Lieben verboten! von Dolette ================================================================================ Kapitel 15: ------------ Ich wog meine Antwort genau ab und Nina ließ mich. Das war gar nicht so leicht zu beantworten, vor allem da ich bezweifelte, dass ein Mensch, ganz gleich wie gut er war, wirklich komplett selbstlos handeln konnte. Und dementsprechend fiel meine Antwort dann auch aus. "Ich denke, dass ein anderer Mensch einem wichtiger sein kann als man selbst, ja. Aber wenn ich jemandem so sehr gefallen möchte, dass ich alles tue was er sagt, dann ist das nicht selbstlos." Sie zog interessiert eine Augenbraue hoch, was mich ermutigte weiter zu reden. "Ich denke, wenn ich jemandem so sehr gehorche, und wenn es noch so sehr den Anschein macht, dass es selbstlos ist, dann steht doch der egoistische Gedanke dahinter, dass ich von diesem Menschen eben gemocht werden möchte. Wobei ich nicht denke, dass das etwas Schlechtes ist. Man würde sich nur etwas vormachen. Selbst wenn ich einer alten Omi über die Straße helfe, tue ich das aus dem egoistische Impuls heraus, dass ich mich danach gut fühle, weil ich etwas Gutes getan habe." Ich atmete gedehnt aus, Nina nickte bedächtig. "Du hast recht, Ashley. Alles was wir tun, ist mehr oder weniger egoistischen Motiven geschuldet. Und jemandem gefallen zu wollen ist vielleicht in Wahrheit der egoistischste Antrieb dem man überhaupt folgen kann. Aber anders betrachtet, ist es doch ein schöner Gedanke, dass ich jemandem so viel mit einer noch so kleinen Geste der Zuneigung geben kann, dass er bereit wäre alles für mich zu tun, denkst du nicht?" Auf unerklärliche Weise fesselte mich das Thema und gleichermaßen fragte ich mich, ob Nina wusste, wie sehr ich ihr bereits gefallen wollte. Wie wenig theoretisch diese Worte schon für mich geworden waren. Diese Erkenntnis ließ mich schlucken. Es war mir klar gewesen und doch wollte ich es nicht wahrhaben. Was war diese Frau im Stande in mir auszulösen? Würde ich alles für sie tun wollen, für eine kleine Geste der Zuneigung? Ja... Nein! Wir sprachen theoretisch. Und auch, wenn ich spürte, wie etwas Greifbares zwischen uns entstand, war sie noch immer meine Lehrerin. Die tiefere Bedeutung, die ich dem Thema zuschrieb, entsprang ganz allein meinem verwirrten Geist. Teenager Hormone. Überraschend entfachte sexuelle Begierden gepaart mit der Art und Weise, wie sie mir gegenüber trat. Die lasziven Blicke, das Flirten, die Tatsache, dass sie mir das Gefühl gab, für mich da sein zu wollen. All das zusammen machte mich zu einem folgsamen Kind, das sich nichts sehnlicher wünschte als, auf Katzengröße geschrumpft, in ihrem Schoß zu liegen und die Geborgenheit zu spüren, die sie ausstrahlen konnte. Ich fühlte mich so klein in ihrer riesigen Präsenz und ich genoss es. Dass ich keine Geheimnisse haben brauchte, da diese Frau mir scheinbar ja doch jede Gefühlsregung ablesen konnte. Es war befreiend und mir war einfach nicht klar warum. Oder warum gerade sie dieses Gefühl in mir auslösen konnte. Ein leises Lachen riss mich aus meinem inneren Monolog und ich starrte Nina eine Weile an, ohne die Gegenwehr, die sonst immer versuchte mich davon abzuhalten. Stattdessen sprach ich wieder. "Ich glaube, dass so etwas eine tiefe Verbindung zwischen zwei Menschen aufbauen kann, viel tiefer als in anderen Beziehungen, aber man trägt auch eine große Verantwortung, oder? Also der, dem Gehorsam entgegengebracht wird." Ihr Blick wurde glasig, irgendwie verträumt. "Die Verantwortung wäre wirklich eine gewaltige Belastung, der man gewachsen sein muss und du siehst, dass solch eine Verbindung zwei ganz besondere Menschen erfordert, die so perfekt ineinander greifen, Ashley." Sie sah durch mich hindurch und ich fragte mich, ob es einen Menschen gab an den sie bei dem Thema dachte. Jemand dem sie sich auf diese Weise hingab. Oder jemand der sich ihr auf diese Weise unterordnete, einzig um ihr zu gefallen? Ich wollte ihr in diesem Moment so sehr