Wie man es noch sagen kann von Yosephia ([Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]) ================================================================================ 3. “No, no, it’s my treat.” (Lyredy) ------------------------------------ Nachdem Juvia ihr verkündet hatte, dass sie für sie ein Blind Date organisiert hatte, hatte Meredy mit dem Schlimmsten gerechnet. So gut das bei Juvia auch geklappt haben mochte, Meredy hatte damit nur schlechte Erfahrungen gemacht. Angefangen bei den Irren mit den blonden Haaren und den roten Augen, der Meredy den ganzen Abend angesehen hatte, als würde er sie gleich fressen wollen – sie hatte sich noch vor der Vorspeise entschuldigt, dass sie auf die Toilette müsste, und hatte dann die Flucht ergriffen. Über allerlei langweilige Typen, die nur auf Meredys dezenten Ausschnitt starrten oder versuchten, irgendetwas zu kompensieren, indem sie sich besonders spendabel zeigten – Meredy hatte jedes Mal ihre Hälfte der Rechnung mit einem großzügigen Trinkgeld auf den Tisch gelegt, bevor ihr Gegenüber die goldene Kreditkarte zücken konnte. Dann war da dieser eine Pedant gewesen, der auf den Jewel genau ihre Anteile an der Rechnung ausgerechnet hatte. Und zuletzt dieser nach zu viel Rasierwasser stinkende Schmierlappen mit den blauen Haaren und dem grellen Lächeln, der Meredy beim Verlassen des Restaurants die Hand auf den Hintern gelegt hatte… Meredy hatte wirklich schon mehr als genug durch in der Hinsicht und sie hatte sich schon mehr als einmal geschworen, sich auf kein Blind Date mehr einzulassen, aber zu ihrem Leidwesen hatte sie allerlei Freundinnen, deren größtes Hobby es war, Meredy unter die Haube kriegen zu wollen. Lucys und Juvias Enthusiasmus wurde dabei nur noch von Urtears übertroffen. Dabei war gerade Meredys Ziehschwester ein Single, wie er im Buche stand. Sie müsste sich eigentlich nur noch eine Katze anschaffen, dann wäre das Klischee perfekt. Und dennoch schien sie ein beinahe grausames Vergnügen daran zu haben, Meredy bei allen möglichen Partnersuchbörsen anzumelden. Vielleicht hatte sie sogar die Wahrheit gesagt, als sie mal meinte, dass sie es als psychologisch-statistisches Experiment betrachten würde. Nach dem Hinterngrabscher vor einem Monat hatte Meredy jedoch ein Machtwort gesprochen – ein lautes Machtwort. Und ihre Freunde hatten sie in Ruhe gelassen. Einen herrlichen Monat lang hatte Meredy einfach nur in ihrer Wohnung herum gegammelt, hatte sich in Jogginghose und XXL-Pullover in ihr knuddeliges Sofa gekuschelt und ein Buch nach dem nächsten verschlungen, unterbrochen nur von ihrem Nebenjob in der Universitätsbibliothek. So stellte sie sich die vorlesungsfreie Zeit vor! Sie brauchte keinen Freund. Ja, sie hatte zehn Jahre lang für ihren älteren Waisenhausbruder geschwärmt. Ja, es hatte ihr das Herz gebrochen, als er sie zu seiner Hochzeit eingeladen hatte und das ausgerechnet an dem Tag, als sie ihm endlich ihre Gefühle hatte gestehen wollen. Ja, sie hatte sich danach mit einem ungesunden Feuereifer in ihr Studium gestürzt. Aber sie war darüber hinweg. Sie brauchte keine Beziehung zum Glücklichsein. Leider war Juvia da immer noch anderer Meinung. Sie hatte regelrecht Telefonterror bei Meredy gemacht und als diese ihr Handy ausgeschaltet und den Stecker ihres Festnetztelefons gezogen hatte, hatte sie Meredys Wohnung belagert, wild entschlossen, Meredy zu diesem Blind Date mit dem Adoptivbruder ihres Freundes zu überreden, der von seinem Überseestudium zurück gekommen war. Aus reiner Genervtheit hatte Meredy schließlich aufgegeben und sich für das Date fertig gemacht. Wenn es wieder in die Hose ging, konnte sie Juvia zumindest sagen Ich hab’s dir ja gesagt, hatte sie sich selbst getröstet. Aber sie war mehr als positiv überrascht worden. Der Überseestudent – als Lyon hatte er sich