Pomaika'i ma ahi von Alaiya (Lavasegen) ================================================================================ Kapitel 4: Moeʻuhane | Traum ---------------------------- Rangi (11:49) Wie geht es dir? Ich (11:53) Besser Rangi (11:54) Wirklich? 😖 Ich (11:54) Ja Rangi (11:54) … Rangi (11:55) Wie geht es Antonio? Ich (11:55) Nicht gut 😢 Er hat hohes Fieber Rangi (11:56) Kann man nichts machen? Ich (11:56) Auf Samoa habe sie in 500 Jahren nichts gefunden Ich weiß nicht. Rangi (11:57) Soll ich Loto fragen? Ich (11:57) Ja Frag ihn Frag ihn auch Rangi (11:59) Was? Ich (12:00) Nichts Feila seufzte und ließ das Handy sinken. Sie wollte mit ihrem Bruder über die Dinge reden, die sie bedrückten. Doch sie konnte nicht. Wie sollte er verstehen? Wieder lehnte sie sich vor und sah auf das Meer hinaus. Es waren vier Tage seit dem Kampf mit dem Nifoloa vergangen. Zwei Tage seit der seltsamen „Vision“ die sie an der Seite von Antonios Bett gehabt hatte. Noch immer verstand sie nicht, was es damit auf sich hatte. Sie hatte versucht sich die Bilder noch einmal ins Bewusstsein zu rufen. Einer Sache war sie sich recht sicher: Dies war keine Vision, die ihr Pele geschickt hatte. Sie war sich auch relativ sicher, dass es die Vision eines Geistes war, doch was genau hatte sie ihr gezeigt? Antonios Erinnerungen vielleicht? Konnte es sein? Sie wünschte sich, der Geist – was für ein Geist es auch immer war – möge noch einmal Kontakt mit ihr aufnehmen. Nun war sie wieder allein auf der Brücke, während sich Lucas um Antonio kümmerte und Hine, soweit sie wusste, schlief. Aktuell waren nur einzelne Wolken am Himmel zu sehen, jedoch nicht genug, um die helle Mittagssonne zu verdecken. Das Meer war etwas rau und es ging ein steifer Wind, jedoch nichts, was zu problematisch war. Im Gegenteil. So konnten sie im Moment die Segel nutzen und konnten den kostbaren Sprit sparen. Solange sich das Wetter nicht wandelte, kämen sie so gut voran. Einzig die Gefahr des stärker werdenden Windes, der es schwerer machen würde zu segeln, blieb. Etwas, das ihr Sorgen machte, da sie nur zu dritt waren, um sich um das Schiff zu kümmern. Sie sah auf ihr Handy und überlegte, ob sie Rangi doch antworten sollte. Er war ihr Bruder. Er würde sie doch verstehen, oder? Ach, sie wusste es nicht. Im Moment gab es ja doch wichtigere Dinge. Vielleicht wusste Meister Loto etwas. Vielleicht wusste ein Geist etwas. Vielleicht gab es irgendwo Informationen, die ihnen helfen konnten. Die Antonio helfen konnten. Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. „Ja?“ Verwirrt sah sie sich um. Niemand trat ein. „Ja?“, wiederholte sie daher etwas lauter und fügte dann verwirrt hinzu: „Herein?“ Ein weiteres Klopfen war die Antwort. Feila runzelte die Stirn und ging zur Tür hinüber um heraus zu sehen, wohl wissend, dass es gefährlich sein konnte. Immerhin kannte sie die Geschichten der vielen Wesen und Geister, die auf dem offenen Meer ihr Unwesen treiben konnten und so manch einen Seefahrer über Bord locken konnten. Solche Sorgen stellten sich jedoch schnell als unbegründet heraus, als sie die Tür öffnete und auf Tui hinab sah, der an der Schwelle der Tür saß und nun zu ihr aufsah. Er krächzte und hopste dann an ihr vorbei auf die Brücke, wo er sich auf dem Steuer niederließ und sich gewichtig aufplusterte, ehe er noch einmal krächzte. Feila seufzte und sah nach draußen, um sicher zu gehen, dass der Rabe allein hergekommen war und Hine nicht bei ihm war. Doch als sie niemanden auf dem kleinen Deck sah, schloss sie die Tür wieder. „Du hast mich erschreckt, Tui“, murmelte sie. Sie musterte den Vogel. „Dein Name ist aber nicht Nimmermehr, oder?