Lieben verboten! von Dolette ================================================================================ Kapitel 21: ------------ “Weil ich … weil ich dir gehöre.” Obwohl ich meine eigenen Worte in dem Moment kaum durch den Schleier, den Ninas Aura um mich gelegt hatte, wahrnehmen hatte können, hallten sie jetzt deutlich und klar vernehmbar in meinem Inneren wieder. Ich lag in meinem Bett und starrte an das Wandgemälde meiner Mutter, das der Mond schemenhaft beschien. Was hatte ich da eigentlich gesagt? Nachgedacht hatte ich vorher definitiv nicht. Das sanfte Kribbeln auf meinen Lippen, das mich an Ninas Küsse erinnerte, ließ nicht zu, dass es sich falsch anfühlte, diese Tatsache ausgesprochen zu haben. Wir hatten minutenlang rumgeknutscht. Als ich nun darüber nachdachte, fiel mir auf, dass es kein Stück wilder oder härter zugegangen war als mit Jenna. Im Gegenteil. Nina war sanft und liebevoll und ich genoss jedes kleine bisschen Zuneigung, das sie übertrug. Dabei machte mich diese Knutscherei kein Stück weniger an, als gedacht. Im Gegenteil. Jedes mal, wenn meine Erregung mich dazu treiben wollte, mich Ninas Körper und Küssen entgegen zu drängen, schaffte sie es mit winzigen Gesten, diese Versuche in ihrer Entstehung im Keim zu ersticken. Sie krallte ganz leicht in mein Haar, drückte mit der flachen Hand gegen meinen Bauch oder biss mir grinsend in die Unterlippe. Ich folgte jedes Mal und hielt mich brav zurück. Ich war gehorsam. Und mit eben diesem Wort lobte sie nach einer Weile meinen gezügelten Hunger. In meinen blauen Augen sah sie zwar die Wahrheit, die sie das ein oder andere Mal in der folgenden Unterhaltung lachen ließ, aber die Kontrolle darüber schien ihr vorläufiges Ziel zu sein. Sie hatte gerade ihr Kinn in ihrer Hand abgelegt, während ihr Ellbogen auf dem Marmor lag, und betrachtete mich eingehend. “Was hast du nur an dir?”, murmelte sie, ohne eine Antwort von mir zu erwarten, weshalb ich auch nichts erwiderte. Als wenn ich eine Antwort darauf in Petto gehabt hätte. Mit den Schultern zucken konnte ich aber gerade so noch. “Dir ist aber schon klar, dass ich deine Lehrerin bin? Was fällt dir ein, mich einfach zu küssen?” Das dunkle Braun ihrer Augen fixierte mich noch immer. Umspielt von feinen Fältchen, die mir verrieten, dass sie den Ernst der Lage weit weniger ernst nahm, als die Botschaft ihrer Worte es vermitteln sollten. Der letzte rational denkende Teil in mir preschte aus mir heraus: “Natürlich, Nina! Ich werd auch keinem was sagen! Da musst du dir keine Gedanken machen. Und ich sollte jetzt auch gehen. Das ist ja alles total verrückt hier. Es tut mir leid, dass ich dich in diese Situation gebracht habe!” Und damit stand ich auf. Genau wissend, dass ich es nicht schaffen würde, zu gehen, wenn ich nur noch einen weiteren Herzschlag in das dunkle Schokoladenbraun schauen würde. Ein Seufzen begleitete mich, das mich aber nicht aufhielt. Der unnachgiebige Griff an meinem Handgelenk Bruchteile später sehr wohl. Ich wagte nicht, mich umzudrehen. Was machte diese Frau denn nur mit mir? Egal, was sie in mir auslöste, sie war meine Lehrerin. Es war doch falsch, oder? “Was hast du nur an dir …?” Obwohl der Wortlaut derselbe war, klang ihre Stimme so viel weicher als zuvor. Weicher als ich sie jemals vernommen hatte. Wehmütig