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Lieben verboten!

von

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Den restlichen Sonntag gammelte ich in meinem Bett herum und schaute YouTube, ohne wirklich aufzupassen, weshalb ich nach kurzer Zeit nur noch Musik hörte. Die Hausaufgaben schaffte ich gerade so zwischen zu schieben. Es mangelte mir an Motivation für alles. Meine Familie sah ich auch erst zum Abendessen und machte danach mit meiner eintönigen Zeittodschlagmaßnahme weiter. Die Nachricht von Nadine, die dafür verantwortlich war, dass Felix Einblick in meinen geistigen Zustand und die Verbindung zu Nina bekommen hatte, hatte ich vollkommen vergessen. Und auch das Eintreffen von Felix Nachricht gegen zehn Uhr abends, in der er mir von seinem Treffen mit Raphael erzählte, änderte daran nichts mehr. Seine Nachricht platzte schier vor lauter Emojis. Es war gut gelaufen, er würde mir morgen genauer berichten, war total KO und würde nun schlafen gehen. Ich antwortete nicht, obwohl ich noch die halbe Nacht wach lag und nicht schlafen konnte.
 

Darum war ich am nächsten Morgen auch total gerädert, als mein Wecker mich aus den paar Stunden Schlaf riss, die ich noch bekommen hatte, aber es half nichts. Ich folgte meinen morgendlichen Riten und traf vor unserer Auffahrt auf Felix, der mir erst mal lang und breit von seiner Fotosession mit Raphael berichtete. Der junge Fotograf schien wirklich angetan von ihm gewesen zu sein. Felix hatte alle Outfits benutzt und sich auch in Bademode fotografieren lassen. Danach hatte Raphael noch für sie beide gekocht und abschließend gefragt, ob sie sich bald auch mal ohne ein Objektiv zwischen einander treffen könnten.
 

Felix fragte mich auch, ob es Neuigkeiten von Nina gab und ich verneinte einfach. Was ja auch wahrheitsgemäß war, nur wollte ich auch nicht so wirklich darüber reden. Alles was mit ihr zutun hatte verwirrte mich eh mehr als alles andere und ich befürchtete, dass eine weitere Meinung mich nur noch mehr durcheinanderbringen würde. Empathisch wie Felix war, beließ er es dabei und wir unterhielten uns weiter über Raphael.

Im ersten Block, in Deutsch, war Nina definitiv Frau Klee. Mit herablassender Gleichmut zog sie ihren Unterricht durch. Ich bekam nicht mal ein Zwinkern oder eine hochgezogene Augenbraue.
 

Zugegeben, ich wollte mir auch keine Blöße geben und arbeitete konzentriert mit. Irgendwie fand ich es ein wenig amüsant, dass ich derlei Reaktionen offenbar nur mit Fehlverhalten hervorrufen konnte. Aber nur, weil Frau Klee mir kaum ihre Aufmerksamkeit schenkte, hieß es nicht, dass sie nicht sie selbst gewesen wäre. Mit scharfen, sarkastischen Kommentaren brachte sie Barbie, alias J-C, alias Jaqueline-Chantal, in der letzten Reihe ein ums andere Mal zum Verstummen, bevor einer ihrer Fanboys auch nur daran denken konnte zu lachen. Vor allem auf Daniela neben mir hatte sie es besonders abgesehen. Des Öfteren war ich der Meinung, dass ihre bösen Blicke mir galten, aber sie durchbohrten in Wahrheit meine Sitznachbarin.
 

Es war wirklich auffällig, wobei man fairerweise sagen musste, dass ich vermutlich ein besonderes Augenmerk auf meine Lehrerin warf. Daniela ihrerseits schien alles vollkommen kalt zu lassen und ich beneidete sie so dermaßen dafür.

"Gib mal 'n Zettel, please", flüsterte mir meine Tischnachbarin zu, ohne den Schirm ihres neonorangen Cappies zu heben. Ich dachte nicht weiter darüber nach und riss einen Zettel aus meinem Collageblock, um ihn ihr rüber zu schieben. Geräuschvoll klatschte ihre Hand flach aufs Papier und sie wollte gerade den Zettel zu sich ziehen, als Frau Klee sich vor unserem Tisch aufgebaute und nun tatsächlich zu mir runterfunkelte.
 

Ihre braunen Augen waren so düster, dass ich das Gefühl hatte, es würde unendlich weit in ihnen weitergehen. Und sie starrte eiskalt auf mich herab. Kein verspielter Funke, kein Zwinkern, kein Kopfschütteln. Es ließ mich schlucken und ich nahm langsam meine Hand von dem Zettel, den Daniela nun zu sich zog.