vorgestellt – hatte im Restaurant bereits auf Meredy gewartet, obwohl sie selbst fünf Minuten zu früh dran gewesen war, und war zur Begrüßung aufgestanden. Er hatte sich nicht sonderlich heraus geputzt, nur schwarze Jeans und ein blaues Hemd, die weißen Haare verwegen gestylt, wobei ihm eine Ponysträhne linksseitig in die Stirn fiel. Abgesehen vom Hemd hätte man nicht erahnen können, dass er sich besonders auf das Date vorbereitet hätte. Und er hatte keine Wolke aus Rasierwasser spazieren getragen. Der erste Eindruck war also definitiv ein guter gewesen. Mit einem Lächeln, für das man eigentlich einen Waffenschein bräuchte, hatte er Meredys Hand zur Begrüßung geschüttelt und ihr direkt in die Augen geblickt. Nicht auf ihren Busen und auch nicht auf ihre Lippen, sondern in ihre Augen. Sein Händedruck war fest, aber nicht grob gewesen. Keiner von diesen wabbeligen Drückern, bei denen es sich anfühlte, als würde man einen Waschlappen schütteln. Er hatte Meredy den Stuhl zurecht gerückt und sich ihr gegenüber nieder gelassen. Endgültig das Eis gebrochen hatte er, als er ihr gestanden hatte, dass sein Adoptivbruder ihn zu diesem Date gezwungen hätte – anscheinend gab es da eine peinliche Studentenpartygeschichte, von der die Eltern lieber nichts erfahren sollten – und dass er keine Erwartungen habe, nur die Hoffnung auf ein angenehmes Essen und eine angeregte Unterhaltung. Und unterhalten konnte man sich wirklich gut mit ihm. Er war der Erste, der sich für Meredys Studium interessierte, und kein einziges Mal glitt sein Blick von Meredys Gesicht ab in tiefere Gefilde. Auf ihre Nachfrage hin erzählte er lebhaft von seinem Studium und seiner ehrenamtlichen Arbeit bei Lamia Scale, einem Verein, der versuchte, Kindern zu helfen, die von ihren Eltern vernachlässigt wurden. Die Zeit war wie im Flug vergangen. Vorspeise, Hauptgericht und Dessert waren an ihnen vorbei gezogen und hatten ihren Gesprächsfluss kaum unterbrechen können und Meredy war nicht einmal der Gedanke gekommen, zu protestieren, als Lyon beim Abräumen der Dessertschalen eine weitere Flasche Weißwein bestellt hatte. Erst ein dezentes Räuspern ließ sie Beide aufblicken. Neben ihrem Tisch stand der Kellner mit einem verlegenen Lächeln. „Bitte verzeihen Sie, aber wir haben eigentlich seit einer Viertelstunde geschlossen.“ Überrascht blickte Meredy sich um. Tatsächlich waren alle Tische leer und bereits abgeräumt. An der Bar stand ein zweiter Kellner mit einem Wischmob bereit, während er amüsiert grinsend zu ihnen hinüber blickte. Meredys Blick huschte zu ihrer Armbanduhr. War sie tatsächlich schon seit vier Stunden mit Lyon hier?! „Entschuldigen Sie, wir haben gar nicht auf die Zeit geachtet“, sagte Lyon und stand auf, wobei er seine Geldbörse zückte. Als Meredy nach ihrer Handtasche angelte und ebenfalls aufstand, schüttelte Lyon mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf und schenkte ihr sein bislang charmantestes Lächeln und einen Blick, der ihr unter die Haut ging. „Nein, nein, das geht auf meine Rechnung.“ Die Worte waren das reinste Klischee, voller Selbstüberzeugung und mit einem Versprechen auf weitere Treffen unterlegt. Genau das, was Meredy bisher immer abgestoßen und erst recht dazu angestachelt hatte, ihren Anteil an der Rechnung alleine zu bezahlen. Doch noch immer sah Lyon ihr tief in die Augen. In seinen eigenen Augen lag ein gewisses Funkeln. Meredy war wie gefangen davon und nahm nur am Rande das verräterische Mundwinkelzucken beim Kellner wahr. Etwas an Lyons Blick verursachte ein warmes, kribbelndes Gefühl in ihrem Inneren und ihr wurde klar, dass sie ein weiteres Treffen wollte. Sie wollte mehr über Lyon erfahren, wollte ihm mehr von sich erzählen, wollte ihn wieder sehen und vielleicht… „In Ordnung...“ Ja, vielleicht… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)