und sehnsüchtig. Ich erstarrte. Unfähig mich umzudrehen oder weiter zu gehen. Wieder seufzte sie. “Natürlich wirst du keinem was sagen, aber dass du gehen sollst, habe ich auch nicht verlangt, mh?” Die Kiefer aufeinander pressend versuchte ich dem Drang zu widerstehen, mich doch umzudrehen. Also verharrte ich schlicht in meiner Starre. “Hast du sowas schon mal gespürt?”, fragte sie ruhig, ohne mein Handgelenk loszulassen. Und auch, wenn die Frage viele Interpretationen zu ließ, wusste ich doch genau, worauf sie hinzielte. “Nina.” Ich glaube, so selbstverständlich hatte ich ihren Namen noch nie in den Mund genommen. “Ich hatte gestern mein erstes Mal …” Ihre Ruhe ging auf unerklärliche Weise auf mich über und ich fand in mir doch die Kraft, mich umzudrehen, um mich dem allesverzehrenden Dunkel ihrer Augen zu stellen. “Ich verstehe gar nichts, was gerade in mir vorgeht. Weder, was gestern in mich gefahren ist, noch, wie du es seit unserer ersten Begegnung schaffst …” Ich musste mich unterbrechen. Ja, was machte sie denn nun mit mir? Ich hatte das Gefühl, dass ich die letzten Tage an nichts anderes gedacht hatte und doch nicht den Hauch einer Ahnung davon hatte. Ninas sanfte Gesichtszüge halfen mir auch nicht. Sie strahlte diese wissende Selbstsicherheit aus, als wüsste sie genau, welchem Gefühlswirrwarr ich ausgesetzt war. Sie gab mir aber Zeit, mich zu sammeln, passende Worte zu suchen und schwieg beharrlich. “Du hast ....” Wieder unterbrach ich mich. Ungeduld wollte Zorn in mir aufsteigen lassen. Mein Herz raste, hatte aber bei weitem nicht die bedenkliche Frequenz einer Panikattacke. Die Hand meiner Lehrerin war wie ein Fokus für meinen Körper, der sich nur auf die Wärme konzentrierte, die sie ausstrahlte, und so ruhig blieb. “Ich kann das einfach nicht erklären”, schloss ich meinen nichtssagenden Schwall an Wortbrocken und sackte frustriert in mich zusammen. “Bitte setz dich wieder, Ash”, bat Nina ruhig. Ich gehorchte fremdgesteuert. “Also schön. Du brauchst mal ein paar klare Worte, mh?” Meinen Blick abwendend nickte ich zögerlich. “Okay. Es lässt sich ja nicht leugnen. Da ist etwas zwischen uns, mh?” Sie klang sanft. Mitfühlend, als wäre sie gar nicht direkt betroffen. Wieder schaute ich kurz zu ihr und senkte dann meinen Kopf kaum merklich. “Ohne jeden Zweifel”, begann sie und ihre Tonlage wurde nicht direkt kalt, aber analytisch, womit ihr direkter Bezug zu unserer Lage scheinbar völlig verschwand. “Ashley, du bist meine Schülerin, aber deine Anziehungskraft auf mich ist wirklich enorm.” Sie machte eine Pause und gab meinem Herzen die Möglichkeit, sich erst leicht zu verkrampfen und dann doch erfreut einen Schlag auszusetzen und schneller zu schlagen. “Weißt du”, begann sie wieder und endlich schien es, als würden auch ihr die Worte mal schwerer über die Lippen kommen, “du sprichst eine spezielle Seite in mir an. So sehr, dass es mir unfassbar schwer fällt, in deiner Nähe nicht mehr zu sein als deine Lehrerin. In meinem Kopf dreht sich alles um einen Gedanken. Ich will dich haben.” Was für ein Wortlaut. Die Formulierung passte so sehr zu dem einzigen Satz, den ich rausbekommen hatte und der genau das ausdrückte, was ich wollte. Wahnsinn. Ich wollte ihr gehören. Mein Herz machte einen Salto. Natürlich war ihr Interesse an mir mittlerweile