"Gib Ashley den Zettel zurück, Danni!", befahl sie, ohne meine Sitznachbarin anzuschauen. Ihr Blick ruhte auf mir und ließ einen Schauer meine Wirbelsäule hoch krabbeln, der wie kleine Stecknadeln beinah schmerzhaft in meine Haut stach. Daniela schob den Zettel zurück ohne aufzusehen. Das Gesicht unter dem Cappy versteckt.
 

"Ich möchte nicht, dass du Danielas Faulheit auch noch unterstützt. Wenn sie meint ihr Arbeitsmaterial nicht mit zur Schule bringen zu müssen, ist das ihr Problem, verstanden Ashley?" Obwohl ihre Stimme noch immer befehlend und emotionslos war, löste es wieder etwas in mir aus, dass sie mich beim Namen nannte. Es fühlte sich intim an. Ich war ihr plötzlich wieder nah. Am liebsten hätte ich meine Hand auf ihre gelegt, die sie währenddessen auf unseren Tisch gelegt hatte, um sich zu uns zu beugen. Ich nickte zaghaft, um ihr zu deuten, dass ich sie verstanden hatte, doch sie verharrte an Ort und Stelle und starrte weiter auf mich herab.
 

Ihre Augenbraue zuckte, doch sie unterdrücke wohl den Impuls. Dennoch reichte es, dass mir siedend heiß ins Unterbewusstsein schoss, worauf sie wartete und so sprach ich, bevor ich darüber nachdenken konnte.

"Verstanden, Frau Klee!" Meine Statur hatte sich dabei automatisch etwas gestrafft, als wären wir beim Militär und ich fühlte einen, mir unerklärlichen Zwang, mich ihr gegenüber so unterwürfig wie möglich zu verhalten. Nachdem sie kaum merklich genickt und sich vom Tisch gestoßen hatte, senkte ich sofort meinen Blick und konzentrierte mich wieder auf unsere Aufgabe.
 

"Gib mir den scheiß Zettel wieder!", zischte Daniela, sobald Frau Klee sich etwas entfernt hatte. Ohne sie anzuschauen flüsterte ich ein "Nein" zurück. Ich wollte den Unmut meiner Lehrerin wirklich nicht auf mich ziehen. Es war nicht direkt Angst, aber ich wollte ihr einfach in keiner Hinsicht missfallen und irgendwas in mir sagte, dass ich dafür lediglich machen müsste was sie verlangte. Daniela murmelte etwas Unverständliches und zog ihn einfach unter meiner Hand weg.

"Hey!" Sie ließ sich nicht beirren.

"Ist doch nur 'n Zettel!"

"Aber..." Weiter kam ich nicht.
 

"Jetzt reicht's! Ihr bleibt beide morgen nach der achten Stunde hier. Nachsitzen!"
 

Was? Nein! Morgen ist Dienstag. Zwischen Schule und Training hatte ich eh kaum Zeit, das wusste sie ganz genau. Warum ausgerechnet morgen? Ich wollte gerade anfangen zu argumentieren, dass mir der Zettel doch einfach entwendet worden sei, jedoch unterbrach mich meine Tischnachbarin.

"Boah, Alter." Daniela hatte ihren Kopf erhoben und zeigte mir mit ihren ausdrucksstarken, grünen Augen ein genervtes Augenrollen. Frau Klee war währenddessen von der hintersten Reihe wieder zu uns nach vorne gekommen. Ich spürte ihre Nähe hinter mir. Sie hielt sich an meinem Stuhl fest. Mein Herz setzte einen Schlag aus.
 

"Wie war das?" Ich bezweifelte, dass ihre Stimme noch mehr Verachtung und Kälte ausstrahlen konnte, aber der leise Hauch von Wut gab ihr etwas so Bedrohliches mit, dass ich mich wieder unterbewusst auf meinem Stuhl aufrichtete und versteifte. Daniela warf nur lässig ihren Kopf in den Nacken und schaute über ihre Schulter hoch zu unserer Lehrerin.

"Was'n? Soll ich mich freuen oder was?" Ich hörte wie sich Frau Klees Fingernägel in die Lehne meines Stuhls bohrten und sah aus dem Augenwinkel, wie sie sich zu meiner Sitznachbarin herunterbeugte, bis ihre vollen Lippen nah dem Ohr Danielas waren.
 

"Eigentlich hatte ich mir das genau so gedacht", sagte Frau Klee so leise, dass nur Daniela es hätte hören sollen, ich verstand es dennoch.

"Doch nicht wenn die da ist." Meine Tischnachbarin träumte an mir vorbei und doch wusste ich genau, dass sie mich mit die gemeint hatte. Ich sah Frau Klees Schmunzeln, bevor sie sich zurückzog und aufrecht hinstellte.

