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Manus manum lavat

von

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Mut der Verzweiflung

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.

- Albert Einstein


 

 
 

~*~

 

- Kapitel drei -


 

Oh, zuletzt war sie so ruhelos und spannungsgeladen, als sie sich in ihrer Physik-Klausur wiederfand. Schrödinger-Gleichungen, Newtonsche Mechanik, Kern- und Teilchenphysik, sowie Quantenstatistik gehörten zu ihren Lieblingsthemen, doch sobald sich eine Frage auch nur annähernd in eines dieser Themen bewegte, wurde sie nervös. Ihr Nervenkostüm, das von Natur aus sehr rissig war, lag schon lange in einer Ecke - zerfleddert und nicht mehr brauchbar. Und heute, mitten in der Nacht, ging es ihr genauso – wahrscheinlich nur noch schlimmer und noch extremer. Zu ihrer Angst gesellte sich die Übelkeit, Angstschweiß brach aus und dennoch... Die Neugier schaffte es, sich über alldem zu erheben, ja, sie zwängte die hinzukommenden Gefühlslagen in die Ecke. Zumal sie erfuhr, in welcher Gesellschaft sie ihr weiteres Leben leben sollte. Dieses Wissen entfachte den Drang, in den Palast einzubrechen, umso mehr. Bulma verabscheute eine zweigeteilte Klassengesellschaft zutiefst, doch wie sollte eine Einzelperson sich dagegen erheben? Es war gleichzusetzen mit einem Ast, den man mühelos zerbrechen konnte, im Gegensatz zu einem Berg Äste und genauso war es – mit Son Goku und Kuririn an ihrer Seite, würden sie dieser Gesellschaft ins Gesicht spucken. Im wahrsten Sinne des Wortes.
 

Die riesigen Schlossmauern, denen sie näher kam, erschienen wie unüberwindbare Hindernisse, als Bulma ihren Kopf in den Nacken legte und sich fragte, wie sie es schaffen sollten, in den Palast einzudringen - ohne sich dem Hilfsmittel des Fliegens zu bedienen. Ihre Verzückung, eine Lanze zu brechen, schien sich gerade, zusammen mit ihrem Seufzer, zu verabschieden. Des Weiteren taten die Sterne, die oben am Firmament leuchteten, das nötigste, um alle drei - kredenzt auf einem Silbertablett - in hellem Licht erstrahlen zu lassen. Sie zählte bereits die Sekunden, wann man sie entdeckte, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen erreichten Kuririn und sie die Mauer, an der Son Goku auf sie wartete, ehe er einen Finger auf seinen Mund legte, um ihnen zu verdeutlichen, dass sie den restlichen Weg leise bewältigen mussten. Anschließend drehte er sich um, presste seinen Rücken gegen die Wand und atmete aus, bevor er nach oben sah und sich entlang der Wand nach vorne tastete.
 

Jeder Schritt hörte sich an, als würde unter ihnen eine Bombe explodieren – so laut donnerte es in Bulmas Gehör, das ihr – wie sie wusste – einen perfiden Streich spielte. Jedoch trieb diese Täuschung auch ihr Adrenalin in die Höhe, was ihrem verräterischen Gehirn, infolge ihrer destruktiven Haltung, nur zugute käme. Andernfalls würde sie noch verrückt werden.
 

„Son Goku“, hechelte sie, da sie aufgrund ihres schnellen Laufs sichtlich mitgenommen wirkte. „Ist es...Ist es noch sehr weit?“ Ständig wirbelte ihr Kopf herum, um sicherzustellen, dass ihnen niemand folgte. 
 

„Nein, gleich da vorne.“ Seine Hand deutete zu einer kleinen Einkerbung in der Wand, wo sich eine kleine unscheinbare Tür befand, doch bevor sich Son Goku daran zu schaffen machte, lehnte er sich schwer atmend gegen die Steinwand, die ihm Kälte spendete. Auch ihm blieb seit fünf Tagen, jedes Mal nach Erreichen der Mauer, die Luft weg. „Lebt ihr noch? Oder... Oder seid ihr bereits starr vor Angst?“ Ohne sie anzusehen, sah er zum Himmel hinauf und dachte gleichzeitig über Bulmas Frage nach. Taten sie wirklich das Richtige? Schließlich beklauten sie ihren König und... Nein, sie taten das Richtige. Außerhalb der Stadt gab es Saiyajins, die das Glück – dem König zu dienen – nicht hatten und am Rande des Existenzminimum lebten. Ganz gleich, was auch passieren konnte, Son Goku konnte dem Elend nicht mehr tatenlos entgegenblicken – ebenso Kuririn, dessen Beweggründe noch gravierender waren, angesichts der Abgeschlagenheit seiner Mutter, die aufgrund der mangelnden Versorgung enorm litt.
 

