Vampire Kiss von Laito-Sakamaki ================================================================================ Kapitel 61: Es gibt immer einen Weg ----------------------------------- 61. Es gibt immer einen Weg Michiru sah Haruka an und hielt auch nicht lange mit ihrer Frage hinter dem Berg. "Wieso hat ihr Blut sich verändert?" wollte sie direkt wissen, "Wie hast du das hinbekommen?" "Mein Blut hat sich verändert?" warf Amberly neugierig dazwischen, "Und Haruka ist dafür verantwortlich?" Sie sah die Blondine strafend an. "Was hast du jetzt wieder mit mir gemacht?", fuhr sie sie an, "Los, beantworte Michirus Frage!" Wieder musste Haruka lachen und wieder wusste nur sie, warum. "Ok. Wenn es das ist, was ihr zuerst wissen wollt", gab sie sich dennoch geschlagen, "Aber gebt nicht wieder mir die Schuld. Dieses Mal habt ihr dieses Thema angeschnitten. Ich wollte damit eigentlich bis zum Schluß warten." Michiru und Amberly blickten sich kurz fragend an und dann beide zu Haruka. "Wie sag ich es am besten?" fing die an zu reden, "Diese Macht in dir...", sie sah Michiru an, "...die, welche nur erwacht ist, weil wir beide aufrichtige Gefühle füreinander haben..." "Was ist damit?" fragte ihre Geliebte ungeduldig, als Haruka nicht sofort weiter sprach. "Naja...", grinste Haruka unschuldig, "...in Amberly ist sie auch erwacht. Das ist die Veränderung in ihrem Blut, die so deutlich zu schmecken ist." Michiru war sprachlos. Sie starrte ihre Partnerin ungläubig an und brauchte einen Moment, um sich zu fangen. "Was bedeutet das?" fragte Amberly stattdessen, "Ich versteh nicht ganz. Ehrlich gesagt eigentlich nur Bahnhof und Abfahrt." Durch ihre Worte schien Michiru sich gefasst zu haben. Sie ignorierte einfach, dass Amberly eine Frage gestellt hatte wand sich direkt an Haruka. "Wie hast du das gemacht?" fragte sie nachdrücklich, "Das ist doch gar nicht möglich. Selbst dann nicht, wenn sie mich wirklich lieben würde, weil ich dich und nicht sie liebe!" "Womit wir dann wieder bei eurem gemeinsamen Blutrausch sind...", erklärte die Blondine fast behutsam, "...aber ich fang wohl am besten am Anfang an." Ob sie Amberly damit milde stimmen wollte - denn diese warf ihr direkt einen giftigen Blick zu - oder sich wieder irgendwie um die Wahrheit drücken wollte, wussten die beiden Mädchen nicht. So nickten sie zustimmend und lauschten weiter Harukas Worten. "Das bereits in Schottland ihr vampirischer Keim erwacht ist, wissen wir ja alle", begann sie wirklich ganz am Anfang, "Und auch da war schon klar, dass ihr Blut diesselbe Macht in sich trägt wie Michirus. Und das ist der Grund, warum ich sie leben ließ. Weil sie sich in dich verliebt hatte Michi, kam mir der Gedanke, ob es möglich wäre, auch in ihr die Macht ihres Blutes zu aktivieren." "Aber sie liebt mich doch gar nicht", schüttelte Michiru den Kopf, "Mein dauerhafter Einfluss hat sie das nur glauben lassen." "Die Kraft in ihrem Blut ist erwacht - es gibt also keine Zweifel - sie hat starke Gefühle für dich", erwiederte Haruka gelassen, "Ich musste also nur einen Weg finden, die Macht auch zu aktivieren." Sie sah Amberly ein wenig mitleidig an. "Es tut mir leid", klangen ihre Worte sehr ehrlich, "Vielleicht liebst du sie noch nicht, aber verliebt bist du auf jeden Fall in sie." Sofort lief Amberly wieder rot an. "Hätte ich mir eigentlich denken können, dass du das weisst", murmelte sie wenig begeistert, "Schön