“ Der Rabe krächzte wieder, dieses Mal sehr langgezogen, und legte den Kopf leicht schief, während er sie mit einem Auge beobachtete. Also ging Feila auf den Stuhl, auf dem sie zuvor die ganze Zeit gesessen war, hinüber. „Wo hast du Hine gelassen?“ Zwei kurze Krächzer waren ihre Antwort, während Tui die Federn auf seinem Kopf aufstellte, wie Vögel es häufig taten, wenn sie etwas interessierte. Nun wäre es wohl von Vorteil gewesen, die Sprache der Vögel zu verstehen. Sie wusste, dass es Magier gab, die diese Fähigkeit besaßen – immerhin war es Hine ja auch möglich mit Tui zu reden, auch wenn dies vielleicht ebenso daran lag, dass er ihr Familiar war. Vielleicht war er von einem seiner Ausflüge, bei denen er nach Spuren des Nifoloa suchte, zurückgekommen, während Hine noch immer bei Antonio saß. Feila musterte den Vogel. „Soll ich dich zu Hine bringen?“ Der Rabe krächzte laut und flatterte etwas mit den Flügeln. War das nun Zustimmung oder ein Protest? „Komm“, meinte sie und hielt ihm ihren Arm hin. „Ich bring dich zu Hine.“ Tui krächzte noch einmal. Anstatt auf ihren Arm zu steigen, flatterte er in die Luft und landete dann auf ihren Kopf. Die Rabenkrallen kratzten auf ihrer Kopfhaut und würden sich – da war sie sich sicher – schnell in ihrem eher krausen Haar vergangen. „Lass das, Tui!“, rief sie aus und hob die Hand, um ihn hinab zu schubsen, was ihr jedoch nur einen Pikser des Schnabels in ihre Hand einbrachte und ein nun deutlich protestierndes Krächzen. „Was soll das denn?“, fragte sie und seufzte. Der Rabe machte auf ihrem Kopf einen Schritt nach vorne und beugte dann seinen Kopf hinab, so dass sein Auge, aber auch sein Schnabel, direkt vor dem ihren war. Er krächzte wieder, dieses Mal leiser und gerade als Feila mit ihrem ersten Instinkt zurück zu weichen kämpfte, wohl wissend, dass es ihr nichts brachte, merkte sie etwas seltsames. Ein Gefühl, als würde sie in die Luft gehoben und von einem Sog erfasst, der sie mit sich zu tragen drohte. Sie sah das bleiche Gesicht einer fast durchsichtigen Frau mit weißen schimmernden Haaren, die von einem seltsamen Licht umspielt wurden, und hörte ein Wispern: Ihren Namen. „Fetuilelagi.“ „Was?“, rief sie aus, unsicher, was es war, dass sie gerade sah, als eine Stimme das Wispern und Rauschen durchbrach: „Was machst du, Tui?“ Der Sog ließ sie los und sie fiel schwer atmend zu Boden. Was war gerade geschehen? „Tui?“, fragte Hine und wieder antwortete der Raben mit einer Reihe von Krächzlauten. Als das Bild vor Feilas Augen wieder klar wurde, merkte sie, wie Hine sie ansah, die Augenbrauen zusammengeschoben. „Was?“, fragte sie leise. Hine schwieg und hockte sich vor sie, ihr fest in die Augen sehend. „Was hast du gesehen?