Vampire Kiss von Laito-Sakamaki ================================================================================ Kapitel 50: Das Ritual ---------------------- 50. Das Ritual Michiru blieb stehen und sah Amberly an. Diese schüttelte fast unmerklich den Kopf und wich weiterhin langsam zurück. Was sich ihr jetzt alles offenbarte, war einfach zu viel für sie. Michiru war nicht ihre Freundin. Sie hatte sie benutzt und hintergangen. Ein seelenloses Wesen, ein bösartiger Dämon, der sie von Anfang an in ein genauso skrupelloses Raubtier verwandeln wollte, wie er selbst es war. In einen Vampir, wie er von allen Jägern beschrieben wurde und nicht, wie Michiru es ihr hatte Glauben machen wollen. "Du brauchtest mich gar nicht für das Ritual", erkannte sie nun, "Ich sollte dir nur alle Wege ebnen." "Und wieder hälst du dich für viel zu wichtig, Mensch", sagte Michiru beinahe bedauerlich, "Ich habe diese Kirche entweiht, indem ich euren Pfarrer auf dem Altar getötet habe, der glücklicherweise ein Lüstling war. Das Ritual verlangte Unschuld und ich gab ihm die meine, bevor er starb. Und auch dein Blut hat den Altar getränkt. Ich habe Schächte zur Unterwelt geschaffen, die für das Ritual unabdingbar sind", sie deutete auf die Feuersäulen, "Ich habe die Gegend von allen Werwölfen befreit, die nicht bereit waren, sich zu unterwerfen. Ich habe die uralte Magie, die diesen Ort beseelt zum Leben erweckt! Du hast lediglich einem alten Mann ein paar Kräuter gestohlen. Alles was du getan hast, hätte ich selbst mit nur einem Augenaufschlag gekonnt!" "Und warum verdammt hast du dann so getan, als wären wir Freunde?" schrie Amberly sie schmerzlich an, "Warum hast du mich nicht einfach weiter von dir fern gehalten und stattdessen mit mir und meinen Gefühlen gespielt?" "Williges Blut hält ein Vampir nicht von sich fort", war die Antwort, "Anfangs habe ich versucht, dich fern zu halten. Doch mit deinem willigen Opfer hast du dein Schicksal besiegelt." "Ich habe dir also die ganze Zeit nicht das geringste bedeutet?" fragte Amberly gebrochen, wobei sie sich verstohlen umsah. Die Tür war nicht mehr allzu weit entfernt und wenn sie noch ein wenig mehr zurückweichen konnte, ohne das Michiru ihr folgte, würde sie es auch hinaus schaffen. Die Vampirin würde ihr sicherlich nicht folgen, denn das Ritual war ihr viel zu wichtig. "Nichts kann man nicht sagen", seuselte Michiru, "Dein Blut hat mir sehr viel bedeutet. Es ist wirklich überaus gut und kraftvoll..." "Mein Blut", würgte Amberly hervor, "Ist das wirklich das Einzige gewesen?" "Das du dich in mich verliebt hast, dafür kann ich nichts", lächelte die Vampirin und machte einen Schritt auf sie zu, "Du wusstest das ich Haruka liebe. Kleines, Vampire sind Raubtiere. Die pflegen keine Freundschaften. Was dachtest du denn, welche Rolle du spielen würdest, nähmen wir dich mit uns? Selbst als Dienerin bist du ungeeignet oder was glaubst du, wie lange Haruka dich am Leben lässt? Sie weiss, was ich weiss, also auch, das du mich liebst..." "Sie...wird mich töten?" war Amberly geschockt, "So oder so wird sie mich umbringen? Sollte ich darum dabei sein, wenn sie erwacht? Damit du mich ihr opfern kannst?" "Du bist mein Willkommensgeschenk für sie", entgegnete Michiru, "Was sie mit dir anstellt, wird sie entscheiden." Amberly schielte nach hinten. Die Tür war nun nahe genug und Michiru war auch wieder stehen geblieben. Wenn sie jetzt los lief, hatte sie gute Chancen. Kurz sah sie nochmal zu Michiru und lief los. Das heisst, sie wollte laufen, doch sie konnte nicht. »Was passiert denn jetzt?