das Michiru es jetzt auch weiss." Diese empfand das scheinbar kein bißchen als schlimm. "Naja, im Grunde hatte ich ja genau das bezweckt", gab sie zu, "Ich wollte halt wissen, wie Haruka all das empfunden hat, als ich mich damals in sie verliebt habe. Diese Verbundenheit zwischen Mensch und Vampir. Das ich das hin bekomme, hätte ich allerdings nicht gedacht." "Du hast also mit meinen Gefühlen gespielt?" fragte Amberly entrüstet, "Soetwas hätte ich von dir niemals erwartet." Michiru senkte etwas beschämt den Blick und wollte sich gerade entschuldigen, als Haruka ihr zuvor kam. "Sie hat nicht mit deinen Gefühlen gespielt", sagte sie zu Amberly und nicht nur die sah sie erstaunt an, "Zum einen hat der Vampirkeim in dir sie angezogen. Zum anderen hat sie versucht, die Leere die ich hinterlassen hatte, mit dir zu füllen." "Wie...?" rutschte es Amberly heraus und Michiru biss sich gerade noch auf die Zunge. "Ich fürchte mein sicher geglaubtes Vergnügen wird mit jedem meiner Worte unsicherer", seufzte Haruka schuldbewusst und sah Michiru in die Augen, "Auch wenn sie es abstreitet und noch so sehr verleugnet - sie ist mir wahnsinnig ähnlich." Amberly schluckte, als die beiden sie kurz ansahen. "Du entstammst dersselben, alten Blutlinie wie ich", sprach Haruka nun mit ihr, "Dein Vater war die Schöpfung des selben Vampirs, wie auch mein Vater." "Wir sind verwandt?" war Amberly sichtlich geschockt, "Bleibt mir denn wirklich gar nichts erspart?" Die Blondine musste wieder lachen und Michiru fehlten einfach nur die Worte. "Naja, das eher weniger", beruhigte Haruka Amberly, "Unsere Väter waren weder miteinander verwandt, noch kannten sie sich. Deiner hatte außerdem sein menschliches Leben lange nach meinem. Sie hatten eben einen gemeinsamen Schöpfer." "Also ist es das Erbe unserer Väter, was uns so ähnlich macht?" fragte Amberly, "Aber das kann doch nicht der Grund dafür sein, dass die Kraft meines Blutes aktiviert wurde." "Erfreulich, dass du die Ähnlichkeit zwischen uns nicht mehr leugnest", entgegnete Haruka, "Erhöht die Wahrscheinlichkeit deines freien Willens bei deiner Entscheidung und damit für mich die Wahrscheinlichkeit deiner Loyalität." "Ich ahne, worauf du hinaus willst, Ruka", zog Michiru da unerwartet die Aufmerksamkeit auf sich, "Jetzt versteh ich endlich, was da passiert ist. Darum hast du gesagt, es sei allein mein Verdienst..." Haruka wusste, dass Michiru richtig lag und nickte ihr zu. Nur Amberly verstand rein gar nichts und machte ihrem Ärger darüber direkt Luft. "Würdet ihr mich bitte auch einweihen?" forderte sie ungeduldig, "Schließlich geht es hier in erster Linie um mich und mein Blut!Also klärt mich gefälligst auf. Gedanken lesen kann ich nunmal nicht." "Das wirst du aber bald", grinste Haruka, "Ist aber nicht halb so toll, wie man es sich vorstellt, wenn man es nicht kann." "Lenk nicht ab!" stieß Michiru sie an, "Erzähl weiter." "Is ja gut", wehrte Haruka beschwichtigend ab, "Nach über 500 Jahren geht man die Dinge eben etwas gemütlicher an. Grund zur Eile gab es da nie." "Ich versteh schon", winkte Michiru ab, "Natürlich haben wir alle Zeit der Welt, aber du hast uns lange genug an der Nase herum geführt. Es wird Zeit, endlich alles aufzuklären. Wenn Amberlys Entscheidung bestehen bleibt, haben wir danach auch noch alle Zeit der Welt für irgendwelche Spielchen." "Zu Befehl", grinste Haruka, "Dann also wieder