Not enough von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 7: Zu wenig ------------------- Sonnenstrahlen tanzten auf ihrer blassen Haut, die geflochtenen Zöpfe wirbelten bei jedem Sprung hin und her, der kurze Rock rutschte noch ein Stück weiter hoch, sodass es ein leichtes wäre einen Blick auf ihre helle Unterwäsche zu erhaschen. Fröhlich hopste Marry den Weg von ihrer Schule zum Café Antik. Durch das schöne Wetter und dem Ende des Schulunterrichtes war ihre Laune gehoben- ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie Sora gleich wieder sehen würde, die sie gestern den ganzen Tag nicht zu Gesicht bekommen hatte. Wie gewohnt ertönte ein sanftes Klingeln, als sie die Tür des Ladens aufstieß und ihr täglicher Besuch hatte sich mittlerweile so sehr in ihr Leben gespielt, dass der alte Kaffeegeruch, der hier in der Luft lag etwas durchaus beruhigendes hatte. Die Einrichtung war dunkel gehalten, auch wurde eher zurückhaltend Licht durch die Fenster gelassen, aber dadurch strahlte Sora in diesem Raum noch mehr, als sie es ohnehin schon tat. Ein sanftes Lächeln legte sich auf die Lippen der Schülerin, als sie ihre Liebste erblickte, die gerade dabei war Gläser zu trocknen.   Was für ein unglaublich schönes und beruhigendes Gefühl sie zu sehen. Es könnte genau so der schlimmste Tag in dem Leben von Marry gewesen sein - solange sie wusste, dass es nie lange dauern würde bis sie wieder bei Sora war, war alles tragbar. „Hallo, Sora-chan!“, quietschte sie sofort fröhlich und lehnte sich an den Tresen, wobei sie sich gleichzeitig die Haare ihres Ponys hinter das Ohr schob. In der nächsten Sekunde klappte ihr der Mund auf und sie stellte sich sofort aufrecht. „Sora-chan… du siehst ja schrecklich…“ „Halt deinen Mund.“, finster blickte der Ghoul auf ihr Gegenüber herab. Die roten Locken hatte sie sich ausnahmsweise nicht in einen Zopf gebunden, sondern ließ sie widerspenstig ihren Rücken herunter fallen. Dunkle Augenringe lagen unter ihren leeren, geröteten Augen; wobei ihre Haut besonders im Gesicht weiß vor Blässe wirkte. „N-nein, das wollte ich nicht sagen!“, versuchte sich Marry schnell zu wehren, wobei sie die Hand vor den Mund drückte. „Oh Gott, du siehst schrecklich krank aus!“ Diese Erklärung schien nicht zu helfen, nach wie vor wirkte die Größere erzürnt. „Hast du mich nicht richtig verstanden?! Halt deine verdammte Klappe!“ Durch den lauten Tonfall der Kellnerin sahen einige Kunden auf, doch das Mädchen ignorierte ihr gesamtes Umfeld, während sie versuchte gegen aufkommende Tränen zu kämpfen. Sie wollte nicht angeschrien werden. „S-Sora-chan…“, entkam ihr ein Stottern, dann hörte sie etwas, was ihr zuvor noch nie zu Ohren gekommen war. „Entschuldige bitte… Ich wollte nicht…“, der Rotschopf brach ab und sah eilig zur Seite. „Sora-chan!“, keuchte Marry überrascht, unfähig etwas anderes zu sagen als ihren Namen. Wieder blickte ihre Liebste sie an und seufzte schwer. „Setz dich hin, ich bin dann gleich für dich da.“ Stumm nickte Marry und ging dieser Aufforderung nach. In der Ecke des Ladens, an einer ihrer Lieblingsplätze, hatte sie glücklicherweise noch einen Tisch ergattern können. Ruhig zog sie ihre Schulsachen aus der Tasche auf ihrem Schoß und konnte nicht aufhören zu Lächeln. Auch wenn Marry schrecklich besorgt um die Ghoula war, so freute sie sich riesig über das was gerade geschehen war. Sora hatte eingesehen, dass sie zu grob gesprochen hatte, noch dazu hatte sie sich sogar dafür entschuldigt. Auch wenn das schon mehr war, als Marry erwartetet hatte, kam es sogar noch dazu, dass sie ihren Ton nochmal geändert hatte. Marry hatte von Anfang an gewusst, dass ihre Mühen nicht vergebens waren. Wenn sie einfach so weiter machen würde wie bisher, würde sie genug sein um aus Sora einen besseren Menschen zu machen.   Glücklicherweise war diese auch bald an ihrer Seite, um die Schülerin aus ihren sehnsüchtigen Gedanken zu reißen. Nachdem Marry sich ihren üblichen grünen Tee bestellt hatte, machte sie sich dran die Aufgaben für die Schule zu erledigen. Pünktlich zu Soras Schichtwechsel wurde sie fertig, sodass sie anfing ihre Sachen wieder einzupacken, als ihr die Kellnerin die Rechnung hinlegte. Anstatt auf die Bezahlung zu warten, drehte sich Sora sofort wieder um und marschierte in den Hinterraum um ihre Uniform abzulegen. Mehr als verwundert beäugte Marry das Papier, das sie soeben erhalten hatte, dann entdeckte sie die feine Handschrift.       Der Tee geht auf mich. Bitte komm heute Abend zu der Anhöhe, deren Adresse ich dir auf der Rückseite notiert habe. Ich muss dir etwas sagen Bitte komm.   