«, dachte sie geschockt, als sie Michiru in ihrem Rücken lachen hörte. Sie wollte sich zu ihr umdrehen, doch sie bekam nicht einen Fuß vom Boden hoch. "Dachtest du wirklich, es wäre so einfach?", war die Vampirin deutlich amüsiert, "Du hast Harukas Blut getrunken. Ebenso, wie ich deines... Das gibt mir alle Macht über dich, die ich brauche. Du musst mir gehorchen - ob es dir gefällt oder nicht!" "Das kann nicht sein", erfüllte Entsetzen Amberly. Sie kämpfte und kämpfte, mühte sich, alle Kraft aufzubringen, doch sie bekam den Fuß nicht gehoben. "Genug gespielt", flötete Michiru, "Komm her zu mir!" Ihre Augen leuchteten auf und Amberly drehte sich langsam zu ihr um. So, wie sie gerade nicht hatte loslaufen können, konnte sie nur nicht stehen bleiben. Beinahe automatisch setzte sie einen Fuß vor den anderen und kam Michiru so immer näher. "Gutes Kind", lächelte diese, als sie bei ihr ankam, "Du musst die Tür doch für unsere Gäste frei geben..." Amberly folgte ihrem Blick und sah, wie ein riesiger Wolf langsam in die Kirche trat. Nach ihm noch vier weitere. Langsam, beinahe schon gelassen, trotteten sie durch den Raum und setzten sich je an einer der Feuersäulen nieder. "Sie...folgen deinem Befehl...?!" stellte Amberly fassungslos fest, "Sie..." "Haben sich unterworfen, ja", lächelte Michiru zufrieden, "Sonst wären sie längst tot!" Sie fasste Amberlys Hand und zog sie mit sich an den Altar heran. Diese dachte gar nicht mehr daran, weg zu laufen. Es würde ihr sowieso nicht gelingen, wenn Michiru sie nicht gehen lassen wollte. Und das wollte sie nicht, wie sie klargestellt hatte. So stand Amberly einfach nur da und sah zu, wie Michiru die Amulette in den Kelch tauchte, was das Blut darin dampfen und zischen ließ. Dann nahm sie sie wieder heraus und gab sie Amberly. "Bring sie zu den Wölfen. Jeder eines", lautete ihr Befehl. Amberly schluckte und setzte sich widerwillig in Bewegung. Langsam steuerte sie den ersten Werwolf an und je näher sie ihm kam, desto größer wurde ihre Angst. Direkt vor ihm blieb sie stehen. "Und nun?" sah sie unsicher zu Michiru. "Drück es ihm auf die Brust", befahl die ihr. Wieder zögerte das Mädchen. Sie sah den Wolf an, der erhobenen Hauptes vor ihr saß. Vollkommen unbeweglich, als nähme er sie gar nicht wahr. "Tu es!" trieb Michiru sie an, "Ich kann dich auch dazu zwingen!" Wieder schluckte Amberly. »Naja, wenn er zubeisst, habe ich es wenigstens hinter mir«, dachte sie. Sie hob den Arm und drückte das erste Amulett auf seine Brust. Wieder zischte und dampfte es und der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihr in die Nase. Fühlen konnte sie rein gar nichts und als sie die Hand zurück nahm, war das Amulett nicht mehr da. Stattdessen trug der Wolf ein Brandzeichen an der Stelle, auf die Amberly es gedrückt hatte. "Die anderen vier auch", wurde Michiru etwas ungeduldig, "Wir haben nicht ewig Zeit." Amberly setzte sich in Bewegung. »Sind sie damit als ihr Besitz markiert oder beherrscht sie die Wölfe damit?