zu dir, mein dunkler Engel. Sie ist mir wirklich sehr ähnlich und je deutlicher das wurde, desto mehr fühltest du dich zu ihr hingezogen. Du hast dich einfach wohl gefühlt in ihrer Nähe, weil du den Einfluss meiner Blutlinie gespürt hast." "Trotzdem liebe ich sie nicht", beharrte Michiru, "Wieso also hat der Blutrausch mit mir die Macht in ihrem Blut aktiviert?" "Erinnerst du dich, was du über diesen Rausch zu mir gesagt hast?" fragte Haruka beinahe sanft. "Natürlich", erwiederte Michiru, "Ich hab die meiste Zeit doch sowieso nicht wirklich gewusst, wie mir geschah. Vor allem nicht in den Momenten, in denen ich mir sicher war, mit dir zusammen zu sein..." Harukas Mimik und ihre eigenen Worten schienen sie begreifen zu lassen. "Aber wie...?" brachte sie ungläubig hervor, konnte den Satz jedoch nicht beenden. "Wie das möglich ist?" grinste die blonde Vampirin, "Es gibt immer einen Weg, wenn man nur gründlich genug sucht! Also gibt es für jede Regel auch ein Hintertürchen. So wie mit dem Stück unschuldiger Reinheit die benötigt wird, um einen Vampir zu erwecken. Und das Hintertürchen zur Aktivierung ihres Blutes habe ich halt gefunden. Zugegeben - ich wusste es nicht sicher, aber das Experiment ist geglückt." "Erklärt mir trotzdem nicht, wie du das gemacht hast", zog nun Amberly alle Aufmerksamkeit auf sich, "Dann hat sie halt zwischenzeitlich kurz geglaubt mit dir - und nicht mit mir zusammen zu sein. Was spielt das für eine Rolle? Wieso wurde die Macht aktiv, obwohl Michiru mich nicht liebt? Das ist es, was wir wissen wollen." "Ich habe halt ein wenig getrickst", kam die ehrliche Antwort, "Das du so sehr unter Michirus Bann standest, kam mir zugute. Ich hab quasi ihre eigene Waffe gegen sie benutzt. All die Energie von ihr habe ich noch verstärkt, um dein Verlangen in ein solches Maß zu treiben, dass du dich zwangsläufig irgendwann verlieren musstest. Aber nicht nur Michirus Einflüsse auf dich habe ich verstärkt, sondern auch alles in dir, was Teil deiner vampirischen Seite ist und Michiru beeinflussen konnte... Naja und die Menge meines Blutes, die du bereits getrunken hast, hat sicher auch seinen Teil dazu beigetragen, dass du Michirus Sinne so sehr vernebeln konntest." "So also konnte ich mich derart verlieren...", flüsterte Michiru, "...und glauben, dass du es bist, die bei mir war." "Ich wusste wirklich nicht, ob es ausreicht", gab Haruka zu, "Auch wenn sie gut war - es war eine Täuschung. Und trotzdem hast du ihr genug aufrichtige, tiefe Gefühle entgegen gebracht in den Augenblicken, in denen du dachtest sie sei ich, dass die Macht ihres Blutes aktiv wurde." "Und was bedeutet das jetzt genau?" wollte Amberly wissen, "Bin ich dann so eine Art Supervampir? Mit besonderen Fähigkeiten und so?" "Ja", lachte Haruka, "Und so...! All die Dinge, die Vampire von den Menschen unterscheiden, die sie verraten, schwächen oder sogar töten können...all diese Dinge sind nicht existent für dich. Du kannst dich in die Sonne begeben und geheiligte Dinge haben keinerlei Wirkung auf dich. Du bist stärker und mächtiger, als jeder andere Vampir und da sind noch so viele weitere nützliche Dinge, die dein Blut dir ermöglicht..." "Und nochmal", sagte Amberly betont, "Ich habe eingewilligt. Du musst mir nichts schmackhaft machen." "Das tue ich nicht", lächelte Haruka, "Aber man sollte doch möglichst wissen, auf was man sich einlässt, oder nicht?" "Jetzt