gefallen. "Jemanden zu haben, dem man auf diese Weise gefallen will, muss toll sein", sprach ich meine Gedanken einfach laut aus, wohlwissend, dass Nina sie mir sowieso ansah. Ihr Blick stellte sich scharf und sie fixierte mich. "Ist das so? Meinst du es ist so leicht nach den Regeln eines anderen zu leben? Wie oft bist du schon bei rot über eine Ampel gegangen? Wie oft hast du Restmüll in die gelbe Tonne geworfen?" Ich schluckte. Sie hatte einen Punkt und ich verstand, dass sie auf Frage vier hinaus wollte. Welche Maßnahmen sollte man gegenüber schwererziehbaren Jugendlichen ergreifen? Sie sah die Erkenntnis auf meiner Miene und sprach darum weiter: "Wie sollte ich also jemanden bestrafen, der mir Gehorsam geschworen hat?" Alles was ich aufgeschrieben hatte um diese Frage zu beantworten rauschte durch mein Gehirn und nichts davon erschien mir ausreichend. Wie konnte ich einen Fehler vor jemandem sühnen, dem ich mich freiwillig untergeordnet hatte? Wie konnte es genug sein, mein Handy eine Woche wegzulegen, oder zu Hause zu bleiben? Das Bild eines Priesters erschien vor meinem geistigen Auge. Das einzige was mir vergleichbar erschien. Wie taten gläubige Menschen Buße, wenn sie gegen die Gebote ihres Gottes verstoßen hatten? Wir, meine Familie und ich, waren Atheisten, weshalb ich nicht viel Ahnung davon hatte, aber natürlich wusste ich, dass sie beichteten. Aber dieses Bild von dem Priester, das sich in meinen Kopf brannte, veränderte sich und er hielt eine Peitsche in der Hand um sich selbst damit zu schlagen. Läuterung. War das die Antwort? Schmerzen ertragen, damit man bewies, dass es einem leid tat? Der Gedanke erschien mir zunächst zu extrem, weshalb ich den Harmloseren für eine Antwort wählte. Zum Glück hatte Nina mir großzügig Zeit gelassen und geduldig gewartet, damit ich meine Gedanken sortieren konnte. "Erstmal sollte man beichten, wenn man irgendeinen Mist gebaut hat." Ich sprach so fremdgesteuert, obwohl ich doch meine Gedanken aussprach, dass ich das Gefühl hatte ich würde direkt aus meinem Innersten heraus sprechen. Ohne Filter. Nina nickte und lächelte mich sanft an. Sie sah zufrieden aus und das machte mich glücklich. Ob ich ihr gefiel? "Beichten vermittelt vertrauen. Das Vertrauen sich in die Gnade des anderen zu begeben. Aber stell dir vor, du hättest eben solchen Mist gebaut. Wäre dir die Beichte als Wiedergutmachung genug? Davon ausgehend, dass deine Unterwerfung freiwilliger Natur ist. Wenn du ganz ehrlich bist? Dir selbst gegenüber. Vielleicht würde dir durch die Beichte verziehen, aber könntest du dir auch selbst verzeihen?" Ich brauchte komischerweise nicht überlegen und schüttelte einfach zaghaft mit dem Kopf. "Nein", sprach Nina meine stumme Antwort aus. "Du würdest etwas tun wollen, richtig? Oder etwas ertragen." Das Wort ertragen löste etwas in mir aus und schickte einen Schauer meine Wirbelsäule hinauf. In meinen Gedanken traf die Peitsche auf blanke Haut und aus dem Priester war ich selbst geworden. Ich schlug mich selbst und spürte zwar keinen Schmerz (wie auch?), aber eine innere Ruhe. Genugtuung. Ausgeglichenheit. Geistesabwesend wiederholte ich das Wort ertragen laut und Ninas Augen wurden eine Nuance dunkler. Sie sah mich wie gebannt an. Abwartend. Erwartend. "Schmerzen ertragen", vollendete ich endlich meinen Gedankengang und war überrascht wie wenig Überwindung es mich gekostet hatte, dies auszusprechen. Ich beobachtete wie die Anspannung aus Ninas Gesicht fiel und wie sie sich ausatmend auf dem Stuhl zurücklehnte. Sie brauchte etwas um die kindliche Freude die auf ihrer Miene abzulesen war, wegzuwischen und wieder neutral zu wirken, doch ich hatte es genau gesehen. Dieser dunkle Glanz in ihren Augen. Was ging bei dem Thema denn bitte in ihrem Kopf vor? "Interessant", sagte sie nur und ignorierte meinen irritierten Gesichtsausdruck. Sie schwang mit einer eleganten Bewegung ihr Handgelenk vor ihr Gesicht und betrachtete das innenliegende Ziffernblatt ihrer Uhr. "Wir