«, fragte sie sich, während sie die Prozedur noch vier Mal wiederholte. Danach trat sie zu Michiru an den Altar und sah sie an. "Alle fünf tragen das Brandmal", sagte sie, "Was nun?" Michiru legte ihr die Hand auf die Wange und lächelte. "So gefällst du mir", wisperte sie, "Sei folgsam und deine Chancen steigen." »Chancen?«, dachte Amberly verächtlich, »Die Chancen eine Dienerin zu werden, statt einfach nur ein Blutopfer zu sein?« Sie sah zu, wie Michiru den Kelch in beide Hände nahm und ihn leerte. Danach ging sie zu dem toten Wolf und strich über sein Fell, womit sie den Zauber, den sie auf ihn gelegt hatte, löste. Sofort fing er an, sich zurück in einen Menschen zu verwandeln. Kaum eine Minute später lag eine junge Frau an seinerstatt zu Michirus Füßen. Diese hob sie auf ihre Arme, als wäre es nichts und trug sie zum Altar, um sie darauf zu legen. Dann gab sie Amberly den Dolch und befahl ihr, die Pulsadern der Toten zu durchtrennen. "Aber...", wollte diese einwenden, doch Michiru warf ihr nur einen scharfen Blick zu und das Mädchen folgte. Nachdem sie an beiden Armen einen tiefen Schnitt gemacht hatte, stellte sie sich an die Kopfseite des Altars. Die Arme der Toten hingen rechts und links hinab und an beiden Seiten bildete sich eine, schnell größer werdende, Blutlache. "Was hast du mit ihr vor?" fragte Amberly zaghaft, "Warum musste ich ihre Pulsadern durchtrennen? Sie ist doch schon tot." "Ganz einfach", sah Mchiru sie an, "Ich brauche ihren Körper. Von Harukas Körper ist nichts geblieben also brauchen wir einen anderen. Und ausbluten lasse ich sie, weil kein schmutziges Wolfsblut ihn unbrauchbar machen soll." "Seelenwanderung?" fragte Amberly ungläubig und brachte Michiru damit zum lachen. "Dummerchen. Vampire haben keine Seele!" "Genau das verwirrt mich ja", gab das Mädchen zurück, "Wie soll das funktionieren? Wenn von deiner Geliebten nichts übrig geblieben ist, was soll denn dann diesen Körper hier übernehmen? Und stört es dich gar nicht, das sie ganz anders aussieht als deine Haruka?" Wieder lachte Michiru. "Kleines", schmunzelte sie, "Sieh zu und staune!" Die Wunden bluteten mittlerweile nicht mehr und Michiru plazierte den linken Arm direkt am Körper der Leiche auf den Altar. Dann nahm sie den Ring von ihrem Finger und steckte ihn auf den Ringfinger der rechten Hand der toten Wölfin. Danach plazierte sie ihn ebenso neben dem Körper wie den anderen Arm. "Was ist das für ein Ring?" wollte Amberly wissen. Michiru sah sie an und lächelte: "Der gehört Haruka." Amberly schluckte. Sie konnte sich nicht vorstellen, was genau Michiru vor hatte oder wie das Ritual vonstatten ging, aber sie war sich sicher, sie musste vor dessen Ende fliehen, wenn sie eine Chance haben wollte, all das zu überleben. »Vielleicht schaff ich es in dem Moment, in dem Haruka erwacht«, dachte sie kurz. Wenn die beiden Vampire wieder vereint waren, wären sie vielleicht wenigstens einen Moment unachtsam und Michiru würde ihr nicht ihren Willen aufzwingen. »Dann muss ich nur hoffen, dass die Wölfe mich nicht aufhalten.