Entgegen meiner Erwartungen, entschied er sich sehr schnell für den Start. Mit einem Satz war er zwischen den Bäumen hervor. Sofort gerieten die Tiere in Panik und rannten vor ihm weg. Blutträne hetzte sofort unserem ausgewähltem Opfer hinterher und trieb es damit grob in meine Richtung. Ich wartete ein paar Sekunden, bis auch ich die Deckung verließ. Die meisten Rehe bemerkten mich nicht einmal, da sie schon an mir vorbei waren. Nur einige scherten aus. Auch unser Ziel bemerkte mich. Doch in dem Moment, wo sie abdrehen wollte, sprang ich ihr an den… Nun ja, es war auf jeden Fall besser, dass mein Bruder mit dem Rücken zu mir saß und sich die Ohren mit den Pfoten zu hielt. Dem Kitz knurrte ich ein “Verschwinde!” entgegen, bevor ich der Mutter den Gnadenstoß versetzte. Das Kleine würde gestärkt aus dieser Erfahrung hervor gehen. Zumindest wenn nicht irgendein anderer Jäger auf es aufmerksam werden würde. Mein Blick wanderte wieder zu dem schwarzen Rücken vor mir. “Es ist zu Ende, Blutträne.” Tatsächlich nahm er die Pfoten runter und drehte den Kopf zu mir. Wäre er gerade kein Wolf, würde er wahrscheinlich die Stirn runzeln. “Manchmal frage ich mich, warum nicht zu das Blut im Namen trägst.” “Danke. Es ist mir bewusst, dass ich aussehe, wie das Monster von nebenan.” Ich nickte in die grobe Richtung unseres Aufpassers. “Holst du ihn?” Blutträne nickte, bevor er sich ganz bewegte. Ich hingegen begann, mir das Blut aus dem Fell zu lecken, Ich sah wirklich wieder mal aus, wie frisch vom Schlachter. Oma würde mich so nie ins Haus lassen. Während ich noch vollends beschäftigt war, kamen Scath und Marak zu mir herüber. Letzterer sah mich sehr vorsichtig an. “Und das ist wirklich dein Bruder?” “Nein. Ich habe immer einen Wolf in der Hosentasche.” Offensichtlich beantwortete er diese Frage nicht zum ersten Mal. Ich grinste kurz, bevor ich mich wieder der Fellpflege widmete. Marak schüttelte ungläubig den Kopf. Doch er besann sich recht schnell und holte eine Trageplane aus seinem Rucksack. `Leider´ war es mir momentan nicht möglich, mit anzupacken, weshalb sie zu zweit die Beute verladen mussten. Als es zurück zum Lager ging, trottelte ich ihnen gemütlich hinterher - immer noch Blut von meiner Schnauze entfernend. Meinen hin und her wedelnden Schweif beachtete ich bewusst nicht. Warum auch? Brachte doch eh nix. Als mir ein anderer Geruch in die Nase stieg, legte ich einen Zahn zu und lief schließlich neben Scath. Der sah mich nur kurz an, nickte und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Marak hatte davon nichts mitbekommen. Ich drängte meinen Bruder zu einem leichten Umweg, sodass wir zielsicher in … Ganondorf rein liefen. Der sah mich an, als ob er befürchtete, ich würde als Nächstes ihn anfallen. Stattdessen beschäftigte ich mich weiter mit den Flecken in meinem Fell. Kopfschüttelnd wandte er sich wieder zu den zwei Zweibeinern. “Ich sehe, ihr ward erfolgreich?” “Heute gibt es Reh.” Marak beteiligte sich nicht einmal daran. Kein Wunder, er schnaufte ziemlich. Das auch bemerkend, nahm Ganondorf die ganze Ausbeute an sich. Kapitel 79 ---------- Kapitel 79 Mit endlich wieder sauberen weil nassem Fell und gefülltem Magen lag ich zufrieden in der Nähe des Feuers. Ein paar Meter von mir entfernt hatten Kentin und Aslam einen glatt geschliffenen Stein platziert, auf welchem das Abendbrot brutzelte. Scath mochte zwar kein Tier töten können, aber das anschließende Ausnehmen ging ihm leicht von der Hand. Erstaunlicher Weise hatte ein Großteil der Klasse ihm interessiert zugesehen. Und Scath hatte extra langsam gemacht und jeden Schritt erklärt. Ebenso, dass das Herz mir als ranghöchsten Wolf zustand. Nicht, dass es jemand haben wollte. Nur Frau Lonley wurde leicht grünlich, als ich meinen Teil - noch warm - verdrückte. Sie wird bestimmt für den Rest des Tages vegetarisch bleiben. Tja. Eine Präsenz, die sich mir näherte, ließ mich aufsehen. Kaum erkannte ich Ganondorf, gähnte ich und ließ meinen Kopf zurück auf den Rasen sinken. Mein Lieblingslehrer setzte sich auf die Baumstamm- Bank gleich in meiner Nähe. “Du hast die Ruhe weg.” Ich gab ein zustimmendes Geräusch von mir. Zu mehr fühlte ich mich nicht in der Lage. “Zu faul, um zu antworten?” Das war mir nicht einmal ein Geräusch wert. “Verwandele dich mal zurück.” Auch hier bestand meine einzige Reaktion, aus einem zucken meiner Ohren. Sein Blick lag weiter auf mir. Scheinbar hoffte er, dass ich der Aufforderung doch noch nach kam. “Da können Sie bis morgen warten.” Kurz blinzelte ich in Richtung meines Bruders, bis ich die Augen wieder schloss. Scath hatte zwei Teller in der Hand, von denen er einen Ganondorf in die Hände drückte. Der reagierte erst auf diese Aussage, als mein dunkles Ebenbild ebenfalls saß. “Und warum ist das so?” “Entgegen der allgemeinen Meinung hängt mein Zwilling doch an seiner Gesundheit. Zumindest manchmal.” Ich konnte sein Schulterzucken förmlich hören. Von Ganon kam keine direkte Antwort. Dafür seufzte Scath nur Sekunden später. “Haben Sie sich nicht gewundert, dass Link sich mit dem Herzen zufrieden gegeben hat?” “Schon.” “Das liegt daran, dass Wölfe auch das Blut ihrer Beute trinken.” “Erklärt aber nicht, warum er darauf besteht, sich den Pelz zu wärmen.” “Doch tut es. Hylianische Mägen sind nicht für diese Menge Blut ausgelegt. Link hat es auf die harte Tour gelernt.” “Ich kann es mir bildlich vorstellen.” “Lieber nicht. Ich habe mich ihm damals unfreiwilliger Weise angeschlossen.” “Wie kommt es eigentlich, dass Link so gar kein Problem damit hat, ein Tier zu töten?” Zeldas Stimme erklang direkt neben mir. “Ich könnte das nicht einmal mit Pfeil und Bogen.” Kurz herrschte Stille, in der Scath wohl kaute. “Ein Unfall vor neun Jahren. Wenn Link damals den Hirsch nicht getötet hätte, wäre es anders herum der Fall gewesen. Seit dem Vorfall handelt Link auch sehr instinktiv. Etwas, dass ich einfach nicht kann.” “Neun Jahre?” Das waren sowohl Ganon als auch Zelda. Aber nur die Trägerin der Weisheit sprach weiter. “Seit wann bitte könnt ihr das?” “Noch vor unserer Einschulung. Was genau zu unserer ersten Verwandlung geführt hat, weiß ich gar nicht mehr.” “Wie kannst du so etwas nicht wissen?” “Also von mir würden Sie jetzt nur ein Schulterzucken kriegen. Aber Link antwortet darauf immer: ´Wir machen es halt einfach´. Das ist seine Erklärung für so ziemlich alles.” Stimmt. “Auch für Shadow?” Und Miri gesellte sich auch zu unserer lustigen Runde. “Jup.” “Wer?” Memo an mich: Zelda mit Shade bekannt machen. “Der Renner auf jedem Kindergeburtstag innerhalb der Familie. Magisch jenseits des offiziell möglichem und für die Meisten nicht im Entferntesten begreifbar.” “Das kann alles sein…” Tja Zelda, das war bewusst so gewählt. “Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich das wissen will.” Da sagte unser Lehrer etwas Wahres. “Hm…” Kurz war von Zelda nichts zu vernehmen, doch dann spürte ich ihre Hand auf meinem Kopf. Schon fuhr ich herum und schnappte nach ihr. Zugegebenermaßen, selbst eine Schnecke hätte bei meinem Tempo ausweichen können, aber ich war die Hand los. “Ey!” Doch ich reagierte nicht auf die Beschwerde. Stattdessen rollte ich mich nur zusammen und legte meinen Schweif quer über mein Gesicht. Das wurde mit mehrstimmigen Lachen quittiert. Erinnerung 18 ------------- Erinnerung 18 Das laute Knurren des Alphas ließ mich und auch meinen Bruder zusammen zucken. Da hatten wir es wohl etwas übertrieben. “Himmelsauge! Blutträne! Hört auf mit dem Blödsinn! Ihr bringt nur euch und die anderen Welpen in Gefahr!” Da saßen wir nun nebeneinander, Köpfe und Ohren hängend. “Wir sind Wölfe, keine Katzen! Hört auf, auf Bäume zu klettern!” Ich öffnete das Maul, schloss es aber gleich wieder. Alles, was ich von mir geben würde, wäre nur gut um uns weiter in die Bredouille zu bringen. Blutträne warf mir daraufhin einen dankbaren Seitenblick zu. “Habt ihr mich verstanden?” “Ja, Alpha Regenbogen.” “Oh Fenris steh mir bei. Die Zwei sorgen noch dafür, dass ich vorzeitig in die ewigen Jagdgründe eingehe.” Während Blutträne wieder aufsah, zuckte ich nur erschrocken zusammen. Das wollte ich wirklich nicht. “Regenbogen, lass den Welpen doch ihr Spiel.” “Aber Erdschweif!” Er war richtig entrüstet. “Sie könnten sich verletzen!” Erdschweif stieß ihren Alpha an. “Dafür bist du ja hier.” “Ich habe doch auch nur zwei Augen! Da kann ich doch nicht auf fünf Welpen achten.” “Sei froh, dass es nur fünf sind.” Damit ließ sie ihren Partner stehen und verschwand wieder in der Wohnhöhle. Zwei andere Wölfe amüsierten sich im Stillen köstlich über ihren Alpha, was Regenbogen abermals zum Knurren brachte. “Heute habt ihr es wohl alle auf mich abgesehen!” Nicht mal seine eigenen Welpen wagten es, darauf eine Antwort zu geben. Doch Regenbogen gab es auf uns zu maßregeln, zumindest nachdem er jeden von uns noch einmal angestarrt hatte. Kaum war der Alpha außer Sichtweite, spürte ich einen Schlag im Rücken. Dabei blieb es nicht. So kabbelten wir fünf uns schon wieder und rollten als Knäuel über den Rasen. Die Standpauke von eben war schon wieder vergessen. Von irgendwo erklang der leidende Ton des Alphas. Da ich aber gerade keine Ahnung hatte, wo oben und unten war, versuchte ich nicht einmal aufzusehen. Kein Wunder, dass Oma nicht wollte, dass wir als ganze Meute ins Haus kamen. Vor allem den Welpen zu erklären, warum an Möbeln nicht gekaut werden darf, ist… schwierig. Also hielten wir uns im Wald auf und Oma wusste, wo sie uns fand. So grob. Zum Glück hatte sich das Rudel weit genug mit den Zweibeinern arrangiert, dass es keine weiteren Probleme gab. Ein Zwicken im Schweif ließ mich herum fahren und dem frechen Mädchen hinterher jagen. Und so rannten wir alle zwischen den Bäumen entlang. Schon war Regenbogen fast wieder am Verzweifeln. Der Vorteil ein Heranwachsender zu sein war, man passte auch durch Büsche durch, bei denen ein erwachsener Wolf fast stecken blieb. So waren wir wenigstens kurz unseren Aufpasser los. Während Blutträne also einem Grashüpfer hinterher jagte und ich der frechen Dame hier eine Lektion erteilte waren die anderen Zwei irgendwie verschwunden. Ich sah mich kurz um, bevor mir schon wieder etwas in den Rücken krachte. “Tschuldige Himmelsauge.” “Will ich wissen, was das sollte, Blutträne?” “Der Hüpfer hat…” Schon schaltete ich auf Durchzug. Spielende Kinder - Wolf, Hylianer, Zora, Gorone - waren alles, aber nicht zurechnungsfähig. Oh schitt! “Wo sind…” da rannte ich schon los, die anderen Welpen suchend. Wenn denen etwas passiert, dreht mir Erdpfote den Hals um! Gut, vielleicht nur im übertragenen Sinne, aber trotzdem konnte ich darauf verzichten. Ohne es zu bemerken verfiel ich wieder in meinen Beschützermodus. Verdammter Heldenkomplex! Nur Sekunden später stolperte ich über die zwei Vermissten - wortwörtlich. “Himmelsauge. Was ist los?” Ich atmete erleichtert durch und strich mir mit der Pfote über die Augen. “Alles in Ordnung. Ich habe nur etwas überreagiert.” Man bedenke das ´etwas´. Allerdings erklärte das nicht, woher mein verdammt mieses Gefühl kam. “Fenris noch mal. Himmelsauge.” Auch der Rest der Welpen trudelte gerade ein. “Was ist in dich gefahren?” “Nur ein schlechtes Gefühl.” Was sehr untertrieben war. “Was meinst du damit?” “Ich bin mir nicht sicher.” Drei Welpen und mein eigener Bruder sahen mich an, als ob sie überlegten, ob ich gefährlich war. Darauf ging ich gar nicht ein. Stattdessen versuchte ich mich zu beruhigen. Leider wurde mein mieses Gefühl dadurch nicht besser. Im Gegenteil. Das Rascheln in einem der Bäume ließ mich herum fahren. Es war ein Eichhörnchen. Mir zitterten die Beine wie Espenlaub. Irgendetwas war los. “Himmelsauge?” “Wir sollten zum Rudel zurück.” “Warum?” “Macht einfach!” Mir war bewusst, dass ich gerade aggressiv gegenüber Kindern war, aber ich hatte gerade andere Probleme. Das Knacksen eines Zweiges ließ mich kurz erstarren und nur Augenblicke später erneut herum fahren. Dabei stellte ich mich instinktiv vor die Anderen. Im Nachhinein war mir bewusst, dass ich im Notfall mit meinem kindlichen Körper nichts ausrichten konnte. Aber Nachdenken war in Extremsituationen noch nie meine Stärke. Da handelte ich einfach. Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Allerdings wagte ich nicht, auch nur einen Ton von mir zu geben. Es knackste erneut. Der Kopf eines Hirsches tauchte zwischen den Bäumen auf. Erst wollte ich erleichtert sein, doch dann zuckte ich zusammen. Das Tier hatte mehrere blutige Verletzungen am noch wachsenden Geweih. Und sein Blick war… also bei einem Zweibeiner würde ich ´total irre´ sagen. “Blutträne?” Dabei ging ich langsam rückwärts. “Weg hier. Und zwar langsam.” Tatsächlich hörte er auf mich. So schlichen wir Schritt für Schritt rückwärts, immer in der Hoffnung, dass der Verletzte uns nicht bemerkte. Parallel begann ich zu beten. Dabei war ich großzügig, von Farore und Fenris bis zum fliegenden Spagettimonster war alles dabei. Allerdings hatte irgendjemand da Oben wohl spontan beschlossen, mich nicht zu mögen. Der Hirsch drehte plötzlich den Kopf zu uns und starrte uns mit blutunterlaufenen Augen an. Ich verspürte wenig Verlangen, in meinem jetzigen Zustand gegen das Tier anzutreten. “Wölfe?” Ich vermied gerade so ein Zusammenzucken. Der klang verrückter als es Ghirahim je tat. “Ihr…” Er schlug unsere Richtung ein. “Ihr seit Schuld.” “WEG HIER!” Und ich rannte selbst. Intelligenterweise trennten wir uns und rannten in zwei Gruppen um die dicke Buche. Kaum stießen wir wieder zusammen, rumpelte es. Der Hirsch war gegen den Stamm gerannt. “Los! Hoch!” Einen Augenblick später half ich meinem Bruder, die untersten Äste zu erreichen. Zwei der Welpen gab ich ihm hoch. “Jetzt klettert schon!” In der Hoffnung, dass Scath machte was er sollte, griff ich nach dem letzten Wölfchen, achtete nicht auf die empörten Töne und steckte mir das Tier einfach unter das Shirt. Augenblicklich spürte ich die noch nicht ganz so scharfen Krallen in meiner Haut. Allerdings konnte ich darauf gerade keine Rücksicht nehmen. Mit einem gut gezielten Satz erwischte ich einen der Äste und begann zu klettern. Dabei trieb ich Scath vor mir her. Zu nicht nur meinem Horror kam der Hirsch hinter uns her. Klimmzüge sei Dank bekam ich mich gerade noch aus seiner Reichweite. Dafür wackelte der ganze Baum, als es erneut krachte. Noch ein Rumpeln später saß ich endlich auf einem breiten Ast, meinen Bruder neben mir und irgendwie die Welpen haltend. “Dabei hatte der Tag so gut begonnen.” Jetzt durfte ich mal derjenige sein, welcher der Meinung war sein Zwillingsbruder hatte gelinde gesagt einen Knall. Bemerkte er überhaupt den Ernst der Lage? Nur Knapp konnte ich mich davon abhalten ihn durchzuschütteln. Das würde die Situation nur verschlimmern. Stattdessen holte ich endlich den Welpen unter meinen Klamotten vor und verfrachtete diesen in die erstbeste Astgabel. “Wenn du dich da weg bewegst, leg ich dich übers Knie.” Nicht, dass er mich verstand. Vorsichtig kletterte ich eine Etage tiefer. Ich wollte mir das Tier genauer ansehen. Ich war noch nie einem Vierbeiner begegnet, der hassen konnte. Aber der Hirsch tat es eindeutig. Entweder war etwas passiert, was ich beim besten Willen nicht greifen konnte, oder das Tier war einfach krank. Spontan tippte ich auf eine Krankheit. Das würde zumindest erklären, warum er immer wieder gegen den Baum rannte. Mit Vollgas. Wobei ich das Gefühl hatte, mit jedem Stoß wackelte der Baum stärker. Egal. Ein Knacksen ließ mich aufsehen. Wo bei Din kam das gerade her? Ein zweites Knacksen konnte ich hingegen gleich zuordnen. Es kam von dem Ast, auf dem ich saß. Ein drittes Knacksen. “War ja klar.” Ich konnte nicht einmal mehr versuchen, mich in Sicherheit zu bringen, da fiel ich auch schon. Zwar bekam ich noch einen anderen Ast zu fassen, allerdings hielt dieser mein Gewicht nicht aus. Das Nächste was ich erwischte, war Fell. Mein Glück, hm? Zumindest verstand ich den Hirsch im Moment nicht. Was vielleicht für mein Gehör besser war, aber nicht für meine restliche Gesundheit. Das Tier stieg auf die Hinterbeine. Nur mit Mühe konnte ich mich halten. Noch schlimmer wurde es, als es erneut rumpelte. “LINK!” Leider war ich gerade damit beschäftigt, irgendwie zu überleben. Im nächsten Moment fühlte ich mich wie bei einem Erdbeben, so wackelte das. Der Hirsch bockte, das war eine wahre Freude. Schlimmer als jedes Pferd. Kaum hatte ich mich halbwegs darauf eingestellt, ging es in einem Affenzahn vorwärts mitten durchs Gestrüpp. Als der nächste große Baum in Sicht kam und das Tier genau darauf zu hielt, musste ich handeln. Ich hatte die dumme Ahnung, nicht nur ich würde das Zeitliche segnen, wenn ich jetzt nichts tat. Nur was? Leider hatte ich weder die Zeit noch die Muse mir irgendwas halbwegs Intelligentes auszudenken. Und bewaffnet war ich auch nicht. Also einfach handeln. Super. Das erstbeste was mir einfiel, war mir wieder meinen Pelz anzuziehen. So tat ich es. Jetzt aber hatte ich ein Problem. Ich hatte noch nie als Wolf ein Tier getötet. Doch der immer näher kommende Baum hatte eine gewisse Überzeugungskraft. So biss ich zu. Nur knapp konnte ich ein Würgen unterdrücken. Und der Hirsch stieg wieder nach oben. Auch wenn ich mich nach Möglichkeit in dem Fell verkrallte, hielt mich gerade nur mein Kiefer. Irgendwas riss unter dem Einfluss meiner Zähne, nur dachte ich lieber nicht so genau darüber nach. Ein erneuter Ruck ging durch mich. Dieses Mal riss das Fleisch, an welchem ich mich fest hielt. Ich flog. Das Moos machte den Aufprall weniger Schmerzhaft, trotzdem jaulte ich auf. Ich müsste raten, was mir nicht weh tat. Obwohl jeder Muskel nach Ruhe schrie, kämpfte ich mich zurück auf die Pfoten. Das Tier lag ebenfalls im Gras. Schwer atmend. Er stemmte sich weit genug nach oben, um mich anstarren zu können. Dabei kam die von mir verursachte Wunde in mein Sichtfeld. In meiner Trotteligkeit schien ich die Schlagader erwischt zu haben. Und obwohl er mich immer noch ansah, als ob ich eine Ausgeburt der Hölle war - Memo an mich: überlegen, ob das eventuell eine Tatsache sein könnte - bekam ich wahnsinniges Mitleid. “Komm nicht näher! Ich töte dich!” “Wirst du nicht.” Keine Ahnung, woher ich die Gewissheit nahm. Auf jeden Fall war mein schwankendes Getapse nicht tauglich um zu überleben. Meine Schmerzen sowie meine Erschöpfung ignorierend sprang ich an dem drohend gesenkten Geweih vorbei. Ich rutschte mehr, als dass ich eine scharfe Kurve hinbekam. Schlussendlich konnte ich mich trotzdem im Nacken des Hirsches verbeißen. Irgendwann hatte ich das mal bei einem Wolf gesehen, aber fragt mich jetzt bloß nicht nach der Ära. Er wehrte sich. Ich spannte meinen Kiefer immer weiter an, bis es irgendwann unangenehm knackste. Fast sofort erschlaffte sein Körper. Meiner schloss sich dem an, sodass ich wieder runter rutschte. Platsch. Ich versuchte nicht einmal, mich noch zu rühren. Ich war zu fertig Auch wenn ich mitten im Blut lag. Kapitel 80 ---------- Kapitel 80 Gähnend streckte ich mich genüsslich. Ich war wach. Blinzelnd sah ich mich um. Und ganz spontan fiel mir ein, dass wir im Trainingslager waren. Mit Elan sprang ich auf die Pfoten. Wo kam das Gewicht auf meinem Rücken her? Warum hatte ich eine Decke auf dem Rücken? Mal wieder ohne nachzudenken drückte ich meine Nase hinein. Der Stoff gehörte doch Ganondorf! Denn ich bezweifelte, dass meine Nase auf einmal nicht mehr funktionierte. Vorsichtig schnappte ich mir eine Ecke und stiefelte los, ab Richtung Lehrer. Lustigerweise war ich offensichtlich als Erster wach. Oh, doch nicht. Riko war schon wach. Kopfschüttelnd lief ich weiter. Hier erfuhr man ja Dinge… Bei Ganon angekommen legte ich den Kopf schief. Und jetzt? Ich konnte nicht einfach zu ihm ins Zelt. Schade eigentlich. Also machte ich es mir neben dem Eingang gemütlich - die Decke wieder über meinem Rücken ausbreitend. Aufmerksam hörte ich auf die Stimmen des Waldes. Erstens hatte ich gerade nichts Besseres zu tun und zweitens liebte ich diesen Chor. Ich könnte Stunden so zubringen. Das war aber gar nicht nötig. Vielleicht eine halbe Stunde später hörte ich ein elektronisches Piepsen, gefolgt von einem gedämpften “Schnauze!” Der Wecker war gut erzogen, denn er verstummte augenblicklich. Es raschelte im Inneren. Es raschelte weiter und weiter bis die Plane zurück geschlagen wurde. Etwas verwuschelt aber wach kam unser Lieblings - Schwertlehrer aus seinem Zelt, streckte sich und strafte mich mit Missachtung. Hatte ich etwas angestellt, um das zu verdienen? Ich gab ein leises ´Wiff´ von mir. Stirnrunzelnd drehte er mir den Kopf zu, nickte und “Morgen.” “Morgen.” Auch wenn er es gerade nicht verstand. “Was machst du so früh schon hier?” Mit leichten Verrenkungen stupste ich die Decke an. “Wolfsnase. Ich vergas.” Er nahm die Decke an sich, schüttelte sie aus und verstaute sie dann in seinem Zelt. “So. Und wo habe ich jetzt schon wieder diese verdammte Trillerpfeife?” Wozu bitte brauchte er jetzt schon dieses Mordinstrument? Ach, da war ja etwas von wegen pünktlich aufstehen… Nur leider hatte ich keinen Bock auf diesen Ton. So setzte ich mich auf meinen Hintern und fing an, laut zu heulen. Sofort verstummten die Stimmen des Waldes. Mit leerer Lunge aber ganz zufrieden, wandte ich meinen Blick wieder zu Ganon. Dieser starrte mich an, bis er zu den Zelten sah. “So geht es natürlich auch.” Das benachbarte Zelt wurde aufgerissen und Theska tauchte mit gehetztem Gesichtsausdruck auf dort auf. Als sie mich sah, beruhigte sie sich wieder, bis: “Sag mal Link, spinnst du?” Ich legte den Rückwärtsgang ein, um mich hinter Ganondorf zu verstecken. Und der lachte einfach! Beleidigt drehte ich mich um und stiefelte zu unserem Zelt. Scath saß davor und starrte mich sauer an. “Was sollte das?” Ich pflanzte mich neben ihn. “Wäre dir die Pfeife lieber gewesen?” “Ich habe nichts gesagt.” War auch besser so. Etliche andere Schüler schienen mir gedanklich den Hals umzudrehen. “Sag mal Link.” Zeldas Kopf tauchte neben mir auf. “Wie schläft es sich eigentlich im Pelz?” “Ich kann mir schlimmeres vorstellen.” Dabei drehte ich ihr das Gesicht zu. “Seit ihr mal fertig? Ich habe immer noch die Klamotten von gestern an.” Lachend kam sie meiner indirekten Aufforderung nach. Auch Miriam trollte sich wieder an die frische Luft. “Weck mich nie wieder auf diese Weise.” Nur kurz sah ich meine Schwägerin an, bevor ich im Zelt verschwand. “Ist gut. Das nächste Mal lasse ich eine Bombe hochgehen.” Auch wenn es für diese Dinger mittlerweile Sicherheitsgesetze gab, könnte ich welche organisieren. An allen Gesetzen vorbei natürlich. “Wag es dir nicht!” Und Zelda lachte einfach nur. Wahrscheinlich erinnerte sie sich gerade daran, dass ich dieses Spiel mal mit ihr gespielt habe - aus Versehenen natürlich. Kapitel 81 ---------- Kapitel 81 Die Arme hinter dem Kopf verschränkt stierte ich in die Sterne. Ich war noch nicht müde, das war schlimm. Der Rest unserer Klasse schlief schon seit Stunden tief und fest. Eigentlich kein Wunder, die waren alle geschafft. Die ganze Bewegung und die frische Luft forderten ihren Tribut. Wer war das heutzutage noch gewohnt? Ich. Noch jemand? Scath und Zelda auf jeden Fall nicht in dem Maßen. Selbst Frau Lonley war verdammt müde gewesen, auch wenn ich nicht wirklich wusste von was. Wahrscheinlich war es die ungewohnte Situation. Ein Lichtstrahl fiel auf mich. Sofort verspannte ich mich. Wer wusste schon, was jetzt los war. “Link? Was machst du denn hier?” Eindeutig Ganon. Ich hob einfach den Arm, um meine Augen vor dem Licht zu schützen und gab ein missbilligendes Knurren von mir. Das reichte auch, denn der Strahl wurde gen Boden gerichtet. Blinzelnd, um die lustigen Punkte los zu werden, sah ich zu meinem Lehrer und musste gleich schlucken. War ja schön, dass er überhaupt ein Oberteil trug, aber musste er das Hemd offen lassen? Ich spürte förmlich, wie mir das Blut in den Kopf schoss. “Link, was machst du hier?” Als Erstes noch einmal schlucken, damit ich überhaupt einen Ton heraus bekam. “Sterne gucken.” Zumindest bis eben. “Sterne gucken?” Ich schüttelte mich, um wieder halbwegs klar denken zu können. Dass ich dabei fast vom Baum fiel, störte mich eher weniger. Eine gefühlte Ewigkeit später bekam ich mich tatsächlich wieder ein. “Was sollte das?” “Tschuldigung.” Ich stierte gen Boden. Aber die Frage würde ich nicht beantworten. Das schien auch Ganondorf nach einigen Momenten zu bemerken. “Was machst du hier?” “Versuchen zu schlafen.” Kurz war es ruhig bis: “Warum denn das?” Ich zuckte mit den Schultern. “Ich kann nicht wirklich mit drei anderen Personen auf so engen Raum schlafen.” Zumindest das war die Wahrheit. “Komm von dem Baum runter.” Stirnrunzelnd sah ich wieder auf. “Warum?” “Du kannst doch nicht auf einem Baum schlafen.” “Das sagen Sie nur, weil Sie es noch nie versucht haben.” Stille. Dann: “Du machst das öfter?” “Ähm… ja?” “Gibt es überhaupt einen Ort, an welchem du nicht schlafen kannst?” Tatsächlich musste ich stark nachdenken. Ich konnte in der Hitze der Gerudo - Wüste wie im Wals von Phirone. Oder im Ausguck eines Schiffes wie in der Schattenwelt. Also… “Gute Frage.” Verlegen fuhr ich mir durch die Haare. “Ich habe nur Probleme, wenn zu viele Leute um mich herum sind.” “Und deswegen schläfst du auf Bäumen.” “Auch.” Ganondorf sah mich regelrecht zweifelnd an. “Bist du noch nie runter gefallen?” “Doch.” Ich zuckte mit den Schultern. “Aber das letzte Mal ist eine halbe Ewigkeit her.” Offensichtlich von Kopfschmerzen geplagt, rieg Ganon sich die Schläfen. “Wie alt bist du?” “Siebzehn.” Worum ging es gerade? “Sieben glaube ich dir. Aber zehn?” Auch wenn er das nicht sehen konnte, verdrehte ich die Augen. “Vor zehn Jahren hätte Oma versucht, mir diesen Schlafplatz zu verbieten. Nicht dass das etwas gebracht hätte.” “Also um dich da runter zu holen…” “… müssen Sie schon Hand anlegen.” Er schüttelte den Kopf. “Das hättest du wohl gerne.” Ja, aber das behielt ich lieber für mich. “Ach, mach doch was du willst.” “Mach ich doch sowieso.” Einen belustigten Ton von sich gebend, wandte er sich