The Weight Of The World von Puppenspieler ================================================================================ V.III. No --------- Es war der letzte Tag des Trainingscamps. Wie oft hatte Morisuke das jetzt schon erlebt? Diese unterschwellige Aufbruchsstimmung, einhergehend mit der drückenden Erkenntnis, dass sich jetzt Wege trennten, auf denen man gern gemeinsam gewandert war.   Es würde wiederkommen. Er wusste es.   Trotzdem… Sein Blick wanderte durch den Raum. Kenma saß auf seinem Futon und zockte. Kuroo lehnte an der Fensterbank, Kai neben ihm. Sie unterhielten sich, ungewohnt still für Kuroos Verhältnisse – Drittklässlermelancholie, hatte Suga es vor Ewigkeiten getauft. Besagter Suga hockte neben Morisuke, und bis vor ein paar Minuten hatten sie sich selbst noch unterhalten. Darüber, dass Hinata mal wieder in den Bus gekotzt hatte („Manche Dinge ändern sich einfach nie, egal wie lang es dauert!“), über Shidas und Ennoshitas neues Filmprojekt, das von Toras, Tanakas und Nishinoyas schrecklichen Schauspielkünsten boykottiert wurde. Darüber, dass Lev inzwischen nicht nur passabel Volleyball spielte – manche Dinge veränderten sich eben doch mit der Zeit, so unglaublich das war. Morisuke erinnerte sich noch, als wäre es gestern gewesen, dass die lange Nudel noch gar kein Konzept davon gehabt hatte, wie er seine langen, dürren Spaghettiarme für irgendetwas anderes nutzen sollte, als um dämlich zu winken.   Wie würde es hier aussehen, wenn sie das nächste Mal herkamen? Diesmal war es nur Fukunaga, der fehlte…   „Kenma!!! Spiel mir zu!“   Hinatas plötzlicher Auftritt riss Morisuke aus seinen Gedanken. Er schüttelte den Kopf, und aus Reflex wanderte sein Blick sofort zu Kenma, der noch nie begeistert davon gewesen war, wenn sein Freund ihn zu Zusatztraining zwingen wollte. Verblüfft sah er zu, wie Kenma seine Konsole einfach weglegte und aufstand. Es war so ungewohnt. Morisukes Magen krampfte, und neben ihm sprach Suga aus, was er dachte: „Seit Kageyama weg ist, hat sich einiges verändert, hm?“ Er sprach leise, aber der Raum war nicht riesig; wäre man aufmerksam genug, man könnte ihn wohl verstehen. Kuroo tat es. Morisuke beobachtete, wie der Kerl den Kopf zu ihnen drehte, doch er schwieg von seinem Platz am Fenster aus, während Kenma unter einem begeisterten Wortschwall von Hinata mitgezogen wurde.   „Hätte nicht gedacht, dass der’s überhaupt so lange macht.“ Kuroo sprach erst, als die Tür hinter den beiden zugefallen war und Hinatas Plappern in der Ferne verhallte. Morisuke wollte gar nicht darüber sprechen, deshalb warf er seinem Captain einen säuerlichen Blick zu, den der – wie immer – einfach ignorierte. „Das sagst du über jeden von uns, Kuroo“, erinnerte Kai ihn. Es klang leicht und amüsiert, und so, als wäre gar nichts dabei. So, wie Kai immer klang, und mit jedem Mal, dass sie hier zusammen hockten, bekam Morisuke mehr und mehr den Eindruck, dass der Kerl einfach bis in alle Ewigkeit so bleiben würde. Kuroo stieß sich lachend vom Fensterbrett ab und machte ein paar Schritte in die Raummitte. Er gestikulierte lebhaft. „Ich bin auch immer noch erstaunt! Ernsthaft. Ich hätte echt erwartet, dass ihr längst abdankt. Ist doch nur natürlich, ne? Machen die Meisten. Guckt euch Oikawa an. Oder die ganzen Shinzen-Typen.“   Morisuke wollte sich die aber nicht angucken.   „Ich kann es verstehen“, seufzte Suga leise. Sein Lächeln sah müde aus. „Irgendwann ist doch genug, oder? Aber Daichi ist auch noch nicht bereit.“ „Suga-Kun…“ „Es ist schon okay! Nur manchmal fühlt es sich echt an, als wäre langsam genug.“ Es war ein Gefühl, das Morisuke nicht so recht nachvollziehen konnte. Irgendwann vielleicht. Gerade hatte er eher das Bedürfnis, zu Lev rüber zu gehen, der mit Shibayama und Inuoka irgendwo Party machte, und ihn zum Training zu treten. „Aber“, begann Kuroo. Er grinste immer noch und sein Gestikulieren wurde nur ausschweifender. Es war kein gutes Grinsen. Es war dieses Bro, wir werden jetzt Unheil stiften-Grinsen, das für die meisten Trainingscamp-Eskapaden verantwortlich war. Es war das Grinsen, auf das ein Spruch wie „Mensch, Yakkun, wärst du noch kleiner, wär ich auf dich draufgetreten“ folgte.    „Das größte Problem, im Endeffekt, wäre es, der Letzte zu sein! Ich mach das sicher nicht mit. Ihr schafft das auch ohne euren geliebten Captain, oder?“   Manchmal war es auch das Grinsen, das nur da war, um zu verbergen, dass dahinter etwas ganz anderes lag. Morisuke hasste es. Er stand auf, ruckartiger als nötig. „Niemand braucht dich, Kuroo.“ „Ouch, Yakkun.“ Kuroos Worte klangen total unbeeindruckt – ich weiß es besser, sagte ihr Tonfall. Morisuke wollte nichts davon hören, also stapfte er aus dem Raum und  machte sich auf die Suche nach seinem riesigen Problemkind, das schon lange nicht mehr schlecht genug war, um krampfhaftes Extratraining zu rechtfertigen – etwas, das Morisuke trotzdem nicht davon abhielt, ihn zu zwingen.   Als er Lev fand und in die Sporthalle geschleift hatte, war alles Training trotzdem vergessen, irgendwo zwischen warmen Händen und harten Küssen.   Er wollte wirklich noch nicht darüber nachdenken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)