Vampire Kiss von Laito-Sakamaki ================================================================================ Kapitel 25: Rückkehr aus Liebe ------------------------------ 25. Rückkehr aus Liebe Als Michiru erwachte war sie beinahe erschöpfter, als vor dem Schlaf. Im ersten Augenblick erschrak sie, doch dann kam die Erinnerung. »Ich bin in Yuris Wohnung«, fiel ihr ein und sie sah sich genauer um. Erst beim Betrachten der Einrichtung bemerkte sie, dass sie sich im Schlafzimmer befand. »Ich bin doch auf der Couch eingeschlafen…« Ein Blick zum Fenster verriet ihr, dass es draußen entweder noch – oder schon wieder dunkel war. Das machte ihr ungutes Gefühl nicht besser. »Ob Haruka mich gefunden hat?«, erhob sie sich langsam aus dem Bett, »Vielleicht hat Yuri mich doch verraten…« Sie schlich zur Tür und lauschte. Es war eindeutig jemand in der Wohnung. Leise drückte Michiru die Klinke herunter und zog die Tür einen Spalt weit auf, doch sehen konnte sie niemanden. Ihr Blickfeld war einfach zu eingeschränkt. »Wovor fürchte ich mich eigentlich?«, fragte sie sich plötzlich, »Wer immer es auch ist – würde er eine Gefahr für mich, sein wäre ich längst tot.« Sie wurde mutiger und öffnete die Tür ein Stück weiter. Jetzt konnte sie beinahe das gesamte Wohnzimmer einblicken. Sie sah, dass der Fernseher lief und das auf dem Tisch etwas zu essen und Getränke standen, doch niemand war da. Sie trat in den Raum und vernahm im selben Moment Geräusche aus der Küche. Noch bevor sie reagieren konnte, kam ihr jemand von dort mit schnellen Schritten entgegen. „Du bist wach?“, blieb die Person sofort stehen, „Ich hatte gedacht du würdest bis heute Abend durch schlafen.“ „Yuri“, atmete Michiru erleichtert auf, „Das heißt, alles ist gut gegangen?“ „Gut gegangen dahin gehend, das Haruka mich bisher nicht bestraft hat, ja“, kam es zur Antwort, „Aber wenn ich dich heute am Tag nicht zurück bringe, wird sie dich selbst holen kommen.“ „Sie weiß, wo ich bin?“ erschrak Michiru, „Hat sie dich gezwungen, es mir zu sagen?“ Yuri setzte sich auf die Couch und deutete Michiru, dasselbe zu tun. Nachdem diese der Aufforderung gefolgt war, erzählte Yuri ihr von Harukas Reaktion. „Ich weiß, sie wollte etwas anderes“, endete sie ihren Bericht, „Ich habe ihren Zorn gespürt, aber irgendwas hat sie zurück gehalten. Ganz sicher hat sie mich töten wollen, aber sie hat es nicht getan.“ „Sie wird also heute Nacht selbst nach mir suchen?“ fragte Michiru und bekam ein Nicken zur Antwort, „Und dich wird sie töten, wenn du mich nicht vorher schon zurück bringst.“ Auf ihre Feststellung folgte wieder ein Nicken. „Ich denke, das wird sie“, kamen ebenfalls Worte zur Bestätigung, „Aber ich bringe dich nicht gegen deinen Willen zurück zu ihr. Sie hat mich geschaffen, um dich zu beschützen und genau diesen Pakt bin ich mit ihr eingegangen. Es geht nicht um ihre Belange – sondern um deine!“ Michiru blinzelte sie irritiert an. „Du widersetzt dich ihr ein weiteres Mal?“ hauchte sie, „Sie wird dich finden und bestrafen!“ „Vielleicht wird sie das“, grinste Yuri, „Aber ich gehe nicht kampflos unter und das weiß sie.“ Michiru schien einen Moment zu überlegen. Dann erhob sie sich. Ihr Gesicht zeigte Entschlossenheit und ihre Stimme verlieh ihren Worten weiteren Nachdruck. „So weit wird es nicht kommen“, sagte sie, „Sofern die Sonne aufgeht, bringst du mich Heim.“ „Du gehst zurück?“ war nun Yuri überrascht, „Bedeutet, du hast ihr verziehen?