zu einer Gewissheit geworden, aber es ausgesprochen zu hören, ging so unglaublich tief. Wieder eine Pause. Diesmal spürte ich ihren alles durchdringenden Blick ganz klar auf mir. Sie wollte eine Reaktion. Also hob ich etwas entkräftet meinen Blick und sagte schnell, “Geht mir nicht anders”, bevor ich drohte, mich in dem braunen Dunkel zu verlieren. “Mhm”, machte sie nachdenklich und es entstand eine etwas längere Pause. “An meiner Seite gibt es nur einen Platz, Ash.” Gott, wie eindringlich sie meinen Namen in fast jedem ihrer Sätze mit einfließen ließ. Es bereitete mir beinah schmerzhafte Schauder. “Ich werde dich jetzt nach Hause bringen und dann sage ich dir, was du googlen sollst. Wenn du das hast sacken lassen, meldest du dich bei mir.” Meine Nackenhaare stellten sich so stark auf, dass ich Angst hatte, das Haupthaar würde es ihnen gleichtun. Struwelpeter-Ash. Wäre auch mal einen Hingucker wert. Und das hatte sie auch genau so getan. Vor meinem Elternhaus hatte sie meine Wange so zärtlich und lange geküsst, dass ich die Spur, die ihre Lippen auf der Stelle hinterlassen hatten, auch jetzt noch spüren konnte. Dann hatte sie mir gesagt, nach welchem Begriff ich im Internet suchen sollte. BDSM. Ganz weltfremd war ich nun auch nicht. Sicherlich hatte ich keine Ahnung, aber durch diesen miesen Blockbuster war mir zumindest klar, dass es bei BDSM um einvernehmliche Schmerzen ging. Nina war so wie dieser reiche Mr. Grey. Was der so an sich hatte, dass ihm die Weiber so heillos verfielen, war mir zwar schleierhaft, dafür wusste ich umso besser, was Nina ausstrahlte. Macht und Sex pur. Dass Felix nun tatsächlich recht mit dieser Annahme hatte, warf mich weniger aus der Bahn, als ich gedacht hätte. Es war so, als wenn Nina mich langsam an etwas heran geführt hatte, von dem ich mir nur schemenhaft ausmalen konnte, was es war. Die Aufgabe vom Nachsitzen machte Sinn und auch ihre Ausstrahlung konnte ich nun benennen. Es war meine Reaktion auf ihre Dominanz. Heiße, anziehende, Ich tue alles, was du willst, wenn du mir danach nur eine liebevolle Geste schenkst Dominanz. Ich war nicht weniger hin und weg als vor unserem Gespräch. Und Hie und da zog ein Kribbeln durch meine Magengegend, das sich in meinem Schoß sammelte und heiß wie Lava seine Bahnen durch meine Gefäße zog. Wie würde meine Libido wohl reagieren, wenn ich tiefer in die Materie eintauchen würde? Das Thema hatte bis dahin im Grunde nur positive Reaktionen ausgelöst. Sowohl in meinem Kopf als auch in meinem Körper. Ich seufzte. An Schlaf war eh nicht zu denken. Wieso hatte ich mich eigentlich den ganzen restlichen Tag davor gedrückt? Angst schoss mir in den Sinn. Würde diese kleine Vorfreude vergehen, wenn ich nach meiner Recherche wusste, worauf ich mich einlassen würde? Es nützte nichts. Mit einem weiteren Seufzen richtete ich mich auf, zog meinen Laptop von der anderen Seite des Bettes und drückte die Leertaste. Nachdem sich meine Augen ganz langsam an die Helligkeit des Bildschirms gewöhnt hatten, gab ich BDSM in die Suchmaschine ein. Das Erste, was ich sah, war das schwarzweiß Bild des Nackens einer Frau, die ihr Haar hoch hielt, um ihr Halsband zu präsentieren. Es sah unheimlich anmutig aus und das Leder um ihren Hals zog meinen Blick förmlich an. Dabei spürte ich meine Augen förmlich