stell dich hier aber mal nicht als die nette, großzügige dar", stieß Michiru sie in die Seite, "Du hast da ein ganz schön übles Spiel mit uns getrieben. Mich so an der Nase herum zu führen..." "Auch nicht mehr, als du mich", grinste Haruka. "Ich weiss, ich habs verdient", lächelte Michiru, "Sagen wir unentschieden." Sie hauchte ihrem Gegenüber einen zarten Kuss auf die Lippen. "Jetzt musst du Amberly nur noch erklären, warum du die ganze Zeit deine Spielchen mit ihr gespielt hast", seuselte sie dann grinsend. "Ich sagte doch schon - um sie zu testen", erklärte Haruka, "Ich musste doch absolut sicher gehen, dass sie genau so für dich da ist, wie ich es fordere. Du sollst bei ihr genauso sicher sein, wie du es bei mir bist. Ich musste testen, wie stark sie ist und wie weit sie bereit ist zu gehen, ob sie für dich auch sterben würde, wenn nötig..." Sie sah Amberly an. "Verstehst du? Ich wollte dich weder quälen, noch dich bestrafen. Ich musste dich durch und durch prüfen. Wie sonst könnte ich dir ruhigen Gewissens mein Liebstes anvertrauen?" Amberly entglitt das Gesicht. Harukas Worte waren weich und klangen so unendlich ehrlich, dass sie nicht glauben konnte, dass ausgerechnet das blonde Gift sie ausgesprochen hatte. Doch nicht nur auf Amberly hatten ihre Worte eine solch imense Wirkung, auch Michiru sah ihre Partnerin an, als wäre sie ein kleines Mädchen und Haruka ein Einhorn oder sowas. "Haruka...", hauchte sie, als könne sie ihr Glück kaum fassen, "Du hast alles, was du seit deiner Rückkehr getan hast, ganz allein für mich getan? Ich...ich..." Sie fand keine Worte mehr. Überglücklich sprang sie ihrer Geliebten um den Hals und hielt sich an ihr fest. Haruka legte die Arme um sie und drückte sie an sich. "Du hast meinen Fluch zu einem Segen gemacht", wisperte sie und schloss die Augen, "Dich wieder zu verlieren könnte ich niemals ertragen..." Sie hielten sich einfach nur fest, genossen die Nähe der anderen und vergaßen sogar, dass sie nicht allein waren. »Bitte jetzt nicht knutschen«, dachte Amberly leicht peinlich berührt. Es war ihr unangenehm den beiden gegenüber zu hocken und sie zu beobachten, während sie - außer sich gegenseitig - nichts wahrzunehmen schienen. »Aber es ist schon merkwürdig, die zwei mächtigsten Vampire der Welt so zu sehen«, dachte sie, »Ganz besonders nach diesen sanften Worten...« Obwohl es ihr peinlich war, die beiden zu beobachten, konnte sie widerum auch den Blick nicht abwenden. Die Zwei wirkten wie völlig normale, junge Frauen. Glücklich verliebt, mit rosaroter Brille und unendlich zufrieden durch die Nähe der anderen. Nicht die winzigste Kleinigkeit hätte sie als die blutrünstigen Dämonen verraten, welche sie in Wirklichkeit waren. »Auch manche Raubtiere können zahm werden«, ging es Amberly durch den Kopf. Sie dachte an Menschen, die mit Löwen kuschelten, Wölfe die wie Hunde bei Menschen lebten und solche Sachen. All das gab es. Aber konnte es auch bei Vampiren so sein? Die waren im Grunde auch Raubtiere. Amberlys Gedanken standen nicht mehr still und hielten sie so gefangen, dass sie ihren Blick für Haruka und Michiru verlor. Da diese auch noch immer keine Anstalten machten, sich los zu lassen oder auch nur die Augen zu öffnen, zog das Mädchen es vor, sich in den Pool zurück zu ziehen und den beiden etwas Zeit zu geben. Sie würden sich bemerkbar machen, wenn es weiter gehen sollte. Selbst als sie