“ „Es bedeutet, es gibt nichts zu verzeihen“, antwortete Michiru leise, „Ich habe gewusst, was sie ist und gehofft, ich könnte das Tier in ihr bändigen.“ Sie senkte den Blick und ihre Worte wurden noch leiser. „Es gibt kein davon laufen für mich, denn genau wie du habe auch ich einen gültigen Pakt mit ihr…“ Sie ging zurück ins Schlafzimmer und ließ Yuri einfach zurück. Die sah, wie Michiru langsam die Tür hinter sich schloss und sofort als die komplett geschlossen war, veränderte sich Yuris Gesichtsausdruck. »Sie ist hartnäckiger, als es den Anschein hat«, gefiel ihr die Veränderung der Lage scheinbar nicht, »Ist ihr Herz wirklich zu rein, sich selbst einem Pakt des Bösen nicht aus dem Wort zu stehlen? Oder ist ihre Seele am Ende bereits verdorben vom Keim einer abtrünnigen Vampirin?« Haruka hatte das Haus verlassen und einen ihrer Unterschlüpfe aufgesucht, die sie beinahe überall hatte. Es handelte sich ausnahmslos um die Häuser ihrer Opfer aus vergangenen Tagen. Einige waren nur noch Ruinen, vergessen und verfallen. Andere waren gepflegt und bewohnbar, wie jenes in welchem sie sich befand. Es war verhältnismäßig klein, doch mehr als gemütlich und lag direkt am Strand. Es hatte einen Kamin, in dem ein züngelndes Feuer brannte. Zwar war es nicht kalt und Haruka fror sowieso nicht, doch sie liebte das Knistern des Holzes und den Duft den es verströmte, wenn es verbrannte. Sie hatte Michiru suchen wollen, nachdem sie das Haus verlassen hatte, doch stattdessen war sie hier hergekommen. Aus irgendeinem Grund scheute sie sich, Michiru mit Gewalt zurück zu holen, oder mit Hilfe von Magie. Sie wollte, dass sie von selbst zu ihr kam so, wie sie es bisher auch getan hatte. Alles sollte freiwillig geschehen, bis sie irgendwann nichts mehr würde trennen können. „Sie ist nicht wie Kyoko“, murmelte die Vampirin vor sich hin, „Da ist viel mehr, das habe ich von Anfang an gespürt. Und ich bin sicher genau das ist es, was Ayame will…“ »Nur was ist es? Ich bin sicher, sie weiß genau, was sie will und kennt die Antwort. Stellt sich die Frage, ob Kyosuke ehrlich war oder ob er genauso viel weiß, wie Ayame…« Ihr Körper spannte sich deutlich an und am liebsten wäre sie nun doch noch nach Michiru auf die Suche gegangen, doch sie bremste sich. Sie durfte nichts überstürzen, wenn sie jetzt nicht komplett ihr Vertrauen verlieren wollte. Michiru als willige Sklavin an ihrer Seite zu haben, lag absolut nicht in ihrem Ermessen. Dazu hatte sie zu viel Zeit in dieses Sache investiert und diese Zeit war zu schön gewesen. Nur darum hatte sie Yuri nicht sofort getötet. Es war Haruka egal, ob diese nun etwas wusste oder nicht oder ob sie geschickt worden war. Ganz sicher sogar war sie das. Doch die Wahl war nun mal auf sie gefallen, sie war da und Michiru mochte sie. Hätte Haruka sie getötet, würde Michiru sich wahrscheinlich noch mehr von ihr zurückziehen. Was kümmerte es nun, ob Ayame oder Kyosuke sie eingeschleust hatte – sie war eine Verräterin und würde auch dafür bezahlen, sofern die Zeit gekommen war. Langsam begann es zu dämmern und Haruka spürte Müdigkeit in sich aufsteigen. Sie würde jedoch an diesem Tag keinesfalls schlafen. Auch wenn ihre Fähigkeiten am Tage mehr als eingeschränkt waren, so konnte sie zumindest spüren, ob irgendetwas sich tat und zur Not vielleicht auch etwas beeinflussen. Am Tag bekam sie vielleicht auch etwas mehr über Yuri heraus. Die würde ihre Emotionen nicht verbergen, wenn sie Haruka schlafend wähnte