Sachimi Sora   Bevor Marry es auch nur bemerkt hatte, wurden ihre Augen nass. Dicke Tränen kullerten ihre roten Wangen entlang und ließen die Welt verschwommen wirken. Eilig wischte sie sich mit den Handrücken über die Lider und verteilte ihren glitzerten Lidschatten im Gesicht- nicht dass sie das in dem  Moment interessiert hätte. Als sie den Kopf hob, verschwand Sora gerade zur Tür, da drehte sie den Kopf kurz zur Schülerin und lächelte sie an. Beinah erstickte Marry; vor Aufregung hatte sie vergessen zu Atmen und sog auch erst wieder frische Luft ein, als Soras Gestalt nicht mehr zu sehen war.   Zuhause angekommen rannte Marry zu ihrem Laptop und ließ ihn hochfahren. Automatisch öffnete sich ihre helle Nightcoremusik und bevor sie den schrillen Stimmen Beachtung schenken konnte, war sie schon dabei die Adresse auf der Rückseite der Rechnung einzutippen. Einige Klicks später war ihr klar, wo ihre Liebste sie erwarten würde und aufgeregt ließ sie sich nach hinten auf das Sofa fallen. Erst jetzt, wo sie kurz zur Ruhe gekommen war, wurde ihr klar, was dies alles bedeutet. Sora würde ihr ein Geständnis machen. Endlich würde sie ein „Ich liebe dich“ aus ihrem Mund hören. Es war ja nicht so, als hätte Marry niemals daran gezweifelt- ganz im Gegenteil, eigentlich hatte sie nur zu darauf gewartet, doch hatte sie nicht gedacht, dass sie schon so bald in ihr verdientes Glück strömen würde. Warum Sora ihr ausgerechnet diese Adresse für einen Treffpunkt am Abend gesagt hatte, war ihr ebenso klar, von da oben aus konnte man die Sterne wunderbar beobachten und für einen kurzen Moment lang musste sie daran denken, wie sie in ihrer Vergangenheit als Kind haufenweise der Sommerabende dafür genutzt hatte, sich die funkelnden schönen Punkte anzusehen. Doch bevor sie sich weiter in Vergangenem verlor, raufte sie sich schnell auf und rannte durch ihr Zimmer. Schon lange hatte sie nicht so ein Adrenalin gespürt wie in diesem Moment. Natürlich musste sie heute ein ganz besonders schönes Kleid tragen.   Nach Stunden der intensiven Vorbereitung war Marry soweit mit der U-Bahn gefahren, wie es ging und war danach eine halbe Stunde eine Straße zu einem Hang hochgelaufen. Mittlerweile war die Sonne schon untergegangen, weiter hinten strahlten noch orangene Lichter. Tokyo sah einfach wunderschön aus, wenn man es von dieser Perspektive beobachtete. Beinah genauso atemberaubend sah jedoch Marry aus, wie sie sich die Haare etwas noch oben gesteckt hatte und das zartrosane Kleid perfekt zu ihrer hellen Haut wirkte. Durch ihr Äußeres und die dazu passenden Bewegungen, sah sie beinahe königlich aus und genau darauf hatte sie es abgesehen. Für Sora musste sie hübsch aussehen, wie sie es noch nie für jemand anderen zuvor gewesen war. Nach einiger Zeit war Marry an dem gemeinsamen Treffpunkt angekommen und die Füße, die in hohen Schühchen steckten, taten ihr weh. Dann erblickte sie die rothaarige Kellnerin, die nahe am Rande der Klippe stand und die weit entfernt scheinende Weltstadt ansah. „Sora-chan!“, rief Marry fröhlich und lachte wie ein kleines Kind, als die Gerufene ihr Gesicht etwas zu ihr drehte und dann die Hand nach ihr ausstreckte. Kichernd kam die Schülerin dem nur zu gerne nach, als würde man ihr ein Eis hinhalten rannte sie los, mit strahlend grauen Augen, immer weiter voran. Die Zeit schien still zu stehen und alles war perfekt, alles war vergessen. Die Vergangenheit, die sie immer von sich weg geschoben hatte war das erste Mal ganz verschwunden und das einzige, das sie vor sich sah war die strahlend Zukunft, die sie zusammen mit Sora verbringen wurde. Endlich traf sie mit den Fingerspitzen auf Soras geöffnete Hand, die sie dann eilig zu schloss. Binnen weniger Sekunden zerrte sie Marry, deren Herz vor Aufregung und Glück beinah zersprang, nah zu sich heran, dann drehte sie ihr das erste Mal an diesem Abend das ganze Gesicht zu. Laut keuchte Marry auf. Absolut unnatürlich und schrecklich verzerrt lagen komplett schwarze Augen in Soras Gesicht, statt ihrer sonst üblich schwarzen Pupillen starrte nun blutrote zu der Schülerin. Sora sah aus, wie die Monster die man in ganz Japan Ghoule nannte, auf irgendeine Weise so grauenvoll anders, trotzdem jedoch so unglaublich vertraut. Ja, natürlich war es noch Sora die vor ihr stand, mit der schneeweißen Haut und den furchtbaren Augen. Die wunderschöne junge Frau in ihrer wahren Gestalt, die so furchterregend war aber trotzdem noch so unglaublich schön. „Sora…“, flüsterte Marry ruhig, die eine Hand der Ghoula spürte sie noch ihre eigenen Finger umklammern, die andere war an ihrem Arm festgekrallt. Ohne irgendeinen Gedanken im Kopf zu haben starrte sie ihrem Gegenüber in die Augen. „Sora, ich liebe dich.“ In der nächsten Sekunde wurde die Kleinere weg gestumpft, bevor sie sich irgendwie halten konnte war sie schon über die Schlucht gefallen. Mit dem letzten verzweifelten Blick streckte sie ihre zitternde Hand nach Sora aus, ihre Augen vor Schreck geweitet.    Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)