“ Nun runzelte auch Feila die Stirn. Wusste Hine, was passiert war? Sie zögerte. „Eine Frau“, erwiderte sie. Sie schüttelte den Kopf, als sie versuchte sich das Bild der Frau noch einmal vor ihr inneres Auge zu rufen. „Eine Frau“, wiederholte sie sich dann, ehe sie Hine ansah. „Was … War das?“ Hine musterte sie für einen Moment und seufzte. „Wir müssen später miteinander reden“, sagte sie dann. „Nach dem Abendessen.“ „Aber wieso können wir nicht jetzt reden?“, fragte Feila und merkte, wie ihre angesammelte Unzufriedenheit und ihre Verzweiflung über die aussichtslose Situation sich zu Wut wandelten. „Du weißt, was passiert ist, oder?“ „Ich bin mir nicht sicher“, erwiderte Hine nur mit einer für sie ruhiger, aber auch sehr distanzierter Stimme, während sie Tui auf ihren Arm hob. „Ich brauche etwas Zeit, um mit ihm zu sprechen.“ Nun war sie es, die mit einem Seufzen den Kopf schüttelte. „Du kannst in die Kajüte gehen. Ich übernehme bis zum Abendessen.“ „Aber …“, setzte Feila an, wurde jedoch von einem Krähen Tuis unterbrochen. Der Vogel hatte wieder die Federn an seinem Kopf und seinem Hals aufgestellt und sah sie mit leicht geöffnetem Schnabel an. Noch einmal krächzte er, als ob er wüsste, dass Feila noch einmal etwas sagen wollte. Sie biss sich auf ihre Zunge und stand auf, um hinaus aufs Deck zu gehen. „Gut“, sagte sie nur, ehe sie die Tür hinter sich mit vielleicht etwas zu viel Wucht zuwarf. Draußen blieb sie auf dem Holzdeck stehen. Wieso sprach denn nie jemand mit ihr? Immerhin verdiente sie doch zu wissen, wenn es etwas war, das sie betraf. Verflucht. Sie war volljährig, beinahe 20, wieso also behandelte sie hier jeder wie ein kleines Kind oder einen Teenager Wieder sah sie auf ihr Handy, steckte es dann aber weg. Sie wusste nicht, wie sie Rangi davon erzählen sollte. Immerhin wusste sie ja selbst nicht ganz, was gerade geschehen war. Ich (17:41) 😨😨😨 Rangi (17:42) 😨 Was ist los? Ich (17:42) Es ist etwas seltsames passiert. Rangi (17:43) Was? Ich (17:43) Ich weiß es nicht Ich habe etwas gesehen Rangi (17:45) Wie? Gesehen? Ich (17:45) Ich weiß es nicht. Ich glaube es war eine Vision... Rangi (17:46) Was für eine Vision? Ich (17:48) Eine Frau... Eine Frau die mich gerufen hat. Rangi (17:49) Pele??? Ich (17:49) Nein. Ich weiß nicht. Beim Abendessen herrschte gedrückte Stille. Wie immer, seit sie auf diesem Schiff waren, gab es wieder einmal aufgewärmtes Dosenfutter. Irgendwelche Spagetti mit Soße und etwas leicht angebranntes Rührei. Feila hatte sich schon lange daran gewöhnt. Ihr war aufgefallen, dass Hine und Lucas in den vergangenen Tagen seit dem Kampf nicht wieder gestritten hatten. Sie gingen einander allerdings auch aus dem Weg und wenn sie – wie nun beim Abendessen – doch im selben Raum waren, dann sahen sie einander mit kaltem Blick an. Noch immer wusste Feila nicht, was es genau war, das zwischen ihnen stand. Sie würde es wahrscheinlich auch nicht erfahren. Während die Teller durch das Schaukeln des kleinen Schiffs immer wieder leicht vor ihnen hin und her rutschten und sie mehrfach die Flasche Tafelwasser festhalten mussten, damit diese nicht umkippte, saß Tui auf der Lehne des Stuhls, den Antonio eigentlich immer benutzt hatte, und pickte von da aus auf etwas Spagetti herum, die Hine ihm in einer Tasse serviert hatte. Jedoch kam Feila nicht umher zu meinen, dass der Vogel ihr immer wieder Blicke zuwarf. Schließlich holte Hine tief Luft. „Wir werden heute Abend ankern“, sagte sie dann sachlich und – so glaubte Feila – vorrangig an Lucas gewandt. „Was?