« "Bewirkt der Ring irgendetwas?" konzentrierte sie sich wieder auf das Ritual, damit Michiru am Ende nicht noch ihre Gedanken las. "Ich sagte doch - schau zu!" antwortete diese und nahm den Dolch. Sie schnitt sich tief in die Innenfläche ihrer rechten Hand und öffnete mit der linken, durch Druck auf die Kieferknochen, den Mund des leblosen Körpers vor sich. Dann ließ sie ihr Blut hinein laufen. Bei diesem Anblick spürte Amberly die Macht dieses Blutes deutlich. Ihre Hände begannen zu schwitzen und innerliche Unruhe befiel sie. Schließlich drehte Michiru ihre Hand mit der Innenfläche nach oben und hielt sie Amberly hin. "Willst du auch...?", schnurrte sie grinsend. Sie wusste genau, dass Amberly nichts lieber wollte. Sie waren miteinander verbunden und die vampirischen Triebe Michirus ließen Amberly sich gerade nach ihr verzehren. »Ich darf ihr nicht verfallen«, trieb sie sich selbst an, statndhaft zu sein. Sie wollte kein williges Opfer sein. Also biss sie kurz die Zähne zusammen und schüttelte dann den Kopf. "Wie du willst", grinste die Vampirin überheblich. Sekundenschnell heilte die Wunde in ihrer Hand und ihr verlockendes Blut, entließ Amberly aus seinem Bann. Erleichtert atmete sie durch und konzentrierte sich auf das, was Michiru nun tat. Seitlich stand sie vor dem Altar und breitete die Arme aus. Als sie die Handflächen nach oben drehte, züngelten die blauen Flammen höher und die Brandmahle auf den Brustkörben der Werwölfe begannen zu leuchten. Dann schoss ein Strahl aus ihnen hervor, während die blauen Flammen zwar viel kleiner wurden, sich dafür aber einmal im Kreis um sie herum frassen. »Jeder Punkt war genau gewählt«, dachte Amberly geschockt, »Hier heraus gibt es kein Entkommen...« Durch die Flammen und die Strahlen aus den Mahlen der Werwölfe hatte sich ein Symbol gebildet, dass Amberly nur zu gut kannte. Ein riesiges Pentagramm nahm die gesamte Fläche der entweihten Kirche ein und der Altar befand sich genau in der Mitte davon. Michiru legte den Kopf in den Nacken und aus den fünf Toren zur Unterwelt schossen kurze Blitze hervor, bündelten sich über ihr und stießen in ihre Brust. Sofort spürte Amberly die böse Aura, welche nun überdeutlich von ihr ausging und wich unwillkürlich zurück. Regelrechte Panik befiel sie und als Michiru sich langsam wieder in eine normale Position bewegte, wurde die Panik noch größer. Michirus Augen glühten, doch nicht in der üblichen Farbe. Die hellbauen Flammen, welche vom Schwefel genährt wurden und darum in dieser Farbe brannten, schienen auch in den Augen der Vampirin zu lodern. Ihre Reißzähne blitzten gefährlich und ihr böses Lächeln ließ dem Mädchen beinahe das Blut in den Adern gefrieren. »Ich muss hier weg!« war alles, was in ihrem Kopf noch Platz hatte. Als Michiru jedoch ganz dicht an den Altar heran trat, hatte sie dadurch auch wieder Amberlys gesamte Aufmerksamkeit. "Und jetzt, ihr Dämonen der Unterwelt...«, raunte die Vampirin, "Gebt Haruka frei, damit wir zusammen auf Erden herrschen können!" Entsetzt sah Amberly zu, wie der Körper der toten Wölfin begann, zu zerfallen. Er vertrocknete, wurde dunkel und zerfiel regelrecht zu Staub, bis nur noch das blanke Gerippe da lag. Und als wäre das zu sehen nicht schon Horror genug, musste Amberly danach mit ansehen, wie nach und nach neues Gewebe um die Knochen entstand. Muskeln, Sehnen, Fleisch - alles bildete sich aus dem Nichts, nahm langsam Form an, wurde wieder zu einem menschlichen Körper. Zuletzt bildeten sich Haut und Haare und in dem Augenblick, in welchem die Metamorphose beendet war, schlugen die blauen Flammen nochmals bis an die Decke der Kirche, um dann augenblicklich zu erlöschen. Die Symbole auf den Wölfen hörten auf zu glühen und die Tiere fielen winselnd auf die Seite. Amberly war wieder stehen geblieben, so abrupt hatte alles plötzlich geendet. Gebannt starrte sie auf den Körper, der nun auf dem Altar lag. Eine junge Frau, sehr groß, blond und mit Harukas Ring am Finger. Doch sie regte sich nicht. »Hat irgendetwas nicht geklappt?