aufstand und Richtung Pool ging, nahmen die Zwei sie gar nicht wahr. Langsam ließ sie sich ins Wasser gleiten und fing an, ein paar Bahnen zu schwimmen. Sie fragte sich, ob Vampire wirklich genau wie Raubtiere waren. So zärtlich und liebevoll wie Michiru, alsauch Haruka sich gerade präsentiert hatten, schien es so zu sein. Doch blieben Raubtiere nicht immer auch Raubtiere - egal wie zahm sie waren? Eine Restgefahr bestand immer und oft genug griffen gezähmte Raubtiere, nach Jahren ohne Zwischenfälle, dann doch ihren Besitzer an. Sie hielt inne und sah zu den beiden zurück. Mit ihrem, wieder menschlichen, Blick sah es so aus, als würden sie sich noch immer im Arm halten. »Das kann scheinbar dauern«, dachte Amberly und schwamm weiter. Sie dachte daran, wie sie aufgewachsen war. Zwischen Werwölfen und ausgemusterten Dämonenjägern hatte sie ihre Kindheit und Jugend verbracht. War von je her mit Dingen konfrontiert gewesen, von denen man in den modernen Großstädten nicht einmal ahnte, dass es sie gab. Sie wusste, dass Dämonen existierten und auf welche Weise welche Dämonen eine Gefahr waren. Sie hatte gelernt, dass alle Werwölfe auch ein ganz normales, menschliches Leben führten und das einige sogar so menschlich lebten, dass sie nur Tiere frassen. Aber Vampire, die nicht nur das Blut eines Menschen begehrten, sondern auch diesen Menschen selbst - davon hatte sie noch nie etwas gehört. Vampire waren Killer. Immer und zu jeder Zeit. Es gab bei ihnen keine Phase, in der sie weniger gefährlich, geschweigedenn harmlos waren, so wie zum Beispiel die Wölfe. Einige Dämonen scheuten das Licht, brauchten die Finsternis, um existieren zu können. Wieder andere waren gebunden an Orte oder Gegebenheiten. Alle hatten sie eine Archillisferse. Eine Zeit oder einen Zustand, in welchem man sich gefahrlos in ihrem Revier bewegen konnte. Nur die Vampire waren immer gefährlich. Vor ihnen war man nur im Sonnenlicht sicher oder auf heiligem Boden, aber selbst das zählte für Haruka und Michiru auch nicht mehr. Sie waren die perfekten Raubtiere ohne jede Archillisferse. »Will ich wirklich ein genau solches Raubtier sein?« fragte sie sich, »Werwölfe können sich auch von Tieren ernähren, aber Vampire werden schwächer, wenn sie sich dauerhaft von Tierblut ernähren. Nur menschliches Blut erhält ihre volle Macht...« Sie war sich so sicher gewesen. Jetzt haderte sie plötzlich mit ihrer Entscheidung. Eine Vampirsklavin zu sein, ohne eigenen Willen und Verstand - das wäre noch etwas ganz anderes. Sie würde sich keine Gedanken mehr über ihre Taten machen, wäre sie erst ein Vampir. Die Befehle und Belange ihres Schöpfers wären dann das einzige, was für sie noch zählte. Aber ein Vampir zu sein wie Michiru und Haruka es waren, das bedeutete freie Entscheidungen und klaren Verstand. »Komm ich wirklich damit klar, immer wieder Menschen töten zu müssen?« Sie erreichte den anderen Beckenrand und lehnte sich gemütlich mit den Armen darauf. Die Augen in die dunklere Ecke des Gartens gerichtet, rottierten ihre Gedanken weiter. »Oder hört man als Vampir auf, sich solche Fragen zu stellen? Denkt man an den Blutrausch ist das wohl sehr wahrscheinlich und so wie ich Haruka kennen gelernt habe, fragt die sich soetwas sicher nicht. Selbst Michiru tötet ohne Regung, obwohl sie sonst so viel sanfter ist, als Haruka...