"Du wirst nicht anfangen meine Entscheidungsgewalt in Frage zu stellen, Danni." Die Angesprochene entließ geräuschvoll die Luft aus ihren Lungen.
 

"Ja, Frau Klee." Das Zähneknirschen war deutlich herauszuhören, trotzdem drehte Frau Klee sich von uns weg und schenkte wieder anderen Schülern ihre Aufmerksamkeit. Ich starrte noch immer Daniela an und fragte mich was ich da gerade gehört hatte. Meine Lehrerin klang als wäre Nachsitzen ein Vergnügen, für das Daniela dankbar sein müsste und diese wollte es ganz offensichtlich nicht mit mir teilen. Unzählige Fragen lagen mir auf der Zunge, doch ich wagte es nicht, auch nur eine davon auszusprechen. Zu groß war die Angst, Frau Klee mit weiterem Fehlverhalten zu missfallen.
 

Nach dem Unterricht war Daniela dann als erste in die Pause geflüchtet und beraubte mich so einer anderen Gelegenheit sie zu fragen, was es mit dem Nachsitzen auf sich hatte, dass sie und Frau Klee auf diese Weise darüber tuschelten.

Dass ich Nina selbst hätte fragen können kam mir erst im späteren Verlauf des Tages in den Sinn und ich hatte tatsächlich überlegt ihr zu schreiben. Ich fand dann aber, dass ich es nicht zu meinem Vorteil nutzen dürfte, dass wir abseits der Schule etwas miteinander zu tun hatten, wobei die Rollenverteilung von Lehrerin und Schülerin nichtig war.
 

Ich seufzte, auf meinem Bett liegend. Am liebsten hätte ich sie gefragt, ob wir das Nachsitzen verschieben könnten. Ich müsste wohl meine große Sporttasche samt genügend zu Trinken mit zum Unterricht nehmen und nach dem Nachsitzen eine Weile in der Schule warten bis das Training anfing. Um 16:30 wäre der fünfte Block zu Ende und um 17:30 würde das Training beginnen. Noch mal nach Hause zu fahren wäre zwar machbar, aber ich verabscheute Stress und das würde definitiv stressig werden. Immerhin betrug die reine Fahrzeit von der Schule nach Hause und wieder zurück schon 40 Minuten. Da wartete ich lieber eine Stunde in der Schule.
 

Nach dem Abendbrot machte ich noch meine Hausaufgaben, legte die ausgefüllten Formulare für den Vereinsbeitritt bereit und schlief früh ein, wofür ich am nächsten Tag mehr als dankbar war. Es würde ein langer Tag werden. Ich kam morgens dann auch richtig gut aus dem Knick und nicht nur mir, sondern auch Felix fiel meine unerklärliche, gute Laune auf. Die Busfahrt zur Schule war, obwohl der Bus überfüllt war wie immer und ich meine volle Sporttasche mit mir rumschleifte, die Angenehmste, die ich bis dahin zu verzeichnen hatte. Mein Unbehagen war auf einem Tief und ich unterhielt mich angeregt mit Felix, ohne die vielen Menschen um uns herum wirklich zu beachten. Es war seltsam...
 

Vielleicht lag es daran, dass heute ein Trainingstag war. Ich freute mich auf die freundlichen Frauen in meiner Mannschaft. Die Art und Weise, wie sie mich in ihrer Mitte aufnahmen tat meinem Selbstwertgefühl womöglich richtig gut und vielleicht fieberte ich weiteren Streicheleinheiten für meine Seele entgegen. Im ersten und zweiten Block hatten wir Naturwissenschaften im Erdgeschoss und hier konnte ich neben Felix sitzen, was meine Laune weiter anhob. So musste ich nicht bei Daniela hocken, deren Ausstrahlung und Art ich nicht durchschauen konnte, was mir automatisch Unbehagen bereitete.
 

In den letzten beiden Blöcken ignorierte mich die Blondine neben mir und auch dafür war ich dankbar. Als wir schließlich die letzte Pause schweigend und allein nebeneinandersaßen und auf Frau Klee warteten, war ich der Meinung, dass nichts meine gute Laune heute trüben konnte. Das Erscheinen von Frau Klee änderte das jedoch schlagartig und es traf mich wie ein Hammerschlag, dass diese Frau so großen Einfluss auf mein Befinden nehmen konnte. Ihr freundliches Outfit, bestehend aus einer luftigen, ärmellosen hellgelben Bluse zu einer hautengen orangefarbenen Jeans, die in braunen Highheels mündete, stand im Kontrast zu der strengen Miene, mit der sie unseren Klassenraum betrat.
 