und so war es ein leichtes, sie aufzuspüren und zu erfahren, was sie tat und dachte. „Keiner wird gegen mich bestehen“, flüsterte die Blondine knurrend, „Weder Kyosuke, noch Ayame und erst Recht kein von ihnen geschicktes Schoßhündchen…“ Sie machte es sich auf der Couch bequem und stellte den Fernseher an. Eigentlich war das überhaupt nicht ihres, doch durch Michiru hatte sie die Bequemlichkeit eines netten Filmes zu schätzen gelernt. Vor ihr hatte Harukas Art zu entspannen ausschließlich aus Töten bestanden, allenfalls noch aus Sex. Was wiederum immer irgendwie miteinander verknüpft war und meist vom einen zum anderen führte. Mit Michiru allerdings gab es wesentlich mehr, was Haruka entspannte und ihr innere Ruhe brachte und genau das wollte die Vampirin nicht wieder verlieren. „Mit ihr zusammen wird auch keiner der großen Alten mehr etwas gegen mich ausrichten können…“ Ihre leisen Worte verhallten und nur noch die Laute aus dem Fernseher erfüllten den Raum. Haruka konzentrierte sich nur wenige Sekunden darauf, bevor sie irritiert eine Augenbraue hoch zog. In ihrem Blick machte sich eine Mischung aus Entsetzen und Fassungslosigkeit breit. Ihre Hand tastete nach der Fernbedienung und sie zappte aufs nächste Programm. Wieder bedurfte es nur weniger Sekunden, bis sich erneut dieser Ausdruck Harukas bemächtigte. „Das können die doch nicht ernst meinen“, pustete sie und zappte durch ein paar weitere Programme. Auf einem Programm erwischte sie so etwas Ähnliches wie Nachrichten, doch das währte nicht mehr sehr lang. Der Rest setzte sich zusammen aus Dauerwerbesendungen in denen sie einem irgendeinen Mist aufschwatzen wollten, als auch aus Gerichtssendungen, Talkshows und anderen Hausfrauensendungen. „Na wenn das den ganzen Tag so geht, bleib ich keine halbe Stunde wach“, seufzte die Vampirin und versuchte weiter ihr Glück. Michiru sah sich um. Kurz nachdem die Sonne aufgegangen war, hatten Yuri und sie deren Wohnung verlassen und waren in Harukas Haus zurückgekehrt. Obwohl sie nur eine Nacht fort gewesen war, fühlte es sich seltsam fremd an, wieder hier zu sein. Sie hatte sich hier wohl und zu Hause gefühlt, doch nun schien etwas zu fehlen, das immer da gewesen war. „Was ist? Fürchtest du dich?“ fragte Yuri, „Das musst du nicht. Sie ist nicht hier.“ „Nicht hier?“ wiederholte Michiru leicht abwesend. »Stimmt. Sie hat das Haus verlassen letzte Nacht. Ob es sich darum so seltsam anfühlt? Aber sie war schon öfter fort und es hat sich nie so angefühlt…« Sie holte einmal tief Luft und sah Yuri dann lächelnd an. „Ich werd erst mal duschen und frische Sachen anziehen“, sagte sie, „Wegen der Werwölfe gibst du ja Acht und solange es hell ist wird Haruka nicht auftauchen. Ich möchte das nutzen, noch etwas zur Ruhe zu kommen.“ Yuri nickte. „Ich mach etwas zu essen für dich“, sagte sie und schlug den Weg Richtung Küche ein, „Nimm dir einfach was, wenn dir danach ist. Falls du mich brauchst, ruf nach mir – ich bin immer in der Nähe.