“ Der Mann sah von seinem Teller auf. „Wir werden heute Abend ankern“, wiederholte Hine mit Nachdruck, beinahe als glaubte sie, dass er wirklich nicht verstanden hatte, was sie sagte. „Wieso?“, fragte Lucas mit angespannten Tonfall. „Ich möchte mit Feila an Land gehen“, erwiderte sie. „An Land?“, echote nun Feila und sah sie an. „Wieso?“, fragte Lucas nur wieder. Hine seufzte. „Ich möchte etwas mit ihr probieren. Aber ich brauche dafür festen Boden. Wir sollten in knapp einer Stunde ein kleines Archipel erreichen. Tui hat es bereits erspäht. Dort werden wir ankern.“ Feila sah sie verwirrt an, doch bevor sie irgendwelche Fragen stellen konnte, begann Lucas sich zu empören. „Und wie glaubst du, sollen wir das Biest einholen?“ „Wir holen es gar nicht ein“, erwiderte Hine nur. Feila glaubte, sie hätte mit den Schultern gezuckt, wäre ihr Arm nicht noch immer in einer Schlinge und ihre Schulter nicht noch immer bandagiert gewesen. „Wir haben nicht einmal eine Ahnung, wo er ist.“ „Und deswegen willst du nun aufgeben?“ „Ich rede nicht von aufgeben.“ Hines Stimme war kühl, während sie ihn anfunkelte. „Aber solange weder Tui ihn aufspüren kann, noch dein dummes Amulett funktioniert …“ Lucas unterbrach sie: „Es ist nicht für diese Entfernungen gedacht!“ Natürlich ignorierte Hine diesen Einwand. „Noch dein dummes Amulett funktioniert“, wiederholte sie ihre letzten Worte, ehe sie fortfuhr, „müssen wir zusehen, ob wir eine andere Möglichkeit finden. Außerdem …“ Sie schürzte für einen Moment die Lippen. „Wir sollten versuchen eine Möglichkeit zu finden, Antonio zu heilen.“ „Seit wann bist du so weichherzig?“, fragte Lucas zynisch. Hine erwiderte nichts. „Liegt es an Pedro?“ Wer war Pedro? „Vielleicht liegt es eher daran, ein Mensch mit halbwegs Moral und Verantwortungsbewusstsein zu sein“, erwiderte sie leise. „Oh, ich habe Verantwortungsbewusstsein“, grummelte Lucas. „Wenn wir das Vieh nicht töten, wird es nur neue Opfer finden. Früher oder später.“ „Dann nenne mir doch eine bessere Methode den Nifoloa zu finden, als in die grobe Richtung zu segeln, in der du zuletzt das Vieh hast fliegen sehen.“ Hine schlug mit ihrer unverletzten Hand auf den Tisch und sah ihn an. „Wir kommen so nicht weiter.“ Die Blicke der beiden trafen sich und Feila wäre nicht verwundert gewesen, wortwörtlich Funken zwischen ihnen fliegen zu sehen. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen wandte Lucas sich ab und gab einen verächtlichen Laut von sich. „Wie auch immer.“ Er sah zu Feila. „Und was glaubst du, kannst du mit ihr am Land machen, was du hier nicht tun kannst?“ Dieses Mal stimmte sie ihm zu. Was genau wollte Hine von ihr? Sie sah zu der Magierin, die seufzte. „Ich brauche einen direkten Zugang zu einer Leyline.“ „Und wozu?“ Sie schüttelte den Kopf. „Wir werden sehen …“ „Großartig“, murmelte Feila leise, noch bevor sie sich beherrschen konnte. Lucas ließ ein trockenes, freudloses Lachen hören. „Ich stimm' dir zu, Kleine. Ich stimm' dir zu.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)