«, keimte in Amberly Hoffnung auf, denn auch Michiru wirkte leicht verwirrt darüber. Gerade als Amberly jedoch soetwas wie Erleichterung verspürte und wieder der Gedanke an Flucht aufkam, sah Michiru sie an und fixierte sie regelrecht mit ihren glühenden Pupillen. "Ich wusste, ich würde dich noch brauchen...", schnurrte sie gefährlich und zwang Amberly zu sich. Als diese direkt neben ihr stand, konnte sie die Blondine auf dem Altar genauer erkennen. Sie hatte ungefähr Michirus Alter, kurze Haare und ein fein geschnittenes Gesicht. Sie sah aus, als würde sie schlafen und wirkte kein bisschen gefährlich. "Ist das...Haruka?" traute Amberly sich zu fragen, woraufhin Michiru ein Nicken andeutete, "Und warum wacht sie nicht auf?" "Weil ich leider doch einen kleinen Denkfehler in meinem Plan hatte", sah die Vampirin ihr in die Augen, "Zwar habe ich den Altar mit deinem Blut getränkt, doch ist es Haruka, die es zum erwachen braucht. Meines wurde durch euren Pfarrer unbrauchbar dafür." Amberly verstand nicht und gerade als sie anfing zu begreifen, packte Michiru ihr Handgelenk und hatte mit einer schnellen Bewegung ihren Unterarm aufgeschnitten. Das Mädchen schrie auf vor Schmerz, doch Michiru hielt sie erbarmungslos fest und ließ ihr Blut auf Harukas Lippen tropfen. "Nur jungfräuliches Blut erweckt einen Vampir zu neuem Leben...", flüsterte sie und der Triumpf in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Dann ließ ließ sie Amberly los und starrte gebannt auf den leblosen Körper ihrer Geliebten. Amberly hielt sich die Hand auf die Wunde und fühlte wieder die Panik in sich aufsteigen. Aus irgendeinem Grund spürte sie, das das Ritual damit vollendet war und wusste, die Vampirin dort auf dem Altar lebte. Dennoch wich sie mit einem Aufschrei erschreckt zurück, als diese ihre Augen öffnete. Sie sah, wie Haruka die Hand hob und sie auf Michirus Wange legte und wich weiter langsam zurück. "Ich wusste, du schaffst das, mein finsterer Engel...", hörte sie die blonde Vampirin sagen und Michiru entgegnete: "Ich hätte alles Leben auf Erden ausgelöscht, nur um dich zurück zu bekommen." »Jetzt oder nie«, dachte Amberly. Michiru war mit Haruka beschäftigt und die Wölfe lagen noch immer geschwächt am Boden. Auf dem Absatz drehte sie sich um und lief los. Sie hatte den Ausgang fast erreicht und spürte Hoffnung in sich aufkeimen, da hafteten ihre Füße wieder wie festgenagelt am Boden. Schockiert sah sie nach hinten und wusste, Michiru hatte sie die ganze Zeit durchschaut und kontrolliert. Sie drehte ihr noch immer den Rücken zu und küsste Haruka, die noch auf dem Altar saß, doch ihre linke Hand hatte sie leicht in Amberlys Richtung gedreht und hielt sie so mit ihrer Magie fest. »Bitte...«, flehte Amberly verzweifelt, »Ich will so nicht sterben.