leuchten, so sehr faszinierte mich der Anblick. Wikipedia spuckte direkt schon mal einen tierisch langen Eintrag mit 13 Tabs aus. Zunächst wollte ich mich aber damit beschäftigen, welche Bedeutung hinter den Buchstaben steht. B für Bondadge. Neuer Tab auf, Bondage in die Suchzeile und ein weiterer Wikieintrag. Übergeordneter Begriff fürs Fesseln im BDSM Kontext. Unfreiheit. Sexualpraktik. Ich musste diese Worte lange auf mich wirken lassen, da sie im ersten Moment keinerlei Auswirkungen auf mich hatten. Genauso wie das dazugehörige Bild einer mit Seilen gefesselten Person. Als ich das Wort fesseln in Bezug auf die Beraubung von Bewegungsfreiheit für sich betrachtete, durchzog mich allerdings direkt eine wohlige Welle von Aufregung. Sich jemandem auszuliefern, klang unfassbar spannend. Jemandem so viel Vertrauen entgegen zu bringen und sich in seine Gnade zu begeben, fiel mir ein Satz von Nina ein, den sie im Café zu mir gesagt hatte. Vielleicht müsste ich mich mit dem, was hinter dem Kürzel BDSM steht, später noch ein weiteres Mal beschäftigen. Was das gefesselt werden genau in mir auslöste, konnte ich noch nicht richtig begreifen. D für Dominanz und Disziplin. Mhm, das war mir klar. Das und Unterwerfung auf freiwilliger Basis. War Dominanz das Wort, welches Ninas Aura am besten beschrieb? Je länger ich die Definition mit ihrer Ausstrahlung verglich, umso sicherer wurde ich, dass es Dominanz war, die sie so anziehend machte. Was sie mit jedem Heben ihrer Augenbraue und der Tonlage, in der sie mit mir sprach, ausstrahlte. Es sorgte immer wieder dafür, dass ich unbewusst meinen Blick senkte. Mich klein und zuweilen beschützt und behütet fühlte. Der Gedanke an ihre Ausstrahlung ließ mein Herz schneller schlagen und meine Mitte tief im Inneren pochen. Okay. Dominant gleich unfassbar heiß und sexy. Bei diesem Gedanken schlug ich mir unterbewusst die Hand vor den Mund und musste dann leise über mich selbst kichern. Das alles hier war so schräg und ich konnte mich noch immer nicht damit abfinden, dass ich meine Lehrerin scharf fand. Zum Schießen. S für Submission und Sadismus. Submission ist dabei der Dominanz zuzuordnen und steht für die Unterwerfung im Bereich D/s. Dieses Paar bezieht sich dabei mehr auf das psychische Machtgefälle zwischen den Parteien in den jeweiligen Beziehungsarten, ob nun als reine Spielbeziehung oder als 24/7 Variante, in der ein Machtgefälle immer vorhanden ist. Dabei stellte ich mir vor, wie es wäre, mit Nina eine Beziehung zu führen. Lief ihre Aufgabe darauf hinaus? Sollte ich mir klar machen, was BDSM ist, damit wir ein Paar werden könnten? Mein Herz wollte sofort wieder Purzelbäume schlagen, weshalb ich mich dazu antrieb, weiter zu lesen. Erstmal musste ich mir darüber klar werden, ob ich mir das überhaupt vorstellen konnte. Okay, meine Fantasie spielte jetzt schon verrückt, also war diese Frage wohl leicht mit ja zu beantworten. Denn während ich die Beschreibung immer und immer wieder las, ohne den Sinn des Absatzes komplett gedanklich zu bearbeiten, fluteten mich Bilder von Nina und mir selbst. Wie oft hatte ich den Blick schon gesenkt, wenn sie streng ihre Braue gehoben hatte, ihr Ton kälter geworden war oder das Gefühl nach den Ohrfeigen. Es machte mich irgendwie klein und gleichzeitig wuchs dieser Wunsch, ihr zu