schließlich doch ab. “Na dann, fall nicht.” “Wenn doch, sage ich Ihnen Bescheid.” “Verschone mich mit irgendwelchen Verletzungen!” Amüsiert vor mich hin glucksend, machte ich es mir wieder in der Astgabel gemütlich. Erinnerung 19 ------------- Erinnerung 19 Ich bring ihn um. Langsam, damit ich auch etwas davon hatte. Aber nicht heute. Und auch nicht morgen. Nein. Ich würde ihn erwischen, wenn er es am wenigsten erwartete. “Autsch!” Und wenn ich wieder auf der Höhe war. Mir auf die Zunge beißend, wusch ich mir die Wunde an meiner Hüfte aus. “Das bekommst du alles zurück.” “Was habe ich denn getan?” Vor Schreck rutschte ich aus und ging unter. Dabei bekam ich Wasser in die Lunge. Hustend tauschte ich wieder auf. Dass meine Verletzung jetzt richtig brannte, war das kleinere Problem. Auch wenn es verdammt schmerzte! Immer noch Wasser aus meiner Lunge befördernd, kämpfte ich mich aus dem Nass. “Hey. Alles in Ordnung?” Ich bekam ein abgehacktes Nicken zu Stande. Langsam ging es wieder. Mein erster tiefer Atemzug endete damit, dass ich mir die die schmerzende Hüfte hielt. “Was bitte hast du gemacht?” “Ich?” Hust. “Ich habe gar nichts gemacht.” Amparo runzelte wirklich die Stirn. “Ach. So eine Verletzung kommt also von nichts?” “Offensichtlich.” Mich räuspernd bekam ich endlich wieder Luft. “Zumindest wenn man im falschen Weg steht.” Er sah mich überlegend an. “Wie kannst du dürres Etwas im Weg stehen?” “Ich bin nicht dürr!” Vorsichtig betastete ich den Rand meiner Wunde. “Dafür klaue ich mittlerweile zu gut.” “Du bist Dieb?” “Notgedrungen. Ansonsten wäre ich schon längst verhungert.” Zumindest war meine Seite nicht wieder aufgerissen. “Was seit ihr für ein Volk?” “Das frage ich mich auch manchmal.” “Das müsstest du mir erklären.” Die Augen verdrehend sah ich zu ihm auf. “Mein Volk ist zu sehr standesbewusst. Und mein Stand ist so niedrig, der hat nicht mal einen richtigen Namen.” “Ich dachte Bettler und Diebe sind der niedrigste Stand in eurer Gesellschaft.” “Bettler werden bei uns noch mehr geachtet als Diebe.” Vorsichtig zog ich mein feuchtes da gerade gewaschenes Leinenhemd über den Kopf. “Aber ich bin noch weiter unten.” Er hob aufgebend die Arme. “Ich passe.” Kurz sah ich ihn an. Wie würde er reagieren?” Er könnte mich einfach alleine lassen. Das war zwar kein Weltuntergang, aber ich mochte ihn. Irgendwie. Und nein, das lag nicht an der Uhr die momentan auf dem Felsen lag, damit das Wasser sie nicht zerstörte. Der festen Überzeugung, dass mein Leben nicht noch schlimmer werden konnte, zuckte ich mit den Schultern. “Bastarde.” Er sah mich regelrecht geschockt an. Wobei es eigentlich schon eine Kunst war, etwas in seinem Gesicht abzulesen. “Wie bitte?” Ich hatte es doch gewusst. Geknickt senkte ich den Kopf. “Welcher Depp hat denn so einen Mist beschlossen?” Mehr als verwirrt konnte ich nur mit den Schultern zucken. “Ich kenne es nur so.” “Für wen bist du der Prügelknabe?” Ich zuckte zusammen. War das so offensichtlich? Dämliche Frage, ich hatte immer irgendwelche Blessuren. “Du schützt diese Person auch noch?” “Nein!” Ich schüttelte entschieden den Kopf. “Ich habe nur gelernt, dass es nichts bringt, sich darüber aufzuregen.” “Dann wird sich nie etwas ändern.” “Ich habe genug damit zu tun, zu überleben und einige der Jüngeren zu schützen.” Ich senkte den Kopf. “Da brauche ich nicht noch mehr Probleme.” “Du schützt trotzdem noch Andere? Warum?” “Weil es sonst keiner macht.” Seufzend lehnte ich mich an den Stein. “Ich hatte früher noch das Glück, dass mein Vater auf mich achtete. Hätte ich niemanden gehabt, würde ich schon längst nicht mehr leben.” “Ist das Schwarzseherei oder die Tatsache?” “Tatsache. Ich lebe nur noch, weil mein Vater eine gewisse Macht hatte. Diese ist zwar mit den Jahren immer weniger geworden, hat mir aber trotzdem das Leben gesichert. Und das gebe ich jetzt an Andere weiter.” “Und was bringt es dir?” Ich runzelte die Stirn. “Ich versteh nicht ganz.” “Was hast du davon, Andere zu beschützen? Vor allem, wenn es nur Nachteile bringt.” “Das Wissen, dass es den Kleinen besser geht, als mir momentan.” Er seufzte. Moment, er seufzte? Warum? “Du bist viel zu nett.” Eine gefühlte Ewigkeit starrte ich ihn an. Dabei vergaß ich glatt zu blinzeln. “Mund zu, ansonsten fliegen dir noch die Bienen hinein.” Klapp. Das war mein Kiefer. “Jetzt guck nicht, als ob ich dich gleich fressen will.” “Wie kommst du darauf, dass ich zu nett bin? Ich tue nur, was wir alle machen.” “Du könntest einfach abhauen.” “Und dann?” “Neu anfangen?” “Das geht nicht.” Ich schüttelte entschieden den Kopf. Kam ich heute überhaupt noch einmal aus dieser Bewegung heraus? “Warum?” “Ich kann doch nichts, außer mich an den Wachhunden vorbei schleichen und Schmerzen ertragen. Außerdem kann ich nicht nachweisen, wer ich bin, da bleibe ich lieber gleich hier. Hier kenne ich die Gassen und Fluchtwege wie meine Kammer.” “Das ist natürlich ein Grund.” Ein weiterer Grund war, dass ich froh war, ihn kennen gelernt zu haben. Es zeigte mir, dass es auch andere Ansichten gab und mein Onkel nicht in allen Dingen Recht hatte. Ein Gott musste es ja wissen. “Du starrst.” “Schlimm?” Im nächsten Moment hätte ich mir eine reinhauen können. War ich jetzt ganz dämlich? Doch zu meinem Glück lachte Amparo einfach nur. Zwar hatte ich keinen blassen Dunst, was jetzt so lustig gewesen war, aber ich nahm es einfach hin. Es vergingen einige Momente, an deren Ende er mich amüsiert ansah. “Du trägst dein Herz wahrhaftig auf der Zunge.” Meine Antwort war irgendetwas zwischen einem Nicken und einem Schulterzucken. Wie auch immer das von außen aussah. “Du bist lustig.” Na wenigstens brachte die Aktion ihn nicht dazu, mich zu hassen. “Ich denke, dass ich mit dir noch einige Sachen erleben werde.” “Ich denke am Besten gar nicht mehr.” Kein Blinzeln später merkte ich an seinem erneuten Lachen, dass ich wieder schneller gesprochen als nachgedacht hatte. Ob ich das irgendwann noch lernte? Kapitel 82 ---------- Kapitel 82 Ich riss die Augen auf. Der Himmel war blutrot. Früher Morgen. Warum war ich schon wach? Mir den Schlaf aus den Knochen schüttelnd, richtete ich mich auf und blickte über das Zeltlager. Alles ruhig. Was bei Farore hatte mich geweckt? Mein Blick wanderte noch mehrere Male über die Lichtung, aber ich fand einfach nichts. Schulterzuckend lehnte ich mich zurück um weiter zu schlafen. Da sah ich es. Ein Lichtschein zwischen den Bäumen. Ich fuhr erneut hoch. Fast fiel ich von den Ästen, konnte mich aber gerade noch halten, stieß mir dabei auch noch den Kopf. Über meine eigene Dummheit meckernd, kam ich doch irgendwie auf dem weichen Boden an. Warum hatte ich mich überhaupt abgefangen? Darüber konnte ich später nachdenken. Jetzt war das Leuchten wichtiger. Diesen Schein kannte ich. Nur waren die Funzeln normalerweise heller. Viel heller. Ich rannte quer durch die Zelte hin zu dem hellen Fleck. Und dort war sie. Eine Fee flog zwischen den Bäumen entlang. Dabei schwankte sie wie sturzbesoffen. “Warte!” Ich lief schnell auf sie zu. Geschockte drehte sich die Geflügelte zu mir um. Dabei bekam sie innerlich einen Schlag und trudelte langsam in Richtung Boden. Ich hatte nicht einmal die Zeit, mich selbst zu verfluchen. Stattdessen rannte ich, damit ich die Kleine noch auffangen konnte. Tatsächlich erwischte ich sie noch. Erneut stockte ich. Spinne ich jetzt, oder fühlte sie sich nass an? Ich hob sie auf Augenhöhe und versuchte durch das Licht zu sehen. Mit viel Blinzeln gelang es mir sogar. Nur mit Mühe unterdrückte ich einen geschockten Ton. Die Fee zitterte vor Angst - was mich weniger wunderte. Aber sie hatte eine Verletzung an der Schulter, die immer noch blutete. Mich nicht um ihren geistigen Zustand kümmernd - das hatte später noch Zeit - schloss ich sie in meiner Hand ein, drückte diese gegen meine Brust und rannte zurück. Ohne groß anzuhalten, riss ich unser Zelt auf und krabbelte mit einem etwas zu lautem “Zelda! Aufwachen!” hinein. Die erste Reaktion war nicht vorhanden. “ZELDA!” “Was´n?” Nicht nur Zelda guckte verpennt aus ihrem Schlafsack. Ich hatte aber keine Zeit zu warten. Ohne noch eine Sekunde zu zögern hielt ich ihr die kleine Verletzte unter die Nase. “Was zum…” Und endlich wurde sie wach. “Eine Fee?” “Hilf ihr!” Zelda brauchte noch drei Sekunden, bis sie sich aus ihrem Schlafsack heraus kämpfte und mit schon leuchtenden Händen die Verletzte übernahm. Im Gegensatz zu meinem Bruder beobachtete ich die Heilung nicht, sondern griff nach meinem Schwert. “Link? Was hast du vor?” Miriam sah mich regelrecht entgeistert an. “Raus finden, was Feen angreift.” Dabei schloss ich die Schnalle des Gurtes. Erst dann sah ich wieder zu Zelda. “Wie sieht es aus? Kannst du ihr helfen?” “Schwierig. Aber ich versuche mein Bestes.” Sie sah mich kurz an, bis sie die Augen verdrehte. “Jetzt geh schon. Hier kannst du mir sowieso nicht helfen.” Ich nickte und machte mich auf den Weg. Doch Scath hielt mich fest. “Link?” Ich spannte mich an, drehte mich aber nicht um. “Lass mich los.” “Nicht allein.” Wütend sah ich ihn jetzt doch an. “Auch auf die Gefahr hin wie der versnobte große Bruder zu klingen: Du bleibst auf dieser verdammten Lichtung und wenn ich dich zurück prügeln muss.” “Link, du…” Er starte mich mit offenem Mund an. “Lass los.” Das reichte auch endlich. Kaum dass Scath seinen Griff lockerte, war ich aus dem Zelt raus. Leider krachte ich fast in die nächste Gestallt. Ganon stand vor mir, die Arme verschränkt und eindeutig nicht auf der Höhe. “Was wird das wenn es fertig ist?” Ich biss mir kurz auf die Unterlippe, bis ich mich straffte und antwortete: “Der Schutz der Unschuldigen.” Seine Augen wanderten zum Zelt. Er öffnete den Mund, schloss diesen gleich wieder und sah erneut zu mir. “Zum Frühstück bist du wieder da.” Kurz war ich wie überfahren, dann nickte ich und rannte los. Kaum war ich aus der Lichtung raus, schlüpfte ich in mein Fell. Fast sofort fand ich die gesuchte Spur, was kein Wunder war. Feenblut hatte einen ganz eigenwilligen Geruch. Also los! Während ich durch die Bäume zischte, dachte ich an eben. Hatte Ganon mich mit der Fee gesehen? Warum zum Teufel war er wach? Na, wahrscheinlich hatte er wegen meinem ungewöhnlichen Schlafplatz einen Überwachungszauber über mich gelegt. Toll, und ich war wirklich gefallen. Da ich gerade nicht seufzen konnte, ließ ich es bleiben. Stattdessen fragte ich mich, wie weit die Kleine mit der Verletzung geflogen war. Denn wieder fand ich einen Tropfen des leuchtenden Blutes. Also weiter. Zu meinem Glück war ich doch schon fast am Ziel, da die Pflanzen begannen sich zu verändern. Die Blumen wurden filigraner, ein sicheres Zeichen dass eine Feenquelle in der Nähe war. Wahrscheinlich sorgte die hohe Magiekonzentration für die spontanen Mutationen. Ich trabte mittlerweile langsam durch die Bäume. Noch während ich mich fortbewegte, wechselte ich wieder auf zwei Beine. Meine Hand wanderte zum Griff meines Schwertes. Ich hatte das Gefühl, jeden Moment angegriffen zu werden. Stattdessen vernahm ich das Sirren einer Klinge. Das Schleichen in den Wind schreibend, rannte ich wieder. Und dann sah ich es endlich. Das glitzernde Wasser war aufgewühlt. Von Moblins. Zu meiner vollsten Verwunderung schwebte über dem Wasser eine große Fee, umzingelt von normalgroßen Vertretern. Immer wieder baute sie einen magischen Schild auf, der allerdings am laufenden Band zerbrochen wurde. Ich sprang mitten im Lauf ab, zog mein Schwert und schlug zu, als ich über ihnen war. Mehr oder weniger elegant landete ich im Wasser, fuhr sofort herum sodass ich zwischen Feen und Moblins stand und erhob die Waffe auf die Angreifer gerichtet. Stille. Die Moblins starrten mich an, als ob ich eine Erscheinung wäre. Selbst der, den ich verletzt hatte, kümmerte sich mehr um mich als seine Wunde. Auch die Feen in meinem Rücken konnten wohl nicht glauben, dass ihnen doch noch jemand zur Hilfe eilte. Ich knurrte: “Verschwindet!” Nun ja, es brachte nicht wirklich etwas. Die Moblins hoben ihre Speere und Keulen. Doch sie griffen nicht sofort an, stattdessen grunzten sie vor sich hin. Ich verstand ja viele Sprachen, aber mit den Lauten konnte ich beim besten Willen nichts anfangen. Seufzend senkte ich das Schwert zu Boden, um die Riesen offen anzusehen. “Geht.” Wenn ich Glück hatte, würden sie diese einfache Nachricht verstehen. Aus dem Grunzen wurde ein Murmeln. Dieses Murmeln wurde schließlich wirklich noch halbwegs verständlich. Das erste richtige Wort war: “Feenglanz.” Ich drehte den Kopf weit genug, um beide Parteien im Blick zu haben. Die große Fee nickte dazu. “Sie kamen mitten in der Nacht und verlangten unseren Heilstaub.” Den Heiligen wieder den Rücken zudrehend, wandte ich mich erneut an die Riesen. Einer der Moblins war einen Schritt vorgetreten und grunzte. “Gib! Glanz!” “Nein!” Mir war bewusst, dass ich etwas laut wurde. “Ihr tötet sie, wenn ihr den Feenstaub mit Gewalt holt!” “Gib! Glanz!” Jetzt reichte es mir. Ich erhob mein Schwert. “Kein Glanz. Geht.” Und endlich war die Nachricht bei den Moblins angekommen. Leider äußerte sich das darin, dass sie einfach auf mich zu rannten. “Geht aus der Schusslinie!” Allerdings konnte ich mich nicht davon überzeugen, dass die Feen wirklich verschwanden, denn auch ich musste meiner Anweisung folgen. Ein Sprung zur Seite rettete mich gerade noch vor einem schmerzhaften Zusammenstoß. Nur knapp hielt ich das Gleichgewicht auf dem nassen Untergrund. Tja, die friedliche Lösung ging gerade zur Hölle. Ich nahm mir einfach die Zeit zu seufzen, bevor ich mich wieder meinem Problem zuwandte. Sofort riss ich meine Klinge hoch um den ersten Speer abzufangen. Einer Keule wich ich durch einen erneuten Sprung aus. Kaum landetet ich - auf der Schulter eines der Angreifer - zog ich ihm eines mit dem Schwertknauf über. Ich wollte sie nicht töten, denn dann würde die Lage nur eskalieren. Jetzt erst richtig sauer stürmten die Moblins auf mich zu. Tja, Pech. Eher meinen Gefühle glaubend, ließ ich mich zu Boden fallen. Fast sofort spürte ich den Lufthauch einer Keule. Okay. Ich hatte so was von keinen Bock mehr… aber was tat man nicht alles für ein paar Feen und seine Klasse. Den Gedanken erst einmal zur Seite schiebend, ließ ich meine Waffe tanzen. Dabei setzte ich die Augen auf Halbmast, nur meinen Instinkten vertrauend. Alles Andere wäre in der Situation reiner Blödsinn gewesen. Nachdenken würde mich langsamer und durchschaubar machen. Ging auch ganz gut so, immerhin killte ich keinen aus Versehen. Trotzdem stieg mir der Geruch nach Blut in die Nase. Nichts, was störte. Das übernahmen die Feen. “Pass auf! Hinter dir!” Ich riss meine Augen auf und verlor dadurch den Faden. Zwar konnte ich gerade noch ausweichen, allerdings schlug mir eine Keule mein Schwert aus der Hand. Fluchend nahm ich Abstand, als mir eines der Speer tragenden Monster eine verdammt schmerzhafte Wunde an der Seite verpasste. Jeah! “Verdammt!” Ich hob mein Oberteil etwas an, um meine neuste Errungenschaft zu bewundern. “Super! Noch ne Narbe.” Meine Laune sank tief. Sehr tief. Die Moblind trennten mich effektiv von meiner Waffe und kamen immer näher. Den Abstand wahrend fingerte ich nach meiner Kette. Fünf Sekunden später beschloss ich, dass mein normales Schwert erst einmal außerhalb meiner Reichweite befand. “Ich habe so dermaßen die Schnauze voll!” Dabei löste ich das Mini-Schwert von dem Lederband. “Phai!” Sofort wurde sie warm und strahlte eine Menge Magie aus. Nur Augenblicke später hatte ich das Master-Schwert in der Hand. Kurz waren die Angreifer verwirrt, machten aber einfach weiter. Und ich haute denen jetzt erst recht den Stahl um die Ohren. Das hatten die jetzt davon. Basta. Einem besonders unvorsichtigem Exemplar schnitt ich den kompletten Brustpanzer auf. Dabei erwischte ich ihn so ungünstig, dass gleich noch ein Blutregen auf mich nieder ging. ”Bäh.” Moblinblut war immer so bitter. Nicht, dass ich so etwas wissen sollte… Einem Zweiten rammte ich meinen Ellenbogen in den Magen, was ihn sofort zusammensacken ließ. Glaubten die wirklich, bei der Übermacht lieb ich noch fair? Und so bekam ich alle dazu freiwillig Abstand zu halten. Mit den Halswirbeln knacksend, richtete ich mich wieder aus. “So! Noch einmal von vorne.” Mittlerweile weit über hundertachtzig starrte ich die riesigen Vollidioten an. “Ihr verpisst euch. Jetzt. Ansonsten filetier ich jeden Einzelnen von euch!” Sie starrten mich an als ob mir nicht nur ein sondern gleich zwei oder noch mehr zusätzliche Köpfe gewachsen wären. Also deutete ich mit meiner freien Hand auf den Wald. “Haut ab.” Da zwei Sekunden später immer noch nichts passiert war, wurde ich richtig laut. “LOS JETZT!” Schließlich hatten sie es gerafft. Einfach daran zu erkennen, dass sie praktisch übereinander fielen als sie endlich abzischten. “UND LASST EUCH HIER NIENWIEDER BLICKEN!” Für eventuelle Hörschäden wird nicht gehaftet. Und endlich waren sie außerhalb meines Sichtfeldes. Solange wie die brauchten, um auch aus meiner Hörweite zu kommen, brauchte ich um halbwegs wieder runter zu kommen. Dann erst wischte ich mir das Blut von den Augen weg. “So liebe ich meinen Morgen. Kann so ein Mist nicht bis Nachmittags warten?” “Ähm…” Blinzelnd sah ich zu der Fee - Tschuldige, Große Fee. “Wat is?” Sie schluckte trocken, nur um anschließend auf meine Mitte zu deuten. “Tut das nicht weh?” “Was?” Verwirrt sah ich an mir herunter. Kurz stierte ich auf das ganze Blut, von dem nur ein Teil meines war. Moment. Meins? Ich hob mein Oberteil an. “Ups. Da war ja was.” “Du…” “Ich?” Immer noch verwirrt. “… hältst das aus?” “Klar.” Ich zuckte mit den Schultern. “Hab schon schlimmere Verletzungen gehabt.” “Das kannst du aber vergessen!” Ihr Blick erinnerte mich daran, warum man Frauen nicht widersprechen sollte. Also ließ ich sie ohne zu murren an meine Verletzung. “Was wollten die eigentlich von euch?” Während die einfachen Feen um mich rum schwirrten, hantierte die Chefin herum. “Außer unseren Feenstaub? Ich habe nicht die leiseste Ahnung.” “Super.” Dabei ließ ich die Schultern hängen. Etwas flog gegen meine Wange. Erst wollte ich danach schlagen, bis mir einfiel dass es sich um eine der Feen handeln könnte. Also schüttelte ich einfach den Kopf, um sie zu vertreiben. Kaum hatte sie von mir gelassen, ertönte ein glockenhelles Kichern. Mir auf die Zunge beißend, verkniff ich mir ein abfälliges ´Weiber´. Dieses Wort würde mir jetzt nur Probleme bringen. Gewaltige. Die Augen verdrehte ich trotzdem. “Was denkst du?” “Wie ich meine Sachen wieder sauber kriege.” Das auch. Sekunden später ließ die Große endlich von mir ab. Stattdessen griff sie nach meinem Oberteil. “Da hast du noch Hoffnung?” “Ich lasse mich überraschen.” Und selbst wenn, das wären nicht die ersten Klamotten, die ich endgültig versaut hätte. Zwar würde ich mir von Oma gewaltig etwas anhören können, aber so lange ich selbst keine Verletzungen anbrachte… Mich schüttelnd drängte ich diesen Gedanken zurück. Stattdessen hob ich Phai auf Augenhöhe und drehte sie. Gut, kein Blut. Sie war zwar so beschaffen, dass Flüssigkeiten von ihr abperlten, aber sicher ist sicher. “Danke Phai.” Sie vibrierte kurz und prompt hing sie wieder an meinem Hals. “Wie…” Aufgrund ihres verdatterten Gesichtsausdruckes musste ich grinsen. “Noch nie ein magisches Schwert gesehen?” “Nein.” Schon hatte ich sie ebenfalls am Hals hängen. Bis es Phai zu Bund wurde und sie sich mittels Stromschlägen zur Wehr setzte. Meine ganze Reaktion bestand aus einem lauten Lachen. Kapitel 83 ---------- “Wie siehst du denn aus?” “Was denn?” Kurz sah ich an mir herunter. Zugegebenermaßen war ich nicht mehr so sauber wie gestern Abend oder heute Morgen aber… “…man kann doch die Farben meiner Sachen noch erkennen. Was haben Sie denn?” Als ich wieder aufsah, starrte mich Frau Lonley mit offenem Mund an. Das wollte sie offensichtlich nicht hören. Mit den Schultern zuckend ging ich an ihr vorbei. “Ich geh mich waschen.” Und das tat ich auch. Dabei kam ich an meiner Klasse vorbei, die mich in etwa so geschockt ansah wie unsere Klassenlehrerin. Pech. An der Badestelle angekommen, legte ich Schwert und Schuhe ab und sprang noch in Sachen in Wasser. Meine Klamotten mussten sowieso gereinigt werden, da konnte ich das gleich so erledigen. Prustend tauchte ich wieder auf und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Da sie mir aber sofort wieder vor die Augen fielen, schüttelte ich mich einfach. Ich sah wieder was. Jetzt erst zog ich mir mein Oberteil über den Kopf und besah es mir. Da konnte ich ne Weile dran schrubben. Während ich mich also an die Arbeit machte, kamen Schritte näher. Ich sah gerade lang genug auf, um Ganon zu erkennen. Schon machte ich weiter. Er hockte sich an den Rand des Wassers und musterte mich kurz. “Hast du irgendwelche Verletzungen?” “Nicht mehr.” “Was?” Ups. “Ähm…” Meine typisch intelligenten Antworten. “Also?” Leugnen sinnlos. Ich war verranzt. Ich strich mir durch die Haare. “Na ja. Ich hab schon eine Verletzung davon getragen.” Bewusst starrte ich auf mein Oberteil. “Die Feen haben sich darum gekümmert.” Apropos. “Wie geht es der Verletzten?” Ganon zog eine Augenbraue in die Höhe. “Die schwirrt Zelda um den Kopf herum. Ich musste mir auf die Zunge beißen, um nicht loszulachen. Das erinnerte mich so dermaßen an Navi. Schnell konzentrierte ich mich wieder auf die Blutflecken. “Was findest du daran so lustig?” “Eine der Feen meinte, mich unbedingt abknutschen zu müssen.” zum Glück war es nicht die Große. “Wie bitte?” Der wütende Unterton in Ganondorfs Stimme ließ mich aufsehen. Was hatte er denn? Irgendwie hatte ich das Gefühl, ein paar mehr Informationen könnten hilfreich sein. “Die Fee hat mir auf diese Weise Danke gesagt. Ist ja nicht so, als wenn die Geflügelten an irgendetwas anderes interessiert wären.” Ey, das half! Was war denn jetzt kaputt? Ganon atmete zweimal tief durch und löste vor allem seine Fäuste. Was war los gewesen? War er etwa auf eine Fee wütend? “Fang bloß nichts an, was du später bereust. Momentan bin ich für dich verantwortlich.” Ich starrte ihn an, öffnete den Mund und vergaß ihn zu schließen. Hier lief was gehörig schief. Ganondorf stand auf und ging in Richtung Klasse. Ich war schon fast aus dem Wasser raus, als ich merkte, was ich machte. Dabei schloss ich endlich den Mund, bevor ich noch etwas Dummes tat. Die Zähne zusammen beißend, starrte ich ihm hinterher. Etwas zu lange hielt ich diesen Blick aufrecht. Als ich mich endlich losreißen konnte, ließ ich mich rücklings zurück in den Fluss fallen. Um unten zu bleiben griff ich nach dem erstbesten Stein. Ich war so dumm. Verdammt! Von wegen “Träger des Triforce des Mutes”. Haha. Wenn es um wirklich wichtige Dinge ging, war ich so dermaßen feige. Das gerade war doch der beste Beweis. Ich hätte den nötigen Mumm aufbringen sollen, das eine Wort auszusprechen, welches mit auf der Zunge lag. Amparo… Hätte ich doch nur etwas gesagt! Dann könnte ich mir sicher sein! Gut, im dümmsten Fall wäre das meine letzte Tat gewesen, aber hey. Ich könnte auch einfach zu meinem Lehrer gehen und ihm ins Gesicht sagen, dass ich in ihn verknallt war. Am Besten noch auf Alt-Hyrulanisch. Über mich selbst den Kopf schüttelnd, verwarf ich diesen Gedanken. Ich wurde albern. Da konnte ich mich gleich in die Brennnesseln setzen, das würde mit zumindest die Peinlichkeit erspare. Ja, Fisch, ist so. Toll, jetzt redete ich schon mit Fischen. Für einen angeblichen Helden war ich ganz schön tief gesunken. Frustriert ließ ich einige Blasen aus meiner Lunge entweichen. Das nahm immerhin etwas von dem unangenehmen Druck. Ich hatte langsam keine Lust mehr. Ein Platschen ließ mich aufsehen. Nur Momente später packte mich jemand an den Schultern und zog mich trotz reflexartiger Gegenwehr wieder an die Luft. Kaum oben nutzte ich den restlichen Lungeninhalt für ein empörtes Kommentar. “Was zum Geier sollte das?” Aslam war es, der mich hochgezogen hatte - wer auch sonst. “Willst du dich ersäufen?” “Was? Nein!” Ich wischte das Wasser aus den Augen. “Wie kommst du auf solch einen Blödsinn?” “Du warst fast zehn Minuten unter Wasser!” Das war aber nicht unser Klassenzora. Den Kopf einziehend, drehte ich eben diesen zum letzten Sprecher. Oh oh. Nicht, dass Ganon wütend war, überhaupt nicht. Nein, er war eher… gute Frage. Enttäuscht? Auch nicht. “Also? Was war los?” Und ich starrte auf die Wasseroberfläche. Rein theoretisch könnte ich ihm sagen, es war um eventuelle Blutreste aus meinen Haaren zu spülen. Aber erstens wäre die Lüge offensichtlich und Zweitens wollte ich ihm nicht so einige billige Geschichte auftischen. Stattdessen tauchte noch einmal ab. Aber nicht, um abzuhauen. Ich sammelte nur schnell mein Oberteil ein, bevor ich wieder auftauchte und mir tonlos meinen Weg durch die Meute suchte. “Link?” Wieder Ganondorf. Und ich rang mir doch eine Antwort ab. “Glauben Sie mir, das wollen Sie gar nicht wissen.” Damit war das Thema für mich beendet. Erinnerung 20 ------------- Ding Dong. Wir blieben an Ort und Stelle stehen. Erneut klingelte es. Oma sah uns Stirnrunzelnd an. “Erwartet einer von euch Besuch?” Wir schüttelten die Köpfe. Die Klingel klang schon leicht ungeduldig. Darum stellte ich die Teller neben die Spüle und lief zur Tür. Die Klingel war mittlerweile stark genervt. Genau wie ich. Kaum hatte ich die Tür aufge… Ich meinte natürlich ruhig geöffnet, fragte ich so höflich wie ich es gerade zu Stande brachte: “Was gibt’s?” Wieder erwarten war es nicht Maleika. Es war nicht einmal jemand, den ich kannte. Ich sah in zwei geschockte Gesichter. Beide gehörten zu den älteren Semestern, außerdem schien es sich um ein Ehepaar zu handeln. Als fünf Sekunden später immer noch keine brauchbare Reaktion kam, wedelte ich vor ihren Gesichtern herum. Ich war neun, ich durfte das. Fast sofort sah mich die Frau genervt an. Hatte ich etwas getan? “Wir wollen mit Arn sprechen.” Kein Hallo? Kein Grund? Kein Name? Ich regte mich nicht, da ich immer noch auf ein ´Bitte´ wartete. Dieses Zauberwörtchen kam nicht. Stattdessen wurde die Frau dezent wütend. “Was denn jetzt?” “Er ist