« "Ich habe ein Geschenk für dich", hauchte Michiru nachdem der Kuss geendet hatte, "Ich hoffe, es gefällt dir..." Sie trat einen Schritt zurück, drehte Amberly aber weiterhin den Rücken zu, was diese verwunderte. In der nächsten Sekunde allerdings drehte Amberly den Kopf erschreckt wieder nach vorn und blickte direkt in ein paar blaue Augen. Ein kurzer, leiser Aufschrei entwich ihr, was ihr Gegenüber zum Lächeln brachte. "Hallo Amberly", wisperte Haruka, "Fürchtest du dich etwa vor mir?" Amberly wollte zurück weichen, denn die Vampirin war ihr viel zu nahe, doch sie konnte sich nach wie vor nicht von der Stelle bewegen. "Es gibt überhaupt keinen Grund Angst zu haben", lächelte die Blondine und lehnte sich ganz dicht zu ihr. Amberly konnte ihren Atem auf ihrem Hals spüren und zitterte am ganzen Körper, als sie deren geflüsterte Worte direkt an ihrem Ohr vernahm. "Du hast Michiru dabei geholfen, mich zurück zu holen", hauchte sie, "Du hast ihr freiwillig dein Blut gegeben. Ich kann es riechen..." Sie sog hörbar Luft durch die Nase und küsste Amberly dann direkt auf die Halsvehne, was wieder einen ängstlichen Aufschrei zurfolge hatte. "So wie ich auch deine Angst und dein Verlangen rieche...", schnurrte sie weiter und fuhr mit der Zunge über die begehrte Stelle, "Obwohl du mich fürchtest, wünscht du dir, dass ich dein Blut trinke..." Immer wieder ließ sie ihre Zunge über Amberlys Hals streichen und diese wimmerte nur noch ängstlich. Sie zitterte wie Espenlaub und war Haruka einfach nur noch ausgeliefert. Sie hörte, wie Michiru näher kam und schloss ergeben die Augen. »Aus«, dachte sie nur noch. "Denkst du nicht, wir sollten unserer kleinen Helferin vertrauen?" hörte sie Haruka zu Michiru sagen, "Sie wird schon nicht davon laufen." "Alles was du willst, Ruka", entgegnete diese und im nächsten Augenblick konnte Amberly sich wieder bewegen. Sofort stieß sie Haruka zur Seite und rannte los. Nur raus aus dieser Kirche und weg von den Vampiren. "Du hast sie weglaufen lassen", grinste Michiru und stellte sich auf die Zehenspitzen, um Haruka zu küssen. "Natürlich", lächelte diese sie danach an, "Wo bliebe denn sonst der Spass?" Erneut versanken sie in einem innigen Kuss. Amberly rannte, so schnell sie konnte. Egal wohin, nur so weit weg wie möglich. Sie wollte raus aus dem Wirkungsfeld der Vampire. Nur wenn ihr dies gelang, hatte sie eine Chance sich lange genug vor ihnen zu verbergen. Im Dorf würden die beiden sie wahrscheinlich sehr schnell finden und obendrein ein Blutbad unter den Bewohnern anrichten. Also lief sie in das Waldstück und weg vom Dorf. Trotz des Vollmonds war es hier so dunkel, dass Amberly kaum die Hand vor Augen sah. Äste peitschten ihr ins Gesicht und einige Male stürzte sie, doch sie rappelte sich wieder auf und lief weiter. Immer wieder sah sie sich um, spähte in die Dunkelheit und rechnete damit, dass die Vampire sie einholten. Dies geschah jedoch nicht. Stattdessen lief sie gegen etwas, verlor den Halt und stürzte. Sofort war ihr klar, dieses Hindernis war kein Baum gewesen, sondern ein lebendiges Wesen. Schnell kam sie wieder auf die Beine, als sie das gefährliche Knurren hörte. »Die Wölfe«, schoss es durch ihren Kopf und da stand der auch schon direkt vor ihr. Seine gelben Augen blitzten sie tükisch an und von seinen riesigen Fangzähnen tropfte, mit Blut vermischter, Geifer. Es sah aus, als hätte er gerade Beute gemacht und Amberly war genau in ihn hinein gelaufen. Und noch etwas sah sie. Dieser Wolf hatte kein Brandmahl auf der Brust. »Wie kann das sein?