Manus manum lavat von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 16: Guter Saiyajin - Böser Saiyajin ------------------------------------------- Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken; sie beleuchtet stets nur das Stück Weg, das wir bereits hinter uns haben. - Konfuzius   ~*~   - Kapitel siebzehn -   Bulmas Leben verlief seit vier Tagen harmonischer. Es war idyllischer geworden, seit ihre Freunde in den beiden leerstehenden Gästezimmern schliefen und der blauhaarigen Saiyajin jeden Morgen ein Lächeln ins Gesicht zauberten, anlässlich ihrer Anwesenheit. Insofern müsste es ihr doch gut gehen, aber etwas fehlte ihr. Es waren vermutlich die kleinen Streitigkeiten mit Vegeta, die die Capsule Cooperation mit Leben füllten, oder? Andererseits wachte sie nicht mehr mit quälenden Bauchschmerzen auf. Ihr Verstand musste sich nicht sorgen, wie sie den restlichen Tag überstand – all das war von ihr abgefallen, nachdem er vor vier Tagen in der Ferne verschwunden war. Demzufolge überwogen diese positiven Aspekte Vegetas fehlende Nähe doch deutlich. Und es hätte Bulma verdammt nochmal dazu anregen müssen, tanzend vor ihrem Spiegel zu stehen. Zumal auch Turles auf sie zugekommen war.   Turles, der Mann auf den sich Bulma konzentrieren wollte. Er war es, der sie ansprach, der... der sich nachträglich nach ihrem Wohlergehen erkundigte – trotz Chichis ridiküler Begrüßung, deren Verhalten ihr immer noch peinlich war und sie mehrmals andeutete, Turles nicht mehr über den Weg laufen zu wollen.   Aber das war nun mal Chichi. Ihre beste Freundin war authentisch, weshalb auch Turles darüber hinwegsehen konnte und im Gegensatz zu Vegeta, war Turles nicht hasserfüllt oder mit Drohgebärden abgehauen, sondern hatte ihnen weiterhin Gesellschaft geleistet. Waren das nicht eindeutige Anzeichen dafür, dass Turles ein gütiger, offener Saiyajin war – jemand, nach dem Bulma immer suchte und ihn wider Erwartungen auf Vegeta-Sei fand?   Es waren glückliche Fügungen, doch trotz allem wurde die Freude getrübt, bezüglich Vegetas Fernbleiben. So vernunftwidrig und hirnrissig es klang, Bulma vermisste diesen Starrsinn in seinen Augen. Ihr fehlten die Streitigkeiten wegen Banalitäten, zusätzlich hing sie Erinnerungen nach, die nicht gesund waren und womöglich die Bindung zu Turles schädigen würden. Dabei wollte sie diesem Saiyain eine Chance geben – nebst der kollektiven Erinnerungen mit Vegeta.   Aber wieso befasste sie sich so sehr mit dem saiyajinischen Prinz? Lag es an der Gewöhnung, weil er ständig in ihrer Nähe gewesen war? Immerhin hatte sie sich auch schnell an Son Goku gewöhnt. Himmel nochmal, Bulma hatte diesen naiven Jungen sogar in der ersten Nacht im Haus schlafen lassen, obwohl sie ihn nicht kannte – mit dem Unterschied, dass Son Goku damals erst zwölf Jahre alt gewesen war.   Inmitten ihrer Gedanken sah sie sich im Spiegel an – sie tanzte nicht, sondern kämmte stattdessen ihre nassen Haare. Darüber hinaus war ihr aufgefallen, wie schelmisch ihr Lächeln war, sobald sie an diesen präpotenten Prinzen dachte, der sein Ziel – ihr Leben zur Hölle zu machen – mit Bravur gemeistert hatte. Hinzu kam, dass sie auch gar nicht mehr wütend auf ihn war – konnte es scheinbar auch nicht, obgleich ihrer anhaltenden Bemühungen. Andernfalls hätte sie jedes Mal, wenn sein Name gedanklich gefallen war, ihrem Spiegelbild böse Blicke zugeworfen.   Aber das geschah nicht.   Nein, sie würde sich bloß selbst belügen, wenn sie ihre tiefer gehenden Gedanken unterbrach, die um Vegeta kreisten. Ferner blickte sie mittlerweile über ihre Schulter – zu der Stelle neben dem Lichtschalter, wo sie vor vier Tagen mit Vegeta gestanden hatte, ehe ihr Vater hereingekommen war und die Situation sich veränderte. Ihr Vater hatte das verhindert, wozu sie zu schwach gewesen war und ihr Körper sich gesehnt hatte – denn entgegen ihrer Wahrnehmung; so kalt Vegetas Herz auch war, umso mehr konnte sie die ausströmende Wärme seinerseits spüren, welche ein unerlässliches Kribbeln in ihr verursachte, das schrie, den nächsten Schritt zu wagen. Aber je unschuldiger ein Mädchen war, desto weniger wusste es die Methode der Verführung anzuwenden. Bulma hatte so hilflos gewirkt, was ihre Chance gewesen wäre, dem Treiben Einhalt zu gebieten, aber sie konnte sich nicht wehren. Sie wollte sich auch nicht länger dagegen wehren, da ihr Begehren – seine Haut zu berühren – ihre Neugier weckte. Unterdessen legte sie benebelt die silberne Haarbürste auf die Kommode zurück, wonach ihre Finger unselbstständig über das weiße Holz wanderten.   Wie wenig sie insgeheim doch von der Liebe verstand, wurde ihr auf Vegeta-Sei vor Augen geführt. All das, was sie mit der Liebe auf der Erde verband, existierte schlichtweg nicht auf ihrem Heimatplaneten. Vegeta-Sei zeigte ihr die abtrünnigen Schattenseiten, der Planet zeigte ihre Hilflosigkeit in Form der fehlenden Charakteristika eines Saiyajins auf, in Anbetracht auf ihre illusionären, irreführenden Wahrnehmungen der Liebe. Ihr liebliches Weltbild brach wie ein Kartenhaus zusammen, das auf einem Fundament aus Lügen erbaut wurde – und mit ihm all die wunderschönen Vorstellungen einer glücklichen Liebe.   Die blauhaarige Saiyajin war so tief in ihren Gedanken versunken, dass sie nach oben schreckte, als ihr das Klopfen bewusst wurde.   „Hey Bulma, bist du fertig?“, flüsterte Chichi betrüblich durch die verschlossene Tür, da sie bereits mehrmals gegen die Badezimmertür geklopft hatte. „Deine Mutter schickt mich – das Abendessen ist fertig.“ Außerdem wollte sie noch mit ihrer Freundin über die Zukunft sprechen und ob die Möglichkeit bestand, dass Bulma mit ihr zurück zur Erde kehren würde.   „Abendessen?“, wiederholte Bulma irritiert. Nach ihrem Zeitgefühl zu urteilen, war es früher Morgen, aufgrund ihrer müden Verfassung. Aber sowohl ihre Naivität, als auch ihre unausgereifte Reife ließen die junge Frau ermüden. „Ist es schon so spät, Chichi?“ Perplex rieb ihre Hand durch ihre blauen Haare, in der Hoffnung, die Berührung würde sie wachrütteln, doch je mehr sie es versuchte, umso härter wurde ihr klar, dass nicht die Müdigkeit schuld daran war, dass es Bulma nicht gut ging... Es lag an etwas anderem – an ihren verworrenen Gefühlen, die sie nicht eingliedern konnte.   Chichi hingegen blickte schmunzelnd zu ihren nackten Füßen. „Ja, Bulma. Es ist schon nach sieben.“ Zur selben Zeit – noch während sie sprach, es aber verdrängte – spürte die schwarzhaarige Frau eine unheilvolle, immer stärker werdende Erschütterung unter ihren wippenden Zehen. Es war dasselbe Beben, das die Erde vor vier Monaten heimgesucht hatte – unschön, laut, polternd. Ein ungutes Gefühl befiel Chichi. Ebenso wurde ihr Gehirn mit bösen Erinnerungen geflutet – vor Chichis schwarzen Augen flimmerten die Ereignisse vorbei, die das Leben der beiden Frauen maßgeblich verändert hatten. „Bulma? Bulma, kannst du... das spüren?“   Wo eben noch Lethargie herrschte, keimte Angst in der blauhaarigen Saiyajin auf, denn auch sie konnte das Beben deutlich spüren. Die vielen kleinen Haarnadeln vibrierten nervös auf ihre Kommode, während ihr blauer Schopf phlegmatisch zur Seite gedreht wurde. „Chichi?“   „Bulma?