nicht da.” Ich log nicht einmal. “Und wo ist er dann?” Mittlerweile war sie genervt. Der Mann versteckte spontan sein Gesicht in den Händen. Schulterzuckend beschloss ich, dass wohl kein anständiger Ton mehr kommen würde. “Also durfte ich meinen Spaß haben. Ich deutete nach links. “Die Straße runter. Rechts die dritte Abfahrt nehmen und bis zum Ende durchfahren. Dort gehen Sie bis zur vierten Reihe, biegen nach links ab und fast am Wall sehen Sie ihn dann.” “Na geht doch.” Die Frau drehte sich zackig um und stiefelte vom Grundstück runter. Der Mann hingegen sah mich wenigstens noch entschuldigend an. Kurz grinste ich ihn an, bevor ich tief Luft holte. “Ein Danke hat noch niemanden umgebracht! Und selbst wenn, führt es nicht direkt in die Hölle!” Sie drehte sich um, den Mund zu irgendwas Unhöflichem geöffnet. Doch ich steckte ihr schnell die Zunge entgegen und warf die Tür zu. Sofort legte ich ein Ohr an das Holz. Wieder erwarten wurde es draußen nicht laut. Könnte daran liegen, dass der Mann auf seine Frau einredete. Kopfschütteln drehte ich der Tür den Rücken zu und stiefelte zurück in die Küche. Sofort sah Oma auf. “Wer war es denn?” “Keine Ahnung.” Ich griff nach einem Handtuch und begann das Geschirr abzutrocknen. “Sie haben sich nicht vorgestellt.” “Sie?” “Ein Ehepaar schätze ich. Sie sind etwa in deinem Jahrgang.” Oma verlor etwas an Farbe. “Was wollten sie?” “Zu Papa.” Ich zuckte mit den Schultern, kletterte auf die Arbeitsfläche und stellte den Teller weg. Warum waren die im obersten Fach, wo auch Oma nur schwer rankam? “Das gibt es doch gar nicht!” Oma stützte sich auf der Platte ab. “Da kommen die nach Jahren mal her und müssen ausgerechnet auf dich treffen.” “Oma?” Wow! Wir schafften es mal zu dritt synchron. “Schon gut.” Oma seufzte und richtete sich wieder auf. “Ihr braucht euch nicht die Köpfe darüber zu zerbrechen.” Wir drei tauschten Blicke aus und sahen wieder zu ihr. “Hört auf, darüber nach zu denken. Ich schätze mal, sobald sie vor dem Grab stehen, kommen die nie wieder.” Sie sah nach draußen und nuschelte dabei. “Hoffe ich zumindest.” Oh je. Wen bitte hatte ich da vergrault? “Du Oma?” Ich stellte den letzten Teller weg. “Link, frag nicht.” Mittlerweile klang sie stark gequält. “Doch.” Ich hüpfte vom Tresen. “Wir sind fertig. Können wir in den Wald?” Und endlich lachte sie. “Danke, Kinder. Na, geht schon.” So waren wir drei aus der Küche raus. Wir hielten uns nicht lange auf, sondern liefen barfuss über den Rasen. Kaum hatten wir die ersten Baumreihen hinter uns gelassen, schlüpften wir in unsere Pelze. Das weiße Häschen, welches normalerweise unsere Schwester war, nahmen wir in die Mitte. Es war nur, damit ihr nichts passierte. Wir kannten uns im Wald nun einmal etwas besser aus. Komischerweise war kein Hase zu finden, der bereit war, Annira die Gesetze des Waldes zu lehren. Da waren Wölfe wesentlich offener. Es gab nur leichte Probleme, ihnen zu erklären, dass dieser Hase keine Mahlzeit war. Aber ein Argument welches mit unserem Rudel zu tun hatte, war meist überzeugend. Und genau dorthin waren wir unterwegs. Lustigerweise gingen Anns Instinkte eher in der Anwesenheit von Füchsen mit ihr durch als bei Wölfen. Verständlicherweise fand sie selbst es nicht lustig. Kurz vor der Lichtung bremsten wir ab um gesittet aus diese zu treten. Die Wölfe wurden nacheinander auf uns aufmerksam, aber es begrüßte uns keiner. Rudelgesetze halt. Wir hielten genau auf den großen Felsen zu. Kurz davor blieben wir stehen und legten leicht unsere Schnauzen zur Seite. “Hallo, Alpha Regenbogen.” Vorsichtshalber hoppelte unser flauschiges Häschen zwischen meine Pfoten. Nur weil das Rudel versprochen hatte, Ann nichts zu tun, musste man kein Risiko eingehen. Regenbogen sprang verdammt elegant von seinem Felsen und kam auf uns zu. “Blutträne, Himmelsauge. Schön, euch wieder zu sehen.” Prompt war das nicht vorhandene Eis gebrochen und der Rest des Rudels kam ebenfalls zu uns, um uns zu begrüßen. Ehrlich gesagt waren mir die meisten Gesetze der Wölfe schlüssiger als die der Hylianer. Also was war ich? Bescheuert, ich weiß. Aber das Thema war erst einmal egal. Als so zu sagen Rudeljüngste war es jetzt unsere Aufgabe, die Erwachsenen heraus zu fordern und für eine sehr lustige Spielrunde zu sorgen. Das waren auch die einzigen Momente, wo mal ein Hase einen Wolf jagen konnte. Irgendwann würde ich mal an meinen Fotoapparat denken und meine Geschwister so einfangen. Aber ich sollte nicht über so etwas nachdenken sondern mitmachen! Jippy! So konnte man Stunden verbringen. Wenn Oma noch jünger wäre, würde sie wahrscheinlich mitmachen. Ein Pfiff hallte durch den Wald. Regenbogen war der Erste, der die Ohren aufmerksam aufstellte. “Seit mal ruhig.” Das half. Sogar Ann sprang von meinem Rücken. “Das ist doch euer Ahne gewesen.” Ich trat zu unserem Alpha und horchte ebenfalls in den Wald. Nur Sekunden später gab es einen erneuten Pfiff. Es war somit wirklich Oma. Nur was wollte sie? Darum pflanzte ich mich auf meine vier Buchstaben und gab ein kurzes Sinnfreies Heulen von mir. Scath und Ann kamen zu mir, wobei unsere Kleine zwischen seinen Vorderpfoten hoppelte. Wir sperrten alle drei die Lauscher auf. Wieder kamen Pfiffe zu uns. “Einmal lang, zweimal kurz. Mein Bruder und ich tauschten einen kurzen Blick aus, “Sag mal Himmelsauge, was hast du angestellt?” Das fragte ich mich jetzt auch. Oma rief uns zurück. Wahrscheinlich waren die Beiden von vorhin wieder aufgetaucht. Nicht gut. Uns blieb also nichts anderes übrig, als uns vom Rudel zu verabschieden und den Rückweg anzutreten. Langsam und gesittet. Ann war schon leicht geschafft und konnte deswegen nicht mehr so durch die Gegend rennen. “Was hat Oma denn? Sonst lässt sie uns doch auch länger spielen?” “Das werden wir schon sehen.” Ich hatte ein dezent mieses Bauchgefühl. Wer waren die Beiden? Kurz vor Ende des Waldes wurden meine Geschwister langsamer, wohl um wieder zu Hylianern zu werden. Ich aber legte noch einen Zahn zu und trat so wie ich war auf den Rasen. “Himmelsauge!” Ich blieb stehen und drehte mich halb zurück. “Jetzt kommt schon!” Ann hörte auf mich und kam zu mir gehoppelt. Doch mein Bruder blieb im Wald sitzen. “Du spinnst doch. Wir wissen doch gar nicht, was Oma von uns möchte.” “Genau das werde ich jetzt heraus finden.” Darum bewegte ich mich weiter in Richtung Haus. Anders als die meisten Wölfe wusste ich, wie man eine Tür öffnete. Leise öffnete. So konnte ich im Wohnzimmer ebenfalls fast lautlos auf das Sofa zu schleichen. Dort saß wirklich das Paar von vorhin. Die Frau regte sich lautstark über irgendetwas auf. Erst verstand ich kein Wort, da mir die Ohren schmerzten. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich an diese Lautstärke zu gewöhnen. “Du hättest uns darüber informieren müssen! Wir hatten ein Recht darauf, es zu erfahren!” Da ich keine Lust auf dieses Gekeife hatte, bellte ich kurz. Sofort war es still. Während die Frau mich anstarrte, als ob ich ein Monster wäre, beugte sich der Mann zu mir. “Ihr habt ein Haustier?” “Ey!” Ja, ich regte mich darüber auf. “Ich bin doch kein Haustier!” Der Kerl starrte mich jetzt auch groß an. Oma kam mit einem Tablett in die Stube. Sofort fiel ihr Blick auf mich. “Ich hoffe, du hast dir die Pfoten abgeputzt.” “Klar.” Ab und an dachte auch ich daran. “Gut.” “Oma!” Ann rannte quer durch den Raum und sprang Oma in die Arme. Lachend streichelte sie das weiche Fell. Auch Blutträne kam herein und legte sich neben mich. Ihm war die ganze Sache unangenehm. “Zwei Hunde?” “Wir sind doch keine Hunde!” Da machte der Schwarze auch wieder mit. “Gebt Ruhe, ihr Beiden.” Oma setzte auch unsere Kleine wieder ab. “Krümelt euch vor den Kamin.” Wir kamen der Anweisung ohne zu murren nach. Auf dem Weg dahin schnappte ich Ann am Nackenfell und trug sie zu der weichen Matte. Schon auf dem kurzen Weg fing sie an zu gähnen. An unserem Ziel angekommen setzte ich sie ab, wo sie sich augenblicklich zusammen rollte und die Augen schloss. Na ja, besser sie schlief hier als im Wald. Und wir Wölfe legten uns zu ihren Seiten hin. Dieses seltsame Ehepaar starrte uns an. Uns alle drei. Oma saß mittlerweile auf ihrem Sessel mit einer Tasse Kräutertee in der Hand. “Jetzt sagt noch einmal ruhig, was ihr wollt.” Sie hob warnend den Finger. “Ruhig, ansonsten sag ich den Beiden, sie sollen euch in den Wald jagen.” Ich sah auf. Was sollten wir? “Pah.” Ich mochte dieses hochnäsige Frauenzimmer immer weniger. “Das wagst du nie.” Okay. Jetzt langte es. Ich stand wieder auf, legte die Ohren an und knurrte aggressiv. Bevor die Zwei aber in Panik ausbrechen konnte, ging Oma dazwischen. “Setzt sich wieder. Noch ist es nicht nötig.” Schmollend setzte ich mich hin und sah bettelnd auf. “Ja toll.” Kopfschüttelnd wandte sich Oma an ihren Besuch. “Also los. Was wollt ihr?” Viel zu stark stellte die Fremde ihre Tasse wieder auf den Tisch. “Ich habe heute erfahren, dass mein Sohn vor sieben Jahren gestorben ist! Du hättest uns benachrichtigen müssen!” “Euer Sohn?” Oma schnaubte abfällig. “Ihr habt ihn damals mit Pauken und Trompeten davon gejagt! Und das nur, weil er meine Tochter heiraten wollte! Arn war nicht mehr euer Sohn, das Recht hast du mit Füßen getreten, Sarah!” Das da sind unsere Großeltern? Ach du heilige… Blutträne und ich sahen uns an. Darum kannte ich die Zwei nicht. Es gab in diesem Haus nicht einmal Fotos von diesem Zweig der Familie. Mein Blick glitt kurz zu Ann. Noch schlief sie, aber für wie lange? Ich wollte nicht, dass sie die Schlammschlacht hier mitbekam. “Himmelsauge?” “Hm?” “Los, wir bringen sie hoch und stecken sie ins Bett.” Ich sah kurz zu den Erwachsenen, von denen sich Eine über die Anschuldigungen aufregte. “Nein.” Dazu schüttelte ich den Kopf. “Ich bleibe hier. Oma sollte das nicht alleine durchstehen.” “Gut.” So stand Blutträne auf, packte unser Schwesterchen wie ich vorhin am Nackenfell und stiefelte los. Ich begleitete die Zwei noch bis zur Tür, um eben diese zu öffnen und hinter ihnen wieder zu schließen. Zu meiner Verblüffung wachte Ann während dieser Prozedur nicht auf. Mich darüber wundernd, ging ich zu Oma und legte mich neben den Sessel. “Hol dir nichts auf dem kalten Boden weg.” Oma machte sich wieder unnötige Sorgen. Und ich musste natürlich meinen Senf dazu geben. “Wir haben Hochsommer.” Auch wenn Oma mich nicht verstand, so konnte sie sich doch denken, was ich wollte. Also legte sie mir nur kurz ihre Hand auf den Kopf. Der Mann starrte mich nur an. “Was muss man tun, damit ein Hund so gut erzogen ist?” “Als Erstes den Unterschied zwischen Hund und Wolf erkennen.” Er starrte mich jetzt erst Recht an. Und ich zeigte ihm die kalte Schulter. Hund, also bitte. “Wolf?” Er quietschte! “Natürlich. Im Wald hinterm Haus lebt ein ganzes Rudel.” Oma war schon längst darüber hinweg, dass ihr das etwas ausmachte. “Wölfe! Hier!” Diese Frau wurde wieder laut. “Wie kommst du dazu, so etwas in die Nähe eines Kindes zu lassen?” Meine Lieblingsoma runzelte die Stirn. “Eines Kindes?” “Unser Enkelkind natürlich!” Hoffentlich musste ich sie nie wieder sehen, wenn das hier vorbei war. “Arn hat garantiert ein Kind, denn das war seine letzte Nachricht an uns.” “Wie heißt es denn? Ist es ein Junge oder ein Mädchen? Und wie alt?” Oma grinste. “Das sind alles Informationen, die ihr hättet in Erfahrung bringen können.” Endlich war dieses Weib mal still. Um die Zwei besser im Blick zu haben, legte ich meinen Kopf auf Omas Schoß. Der Man hatte sich zurück gelehnt. Er hielt sich bewusst aus dem Zickenkrieg heraus. Allerdings ließ er mich keine Sekunde aus den Augen. Die dazugehörige Frau stierte immer noch vor sich hin. Bis es Oma reichte und sie sehr bestimmt ihre Tasse abstellte. “Link, neun Jahre.” “Link?” Mist, die hatte doch noch ihre Stimme. “Was ist das denn für ein Name?” Genervt knirschte ich mit den Zähnen. Was hatten in dieser Ära nur alle mit meinem Namen? Ich mochte den! “Ich weiß zwar auch nicht, wo Arn den Namen her hat, aber Medila hat sofort zugestimmt, den Älteren so zu nennen.” Ach, so war das. “Älteren?” “Zwillinge.” Oma begann mich hinter den Ohren zu kraulen. “Zwei Jungs. Der Jüngere heißt Scath.” Es herrschte ein paar Momente Stille, bis die Fremde wieder einmal auffuhr. “Ich will die Jungs sehen!” “Nein.” Richtig so, Oma! Zeig es ihr! “Wa…” “Die Kinder kennen euch nicht.” Oma blieb erstaunlich ruhig. “Ich werde sie nicht mit dir alleine lassen.” Ich zuckte kurz mit den Ohren und schielte nach oben. Bezog sie sich gerade wirklich nur auf die Frau? “Du hast kein Recht, uns unsere Enkel vor zu enthalten!” “Ihr habt doch gar kein Enkel. Wie denn auch ohne Kinder.” Autsch. Das hatte gesessen. “Du wagst es, uns…” “Nicht euch.” Also wenn ich mir nicht schon vor Generationen das Zwischenquatschen angewöhnt hätte, würde ich das wohl spätestens jetzt meistern. “Du. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, aber dein Angetrauter mimt einen auf stumm. Allerdings glaube ich, dass liegt größtenteils an Himmelsauges Anwesenheit.” Stille, “Himmelsauge?” Der Mann hatte seine Sprache wieder gefunden. “Na, irgendwie musste er ja heißen.” “Seltsamer Name.” “Wenn du ihn dir genau ansiehst, wirst du feststellen, dass der Name sehr gut zu ihm passt.” Wo sie recht hatte. Und zumindest konnte ich die Wölfe noch davon abhalten, mir den Namen Sonnenfell zu verpassen. Sie hatten echt nicht verstanden, was mich daran störte. “Wer hat ihm denn diesen Namen gegeben?” Oma gluckste. “Wollen wir das wirklich hier und jetzt ausklamüsern?” Es war Alpha Regenbogen. Nachdem ich seinen ersten Vorschlag gleich in den Wind geschossen hatte. “Warum hat ein Wolf einen Namen?” “So oft und viel, wie von denen hier herum rennen, ist es besser deren Namen zu kennen.” Er machte den Mund auf, schloss ihn wieder, starrte uns Beide an und wiederholte das Schauspiel. “Du lenkst ab.” Leider hatte die Frau ihre Stimme wieder. “Nö. Ich beantworte Fragen.” Und wieder nahm Oma einen Schluck Tee. Warum blieb sie nur so ruhig? “Also. Wann ist mein Haus endlich wieder frei von eurer Sippe?” “Wenn wir die Kinder gesehen haben.” “Das glaubst auch nur du.” Omas Hand auf meinem Kopf zitterte mittlerweile vor unterdrückter Wut. “Ich habe euch schon mehr gesagt, als ich müsste. Trotzdem verlangt ihr noch mehr. Eigentlich hätte ich schon längst die Wächter rufen sollen.” Mein Stichwort! Ich flitzte sofort los, raus aus der Stube. Im Flur schnappte ich mir das meiner Meinung nach viel zu teure Telefon und machte sofort kehrt. Dass Scath oben auf der Treppe stand, registrierte ich nur am Rande. Wieder im Wohnzimmer musste ich ganz schön stark bremsen, damit ich nicht in irgendetwas oder irgendjemanden hinein krachte. So blieb ich neben Oma sitzen und hielt ihr das technische Ding hin. Dabei drehte mein Schweif am Rad und ich mit. Das Ehepaar starrte mich wieder einmal an, wie eine Erscheinung. Und Oma strich mir laut lachend durch das Fell. “Du meinst also, ich soll die Wächter doch noch rufen?” Ich nickte, schmiss ihr das Telefon auf den Schoß und bellte freudig. “Na dann…” Kapitel 84 ---------- Das Tuscheln unserer Klasse wurde langsam aber sicher nervig. Zum Glück war wenigstens Zelda ruhig. Wichtig, da sie direkt neben mir saß. Ganondorf ließ sich aber gar nicht von der lauten Geräuschkulisse stören. Selbst die Versuche von Lonley ein Gespräch zu eröffnen, prallten fruchtlos an ihm ab. Die Spekulationen unserer Klasse wurden immer wilder. Und das nur, weil das Frühstück mittlerweile eine Stunde zurück lag und wir immer noch nicht mit dem Frühsport angefangen hatten. Mir war das relativ egal. Ich hatte die Nacht sowieso schlecht geschlafen. Das lag aber nicht daran, dass Ganon dreimal vorbei kam und mich jedes Mal aus Versehen weckte. Es war eher die Eule, die andauernd neben mir die große Klappe hatte. Aber nur bis ich die Schnauze gestrichen voll hatte und mit dem Vieh im Maul in den Fluss stiefelte. Plötzlich war es dann ruhig gewesen… Und jetzt holte ich den versäumten Schlaf nach. Zumindest nachdem Zelda vor ein paar Minuten drei unserer lauteren Jungs die Stimme geklaut hatte. Fast war ich weg, da zerriss ein Pfiff die Stille des Waldes und die Gespräche der Schüler. Ich drehte mich auf die Seite und stützte den Kopf auf meiner Hand ab. So konnte ich unseren Lehrer dank seiner Größe ganz gut sehen. Dieser ließ seinen Blick über uns wandern und pfiff noch einmal kurz, damit wir wirklich alle zu ihm sahen. Als das mit Sicherheit geschehen war, nickte er sich selbst zu. “Das nächste Gebiet, welches wir anschneiden werden, wird etwas schwieriger. Aber als Erstes: Aslam?” Unser Zora hob eine Hand als Zeichen, dass er zuhörte. “Kannst du dich im Fluss halten?” “Umpf.” Aslam starrte in Richtung des Wassers. “Ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich habe zwar Erfahrung mit Stromschnellen, aber nur in kontrollierter Umgebung.” “Traust du es dir zu?” Und er überlegte. Dabei wackelte er leicht mit dem Kopf. “Wenn ich eine Notfallsicherheit hätte, ja. So frei mache ich das nicht. Ich hänge an meinem Leben.” “Also ne Sicherungsleine.” Offensichtlich hatte sich Ganon schon Gedanken darüber gemacht. Mir entwich ein Schnauben. “Das glauben Sie. Wenn Aslam sich nicht mehr gegen die Strömung durchsetzten kann, hält ihn niemand mehr, auch Sie nicht. Wenn Sie das Seil an einem Baum festbinden, wird er sich durch den Ruck verletzten.” “Link, hör auf logisch zu sein.” Entnervt fuhr Ganondorf sich über die Augen. Hatte ich jetzt den mir nicht bekannten Plan über den Haufen geworfen? Während unser Lehrer noch an einer neuen Taktik arbeitete, streckte ich mich um Kentin anzustoßen. Ihm deutete ich, Aslam auf mich aufmerksam zu machen. Tatsächlich sah er kurz darauf zu mir und kam sogar ein Stück zu mir gerutscht. “Was gibt’s?” “Würdest du es mit einer indirekten Sicherung versuchen?” “Was bitte hast du vor?” Jetzt setzte ich mich doch wieder auf und deutete auf den Waldrand. “Da, wo der Fluss wieder im Wald verschwindet, liegen ein paar Findlinge. Da könnte man ein Seil spannen.” Sofort nahm Zelda meine Idee auf. “Dann sollte man zwei Seile spannen. Eines so weit unten wir möglich, damit Aslam sich festhalten könnte. Ein Zweites etwas höher, als Halt für jemanden, der unserem Lieblingsfisch eine helfende Hand reicht.” Aslam ging nicht einmal auf die Bezeichnung ein. Stattdessen nickte er nach einer kurzen Bedenkzeit. “Das wäre ein überschaubares Risiko.” “Heißt?” “Ich würde es machen.” Nickend stellte ich fest, dass ich wach war. “Nur wie spannen wir die?” Blinzelnd sah ich Zelda an. “Du kannst dich doch auf die andere Seite teleportieren.” “Das geht aber nicht mit einem Seilende in der Hand.” “Kann es sein, dass du vergessen hast, dass ich eine Armbrust dabei habe?” Kurz sah sie mich an, bevor sie anfing zu lachen. Während Prinzesschen sich über sich selbst amüsierte, stiefelte ich zu den diskutierenden Erwachsenen. Spontan beschloss ich, dass mein heutiges Pensum an Todessehnsucht noch nicht gedeckt war und stieß Ganon einfach an. “Link?” Ich hatte ihn wohl voll rausgerissen. “Was gibt’s?” “Wir bräuchten mal zwei Seile.” “In der Hütte.” Nickend machte ich mich auf den Weg. Ich war schon fast an der Tür, da wurde ich doch noch aufgehalten. “Warte. Für was?” “Wir basteln ne Sicherung für Aslam.” Kurz sah ich ihn an. “Sagen Sie mir, was Sie vorhaben?” “Damit du mir genauso wie deine Klassenlehrerin bescheinigst, dass ich scheinbar gar keine Tasse mehr im Schrank habe? Danke, ich verzichte.” “Na, da erfinde ich mich ja in bester Gesellschaft.” Die Hütte hier war besser aufgeräumt als die Waffenkammer in der Akademie. Tatsächlich fand ich zwei Seile, die vom Gewicht her lang genug sein müssten. Diese drückte ich einfach meinem verdutzten Lehrer in die Hände, bevor ich zu unserem Zelt ging und meine Armbrust holte. “Okay. Ich bin neugierig.” Dabei lief Ganon mir hinterher wie ein treues Hünd… Klatsch! “Link?” Grummelnd lief ich weiter. Der Schlag ins Gesicht war nötig gewesen. Meine Gedanken drangen eindeutig in nicht akzeptable Bereiche vor. Mir selbst Vorwürfe machend, zog ich eines der Seile zu mir und ließ mich im Schneidersitz auf dem Rasen nieder. Zelda nahm das zweite Tau an sich und begann es ebenfalls an einem der Pfeile fest zu knoten. “Ihr verratet wirklich nichts, hm?” Als dem Augenwinkel sah ich, wie Zelda kurz aufsah, bevor sie weiter machte. “Information gegen Information.” Ganon haderte kurz mit sich selbst. “Ihr habt mich. Ich lass mich überraschen.” “Ach mist.” Alle im Umkreis lachten. “Meinst du, die fliegen?” Dabei sah Zelda auf den Pfeil mit Anhang in ihrer Hand. “Keine Ahnung.” Immerhin war ich ehrlich. “Aber es geht ja nur um ein paar Meter. Von Scath nahm ich die schon zusammengebaute Armbrust entgegen, spannte ein und sah zu Zelda. “Gehst du rüber?” Sie deutete einen Salut an und war einen Moment später verschwunden. Die Augen rollend brachte ich mich in Position. Der erste Schuss fand genau in einer Astgabel sein Ziel, da wo er hin sollte. Der Zweite kam auf der anderen Seite des Geästs zur Ruhe. Die Waffe drückte ich einfach Scath in die Hand, bevor ich mir eines der Seilenden schnappte. Kurz brauchten Zelda und ich, bis wir auch das gleiche Seil in den Händen hatten, dann erst befestigten wir dieses am Baum. Das Zweite landete bewusst schief an dem Randbewuchs. Das Seil an den Steinen testete ich ganz einfach. Barfuss - wie die letzten Tage meistens - sprang ich über die Findlinge und ließ mich einfach in das Tau fallen. Wie sonst auch beachtete ich die geschockten Ausrufe nicht. “Scheint zu halten.” “Du bist lebensmüde, kann das sein?” Zelda war plötzlich neben mir aufgetaucht. Ich musste grinsen. “Eigentlich dachte ich, das wäre offensichtlich.” “Auch wieder wahr.” Vorsichtiger als ich lehnte sich auch unsere Klassengöttin in das Seil. “Hält!” Womit bewiesen wäre, dass eher Zelda mein Zwilling war. “Ihr seit doch beide bescheuert!” Und Aslam war mitten in einem Lachkrampf. Platsch! Jetzt lachte Zelda. Kein Wunder nachdem sie Aslam eine Dusche verpasst hatte. “Ha ha ha.” Er streckte uns die Zunge entgegen. Grinsend gab ich auch noch meinen Senf dazu. “Jetzt spring schon rein.” “Ja ja.” Tatsächlich stieg er einfach aus seinem Shirt und sprang weiter oben in das Wasser. Die gesamte Klasse stand mittlerweile am Ufer und starrte in den Fluss. Angespannt hielt ich mich an unserer Halteleine fest, während ich auf jede Bewegung unter Wasser schaute. Aber zum Glück tauchte der Vermisste nach ein paar Minuten an der anderen Seite des Gewässers wieder auf. Kurz bedeutete er, dass es ihm gut ging, bevor er sich ins Gras fallen ließ. Noch fast vor mich hin pfeifend, sprang ich über die Steine und lief zu Aslam. “Und? Wie war es?” “Seltsam.” Er war nicht geschafft, nur nass. “Es ist, als ob weiter unten die Strömung nicht so stark ist.” Dabei runzelte er die Stirn. “Irgendwie komisch.” “Hm.” Ich zuckte nur mit den Schultern. In Hyrule war alles normal, was irgendwie anders sein konnte. Ein Pfiff ließ uns aufsehen. Ganon - wer auch sonst? - deutete uns mit nur einem Armwink zurück zu kommen. Während Aslam also wieder ins Wasser sprang, flitzte ich mir nichts dabei denkend über die nassen Steine. “Und wenn du gefallen wärst?” Scath hatte sich die Tasche der Waffe über die Schulter geworfen. “Dann hätte ich ein Problem gehabt.” Ein Gewaltiges. Wir sammelten uns um Ganon. Dabei waren alle recht ruhig, eben weil alle neugierig waren. “Reißt mir nicht gleich den Kopf ab, wenn ihr meine Idee zu dämlich findet, okay?” Meine Hand ruckte sofort in Richtung Schwert, falls irgendjemand auf dumme Gedanken kam. Etwas zu Spät bemerkte ich, dass ich gerade gar keine Waffe dabei hatte… Scath und Zelda fanden es aus mir komplett unerfindlichen Gründen sehr lustig. Zum Glück hatte keiner sonst etwas mitbekommen. Erwachsene eingeschlossen. “Also gut.” Ganon war leicht unruhig. “Mein Plan für heute beinhaltet ne Einheit Schwimmtraining.” Stille. Einige sahen ängstlich zum Fluss. “Bevor ihr anfangt, Panik zu schieben, lasst mich ausreden.” Tatsächlich drehten sich alle wieder zu ihm. “Ja, ihr sollt einmal quer durch den Fluss schwimmen. Nein, ich werde euch nicht dazu zwingen.” Sofort ging eine Welle der Erleichterung durch die Reihen. Dachten die wirklich, unser Lehrer würde einen Massenmord begehen? Das ging doch einfacher. Falsches Thema, Link. “Dachtet ihr etwa, ich spiele so dermaßen mit eurem Leben?” Zumindest eine Hand vol Schüler hatte den Anstand beschämt zu Boden zu starren. “Ich muss ja einen Eindruck bei euch hinterlassen haben.” Ja, einen ganz schön tiefen. “Also, Freiwillige vor.” Sofort ruckte meine Hand nach oben. Keiner weiter wagte es. Verwirrt sah ich Scath an. “Guck nicht so.” Er rollte etwas stark übertrieben mit den Augen. Ich hatte das Gefühl, es war Absicht. “Wenn du das überlebst, probiere ich es auch.” “Ach, aber ich darf draufgehen.” Verstimmt verschränkte ich die Arme vor der Brust. “Klar.” Mein Bruder zuckte unbeteiligt mit den Schultern. “Du hinterlässt wenigstens keine Freundin.” “Und warum hinterlässt du nur eine Freundin?” Grummelnd stand ich auf und drehte mich zum Fluss. “Hey, was soll das jetzt heißen?” “Wann willst du Miri endlich fragen, ob sie dich heiraten will?” Und da ich keine Lust hatte, irgendwas gegen den Schädel zu kriegen, rannte ich die paar Meter und sprang Kopf voran ins Wasser. Prompt erfasste mich die Strömung. Einen etwas größeren Stein bekam ich zu packen und zog mich an diesem nach unten. Blinzelnd sah ich stromaufwärts, nur um zu warten. Tatsächlich platschte es nur Sekunden später und ich konnte Aslam erkennen. Kaum hatte unser Zora mich entdeckt, ließ er sich zu mir treiben. Alleine an seinen Bewegungen konnte man sehen, dass er - sorry für die Ausdrucksweise - Fische als Vorfahren hatte. “Sag mal, bist du lebensmüde?” Er schrie mich an. Allerdings kam durch den Lärm der Strömung nicht viel der eigentlichen Lautstärke zu mir durch. Ich reagierte auf die einzige Art, wie es mir momentan möglich war. Ich grinste. Und Aslam seufzte genervt. “Ach, ist ja auch egal.” Gerade noch konnte ich mich davon abhalten, ein amüsiertes Geräusch von mir zu geben. Erinnerung 21 ------------- Ich starrte die Feder an. Diese starrte zurück. Zumindest bildete ich mir das gerne ein. “Federn beißen für gewöhnlich nicht, weißt du?” Für meinen Geschmack klang er etwas zu amüsiert. “Du sagst für gewöhnlich. Ich habe das Gefühl, in meiner Gegenwant passieren nur ungewöhnliche Dinge.” Dabei krauelte ich die Fuchswelpe auf meinem Schoß. Jetzt gluckste der auch noch! “Wenn dich wirklich diese wild gewordene Feder angreift, werde ich dich schon zu beschützen wissen.” “Ach, und wie?” So eine Feder war doch klein und wendig. Wobei ich keine Ahnung hatte, was für ein Gefieder solch große Dinger hervor brachte. Zu meiner Verteidigung: Ich kannte nur Hühner und die kleinen Sänger hier im Wald. Amparo starrte mich kurz stumm an, bis er laut lachte. Ich fand sowieso, dass er das in meiner Anwesenheit recht häufig tat. Oder er war im Allgemeinen ein sehr lustiger Zeitgenosse. Was ich mir bei einer dunklen Gottheit irgendwie nicht vorstellen konnte. Ein Schmetterling setzte sich auf die Feder, schlug ein paar Mal mit den Flügeln und starrte mich an. “Sag mal, lachst du mich jetzt aus?” Wenn der jetzt antworten sollte, wäre ich wirklich erstaunt. Das hatten diese Tiere noch nie gemacht. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie überhaupt Geräusche von sich geben konnten. Im Gegensatz zu Amparo, der gerade einen wahren Lachkrampf hatte. Konnten Götter an Luftentzug sterben? Der Schmetterling hob wieder ab. Und landete Sekunden später auf meinem Kopf. “Hey!” Ich hob reflexartig eine Hand, hielt aber noch rechtzeitig an. Ich wusste nicht, wie viel diese kleinen Flatterer aushielten Wahrscheinlich würde ich ihn verletzen. “Verschwinde da!” Kurz schlug er mit den Flügeln, bevor er wieder ruhig wurde. “Was soll das denn jetzt?” Heute war wieder einmal einer der Tage, an denen ich gar nichts verstand. “Lass ihn doch.” Anscheinend war Amparo wieder ansprechbar. Er beobachtete mich mit schief gelegtem Kopf. “So eine bunte Schleife steht dir.” “Wa…” Jetzt starrte ich ihn mir offenem Mund an. Meinte der das ernst? “Ich bin doch kein Mädchen!” Das Quietschen in meiner Stimme bildet ihr euch nur ein. “Das habe ich auch nie behauptet. Ich habe nur gesagt, ein wenig Farbe würde dir gut tun.” Das brachte er so ernst rüber, dass es wahr sein musste. Ich kniff die Augen zusammen und verkrallte meine Finger im Stoff meiner Hose. So viele in der Stadt machten sich über mich lustig, dass ich wie ein Mädchen aussehen würde und man mich auch wie eines behandeln sollte. Und jetzt kam eine Gottheit an und behauptete das Gegenteil. Vorsichtig öffnete ich ein Auge und schielte zu ihm. Wahrscheinlich würde er es trotzdem merken, aber das war mir egal. Obwohl ich ihn noch nicht so lange kannte, war ich geneigt, ihm mehr zu glauben als den Leuten in der Stadt. Etwas verkrampft atmete ich endlich mal aus. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich die Luft angehalten hatte. “Geht’s wieder?” Nickend hielt ich immer noch den Blick gesenkt. Ich wusste, er würde mich für diese Sache nicht verurteilen. Er würde es einfach akzeptieren. Seufzend hob ich den Kopf und atmete tief durch. “Ach verdammt. Das ist mir alles zu hoch.” “Was denn?” “Alles.” Ich lehnte mich wieder gegen den warmen Stein. “Beginnend mit diesem Riesenteil von Feder, bis zum seltsamen Verhalten dieses Schmetterlings.” “Gans.” “Hm?” “Die Feder stammt von einer Gans.” Kurz sah Amparo mich an, bis er einfach weiter sprach. “Was mit deinem neusten Freund ist, kann ich dir auch nicht sagen.” Er zuckte mit den Schultern. “Allerdings vermute ich, dass du für die meisten Tiere hier einfach schon dazu gehörst.” Man siehe die Füchschen, die kreuz und quer auf meinem Schoß lagen und einfach schliefen. “Und was ist jetzt eine Gans?” “Ein Wasservogel. Und jetzt frag nicht, was ein Wasservogel ist.” Mit einem Klapp schloss ich meinen Mund und hielt ihn auch erst einmal. Von allen möglichen Geräuschen kam ausgerechnet ein Glucksen von Amparo. Ein Glucksen! Das passte so gar nicht zu ihm. Trotzdem konnte ich mich an diesem Anblick einfach nicht satt sehen. Ich fand es jedes Mal faszinierend. “Also.” Mit einem eindeutig belustigten Gesichtsausdruck sah er mich wieder direkt an. “Also?” Was war? “Jetzt nimmst du die Feder. Die tut dir nichts.” Nickend folgte ich der Anweisung. Allerdings stieß ich die Feder erst vorsichtig an, bevor ich nach ihr griff. “War das jetzt so schwer?” Obwohl ich es besser wusste, antwortete ich wahrheitsgemäß: “Ja.” “Na dann ist ja gut.” Wobei ich das jetzt nicht verstand, aber egal. Damit begann die erste Schreibstunde meines Lebens. Kapitel 85 ---------- “Ach mist!” Ich funkelte den Barsch sauer an. “Ich krieg dich schon noch!” Grummelnd befestigte ich erneut ein Stück Brot an der Angel und warf sie zum wiederholten Male aus. Na, zum Glück war ich heute nicht für das Abendbrot verantwortlich. Es biss einfach nichts an. Nur mein Köder verschwand immer wieder. Kein Wunder also, dass mich alle für bescheuert hielten, hier was fangen zu wollen. Was konnte ich dafür, dass ich Apetit auf Fisch hatte? “Hoffst du wirklich, hier heute noch etwas raus zu holen?” “Wenn das mit der Angel nicht funktioniert, dann hole ich sie anders raus. Für mich gibt es heute Fisch.” Ich drehte den Kopf zu Zelda. “Willst du auch?” “Klar, warum nicht.” Damit setzte sie sich auf den Stein neben mir und beobachtete mich. “Lonley schüttelt jedes Mal den Kopf, wenn sie in deine Richtung schaut.” Was sollte ich sonst machen, als mit den Schultern zu zucken? “So lange ihr davon nicht schlecht wird.” “Was gibt es hier eigentlich alles?” “Mindestens Barsche und Forellen.” Ich beugte mich etwas zur Seite, um zwischen die Steine zu deuten. “Und Muscheln in rauen Mengen.” “Muscheln?” Sofort starrte sie in das Wasser. “Warum sagst du mir das nicht gleich?” Ich musste lachen. Klar wusste ich, dass sie gerne Muscheln aß. Genau darum hielt ich ihr einen leeren Eimer hin. Ihr Jauchzen musste man auch am anderen Ende der Lichtung hören. Während sie also ihr eigenes Abendessen sammelte und ich immer noch auf den großen Fang hoffte, sah ich zu unserer Klasse. Die Meisten waren nach wie vor mit den Übungen beschäftigt, welche Zelda und ich schon längst abgeschlossen hatten.” “Erzählst du mir, was du von mir wolltest?” Kurz hielt unsere Klassengöttin in ihrer Bewegung inne, bevor sie weiter sammelte. “Ich würde gerne etwas von damals wissen.” Seufzend holte ich die Angel ein, um einen neuen Köder anzubringen. Wen Zelda schon so ungenau von ´damals´ sprach, dann meinte sie bestimmt meinen kleinen Ausraster von vor ein paar Wochen. Also ging es um die Zeit, bevor wir uns kannten. Früher oder später würde ich ihr sowieso Rede und Antwort stehen und es würde mir nie so richtig gefallen. “Was willst du wissen?” “Was ist dir passiert?” Diese Frage hätte ich jetzt nicht erwartet, aber wahrscheinlich wollte sie wissen, warum ich mich ausgerechnet Amparo anvertraut hatte. “Meine Existenz.” Zelda sah mich von der Seite an, machte aber weiter mit ihrer Arbeit. Wenn sie mich jetzt ansprechen würde, würde ich dicht machen und das wusste sie. “Was glaubst du, wäre aus Remus in der damaligen Zeit geworden?” “Remus?” Sie sah kurz zu dem Genannten. “Wahrscheinlich kein Wächter.” “Garantiert nicht. Wenn er Glück gehabt hätte, wäre er Dieb, Bettler oder Mörder geworden.” “Wa…” “Ich war ein Dieb. Aber nur weil ich einen Beschützer hatte. Remus als Vollweise wäre nicht einmal zwölf geworden.” Ich hasste dieses Thema, aber ich hatte mich selbst da rein geritten. “Er hätte nur dein gleichen Schutz gehabt, wie ich nach dem Tod meines Vaters.” Trotz der lauten Strömung hörte ich Zelda laut schlucken. “Was war dieser Schutz?” Da ich ihre Reaktion wissen wollte, drehte ich mich zu ihr. “Wir sind Jungs.” Nach drei Sekunden entgleisten ihr sämtliche Gesichtszüge. Nach ein paar weiteren Momenten lief sie grünlich an, nur um sich anschließend … doch nicht zu übergeben. Ich legte den Kopf schief, sie dabei beobachtend. “Verstehst du jetzt, warum ich wütend auf dich bin?” Sie nickte. Bevor sie versuchen konnte, sich zu rechtfertigen sprach ich weiter. “Wir, die Elternlosen uns Bastarde, waren weniger als nichts wert. Ein Mord an uns wurde praktisch nicht bestraft, wenn man keinen Vorteil daraus zog.” Zelda klatschte sich eine Fuhre kaltes Wasser ins Gesicht und das war nicht die Erste. “Ich hätte mich öfter mal blicken lassen sollen, hm?” “Das hättest du.” Und ich hatte endlich etwas an der Angel! Allerdings war die Forelle so klein, dass ich sie wieder ins Wasser warf. “Nicht direkt wegen mir, ich hatte noch Glück. Aber vor allem die Mädchen hätten mehr Beschützer gebraucht, als nur mich.” Mittlerweile hatte Zelda wieder eine etwas gesündere Gesichtsfarbe angenommen. “Warum du auch?” “Meine Mutter. Ich habe bis zum Schluss nicht aus meinem Vater rausbekommen, wer sie war.” Die Angel in der Hand ließ ich mich seufzend nach hinten fallen. Der Stein war gerade groß genug, dass ich liegen konnte. “Er sagte nur immer wieder, dass sie keine Kinder haben durfte und ich bei ihm sicherer war.” Ich schnaubte. “Sicher. Klar doch.” Zelda machte es mir nach und legte sich auf ihren Stein, ihren Eimer neben sich stellend. Die Stirn runzelnd beobachtete sie mich. “Ich weiß nur von ein paar Priesterinnen, die Jungfrau bleiben sollten.” Ich zuckte mit den Schultern. “Er sagte nur mal, ich komme vom Charakter voll nach ihr.” “Oh toll.” Zelda klang trocken wie die Wüste. “Da bleibt ja nur noch Farore.” “Häh?” Etwas zu schnell drehte ich ihr den Kopf zu, dabei mit dem Felsen kollidierend. “Wie bitte kommst du auf deine Kolligin?” “Chefin!” korrigierte sie mich. “Und sie rennt genau so gerne mit dem Kopf durch die Wand wie du.” “Ey! Das letzte Mal ist mehrere Jahrtausende her!” Hatte aber trotzdem jedes Mal mit einer gewaltigen Beule geendet. Zelda zuckte kurz mit den Schultern. “Im Gegensatz zu mir hast du es überhaupt versucht.” Kapitel 86 ---------- Offensichtlich hatten nicht viele von uns Ahnung, wie man einen ganzen Fisch aß. Lonley vorne ran, sie hatte sich gerade zum dritten Mal an einer Gräte verschluckt. “Ich glaube, du brauchst nicht noch einmal zu fischen.” Zelda hatte es mit ihren Muscheln eindeutig einfacher. Kauend zuckte ich mit den Schultern. “Irgendwann lernen die das schon.” Hoffte ich. “Ja, wenn sie erstickt sind.” Auch Scath verdrückte gerade seine Forelle. “Ich weiß gar nicht, was die alle haben.” Miriam hatte es genau richtig gemacht. Sie entfernte erst die Gräten und fing dann an zu essen. Was Scath und ich machten - das Fischfleisch direkt vom ganzen Tier essen - erforderte Erfahrung. Allerdings hatte keiner von uns Lust, es den Anderen zu erklären. Und Zelda hatte sich sowieso geweigert zu teilen. Als klar wurde, dass sie die Muscheln auch noch roh bevorzugte… Sagen wir, ich hatte mich lachend weggeschmissen. Wenn ich dann noch sah, wie sich einige anstellten, war es ganz aus. Dabei machte Miriam es doch vor. Oder man konnte sich an Ganondorf halten. Der hatte dankend abgelehnt, mit der Aussage keinen Fisch zu mögen. Glück für mich, konnte ich einen mehr essen. Zelda hatte sich gewundert, dass ich das so gelassen genommen hatte. Aber das hielt sie nicht von dummen Kommentaren ab. “Ich hätte vorhin gewettet, dass du in die Angel beißt.” Daraufhin konnte ich nur die Augen verdrehen - mit vollem Mund. Als das Problem behoben war, sah ich sie fragend an. “Was bitte kann denn die Nagel dafür, dass hier einfach nichts beißen will?” “Falscher Haken?” “Eher falscher Köder.” “Warum war der dann immer weg?” “Strömung?” “Erklärt nicht, warum immerhin vier Tiere angebissen haben. Auch wenn es Kleine waren.” “Wie hast du die ganzen Fische dann gefangen?” “Alte Methode. Hab nen Holzspeer benutzt.” “Du bist manchmal ganz schön skrupellos.” “Warum? Einem wilden Wolf würdest du das doch auch nicht vorwerfen.” “Dein Bruder macht mir manchmal Angst.” “Link, hör auf, meine Freundin zu ängstigen.” “Ich fühle mich, als ob ich in einer drittklassigen Schnulze stecken würde.” “Nix gegen Schnulzen! Die sind lebensnäher als so mancher Abenteuerroman!” “Gar nicht wahr!” “Doch!” “Nein!” “Dein Bruder ist gerade geflüchtet.” “Das wundert dich?” Und endlich konnte ich versuchen, auch den Rest in meinen Magen zu bekommen. Zelda gluckste, wobei sie erneut ein paar leere Muschelschalen in ihren Eimer schmiss. “Mal ehrlich, das ist gerade dein dritter Fisch.” Ich zuckte nur mit den Schultern. Endlich hielt sie die Klappe. Zumindest bis ich satt war. “Ich habe noch mal nachgedacht.” Das typische ´das-kannst-du´ Kommentar verkniff ich mir. “Bis auf Priesterinnen fällt mir fast nix ein, was keine Kinder haben durfte. Und ich gehe mal davon aus, dass du ein reiner Hylianer bist.” Ich starrte sie kurz an, bis mein Gehirn eine Antwort ausspuckte. “Zumindest gehe ich davon aus.” Meine Augen wanderten zum Wald. “Ich habe keine anderen Informationen und meine jetzigen Eltern waren ganz sicher Hylianer. “Tja, ein Versuch war es wert. Also kann man ausschließen, dass sie ein Shiekah war.” “Auf jeden Fall.” Da diese Unterhaltung wohl länger dauern wird, ließ ich mich nach hinten in den Rasen fallen. “Rein äußerlich kann ich fast alle hyrulanischen Rassen ausschließen. Außer die Kokiri, welche es damals noch nicht gab.” Halt! “Und die Subrosianer.” “Wer?” “Bewohner Subrosias. Sag bloß, ich habe dir nach dem Jahreszeitenkrieg nicht von denen erzählt?” Dachte eigentlich. “Hm…” Man konnte förmlich sehen, wie bei ihr die Zahnräder ratterten. “Ich glaube, du hast da mal was erwähnt. War da was mit rosa Mänteln?” Prustend drehte ich mich weg, ansonsten hätte ich den halben Wald zusammen gelacht. Ausgerechnet daran erinnerte sie sich. Eine gefühlte Ewigkeit brauchte ich, um wieder halbwegs normal zu werden. Oder eben das, was bei mir normal war. “Geht’s?” “Nein.” gluckste ich vor mich hin. “Auch gut. Aber sah dieses Volk den Hylianern so ähnlich?” “Keinen Dunst. Die haben ihre Mäntel nie abgenommen. Nicht einmal beim Baden.” “Ne jetzt, oder?” Ein Schulterzucken von meiner Seite. “Aber im Ernst.” “Hallo Ernst.” Sorry, ich konnte es mir nicht verkneifen. “Link.” Ein Diabetiker wäre bei Zeldas süßlicher Stimme wahrscheinlich an einem Zuckerschock gestorben. “Ist schon gut. Ich höre auf.” Zumindest versuchte ich es. “Danke.” Kurz räusperte sie sich um auch ihre Stimme wieder auf eine wichtige Unterhaltung zu trimmen. “Hast du mal ne Liste gemacht, was an dir nicht typisch hylianisch ist?” “Ehrlich jetzt?” Am liebsten wäre ich sprachlos gewesen. “Wo bitte soll ich da anfangen?” Nein, ich wurde nicht hysterisch. “Ja, ja, tut mir leid.” Heute lernte ich, wie weit man seine Augen verdrehen konnte. “Irgendetwas das heraus sticht?” “Zeitreisen.” Und das im Dutzend. “Irgendetwas das mit dir direkt zu tun hat.” Bevor ich etwas sagen konnte, sprach sie gleich weiter. “Körperlich oder seelisch.” “Wolf sein.” War ja nicht so, als wenn die Liste so kurz wäre. “Gut. Ne Idee, woher das kommt?” “Außer der Schattenwelt? Nö.” “Etwas, das damit im Zusammenhang steht?” “Hase sein.” “Stimmt ja.” Jetzt starrte sie mich direkt an. “Im Zwielicht-Krieg wurdest du ein Wolf, im zweiten Siegelkrieg ein Hase. Beide Male beim betreten der Schattenwelt. Hast du was anders gemacht?” “Was bitte soll ich da anders machen? Redest du jetzt vom rechten oder linken Fuß?” “Vom Prinzip ja.” Wir sahen uns zweifelnd an, bis wir die Köpfe schüttelten. “Ich kann mir nur denken, dass es etwas mit den verschiedenen Zeitlinien zu tun hat.” Und noch was. “Oder es lag an der Sache mit dieser Fee.” “Welcher der vielen?” Die Frage war gut. “Ich traf sie nach dem Zeitenkriegen. Sie hat irgendwelche Zauber von mit genommen.” Da war noch etwas, was sie nicht wissen konnte. Ich haderte kurt mit mir selbst, bevor ich doch noch damit raus rückte. “Das Einzige was das damals gebracht hat, war eine spontane Verwandlung. Ich habe den Rest des Lebens als Wolf verbracht, weil es einfach nicht rückgängig gemacht werden konnte. “Warte mal.” Und das tat ich, bis Zelda ihre Sprache wieder gefunden hatte, “Du warst der goldene Wolf, der zu Füßen des Master - Schwertes starb.” “Mein Fell ist blond!” “Unwichtig.” Sie wank einfach ab. “Wir haben damals gerätselt, was los war. Ich hatte ja vermutet, dass du damit zu tun hast.” “Aber?” “Die Anderen haben mich für bekloppt erklärt.” “Immer mal was Neues.” Zelda streckte mir ihre Zunge entgegen. Ich grinste nur. “Zusammengefasst.” Sie ließ den Kopf wieder auf den Rasen fallen. “Du hast keinen Dunst, wer du wirklich bist.” “Wie immer.” Erinnerung 22 ------------- “Was überlegst du?” Ich drehte den Kopf zu Amparo. “Ich beobachte die Fische.” Zu meiner Verblüffung setzte er sich neben mich und blickte ebenfalls auf das Wasser. “Du findest auch alles faszinierend.” “Alles, was ich nicht kenne.” Ich sah wieder zu den Tieren. “Sie glitzern.” “Das kommt von den Schuppen.” “Schuppen?” Ich runzelte verwirrt die Stirn. “Ich dachte Eidechsen haben Schuppen?” “Haben sie auch. Die Schuppen eines Fisches sind aber anders beschaffen.” Er sah mich wieder an. “Ist was?” Ich hatte den Kopf auf meine Arme gelegt und sah ihn dabei an. “Was soll sein?” “Du starrst.” “Ich mag es einfach, wenn mir zur Abwechslung mal etwas erklärt wird.” Den Kopf schüttelnd, wandte er sich wieder zum Wasser. Täuschte ich mich, oder grinste er? Da dieses Schauspiel nach ein paar Sekunden vorbei war, wanderte mein Blick wieder zu den Silberschuppen. “Stimmt es, dass man sie essen kann?” Dabei stellte ich fest, dass ich Hunger hatte - wie eigentlich immer. “Man kann schon. Man muss aber nicht.” Diese Aussage gar nicht verstehend, sah ich wieder zu ihm. “Wie denn das?” Und wieder gab Amparo ein amüsiertes Geräusch von sich. “Mir persönlich schmecken Fische einfach nicht. Außerdem haben die immer so fürchterliche Gräten.” “Was sind Gräten?” Und hier kam schon die nächste Frage. Ohne lange darüber nachzudenken, beantwortete er auch diese. “So etwas ähnliches wie deine Knochen. Gräten sind nur weicher und meistens spitz. Unangenehm, wenn man sie in die Luftröhre kriegt.” Dieses Mal verzog er das Gesicht aber wirklich. Faszinierend. “Möchtest du mir noch weitere Löcher in den Bauch fragen?” Jetzt starrte ich ihn fassungslos an. “Löcher?” “Sprichwort!” Dabei rieb er sich die Stirn. “Das ist sinnbildlich gemeint. Nimm doch nicht immer alles so wörtlich!” Schulterzuckend sah ich ihn an. Woher sollte ich das wissen? “Also. Hast du noch weitere Fragen? Zu Fischen oder zu etwas Anderem?” Überlegend legte ich einen Finger ans Kinn. “Im Moment nicht.” “Oh Wunder.” Jetzt klang er wieder trockener als der Sommer. Wie machte er das bloß? Diese Frage würde ich ihm allerdings nicht stellen. Stattdessen stand ich auf und schüttelte mir die Trägheit aus den Knochen. So vorbereitet trat ich bis zu den Knien ins Wasser. Die ganze Zeit über spürte ich Amparos Blick auf mir liegen. Da er aber nichts sagte, ging auch ich nicht weiter darauf ein. Interessanter weise hatte ich zu den Fischen noch keine Verbindung aufbauen können. Demzufolge hauten sie erst einmal ab. Nachdem ich mich langsam fortbewegt hatte, kam endlich eine Silberschuppe in meine Reichweite. Ich griff nach dem Tier, verfehlte es aber um Längen. Amparo musste meinen verwirrten Gesichtsausdruck gesehen haben, denn er lachte laut los. Ich hingegen starrte auf meinen Arm. Seit wann hatte ich bitte auf halber Strecke einen Knick im Knochen? Dieser Knick wanderte allerdings, wenn ich mich bewegte. Meine Augen wanderten wieder zu Amparo, der immer noch vergnügt vor sich hin grinste. Er wusste also, dass das Wasser irgendwas Seltsames mit den Augen tat. Na dem würde ich es zeigen! Drei Versuche später bekam ich tatsächlich eines der Tiere zu fassen. Als ich es allerdings an die Luft hob, zappelte es so stark herum, dass ich das Gleichgewicht verlos. So saß ich jetzt im Wasser, den sich beruhigenden Fisch an mich gedrückt. Kurz brauchte ich, um das zu realisieren, bis ich vorsichtig über seine Haut strich. Er fühlte sich im ersten Moment glitschig an. Doch dann spürte ich, was Amparo meinte. Diese Schuppen fühlten sich wirklich ganz anders an, als von Eidechsen. Als ich in Erfahrung erbracht hatte, was ich wissen wollte, ließ ich das Tier wieder weg schwimmen. Tropfend nass aber ganz zufrieden kehrte ich an Land zurück. Im Gepäck hatte ich etliche neue Fragen, beginnend mit: “Was hat das Wasser mit meinen Augen gemacht?” Hauptsache, mir würde nicht die Frage rausrutschen, deren Antwort mich mehr als alles interessierte. Wie würde sich wohl das schwarze Schuppenkleid von Amparo anfühlen? Kapitel 87 ---------- Nein, ich würde nicht mit dem Schweif wedeln! Abgesehen davon, dass es als Hylianer doch recht schwierig war, würde es mir wieder einmal alle Blicke sichern. “Was ist denn mit dir los?” Warum wunderte sich mein Bruder überhaupt noch über mich? “Darf ich nicht einmal anständig frühstücken?” “Was findest du an einer einfachen Stulle?” Die Augen verdrehend wandte ich den Anderen meinen Rücken zu. Irgendwie hatte er ja Recht, dass ich komisch war. Allerdings könnte es ein bisschen doof rüber kommen, dass ich heute morgen einen Bienenstock gefunden und geplündert hatte. Und dann teilte ich nicht einmal… Aber Göttinnen sei Dank dauerte es nicht mehr lange, bis Ganons Pfiff über den Platz hallte. Die letzte Woche hatte Wunder gewirkt. Keiner unserer Klasse zuckte mehr zusammen, alle sahen einfach auf. Und die teilweise ängstlichen Gesichter hatten sich in interessierte verwandelt. Auch Ganondorf hatte seine fast durchgehend gute Laune beibehalten. “Leiht mir mal eure Ohren.” Oje, das würde wieder ein längerer Vortrag werden. Also drehten wir uns ganz zu ihm. Wieder erwarten sprach allerdings Frau Lonley weiter: “Wir haben schon vor einer Weile beschlossen, dass ihr nicht nur störrisch trainieren sollt. Stattdessen haben wir auch etwas anderes mit eingebaut, was eure anderen Fähigkeiten fordert.” Verwirrte Blicke wurden getauscht. Endlich kam der Punkt: “Schnitzeljagd.” Einfach weiter kauend, runzelte ich die Stirn. Ganon übernahm wieder. “Ihr werdet in Gruppen zu jeweils vier Leuten eingeteilt. Bevor ihr jetzt wild durcheinander quatscht, wir entscheiden wer mit wem!” So unterbrach er die garantiert kommende Diskussion sofort. Einige enttäuschte Gesichter. Mir war sofort klar, dass ich auf keinen Fall mit meinem Bruder in eine Gruppe kam. Wir waren nun mal die Beiden, die sich im Wald am Besten zurecht fanden. “Ihr bekommt von uns eine Aufgabe mit einem Rätsel. Das führt euch zu einem Punkt auf der Karte, wo wieder ein Rätsel wartet.” Ganon hielt einen weißen Briefumschlag hoch. “Das erste Rätsel behaltet ihr bitte ständig bei euch. Falls euch etwas passiert, schlagen einige Überwachungszauber an, welche uns alarmieren.” Es wunderte mich nicht einmal, dass etliche dadurch erleichtert waren. “Die Zauber werden auch aktiv, wenn ihr das Zeitpensum überschreitet oder das Gebiet verlasst.” Lonley übernahm wieder. “Wie viel Zeit haben wir?” Wer außer Zelda würde schon solche intelligenten Fragen stellen? “Bis morgen Abend. Natürlich könnt ihr ruhig eher wieder her kommen.”, was Frau Lonley sicher recht wäre. “Theoretisch müsstet ihr es jedoch in der angegebenen Zeit schaffen.” War irgendwie klar. Sie hatte bestimmt nicht die Nerven, uns ohne Überwachungszauber in die Wildnis zu entlassen. Ob Ganondorf damit Probleme hatte, konnte ich nicht erahnen. Streng genommen könnte es ein Versuch sein, uns zu schwächen. Allerdings hatte ganz Hyrule so viele Wächter, dass ich ihm jede Chance unsere Heimat zu übernehmen absprach. Also war es sicher. Relativ. “Was ist, wenn wir mit den Hinweisen gar nichts anfangen können?” Da sprach Theska was Wahres an. “Dann haben wir einen Fehler gemacht. Eigentlich solltet ihr es lösen können.” Ganon sah über uns. “Wenn ihr wirklich nichts versteht, dann fragt. Aber versucht es bitte erst selbst.” Ein Nicken ging durch die Reihen. “Noch eine Sache von Seiten der Wildhüter.” Lonley wank den besagten Arbeiter heran. Marak blieb bei den Lehrern stehen. “Zum Einen möchte ich euch bitten, euch zu benehmen. Da das aber bisher sehr gut mit euch funktioniert hat, habe ich gute Hoffnungen.” Kurz erhob sich zustimmendes Gemurmel, welches sich nach ein paar Sekunden von selbst wieder legte. “Zum Zweiten: Wenn ihr irgendwelche Raubtiere seht, könnt ihr auf den Karten markieren, wo und was ihr gesehen habt?” Kapitel 88 ---------- Mir war langweilig. Leicht daran zu erkennen, dass ich seit gefühlt einer Stunde mein Schwert polierte. “Team Nummer sechs.” Zum sechsten Mal hob ich den Kopf, um zu erfahren, ob ich endlich dran war. Das zog sich. “Scath, Miriam; Ilyas und Remus.” Oh! Das unsere zwei Quasi-Verlobten zusammen bleiben durften… Ein lautes Lachen ließ mich zu den Besagten sehen. Miri nahm Scath mal wieder den Atem. Darüber nur den Kopf schüttelnd, wandte ich mich wieder meinem Schwert zu. Wenn das so weiter ging, würde ich noch das Metall durchpolieren. Ich hätte ja gerne etwas halbwegs Brauchbares gemacht, aber mein Rumgehampel hatte Ganondorf genervt. Und jetzt war meine Waffe bereit für eine Ausstellung. Seufzend drehte ich mein Schwert mehrfach in meinen Händen, bevor ich seine Spitze in den Erdboden stieß. Die paar, die noch übrig waren, stierten mich kurz an, bevor sie genauso gelangweilt zu ihren Beschäftigungen zurück kehrten. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich mir das leise “Schach” einbildete. Während ich in die spiegelnde Oberfläche meines Schwertes starrte, hatte ich das Gefühl, die Wanderung der Sonne regelrecht zu spüren. Natürlich war mir bewusst, dass ich mir das nur einbildete, aber träumen durfte man doch. “Team Nummer sieben.” Ich sah nicht einmal auf, während ich gähnte. “Finn, Aslam, Kentin und Link.” Ich ließ mich erst einmal der Länge nach auf den Rasen fallen, bevor ich mich doch noch aufrappelte. In einer doch recht flüssigen Bewegung zog ich mein Schwert, wirbelte es kurz herum damit sich die Erde von der Klinge löste und versenkte es in der Scheide. Als ich vorne ankam, sah mich Kentin direkt an. “Die Hälfte von uns hätte sich damit umgebracht.” “Bin ich die Hälfte?” Keine Antwort erwartend stellte ich mich einfach zu den Anderen. “Bitte kommt auch im Geiste her.” Kurz sah Ganon über uns, bevor er nickte. “Hier habt ihr euer Rätsel. Habt ihr noch Fragen?” Finn nahm den Umschlag entgegen, während er mit den Schultern zuckte. “Ja, ich hätte etwas.” Komplett lustlos hob ich die Hand. “Sollte Aslam seine Badehose einpacken?” “Das kann ich dir nicht sagen.” Irritiert starrte ich Ganondorf an. Es dauerte kurz, bis ich raffte, was das hieß. Dann drehte ich mich zu unserem Zora. “Pack mal lieber ein.” Er hob eine Hand zur Stirn. “Geritzt.” “Salutieren tut man aber eigentlich mit Rechts. Na egal.” Unser Lehrer wank sogar ab. “Noch was?” “Ja.” Kentin meldete sich auch mehr schlecht als recht. “Wie kann man im Notfall die Zauber aktivieren?” Mit der Frage schien Ganondorf nicht gerechnet zu haben, so wie er Kentin anstarrte. “Lass einfach ein paar Tropfen Blut drauf fallen. Das löst bei uns alles aus, was geht.” Beruhigend. “Noch was?” “Ja.” Wieder einmal ich. “Müssen wir über Nacht zurück kommen?” “Natürlich!” Zum ersten Mal in diesem Gespräch klingte sich Frau Lonley ein. Ganon starrte sie genauso seltsam an wie ich ihn vor ein paar Minuten. Kopfschüttelnd drehte er sich wieder zu uns. “Das ist mir persönlich so was von egal.” Er sah mich direkt an. “Pass ein bisschen auf deine Jungs auf.” Das interpretierte ich einfach mal als okay. “Noch was?” Ich zuckte mit den Schultern und sah zu meinen Teamkameraden. Die wussten auch nichts weiter. “Na dann.” Ganon wank uns weg. “Ging ja schnell mit euch.” Nickend machten wir uns vom Acker. Neugierig wie wir waren, öffnete Finn noch im Laufen den Umschlag und holte einen handgeschriebenen Zettel heraus. “Häh?” Der Rest von uns beugte sich zu ihm. “Was sind das für Symbole?” Kentin konnte das nicht kennen. “Das ist Hyrulanisch.” Ich griff nach dem Blatt. “Ära der Dämmerung.” Doch ein längerer Blick ließ mich die Stirn runzeln. “Was bei Nayru?” Was zum Geier stand denn da? Das war ein Buchstabensalat! Kapitel 89 ---------- Zu Viert hingen wir um das Rätsel. Das Einzige, was mich beruhigte, war dass auch andere Gruppen noch grübelten. “Fällt euch noch etwas ein?” Ich schüttelte nur den Kopf. Jede mir bekannte Verschlüsselung ergab nur weiteren Buchstabensalat. Und ich kannte einige. Auch die anderen Drei hatten verschiedenes probiert, aber nichts ergab auch nur im Entferntesten Sinn. Zum wiederholten Mal hatte ich den Zettel in der Hand. Ich hatte es mittlerweile von alles Seiten versucht zu lesen, aber nichts. Seufzend stellte ich fest, dass mit mittlerweile alles vor Augen verschwamm. “…ramlurgh…” Ja, ich nuschelte. Die Jungs sahen mich genauso ratlos an. Main Gehirn summte. Verwirrt blinzelte ich in die Runde. “Was zum Geier habe ich gerade gesagt?” Aslam sah mich an, als ob ich einen an der Klatsche hätte - nicht, dass ich ihm widersprechen konnte. “Ram-irgendwas.” Kentin blieb einfach liegen. “Luke? Ne. Larghe? Ach, keine Ahnung.” Ich starrte wieder auf den Zettel. Dieses Mal konzentrierte ich mich auf den Zusammenhang der Buchstaben und: “Das gibt es doch nicht!” Fluchend sprang ich auf, um mir erneut etwas Papier von vorn zu holen. Finn hatte sich aufgesetzt, als ich wieder kam. “Was hat dich denn gestochen?” “Ich Rindvieh! Das ist gar nicht verschlüsselt!” Genervt ließ ich mich wieder nieder. “Das ist ein Spiel der hyrulanischen Sprache!” “Ein Spiel der Sprache?” Jetzt sahen mich alle drei an, als ob ich vom Mond kam. “Eigentlich ganz simpel.” Ich deutete wieder auf unser Rätsel. “Das hier ist Hyrulanisch aus der Ära der Dämmerung. So wie das hier steht, ergibt das null Sinn. Übertrage ich aber die gesprochenen Laute in das Hyrulanisch des Meeres, schon habe ich die Hinweise.” Sage ich doch, simpel. “Wie soll man denn bitte darauf kommen?” Kentin brummte offensichtlich der Schädel. “Mich wurmt es, dass ich es nicht eher geschnallt habe.” Grummelnd machte ich mich an die Übersetzung. Das direkt in unsere aktuelle Sprache zu holen, war mir nicht möglich. Dafür hatte ich das zu selten gemacht. Da ich alles Buchstabe für Buchstabe übersetzen musste, dauerte es eben ein bisschen. Während dieser Zeit wurde ich sehr intensiv gemustert. Abschließend sah ich noch einmal über mein Geschreibsel, ob ich grobe Fehler drin hatte, och es schien zu stimmen. Also nickte ich. “Und das, was da steht, ist logisch, oder wie.” Finn und Aslam hatten sich einfach über mich gebeugt um mitlesen zu können. Ich verdrehte nur die Augen. “Lasst mir doch wenigstens die Zeit, das Schrittweise zu machen.” Meine Augen wanderten wieder über die Wegbeschreibung, denn etwas anderes war es nicht. “Also hier steht: In Richtung der Finsternis gehe der Stiefel Schritte vier. Des Nachtes Tod seinen es acht. Doch der Sonne wichtigstes Sein verlangt es fünf. An der Sternen Geburt suche nach dem alten Sitze des Wächters des Wassers.” Ich sah auf, ob die Anderen alles verstanden hatten. Drei ratlose Gesichter sahen mit entgegen. “Und das soll Sinn ergeben?” “Ja?” War ich wirklich so abnormal? “Ich habe nur keine Ahnung, was mit ´der Stiefel Schritte´ gemeint ist. Der Rest ist recht klar formuliert. “Das nennst du ´klar´.” Aslam schüttelte verständnislos den Kopf. “Erwartest du, das hier steht: Gehe fünf Meter nach Osten und acht nach Süden?” Auf meine ironische Frage schüttelten alle drei die Köpfe. Ich starrte wieder auf den Zettel. Was zum Geier bedeuteten diese Stiefelschritte? Nach einigen Minuten des Grübelns, erhob Kentin die Stimme, “Das könne eine Anspielung auf das Märchen der Siebenmeilenstiefel sein?” “Siebenmeilenstiefel?” Davon hatte ich noch nie gehört. “Ja.” Kentin nickte eher vorsichtig. “Wer diese Stiefel anzieht, legt mit jedem Schritt sieben Meilen zurück.” Die Stirn runzelnd, besah ich mir noch einmal das Rätsel. Die Schultern zuckend, sah ich wieder auf. “Das ist erst einmal ein Ansatz. Zumindest kann man damit arbeiten.” Wieder waren die Jungs verwirrt. “Gib einfach mal die Karte her.” Ich bekam sie ausgehändigt. Kaum hatte ich sie ausgebreitet, hingen vier Köpfe drüber. “Das hier sind wir.” Damit deutete ich auf das rote Kreuz. “Als erstes sollen wir in Richtung der Finsternis. Das heißt, dorthin wo die Sonne nie scheint, also nach Norden.” “Das ist alles?” “Vom Prinzip, ja.” Auf der Karte deutete ich einen Kreis an. “Sie schicken uns erst nach Norden, dann Osten, Süden und Westen bis zu einem See oder so was.” Kentin zog die Karte wieder zu sich. “Dann sag mal an. Vielleicht finden wir etwas.” “Gut.” Wieder meine Übersetzung zur Hand nehmend, fasste ich kurz zusammen: “Nach Norden vier Schritte.” Wie gut, dass ich jemanden im Team hatte, der wusste, was vier mal sieben sind. So führte er uns auf der Karte entlang bis zum letzten Punkt. “Und jetzt?” “Nach Westen, bis zu einer größeren Wasserfläche.” “Definiere größer…” Mein Blick huschte wieder zur Karte. Ich folgte einer gedachten Linie von seinem Finger aus und landete… “Der See hier könnte groß genug sein. Bei ´Wächter des Wassers´ muss ich an eine Seeschlange oder großen Fisch denken. Es muss also etwas sein, was genügend Platz hat.” Dabei tippe ich drauf. “Laut der Karte ist das Ding etwa 80 Meter tief.” “Passt doch.” Aslam seufzte genervt. “Ich zieh meine Badehose an.” Und weg war er. “Ich besorge ein bisschen Wegzehrung.” Schon war auch Finn abgehauen. Kentin und ich sammelten erst einmal unsere Schmierzettel zusammen. Das waren einige. “Fällt dir noch was ein?” Ich sah nur kurz auf, bevor ich weiter machte. “Vorsichtshalber ein Seil und was zu schreiben.” “Hätte gedacht, du zählst als Erstes deine Armbrust auf.” “Stimmt, die kann ich auch mitnehmen.” Wofür hatte ich die denn sonst mit? Kentin gab mir seinen Stapel Zettel. “Ich hole ein Seil. Mal schauen, was ich finde.” Nickend machte ich mich auf den Weg zu den Lehrern. Da ich unterwegs an unserer Feuerstelle vorbei kam, schmiss ich den Stapel Papierschrott einfach in die Glut. “War das jetzt ein verzweifelter Akt?” Ganon schien recht belustigt zu sein. “Nein. Das waren die hundert Fehlversuche.” Ich blieb bei den Erwachsenen stehen. “Kriegen wir einen Block zum mitnehmen?” Grinsend gab Ganon mir das Gewünschte. “Ihr wollt also los?” Nickend klemmte ich mit den Blätterstapel unter den Arm. “Richtung Südosten. In der Hoffnung, dass wir uns den Richtigen Wächter ausgesucht haben.” Ganondorf blickte erst auf seine Uhr und dann zu Frau Lonley. “Ich würde sagen, ich habe die Wette gewonnen.” “Wette?” Was ging hier ab? “Deine Klassenlehrerin war der Meinung, ihr könnt das Rätsel niemals lösen.” Ich runzelte zum weiß Naryu wievielten Mal heute die Stirn. “Ich gebe zwar zu, dass ich mich dämlich angestellt habe, aber nachdem ich die Übersetzung hatte, war es doch ein Klacks.” “Wobei ich staune, dass du das Märchen kanntest.” “Kentin.” Das war mir zu hoch. “Will ich wissen, am was Sie gewettet haben?” “Nein.” “War es wenigstens jugendfrei?” Wenn er jetzt verneint, ersäuf ich mich… Ein paar Sekunden sah Ganon mich einfach nur an, bis er nach mir griff und ich mich plötzlich in einem Schwitzkasten wieder fand. Ich wehrte mich eher halbherzig. Ganon fing sogar an, mir die Haare zu zerzausen. “Bing hier keine unhaltbaren Gerüchte zum laufen. So einen Schwachsinn hat hier keiner nötig.” Erleichterung durchflutete mich. Ich dachte schon… Kapitel 90 ---------- Ich blieb stehen, weil ein Geruch meine Nase kitzelte. Es dauerte nicht lange, bis ich ihn identifiziert hatte. “Wir nähern uns einem Gewässer.” “Hörst du das?” Währenddessen lief Finn einfach an mir vorbei. “Ne.” Kopfschüttelnd setzte ich mich wieder in Bewegung. “Dafür ist das Wasser zu ruhig. Ich rieche das.” “Bist du ein Wolf, oder bist du ein Hylianer?” “Ein bisschen von Beidem.” Sie fanden es ganz lustig und ich war mir nicht sicher, wo die Grenze verlief. Da ich jetzt sowieso auf keinen grünen Zweig kam, ließ ich den Gedanken fallen. Außerdem bezweifelte ich, dass ich auf eine Lösung kommen könnte. Da konnte ich das auch gleich lassen. So trottelte ich meinen Teamkollegen hinterher, keinen Gedanken mehr an das Thema verschwendend. “Achtung!” Jetzt doch etwas schneller laufend, schloss ich zu den Anderen auf. Da hörte der Wald exakt am Wasser auf und Aslam hatte das etwas zu spät bemerkt. Gerade noch im Trockenen sah ich auf unseren Wasserplantscher. “Dich kriegt man auch nicht ins Trockene, hm?” Schon bekam ich eine Fuhre Nass ab. Das Grinsen verschwand trotzdem nicht aus meinem Gesicht. Darüber nur den Kopf schüttelnd, sah Finn zu unserem Kartenleser. “Und Kentin? Wo lang?” Dieser sah verwirrt zwischen der Karte und dem Flüsschen hin und her. “Eigentlich hätten wir am See raus kommen sollen.” Also Auftritt ich. Auf vier Pfoten durch das Wasser stiefelnd, besah ich mir die Bäume. Tatsächlich fand ich, was ich suchte. “Eichhörnchen! Hallo!” Das Kleine Rote starrte mich erst einmal an, bevor es auf einen überhängenden Ast direkt über mich kletterte. “Was bist denn du?” “Ein Wolf.” Schon spannte es sich an. “Was willst du?” “Dich nicht fressen.” Ich legte den Kopf schief. “An dir ist nichts dran.” Und da Tiere nicht lügen, glaubte das Kleine mir. “Was dann?” Na also. “Kannst du mir sagen, wie wir zum See kommen?” Das Eichhörnchen sah sich kurz hektisch um, bis es die Zweibeiner sah. “Es schien kurz abzuwägen, bis es sich entschied. “Der See befindet sich Flussaufwärts.” Ich nickte eher aus Gewohnheit, als dass mich das Tier verstand. “Was möchtest du für diese Information?” “Komm mal zum Stamm.” Was auch immer das sollte, aber gut. Kaum war ich fast an der Kiefer angekommen, hörte ich das Eichhörnchen in der Baumkrone herumrennen. Nur Momente später traf etwas Leichtes meinen Rücken und blieb darauf liegen. Verwirrt drehte ich den Kopf, sodass ich etwas sah. Das Tierchen war mir auf den Rücken gesprungen. Dabei hielt es seine Verpflegung fest umklammert. Nein, ich würde nicht fragen, ob die Zapfen schon reif waren. Stattdessen drehte ich mich zu den Jungs und bellte kurz. Sofort sahen sie zu mir. Ich nickte in die Richtung, welche mir das Eichhörnchen gewiesen hatte und watete schon einmal los. Durch das Platschen meiner Schritte durch konnte ich Finns Stimme hören. “Wir hätten ihn auch gleich fragen können.” “Und das Eichhörnchen?” Kentin klang recht verwirrt. Amüsiert schnaubte ich. “Oh man.” “Verstehst du die Zweibeiner etwa?” Eichhörnchen hörte kurz auf, seine Marschverpflegung auseinander zu nehmen. “Da tue ich. Ich bin aber auch unter ihnen aufgewachsen.” “Warum denn das?” “Mein Rudel lebt schon seit vielen Wintern in der Nähe der Zweibeiner. Wir sind es gewohnt, sie in unserem Wald zu haben.” Zu meinem Glück, fragte es nicht weiter nach. Nach einer lang gezogenen Kurve kam endlich der See in Sicht. “Einmal bitte zum Rand.” Doch etwas über das ´bitte´ erstaunt, tat ich wie mir gehießen. Das Eichhörnchen sprang an den Baum außerhalb meiner Reichweite. Schnell schüttelte ich mir die Überreste des Mittagessens aus dem Fell. “Hab Dank.” “Ich muss mich bedanken.” Ich schwöre, das Hörnchen sah auch dankbar aus. “Ich hätte eine Ewigkeit für den Weg gebraucht.” “Dann pass auf deine Kleinen auf.” “Mach ich.” Und weg war es. Also handelte es sich doch um eine Mutter auf Futtersuche. Da wunderte mich gar nichts mehr. Und die Drei fragten gar nicht erst nach. Oder noch nicht? Am See suchten wir uns eine freie Uferstelle, um von dort aus zu suchen. Da ich wie die meiste Zeit hier ohne Schuhe unterwegs war, brauchte ich sie im Gegensatz zu Aslam nicht zum Trocknen aufstellen. Auch Finn und Kentin hatten das Problem nicht. Unser Zora streckte uns die Zunge entgegen, bevor er aus seinen Sachen schlüpfte. Parallel holte Kentin das mitgebrachte Seil hervor. Da wir unterwegs schon geklärt hatten, worauf er achten sollte, nickte er uns noch einmal zu. “Dann bis in zehn Minuten.” Weg war er. Für uns Rest hieß es dann wohl warten. Kapitel 91 ---------- “Ich hab was!” Nicht nur ich schreckte hoch. Aslam kam zum wiederholten Male an Land. Doch dieses Mal hatte er das Ende des Seiles nicht mehr dabei. Also los! Ich griff zusammen mit Kentin nach unserem Seilende und wir zogen. Da wir das längste vorhandene Tau mitgenommen hatten, dauerte es etwas, bis endlich was an die Oberfläche kam. Es war eine hölzerne Truhe, welche garantiert noch nicht mehr, als ei paar Tage unter Wasser aushaaren durfte. Ein Vorhängeschloss sicherte das Ganze. Ich brauchte es noch nicht einmal zu berühren, da spürte ich schon die Magie, welche den Verschluss schützte. “Hast du da unten zufällig einen Hinweis auf den Schlüssel gefunden?” Grinsend holte Aslam besagten Gegenstand aus einer Hosentasche. “Schade. Ich hatte gehofft, du willst es knacken.” Doch zu seiner Verblüffung schüttelte ich den Kopf. “Da liegen Schutzzauber drauf. Sehr wahrscheinlich würde ich gewaltig eine gewischt bekommen, wenn ich das versuche.” “Und du würdest nicht einfach diese Zauber lösen?” “Wenn du willst, dass uns alles um die Ohren fliegt, gerne. Ich habe so etwas noch nie gemacht und nicht im Entferntesten eine Ahnung, worauf man da achten müsste.” Damit war ihre Neugierde gestillt und Aslam öffnete endlich die Truhe. Zu meiner Verblüffung war sie innen komplett trocken. Während die Anderen sich auf das Pergament stürzten, besah ich mir die Truhe genauer. Sie war innen mit Gummi ausgekleidet und die Unterseite bestand aus Metall. Das erklärte auch, warum sie nicht aufschwamm. Mit dieser Erkenntnis zufrieden, trat ich zu den Anderen. Immer noch nass war Aslam dabei, das Rätsel zu knacken. Oder zu übersetzen, da es zoranische Zeichen waren. Er was schneller als ich vorhin, weshalb er schon nach kürzester Zeit seinen Zettel weitergab und sich erst einmal ein Handtuch holte. Kentin starrte genauso drauf wie Finn. Ich hingegen schmiss mich einfach auf den Rasen, da ich keine Lust hatte, zu stark nachzudenken. “Was ist ein Lard?” kam es von unserem Shiekah. Aslam war mittlerweile wieder dabei, sich anzuziehen, als er antwortete. “Das ist eine Längeneinheit der Zora. Ein Lard sind in etwa 120 Meter.” So konnten sich Dinge im Laufe der Zeit verändern. Früher, so um den Zeitenkrieg, war ein Lard noch nicht einmal hundert Meter. Eines der vielen Dinge, welche ich von Mikau erfahren hatte. Kentin stand mit der Karte in der Hand auf. “Wir müssen…” Er brach ab und runzelte die Stirn. “Haben wir zufällig einen Kompass dabei?” Ich zuckte mit den Schultern, blieb ansonsten aber ruhig. “Keine Ahnung.” Auch Aslam schloss sich meiner Meinung an. “Ich wusste, wir haben etwas vergessen.” Und Finn fing an, sich die Haare zu raufen. Also kämpfte ich mich in eine sitzende Position. Mir waren die verwirrten Blicke der Anderen bewusst, während ich meinen ganz eigenen Kompass auspackte. Ich pumpte Magie in meine Hände, sodass ein Lichtbogen entstand. Dieser war leicht ausgefranst. Darum drehte ich mich langsam, bis der Lichtbogen ganz glatt wurde. Damit hatte ich also die Nord-Süd-Ausrichtung. “Also, wo müssen wir lang?” “Nordosten.” Kentin richtete die Karte neben mir nach meiner Improvisation aus. “Also da lang.” Er deutete mitten in den Wald. Froh, den Magiefluss auflösen zu können, tat ich genau das und schüttelte mir die Arme aus. Kaum hatte ich das Gefühl, dass Magie und Blut wieder richtig flossen, streckte ich eine Faust gen Himmel. “Na dann los!” Kapitel 92 ---------- Kapitel 92 “Und jetzt?” Gute Frage. Wir standen mitten im Wald. Im dichten Wald. Die Bäume bildeten eine lichtdichte Decke. “Hab ich mich so vertan?” Kentin verzweifelte an unserer Karte. Da ich mir das nicht vorstellen konnte, trat ich an eine Eiche heran. “Finn?” “Hm?” Ich drehte mich um, dabei eine Räuberleiter machend, und nickte nach oben. “Klettere mal hoch und schau dich um.” Nickend tat er genau das. Während unser Shiekah also da oben herum turnte, besah ich mir die Karte. Aber auch zusammen mit der Wegbeschreibung von Aslam fand ich keinen Fehler, “Richtung mit der Sonne steht eine Steinform!” Die Stirn runzelnd sah ich wieder auf die Karte. “Hier ist nichts eingezeichnet.” Das war in der Vergangenheit nie ein gutes Zeichen. “Schauen wir mal?” Wir tauschten einige Blicke, bis wir uns doch dazu entschlossen, mal nach zu sehen. Zum Glück war der Weg nicht weit, gerade Mal ein paar Minuten. Die Steinformation entpuppte sich als Felssäule, die senkrecht in den Himmel ragte. Sie hatte einen so geringen Umfang, dass zwei von uns sie dicke umfassen konnten. Obwohl ich es erwartet hatte, fand ich keine alten Schriftzeichen. Schade, ich hätte gerne gewusst, wozu das Ding gut war. “Was ist das?” Ich gesellte mich wieder zu den Anderen. “Wahrscheinlich irgendwas Historisches. Das würde auch erklären, warum der Stein nicht auf der Karte eingezeichnet ist. “Wozu der wohl gut gewesen ist.” Auch Finn trat jetzt heran. “Wegweiser, Grundstein, Heiliger Ort, Grenzstein, Grabmal.” Ich brach die Aufzählung einfach mal ab. “Da gibt es viele Möglichkeiten. Auf jeden Fall ist der nicht nur von den Kräften der Natur hier aufgestellt worden.” “Sag doch gleich, von Hyrulanern.” “Und wer garantiert mir, dass es nicht die Göttinnen waren?” Sie wandten sich von mir ab, um nicht antworten zu müssen. Nur Sekunden später fuhr mir ein warmer Wind durch die Haare. Grinsend sah ich nach oben. Da hörte mir wohl jemand zu. Und dieser Jemand war mit Sicherheit Farore. Sie machte sich mir als Einzige auf diese Weise bemerkbar. Vielleicht sollte ich mal Hylia fragen, ob Naryu sich auch ab und an mal meldete. In der Hoffnung, diesen imaginären Zettel nicht wieder zu verlegen… Aber jetzt war erst einmal wichtig, den nächsten Hinweis zu finden. Und ich bezweifelte, dass so etwas in einen historischen Felsen eingraviert war. “Ich hab was!” Sofort liefen wir zu Aslam. Der hatte an der gegenüberliegenden Seite das Moos angehoben. Darunter befand sich ein Kreidepfeil, welcher nach oben deutete. “Ob das für uns da ist?” Aslam hob vorsichtig weiteres Moos ab, bis er an den Rand des schon gelösten kam. Da war nichts mehr. “Unwahrscheinlich.” Kentin trat einen Schritt zurück, um die ganze Seite des Felsens im Blick zu haben. “Der Hinweis hat uns nicht hier her geführt.” “Beim ersten Mal sind wir auch nicht genau am See gelandet.” gab Finn zu bedenken. “Also gibt es nur eine Möglichkeit.” Ich stellte mich mit den Rücken an den Stein, mit den Händen wieder eine Räuberleiter formend. “Wer klettert?” “Warum machst du das nicht?” Trotzdem kam Finn näher. “Keine Lust.” Ich hob ihn an, bis er auf meinen Schultern stand. “Achtung!” Erst dann schob ich ihn noch ein Stückchen weiter. Nur ein paar Sekunden später kam von oben: “Stellt sich mal jemand in diese Richtung?” Sofort lief Kentin los. “Link. Ich komm wieder runter.” Mein Nicken war sinnlos, trotzdem ging es recht gut von statten. Einfach daran zu erkennen, dass niemand fiel. Wir schlossen zu Kentin auf, der auch gleich die Frage der Fragen stellte. “Was stand da?” “Nur eine Sieben, ein Pfeil in diese Richtung und das gleiche Symbol, welches auf Karten ein Denkmal anzeigt.” “Das ist alles?” “Nein.” Finn schüttelte den Kopf. “Da waren noch zwei Pfeile mit anderen Symbolen. Einer mit einer zwei und einer mit einer drei.” Also war es doch unser Punkt. Kapitel 93 ---------- Kapitel 93 Langsam wurde es dunkel. Bei meinem Glück würden wir keinen Unterschlupf finden. Seufzend besah ich mir meine Teamkameraden. Die Drei waren müde, was auch kein Wunder war. Wir waren den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, zwischendurch einmal auf Rikos Truppe gestoßen und ansonsten war nix los. Das konnte ganz schön zermürben. Auf jeden Fall würden sie gut schlafen. Wieder seufzend konzentrierte ich mich auf den nicht vorhandenen Weg. Ein paar Stimmen drangen zu uns durch. Erst dachte ich mir nichts dabei, schließlich rannten hier momentan genug Leute rum. Dann bemerkte ich aber endlich, dass die Stimmen sehr erwachsen und ernst klangen. Verwirrt blieb ich stehen und brachte auch die anderen Drei zu Stoppen - indem ich wild mit den Armen herum fuchtelte. Einen Finger auf die Lippen legend, bedeutete ich ihnen, ruhig zu sein. Sie folgten der Anweisung, auch wenn sie nicht wussten, was los war. Die Stimmen kamen etwas näher, sodass auch die Anderen sie kurz hören konnten, dann entfernten sie sich wieder. Kentin sprach netterweise leiser als sonst: “Das war niemand von uns.” Ich nickte. “Das waren mindestens vier Männer. Die klangen verdammt ernst, also glaube ich nicht, dass es Besucher waren.” Mein Blick wanderte nach oben, um den Stand der Sonne zu erahnen. “Es ist weit nach sechs. Wanderer hätten schon längst ihre Zelte aufgeschlagen.” “Vielleicht Angestellte des Nationalparks?” Aslam sah das Problem nicht wirklich. Ich legte überlegend den Kopf schief. “Könnte sein.” Wobei ich das nicht glaubte. “Was haltet ihr davon, denen zu folgen? Wir bräuchten auch langsam einen Platz für die Nacht.” Ihnen war alles egal, sodass sie einfach zustimmten. So folgten wir den Stimmen. Dabei betraten wir nie einen richtigen Pfad, weshalb ich langsam glaubte, dass es wirklich keine Ranger waren. Im dümmsten Fall waren es Verbrecher. Wilderer, Pelztierhändler, illegale Schatzsucher und ich sollte aufhören, so pessimistisch zu sein. Das waren bestimmt nur ein paar Wärter, die eine Zählung von Eichen durchführten. Oder so ähnlich. Plötzlich waren die Männer nicht mehr zu hören. Zu meinem Glück wurden die Jungs ruhiger, sodass wir hinterher schlichen. Als die Gesuchten endlich mal in Sichtweite kamen, musste ich Kentin den Mund zuhalten, damit er uns nicht verriet. “Was ist los?” Ein Hoch auf die Erfindung des Flüsterns! “Abgesehen davon, dass sie scharfe Waffen haben?” Tatsächlich war jeder mit einer Flinte ausgestattet. “Vielleicht zum Eigenschutz?” “Nein.” Ich deutete auf den Nächsten. “Seht mal, was in dem Rucksack drin ist.” Kurz waren sie ruhig, bis Finn als Erstes erschrocken die Luft einzog. “Das sind Pelze!” “Genau.” Mein Glück hatte mal wieder zugeschlagen. “Wir haben eine Truppe Wilderer aufgespürt.” “Und wenn sie den Bestand schützen?” Ich schüttelte den Kopf. “Das da ist ein Fuchsfell. Seit wir hier sind, habe ich noch keinen gesehen und nur eine Handvoll Spuren entdeckt. Hasen als ihre Beutetiere sieht man hinter jedem Baum und das, obwohl sie eigentlich Wiesenbewohner sind.” “Worauf du alles achtest.” Aslam schüttelte ebenfalls den Kopf. “Und jetzt?” “Ich lasse die auf jeden Fall nicht einfach weiter machen.” Wobei mein Pelz wahrscheinlich auch einiges bringen würde. Kurz sah ich in drei unentschlossene und fertige Gesichter, bevor ich mich abwandte. Ich schlug einen großen Bogen um die Wilderer, dabei immer ein Auge auf sie habend. Vielleicht hätte ich eingreifen sollen, bevor sie ihre Waffen schussbereit gemacht hatten… Na ja, Pech. Aber trotzdem. Vier Männer mir scharfen Schusswaffen. Nichts, womit ich mich gerne anlegte. Und meine Armbrust würde mir hier wahrscheinlich auch nicht helfen, da ich die Männer nicht einfach töten konnte. Also was tun? Und das bitte. Bevor der erste Schuss fiel! Ein Rascheln ließ mich aufsehen und die Ohren spitzen. Ach so, nur Kentin. Einige Momente später schaltete ich. Was zum Geier machte dieser Depp da? Unbewaffnet - was ich am schlimmsten fand! - schwankte er auf die Männer zu. Dabei gab er sich null Mühe, leise zu sein. Im Gegenteil! Memo an mich: Bei Gelegenheit das Kind übers Knie legen. Und ich hatte keine Möglichkeit mehr einzugreifen. Hätte ich diese Jungspunde doch nur nie alleine gelassen! “Hallo?” Nayru steh ihm bei. “Können Sie mir helfen?” Die Männer starrten ihn entgeistert an, was mich eher weniger wunderte. “Ich habe mich verlaufen. Ich…” Er brach ab. Einer der Männer trat ein paar Schritte auf ihn zu. Bei mir kam ein gewaltiger Schwall Angstgeruch an, dass es mich fast umhaute. Wobei ich es recht erstaunlich fand, dass Kentin sich am besten unter Kontrolle hatte. “Du hättest auf dem Weg bleiben sollen, Junge.” Etwas übertrieben schüttelte der Sprecher den Kopf. Ein anderer hatte sich im Schutz der Restlichen zu seiner Tasche gebeugt, um ein Seil an sich zu nehmen. “Ich weiß.” Kentin wirkte recht nervös und das war leider nicht gespielt. “Aber als ich merkte, dass meine Familie weg war, stand ich schon mitten im Wald.” Anerkennend nickte ich. Die Geschichte war einfach genug, um wahr sein zu können. Der mit dem Seil trat langsam um seine Kollegen herum. Anscheinend wollten sie nicht riskieren, einen Menschen zu töten. Ich konnte mich aber auch täuschen, da ein Anderer blind nach seinem Gewehr angelte. Ganz ehrlich? Ich konnte diesen modernen Schusswaffen nicht abgewinnen. So ein Bogen war doch viel einfacher zu bedienen. Da es langsam aber sicher ernst wurde, begann ich weiter um die Männer zu schleichen bis ich mich in ihrem Rücken befand. Kentin sah bewusst nicht in meine Richtung, um mich nicht zu verraten. Das rechnete ich ihm hoch an. Der vorderste Mann schien kurz zu überlegen, bevor er an meinem Klassenkameraden vorbei deutete. “Wenn mich nicht alles täuscht, befindet sich in etwa vierhundert Meter ein Weg, der direkt zu einem Sammelpunkt mit Notfalltelefon führt.” “Echt?” Total begeistert drehte Kentin sich um. Hier gab es keine Notfalltelefone und das wussten wir alle. Der mit dem Seil nutzte die Gunst der Sekunde um auf ihn zuzutreten. In dem Moment flogen ein paar Wurfmesser durch die Luft, welche das Seil effektiv zerkleinerten. Eines riss zusätzlich noch eine Wunde in die Hand des Angreifers. Durch den überraschten Schmerzlaut wirbelte Kentin wieder herum, diesmal mit einer Klinge in der Hand, welche eindeutig nicht seine war. Da sich der mit der Schusswaffe ungünstig bewegte, sprang ich ihn von hinten an und brachte ihn somit zu Fall. Sein weiteres Rumgehampel ließ mich nach der Waffe schnappen. Dabei stellte ich bewusst eine Pfote auf seinen Hinterkopf, um ihn am Boden zu halten. Weil ich mir nicht wirklich sicher war, ob das Ding geladen war, sah ich davon ab, es in seine Einzelteile zu zerlegen. Stattdessen verbog ich einfach den Lauf. Als ich wieder aufsehen konnte, waren auch die anderen Gegner entwaffnet und festgenagelt. “Und jetzt?” Aslams Opfer war lustigerweise ohnmächtig und hatte eine Platzwunde am Kopf. Was bitte hatte er gemacht? Kentin und Finn wirkten mindestens genauso ratlos. Ca hingegen wollte mich nicht gerade vor den Wilderern verwandeln. “Verdammte Kinder.” Mein Pfotenabtreter war anscheinend wieder da. “Diesen Mistköter bring ich als erstes um.” Leider flüsterte er so leise, dass ich ihn nur verstand, weil ich praktisch auf ihm hockte. “Und diese Möchtegernwächter kriege ich auch noch. Die haben doch keinen Dunst, wie man sich in solch einer Situation verhält.” Das reichte mir schon. Die Pfote von seinem Kopf nehmend, positionierte ich diese auf seiner Wirbelsäule. In dem Moment, wo er einen Arm etwas hob, biss ich herzhaft zu. Dabei hielt ich mich nicht an dem Widerstand der Knochen auf. Nach der ersten Schrecksekunde schrie der Mann den halben Wald zusammen. “Oh Gott.” Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass ich durch den Krach hier noch einen Stimme identifizieren konnte, oder? Erst als ich mich sicher war, seinen Armknochen und seine Muskeln zu Genüge zerlegt zu haben, ließ ich von ihm ab und schüttelte mich. Bäh. Menschenblut. Meine drei Kumpanen starrten mich an, als ob ich ein Monster wäre. Ich ließ es bleiben, mit den Schultern zu zucken. “Zählt das jetzt als Körperverletzung?” Verdattert sah ich Finn an. Meinte der das Ernst? Anscheinend, denn er beachtete nicht, dass sich sein Opfer regte. Ohne lange zu fackeln, fiel ich den ebenfalls an und sorgte dafür, dass auch der nicht mehr gefährlich werden konnte. Finn - im ersten Moment noch verwirrt - lief leicht grünlich an. “Musste das sein?” Genervt nickte ich. Aslam ging auf die Rucksäcke zu, dabei eines der Gewehre vorsichtig vor sich her schiebend. Plötzlich ruckte sein Kopf hoch und er sprang zurück. Immer noch auf dem zweiten Verletzten stehend, spannte ich mich ebenfalls an, bereit zum Angriff. “Ich hoffe, du kannst bei deinen Artgenossen punkten.” “Was willst du?” Auch wenn er mich gerade nicht verstand, das musste raus. “Wölfe.” “Ne jetzt, oder?” Das war aber nicht ich. Wobei ich mich der Meinung anschloss. Die Ohren angelegt näherte ich mich Aslam. Finn und Kentin schlossen auf, damit wir alle auf einem Fleck standen. Tatsächlich tauschte nach ein paar Momenten eine Wolfsnase zwischen den Blättern auf. Das dazugehörige Tier war eindeutig nicht gut gelaunt. Und leider schien es ein ganzes Rudel mitgebracht zu haben. Ich ging leicht in die Knie um notfalls für einen Angriff gewappnet zu sein. Außerdem wirkte ich dadurch etwas kleiner. Kurz ließ ich meinen Blick über die Anwesenden schweifen und filterte dadurch schnell das Alpha-Pärchen raus. Genau die behielt ich im Auge. “Eindringlinge!” Das war nicht der Alpha, sondern ein eher kriegerisch veranlagtes Tier. “Verschwindet, oder wir töten euch.” Ich ließ ein leises Knurren hören. “Die Alten könnt ihr haben. Die drei jungen Zweibeiner stehen unter meinem Schutz.” “Als ob uns das stört.” Wieder der Krieger. “Kein Zweibeiner hat hier etwas zu suchen.” “Die Jungen beschützten euch!” “Zweibeinerliebling!” Autsch! Ich war doch kein Hund. “Du glaubst wohl alles, was sie dir weiß machen!” “Nein, das tue ich nicht.” Was der Wahrheit entsprach. “Aber ich versteh ihre Sprache.” Die Alphas, welche immer noch in meinem Blickfeld standen, zuckten zusammen. Kein Wunder. So wie die Zweibeiner die Tiere nicht richtig verstanden, so war es auch anders herum. Es zeigte, dass ich viel Zeit mit ihnen verbrachte. “Lässt dich wohl durchfüttern.” Diese abfällige Bemerkung war mir nicht einmal eine Antwort wert. “Ich hoffe, du weißt, was du da tust.” Kentin flüsterte nur, aber zumindest ich verstand ihn sehr gut. In der Hoffnung, beruhigend zu wirken, stieß ich ihn leicht an und sah kurz hoch. Tatsächlich lockerte er sich etwas. Auch unsere anderen Beiden ließen daraufhin etwas von ihrer Anspannung fallen. Als ich mich kurz weggedreht hatte, war der Krieger näher gekommen. “Noch einen Ton von den Zweibeinern und sie sind unsere nächste Mahlzeit.” Jetzt langte es mir. Ich trat eins zwei Schritte auf ihn zu, mich dabei zu voller Größe aufrichtend. So konnte ich ihn ganz bequem von oben herab anknurren. “Wenn du das versuchst, dann wirst du es sein, der stirbt.” Alle Wölfe traten einen Schritt zurück. Von irgendwo her hörte ich was von “Fenris - Wolf.” Und genau das wollte ich eigentlich vermeiden. Der Alpha trat vor und schickte seinen Krieger zurück. Bei der Begrüßung legte er den Kopf zur Seite und unterwarf sich mir damit. “Ich grüße dich, Kind des Fenris.” Gerade noch konnte ich mir ein Augenrollen verkneifen. Das wäre alles, aber nicht wolfstypisch. Stattdessen legte auch ich den Kopf etwas zur Seite, aber nicht so weit. “Sei gegrüßt, Alpha.” Er sah mich wieder direkt an. “Warum die Zweibeiner?” “Ich habe meine Gründe.” Ich deutete zu den Erwachsenen. “Diese Vier wollten euch jagen um sich mit euren Fellen zu schmücken. Meine Begleiter hielten sie davon ab.” Er akzeptierte diese Erklärung. “Wir sollten sie fressen.” “Wer Zweibeiner frisst, wird räudig.” Zu meiner Verwunderung stammte diese Aussage nicht von mir, sondern von einem älteren Rüden, der anscheinend keine besondere Stellung im Rudel inne hatte. “Zumindest schmecken sie nicht.” Das war aber ich. Was mich wieder an diesen ekeligen Geschmack erinnerte, welchen ich immer noch im Maul hatte. “Gut.” Der Alpha holte seinen Beta heran. “Regenschleier. Verjagt sie.” Und so geschah es. Mit aufgestelltem Nackenfell und knurrend gingen eine handvoll der Wölfe auf die Wilderer los. “Sie wollen sie jetzt aber nicht umbringen, oder?” Verwirrt sah ich zu Aslam. Ich hatte keine Ahnung, dass er so hoch sprechen konnte. Trotzdem antwortete ich lieber, bevor etwas dummes passierte. Ich schüttelte den Kopf. Zum Glück verstand er. Ein Stoß in die Seite zusammen mit meinem Namen ließ mich zu Finn sehen. Er deutete zu den Taschen der Wilderer. “Kann ich da mal ran?” Kurz sah ich zu den Vierbeinern, bevor ich nickte. Zusätzlich begleitete ich ihn. Finn begann die Taschen zu durchwühlen und zog nach und nach einige Ausweise heraus. Das war gar keine so dumme Idee. Einen dumpfen Laut später saß Kentin auf dem Boden und stöhnte vor sich hin. “Feierabend. Ich habe so was von keinen Bock mehr.” Ich gab einen belustigten Ton von mir. “Dein Rudel wirkt leicht geschafft.” Der Alpha stand neben mir und besah sich das Elend. “Kein Wunder.” Ich setzte mich auch erst einmal hin. “Wir sind schon den ganzen Tag unterwegs, immer quer durch den Wald.” “Bis zum Erwachen der Sonne seit ihr bei uns sicher.” Verdattert starrte ich den Kleineren an. Na, damit hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet. “Das braucht ihr nicht.” “Doch. Schutz gegen Schutz.” Überstimmt. Aber wie bekam ich jetzt Kentin dazu, freiwillig wieder aufzustehen? Kapitel 94 ---------- Kapitel 94 Ein gefüllter Magen und etwas Ruhe taten Wunder. Während meine drei Anhängsel also mal wieder über der Karte hingen, versuchte ich zu schlafen. Gar nicht so leicht, wenn vier Welpen einen als Kletterfelsen benutzten. Leider hatte ich etwas zu spät festgestellt, dass Aslam anscheinend ein Hobbyfotograph war. Hatte das gedauert, bis ich dem Rudel erklärt hatte, dass so eine Kamera nicht gefährlich war. Von dem Moment an war er nicht mehr zu halten und knipste wie ein Verrückter herum. Ich glaubte, das hier war das best fotographierteste Wolfsrudel in ganz Hyrule. Erst einmal laut gähnend, sah ich zu meinen Teamkollegen, welche immer noch die morgige Route besprachen. Langeweile musste man haben. Der Geruch nach frischem Blut ließ nicht nur mich aufsehen. Die Welpen fanden mich plötzlich uninteressant und waren weg. Anscheinend war gerade Raubtierfütterung. Ich streckte mich gemütlich. Ich stutzte. Die Wölfin, welche gerade zwei Hasen angebracht hatte, kam mir doch bekannt vor! Schneller als ich denken konnte, war ich wieder auf den Beinen und lief zu der Jägerin. Komplett unbeabsichtigt näherte ich mich ihr von hinten. Dabei ließ ich meine Augen über sie wandern. Die Jägerin hatte ein stumpfes braunes Fell. Vor allem fiel mir ins Auge, dass sie eine lange Narbe an der Hüfte hatte. Ich blieb ein paar Schritte hinter ihr stehen. “Narbenherz? Bist du das?” Sie zuckte erschrocken zusammen und fuhr herum. Erst starrte sie mich an wie eine Erscheinung. “Himmelsauge?” “Hey.” Ich könnte ausflippen. “Dich habe ich ja schon ewig nicht mehr gesehen.” Sie gab einen zustimmenden Ton von sich. Eher belustigt hob ich die Pfote und wedelte mit dieser vor ihrer Schnauze herum. “Nein, du träumst nicht.” Als ob das alles sagte, sprang sie mich plötzlich an und warf mich so um. “Himmelsauge! Ich fass es nicht! Was machst du denn hier?” Jetzt doch lachend, deutete ich auf meine Begleiter, die mich gerade richtig schön blöd anstarrten. Narbenherz sah nur kurz auf. “Zweibeiner. War ja klar.” Ich stieß sie an. “Ja, war es. Und jetzt runter von mir.” “Ups.” Mich schüttelnd kam ich wieder auf alle Viere. Ich nahm es ihr nicht übel, mich umgeworfen zu haben. Eher war ich belustigt. “Sag mal, warst du nicht mal kleiner?” “Könnte schon sein.” Ich wurde etwas ernster. “Wie geht es dir?” “Gut. Ich habe ein Rudel und fast keinen Kontakt zu Zweibeinern.” Sie legte den Kopf etwas schief. “Wie geht es Alpha Regenbogen?” Das war aber nicht, was sie eigentlich fragen wollte. “Das kann ich dir nicht sagen. Alpha Regenbogen ging vorletzten Winter in die ewigen Jagdgründe ein.” “Oh.” Sie ließ die Ohren etwas hängen. “Dann ist wohl Schneeflocke der neue Alpha.” “Schön wäre es.” Ich setzte mich wieder in Bewegung, zurück zu den Jungs. Narbenherz haderte kurz mit sich selbst. Sie konnte Zweibeiner auf Teufel komm raus nicht ausstehen - ihr Name war nicht aus der Luft gegriffen. “Dir folgt da was.” Ich zeigte vor allem Aslam kurz die Zähne, um allen weiteren dummen Kommentaren entgegen zu wirken. Erst als sich Narbenherz neben mir nieder ließ, sprach ich weiter. “Irgendjemand - ich tippe auf Erdpfote - hat beschlossen, dass ich den Job machen soll. Jeglicher Widerstand war zwecklos.” “Du? Alpha?” Ich bekam einen gewaltigen Schreck, als sie plötzlich losbrüllte. “Schrei doch nicht so!” Ich bin nicht taub!” “Tut mir leid.” Mit einem Mal unterwarf sie sich mir. Seufzend - ja verdammt! Ein seufzender Wolf! - stieß ich sie an. “Lass das. Ich kann das nicht ab.” Zumindest etwas entspannte sie sich. Ich beschloss, einfach weiter zu reden. “Schneeflocke kümmert sich in meiner Abwesenheit um alles. Er will die Position leider nicht selbst übernehmen.” Sie war kurz ruhig, um alles sacken zu lassen. “Warum will er nicht?” “Zwei Gründe. Erstens hat er genug mit Lilienblütes Welpen zu tun. Zweitens fehlt ihm die Alpha-Wölfin.” Ich sah sie direkt an. Und Narbenherz fühlte sich sichtlich unwohl in ihrem Fell. Sie wusste genau, dass Schneeflocke nur sie an seiner Seite akzeptieren würde. “Gib mir bitte etwas Zeit.” Die ließ ich ihr. Erinnerung 23 ------------- Erinnerung 22 “Bitte nicht, Narbenherz.” “Es geht nicht anders, Schneeflocke.” “Aber…” “Nein!” Mein Hals fing langsam an, zu schmerzen. Seit gefühlt einer Stunde ging diese Diskussion jetzt schon. “Ich kann nicht länger bleiben!” “Du musst nicht gehen!” “Ich kann nicht in der Nähe der Zweibeiner bleiben!” “Mit Blutträne und Himmelsauge hast du doch auch kein Problem!” Wir Brüder tauschten einige Blicke. “Die Zwei sind ja auch Wölfe!” “Sind sie nicht und das weißt du auch!” “Ich kann sie aber als welche sehen!” Wenn es etwas bringen würde, würde ich mir die Ohren zuhalten. Leider war der Streit so laut, dass alles sinnlos war. “Dann seh doch die anderen Zweibeiner gar nicht.” “Ich kann sie aber nicht ignorieren! Sie töteten meine Eltern und meine Geschwister!” Zoff unter Liebenden. War ich froh, dass mich das Thema noch nie so wirklich aus erster Hand interessiert hatte. “Nicht alle Zweibeiner sind gleich!” “Das weiß ich! Aber zu viele von ihnen sind nun einmal schlecht. Und je länger ich hier in der Nähe ihrer Höhlen bleibe, desto wahrscheinlicher ist es, dass mir weitere schlechte über den Weg laufen.” Ich legte den Kopf schief. Hatte Narbenherz irgendwann mal Kontakt zu Phai gehabt? Ich glaubte nicht, aber in meiner Welt war alles möglich. Schneeflocke ließ die Ohren hängen. “Ich würde dich gerne begleiten, aber ich kann mein Rudel nicht einfach alleine lassen.” “Das weiß i9ch doch. Ich bin dir auch nicht böse deswegen. Im Gegenteil, ich würde genauso handeln.” Narbenherz stieß ihn vorsichtig an. “Es ist nur so, dass die Zweibeiner mir Angst machen.” Dass Alpha Regenbogen noch nicht eingeschritten war… Narbenherz ließ den Kopf hängen. Diese Geste sagte mehr, als alle Worte es je konnten. Und Schneeflocke tat das einzig Richtige. Er begann, sie zu trösten. Endlich herrschte Stille. Das genießend, drehte ich mich auf den Rücken und streckte alle Viere von mir. “Du hast doch gar nichts zur Entschärfung dieser Situation beigetragen.” Mein Bruder musste mir auch alles versauen. “Hab ich auch nie behauptet, aber die Beiden haben mich geweckt.” “Verpenntes Etwas.” “Angenehm, Himmelsauge.” “Mit dir als Bruder ist man echt gestraft.” Und weg war er. Wow. Ich schaffte irgendwie, was ein streitendes Paar nicht packte. Innerlich die Schultern zuckend, ruckelte ich mich im Gras zurecht, um weiter schlafen zu können. Leider wurde mein Plan ganz schnell wieder dem Erdboden gleich gemacht. Ein Schatten fiel auf mein Gesicht. Grummelnd öffnete ich erst einmal ein Auge. Ganz schnell war ich wieder wach. Alpha Regenbogen stand neben mir. “Hoch mit dir.” Eher behändig kämpfte ich mich auf meine Pfoten. “Wie kann ich dir helfen?” “Wir gehen jetzt jagen.” Er drehte sich in Richtung Wald und stiefelte los. “Falls mein verehrter Sohn nicht unsere ganze Beute verjagt hat.” Ich spürte regelrecht, wie ich begann zu grinsen. War ich froh, nicht mehr hier zu sein, wenn Regenbogen Schneeflocke in Grund und Boden stampfte. Kapitel 95 ---------- Kapitel 95 Ich schüttelte mir den Rest der Nacht aus dem Fell, während meine Begleiter sich die Rucksäcke auf den Rücken schnallten. Narbenherz war beim ersten Sonnenstrahl gegangen. Ich hatte keinen Dunst, wo sie gerade herum rannte. Alles, was ich wusste, war dass sie sich die ganze Nacht herum gewälzt hatte. Schätzungsweise hatte sie sich den Kopf zerbrochen über unser gestriges Thema. Hoffentlich entschied sie sich schnell. Jetzt konnte ich sie noch mitnehmen, damit sie nicht laufen musste. Wenn ihr in einem solchen Fall etwas passieren sollte, würde ich mir das nie verzeigen. Der Alpha kam auf uns zu. Er blieb in gebührenden Abstand zu den Jungs stehen. “Ihr geht schon?” “Ja.” Gedankenverloren nickte ich. “Wir wollen eure Gastfreundlichkeit nicht zu weit ausreizen.” Er sah mich kurz an, als ob er überlegte, was er da vor der Nase hatte. Ich ging nicht darauf ein. “Wo ist Narbenherz?” “Interessierst du dich für sie?” “Nein. Zumindest nicht, wie du gerade denkst.” Ich streckte mich noch einmal. “Sie war kurzzeitig Mitglied meines Rudels.” “Und deswegen willst du sie zurück?” “Schneeflocke würde sich freuen, seine erwählte Partnerin wieder zu haben. Er weigert sich, eine andere Wölfin an seiner Seite zu dulden.” “Du akzeptierst andere Paare neben dir?” Mir zuckten die Ohren. “Natürlich. Ich habe weder Partnerin noch Welpen. Und Beides werde ich mir auch nicht anschaffen.” Das schien ihm sowohl zu reichen, als auch zu verwirren. Ich hatte aber gute Gründe, für mein seltsames Verhalten als Alpha, schließlich wollte ich den Job nie. “Narbenherz redet mit meiner Alpha-Wölfin. Frag mich aber bitte nicht, was sie wissen will.” Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich davon abhalten, erneut zu nicken. “Gut.” Und das meinte ich auch so. Es war ihre Entscheidung und da würde ich ihr nicht reinreden. “Link?” Ich sah auf. “Wir wollen langsam los.” Dieses Mal nickte ich bewusst. “Ich danke für die Nacht, Alpha. Ihr habt uns sehr geholfen.” Er akzeptierte und ging. Ich hingegen schloss zu meinen Leuten auf. Wir verließen den Platz. Nach ein paar Minuten blieb ich stehen und sah zurück. Doch Narbenherz kam nicht hinterher. So schloss ich wieder auf. “Was war denn das?” Doch ich schüttelte den Kopf. Notgedrungen mussten sie es hinnehmen. “Himmelsauge! Warte!” Ich fuhr auf der Stelle herum. “Narbenherz?” “Ich… Kann ich mitkommen?” Sie sah mich an, wie ein Welpe der etwas angestellt hatte. Erleichterung durchflutete mich. “Natürlich. Du bist unserem Rudel jederzeit willkommen.” Man konnte ihr regelrecht ansehen, wie sie aufblühte. Da hatte ihr wohl etwas die letzten zwei Jahre gefehlt. Oder jemand. Mit der kleineren Wölfin an der Seite schloss ich zu den Jungs auf. “Gibt es eine Erklärung?” Ich schüttelte nur den Kopf. Nach ein paar Minuten sah ich mich noch einmal um, bevor ich endlich mein Fell auszog. Narbenherz reagierte darauf gar nicht. Sie sah mich einfach nur an. Ich hingegen hockte mich zu ihr. “Komm her, Nara.” Sie hörte und ließ sich einfach von mir hochheben. Mit ihrem Kopf auf meiner Schulter konnte ich sie ganz gut halten und das bestimmt auch ein ganzes Weilchen. Meine Teammitglieder sahen mich wieder einmal an, als ob ich durchgedreht sei. “Sie hat die ganze Nacht kein Auge zugetan. Da kann sie wenigstens jetzt etwas schlafen.” “Sie…” Ich verdrehte die Augen. “Ja, sie. Glaubt ihr etwa, das Rudel hätte mich als Wolf akzeptiert, wenn ich nicht einmal das mitkriegen würde?” Das brachte die Drei zum Verstummen. Ein paar Minuten gingen wir also schweigend weiter, bis Finn etwas auffiel. “Dein Kuscheltier hat sich nicht erschrocken, als du dich wieder zurück verwandelt hast.” “Das liegt daran, dass Nara mich kennt.” Ich strich besagter Wölfin leicht durchs Fell. “Sie lebte vor zwei Jahren kurzzeitig bei uns, zog dann aber weiter.” “Und jetzt nimmst du sie wieder mit?” “Nara selbst hat diese Entscheidung gefällt. Sie hätte auch hier bleiben können. Dann hätte ich ihr ebenso ihren Willen gelassen.” Kapitel 96 ---------- Kapitel 96 Die Sonne schaffte es nicht durch das dichte Blätterdach. Folglich hatte ich keinen Dunst, wie lange wir schon wieder unterwegs waren. Das änderte sich schlagartig, als wir die letzte Baumreihe hinter uns ließen und wir aufgrund des Helligkeitsunterschiedes erst einmal stehen bleiben mussten. “Ich glaube, wir sind da.” Blinzelnd öffnete ich vorsichtig die Augen und sah mich um. Das hier war keine Lichtung, das konnte man schon getrost als Ebene bezeichnen. Selbst wenn wir leicht vom Weg abgekommen waren, das hier hätten wir niemals verfehlen können. In einigen hundert Metern Entfernung ragte ein Hügel in die Höhe. In unserer Richtung konnte man einen alten Eingang ausmachen. Anscheinend war das unser Ziel. Nara regte sich auf meinem Arm, weshalb ich sie runter ließ. Tat das gut… “Ob das endlich unser letzter Punkt ist?” Dabei setzte sich Kentin wieder in Bewegung. “Das wird sich zeigen, wenn wir da sind.” Nein, ich rannte nicht. Während meine Begleiter eher lustlos hinter mir her liefen, riskierte ich einen Blick zur Sonne. Es war kurz vor Mittag. Kein Wunder also, dass ich Hunger hatte. Meine Nackenhaare waren noch nicht einmal fertig mit aufstellen, da blieb ich auch schon stehen und brüllte: “STOP!” Selbst Nara reagierte, sodass sie fast umkippte. “Wat ist denn jetzt schon wieder los?” Finn klang alles andere als begeistert. Ich hingegen versuchte zu lokalisieren, was mich hier genau warnte. Aber ich fand nichts. Außer… Den Eingang fixierend, trat ich einen Schritt nach vorne. “Ne jetzt. Das kann doch nicht deren Ernst sein.” “Wat´n los?” “Hier gibt es Schutzzauber.” Ich kniff die Augen zusammen. “Und was für welche?” “Woher soll ich das denn bitte wissen?” Ja, ich war genervt. Nara fing an, mir um die Beine zu streichen und brachte mich damit effektiv wieder zur Ruhe. “Geht’s?” Ich drehte mich zu Aslam. “Nein. Mich kotzt das hier einfach alles an.” Ich atmete tief durch. “Haben wir zufällig ein Fernglas dabei?” Schon begann Finn in unserem Reisegepäck zu wühlen, um mir das Gewünschte zu reichen. “Setzt euch ruhig.” Mein Vorschlag wurde vierfach angenommen, wobei sich Nara direkt neben mir nieder lies. Seufzend setzte ich das Fernglas an und besah mir die Umgebung des Einganges. “Also zumindest gehen die Schilde nicht gegen das Leben.” Was erst einmal eine gute Nachricht war. Der Fuchs, welcher kurz zu sehen war, ließ auch gegen eine Tierfreie Zone sprechen. Ich setzte das Fernglas ab. Okay. Die Schilde arbeiteten nicht gegen das Leben und nicht gegen Tiere. Mir war nicht bekannt, dass es Schilde gab, die Hyrulaner - alle oder nur ein Volk - draußen hielten. Also was blieb da noch? Im dümmsten Fall schotteten sie einfach alles ab und erschufen so ein eigenes kleines Ökosystem. Allerdings waren solche Schilde sichtbar. Da mir ansonsten nichts einfiel, untersuchte ich die Steine am Einfang genauer. Ein Symbol konnte ich erkennen. Das Volkszeichen der Kokiri, aber auch nur weil es leicht grünlich leuchtete und gerade im Schatten lag. Ein alter Tempel der Kinder des Waldes? Nur gerade leider unwichtig. Die Schilde mussten irgendwas hassen, was auf mich zutraf. Also war die Liste ja ganz kurz. Seufz. Da ich gerade am Ende meines Zoranisch war, beschwor ich Volva. Dann konnte ich wenigstens das ausschließen. Wieder erwarten kam mein kleiner Drachoid nicht bis zum Tempel durch. Auf halber Strecke wurde er ausgelöscht. Das Problem? Er entzog mir weiter meine Magie. Es kostete mich einiges, den Fluss zu unterbrechen. Es gelang mir nur, weil Nara mir ins Bein zwickte. Schwer atmend saß ich also im Gras. Keine Ahnung, wann das passiert war. “Link?” “Heilige Farore.” Ich ließ mich nach hinten fallen. “Das gibt es doch nicht.” Finns Gesicht schob sich in mein Sichtfeld. “Geht’s dir gut?” Ich nickte, glaube ich. “Also ist es ein Feuerschutz?” Ich schüttelte den Kopf. “Schön wäre es.” “Heißt?” Wieder einmal seufzend legte ich einen Arm über meine Augen. “Das ist ein Schild gegen Magie. Oder besser gesagt, er saugt jegliche Magie auf, welche ihn berührt und stärkt sich damit selbst.” “Also dürfen wir keine Magie anwenden?” Aslam klang leicht ungläubig. “Das klingt doch einfach.” Ich hob meinen Arm an und starrte ihn verdattert an. “Ist das dein Ernst?” Er drehte sich wieder zu mir. “Hab ich irgendwo einen Denkfehler?” “Einen Gewaltigen.” Ich ließ meinen Arm wieder sinken. “Ich sagte ´jegliche Magie´. Auch die, welche im Blut gebunden ist. Und kein Hyrulanisches Wesen kann ganz ohne Magie überleben.” “Das heißt, dieser Schild würde uns umbringen, wenn wir versuchen, die Linie zu überqueren?” “Jup.” “Unsere Lehrer wollen uns tot sehen.” “Nope.” “Etwas ausführlicher bitte.” Ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich zu einer Erklärung ansetzte. “Einen Schild dieser Art kann man nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln. Er fordert Blutzoll und davon eine Menge. Außerdem haben wir Schilde dieser Art noch nicht im Unterricht durchgenommen. Woher hätten sie auch nur ahnen können, dass wir da nicht blind rein laufen?” “Wir schon. Du nicht.” Mir entwich ein knurren. “Gerodu weiß zwar, dass ich gerne mal auf meine Instinkte höre, aber das hier ist ein anderes Thema.” “Also fahrlässige Tötung?” Diesmal nickte ich nur. “Ich habe ein ganz mieses Gefühl.” “Zu Recht.” Dabei sah ich grinsend zu Kentin. “Also entweder gehst du alleine rein, oder wir brechen hier ab.” Ich schloss erneut die Augen. “Mir ist Beides Recht.” “Warum ausgerechnet ich?” Wow, nicht nur ich konnte quietschen. Immer noch grinsend zuckte ich mit den Schultern. “Du bist ein Mensch. Und bis zu einem Viertel Hyrulaner-Blut dürfte es dir nicht schaden.” “Dürfte?” Er quietschte weiter. Ich konnte nur noch mal mit den Schultern zucken. Erstaunlicher Weise hielten sich Finn und Aslam heraus. Etwas, was anscheinend auch Kentin gerade auffiel. “Sagt doch auch mal was dazu!” “Und was?” Aslam wedelte dazu auch noch mit den Armen. Finn war etwas ruhiger. “Er hat Recht. Wenn überhaupt kannst nur du weiter gehen.” “Das heißt?” “Deine Sache.” Ich drehte den Kopf wieder zu Kentin. “Wenn du da nicht alleine rein willst, dann kehren wir um. Mir schnurz. Auf jeden Fall kriegt der Verantwortliche hierfür von mir ein paar auf die Schnauze.” “Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?” Kentin wirkte leicht neben sich. “Klar. Und während du hier überlegst, kann ich noch eine Runde schlafen.” “Hat dir die Nacht nicht gereicht?” “Nara hat sich die ganze Nacht rumgewälzt. Ich hab kein Auge zugemacht.” Ich sah auf den Wolfskopf, welcher auf meinem Bauch lag. “Ja, dich meine ich.” Zwei Jungen und ihr Haustier saßen auf dem Rasen. Die eigentlich schon fast Erwachsenen wirkten sehr angespannt, während ihr Wolf fast schon eine Kugel bildete und tief und fest schlief. Wer bitte hält sich einen Wolf als Haustier? In einigen Metern Entfernung ragte ein Hügel in die Höhe, welcher Spuren einer Zivilisation trug. Es führte ein ausgebauter Gang in das Innere der Anhöhe. Auch wenn es inmitten der Natur doch ein recht friedliches Bild abgab, wirkten die zwei Jungs alles andere als friedlich. Aber das war gerade alles egal, denn die Zweibeiner konnten gerade sowieso nichts machen. So waren alle drei zum Nichtstun verdammt, bis… Ein lautes Jaulen ertönte aus der Richtung des Hügels. Sofort sprangen die beiden jungen Männer auf die Beine, doch sie bewegten sich nicht vom Fleck weg. Der Wolf hingegen schlief erst einmal weiter, zumindest bis ein zweites noch verzweifelteres Jaulen erklang. Das Tier hob den Kopf, blinzelte und gähnte ausgiebig. Ein schmerzerfüllter Schrei ertönte. Eher gemütlich stand das Tier auf, den Blick immer auf die Höhle gerichtet. Dann geschah es. Kleine schwarze Flöckchen kamen wie Insekten von überall her und färbten das leuchtend blonde Fell grau ein. Die zwei Jungs starrten das Tier mehr als nur entgeistert an. Sie waren ja mittlerweile einiges gewohnt, aber das schien ihnen dann doch sehr abnormal. Kaum hatte das Fell des Wolfes ganz seine Farbe geändert, begann dieser ein recht aggressives Verhalten an den Tag zu legen. Er ging mit aufgestelltem Nackenfell und drohend gefletschten Zähnen in Richtung des Hügeleinganges. Dabei knurrte er furchterregend. “Link?” Einer der jungen Männer trat auf das Tier zu… “Aslam! Nicht!” … wohingegen der Zweite ihn genau davon abhalten wollte. Doch der Wolf nahm von ihnen keine Notiz. Er pirschte sich weiter auf den Eingang zu. Plötzlich sprintete er los und warf sich gegen eine unsichtbare Wand. In der Luft flackerte eine blutrote Kuppel auf. Das Schauspiel war nur für einige Sekunden sichtbar, bis es wieder erlosch. Dies schien dem Tier als Erfolg z reichen, denn es warf sich wieder gegen die Kuppel. Die Jungs standen erst einmal geschockt in der Gegend herum. Ein erneutes Aufflackern der Kuppel holte sie aus ihrer Starre. “Meinte Link nicht vorhin noch, der Schild würde uns töten?” “Keine Ahnung, was in ihn gefahren ist.” Die Kuppel begann immer stärker zu flackern, bis sie schließlich sichtbar blieb. Noch einmal warf sich das Tier dagegen und erzeugte damit ein lautes Klirren, als ob eine Fensterscheibe zerbrach. Teile der roten Lichtkuppel flogen wie Splitter durch die Gegend. Einige davon bohrten sich in den Leib des Angreifers, welcher das aber nicht beachtete. Kaum klaffte ein Loch in der noch immer leuchtenden roten Wand, sprang der Wolf hindurch und wetzte auf den Eingang zu. Seine zwei Begleiter tauschten nur einen kurzen Blick, bis sie ihm folgten. Mit einiger Verspätung kamen sie am Hügel an und betraten diesen auch gleich. Ein steinerner Gang führte nach drinnen, in leicht abfallendem Winkel. Die Wände schienen von selbst zu leuchten, anders konnte man die Anwesenheit des Lichtes nicht erklären. Kaum bogen sie um eine Ecke blieben sie wie angewurzelt stehen. Der Gang hatte sie in einen Raum geführt, welcher vor allem eines war, hoch. Man konnte die Decke nicht einmal erahnen. Von jeder Seite ging ein Gang ab, welcher ins Dunkle führte. Neben einem der Gänge saß ein dritter junger Mann mit einem weiteren Wolf an der Seite. Beide waren verletzt. Das große graue Tier war nicht zu sehen. Aslam und Finn liefen zu ihrem Freund. “Kentin! Wo ist Link?” Angesprochener sah geschockt auf, als er die Stimmen hörte. Kurz war er ruhig, bis er den Kopf schüttelte. “Link? Den hab ich nicht gesehen.” “Sein Fell ist plötzlich grau geworden.” schnitt Aslam ihm das Wort ab. Jetzt bekam Kentin wirklich keinen Ton mehr heraus. Stattdessen deutete er auf den Gang, neben welchem er saß. Finn trat an den gezeigten Gang heran, starte in die Finsternis und schluckte. “Ich glaube, Link wird den Rückweg schon finden.” Doch Aslam war das im Moment recht egal. Er war sofort zu dem Dritten im Bunde getreten und besah sich den langen blutenden Schnitt an dessen Bein. “Wie ist das passiert?” “Durch einen Albtraum.” Kentin fuhr sich über die Augen. “Da waren plötzlich Echsen, so groß wie ich und mit Schwertern bewaffnet.” Fast sofort wurden die anderen Zwei blass. “Ich dachte immer, die Historiker die so etwas erzählen stehen unter Drogen.” “Anscheinend nicht.” Ein kurzes Beben ging durch den Raum. “Mist.” Finn trat an die Gruppe heran. “Wir sollten machen, dass wir hier raus kommen.” “Und Link?” Parallel zu Aslams Frage gab der Wolf ein Winseln von sich. “Tja.” Die Stirn runzelnd sah Finn wieder zu dem Durchgang. “Ich hoffe, er wird uns das nicht übel nehmen.” “Aber…” Jegliche weitere Diskussion wurde von einem lauten Ratschen unterbrochen. Jungs wie Wolf sahen sich geschockt an. Aus dem mittleren Gang erklangen schnell tapsende Geräusche. Es mussten mehrere Gestallten sein. Und tatsächlich. Von den Riesenechsen, welche Kentin beschrieben hatte, kamen drei Vertreter heraus gerannt. Sie hatten noch nicht einmal die Zeit, sich nach den Neuankömmlingen umzudrehen, da sprang ein viertes größeres Exemplar aus dem Gang. Es landete laut fauchend in der Mitte seiner Artgenossen. In der Klaue hielt es tatsächlich einen Krummsäbel, welchen es in Richtung des Ganges hielt. An der Klinge vorbei schoss ein grauer Blitz. Dieser warf die größte Echse einfach um und sprang so in die Mitte der Wesen. Es handelte sich um den großen grauen Wolf mit dem Namen Link. Er blieb erstaunlich ruhig dafür, dass er von vier Riesenechsen umgeben war. Einer dieser Schuppenträger spuckte plötzlich Feuer auf ihren Angreifer. Link aber wich einfach zur Seite aus, rannte einen Bogen um eine weitere herum und krachte so voll in den Feuerspucker. So aus dem Gleichgewicht und Konzept gebracht, versiegte der Feuerstrom. Sofort sprang Link wieder in die Mitte. Die Ohren der Wölfin zuckten kurz. Sie kämpfte sich auf die Beine, schnappte nach dem Stoff einer Hose und zog den dazugehörigen Jungen in Richtung Ausgang. Sofort hatte sie die Aufmerksamkeit ihrer zweibeinigen Begleiter. Kentin war es, der schluckte. “Aber Link…” Sie winselte nur und zog noch kräftiger. Schließlich fällte Finn die Entscheidung. “Der wird schon nachkommen.” Er trat an seinen verletzten Freund heran um ihn auf die Beine zu ziehen. “Wir müssen das Risiko eingehen, ansonsten kommen wir hier vielleicht nicht mehr lebend raus.” “Aber…” “Link schaffte das schon.” Kaum war die Gruppe endlich im Gang nach draußen, geschah schon wieder etwas Seltsames. Um Link bildete sich ein dunkler und doch irgendwie leuchtender Ring. Dieser wurde größer, bis er alle Riesenechsen umfasste. “Was zum?” In einem nicht nachvollziehbaren Tempo sprang der graue Wolf jede der Echsen an, entwaffnete sie und schmiss sie um. Bevor die Jungs mitsamt Wolf um die Ecke bogen, konnten sie noch sehen, wie die Echsen in einem der anderen Gänge verschwanden, Link an ihren Fersen. Ein weiteres stärkeres Beben ging durch den Hügel. Sich an der Wand abstützend, blieb Aslam stehen und sah zurück. Dabei fiel sein Blick auf die stark humpelnde Wölfin. Ohne wirklich darüber nachzudenken griff er nach ihr. Im ersten Moment wackelte Nara vor schreck herum, ließ sich dann aber tragen. Aslam war schon froh, dass sie nicht aus Reflex nach ihm schnappte, Allerdings fragte er sich, wie Link das Tier einfach so über mehrere Stunden hatte tragen können, ohne sich einen Bruch zu heben. Als sie wieder auf die Wiese traten, stolperte Kentin. Das lag einzig uns allein an der immer noch leuchtenden Kuppel. Finn jedoch zog seinen Freund einfach weiter, zu dem Loch im Schild. Sie kamen ohne Probleme durch. Außerhalb wurden die zwei Verletzten wieder zu Boden gelassen. Sofort war Aslam bei den zurück gelassenen Taschen und holte ein Erste Hilfe Set heraus. Das würde zumindest reichen, um die Wunden zu reinigen und zu verbinden. Alles Weitere sollte sich dann schon ein Heiler ansehen. Finn hingegen hatte sich einige Meter entfernt vom Schild hingestellt und beobachtete diesen besorgt. In immer kürzer werdenden Abständen flackerte die Kuppel. Mit jedem Mal wurde auch das Lock kleiner. Die Zauber regenerierten sich. Gerade noch konnte Aslam nach ihm greifen. “Was genau denkst du, was du da tust?” Blinzelnd sah Finn zurück. “Link ist noch da drin.” “Und?” “Und? Was machen wir, wenn er es nicht rechtzeitig schafft?” “Warten.” Mit leichter Gewalt zog Aslam Finn zurück. “Wenn ich mich recht entsinne, hast du uns doch rausgezehrt. Erzähl mir jetzt nicht, dass du wieder rein willst.” “Aber…” “Nicht aber. Ich habe unser erstes Rätsel auf Kennys Wunde geklatscht. Das Ding hat förmlich angefangen zu leuchten. Ich hoffe mal, unsere Lehrer haben die Nachricht verstanden. “Wenn nicht, sind die blind und taub.” Eine Hand auf der Verletzung haltend, hatte Kentin eindeutig noch Schmerzen. “Das hat gebrannt wie Feuer. Selbst ich unbegabtes Etwas habe die Magieentladung gespürt.” Tief durchatmend setzte sich Finn an Ort und Stelle auf den Rasen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und krallte sich an seinem Shirt fest. “Okay. Wir warten.” Vorsichtshalber setzte sich Aslam hinter ihn um irgendwelche komischen Aktionen schon im Keim zu ersticken. Auf diese Weise waren Kentin und Nara die Einzigen, welche das Loch im Schild sehen konnten. Ein Loch welches immer kleiner wurde. Finn wäre schon mehrfach fast wieder aufgesprungen, als Nara endlich den Kopf hob und ein Bell-ähnliches Geräusch von sich gab. Prompt lag die komplette Aufmerksamkeit der Jungs am Hügeleingang. Der graue Wolf kam heraus gerannt. Im Gegensatz zum ersten Eindruck wurde er aber nicht verfolgt. Trotzdem hielt er geradewegs auf das mittlerweile sehr kleine Loch zu. Er passte gerade so noch durch. Draußen blieb er schwer hechelnd stehen, als ob er jeden Moment einen weiteren Angriff fürchtete. Dabei konnten die Zuschauer sehen, dass Link eine weitere Kette im Maul hängen hatte. Eine Kette mit einem grünen Anhänger, welcher ein kreisrundes Symbol trug. Das Loch in der Kuppel verschloss sich jetzt vollständig. Dabei wurde das Licht für ein paar Sekunden heller, bis der Schutzschild wieder verschwand. In dem Moment löste sich Links Anspannung. Er drehte den Kopf zu den Wartenden. Während sich die Männer jetzt vollends anspannten und nach ihren Klingen fingerten, fing die Wölfin an mit dem Schweif zu wedeln. Links Hecheln wurde stärker und plötzlich verschwand das Grau aus seinem Fell wie es gekommen war. Kaum leuchtete das Blond wieder in der Sonne, kippte er zur Seite und blieb regungslos liegen. “Link!” ertönte es dreifach. Finn und Aslam liefen auf das Tier zu. Kentin und Nara hingegen blieben sitzen, was ihren Verletzungen zu verschulden war. Die Zwei waren noch nicht bei ihm, als ein Zucken durch Link ging. Sein Fell ging zurück. Schon lag ein Hylianer an dessen Stelle. Finn war als erstes bei ihm und drehte ihn vom Bauch auf den Rücken. “Fast sofort entspannte er sich. “Er atmet noch.” Auch Aslam ließ sich jetzt neben seinem Klassenkameraden nieder. Mit Routine fand er dessen Halsschlagader. Verwundert runzelte er die Stirn. “Himmel noch mal.” “Was ist los?” “Ich wusste nicht, dass ein Herz so schnell schlagen kann.” Den Kopf schüttelnd ließ er wieder los. “So schnell kann ich nicht einmal zählen.” “Ist er verletzt?” Die Frage musste einfach sein, denn auf die Entfernung konnte Kentin beim besten Willen nichts sehen. Finn und Aslam tauschten einen kurzen Blick, bevor sie begannen, Link abzusuchen. Es war zum Glück nichts zu finden. Erst als sich auch Nara von Links Unversehrtheit überzeugt hatte, kehrte langsam Ruhe in die Gruppe ein. Aslam griff noch einmal nach ihrem Rätsel und hielt den blutgetränkten Zettel hoch. Eine Ecke war noch weiß, ansonsten erinnerte nichts mehr an die ursprüngliche Verwendung. Nicht einmal die Schrift war noch zu erkennen. Nach einiger Zeit hatte sich auch Links Atmung etwas beruhigt, aber aufgewacht war er nicht. Und noch eine Weile später sah Finn plötzlich auf. “Wir kriegen Besuch.” Tatsächlich kam aus Richtung Wald ein Mann auf die Truppe zugelaufen. Schwer atmend blieb er bei ihnen stehen. Kentin war es, der die Stille zwischen ihnen durchbrach. “Wissen Sie Herr Gerodu, ich war noch nie so froh Sie zu sehen.” Ganondorf hob nur eine Braue. “Definitiv nicht lustig.” Dann erst besah er sich seine Schüler. “Göttin verdammt, was ist denn mit euch passiert?” Sich nichts dabei denkend, deutete Aslam auf die Höhle. Ganon richtete sich wieder auf. Sein Blick wanderte kurz zum Hügel und gleich wieder zurück. “Eine alte Ruine. Und?” “Für eine Ruine sind die Gänge noch erstaunlich gut erhalten.” gab Kentin seine Meinung kund. Jetzt doch die Stirn runzelnd sah der einzige anwesende Erwachsene konzentrierter in Richtung Höhle. “Das wurde mir zumindest von einem der Waldhüter erzählt. Es soll ein altes hyrulanisches Bauwerk sein, von welchem nur noch der Eingang übrig ist. Und da es hier keine Bären gibt, soll man es gefahrlos betreten können.” Kurz tauschten die Jungs einige Blicke, bis sich Kentin wieder an ihren Lehrer wandte. “Sie können ja mal rein gehen und nachsehen.” Ganondorf öffnete den Mund, überlegte es sich aber gerade noch anders. Stattdessen nahm er den Vorschlag einfach an. Unter den verwunderten Blicken seiner Schüler blieb er nach ein paar Schritten stehen und spannte sich an. Einige Momente verharrte er an Ort und Stelle, bevor er den Kopf leicht zurück drehte. “Wer von euch ist da rein gegangen?” Er musste stark an sich halten, um nicht auszuflippen. “Wir alle” antwortete Finn kleinlaut. “Zumindest nachdem Link den Schild geschrotet hat.” “Und wie?” Erstaunlich, was der Mann für eine Selbstbeherrschung hatte. Doch Finn zuckte mit den Schultern. “Wenn wir das wüssten. Sein Fell ist plötzlich grau geworden.” Das Knacksen, welches Ganondorfs Hals machte, als er den Kopf zu Link drehte, war ganz gut zu hören. Er lief - andere nennen es rennen - zu dem Jungen und ließ sich neben diesen ins Gras fallen. Nara war im ersten Moment nicht glücklich, einfach so weggeschoben zu werden. Da sich der große Zweibeiner allerdings nicht von ihren Drohgebärden beeindrucken ließ, ließ sie es bleiben. Ganon beachtete das Knurren neben sich nicht. Er war viel zu erleichtert, dass Link noch regelmäßig atmete. Etwas schnell vielleicht für jemanden, der sic schon eine ganze Weile nicht bewegt hatte. Trotzdem beruhigt drehte er sich wieder zu seinen andern Schülern. “Kentin, kannst du laufen?” “Nicht allein!” kam die prompte Antwort. “Dann hoch mit dir. Wir müssen uns auf den Rückweg machen.” Parallel griff Ganondorf nach Link, hob ihn an und positionierte ihn irgendwie auf seinem Rücken. “Ich habe zwar ein Teleportstein zum Lager dabei, allerdings reicht der Zauber nur für fünfzehn Kilometer. Ein Stück müssen wir also noch zu Fuß gehen.” Mithilfe seiner Freunde kam Kentin tatsächlich auf die Beine und blieb auch dort. “Und unterwegs erklärt ihr mir ausführlich, was hier passiert ist.” Ganons Blick wanderte zu dem Fellknäul neben sich. “Beginnend mit diesem Wolf.” “Wölfin.” “Auch gut.” Kapitel 97 ---------- Kapitel 97 Im Nachhinein konnte ich nicht sagen, was mich weckte. Ich wusste nur, dass sich mir alles drehte. Und das obwohl ich mich nicht geregt hatte, geschweige denn die Augen geöffnet hatte. Grummelnd drehte ich mich auf den Rücken und breitete die Arme aus. Es half etwas. So lag ich eine gefühlte Ewigkeit da, bis ich nicht mehr das Gefühl hatte, pausenlos mit Reon Saltos zu fliegen. Es mögen vielleicht fünf Minuten gewesen sein. Jetzt endlich wagte ich es, meine Augen zu öffnen. Über mir befand sich das Dach des Zeltes. Zelt? Hatte ich was verpasst? Wenn mich meine Erinnerung nicht täuschte, waren wir doch bei dem Tempel der Kokiri gewesen. Na schönen Dank auch. Litt ich jetzt schon unter Alzheimer, dass ich mir nichts mehr merken konnte? Stöhnend legte ich einen Arm quer über meine Augen. Ich sollte solche Gedanken lassen. Die zogen mich nur noch weiter runter, als ich so schon war. Also hoch! Zu meinem Erstaunen drehte es mir nicht, als ich mich mit einem Ruck aufsetzte. Das einfach so hinnehmend, krabbelte ich zum sowieso offenen Ausgang, nur um mich davor in den Rasen zu setzen und erst einmal tief durchzuatmen. Mir fehlte tatsächlich der gesamte Rückweg, also musste irgendwas gewesen sein. Genauer über das ´Was´ nachdenken unterließ ich. Das brachte nur Kopfschmerzen und keine Antworten. “Na huch. Du lebst ja noch.” Blinzelnd sah ich auf, voll gegen die Sonne. “Theska?” zumindest klang die Stimme so. Dankenswerter Weise bewegte sie sich, sodass ich sie eindeutig erkenne konnte. “Warum sollte ich nicht mehr leben?” Irgendwie war mir das gerade zu hoch. Sie zuckte mit den Schultern. “Du wirktest nicht gerade wie das blühende Leben, als Gerodu mit dir auf dem Rücken hier reingeschneit ist.” Ich rieb mir entnervt über die Augen. “Toll. Und ich habe nicht mal im Entferntesten eine Ahnung, warum das Nötig war.” “Dein Bruder konnte Finns Erzähnlungen folgen. Ich habe ehrlich gesagt nichts gerafft.” Blinzelnd sah ich wieder auf. “Okay? Was habe ich angestellt?” “Irgendwas mit Echsen.” Sie starrte mich regelrecht an. “Scath hat ne Mörderlaune. Er spricht nicht einmal mit Miriam darüber.” Ich hatte das Gefühl, um mich herum leuchteten Fragezeichen in allen Farben des Regenbogens. Und ich musste auch so aussehen, denn Theska begann zu kichern. Also musste ich wohl zu meinem Bruder, um zu erfahren was vorgefallen war. Schön? Aber wie? Ich hatte nicht das Gefühl, dass mich meine Beine tragen wollten. Nicht dass die ein Mitspracherecht hatten. Also hoch die müden Knochen! Ich schwankte weniger als erwartet. Trotzdem wirkte Theska, als ob sie mir jeden Moment zur Hilfe kommen wollte. “Geht schon.” “Sicher?” Sie klang nicht sonderlich überzeugt. “Nein.” Diese Meinung von mir gebend, setzte ich mich in Bewegung. Langsam schien mein Körper zu kapieren, dass mir seine Ansichten recht schnuppe waren, denn er hörte auf sich zu wehren. So kam ich relativ sicher zum Feuerplatz, wo ich auf gut Glück nach meinem Bruder suchte. Ich fand ihn nicht. Dafür fiel mein Blick auf Ganondorf, welcher einfach in Richtung Fluss deutete. Ich folgte der Geste und sah Scath tatsächlich. Er saß auf der anderen Seite des Flusses zusammen mit Nara. Eine Hand an der Sicherungsleine ging ich diesmal recht vorsichtig über die Steine. Ich hatte nicht das Gefühl, als ob mein Gleichgewichtssinn schon wieder auf der Höhe war. Und tatsächlich rutschte ich zweimal fast weg. Trotz dieser Schwierigkeiten kam ich lebend auf der anderen Seite an. Scath zeigte erst dass er mich bemerkt hatte, als ich neben ihm stand. Er sah auf und seine Hand verschwand aus Naras Fell. Gleich drauf starrte er wieder auf das Wasser. Okay? Mit einem “Morgen” ließ ich mich einfach neben ihn fallen. Dabei bemerkte ich erst jetzt, dass es gerade gegen Mittag war und nicht wie angenommen Morgen. Oh man, ernsthaft? Das würde heißen, dass mir etwas über vierundzwanzig Stunden fehlten. Erklärte, warum ich so einen Hunger hatte. Zurück zum Thema… Scath hatte sich noch nicht geregt. Dafür war Nara zu mir gerutscht. Ich begann, sie zwischen den Ohren zu kraulen. Dabei fiel mein Blick auf ihre Vorderbeine, welche verbunden waren. Vorsichtig strich ich darüber. “Was hast du denn hier gemacht?” Nara hob den Kopf und sah mich an als ob sie mir sagen wollte: “Willst du mich veräppeln?” Wahrscheinlich wollte sie genau das. Dazu kam, dass Scath mir endlich mal seine Aufmerksamkeit schenkte. Er starrte mich an, als ob er mich umbringen wollte. Möglichkeit eins: Ich hatte was angestellt, an das ich mich nicht mehr erinnerte. Möglichkeit zwei: Er wusste plötzlich, dass ich ihn vor einigen Millennien mal gekillt hatte. Irgendwie war mir das Erste lieber… Also blieb mir nur eines. “Was für einen Mist habe ich dieses Mal gebaut?” Von Scath kam ein Schnauben: “Da fragt der noch.” Genervt fuhr ich mir über die Augen. “Das letzte, an das ich mich erinnere, ist, wie ich Kentin gesagt habe, dass es seine Sache ist ob wir abbrechen oder nicht. Dann bin ich wahrscheinlich eingepennt und vor ein paar Minuten hier wieder aufgewacht. Also könntest du solche seltsame Bemerkungen bitte unterlassen?” Er schnaubte erneut. “Ach und deswegen hast du nicht zugelassen, dass man an diese seltsame Kette rangeht?” “Kette?” Ich konnte ihm gerade nicht ganz folgen. “Ich hab doch nur mein Museumsandenken.” Wenn man Phai als solches bezeichnen konnte. Eher unbewusste tastete ich dabei nach dem Master - Schwert. Ich stockte. Da war etwas, dass eindeutig nicht dahin gehörte. Noch einmal tastete ich nach dem seltsamen Anhänger, bis ich mir das unbekannte Lederband über den Kopf zog und mir vor die Nase hielt. Bei dem Anhänger handelte es sich um eine grüne Kugel von nur wenigen Zentimetern Durchmesser. Auf der Seite, welche sich mir gerade zudrehte, befand sich ein mir allzu bekanntes Muster. “Heilige Farore.” Ich konnte dabei nur auf das Symbol meiner Schutzgöttin starren. “Also.” Scath meldete sich zu Wort. “Willst du mir jetzt weiß machen, dass du keine Ahnung hast, was das ist.” Er klang stark genervt. Mir entwich ein eher hilfloser Ton. “Ich weiß, was das ist.” Tatsächlich war ich mal in einem Nachschlagewerk über einige alte Artefakte gestolpert, die ich sehr gut kannte. “Es handelt sich um das Amulett des Mutes. Es soll ein bisschen von Farores Macht in sich tragen.” Ich schluckte. “Aber ich frage mich ernsthaft, wo das herkommt.” Gerade an so was erinnerte ich mich doch sonst immer. “Du hast es laut Finn aus der Ruine eurer letzten Aufgabe mitgehen lassen.” “Waiq?” Memo an mich: Nie mehrere Wörter gleichzeitig aussprechen, es kommt sowieso nichts Gescheites dabei raus. “Die Ruine war mit Schutzzaubern belegt, welche mich wahrscheinlich gekillt hätten, wenn ich denen zu nahe gekommen wäre! Warum sollte ich auch nur daran denken, das Ding betreten zu wollen?” “Dann sag mir doch einfach, wie du die Zauber gebrochen hast.” Scath sah mich mit vor der Brust verschränkten Armen an. Er schien mit jedem Moment mehr daran halten zu müssten, mir nicht den Hals umzudrehen. Ich runzelte in Gedanken die Stirn. “Mir ist kein Weg bekannt, solche Schilde zu zerstören.” Mir waren nicht einmal Fälle bekannt, wo so etwas gelungen war. Nicht einmal aushungern brachte was, da sich solche Zauber von der Magie der Luft ernähren konnten. Wenn also nicht gerade durch irgendeinen dummen Zufall der Anker der Schilde zerstört wurde, war Essig. Scaths Blick wurde noch einen Zacken dunkler. Langsam aber sicher erinnerte er mich schmerzlich an mein dunkles Ebenbild. Aber statt mich anzugreifen, fing er nur an zu knurren. Genervt fuhr ich mir über die Augen. “Jetzt reicht es mir. Entweder rückst du endlich mit der Sprache raus, oder du lässt es. Aber hör gefälligst auf, mich für irgendwas verantwortlich zu machen, was ich nicht getan habe!” “Du hast es gemacht!” “Ach und was? Willst du mir jetzt sagen, dass ich Schlafwandle und dabei mal so nebenbei hochgefährliche und mit Sicherheit tödliche Schilde durchdringe?” Während ich irgendwann zwischendurch angefangen hatte, mit den Armen zu wedeln, war ich immer lauter geworden. “Ja verdammt!” Jetzt schrie auch Scath. “Das ist schließlich nicht das erste Mal gewesen!” Ich ließ meine Arme sinken und blinzelte erst einmal verwirrt. “Was?” Zur Abwechslung fingen seine Augen mal an zu glühen, ohne dass er im Schatten stand oder im Fell dasaß. Mein Körper entschied sich schneller dazu zurück zu weichen, als ich mich bewusst dagegen entscheiden konnte. “Ich hatte schon einmal das zweifelhafte Vergnügen, deinen grauen Pelz zu bewundern.” Ich schüttelte den Kopf um ihn halbwegs frei zu bekommen. “Wann bitte soll das gewesen sein?” “Vor vier Jahren.” Bei mir begann es zu rattern. Nach einigen langen Momenten musste ich feststellen: Fehlanzeige. Da war nix. “Ich passe.” “Wilderer.” Mehr als dieses Stichwort kam erst einmal nicht von ihm. Was sollte ich da schon zu sagen? “Du meinst nicht zufällig die Kerle von gestern?” “Nein.” Tja und nu? Wenn mich nicht alles täuschte, war das meine einzige Begegnung mit diesem Berufszweig. Zumindest in diesem Leben. Also konnte ich nur mit den Schultern zucken. Scaths Finger gruben sich immer stärker in seine Arme. “Wir hatten vor vier Jahren Wilderer im Wald, die DU im Endeffekt umgebracht hast!” Ich konnte nicht anders, als ihn einfach anzustarren. “Wir hatten was im Wald?” “Du hast mich schon verstanden!” Mittlerweile zischte er wie eine Schlange vor sich hin. Von mir selbst geschaffte legte ich meine Stirn auf meine angezogenen Knie. Das erklärte auch, warum mein Bruder damals plötzlich so schreckhaft war und regelrecht erleichtert schien, dass wir aufgrund der verschiedenen Schulen nicht mehr den ganzen Tag aufeinander hockten. Und Oma schien mich monatelang zu beobachten. Vielleicht vermutete sie einen Rückfall. Ann hingegen hatte sich kein bisschen anders benommen und mir waren auch sonst keine seltsamen Verhaltensmuster aufgefallen. Stöhnend hob ich den Kopf ein Stück an und haute ihn zurück. Autsch. “Weiß noch jemand außer Oma davon?” Scath antwortete nicht. Verwirrt sah ich auf. Mein Bruder wirkte geschockt, wahlweise auch wie eine Statue. Es dauerte ein ganzes Ende, bis er wieder anfing zu atmen und zu blinzeln. “Ist…” er brach ab. “Scath?” “Ist das dein verdammter Ernst?” Irgendwie wirkte er gerade wie die Ruhe vor dem