müssen rüber, sonst kommen wir noch zu spät. Carsten kommt mit Absicht immer als letzter, weil er es hasst, wenn wir zu spät kommen", erklärte sie lachend, doch ich hörte nur halb hin. Hing dem Gespräch nach, während wir aufstanden und Nina am Tresen unseren Kaffee bezahlte. Auf dem kurzen Weg zur Sporthalle, vorbei an ihrem Cabrio, redeten wir kein Wort und ich war froh, meine Gedanken nochmal überschlagen zu können, auch wenn nichts anderes dabei rumkam, als vorher. Der Gedanke, mich jemandem unterzuordnen, ihm so sehr gefallen zu wollen, dass ich sogar Schmerzen für ihn ertrug, faszinierte und erschreckte mich gleichermaßen. Erst unser Eintreffen bei unseren Teamkameradinnen wischte diese Gedanken fort, denn ich wurde mit einer stürmischen Umarmung von unserem Kapitän begrüßt. Dazu kribbelte ein Kuss von Jenna heiß auf meiner Wange und ich musterte die Blondine ausgiebig. Mein Herz revidierte das wohlige Kribbeln mit einem verhaltenen Sprung. Jenna hatte noch keine Sportklamotten an, wie es letzten Freitag der Fall gewesen war und stand vor mir in einem luftigen, weißen Sommerkleid, dass ihre wunderschönen, langen Beine betonte. Ihr Haar fiel offen und glatt auf ihre Schultern und ließ ihr Gesicht schmaler wirken. Auf ihrer Nase saß eine dunkelblau gerahmte Sekretärinnenbrille, über deren Rand sie mich musterte. Die Brille machte sie sexy, anders war es nicht zu beschreiben. "Schön, dass du da bist, Ash! Hast du die Formulare dabei?", überfuhr sie mich ohne Umschweife, was mich nervös lachen ließ. "Eh, klar!" Sie grinste freudestrahlend und holte sich ein Highfive von Nina ab. "Na, El Niño? Hast deinen Vorsprung weiter ausgebaut, mh?" Nina grinste gewinnend und meine Nervosität stieg. Was hatten die beiden denn da nur am Laufen? Die Anderen begrüßten mich derweil und Merle stöhnte genervt. Ich ignorierte das und versuchte stattdessen mitzubekommen, was Nina und Jenna besprachen. "Ich weiß nicht wovon du sprichst! Ashley musste nachsitzen und danach haben wir einen Kaffee zusammen getrunken." Ninas Grinsen strafte ihre Worte Lügen und Jenna wusste das auch ganz genau. "Pah, ich brauche solche Spielchen hintenrum nicht. Mein Charme kriegt das schon ganz alleine hin!!", erwiderte unser deutlich größerer Kapitän selbstbewusst. Nina hob abwehrend die Hände. "Das hat doch auch keiner behauptet!" Mit langen Schritten kam Jenna auf mich zu, legte ihren Arm um meine Schulter und führte mich einige Meter weg von unseren Mitspielerinnen. Über die Schulter hatte ich Nina einen Blick zugeworfen, der rückblickend etwas in sich getragen hatte, das wie die Bitte um eine Erlaubnis ausgesehen hatte und Nina hatte mir auch ein aufmunterndes Lächeln zurückgesandt. Dieses Lächeln war der Grund gewesen, warum ich keine Anstalten gemacht hatte, mich gegen Jennas Berührung oder ihre Entführung zu wehren. In meinem Rücken spürte ich, auch als wir schon einigen Abstand zwischen die anderen Frauen und uns gebracht hatten, noch immer den Blick aus Ninas dunklen Augen. Und obwohl sie sich in mein Rückgrat zu bohren schienen, hatte der Blick etwas Beruhigendes, etwas Bestätigendes und vor allem etwas Beschützendes. Der Griff um meine Schulter nahm einen Augenblick lang an Intensität zu und presste mich eng an Jennas muskulösen Körper. Ihr Geruch drang mir in die Nase, salzig, wild und urtümlich. Er erinnerte mich an das Meer in Kalifornien. Ich liebte das nasse Element in jeder seiner Formen. Ob aus der Dusche, regnend vom Himmel oder tosend im Meer und so hatte dieser Duft, der von Jenna ausging, etwas von nach Hause kommen. Ich lehnte mich sogar in ihre Umarmung, bevor mir klar wurde, wie komisch diese Situation war. Immerhin kannten wir uns kaum und die Umarmung fühlte sich für diesen kurzen Augenblick vertraut und intim an. Ich schielte hoch zu meinem Kapitän, die seicht vor sich hin lächelnd, ihr Kinn auf meinem Kopf abstützte. Jenna strahlte etwas so Nettes und Ehrliches aus. Sie gab mir das Gefühl, einfach alles sagen