“ Ihre Stimme wurde immer schwächer, während das Poltern immer lauter wurde und drohte, Chichis Stimme zu verschlingen. Panik bereitete sich in ihren Körper aus – hergeleitet durch die lauten, hinzugekommenen, aggressiven Stimmen die von draußen zu hören waren. „Um Himmels Willen, hörst du das?“, flüsterte sie unbändig gegen die Tür, gegen die mittlerweile ihre Stirn gelehnt war. Das folgende Aufschlagen der Haustür vergrößerte Chichis Angst, woraufhin sie panisch die Badezimmertür öffnete und dahinter verschwand. Doch kaum war sie im Innern des Raumes, stieß sie auch schon gegen Bulma, die sich erhoben und zur Tür geeilt war. „Bulma, was... was ist da los?“, entfuhr es ihr auch sogleich, nachdem sie ihre Freundin erreichte und nach ihren Händen griff, die – wie ihre – zitterten.   „Ich weiß es nicht, Chichi. Ich... Ich bin genauso ratlos wie du“, erwiderte Bulma genauso ahnungslos wie ihr Gegenüber. Allerdings wollte sie – im Gegensatz zu Chichi – der Ursache auf den Grund gehen. Sie wollte herausfinden, wer für diesen Tumult im Haus verantwortlich war. „Aber wir müssen nachsehen, wer das ist.“   Als Bulma um Chichi herum nach dem Türgriff fassen wollte, wurde ihre ausgestreckte Hand zurückgehalten. „Bulma, du... du willst doch nicht etwa da runter?“ Fassungslos starrten schwarze Augen in blaue. „Bitte sag mir, dass du oben bleiben wirst.“ Jedoch kannte sie Bulma zu gut. Ihr war bewusst, was Bulma tun würde, weshalb sie ihren Rücken gegen die Tür presste, die Arme ausbreitete und ihren Kopf wild schüttelte. „Ich... Nein, ich lasse dich bestimmt nicht nach unten gehen“, beanstandete sie im Anschluss mit zitternder Stimme, da ihr insgeheim klar war, dass sie chancenlos gegen Bulma wäre, sollte sie es tatsächlich in Erwägung ziehen, nach unten zu gehen. „Das ist Irrsinn.“   Doch all ihre Bemühungen, mit Engelszungen auf die Saiyajin einzureden, führten nicht zum gewünschten Erfolg, nachdem ein folgenschwerer Aufschrei im Erdgeschoss zu hören war. „Ob Irrsinn oder nicht, ich muss nach unten“, entgegnete Bulma konsterniert und überzeugt davon, sich gegen Chichi durchzusetzen – vor allem, nachdem sie ihre Eltern schreien hörte.   „Bitte erinnere dich zurück, Bulma. Du weißt, was... auf der Erde passiert war, oder?“ Sie musste an die Vernunft der uneinsichtigen Saiyajin appellieren, die sich wissentlich in Gefahr bringen wollte. „Du weißt doch noch, was sie uns angetan haben?“   Innerhalb weniger Sekunden war ihre Traumblase zerplatzt, wodurch Bulma in die bittere Realität geworfen wurde. „Chichi, bitte. Du musst mich durch die Tür lassen.“ Natürlich verspürte sie – wie ihre Freundin – auch Angst, aber sie konnte nicht tatenlos stehen bleiben, in der Hoffnung, es würde genügen, die Situation auszusitzen. Das konnte und durfte Bulma nicht, da es sich um ihre Eltern handelte. Zudem würde sie – wenn sie sich im Badezimmer verschanzte – diese Ekeln in ihrer Machtposition bestärken. Bulma würde ihnen mit ihrem ängstlichen Verhalten suggerieren, dass sie sich alles erlauben konnten. „Ich muss nach meinen Eltern sehen“, fügte sie eindringlich hinzu, nachdem Chichi immer noch steif die Tür versperrte.   „Ich flehe dich an“, stotterte Chichi jedoch beflissen weiter, ohne Bulmas Sorgen zu erkennen. „Bitte bleib hier oben, Bulma. Wir... Wir können doch gar nichts ausrichten – sieh uns doch nur mal an.“ Grob griff sie nach den Schultern ihrer Freundin. Sie wollte Bulma schütteln, bis sie zur Einsicht käme, dass sie nichts unternehmen konnten.   „Nein!“, erwiderte sie entschlossen. Darauf bedacht, ihrem Gegenüber nicht wehzutun, stieß sie Chichi umsichtig zur Seite, nachdem sie unverkennbare Geräusche vernahm, die darauf hindeuteten, dass Schränke aus ihren Scharnieren gerissen und Stühle umgeworfen wurden. Hinzu kamen die quälenden Schreie ihrer Eltern, die Bulma verhalfen, sich an Chichi vorbeizuzwängen – ganz gleich, wie bitterlich Chichi zu weinen anfing. Doch bevor sie die Tür aufzog, sah sie über ihre Schulter – hinüber zu Chichi, deren Hände bibbernd vor ihrem Mund inne hielten. „Sobald ich aus der Tür bin, verbarrikadierst du sie, ok?“ Dass ihre Glieder gerade einfroren, aufgrund der anbahnenden Katastrophe, ignorierte Bulma geflissentlich. Ihre Motorik hatte ganz einfach zu funktionieren. Punkt.   „Das ist Wahnsinn“, wagte Chichi erneut den Versuch, ihre Freundin vor einer Dummheit zu bewahren. „Du kannst dich doch nicht in eine Situation stürzen, deren Ausmaße du nicht kennst – das ist lebensgefährlich, Bulma.“   Getrieben von ihren Emotionen, ruhte ihre Hand nervös auf der Klinke. Jede Wette würde Bulma eingehen, dass ihre Psyche womöglich irgendwann instabil werden würde, anlässlich der hier herrschenden Tyrannei. Es wäre nicht verwunderlich, würde Bulma irgendwann zusammenbrechen. Man musste sich nur ihr bisheriges Leben, das keinen guten Anfang fand, auf Vegeta-Sei ansehen.   Allerdings musste Bulma den Blick für das Wesentliche behalten, da sich weitere Diskussionen erübrigten. „Das weiß ich doch selbst, Chichi, aber -“ Sie wollte ihr gerade erklären, wieso sie so handelte, allerdings wurde sie von einem weiteren Beben unterbrochen, woraufhin die beiden Mädchen mit wackligen Beinen in die hintere Ecke des Zimmers getrieben wurden. Folglich gingen sie in die Hocke, um nicht zu stürzen. Des Weiteren gaben sie sich gegenseitig Halt. Sie umarmten sich, um sich Kraft und Trost zu spenden.   „Was... Was war das?“, schluckte Bulma erschrocken, nachdem sie sicherstellte, nicht den Halt zu verlieren. Anschließend sah sie nach oben – zur erloschenen Zimmerlampe. Allem Anschein hatte die Erschütterung Auswirkungen auf ihren elektrischen Speicher, der ihr Haus mit irdischem Strom versorgte.   „Ich weiß es nicht“, schluchzte die Angesprochene mühselig. Ihr Hals schmerzte bereits vom Weinen, sowie dem kräftigen Herunterschlucken der sich bildenden Klöße in ihrer Speiseröhre. „Ich weiß nur, dass ich nach Hause will – sofort.“   Das Weinen ihrer Freundin trug nicht dazu bei, dass sie nachdenken konnte. Von jetzt auf gleich musste Bulma überlegen, was sie tun konnten, da sich die Vergangenheit zu wiederholen schien – dieses Mal nur schlimmer... fataler. Bilder der Vergangenheit tauchten vor ihr auf und sie sah Turles. Den Saiyajin, den sie mochte und doch vor vier Monaten vor ihr gestanden hatte und sie zwang, mit ihr die Erde zu verlassen. Zudem bemerkte sie die Krämpfe in ihrer Magengegend, die ihr signalisieren wollten, dass sie es nicht wagen sollte, die Tür zu öffnen. Ihr Verstand wiederum empfahl ihr, das genaue Gegenteil zu tun – nach unten zu rennen und ihren hilfesuchenden Eltern beizustehen. Zuzüglich musste sie dafür Sorge tragen, dass Chichis Weinen den Eindringlingen nicht ihren Standort verriet.   „Chichi, bitte. Bitte beruhige dich doch“, versuchte sie dahingehend beruhigend und einfühlsam auf sie einzuwirken. Diesbezüglich war sie jedoch nicht sehr erfolgreich, da Chichi aufsprang, zum Fenster hechtete und dieses öffnete. Zeitgleich eilte Bulma zur Tür und drehte den Schlüssel zwei Mal herum, was – wie ihr aufging – nicht sonderlich helfen würde, die Einbrecher fernzuhalten. Schließlich war es Vegeta auch gelungen, die Stahlkette der Haustür mühelos zu zerbrechen.   Himmel nochmal, was konnten sie noch tun?   „Wir... Wir müssen hier weg“, schrie unterdessen Chichi verschreckt auf, während eine erneute Erschütterung das Haus heimsuchte und die Mädchen endgültig zu Fall brachte.   Am Boden liegend, sah Bulma hinüber zu Chichi, die indessen unaufhörlich weinte. Auch ihr standen Tränen in den Augen – verursacht durch die quälende Unwissenheit. Zusätzlich schmerzte ihre Hand, auf die sie gefallen war und ein unschönes Knacken im Innern die Folge war. Die immer mehr aufkeimende Angst – die ihr buchstäblich im Weg stand – nistete sich wie ein Parasit in Bulmas Körper ein und hinderte sie daran, besonnen zu handeln.   „Chi- Chichi“, röchelte Bulma daraufhin, aufgrund dessen dass sie mit ihrem Brustkorb auf ihre Hand gefallen war. „Hast... Hast du dir wehgetan?“, ächzte sie weiter, während aufgewirbelter Staub im sanften Blau, das der Abend verursachte, sichtbar wurde. Wie gerne wäre Bulma dem Licht, welches der aufgegangene Mond hineinwarf, entgegengelaufen? Aber wie hätte sie das bitteschön anstellen können? Welchen Weg gab es, dieses Minenfeld unverletzt und ungesehen zu durchqueren? Aber vielleicht bestand die Chance – wenn sie nur leise genug waren – nicht entdeckt zu werden? Allerdings war es vermessen, sich dieser schwachsinnigen Hoffnung hinzugeben, aufgrund der Tatsache, dass Saiyajins mithilfe ihrer Scouter jeden im Handumdrehen aufspüren konnte. Selbst wenn sie ihre Aura löschen könnte; der Scouter würde jegliche Position verraten – erbarmungslos.   „Bulma?“, flüsterte Chichi, deren verkrampftes Gesicht es nicht eher zugelassen hatte zu antworten. Inzwischen ebbte auch der Geräuschpegel im unteren Stockwerk ab, was Chichi jedoch keineswegs beruhigte – es verunsicherte sie bloß noch mehr. Hinzu kamen die unheimlich leisen Stimmen, die zuvor noch laut und deutlich zu hören waren. Das Schlimme aber war, dass... dass sie die flüsternden Stimmen hören konnte, was wiederum bedeutete, dass die Stimmen näher kamen.   Auch Bulma konnte es hören. „Shhh, Chichi. Wir müssen leise sein“, flüsterte sie schockiert hinter sich – noch immer auf dem Boden liegend. Parallel passte sie ihre Atmung den Schritten an, die sie hören konnte. Jede Stufe, die die Unbekannten erklommen, atmete Bulma leise aus. Ergänzend vernahm sie leise Klickgeräusche die den langen Flur vor dem Badezimmer mit ihrem unheimlichen Klang erfüllten und den Gamaschen von Turles' Stiefel gleichkamen. Das Unheil, das sich anbahnte, wurde von pulsierenden Schläfenadern, von brodelndem Blut, das durch die Adern der jungen Frauen schoss und vielsagender Angst begleitet. Beide Herzen – so unterschiedlich sie waren – schlugen unglaublich schnell und weder aus Bulmas, noch aus Chichis Mund waren irgendwelche Laute zu hören. Alles, was die beiden Frauen verraten könnte, waren ihre hektischen Atmungen, sowie ihr rauschendes, blasenschlagendes Blut. Ferner behielten ihre blauen Augen unterdessen den schmalen Türschlitz im Auge, den sie wunderbar sehen konnte, da sie in unmittelbarer Nähe auf dem Boden verweilte. Sie rührte sich keinen Millimeter, atmete jedoch kurz erleichtert auf, nachdem das Licht im Flur wieder ansprang und ihr mitteilte, dass scheinbar niemand vor der Tür stand.   Das war ihr Lichtblick – das spärliche Licht, das den Flur erhellte. Doch binnen weniger Minuten, wurde das Licht, das in Bulma den letzten Funken Hoffnung schützte, von den näher kommenden Schatten regelrecht verschlungen... Ebenso zerbarst ihre Hoffnung, wie eine eingeworfene Glasscheibe und ehe sie aufschreien konnte, schaffte es ihre Hand, sich flach auf ihren bereits aufgerissenen Mund zu pressen.   Grundgütiger, ihre Nerven lagen blank... Aber beide – Chichi und Bulma – mussten ihre Nerven behalten. Sie durften diese lebenswichtigen Seile, die ihren Körper zusammenhielten, nicht verlieren. Unter gar keinen Umständen. Als zu der draußen herrschenden Dunkelheit, aufgrund der Schatten, sich jedoch die passenden Stimmen hinzugesellten, war es um Bulma geschehen. Schweißperlen bildeten sich unmittelbar auf ihrer Stirn, die es allerdings bevorzugten, auf direktem Weg über ihre Stupsnase zu Boden zu tropfen – es glich einer gigantischen Explosion.   „Hier zeigt der Scouter weitere Auren an“, entfuhr es der fremden Stimme klanglos.   Und just in diesem Moment wusste Bulma, dass sie das Versteck-Spiel verloren hatten. Im Hinblick auf einen fehlenden Ausweg, schossen aus ihren Augenwinkeln heiße Tränen. Ihr Leben, so dachte sie, würde auf die nur denkbar grausamste Weise enden. Jedoch korrigierte die junge Saiyajin ihre Gedanken, so lange ihr noch die Zeit blieb – nicht jetzt endete ihr Leben... Es hatte schon geendet, seit ihrer Ankunft auf Vegeta-Sei...   Währenddessen mussten beide mit ansehen, wie unliebsam die Tür aufgebrochen wurde, die den Mädchen bis dato Schutz bot. Es genügte minimale Kraft, um die hölzerne Tür sprichwörtlich in die Knie zu zwingen. Das Licht, das folglich in das Zimmer drang, wurde sogleich von zwei wuchtigen, muskulösen Körpern verdeckt und hatte zur Folge, dass Chichis Aufschrei gar nicht mehr zu Bulma hindurchdringen konnte, da einer der Eindringlinge bereits zu der schwarzhaarigen Frau herangetreten war und mithilfe seiner Pranke ihren Mund verschloss. Indes ruckte Bulmas Kopf in Zeitlupe herüber, während vereinzelt blaue Strähnen ihre Nasenspitze kitzelten, bevor sie grob an den Beinen nach hinten gezerrt wurde. Mechanisch streckte sie ihre Hand aus, wollte noch nach der Hand ihrer wimmernden Freundin greifen, aber es war zu spät. Der Abstand zu Chichi wurde immer größer – wie eine Kluft, die sich zusehends vergrößerte.   „Das hier“, grollte der hochgewachsene Saiyajin höhnisch, nachdem er Bulma, sowie ihren zerbrechlichen Körper in Augenschein genommen hatte, „ist die Tochter des Professors.“   „Die Saiyajin?“   „Ja, sie ist saiyajinischer Abstammung.“ Die Nase des Mannes glitt über Bulmas Haaransatz, während seine Finger simultan ihren schlanken Hals umklammerten. „Du hast Glück, Mädchen – anders als die kleine Schwarzhaarige.“   „Lasst... Lasst sie in... in Ruhe“, krächzte Bulma. Ihr war es gerade noch möglich, ihren Kopf zur Seite zu drehen, angesichts der Übelkeit, die in ihr aufgestiegen war, nachdem sie den Atem des Fremden roch. Ihr Magen fuhr Achterbahn und doch verhielt sie sich still, zwang sich zusätzlich, sich nicht vor diesem widerlichen Aas zu übergeben.   „Briefs' Tochter brauchen wir nicht, oder?“, ertönte derweil wieder die Stimme des Fremden, dessen Hand in Chichis schulterlangen Haaren verschwand, um sie weiterhin problemlos in Schach zu halten. Ihre Kampfkraft lag bei zwei Prozent – deutlich niedriger als die Kampfkraft der Saiyajin, die sein Weggefährte in den Schwitzkasten nahm. „Nein, die brauchen wir nicht“, lachte er auf und neigte seinen Kopf nach unten, um Chichi zuzuflüstern: „Wir sind deinetwegen hier, kleines Fräulein, weil unser König“, sprach er ungeniert weiter und schlang seine Hand um ihren Hals, „es gar nicht gerne sieht, wenn sich Fremdlinge auf unserem Planeten herumtreiben – die zudem nicht mal den Schneid besitzen, sich zu melden und ihren Aufenthalt nicht rechtfertigen.“   „Das... Das wussten wir nicht“, stammelte Bulma vergeblich. Ihre Augen waren nach oben in ihre Höhlen gewandert, um Chichi ansehen zu können – wenngleich sie aufgrund ihrer Position alles kopfüber betrachten musste.   „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, elende Saiyajin“, spuckte der Saiyajin, der Chichis Hals immer fester umgriff. „Unser König ist sehr daran interessiert, wer deine kleinen Freunde sind.“   „Oder willst du uns sagen“, fauchte anschließend der größere der beiden Saiyajins Bulma an, „wer der Junge und das Mädchen sind?“   So kraftlos Bulma auch war, so sehr schätzte sie aber ihre Freunde, die ihr unendlich wichtig warten; hatten sie nicht etliche Strapazen auf sich genommen, um sie ausfindig zu machen, indem sie sich auf die nicht ungefährliche Suche nach den Dragonballs machten. Anders als sie, hatte Bulma ihren Mut noch nicht unter Beweis stellen müssen, denn bislang kam ihr immer jemand zur Hilfe – was dieses Mal wohl nicht passieren würde. Nein, Son Goku würde nicht kommen. Er würde weder Bulma, noch Chichi aus der brenzligen Situation – die sowieso unfair aufgeteilt worden war, angesichts der Kräfteverhältnisses – befreien können. Tränen der Verzweiflung rannen inzwischen über ihre glühenden Wangen, die Pein stand ihr ins Gesicht geschrieben, aber verraten würde sie nichts und niemanden – schon gar nicht ihre Freunde. Immerhin musste sie auf Vegeta-Sei lernen, wie bedeutungsvoll eine Freundschaft war; vor allem auf diesem vom Neid zerfressenen Planeten, dessen Bevölkerung dem anderen nicht mal die Butter auf dem Brot gönnte. Freundschaft konnte vieles überstehen, Freundschaften hielten grundsätzlich auch länger als Beziehungen, was sie zu schätzen gelernt hatte.   „Von mir“, begann sie bedrohlich zu flüstern, „erfährt ihr nichts – gar nichts!“ Begleitet von einem ekelerregenden Geräusch, sammelte sie ausreichend Speichel in ihrem Mund, bevor sie die gesamte Ladung in das Gesicht des Saiyajins spuckte, der nach wie vor über ihrem Körper verweilte und sein hässlich markantes Gesicht dem ihren näher brachte. So sehr es die blauhaarige Saiyajin anwiderte, aber genau das und noch viel mehr verdiente dieser Mistkerl, der gemeinsam mit seinem Komplizen in ihr Zuhause eindrang – hinein in ihre Privatsphäre, hinein in ihre Welt, in die sich Bulma stets zurückziehen konnte, wenn es ihr auf Vegeta-Sei zu viel wurde. Ferner zog sie ihre Augenbrauen zusammen, runzelte ihre Stirn und ihre blauen Augen blickten finster drein, ehe sie hinauf in das Gesicht des Saiyajins sah. „Da hast du deine Antwort, Dreckskerl!“, fügte sie knurrend hinzu.   „Ganz schon aufsässig, Kleine.“ Feixend wischte er sich den Speichel vom Gesicht, doch anders als von Bulma erhofft, hatte sich der Hüne die Nässe mithilfe seiner Finger in die Haare gekämmt – scheinbar als Zeichen dafür, sich mit dem Sekret seiner Feinde zu markieren; so, wie andere Stämme es schon vor ihnen taten. „Aber das treibt mich nur noch mehr an, dir jenes Verhalten ordentlich auszutreiben. Es ist ein Leichtes, aufmüpfige Mädchen gefügig zu machen, nicht wahr, Cado?“ Im Anschluss, um seiner ausgesprochenen Drohung Taten folgen zu lassen, indem er seine geballte Faust in ihren Magen schlagen wollte, unterbrach eine andere Stimme sein Handeln. Zischend hielt er in seiner Bewegung inne, stoppte vor ihrem Bauch und zeigte Bulma sein abfälligsten Grinsen: „Denk nicht, dass es das war, Mädchen.“ Angrenzend drehte er seinen Kopf zur Seite, bis er die Gestalt erkannte, die seine Autorität untergraben hatte.   „Es reicht, Totipa. Genug für heute.“   Den Blick über seine Schulter gerichtet, konnte der Eunuch den Neuankömmling erfassen. Allerdings wanderten seine Augen zu dem eingefallenen Gesicht der angeschlagenen Saiyajin zurück. „Es genügt noch lange nicht“, flüsterte er Bulma entgegen, während sein Daumen energisch über ihre Wange strich. „Niemand sagt mir, wann Schluss ist.“ Er sprach leise – so leise, dass nur Bulma ihn hören und seine folgende Handlung in Zeitlupe wahrnehmen konnte. Folglich schoss seine Hand um Bulmas Kopf, er ahmte die Handhabung seines Nebenmannes nach, infolgedessen sich seine Finger in ihrem blauen Haarschopf vergruben. Die Ausführung seiner unterbrochenen Handlung führte er fort; insofern war es nicht verwunderlich, dass das Mädchen aufschrie, nachdem sein gezielter Fausthieb in ihrem Magen landete. Unweigerlich darauf riss sie ihre Augen auf, bevor sie in den Armen des Saiyajins zusammenbrach.   „Totipa!“ Der hinzugekommene Saiyajin passierte die Tür, doch noch ehe er den Angesprochenen erreichte, hatte dieser Bulmas Körper gepackt, den er geistesgegenwärtig gegen die gegenüberliegende Wand katapultierte. „Bist du übergeschnappt?“, entkam es dem Saiyajin daraufhin, der abschließend Totipa zur Seite stieß und zu Bulmas reglosem Körper herantrat. „Das war unnötig.“   „Turles“, knurrte Totipa genervt, während seine Hand den überschüssigen Speichel aus seinen Mundwinkeln entfernte. „Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein, kapiert? Das Mädchen war störrisch. Ich habe ihr nur Manieren beigebracht, da sie scheinbar vergessen hat, wer hier den längeren Atem hat.“   Aber anstelle von Turles war es Chichi, die für wenige Sekunden ihre Angst vergaß und brüllte: „Du mieses Arschloch, spinnst du?“ Energielos hatte sie diese bösartige, hinterhältige Aktion mit ansehen müssen, ohne etwas unternehmen zu können. Der grenzenlose Zorn, der sie übermannte, konnte ihre Angst hervorragend hinunter spielen, was ihr nur zugute kam. Andernfalls hätte sie sich niemals getraut, diesem Sadisten verbal entgegenzutreten. „Du hast wohl nicht mehr alle Nadeln an der Tanne. Was fällt dir ein, dich an einem wehrlosen Mädchen zu vergreifen?“ Chichi wollte sie losreißen, sie wollte zu Bulma, doch musste sie recht schnell erkennen, wie leicht es den Saiyajins gefallen war, sie bewegungsunfähig zu machen, indem ihr Wächter ihre Arme hielt, sie einige Zentimeter vom Boden hob und ihren Körper mühelos unter seinen Arm klemmte.   „Hör zu, Erdlingsmädchen“, brummte der von Chichi gescholtene Saiyajin, dessen Finger knackten, nachdem er an Bulma herangetreten war und das Fenster öffnete, durch welches sie gleich gemeinsam fliegen würden. „Du hältst besser deinen Mund, denn du“, betonte er gehässig, „hast noch weniger Rechte als diese erbärmliche Saiyajin. Ich rate dir, die Füße still zu halten. Ansonsten findest auch du dich in der Ohnmacht wieder – wie deine kleine, beklagenswerte Freundin, für die es besser gewesen wäre, mit uns zu kooperieren, statt uns zu hintergehen.“   „Nein, sie -“   „Schweig! Deine Freundin ist eine Saiyajin, und trotzdem hintergeht sie ihr Volk. Sie steht auf deiner Seite und verschweigt uns sowohl deinen Namen, als auch deine Herkunft.“ Schnaubend kehrte er der Menschenfrau den Rücken zu und wandte sich an Turles. „Was ist mit dir? Fliegst du mit zum Palast?“   „Nein“, winkte Turles desinteressiert ab.   „Dann eben nicht“, verabschiedete sich Totipa großkotzig und anstatt seinem Gefährten aus dem Fenster zu folgen, schritt er zur Badezimmertür und wählte den Weg nach unten – womöglich um Doktor Briefs' mit zum Palast zu nehmen.   Erst als beide Saiyajins verschwunden waren, ging Turles in die Hocke. Sanftmütig strich er die zerzausten blauen Strähnen aus Bulmas Gesicht. „Du hast deinen Mut an falscher Stelle eingesetzt, Mädchen“, äußerte er leise, wohl wissend, dass Bulma bewusstlos war und ihn nicht hören konnte. Ebenso wenig würde sie bemerken, wie Turles ihren geschwächten Körper auf seine Arme hievte und ihren Kopf vorsichtig gegen seine Schulter lehnte, ehe er mit ihr verschwand.     ~*~     Schweißgebadet kam er dem Haus immer näher, das äußerlich einen normalen Eindruck machte – als wäre nichts ungewöhnliches darin geschehen. Allerdings war Radditz' Hilfeersuchen ausreichend, um die Ausmaße im Innern erahnen zu können. Schneller als ein Blitz war Vegeta geflogen. Kakarotts Bruder hatte massive Probleme mitzuhalten, aber das war weniger primär im Bezug auf dessen, was ihn im Haus erwartete. Das war es, was den Königssohn beunruhigte – das Ungewisse. Vor allem weil es das Mädchen betraf, dem er sich besser nicht mehr hätte nähern sollen, weil sie Emotionen in ihm auslöste, die ihm völlig fremd waren. Außerdem waren die Wort seines Spions ein weiteres Indiz dafür, dass es Ärger geben könnte – riesigen Ärger. Dennoch landete er hastig, aber immer noch gekonnt vor der zerbrochenen Tür, deren Einzelteile in der Eingangshalle des Hauses zerstreut waren und wäre Vegeta kein geübter Flieger, hätte seine Landung auch in einer gewaltigen Bruchlandung enden können. Augenblicklich merkte er aber die dort herrschende Ruhe – niemand war zu hören, geschweige denn zu sehen, was ihn zur äußersten Vorsicht zwang, da es nur zwei Schlussfolgerungen gab. Entweder waren er und Radditz zu spät, oder die Eindringlinge versteckten sich und bauten darauf, die beiden Saiyajins in einen Hinterhalt zu locken.   Eines der beiden Szenarien würde eintreffen und Vegeta wäre kein stolzer Saiyajin, würde er sich nicht selbst davon überzeugen und den unverkennbaren Tatsachen ins Auge sehen.   „Shhh“, flüsterte der Prinz durch seinen halb geöffneten Mund, auf dem sein Zeigefinger ruhte. Um seiner Warnung mehr Ausdruck zu verleihen, schlich er vor Radditz zur zerstörten Tür, da sie nicht wussten, womit sie es zu tun bekämen, sobald sie einen Fuß in das Innere setzten. Aus diesem Grund zog er die Vorsicht seines Übermutes vor, trotz dessen, dass er immer darauf bedacht war, jederzeit – und dank seiner Reflexe rechtzeitig – anzugreifen, doch wollte er derjenige sein, der seine Gegner überraschte; nicht umgekehrt, was zugegebenermaßen auch seinen Reiz hätte, sofern es nicht Bulma betreffen würde.   Nebenbei betätigte er nacheinander die Knöpfe seines Scouters, während er auf irgendeine Reaktion wartete. Derweil trat er näher an die Tür heran, nachdem sein Scouter ihm zwei schwache Auren mitteilte.   „Radditz?“   „Ja?“, wisperte er genauso leise.   „Es befinden sich bloß zwei Auren hier. Was hat das zu bedeuten?“ Sein strapazierter Geduldsfaden wurde noch mehr auf die Probe gestellt. Es fehlte nicht mehr viel und das dünne Bändchen, das einen Ausraster seinerseits bisher vermied, würde reißen. „Wieso werden uns nur zwei Auren angezeigt, verdammt nochmal?“   „Ich... Das kann ich dir auch nicht erklären, Vegeta. Wie auch?“ Radditz war unweigerlich zum Palast aufgebrochen, nachdem er die zwei fremden Saiyajins in der Nähe des Hauses bemerkte. Ohne darauf zu warten, dass sie in das Haus eindrangen, war Radditz losgeflogen, um mit Vegeta rechtzeitig wieder hier zu sein, aber die Unbekannten waren allem Anschein nach schneller. „Ich bin sofort zu dir gekommen, aber es hat gedauert, bis man mich zu dir ließ. Ich muss dich ja nicht daran erinnern, dass ich ein Low-Level-Kämpfer bin, dem man den Zutritt zum Palast verwehrt, oder?“ Konnte oder wollte Vegeta sein Engagement nicht wertschätzen? Denn im Gegensatz zu dem stolzen, unfehlbaren Prinzen, bemühte sich Radditz wenigstens und tat das, was Vegeta verlangte.   „Das ist mir scheißegal!“, entfuhr es ihm wütend und packte Radditz' Kragen, um ihn zu sich nach unten zu ziehen. „Durch dein Verhalten sind wir gezwungen, etwas zu unternehmen – ohne zu wissen, was uns erwartet. Ist dir das überhaupt klar?“ Er hätte sich gerne seine zu Berge stehenden Haare gerauft, doch stattdessen fuhr er knurrend fort: „Wieso hast du nicht gewartet?“   „Was?“ Vor Entrüstung klappte seine untere Mundhälfte nach unten. Warten sollte er? Nun, vorausgesetzt Radditz hätte gewartet, so wusste er – nein, er war sich sicher –, dass das dem königlichen Besserwisser auch nicht gepasst hätte. Grundsätzlich fand Vegeta nämlich immer ein Haar in der Suppe, er fand immer einen Grund, Radditz zurechtzuweisen – egal in welcher Form. „Ich dachte, es wäre vernünftiger, wenn ich dich über diese Veränderung sofort in Kenntnis setze. Deswegen bin ich sofort los geeilt – noch ehe die beiden Saiyajins die Tür aufgebrochen haben.“   „Hör auf zu denken!“, erwiderte er als er über seine Schulter blickte. Anschließend drehte er sich kopfschüttelnd um und ging weiter. Ähnlich wie in Radditz' Behausung, war auch hier Dreck und Staub aufgewirbelt worden, wenn auch aus anderen Umständen – Radditz war schlichtweg zu faul, seine Hütte sauber zu halten. Und ständig konfrontierte man Vegeta mit so etwas bösem wie dem vor ihm befindlichen Szenario und wäre er nicht der Prinz, wäre er gewillt, vielleicht Mitleid zu empfinden, aufgrund der Tatsache, dass man dieser Familie bereits genügend Leid angetan hatte. Schließlich wurden sie auf unliebsame Weise wieder zurück nach Vegeta-Sei geführt, Bulma durchlebte vermutlich die letzten Monate die Hölle, angesichts der fehlenden Erfahrung als Saiyajin. Aber Vegeta war nicht fähig, Empathie zu empfinden – so gerne er gewollt hätte. Nein, er war ein böser Saiyajin, ein kaltes, herzloses Geschöpf, dem es nicht vergönnt war, etwas so triviales an sich heranzulassen. Wenn er jedoch mit sich selbst im Reinen bleiben wollte, musste er sich eingestehen, dass er diese Empfindungen auch gar nicht wahrnehmen wollte. Er wollte so bleiben wie er war – rachsüchtig, elitär und grausam. Attribute, mit denen er sich besser auskannte als mit dem, was ihn in letzter Zeit heimsuchte.   Inzwischen war er über die herausgebrochene Tür gestiegen, passierte auf leisen Sohlen den Eingangsbereich und suchte gezielt nach der Aura, die ihm am nächsten war. Demgegenüber wies er seinen Begleiter per anhaltender Handzeichen an, nach der anderen schwachen Aura zu suchen. Hektisch deutete sein Zeigefinger zum Nebenzimmer, das sich neben der Küche befand und durch einen mit Stuck verzierten Rundbogen erreichte. Mit Sicherheit sähe ihre stumme Unterhaltung für einen Außenstehenden lustig aus, doch was in diesem Moment so lustig aussah, war für Vegeta ein lebenswichtige Situation. Beide Freunde befanden sich in einer höchst brisanten Lage, die augenblicklich – wenn sie unvorsichtig wurden – umschwenken und zur Gefahr werden konnte. Immerhin bestand die Gefahr, im Fadenkreuz der Angreifer zu landen, wenngleich sein Scouter ihm nur die beiden Auren anzeigte, die sie bereits lokalisierten. Aber man wusste nie. Schließlich sprach Bulmas Vater schon davon, dass Saiyajins im Stande sein könnten – sofern sie trainiert genug waren – ihre Aura zu minimieren, im schlimmsten Fall sogar zu löschen.   