Sturm. “Ja?” Was hatte er? Prompt fingen seine Augen wieder an zu glühen. “Ich habe dir gerade gesagt, dass du zwei Männer getötet hast und dich interessiert nur, ob das jemand erfahren hat?” Ach, daher wehte der Wind. Schulterzuckend ließ ich den Kopf wieder fallen. “Erzähl mir nicht, dass du denen nachtrauerst.” Kurz war er ruhig, bis: “Darum geht es doch gar nicht!” “Doch, geht es.” Abermals sah ich mich gezwungen, den Kopf zu heben. “Du sagtest, das seinen Wilderer gewesen. Die werden es auf unseren Pelz abgesehen haben, der einiges wert sein dürfte.” “Na und?” Ich zog missbilligend die Stirn kraus. “Glaubst du wirklich, ich würde zulassen, dass dir jemand das Fell über die Ohren zieht?” “Was hat das jetzt damit zu tun?” “Dass ich bereit bin, über Leichen zu gehen, um denen die mit wichtig sind den Hals zu retten.” Gut, das war vielleicht nicht so ideal, ihm das an den Kopf zu knallen, aber so dachte ich eben. Scath sah mich nicht nur geschockt an, er rutschte auch ein Stück von mir weg. Super, ich hatte soeben meinen eigenen Zwilling vergrault. Trotzdem sah ich mich gezwungen, noch etwas zu sagen. “Dein Leben wird mir immer wichtig genug sein, um es zu schützen.” Scath brachte noch etwas Abstand zwischen uns. Und ich beschloss die Klappe zu halten. Es dauerte ein bisschen, bis sich mein Bruder wieder regte. Es war ein Kopfschütteln. “Ich kann nicht glauben, dass du so einfach jemanden töten würdest.” “Von einfach war nie die Rede.” Ich hob sogar einen Finger, um meinen Standpunkt zu verdeutlichen. “Aber wenn ich abwägen muss, ob ich ein Familienmitglied oder einen Anderen in den Tot schicke, ist es mir relativ einfach zu entscheiden.” “Du hast Blut an den Händen.” Irgendwie klang er sehr tonlos. Mit entwich ein Schnauben. “Aber wenigstens nicht das Deine.” Scath schüttelte ungläubig den Kopf. “Das kann doch nicht dein Ernst sein.” “Mein vollster.” Ich richtete meinen Blick wieder auf das Wasser vor uns. “Und ich würde jederzeit wieder so handeln.” Fast schon panisch sprang Scath auf und stolperte von mir weg. Verwirrt drehte ich mich wieder zu ihm. “Was?” “Bleib weg von mir!” Ich zuckte abermals zusammen. “Komm nie wieder in meine Nähe, du… du Mörder!” Damit lief er einfach an mir vorbei. Nara sah mehrfach zwischen uns hin und her. Nach einigen Momenten tippte ich ihr gegen die Nase. “Na geh schon.” Damit folgte sie meinem Bruder. Der Verzweiflung nahe vergrub ich meine Hände in meinen Haaren. “Verdammt!” Was war gerade passiert? Ich schien irgendwann, anscheinend vor vier Jahren, jemanden getötet zu haben. Schön. Aber warum zum Donnerwetter konnte ich mich nicht daran erinnern? Und was meinte Scath mit grauem Pelz? Kapitel 98 ---------- Kapitel 98 Das Lagerfeuer knisterte schon wieder, aber ich hatte mich noch nicht wirklich bewegt. Außerdem war ich mit meinen Überlegungen keinen Deut weiter gekommen. Nur Kopfschmerzen hatte ich bekommen. Es erklangen Schritte auf meiner Seite des Flusses. Scath konnte es nicht sein. Zum Einen glaubte ich nicht, dass er nach unserer Diskussion von vor ein paar Stunden freiwillig in meine Nähe kam. Zum Zweiten klangen die Schritte zu schwer. Was wollte Ganondorf denn jetzt von mir? Doch er sagte nichts, sondern setzte sich einfach neben mich. Ich hob den Kopf leicht an, um ihn aus dem Augenwinkel ansehen zu können. Ganon sah fest auf den Fluss, mehr tat er nicht. Mir auf die Lippen beißend, vergrub ich mich wieder in meinen Knien. Ich würde ihn nicht fragen, was er wollte. Punkt. So war es noch eine ganze Weile ruhig zwischen uns, bis er endlich den Mund aufmachte. “Es gibt gleich Abendessen.” Aha? Meine Reaktion bestand aus einem Schulter zucken. “Antwortest du mir heute noch?” Ein Kopfschütteln meinerseits. Jetzt war er wieder ruhig. Keine Ahnung, ob er meine Antwort bemerkt hatte. War mir egal. “Raus damit. Was ist los?” Erst mal zuckte ich gepflegt zusammen. Wagte es der Mann tatsächlich gerade, mich auszulachen? Dankenswerter weise fing er sich schnell wieder. “Du sitzt hier wie ein Häufchen Elend.” Erneut zuckte ich nur mit den Schultern. “Was ist in dieser Höhle passiert, dass du mit einmal so bist?” Das hat nix miteinander zu tun! Allerdings schien er sich ernsthaft Sorgen um mich zu machen, also sollte ich vielleicht doch antworten. “Ich erinnere mich nicht.” Dass das nur auf einen Teil der Frage bezogen war, musste er ja nicht wissen. Kurz war er ruhig, bis: “Wie jetzt?” “Ich habe keinerlei Erinnerungen an was auch immer.” “Ist das dein Ernst?” Ich nickte einfach. Ein Stöhnen erklang an meiner Seite. “Dabei hatte ich gehofft, von dir ein paar Antworten zu erhalten.” Mir entwich ein Schnauben. “Im Moment wissen Sie wahrscheinlich mehr als ich.” “Scheint so.” Ganon gab noch ein unterdrücktes Stöhnen von sich. “Auch wenn ich nicht behaupten kann, dass ich aus dem Bericht von Aslam, Finn und Kentin schlau geworden bin.” “Können Sie mir dann wenigstens sagen, was mein Bruder mit ´grauen Pelz´ meint? Meines Wissens nach ist mein Fell immer noch blond.” “Kurzfassung?” “Ich bitte darum.” Dabei sah ich ihn endlich einmal an. Nickend machte er sich daran. “Kentin und deine Wölfin wurden in diesem Gang angegriffen und verletzt, Du bist davon aufgewacht, dein Fell ist grau geworden und du hast den Schild gnadenlos zu Kleinholz verarbeitet. Die Angreifer hast du in die Flucht geschlagen, dabei anscheinend Magie angewendet. Als du mit etwas Verspätung rausgekommen bist, hattest du diese Kette dabei.” Er stieß leicht an das Amulett des Mutes. “Kaum hat sich der Schild wieder aufgebaut, bist du zusammen geklappt und hast dich bis vorhin nicht geregt.” Na, das waren doch mal ein paar mehr Informationen. Eine Sache stieß mir allerdings gleich auf. “Ich kann als Wolf keine Magie anwenden.” “Anscheinend schon.” Genervt ließ ich meinen Kopf wieder auf meine Knie fallen. “Kann nicht einmal etwas bleiben, wie es ist?” “Ich hoffe, die Frage war rein rhetorisch.” “Nein.” Er war ruhig, so sehr dass ich mir doch etwas Sorgen machte und aufsah. Ganondorf schien irritiert. Was fragte er auch so etwas Seltsames? Ich hingegen ließ meinen Kopf wieder zurück fallen. “Ich mag nicht mehr.” Plötzlich landete eine Hand auf meiner Schulter. “Das wird schon wieder.” Mein Blick wanderte wieder zu ihm. “Dieses Mal nicht.” “Und warum?” Wollte er das wirklich wissen, oder verarschte er mich gerade? Das erst einmal zur Seite schiebend, schloss ich die Augen und atmete tief durch. “Ich scheine schon einmal ein graues Fell entwickelt zu haben. Nur kann ich mich nicht daran erinnern. Und damals ist das Ganze wohl gehörig nach hinten los gegangen.” “Wie genau?” “Das versuche ich noch raus zu kriegen.” Erneut war er still. Als ich zu ihm sah, blickte ich direkt in ein nachdenkliches Gesicht. Plötzlich schüttelte Ganon den Kopf. “Egal.” Das war nicht egal! Zumindest mir nicht. Er stand auf. Sich den Rasen von den Sachen klopfend, sah er wieder zu mir. “Abendessen.” Tja, was antwortete man da? “Kein Hunger.” Nicht zum ersten Mal an diesem Tag starrte Ganondorf mich an. “Lüg nicht.” “Ich lüge grundsätzlich nicht.” Das Kinn wieder auf meine Beine legend, starrte ich auf das Wasser. “Ich habe, so unglaublich das auch klingt, einfach keinen Hunger.” “Gerade du.” “Mir schlägt das alles auf den Magen.” Und aufs Gemüt. Ein Seufzen erklang neben mir. “Ich halte dir etwas zurück.” “Danke.” Ich nickte ihm zu, bevor ich abermals auf das Wasser starrte. Eher am Rand nahm ich wahr, wie Ganon mich verließ. Über mich selbst den Kopf schüttelnd, musste ich grinsen. Ich dachte da ja einen Mist zusammen. Wie sollte mich Amparo denn verlassen, wenn doch sowieso schon seit Jahrtausenden nichts mehr zwischen uns lief? Erinnerung 24 ------------- Erinnerung 24 Ich versuchte es. Ich versuchte es wirklich. “Nicht so verkrampft.” Also noch einmal von vorne. “Link, nicht so verkrampft.” Ich rutschte ab. Ein amüsiertes Glucksen erklang. Grummelnd sah ich auf, bevor ich es noch einmal versuchte. Und erneut scheiterte. “Ich glaube, das reicht für heute.” Damit griff Amparo einfach nach der Feder und zog sie aus meiner Hand. “Ich bin frustriert.” Er gluckste schon wieder! “In der Ruhe liegt die Kraft.” Mir entwich ein Schnauben. “Was hat das…” ich wedelte in Richtung Feder “… mit Kraft zu tun?” “In deinem Fall eine ganze Menge.” Amparo war wieder Ernst. “Die Kraft, immer weiter zu machen, auch wenn sich anscheinend alle Federn der Welt gegen dich verschworen haben.” Verwirrt legte ich den Kopf zur Seite. “Ist das nicht eher Weisheit?” “Reine Auslegungssache.” Damit hielt er mir die Feder wieder hin. “Andere würden es wahrscheinlich als Dummheit bezeichnen. Tatsache ist aber, es braucht eine starke Seele, um sich nicht unterkriegen zu lassen. Weder von Hylianern noch von einer Feder.” Ich griff wieder nach dem Schreibinstrument und hielt es mir vor die Augen. “Ich weiß ja nicht. Bei der breiten Masse weiß ich, wie ich sie nehmen muss. Das ist bei der Feder ganz anders.” “Du vergleichst dein Volk mit einer Feder…” Ich konnte nur mit den Schultern zucken. Amparo schüttelte den Kopf, bevor er mich wieder fixierte. “Wie alt bist du?” “Siebzehn? Achtzehn?” Ich legte den Kopf erneut etwas zur Seite. “Ich bin mir nicht sicher.” “Du bist mir einer.” Er klang stark amüsiert. “Warum?” “Gerade bei euch kurzlebigen Völkern dachte ich immer, ihr wüstet das.” Verwirrt sah ich ihn na. Kurzlebig? Nun gut, im Gegensatz zu einer Gottheit war wohl jedes Leben kurz. Wahrscheinlich würde er mich in ein paar Jahrhunderten vergessen haben. “Wohin fließen deine Gedanken?” “Dass du mich bald vergessen haben wirst.” “Sagt wer?” Er klang dabei recht sanft, was mich wieder einmal verwirrte. Doch ich sollte vielleicht antworten, auch wenn ich nach den richtigen Worten suchte. “Ich bin im Vergleich zu deiner Existenz doch nur ein Wimpernschlag.” “Das mag stimmen.” Er lehnte sich mit verschränkten Armen etwas zurück. “Aber an manche Augenblicke erinnert man sich ein Leben lang.” Ich konnte nur nicken. Da hatte er nicht ganz unrecht. Aber eine Frage brannte mit noch auf der Zunge. “Wie alt werden Götter?” Kurz schien er verwundert, oder er überlegte nur. “Wir sind nicht unsterblich, wenn du das denkst.” “Nicht?” “Nein.” Seufzend fuhr er sich durch die… Haare. “Götter existieren nur so lange, wie Sterbliche an sie glauben.” “So einfach?” “Wenn du es als einfach bezeichnen möchtest, dann ja.” “Gilt das für alle Götter?” Ich hatte ein neues Thema, über das ich ihn ausfragen konnte. “Nein.” Amparo schüttelte den Kopf. “Für die Göttin der Zeit, sowie den Mächtigen Drei gilt das nicht. Sie sind zu mächtig und zu sehr in der Magie des Landes verankert.” Da hatte sich meine Nachfrage ja gleich erledigt. “Abgesehen davon, dass es sie seit Anbeginn gibt und sie erst am Ende untergehen werden.” Ich spürte förmlich, wie meine Augen vor Aufregung leuchteten. “Kannst du mir die Geschichte der Göttinnen erzählen?” Amparo lachte einfach nur. Kapitel 99 ---------- Kapitel 99 Boar, hatte ich einen Mist geträumt! Glaubte ich. Mir den Nacken reibend, löste ich mich von dem Baum hinter mir. Das Knacksen meiner Gelenke ließ mich zusammen zucken. Genau darum versuchte ich es normalerweise zu vermeiden, im Sitzen zu schlafen. Aber was zum Aeralfos hatte mich geweckt? Schwankend und feststellend, dass ich gewaltiges Schädelbrummen hatte, kam ich irgendwie auf die Beine. Stehend bemerkte ich drei Dinge: Ich hatte Hunger, meine Kehle fühlte sich an wie die Wüste und im Lager war die Hölle los. Meine Beine trugen mich als Erstes zum Fluss. Durst. Kaum war dieser gestillt, blickte ich über das Wasser zu den Anderen. Was war nur passiert, dass alle wie die aufgescheuchten Hühner herum liefen? Und warum standen so viele Taschen vor den Zelten? … Konnte es sein, dass die zwei Wochen schon um waren? Genervt fuhr ich mir über die Augen. Wie die Zeit verging. Hoffentlich hätte mich irgendjemand geweckt. Seufzend beschloss ich, dass das total unwichtig war. Ich musste erst einmal etwas gegen das Schwarze Loch in meinem Magen unternehmen. Also hoch die wachen Knochen! Auf der anderen Seite des Flusses lief ich als Erstes in Zelda rein. “Du bist ja wach!” Die Augen rollend nahm ich das einfach so hin. “Geht es heute schon nach Hause?” “Blitzmerker.” Ihr Grinsen stand kurz vor einem ausgewachsenen Lachkrampf. “Kann es sein, dass du Hunger hast?” “Überhaupt nicht.” Wenigstens mein Sarkasmus war noch nicht verhungert. Jetzt doch lachend, holte Zelda etwas hinter ihrem Rücken hervor. Das Etwas entpuppte sich als Teller, welcher recht gut bestückt war. “Du klingst wie ein ganzes Rudel Wölfe.” Freudig sah ich sie an. “Du bist die Beste.” “Ich weiß.” Damit gab sie mir den Teller. “Ich wäre dir trotzdem sehr verbunden, wenn du das meinem Vater erzählen würdest.” Mit vollem Mund redet man nicht, also nickte ich nur. “Link, du bist goldig.” Mit den Schultern zuckend nahm ich das hin. Ich hatte gerade besseres zu tun. Göttin, wann hatte ich das letzte Mal etwas zwischen die Kiefer bekommen? Neben mir stand noch immer Zelda, sich köstlich amüsierend. Wieder Erwarten reichte diese Portion,, um meinen gröbsten Hunger zu stillen. Während ich noch am Kauen war, machte ich mich auf den Weg zur Hütte. Dort wurde ich bei einem verdutzten Ranger meinen Teller los. Die ganze Zeit war mir Zelda hinterher getapst. Kaum hatte ich meinen Gang erledigt, zog sie meine komplette Aufmerksamkeit auf sich. “Jetzt spuck es schon aus. Was war los?” Seufzend lehnte ich mich gegen die Holzwand und blickte in Richtung aufgehende Sonne. “Kurz oder lang?” “Die Kurzform reicht erst einmal.” Damit lehnte sie sich neben mich. “Hab vor ein paar Jahren zwei Männer gekillt, Scath war dabei und durfte zusehen. Das Beste ist, dass ich keinen Dunst habe.” Jup, das war es eigentlich. Ich spürte regelrecht, wie Zelda mich sprachlos anstarrte. Das ging einige Momente so, bis sie seufzte. “Ach du Heilige. Das erklärt, warum Scath mich gestern Abend voll an Shadow erinnert hat. Die gleiche Mörderlaune.” Mir entwich ein verzweifeltes Schnauben. “Ja, die zwei sind eindeutig verwandt.” “Und du bist die Verbindung, hm?” Zeldas Grinsen offenbarte, dass sie nicht wirklich eine Antwort erwartete. Also blieb ich ihr diese schuldig. “Aber wie kann es sein, dass du dich nicht erinnerst?” Sie legte den Kopf etwas schief. “Warst du etwa besoffen?” Mir entwich ein Glucksen. “Na. Es scheint so, als ob diese Amnesie was mit meinem grauen Fell zu tun hat.” Jetzt hatte ich es geschafft, Zelda zu verblüffen. Zumindest war sie ein ganzen Weilchen still, bis ihr etwas einfiel. “Ich dachte dein Fell wird nur unter Einfluss der Schattenkräfte grau?” “Theoretisch.” Kurz überlegte ich, bevor ich antwortete. “So weit ich weiß ist mir das zweimal passiert. Beide Male befand ich mich in meinem Wolfskörper und habe geschlafen.” Zumindest wenn ich den Zeitpunkt des ersten Males richtig einschätzte. “Schwierige Sache.” “Ach quatsch.” Ich wank ab. “Du untertreibst.” “Ha ha. Nicht lustig.” Zelda stemmte sich die Fäuste in die Hüfte. “Vielleicht bist du verflucht, das so etwas passieren kann.” “In dem Fall frag ich mich ernsthaft, wo ich mir das eingefangen habe. So weit ich weiß, gab es so etwas früher nicht.” Sie rollte übertrieben mit den Augen. “Na los. Deine Vermutung.” Mein Blick wanderte in Richtung unseres Zeltes. “Ich schätze, dass meine Instinkte mit mir durch gehen, wenn mein Rudel in Gefahr ist.” Blinzelnd sah Zelda mich an. “Das… ist eine erstaunlich vernünftige Idee.” “Sie stammt ja auch von mir.” Lange ernst bleiben, war mir nicht möglich, sodass ich anfing zu grinsen. “Trottel.” schnaubte sie. “Immer wieder gerne.” Kapitel 100 ----------- Kapitel 100 Ich hatte mich nicht groß von meinem Platz an der Hütte weg bewegt, als ein Pfiff über die Lichtung hallte. Meine Augen suchten Ganondorf, welcher für alle gut sichtbar am Feuerplatz stand. Er wartete kurz, bis er den größten Teil der Aufmerksamkeit hatte. “Ich hoffe, ihr habt nicht nur eure Sachen sondern auch euren Müll weg gepackt.” Einige protestierende Stimmen erhoben sich, von wegen niemand habe Müll gemacht. Wie zu erwarten war, ging unser Herr Lehrer gar nicht darauf ein. Stattdessen wanderte sein Blick zu seiner Uhr. “Wenn mich nicht alles täuscht, dann sollte unser Bus in etwa einer halben Stunde eintrudeln. Schaut bitte nach, ob ihr auch wirklich alles eingepackt habt.” Das Gewusel ging wieder los. Während irgendjemand feststellte, dass ihm eine Hose durch die Lappen gegangen war, wagte ich mich von meinem Platz weg. Ich hatte die unschöne Vermutung, dass Scath den Versuch starten würde, mich ernsthaft zu verletzen, wenn ich mich in seine Nähe traute. Nichts, was ich riskieren wollte. Allerdings bezweifelte ich, dass er meine Tasche mitnehmen würde. Also musste ich in den sauren Apfel beißen und das Gepäck selber holen. Auf dem Weg zu unserem Zelt sahen mich einige Klassenkameraden sowie unsere Lehrerin seltsam an. Was zum, heiligen Pferdegott hatte Scath denen erzählt? Oder wollte ich das gar nicht wissen? Wahrscheinlich letzteres. Ich kam nicht einmal bis zum Zelt, als Zelda mich aufhielt und mir einfach meine Tasche in die Hände drückte. Schwups, weg war sie. Okay? Das einfach hinnehmend drehte ich mich um und lief zum Feuerplatz. Dort ließ ich mich mit etwas Abstand zu Ganon auf einem der Baumstämme nieder. Den fragenden Blick seitens unseres Lehrers beachtete ich nicht. Wenn ich Zeldas Aktion richtig gedeutet hatte, war Scath immer noch nicht gut auf mich zu sprechen und wir sollten nicht aufeinander treffen. Seufzend lehnte ich mich zurück. Irgendetwas musste ich unternehmen. Das war doch kein Dauerzustand. Und es gab nur eine Person, bei der ich mich über so etwas ausheulen konnte. Zelda nicht mit eingerechnet. Also musste ich nach Kakaro und hoffen, dass mein Onkel irgendwo anzutreffen war. Besagtes Nest war die aktuelle Version von Kakariko. Allerdings erinnerte nichts mehr an das alte Dorf. Es lag weit im Norden Hyrules, südlich des Edil - Gebirges wo sich momentan auch der Todesberg befand. Ein aktiver Vulkan inmitten ganzjähriger schneebedeckter Berghänge. Das war selbst den Goronen zu viel, sodass nur noch eine Handvoll des Steinvolkes ganzjährig dort lebte. “Link?” Ich drehte nur den Kopf zu der Stimme. “Miri, geh zu Scath.” “Aber…” “Glaube mir, es ist besser so.” unterbrach ich sie. Um alles Weitere zu unterbinden, sah ich wieder gen Himmel. Verdammt sein dieser eine kleine Mord! Der krempelte gerade mein ganzes Leben um! Mir entwich ein Schnauben. Wenn Scath wüsste, wie viel Blut wirklich an mir klebte, würde er wahrscheinlich einen Herzinfarkt kriegen. Und ich sprach jetzt nicht nur von Moblins, Echsals und Dämonen. Nein, ich hatte im Laufe der Millennien auch schon etliche Hylianer, Menschen und auch den ein oder anderen Zora in die ewigen Jagdgründe geschickt. Verdammt, ich war nun mal ein Mörder. Daran konnte auch dieses doch recht friedliche Leben nichts ändern. Während ich hier also in der Vergangenheit schwelgte, tauchte Zelda kommentarlos auf dem Platz neben mir auf. Herzlichen Glückwunsch Link, bemerkst nicht einmal wenn sich dir jemand nähert. Mein Blick wanderte zu Ganondorf, der gerade nickte und sein Notizbuch mitsamt Stift in einer der vielen Taschen seiner Hose verschwinden ließ. Er pfiff nicht einmal, da sowieso die komplette Aufmerksamkeit auf ihm lag. “Ich hätte nicht gewettet, dass ihr rechtzeitig fertig werdet.” Niemand beschwerte sich. “Also los.” Er hob seine Reisetasche an und stiefelte eher gemütlich los. Die Klasse folgte ihm, Zelda und ich als Letzte. Sie zwang mich förmlich dazu, noch etwas zusätzlichen Abstand zu wahren. “Wo willst du hin?” “Hm?” Ich konnte ihr gerade nicht folgen. “Na, du wirst wahrscheinlich nicht mit zurück kommen, oder?” “Hast Recht.” Mir entwich ein Seufzen. “Ich werde Scath erst einmal seinen Willen lassen und mich ihm nicht nähern.” “Also? Wohin?” “Ich werde nach Kakaro zu Ravio gehen. Er ist wahrscheinlich der Einzige, der mir in dieser Situation helfen kann.” Zeldas Blick lag eindringlich auf mir. “Wenn nicht, sag Bescheid. Klaro?” “Wird ich.” Ich deutete ein Nicken an. Wir kamen abgeschlagen vom großen Tross am Busplatz an. Tatsächlich war unser fahrbarer Untersatz schon da und auch gut gefüllt. Ganondorf wartete neben der Tür des Busses auf uns. Ich hielt Zelda noch mal zurück. “Kannst du mir einen Gefallen tun?” “Ich werde nicht in den Erinnerungen deines Bruders rumpfuschen!” “Würdest du Miri die Sache verschweigen?” Zelda blinzelte verwirrt. “Ist das dein Ernst?” “Ja.” Wieder neigte ich den Kopf leicht. “Wenn Scath es ihr sagen will, dann kann er das ruhig. Aber ich möchte nicht, dass sie es von einem relativ Unbeteiligten erfährt.” Die Arme vor der Brust verschränkend, sah mich Zelda überlegend an. “Du hast Angst, dass sie es auf deinen Bruder münzt und ihn deswegen verlässt.” “Genau.” Das hatte sie doch gut zusammen gefasst. “Na meinetwegen.” Sie drehte sich zum Bus, hob eine Hand zum Abschied und verschwand im Fahrzeug. Ich hingegen trat zu unseren immer noch wartenden Lehrer. “Auch endlich da?” Ich fing an zu nicken, schüttelte dann aber den Kopf. “Ich werde nicht mitkommen.” Ganondorf löste sich vom Bus. “Ich glaube, ich habe etwas an den Ohren. Ich habe verstanden, dass du hier bleiben willst.” Mir entwich ein amüsierter Ton. “Das habe ich nie gesagt.” “Inhaltlich schon.” “Öhm… Nein.” Jetzt doch grinsend deutete ich nach oben. Ganon folgte meinem Fingerzeig, schüttelte den Kopf und sah erneut zu mir. Er hatte also nicht bemerkt gehabt, dass Reon schon ne ganze Weile über uns kreiste. “Das kann ich trotzdem nicht zulassen.” “Warum nicht?” Er musste doch wissen, dass ich nirgends so scher war wie auf Reons Rücken. “Weil du noch keine achtzehn bist. Ich bin verpflichtet, dich bei deiner Großmutter abzugeben.” “Nicht ihr ernst.” Wenn ich nur halb so entsetzt aussah, wie ich mich fühlte, musste ich gerade ein lustiges Bild abgeben. “Doch, mein vollster.” “Na super.” Mein Blick wanderte zum Ende des Busses, wo ich meinen Bruder vermutete. “Und ich merke, dass du damit nicht gerade glücklich bist.” Meine ganze Antwort bestand aus einem Schulterzucken. Was sollte ich dazu schon sagen? Mir war auch nach siebzehneinhalb Jahren nicht wohl dabei, alle wichtigen Entscheidungen einem Erwachsenen zu überlassen. Abgesehen davon wollte ich gerade gar nicht wissen, wie Scath auf meine Anwesenheit reagieren würde. Ganondorf gab ein Seufzen von sich, was ich abermals faszinierend fand. Er drückte mir plötzlich sein Notizbuch in die Hände. “Gib mir das schriftlich.” Verdattert starrte ich auf den Gegenstand in meinen Händen. Es wurde nicht besser, als auch noch ein Stift dazu kam. Ich brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis alles in meinem Gehirn angekommen war. Dann aber öffnete ich das Büchlein, setzte den Stift an und stockte erneut. Was zum Geier schrieb man in einem solchen Fall? Da es gerade schnell gehen sollte, krakelte ich `Bin bei Ravio´ auf das Papier. Meine Unterschrift war wie immer fälschungssicher, da ich dazu neigte, den letzten Buchstaben in irgendeiner anderen Schrift auf das Papier zu bringen. “Wer ist Ravio?” Ganondorf hatte über meine Schulter mitgelesen. Erstaunlich, dass er nichts zu meinem verkorksten Namen sagte… “Ein Onkel.” Ich gab ihm seine Gegenstände zurück. “Na dann, schöne Ferien.” “Sei am ersten Schultag pünktlich.” Er stieg in den Bus. Dort sprach er erst einmal mit dem Fahrer und dann etwas heftiger mit Frau Lonley. Darüber den Kopf schüttelnd trat ich zum Waldrand. Dass unsere Klassenlehrerin einen solchen Terz machen musste wegen nichts und wieder nichts. Als der Bus dann doch den Motor anließ, wank mir Zelda kurz zu, bevor sie sich nach innen drehte. Auch ich hob noch mal eine Hand zum Abschied. Kaum war der Bus aus meinem Sichtfeld raus, atmete ich tief durch. Jetzt konnte mir Scath wenigstens eine Weile nicht an die Kehle springen. “Sagen Sie…” ich drehte mich zu Marak, “… wer von Ihnen wollte eigentlich mich und meine Klassenkameraden umbringen?” Das erste Mal zuckte unser Betreuer zusammen, als ich ihn ansah das zweite Mal kaum hatte er meine Frage verstanden. Ich stemmte die Fäuste in die Hüften und beugte mich etwas nach vorne. “Also? Ich warte.” “Ich weiß es doch auch nicht!” Irgendwie sah er mich wütend an. “Es gibt schon Gründe, warum diese Ruine auf keiner Karte zu finden ist.” “Und das soll ich Ihnen jetzt glauben?” Abgesehen von der Tatsache, dass ich mir sicher war, nicht belogen zu werden. Ein Schnauben erklang von Marak. “Ob du es glaubst oder nicht ist gerade recht irrelevant. Ich kann dir nur sagen, wie es von meiner Seite aus ist.” Er ballte die Hände zu Fäusten. “Aber ich sei verdammt, wenn ich nicht alles tue, um raus zu kriegen, woher dein Lehrer die Information von der Ruine hatte.” “Waren Sie denn schon mal drin?” Das war noch etwas, was mich schon eine Weile beschäftigte. “Nein.” Dabei schüttelte er den Kopf. “Und nach dem, was ich von euch gehört habe, werde ich das auch nie.” Ich nickte nur. Mir brannten noch viele Fragen auf der Zunge, wo mich jede ins Irrenhaus bringen könnte. Mein Blick wanderte nach oben und ich wank kurz. Reon deutete das genau richtig und ging in einen Sturzflug über. Ein paar Meter von mir entfernt landete er. Aus Richtung Marak ertönte ein Plumpsen. Als ich mich zu ihm drehte, musste ich mir ernsthaft ein Lachen verkneifen. Da hatte es den Wildhüter vor Schreck umgehauen. Weiter grinsend deutete ich ein Winken an. “Na dann, tschüss.” Ohne auf eine Antwort zu warten, ging ich zu Reon. Ich strich ihn zur Begrüßung über den Schnabel und kletterte schließlich auf seinen Rücken. Kaum hatte ich halbwegs Halt, spannte er die Flügel auf und erhob sich in die Lüfte. Seufzend kuschelte ich mich in das rote Fell. “Jetzt tu nicht so, als wenn du geschafft wärst.” “Nur seelisch.” Reon war ruhig, eine ganze Weile sogar. Dann, ganz unvermittelt: “Was war vor zwei Tagen los?” Ich erwog ernsthaft, einfach nicht zu antworten. Leider könnte es in dem Fall sein, dass er mich von seinem Rücken schmiss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)