«, dachte sie panisch, »Michiru hat doch alle Werwölfe unterworfen oder getötet!« Obgleich es wohl keinen Unterschied mehr machte. Ob nun ein Streuner ihr Leben beendete oder einer von Michirus Schoßhunden sie zurück zu den Vampiren schleppte. Sterben würde sie so oder so. Doch ihr Überlebenstrieb war ungebrochen und ihr kam eine haarsträubende Idee. Sie sprach mit dem Wolf. "Bist du hier um die Auferstehung zu verhindern?", fragte sie, "Ich weiss, für dich rieche ich nach Vampir, aber ich bin keiner!" Der Wolf sah sie an und regte sich nicht. Nur sein Knurren war verstummt. Amberly wusste nicht, ob er sie wirklich verstand, oder ob es ihn überhaupt interessierte, was sie zu sagen hatte, doch sie hoffte es. "Bitte glaub mir", sagte sie, "Wir sitzen im selben Boot du und ich, Wolf. Die Vampire wollen mich genauso töten wie dich!" Scheinbar verstand er, denn er bewegte sich weiterhin nicht. Dann jedoch plötzlich duckte er sich zum Sprung und Amberly stolperte rückwärts gegen einen großen Baum. Sie hörte noch, wie der Wolf sich vom Boden abdrückte und schloss ergeben die Augen. Dann vernahm sie ein dumpfes Geräusch und der Wolf jaulte auf. Vorsichtig öffnete sie die Augen. Keinen Meter entfernt stand Haruka und vor ihr kauerte der riesige Werwolf. Er wirkte angeschlagen, doch er knurrte leise, als die Vampirin langsam um ihn herum schritt. "Du weisst, was du getan hast, Wolf?" zischte die Blondine gefährlich, "Und du weisst, ich kann das nicht durchgehen lassen!" Langsam erhob der Wolf sich und senkte seinen Kopf. Als Haruka ihn umrundet hatte und direkt vor ihn stehen blieb, schloss er die Augen. Die Vampirin lachte amüsiert und tätschelte seinen Kopf. "Ich sehe du weisst auch, was gut für dich ist", sagte sie zufrieden und packte ihn urplötzlich grob im Nackenfell. Sie zog seinen Kopf nach hinten und funkelte ihn an. Die Angst in seinen Augen war deutlich zu sehen - selbst für Amberly, die, wie erstarrt, noch immer an den Baum gelehnt da hockte. "Lauf los und verbreite unter Deinesgleichen, dass ich zurück bin", knurrte Haruka, "Wer leben will unterwirft sich freiwillig!" Sie schleuderte ihn fort und er knallte gegen einen Baum. Sein kurzes Jaulen war mehr Wut als Schmerz. Während Haruka sich Amberly zuwand, rappelte er sich wieder auf, schüttelte sich kurz, duckte sich und sprang. Amberly riss entsetzt die Augen auf, so schnell ging alles. Sie kam nicht einmal mehr dazu zu schreien. Haruka jedoch fuhr herum, ihr Arm schnellte vor und das Jaulen, welches dann folgte, ließ Amberly das Blut in den Adern gefrieren. Sie hielt sich die Ohren zu und starrte völlig geschockt auf Haruka, die den Wolf direkt vor sich hielt. Seine Schnauze war nur Millimeter von ihrem Gesicht entfernt, doch die Kraft zuzubeißen hatte er nicht mehr. Ein kurzes, heftiges Zittern schoss durch seinen Körper und Haruka grinste ihn böse an. "Zu langsam, Wolf", flüsterte sie und stieß ihn von sich. Genau in der Sekunde winselte er nochmal leise auf und war längst tot, als er auf dem Boden aufschlug. In ihrer Hand hielt Haruka sein Herz, welches