Aber so weit dachte der Thronerbe Vegeta-Seis nicht. Niemand den er kannte, war mächtig genug. Nicht einmal sein eigener Vater und entsprechend seiner Vorsicht, erreichte er zuerst die offene Küche. Höchst konzentriert lugte er um die Ecke. Vor ihm türmte sich das Ausmaß der vorhergegangenen Zerstörung in seiner vollen Pracht aus, in Form sämtlich aufgerissener Küchenschränke und zu Boden geworfener Stühle. Das Porzellangeschirr ihrer Mutter lag in Scherben auf den verstaubten Fliesen, das dazugehörige Mobiliar wurde mutwillig zerstört. Doch das erschreckendste was er vorfand, waren die schwarzen Haare, sowie eine bewegungslose Hand, die unter dem Tisch hervorragte – umgeben von einer Blutlache.   Das Wimmern ließ darauf zurückschließen, dass es sich um eine Frau handelte... Eine ältere Frau, deren Haare schwarz waren. So schwarz, dass es sich nur um... um Bulmas Mutter handeln konnte.   Unverzüglich eilte er zu dem Tisch und warf die sperrigen Holzbretter – die Panchy Briefs begruben – von ihrem Körper, ehe er sie hinausziehen und zur Seite drehen konnte. Glücklicherweise sah er auch sofort, dass sich ihre Brust hob – sie atmete, was er sogleich kontrollierte, indem er sein Ohr wenige Zentimeter über ihren Mund hielt.   „Ve- Vegeta“, hüstelte Panchy leise, aufgrund des Staubs, der sich in ihrem Mund festgesetzt hatte. Zeitgleich platzierte sie ihre zitternde Hand auf dem stählernen Unterarm, wonach sie spüren konnte, wie die dazugehörige Hand ihr dabei half, sich aufrecht hinzusetzen. „Was... Was tust du hier?“, ächzte sie schmerzverzerrt und nachdem ihre Finger vorsichtig ihren Körper berührten, konnte sie erahnen, woher der Schmerz und das Blut kam. Über ihre Stirn zog sich eine klaffende Wund, dessen Blut ihr sonst geschminktes Gesicht in ein tiefes Rot verwandelte. „Wieso... bist du hier?“ Zu konfus war sie, um ihr Gegenüber aufzuklären.   „Das spielt keine Rolle“, murrte er ihr entgegen. Dass er Radditz den Auftrag erteilt hatte, Panchys Tochter zu beschatten, würde sowohl Radditz', als auch sein Geheimnis bleiben, was beide Saiyajins mit ins Grab nehmen würden. „Sagen Sie mir lieber, ob noch andere im Haus sind?“ Dazwischen drehte er immer wieder seinen Kopf umher, allerdings war Radditz noch nicht in der Küche aufgetaucht, was jedoch kein Beinbruch war – passiert war ihm sowieso nichts, denn Vegetas Scouter teilte ihm mit, dass Radditz' Energie konstant geblieben war. „Ich muss wissen“, begann er nochmals nachdrücklicher, „ob noch jemand hier ist?“   „Ich... Ich weiß es nicht“, stöhnte Panchy, deren Hand zu ihrer Stirn fuhr. „Ich weiß auch gar nicht, was... was los ist, geschweige denn, wieso... das alles passiert?“ Im Nachhinein sah auch sie sich benommen um. Panchy war es unerklärlich, wieso ihre Familie überfallen wurde, während sie – ihr Mann, Yamchu und sie selbst – am Tisch saßen und auf die Mädchen warteten. Des Weiteren analysierten ihre geschwollenen Augen weitere Verletzungen auf ihrem Arm, herbeigeführt durch das heiße Essen, das man ihr wohl absichtlich darüber verschüttete. „Ich habe lediglich gehört“, schluchzte sie weiter, „dass jemand zurückgekommen war, nachdem wir dachten, dass die Gefahr vorbei wäre und meinen niedergeschlagenen Mann mit sich zerrte.“ Während ihrer Erzählungen rannen Tränen ihre Wangen hinab. Es war ein bizarres Bildnis, da Vegeta etwas so trauriges nie mit Panchy Briefs in Verbindung gebracht hätte. Er hätte – wäre er nicht selbst Zeuge ihrer Tränen geworden – sogar geglaubt, dass Bulmas Mutter nie Tränen vergoss, angesichts ihrer Fröhlichkeit.   „Sie warten hier!“, befahl Vegeta. Als er sich jedoch erhob, bemerkte er ihre Hand auf seinem Unterarm.   „Vegeta, was... was passiert hier und... und wo ist mein Kind?“   Er entschied sich gegen eine Antwort. Der Mutter des Mädchens – das ihn unwahrscheinlich faszinierte, aus Gründen, die er nicht kannte – konnte er nicht die Wahrheit sagen. Dass Bulma womöglich im Palast war, das... das konnte er nicht erwähnen, weil es wiederum mit ihm in Verbindung stand. Schließlich war Vegeta der Prinz, der folglich im Palast lebte. Stattdessen stand er wortlos auf und verschwand im angrenzenden Nebenzimmer, wo er Radditz, sowie einen ihm unbekannten, bewusstlosen Mann vorfand.   Wer war dieser Mann, dessen Haare so schwarz wie die eines Saiyajins waren, seine Kraft jedoch der eines saiyajinischen Kriegers nicht würdig war?   „Kennst du den Jungen?“ Säuerlich drehte Kakarotts Bruder den ohnmächtigen Körper, bevor seine Hand in dem schwarzen Haar verschwand, so dass er den Kopf des Mannes grob nach oben halten konnte, wodurch es seinem Gegenüber möglich war, in das Gesicht zu blicken.   „Das fragst du mich?“, entgegnete Vegeta prosaisch. „Solltest nicht du wissen, wer das ist?“   „Was denkst du, Vegeta?“, entfuhr es dem Größeren fassungslos. „Denkst du, ich bin zu ihr gegangen à la: 'Hey Kleine, ich werde dich 'n bisschen verfolgen.'? Ich hab sie natürlich beobachtet, aber sie war immer alleine, wenn ich -“   „Ich sagte aber, dass du ihr Schatten sein sollst, verdammt!“ Himmel nochmal, was hatte Radditz in den letzten vier Tagen gemacht? Diesbezüglich hätte Vegeta aus der Haut fahren können, doch stattdessen beugte er sich nach vorne und umfasste selbst das Kinn des Mannes, um ausgiebiger die schlaffen Züge desjenigen zu betrachten. „Nein, ich kenne das Gesicht nicht, aber nur er und ihre Mutter sind hier – niemand sonst.“ Er würde noch gänzlich die Nerven in diesem Chaos verlieren, aufgrund der Ungewissheit. Niemand war hier, der ihm eine plausible Antwort liefern konnte. Darüber hinaus trieben ihn seine Sinne in den Wahnsinn, weshalb er angewidert das Kinn des Fremden losließ, ehedem er in die Küche zurückkehrte – zu ihrer Mutter, die die Kraft gefunden hatte, sich auf einen herangezogenen Stuhl niederzulassen.   Auch Radditz war ihm gefolgt. „Vegeta, lass uns zurück, bevor jemand -“   „Sei still“, verkündete er ruhig, woraufhin er seine Augen schloss um sich intensiv mit seiner Umgebung zu befassen. Zusätzlich dachte er über Radditz' Einwurf nach, dass möglicherweise jemand zurückkommen könnte, um nachzusehen, dass die verrichtete Arbeit sauber vonstatten gegangen war. Aber selbst wenn... Vegeta wäre bereit, demjenigen gegenüberzutreten. Der Prinz resümierte den Ablauf und egal, wie oft er über die Periodizität des Überfalls spekulierte; immer wieder kam er zu dem Entschluss, dass es sich hierbei um einen Auftrag des Palastes handeln musste – eine Verpflichtung, gesteuert von der Hand des Teufels.   „Vegeta.“   Langsam fuhren seine Lider nach oben, sein entschlossener Blick suchte den ihrer Mutter, die ihn prompt erwiderte. Wenn dies das Werk seines Vaters gewesen war, musste er den Antrieb dafür in Erfahrung bringen. „Haben diese Leute irgendetwas gesagt?“   „Ich... Nein, ich... ich glaube nicht“, murmelte Bulmas Mutter betroffen, während sie ihre ineinander gefalteten Hände in ihrem Schoß knetete.   „Oder Ihnen etwas vorgeworfen?“, schob Vegeta die nächste Frage hinterher. Zwar war für eine derartige Befragung gar keine Zeit, aber er musste sich die Zeit nehmen, die so schnell verstrich, bevor er noch ins Blaue hinein handelte. Es regte ihn per se auf, sich an Kleinigkeiten aufzuhalten, aber hellsehen konnte er nun mal auch nicht. „Wissen Sie wenigstens, wieso man Ihren Mann mitgenommen hat?“   „Ich weiß es nicht, Vegeta“, brach es verzweifelt aus Panchy heraus, nachdem sie die Hände vor ihr Gesicht schlug und versuchte, die ausbrechenden Tränen dahinter zu verbergen. Ihre folgenden Worte waren daher nur gedämpft zu hören. „Mein... Mein Mann, Yamchu und ich wurden überrascht. Ich... weiß noch nicht einmal, wohin man Bulma und... und Chichi gebracht hat.