gefallen, ins Unermessliche. Die andere Bedeutung für das S war zugehörig zum SM am Schluss. SM sagte einem ja schon eher was. Sadomasochismus, zusammengesetzt aus Sadismus und Masochismus. Beim Wort Sadismus musste ich allerdings zuerst an amerikanische Profiling-Serien denken. Serienkiller, die ihre Opfer auf besonders perfide Art und Weise folterten und schließlich ums Leben brachten. Gedanklich verknüpfte ich das Wort Folter mit Fesseln und eine eher mittelalterlich anmutende Szene erschien vor meinem inneren Auge. Schwere Eisen an Händen, Füßen und am Hals, die durch unnachgiebige Ketten mit Ösen im Gemäuer verbunden waren und einen Körper vollkommen unbeweglich in Position hielten. Der Körper wurde zu meinem eigenen und ich konnte förmlich die ziehenden Schmerzen spüren, die meine Gelenke ertrugen, um die unfreiwillige Position zu halten. Das leise Klirren der Ketten brachte mir eine reale Gänsehaut, obwohl es nur in meinem Kopf erklang. Hallendes Klacken von Absätzen auf steinernem Boden kam näher. Die Gänsehaut verstärkte sich in gespannter Vorfreude und sorgte dafür, dass sich die feinen Härchen meiner Arme und des Nackens aufstellten. Nina betrat die Szene, gekleidet in unverschämt hohe Highheels, eine matt schwarze Lederleggings und eine beige Korsage, die in dieser Umgebung aussah, als wäre sie aus Leinen. Dunkles Make-up auf den undurchsichtigen Zügen und die Haare streng zu einem Dutt zusammengebunden. Ihr Anblick bereitete mir ein wohliges Ziehen in meinen Eingeweiden. Sie sah so unglaublich heiß aus. In ihrer Linken lag locker der Griff einer Peitsche mit vielen, langen Riemen. Sie trat immer näher und hielt ihren intensiven, alles verzehrenden Blick auf mir. Als sie dann schließlich vor mir zum Stehen kam, verlor ich mich sofort in ihren dunklen, braunen Augen. Eine Ohrfeige riss mein Gesicht ruckartig zur Seite. Ein vertrautes Gefühl kribbelte auf meiner linken Wange. “Konzentrier dich, Traumtänzerin!”, hallte Ninas raue Stimme von allen Seiten wider. “Du warst so ungezogen …”, hauchte sie bedrohlich weiter und wieder bescherte es mir einen Schauder, der jeden meiner Rezeptoren auf hochtouren arbeiten ließ, als er meinen Körper durchzog. “Ja, Herrin”, erwiderte ich automatisch. Die Ansprache klang irgendwie merkwürdig, aber ich wusste nicht, wie ich Nina in solch einer Situation nennen würde, also sagte ich das erste, was mir einfiel. Sie nickte kaum merklich, trat einen Schritt zurück und legte die Peitsche in ihre rechte Hand. “Bereit?”, fragte sie ernst. Wieder antwortete ich: “Ja, Herrin.” Und dann holte sie aus. Ich spannte jeden Muskel in meinem Körper erwartend an. Das Zischen der Riemen durch die Luft. Dann das helle Klatschen, dessen Aufschlag ich nie spüren konnte. Es wiederholte sich immer wieder. Khpiff, khpiff, klirr … brrr … brrrumm ...Was zur ...? Eine bekannte Melodie ließ mich endgültig erkennen, was passiert war. Mein Handy. Mein Wecker. Ich war am Laptop eingeschlafen. Himmel, was für ein Traum?! Vom Bildschirm aus sprang mir das Wort Sadomasochismus entgegen und ich stöhnte leise. Ob ich wohl auf Schmerzen in diesem Kontext stand? Seufzend rief ich mich zur Ordnung, schleppte mich unter die Dusche und schließlich runter in die Küche, in der Leo und meine Ma schon zu Gange waren. Wie immer schnappte ich mir meine