“ Auch Michiru nickte und verschwand nach unten in den Keller. Sie wollte nicht das Bad neben Harukas Schlafzimmer benutzen. Irgendwie scheute sie sich davor, diesen Raum zu betreten. Also hatte sie sich entschieden, wieder mal die Duschräume des Schwimmbads zu benutzen. Auch hier fühlte sie sich seltsam fehl am Platze, doch sie ignorierte ihre Gefühle und das warme Wasser entspannte tatsächlich ein wenig. Nach einigen Minuten sogar genug, um die Dusche zu genießen und danach wesentlich ruhiger wieder in die obere Etage zu gehen. Sogar etwas Appetit hatte sie bekommen und aß ein wenig von Yuris vorbereitetem Essen. Danach ging sie ins Wohnzimmer und sah zum ersten Mal auf die Uhr. „Schon Nachmittag“, flüsterte sie, „Bald wird sie heim kommen…“ Einerseits freute Michiru sich, Haruka wieder zu sehen, andererseits jedoch hatte sie auch Angst. Zwar hatte sie den Gedanken, nur noch ein Opfer zu sein, weit von sich geschoben, doch sie bekam Ayame nicht aus dem Kopf. Die Vampirin war nicht einfach so hier aufgetaucht. Es gab etwas, dass sie hierher getrieben hatte und sie würde nicht so einfach wieder verschwinden, solange sie es nicht bekommen hatte. Auch wenn Michiru es irgendwie nicht wirklich glauben konnte, sie war sich sicher, sie war gekommen, um sich Haruka zurück zu holen. »Was hab ich einer uralten Vampirin schon entgegen zu setzen?« seufzte Michiru tief, »Sie haben 300 Jahre zusammen verbracht. Selbst wenn ich uralt würde, passte mein ganzes Leben 3 mal in ihre Beziehung!« Sie kam sich plötzlich ganz klein und unwichtig vor. Haruka hatte von wesentlich älteren Vampiren gesprochen. Wie mochte es wohl sein, so lange auf dieser Welt zu sein? Die großen Geschehen der Geschichte persönlich mit zu erleben? Sie dachte an Erfindungen wie Autos, Telefone und Elektrizität, schweifte dann in größere Weiten, wie die Entstehung der Osterinsel-Figuren, die Entdeckung Amerikas oder sogar den Bau der Pyramiden… Wie wunderbar musste es sein, all die Geheimnisse und Fortschritte der Menschheit mit zu erleben und den großen Künstlern, Entdeckern oder Herrschern persönlich begegnen zu können? Diese Vorstellungen gefielen Michiru so sehr, dass sie ein abwesendes Lächeln auf ihre Lippen zauberten. Sie wirkte zufrieden, beinahe schon glücklich. Sehr schnell jedoch änderte sich das. »Aber wie muss es sein, alles zu verlieren, was einem am Herzen liegt?«, dachte sie plötzlich, »Und das immer und immer wieder? Nichts lebt ewig, wird irgendwann alt und stirbt…« „Außer Geschöpfe wie Werwölfe oder Vampire…“, flüsterte sie und fand sich damit wieder in der Realität zurück. »Wie einsam muss ein solches Leben sein?« Ihr Blick schweifte durch den Raum. Obwohl alles ihr bereits so vertraut war, erinnerte sie sich noch genau an das Gefühl, als sie alles das zum ersten Mal gesehen hatte. Beinahe kam es ihr vor, als sähe sie es erneut zum ersten Mal, dieses Mal jedoch mit ganz anderen Augen. Jedes einzelne Bild, jedes Möbelstück, einfach die komplette Einrichtung und das ganze Haus hatten alle ihre Geschichte. Den Tag ihrer Entstehung, ihren Weg zu dem Platz, an welchem Michiru sie nun sah und Haruka kannte wahrscheinlich jede davon. Welch immenses Wissen die Vampirin haben musste und wie viel Leid sie gesehen, erlebt und auch verursacht haben musste, das wurde Michiru nun zum ersten Mal bewusst. »Sie war die letzten 200 Jahre allein«, kam es ihr ebenfalls in den Sinn, »Das muss die Hölle gewesen sein…« Plötzlich fühlte Michiru sich mies. Wie konnte sie so vorschnell über Haruka urteilen? Die wenigen Sekunden, die sie gesehen hatte, waren nichts im Vergleich aufs große Ganze. Wieder entwich ihr ein Seufzen und sie sah Richtung Schlafzimmer. „Bringt ja nichts“, wollte sie sich selbst antreiben, „Ich bin zurück gekommen, demnach werde ich auch bleiben. Also kein weglaufen mehr.