noch einen letzten Schlag tat, so schnell hatte sie es ihm aus dem Leib gerissen. Kurz stand sie noch so da, dann warf sie das Herz einfach weg und drehte sich langsam wieder zu Amberly. Die sah ängstlich zu ihr auf und selbst das sanfte Lächeln der Vampirin änderte nichts an ihrer Angst. Auch als Haruka ihr auffordernd die Hand hin hielt, wuchs ihre Angst eher, alsdass sie weniger wurde. Zögerlich ergriff Amberly dennoch ihre Hand und ließ sich von ihr auf die Beine ziehen. "Kein Wolf rührt dich an, solange ich in deiner Nähe bin", seuselte Haruka beinahe charmant und zog sie in ihre Arme, um ihr genau in die Augen sehen zu können. Amberly erwiederte den Blick scheu und einzig ihre Angst vor der gnadenlosen Vampirin hielt sie davon ab, in deren Augen zu versinken. "So ein hübsches Ding", flüsterte Haruka lächelnd, "Wäre doch schade, wenn dich ein Wolf zerreisst..." Sie strich Amberly eine Haarsträhne zurück und roch an ihrem Hals, um sie dann wieder verführerisch anzulächeln. Das Mädchen schluckte hart und wollte eigentlich nur eines. "Würdest...du mich bitte los lassen...?", brachte sie zaghaft hervor, "Diese extreme Nähe ist..." "Was?" hauchte Haruka und sah ihr tief in die Augen, "Zu viel für deine Sinne?" Amberly brachte nur noch ein Nicken zustande. Sie fühlte Harukas Körper ganz dicht an ihrem, fühlte die starke, besitzergreifende Umarmung, ihren heissen Atem und die unglaubliche Aura, die von ihr ausging. Sie weckte unstillbare Sehnsüchte und versprach unendliche Genüsse. Einzig ihr Herz, dass Michiru liebte, half ihr, dieser unglaublichen Verlockung zu widerstehen. Überraschenderweise jedoch, folgte Haruka ihrer Bitte und ließ sie aus der Umarmung frei. "Ich bin mir sicher, dieses Mal läufst du nicht davon", strich sie ihr stattdessen sanft durchs Haar. "Nein.... ich...", stammelte Amberly und wich etwas zurück. Weit jedoch kam sie nicht. Bereits nach dem zweiten kleinen Schritt hielt der große, alte Baum in ihrem Rücken sie auf. Kurz schielte sie zur Seite, stieß sich von dem Baum ab und wollte los laufen, doch Haruka drängte sie mit ihrem ganzen Körper an den Baum zurück, noch bevor Amberly denken konnte ' lauf! '. Erschreckt schrie diese auf und wollte die Vampirin von sich weg stoßen, doch die packte ihre Handgelenke und drückte sie seitlich ihres Kopfes ebenfalls an den Baum. "Nein...?", schnurrte sie verführerisch gefährlich, "Du läuft nicht weg? Keine Angst mehr vor mir...?" "Doch", presste Amberly hervor, "Sogar schreckliche Angst." "Angst, weil du mein Mädchen liebst?", wurde Harukas Lächeln zu einem Grinsen, "Oder weil du sie berührt hast?" Amberly schluckte und starrte sie entsetzt an. »Hätte der Wolf mich doch erwischt«, dachte sie, »Dann hätte ich es schon hinter mir...« "Na na", lächelte Haruka nun wieder, "Nicht einmal ich habe ihr widerstehen können. Wie solltest du armes, kleines Ding das schaffen? Außerdem...", sie küsste Amberly auf die Halsvehne und hauchte dann in ihr Ohr: "...können wir zwei doch auch unseren Spass haben..." Amberly schrie ängstlich auf, als sie im nächsten Moment Harukas Zähne an ihrem Hals spürte. Sie drehte den Kopf auf die Seite und schluchzte leise. Ihr ganzer Körper zitterte und sie wusste, jetzt und hier würde es enden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)