Lunchtüte und einen Apfel und schon fiel unsere Haustür hinter mir ins Schloss. Am Ende der gepflasterten Auffahrt wartete auch schon Felix auf mich und mir fiel siedend heiß auf, dass ich mir noch keinerlei Gedanken darüber gemacht hatte, was ich ihm erzählen wollte. Jetzt, da es mit Nina konkret geworden war, musste ich mir dreimal überlegen, ob ich mich weiter mit Felix austauschen wollte. Zumal er eh dagegen war. Zugegebenermaßen aus nicht ganz unberechtigten Gründen. Andererseits hatte er diese Entwicklung ganz genau so kommen sehen, weshalb ich ihm dieses ich hab's doch gewusst gerne gönnen wollte. Highfive. “Hey, Süße! Was geht ab?” Wieso strahlte eigentlich jedem in meinem näheren Umfeld morgens immer schon so die Sonne aus dem Allerwertesten? Murrend setzte ich mich in Bewegung. Felix konnte sich getrost zu meiner Ma und Leo einreihen. Die hatten in der Früh auch jeden verdammten Tag so ekelhaft gute Laune. “Morgen, Feli. Müde, also wäre es nice, wenn du deine Aufgedrehtheit mal ein Müh runterschraubst.” Er kicherte glucksend und war offensichtlich der Meinung, dass das in keinster Weise nett wäre, denn er fuhr in derselben Tonlage und Lautstärke fort; “Danke, meine liebste Ash. Mir geht es auch fabelhaft. Was hast du gestern nach Schluss eigentlich getrieben? Du bist ja abgehauen, wie von der scheiß Tarantel gestochen!” Moment der Entscheidung und so wenig Zeit zum Überlegen. Ach Fuck, was soll's? Felix war in kurzer Zeit zu einem besseren Freund geworden als alle anderen vor ihm - mit Ausnahme von Nadine natürlich.“War ich auch irgendwie. Weißt du, ich musste mit Nina sprechen.” Ich machte eine Pause, denn ich wusste, dass Felix Platz für einen tiefen Seufzer brauchte. “Echt jetzt?”, fragte er anschließend. Ich antwortete nicht. Die Frage führte zu nichts, also seufzte er ein weiteres Mal und fragte dann ruhiger: “Und? Habt ihr gesprochen?” Ich nickte sachte und er schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln, das mich in meinem Vorhaben bestätigte. Wenn nicht Felix, wem sollte ich dann davon erzählen? “Erzähl. Mir. Alles.” Ich atmete noch einmal tief durch. “Ich hab mich einfach an ihr Auto gestellt und gewartet.” Felix schlug sich die Hand vor die Stirn und grummelte nur: “Alter, Ash. Du Stalkerin!” Davon ließ ich mich nun aber nicht weiter beirren. Ich fühlte mich in dem Moment ja selbst genau so. “Als sie dann kam, hab’ ich mich direkt angefangen zu überschlagen und ihr voll vor die Füße geknallt, dass ich mit Jenna geschlafen habe und mich entschuldigt und so.” Er zog scharf die Luft ein, wollte etwas sagen, doch ich ließ ihn dieses Mal nicht. “Und dann hat sie mir eine geschossen.” Jetzt durfte er. “Eh, was?! ‘Ne Ohrfeige?”, fragte er völlig ungläubig. Ich versuchte ihm während der restlichen Erzählung zu erklären, was die Ohrfeigen, Ninas ganze Art und auch die Erkenntnisse vom Recherchieren der vergangenen Nacht in mir auslösten und er nickte jedes Mal bedächtig und verständnisvoll, bis der Satz kam, auf den ich gewartet hatte. “Ich wusste es. Die Klee ist voll ein weiblicher Christian Grey.” Gott, dieser Vergleich ging mir schon jetzt auf die Nerven. Vor allem, da ich ihn selbst so oft in Gedanken nutzte. Aber es war nunmal der einzige, den ich hatte. “Und? 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