“ Trotzdem zögerte sie weiterhin und ging nur langsam Richtung Schlafzimmer. Vor der Tür zögerte sie ein weiteres Mal, doch dann öffnete sie sie und trat in den Raum. Langsam schweifte ihr Blick über die Möbel und blieb schließlich auf dem Bett haften. Eine Sekunde lang wollte sich der gestrige Anblick ihrer bemächtigen, doch Michiru drängte diese Erinnerung zurück. Das Bett war frisch bezogen und sie zweifelte, dass Haruka das getan hatte. Wahrscheinlich hatte sie Yuri den Befehl dazu gegeben oder diese hatte das auch von selbst getan. Sie hatte sich jetzt ja bereits mehrfach nicht nur als Beschützerin, sondern auch als gute Freundin erwiesen. „Was spielt es auch für eine Rolle?“ schüttelte Michiru ihre Gedanken ab, „Ich sollte mich vorbereiten.“ Sie ging an den Schrank und holte ein paar Kleidungsstücke heraus, um damit im Bad zu verschwinden. Dort richtete sie sich her, denn aus irgendeinem Grund wollte sie so gut wie nur möglich für Haruka aussehen. Ob sie sie damit zu besänftigen hoffte oder einfach nur besser aussehen wollte als Ayame, wusste sie nicht und wollte es auch gar nicht wissen. Je weiter sie sich dem Endergebnis ihres Stylings näherte, desto zufriedener fühlte sie sich und beim letzten Blick in den Spiegel, war sie fest davon überzeugt, dass alles wieder gut werden würde. Lächelnd schwang sie herum und erstarrte sofort. Im der Tür zum Schlafzimmer stand Haruka und blickte sie durchdringend an. Sie sagte kein Wort und zeigte keinerlei Regung, sondern stand einfach nur da und sah sie an. „Ha…ruka…“, presste Michiru schließlich kaum hörbar hervor, „Ist die Sonne denn schon untergegangen…?“ „Was denkst du?“ erwiederte die Blondine und zeigte damit die erste Regung, „Ich werde wohl kaum einen Spaziergang bei Sonnenlicht wagen. So viel Macht ich auch habe und mir noch aneignen mag – das wird wohl immer ein Traum bleiben für Meinesgleichen.“ „Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist“, blieb Michiru sichtlich verunsichert, „Wir sind schon so lange zurück und ich habe eigentlich nur geduscht und mich umgezogen. Hätte ich dabei etwas mehr auf die Zeit geachtet, dann…“ „Dann was?“ fiel Haruka ihr forschend ins Wort, „Wärst du dann nicht mehr hier gewesen bei meiner Rückkehr?“ „Nein“, antwortete Michiru sehr schnell und bestimmt, wurde dann jedoch wieder zögerlich, „Ich wollte…“ Sie konnte einfach nicht weiter reden. Jede noch so kleine Sicherheit, welche sie gerade noch verspürt hatte, war verschwunden. Zwar kam Haruka ihr nicht kalt vor und wirkte nicht aggressiv oder auch nur wütend, doch irgendwie hatte sie der Mut verlassen. Ihr Gegenüber kam ihr so fremd vor. Auch hier fehlte etwas, dass die ganze Zeit da gewesen war und das brachte wieder diese Unsicherheit. „Wo ist Yuri?“ brachte sie dann doch hervor. Aus irgendeinem Grund hatte sie plötzlich Angst, Haruka könnte sie bereits getötet haben. „Ich habe ihr nichts getan, falls du das fürchtest“, erwiederte die Vampirin und trat ans Fenster, „Und ich habe es auch nicht vor.“ „Du bist ihr nicht böse?“ war Michiru überrascht. Sie ging einige Schritte auf Haruka zu, blieb aber sofort stehen als diese sich wieder zu ihr umdrehte. „Sie ist bedeutungslos für mich“, waren ihre Worte kühl, wurden dann aber weich und warm, „Doch du magst sie, also soll sie leben. Ich würde alles für dich tun – ob du es nun verlangst oder dir nur heimlich wünschst. Du sollst sehen, dass Ayame mir nichts bedeutet. Nur du allein bist wichtig für mich. Ohne dich bin ich nichts, als ein wildes Tier. Zwar frei, aber ohne jeden Sinn in meiner Existenz, denn selbst die Meinen haben mich vor langer Zeit verstoßen.