zu können, durch ihre freundliche Aura. Sie nahm mir die Angst vor Zurückweisung und davor, Fehler zu machen. Das sanfte Lächeln, das ihre rosa Lippen zierte, bestärkte dieses irrationale Gefühl nur weiter. "Was soll das eigentlich mit euch beiden, Jenna?", fragte ich direkt und vor allem, ohne wirklich darüber nachzudenken. Tatsächlich öffnete die Angesprochene etwas verwundert die Augen und grinste zu mir runter. Vielsagend. Zog eine schmale, braun nachgezogene Augenbraue hoch über den Rand ihrer Sekretärinnenbrille. Die Geste stand Jenna, nahm ihr die fast langweilige Freundlichkeit und der freche Glanz in ihren hellblauen Augen nahm mich in Beschlag. Okay, es war einfach sexy. "Das, liebe Ashley, erkläre ich dir gern bei einem Abendessen. Sagen wir morgen um sieben?" Ein wohliger Schauer überzog meinen Körper, den ihre Finger auslösten, die federleicht über meinen Oberarm tänzelten, während sie sprach. Ich schluckte die Erregung, die er verursachte herunter und nickte benommen. "Klar", antwortete ich und ließ ihr Grinsen breiter werden. "Schön, dann haben wir morgen ein Date!", sagte sie laut und ich wusste, dass es mehr für Ninas Ohren als die meinen bestimmt war, doch das war mir egal. Zurück bei den anderen Frauen stieß gerade Carsten zu uns, der mich ebenso zielstrebig ansteuerte, wie es zuvor Jenna getan hatte. Freudestrahlend nahm er die Anmeldung entgegen, die ich ihm überreichte und dirigierte uns zu den Umkleiden. Eine ausgelassene Hochstimmung begleitete das Team und mich während des Trainings und ich ließ mich in meinem Sport fallen. Neben Elsa fuhr ich zu Glanzleistungen auf und blockte einige von Jennas harten Schmetterbällen, die meine Hände brennen ließen, mit Bravur. Nach dem Training fühlte ich mich angenehm ausgelaugt, genau so, wie es sein sollte und begleitete die anderen Frauen in die Umkleidekabine. Erst als sie anfingen sich zu entkleiden und die Schutzblase, die mein Sport um mich gelegt hatte, sich langsam auflöste, wurde mir klar, dass mich die Nacktheit zwischen und ausgehend von den Frauen noch immer überforderte, ganz genau so, wie am Freitag. Ich bummelte also so gut es ging und hielt meinen Blick auf dem Boden, bis die meisten Frauen in der Dusche verschwunden waren. Leise seufzend steckte ich mein Handy zurück in meine Tasche, als sich eine in ein oranges Handtuch gehüllte Frau neben mich auf die Holzbank setzte. Der fruchtige Geruch von Pfirsich, gepaart mit dem, den der Sport zwangsläufig hinterließ stieg mir in die Nase und ich wusste, dass es Nina war. "Soll ich dir beim Ausziehen wieder helfen?" Ich sah entsetzt in das dunkle Schokoladenbraun und fühlte die Hitze, die sich augenblicklich auf meinen Wangen ausbreitete. Die Herzschläge vergingen. Ich starrte schon wieder. Nina lachte sanft und es beruhigte mich ein wenig. "Zieh dich aus", befahl sie ebenso sanft, aber die Autorität, die in ihrer Stimme mitschwang beeinflusste mich viel mehr. Ich benahm mich albern. Natürlich war mir das immer klar, sobald meine unlogischen Ängste die Überhand nehmen wollten und irgendwie wollte ich mir diese Blöße gerade nicht geben. Ich wollte nicht wieder so schwach vor Nina sein. So würde ich ihr sicher nicht gefallen. Der Gedanke verdrängte die Angst und ich begann mich zu entkleiden. Sie hatte sich währenddessen ihrer Sporttasche zugewandt, um nach ihrem Duschgel und Shampoo zu kramen, wie ich dann sah, als sie die beiden Plastikflaschen heraus zog. Ich war gerade in mein grünes Handtuch gewickelt, als sie sich zu mir drehte und anerkennend nickte. Schnell holte ich mein Waschzeug hervor und atmete einmal tief ein und aus. Auf meine Tasche starrend verharrte ich noch eine Weile so, bis sich eine Hand auf meine nackte Schulter legte. Die Berührung ließ mich erschrocken herumfahren, sie schien glühenden heiß, doch Nina lächelte nur wissend und ließ Geborgenheit in mir aufsteigen. "Na komm, Kleines. Ich bin ja bei dir." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)