“   „Yamchu und Chichi?“, hakte Radditz nach, während er unbemerkt – jedoch verwirrt – zu dem Nebenzimmer sah, in dem der bewusstlose Mann lag. Wie auch Vegeta, war ihm das Gesicht des Mannes unbekannt. Ebenso der Name, der ihm – sofern er Radditz' bekannt vorgekommen wäre – Aufschluss darüber hätte geben können, wo der Mann eventuell lebte.   „Ja. Sie sind... Freunde meiner Tochter. Mithilfe der Dragonballs kamen sie hierher – von der Erde“, gestand Panchy, die mit ihren Ausführung sonst eher sehr prägnant war und ihr Wohlwollen, bezüglich attraktiver Männer plakativ zum Ausdruck brachte, doch aufgrund der kritischen Situation, blieb jenes Verhalten auf der Strecke.   Im Hinblick darauf, was Bulmas Mutter offenbarte, gelang es Vegeta, die Glasscherben in seinem Kopf zügig zu einem gesamten Puzzle zusammenzusetzen. Er konnte anhand ihrer Schilderungen Parallelen erkennen, die auf denjenigen zurückführten, der für diese Konfusion verantwortlich gemacht werden konnte – sein Vater, dem es zu Ohren gekommen sein musste, dass sich Erdlinge auf Vegeta-Sei befanden. Menschen, die von der Existenz ihres Planeten gar nichts wissen dürfen, angesichts ihrer mangelnden Weitsicht und der Annahme, dass Menschen alleine im Universum lebten. Vegeta wurde auch klar, wieso es so weit gekommen war, er konnte sich denken, was der Auslöser war – sein Vater fühlte sich bedroht, da die Erdlinge es geschafft hatten, hierher zu kommen.   Aber wer überfiel die Familie, die Vegeta wie einen Freund aufgenommen hatte? Wer, verflucht? Und woher wusste sein Vater von Bulmas Freunden? Es waren Fragen, die Vegeta nicht beantworten konnte. Nicht einmal Radditz war darüber informiert, hinsichtlich der Anwesenheit ihrer Freunde. Es folgten böse Seitenblicke zu Vegetas angeblich wachsamen Ersatzaugen, die Radditz bemerkte und augenblicklich die Hände hob, um seinen Nebenmann stumm zu beschwichtigen. Daraufhin wandte sich Vegeta bloß zischend ab. Andernfalls wäre er geneigt, Radditz einen derart festen Schlag zu verpassen, dass selbst der heilige Drache Polunga ihn nicht wiederfände.   „Wohin gehst du, Vegeta?“, hielt stattdessen Panchy ihn mit erhobener Hand zurück. Aufstehen war ihr noch nicht möglich gewesen – zu sehr zitterten ihre Beine, zu aufgewühlt waren ihre Gedanken. Dass sie scheinbar vergaß, dass Vegeta in diesem Haus nicht mehr Willkommen war, war ein weiterer Grund für den Prinzen gewesen, sie alleine zurückzulassen. Er konnte und wollte nicht mehr in die verzweifelten Augen blicken, auf deren stumme Fragen er sowieso keine Antwort hatte. Zudem fürchtete er sich vor einer weiteren Enttäuschung, die eintreffen würde, wenn er ihr sagen müsste, dass er nicht wusste, wo sich Bulma befand.   ~*~   Der wissende Gesichtsausdruck in König Vegetas Gesicht, den er seinem rechtmäßigen Erben zuwarf – nachdem dieser wütend den Thronsaal erreicht hatte –, sagten mehr als eintausend Worte. Vegeta musste kein Experte sein um zu verstehen, dass er mit dem, worüber er den ganzen Weg zum Palast spekulierte recht hatte. Nachdem die Erdlinge, sowie deren Standort auf Vegeta-Sei lokalisiert worden war, informierte man den König unverzüglich, der natürlich wissen wollte, wie es Menschen – die mit ihren rückständigen Maschinen Jahrtausende nach Vegeta-Sei bräuchten – gelungen war, diesen in einer so kurzen Zeitintervalle zu erreichen. Zudem wollte er wissen, wer die Menschen über die Existent ihres Heimatplaneten in Kenntnis setzte. Immerhin war die saiyajinische Rasse ein gefürchtetes Kriegervolk, das man ungern freiwillig aufsuchte. Zwar hielt der Tourismus die Wirtschaft Vegeta-Seis am Leben, aber Vegeta-Sei wurde von Geschöpfen beurlaubt, deren Kampfkraft deutlich über der eines Menschen lag. Zusätzlich war es nur auserwählten Völkern gestattet, ihren Planeten zu bereisen, mit denen Saiyajins Handel betrieben. Und selbst das war kein Garant dafür, dass Erdlinge über den Bestand der Saiyajins Bescheid wussten, da die erkorenen Völker das Dasein der Saiyajins nicht weitertrugen – schon gar nicht zu Erde. Saiyajins bevorzugten es, unerkannt zu bleiben. Auch, weil es für gewöhnlich so war, dass man – wenn Saiyajins zum Angriff übergingen und einen Planeten zur Auslöschung aufsuchten – die Augen eines Saiyajins zuletzt sah, bevor man das Zeitliche segnete.   Das gehässige Lachen seines Vaters war ihm während des gesamten Weges, der ihn immer tiefer in den Palast führte, im Gedächtnis geblieben. Diese markanten, sehr straffen Zügen wurden durch ein kaltherziges, böses Lachen vertrieben, nachdem er Vegeta darüber informierte, dass er von den magischen Kugeln und deren Verbleib wusste.   Es fuchste ihn, dass der König bezüglich der irdischen Dragonballs bereits im Bilde war – war es doch Vegetas Freifahrschein, der es ihm ermöglicht hätte, seinen Vater erpressbar zu machen. Aber nein, das war nach der Aussage des Erdenmädchens, welches sein Vater sofort befragt hatte, zunichte gemacht worden. Demnach sollte er das Weib aufsuchen, das nicht nur seinem Vater half, sondern auch nützlich sein könnte, im Hinblick auf Bulmas Aufenthaltsort. Denn im Palast war das blauhaarige Weib nicht, verdammt. Und niemand besaß die Güte, ihm mitzuteilen, wohin man die junge Saiyajin gebracht hatte, deren Sicherheit Vegeta unbedingt sicherstellen wollte. Und das Schlimme war... Vegeta erkannte Parallelen zu sich und dem Verhalten seines Vaters. Der König war dasselbe Monster und hatte diese Facetten an seinen Sohn weitergegeben. Es war schrecklich, wenn man das erkannte und die eigene, ekelerregende Medizin schlucken musste, anlässlich der Erkenntnis, dass man – wäre man in der Position des Königs – genauso gehandelt hätte.Es war ein abartiges, widerwärtiges Gefühl, wenn der Charakter-Spiegel einem vorgehalten wurde. Durchweg war Vegeta überzeugt, dass es nichts Gutes gab – weder auf Vegeta-Sei, noch in den Köpfen der jeweiligen Bewohner – und er selbst war nicht gewillt, dazu beizutragen, diese Welt besser zu machen. Vegeta wäre der Letzte, der soviel Selbstlosigkeit aufbringen würde, aber sie... Bulma strahlte all das aus, wovon der Prinz stets dachte, dass diese Dinge nie existent seien. Das Mädchen war – so diffus es sich anhörte – der Beweis, dass es Dinge gab, die man wertschätzen und schützen musste; eben wie der Fortbestand der saiyajinischen Rasse und Bulma war... Sie war die letzte Blume, die auf Vegeta-Sei blühte.   Was ihre Freundin betraf, so erhoffte sich Vegeta Informationen, die ihm Einblicke in das Geschehene gewähren sollte, weshalb ihn auch seine Füße zügig die kalten, von Moos überzogenen Steinstufen hinabführten. Bevor er die gesuchte Zelle im Untergeschoss des Schlosses erreichte, hatte er sich zuvor eine Fackel – die die Wege in die Kerker zum Teil erleuchteten – aus dessen Verankerung geschnappt. Anschließend passierte er die störrischen Wachen, durchquerte die immer dunkler werdenden Flure und kam dem Mädchen somit immer näher. Je tiefer er hinabstieg, umso mehr konnte er die Feuchtigkeit in dem alten Mauerwerk fühlen. Die Tropfen, die von der Decke zu Boden stürzten, erzeugten einen unheimlichen, wehklagenden Klang, sie spielten die Melodie der Einsamkeit, der man hier unten ausgesetzt war. Die stinkenden Tropfen waren die Wiegenlieder der Gefangenen...   