“ Sie drehte den Kopf weg, um Michiru nicht länger ansehen zu müssen, denn sonst hätte sie nicht weiter sprechen können. „Ich gehe ein großes Risiko ein“, sagte sie leise, „Doch ich will ehrlich zu dir sein. Am Anfang, da wollte ich nur meinen Spaß mit dir. Du warst so niedlich naiv und eine leichte Beute, aber das hat sich sehr schnell geändert. Irgendetwas an dir hat mich verhext. Ich habe deine Gesellschaft so sehr genossen, doch nie den Gedanken gehabt, sie mir einfach für immer zu sichern. Ja, es war ähnlich wie bei Kyoko mit dir und ich gebe zu, ich war leider nicht ganz ehrlich, auch was sie betrifft. Wie deine Gesellschaft, wollte ich ihre nicht verlieren, also habe ich mir genommen, was ich wollte.“ Jetzt schwieg sie. Michiru schluckte deutlich und wusste nicht, ob sie etwas sagen oder tun sollte. Wieso erzählte Haruka ihr das plötzlich alles? „Sie…wurde also nicht freiwillig zum Vampir?“ fragte sie schließlich. Haruka lachte bitter und wurde dann wieder ganz ruhig. „Das wurde sie nicht“, gab sie zu, „Sie hat mich geliebt, aber sie wollte ein Mensch bleiben. Ich habe ihren Wunsch ignoriert und ihr Vertrauen missbraucht, denn ich liebte sie nicht. Ich liebte es, von ihr geliebt zu werden, doch sie habe ich nicht geliebt. Ich weiß gar nicht, ob ich dazu überhaupt fähig bin…“ Jetzt sah sie Michiru an. „Verstehst du?“ machte sie einen Schritt auf sie zu, „Ich kann dir nichts versprechen, denn ich bin, was ich bin. Doch ich kann dir sagen, so wie für dich, habe ich noch niemals empfunden. Als Vampir nicht und auch als Mensch niemals. Wenn du jetzt nicht fürchtest, dich weiter meiner Natur zu stellen, dann schwöre ich dir jetzt und hier, dich niemals zum Vampir zu machen oder sonst etwas zu tun, was du nicht willst!“ Michiru sah sie nur schweigend an und rührte sich nicht. „Was sagst du?“ wollte die Vampirin wissen, „Wirst du bleiben oder wirst du gehen?“ Wieder entstand kurz Stille, die erneut von Haruka unterbrochen wurde. „Wenn du bleibst, musst du jedoch wissen, dass nicht nur die Werwölfe dich jagen werden. Auch Ayame will dich haben und ich kann dir leider nicht sagen, warum das so ist. Wahrscheinlich will sie nur, genau wie Kyosuke, mir alles nehmen und mich vernichten, doch ich habe das Gefühl, es steckt viel mehr dahinter. Ich glaube, du hast etwas, dass sie will und das ist nicht nur dein Blut. Sie wird dich jagen, auch wenn du mir den Rücken kehrst und das mit Garantie.“ Jetzt regte Michiru sich. „Sie…hat es auf mich abgesehen?“ brachte sie geschockt hervor, „Was, außer meinem Blut, sollte sie wollen? Ich habe nichts, was sie begehren könnte!“ „Vielleicht täusche ich mich auch“, trat Haruka nun vor sie, „Doch sie wird dich nicht in Ruhe lassen – dessen bin ich mir ziemlich sicher.“ „Haruka…“, wisperte Michiru und presste sich an sie, „Auch ohne Ayame würde ich nicht gehen wollen, doch ich gestehe, sie macht mir schreckliche Angst.“ Sie zitterte und Haruka legte schützend die Arme um sie. „Schon an dem Abend, als sie dich verletzt hat, habe ich wahnsinnige Angst vor ihr gehabt. Irgendetwas ging von ihr aus, etwas schrecklich Böses und Mächtiges. Ich konnte es ganz deutlich fühlen. Es hat nach mir gegriffen…“ Sie begann zu weinen. „Hab keine Angst Michi“, hauchte Haruka und streichelte ihr Haar, „Ich lasse nicht zu, dass sie dir zu nahe kommt! Niemand wird das!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)