« Jedenfalls bis gerade eben. So, wie Amberly sie gerade eben erlebt hatte, hatte sie immer nur Michiru gesehen und selbst von der hätte sie niemals ein solch offenes, gefühlvolles Liebegeständnis erwartet. Das ausgerechnet Haruka derart glaubhaft zeigte, dass sie unsagbar starke Gefühle hatte, erschütterte eigentlich alles, was Amberly jemals geglaubt hatte zu wissen. "Verstehst du jetzt?" wisperte es da ganz nah an ihrem Ohr. Mit einem leisen Aufschrei fuhr sie herum und blickte genau in Harukas Gesicht. "Verdammt, du hast mich fast zu Tode erschreckt", zischte sie sie an, "Schleich dich nicht immer lautlos von hinten an!" "So sehr in Gedanken vertieft?" lächelte die Blondine, "Zweifel an deiner Entscheidung?" Zuerst wollte Amberly abwehren und sagen, sie hätte über etwas ganz anderes nachgedacht, doch aus irgendeinem Grund wollte sie in diesem Moment ehrlich zu der Vampirin sein. Sie deutete ein Nicken an und sah ihrem Gegenüber genau in die Augen. "Beantwortest du mir noch eine Frage?" klangen ihre Worte ganz leise und als Haruka nickte, stellte sie diese: "Hast du dir je Gedanken über eines deiner Opfer, außer Michiru, gemacht?" "Ob ich soetwas wie Reue empfinde?" fragte die Vampirin, "Oder ein schlechtes Gewissen habe?" Jetzt nickte Amberly. "Ich will ganz ehrlich sein", war die Antwort, "Weder das eine, noch das andere. Es ist nicht so, dass ich mir keine Gedanken mache, aber nach allem, was mein menschliches Leben ausgemacht und geprägt hat, ist mir eigentlich nichts egaler, als die Menschen. Keine andere Spezies ist so skrupellos und grausam wie sie." "Ich glaube, langsam verstehe ich dich", sagte Amberly noch immer leise, "Wir beide sind uns sogar sehr ähnlich..." "Das sind wir", bestätigte Haruka, ebenfalls leise, "Und genau darum bitte ich dich, die Beschützerin meines größten Schatzes zu werden. Nur du kannst sie ganz genau so beschützen, wie ich. Und nur dir kann ich sie anvertrauen, falls mir irgendwann ein mal etwas zustoßen sollte. Du musst für sie da sein, wenn ich es nicht mehr können sollte!" "Warte mal! Was??" Amberly glaubte, sich verhört zu haben. Das was ihr hier grad wiederfuhr, stellte selbst die schonungslos offene Liebeserklärung in Amberlys Beisein vorhin, noch Haushoch in den Schatten. "Du willst, dass ich bei ihr bleibe, falls du sterben solltest?" fragte sie fassungslos, "Ich meine...so richtig? Auferstehung unmöglich? Du wärst für immer weg?" "Auch dann", nickte Haruka, "Ich will, dass es ihr immer gut geht und sie immer in Sicherheit ist!" Amberly schluckte. Sie hatte plötzlich ein ganz anderes Bild von Haruka. "Weisst du...", flüsterte sie, "Du magst vielleicht ein eiskalter Killer sein und die Geißel des gesamten Planeten, aber deine Liebe zu Michiru ist so einzigartig und stark... Ich habe heute Abend zugestimmt zu deinem Geschöpf zu werden, um immer in ihrer Nähe sein und sie immer beschützen zu können..." Sie strich mit der Hand durch das kurze, blonde Haar und legte sie schließlich sanft um Harukas Nacken ab. "Jetzt entscheide ich mich dazu, weil ich genau dasselbe will wie du..." Schon bevor ihre gewisperten Worte zu Ende gesprochen waren, zog sie die Vampirin langsam zu sich. Die öffnete leicht ihren Mund und die scharfen Eckzähne kamen zum Vorschein. Amberly dirigierte sie direkt zu ihrem Hals und legte den Kopf auf die Seite. Als sie Harukas Lippen spürte, schloss sie die Augen und wartete ergeben auf den Biss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)