Seine Schritte wurden immer schneller, bis er schlussendlich vor ihrer Zelle ankam. Dahinter konnte er die schwache Aura wahrnehmen, was ihn jedoch nicht abschreckte. Im Gegenteil. Vom Zorn getrieben, riss er die Tür auf. Taktisches Vorgehen erschien ihm hier eher hinderlich, statt nützlich, weshalb er darauf verzichtete. Ob ihn seine Wut weiterbringen würde? Unwahrscheinlich, aber rationales Denken war in Anbetracht der hiesigen Situation nicht mehr möglich. Aus diesem Grund schloss er knurrend die Tür, ließ die Fackel in eine der Pfützen fallen und verschränkte die Arme, nachdem er ihr aufgeschrecktes Keuchen hörte.   „Wo ist sie?“, stellte er formlos die wohl wichtigste Frage. Ferner hallten seine Schritte unheilbringend durch die Zelle, wohingegen der mit einkehrende, kalte Luftzug seine Haare hin und her wehen ließ.   „Wer... Wer bist du?“ Chichis Rücken tat unheimlich weh, trotzdem presste sie ihre Knochen gegen die kalte Wand – soweit es ihr möglich war. „Ich... Ich habe doch schon alles gesagt, was... was ich weiß.“   „Wo?“, skandierte Vegeta.   Röchelnd presste sich Chichi, deren Haare in ihrem kreidebleichen Gesicht kleben, immer mehr gegen die Wand. Ihr Gesicht neigte sie zur Seite, um der dunklen Silhouette nicht entgegenblicken zu müssen, doch die schweren Eisenketten – die sich tief in ihre blasse Haut fraßen – erschwerten ihr die Flucht vor dem Unausweichlichen.   „Ich... Ich weiß es nicht. Wirklich nicht“, wisperte sie ihm erschöpft entgegen. „Ich bin doch nur hier, weil... weil ich Bulma besuchen wollte. Ich wollte doch nur wissen“, hechelte sie weiter, „ob es ihr gut geht, nachdem sie... einfach verschwand.“ Ihre schwarzen Augen huschten unterdessen aufgeregt in ihren Höhlen umher, kullerten von dem einen zum anderen Augenwinkel. „Plötzlich gab es die Erschütterung. Hätte ich gewusst, welche Ausmaße -“   „Wo ist das Mädchen? Wohin hat man sie gebracht?“ Er wollte ihre ach so grausamen Erlebnisse nicht hören. Bulma hatte mit ihm viel schlimmeres erlebt und dieses Weib vor ihm machte schon schlapp, obwohl er noch gar nicht angefangen hatte, mit ihr – auf seine Weise – zu reden. „Ich will wissen, wo sie ist, verdammte Scheiße!“ Dieser Erdling war... so schwach, so bemitleidenswert, dass Vegeta zu der Annahme kam, dass der Umgang hier die reinste Folter für sie sein musste. Noch etwas, das ihn erschreckte, war, dass Bulma anatomisch gesehen eine reinrassige Saiyajin war, mental jedoch der menschlichen Rasse gleichkam, deren Schwäche und Hilflosigkeit er so sehr verabscheute, dass er diesem Elend am liebsten ein Ende gesetzt und das Erdenmädchen vor sich erlöst hätte. Aber er tat es nicht... er konnte es nicht. Stattdessen schoss sein Körper nach vorne – direkt vor das Gesicht des Mädchen, das eingeschüchtert und gefesselt auf ihrer Pritsche saß.   „Ich sagte doch, dass -“   „Rede! Ansonsten werde ich dir den Garaus machen“, manifestierte er abschätzig. Um seiner Drohung noch mehr Ausdruck zu verleihen, griff er widerwillig nach ihrem Hals, woraufhin sein Daumen ihr Kinn nach oben drückte. „Wie sah der Saiyajin aus, der sie mitnahm? Und ich rate dir, ehrlich und rasch zu antworten, sonst wirst du dir noch wünschen, dass dein Todesurteil schon eher vollstreckt worden wäre. Verlass dich drauf.“   „Der... Der Mann war groß – recht muskulös.“   Nun, das traf auf fast jeden männlichen Saiyajin zu. „Weiter!“, verlangte er, während er seinen Griff intensivierte.   „Er trug eine dunkelblaue Rüstung und auf der linken Brust prangte ein rotes Emblem. Er... Er hatte schwarze, nach oben stehende gezackte Haare. Seine Augen waren dunkel – so dunkel wie die Nacht“, seufzte sie entkräftet weiter. „Dieser Mann hat Bulma auf seine Arme gehoben, nachdem eines der Arschlöcher – das uns überfiel – Bulma gegen die Wand geschleudert hatte.“   Was? Jemand hatte ihr körperlichen Schaden zugefügt? „Dir scheint es noch gut zu gehen, wenn ich mir deine Beleidigungen so anhöre.“ Unglaublich. Die Menschen waren der lebende Beweis dafür, dass das Versagen des Gehirns nicht zwangsläufig zum Tod führte. Dieses Mädchen wusste scheinbar nichts über deine Kräfte, oder? Vermutlich nicht, denn sie war nicht im Stande, seine enorme Kraft zu spüren, was sie offenbar so mutig werden ließ.   Verdammt, was für abartige Spiele spielte man mit ihm? Wieso wusste niemand, wo Bulma war? Dass er zudem keine brauchbaren Informationen erhielt, ließ ihn schnaufend zur Seite blicken. Angespannt starrte er die einzelnen Steine an, die die gigantischen Schlossmauern zu einem Ganzen formten und die unendlich schweren Lasten trugen, in Form des Blutes, das hier schon unzählige Male vergossen wurde.   „Vielleicht weißt du ja noch, wer dich hierher gebracht hat?“ Die Schmerzen, die sein Gegenüber aushielt, mussten qualvoll sein.   „Ich kenne den Mann nicht, aber der... der Bulma geschlagen hat, steht... steht draußen“, flüsterte sie heiser.   „Was macht dich so sicher?“, fragte er darauffolgend. „Du kannst nicht aus der Zelle blicken. Du bist gefangen auf dieser Pritsche, Mädchen.“   „Ich erkenne seine Stimme“, japste Chichi verschüchtert, die trotz der Dunkelheit versuchte, das Gesicht des Mannes zu erkennen, der vor ihr stand. „Er redet viel und äußert sich abfällig – über... über Bulma und mich.“   „Anhand einer Stimme?“ Vegetas Hand lockerte sich, um sie anschließend zu Chichis Stirn zu führen. Ihre Haut glühte und doch war der Schweiß darauf eiskalt, was seine Vermutung bestärkte – das Mädchen hatte Fieber und wurde krank. „Bist du dir sicher?“ Ihr schwaches Nicken genügte, um Vegetas nächsten Schritt nachzuvollziehen. „Totipa?“, rief er, ohne den Blick von dem schwarzhaarigen Mädchen zu nehmen. Das folgenreiche Zittern das darauf folgte, ließ Vegeta ansatzweise erahnen, was sie im Hause Briefs erleben musste. Es war, als fühlte er aufgrund ihres Zittern all den Schmerz, all die Pein, die sie erdulden musste und es bedurfte eigentlich keiner Rückversicherung, da er dem Saiyajin – der sich ächzend zur Zellentür wandte – eine solche Niedertracht zutraute.   „Königliche Hoheit?“   Doch statt dem Saiyajin zu antworten, beugte er sich zu Chichi hinab, griff in ihre Haare und flüsterte ihr unheilvoll zu: „Sieh dir den Mann genau an“, forderte er, da er wusste, dass sie Totipa sehen konnte. „Ist das der Saiyajin, der deiner Freundin gegenüber handgreiflich geworden war?“ Bevor sie antwortete, fügte er bissig hinzu: „Überlege genau, Mädchen, weil das Schicksal dieses Saiyajins in deinen Händen liegt.“   „Ja“, hauchte Chichi lamentiert. „Das... Das ist der Mann.“   „Gut.“ Nicht sie unterschrieb ihr Todesurteil, sondern das Subjekt, das sich gewagt hatte, Bulma zu nahe zu kommen. Amüsiert, als würde er sich an ihrem Leid ergötzen, drehte er sich zu dem königlichen Krieger, dessen Arme stoisch vor seiner Brust verschränkt waren. Vegeta dagegen lockerte seine Schulter, fing zu lachen an und marschierte geradewegs auf Totipa zu, der zukünftig nicht weiter täte, als Schäfchen zu zählen und es war Vegeta sowas von egal, was sein Vater von diesem Schritt halten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)