Das kastanienbraune Haar wehte stoßweise hinter ihren energischen Schritten her, die sie an das Lehrerpult führten, auf das sie knallend ihre schwere Ledertasche schmiss.

"Schön, dass ihr wenigstens den Anstand habt, zum Nachsitzen zu erscheinen", kommentierte sie unsere Anwesenheit herablassend und begann sogleich in ihrer Tasche zu wühlen. Ihre Handgriffe wirkten grob, beinah unbeholfen, womöglich aber auch einfach wütend. War sie wütend auf uns, weil wir uns in ihrem Unterricht nicht benommen hatten? Oder machte ihr etwas anderes zu schaffen?
 

Widererwartend blieb ein spitzer Kommentar seitens Daniela aus. Nicht mal ein genervtes Murmeln ließ sie über ihre Lippen kommen und sie nahm sogar ihr schwarzes Cap ab, um ihre blonde Mähne zu offenbaren, die ihr in sanften Wellen auf die Schultern fiel. Bei dem Anblick fragte ich mich, wie sie es schaffte, die Haare überhaupt in die Kopfbedeckung rein zu stopfen. Danielas gesamte Haltung überraschte mich. Sie schien nicht wie sonst auf Ärger aus zu sein. Im Gegenteil, sie wirkte gerade fast wie eine Streberin. Die Haltung gerade, der Kopf aufrecht, nur die Augen waren zum Tisch gesenkt.
 

Der Duft von Pfirsich entzog ihr schließlich meine Aufmerksamkeit, denn Frau Klee war gerade an uns vorbei Richtung Tür gegangen.

"Steh’ auf, Danni. Du kommst mit mir." Daniela tat ohne Verzögerung wie ihr geheißen und folgte unserer Lehrerin mit gebührendem Abstand aus dem Klassenzimmer.

Ich war irritiert. War das ein Test?

Geistesabwesend starrte ich auf den leeren Platz neben mir. Daniela hatte nicht einmal einen Stift mitgenommen, geschweige denn ihr Cappy. Und auch Frau Klee hatte den Klassenraum mit leeren Händen verlassen. Kopfschüttelnd schaute ich eine kurze Weile auf die Tür, durch die die Beiden soeben verschwunden waren, bis das Vibrieren meines Handys meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Mit einem Zucken der Schultern fischte ich es aus meiner Tasche. So schnell würde meine Lehrerin wohl kaum zurück sein. Überraschung und Verwirrung machten sich in mir breit, als der Vorname meiner Lehrerin aufleuchtete. Die Neugier überwand die Überraschung schnell, dennoch entsperrte ich den Bildschirm wirklich irritiert.
 

Nina:

Du wirst diese 5 Aufgaben ausführlich und handschriftlich bearbeiten.
 

Die Verwirrung in mir wuchs auf ein neues Level, während ich mir die einzelnen Punkte durchlas.
 

1) Definiere Gehorsamkeit.
 

2) Wie unterscheidet sich Gehorsam von Folgsamkeit?
 

3) Wo ist Gehorsam in der Gesellschaft integriert?
 

4) Wie sollte ein Regelverstoß von Jugendlichen gehandhabt werden?
 

5) Wie hat man sich gegenüber einer Person in leitender Position zu verhalten?
 

Ich überflog die Zeilen mehrere Male. Sollte das Einsicht fördern? Ich saß hier völlig zu Unrecht und war mir sicher, dass das Frau Klee auch klar war, aber vielleicht wollte sie ein Exempel an mir statuieren, oder Daniela zeigen, dass ihr Verhalten auch andere runterziehen konnte, wenn es dumm lief. Diese Überlegungen halfen mir allerdings wenig beim Bearbeiten der Aufgaben und so suchte ich in mir nach einer Antwort, zunächst auf die erste Frage.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  z1ck3
2017-10-22T22:06:19+00:00 23.10.2017 00:06
Ehm hier scheint was schief gelaufen zu sein oder ist das Kapitel nur bei mir ganz durcheinander?
Antwort von:  Dolette
23.10.2017 01:13
Ich danke dir! Da ist irgendwas ganz gewaltig schief gelaufen. Ich weiß aber nicht was. Naja, hab's korrigiert.
Danke nochmal. <3
Antwort von:  z1ck3
23.10.2017 21:11
Kein Ding! Ich wusste nicht ob mein Telefon spinnt oder das Kapitel wirklich so durcheinander war. Aber dann ist ja jetzt alles gut.
Interessantes Kapitel, Nina bereitet Ash also langsam vor ähem ähem
Antwort von:  Dolette
24.10.2017 12:43
Ja, jetzt ist es gut. Da ist bei der Formatierung was schief gegangen. Danke nochmal. Hätte ich nicht so schnell bemerkt.

Genau, so sieht es aus. 😊


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