„Alles dran“, erwiderte der glatzköpfige Saiyajin leise, der vorsichtshalber seinen Körper abtastete. Daraufhin schlich er an Bulma vorbei, näherte sich der Tür und packte nach dem Knauf, den er sachte rüttelte, ehe dieser anstandslos aufklickte. „Wahnsinn... Sie haben immer noch nichts bemerkt. Fast schon unheimlich, oder?“, äußerte er seine aufkeimenden Zweifel, bezüglich ihres anhaltenden Erfolgs. Ungläubig sah er zu Son Goku, der genauso erstaunt war. Soviel Glück konnten sie doch nun wirklich nicht haben, oder? 
 

„Ja, bedenklich“, stimmte Son Goku ihm zu. „Könnte tatsächlich eine Falle sein“, fuhr er skeptisch fort, während er die Tür betrachtete und zeitgleich auf seiner Unterlippe kaute.
 

„Und jetzt?“ Eingepfercht zwischen den beiden, lugte Bulma verängstigt über Kuririn, der Bulma missbilligend dabei zusah, wie sie sich nicht daran zu stören schien, ihn als Schutzschild zu gebrauchen. „Sollen wir zurück?“ Unbewusst fuhr ihre Hand zur Seite, um sich unverzüglich in Son Gokus dunkelblauem Gürtel festzukrallen - mit dem Ziel, ihn gar nicht mehr loszulassen. „Ich meine, wenn wir unsicher sind, bringt das nichts, oder?“
 

Was soll das heißen?“ Kuririns Alarmglocken schrillten. Die Befürchtungen, die er anfänglich geäußert hatte, kehrten zurück. Die Angst, Bulma könnte sie alle auffliegen lassen, zeichnete sich deutlich in seinen dunklen Augen ab, doch hielt er sich zurück, da er Son Gokus Sinnen traute. 
 

„Hey? Seit wann hast du denn Angst?“, wollte Son Goku nonchalant wissen, während er ihren festen Griff um seinen Gürtel unkommentiert duldete. Außerdem musste er die Situation entschärften, denn Kuririn sah nicht so aus, als könnte er sich noch länger beherrschen. „So kenne ich dich gar nicht.“
 

„Ja“, seufzte Bulma. „Man wird älter. Man wird... reifer, obwohl diese Aktion weniger mit Reife zu tun hat“, murmelte sie. Zwischen ihren Worten scannten ihre Augen ununterbrochen die Gegend ab. „Außerdem warst du ja auch immer da und hast aufgepasst“, schloss sie ihre Erklärung und blickte lächelnd zu ihrem ältesten Freund nach oben.
 

„Aber -“ Verwirrt schüttelte er seinen Kopf. Er war doch jetzt auch anwesend? „Du musst keine Angst haben, Bulma. Noch ist nicht aller Abend Tage – oder war es aller Tage Abend?“, grübelte er. „Egal, ich habe auf der Erde gelernt, die Aura eines Wesens mithilfe meiner Sinne zu spüren, was uns einen Vorteil verschafft.“ Um Bulma etwas zu beruhigen, grinste er ihr entgegen, bevor er der eingeschüchterten Saiyajin seine Fähigkeit demonstrierte. Seine Lider fielen nach unten, die Konzentration stieg, woraufhin seine ausgeprägten Sinne nach Auren suchten, die sich womöglich in ihrer Nähe befinden könnten.
 

„Und?“, drängelte der kleine Saiyajin, der ebenfalls nach mehreren Sekunden - auch Dank Bulmas sinkender Euphorie - dünnhäutiger wurde. 
 

Blitzartig öffnete er seine Augen, wonach sich eine ernstzunehmende Mimik in seinem Gesicht herauskristallisierte. „Keine Aura in der Nähe! Wir können rein.“ Vorsichtig schob er die Tür auf, ließ Bulma den Vortritt und schloss als Letzter die Pforte. Der Innenhof war gigantisch, was ebenfalls ein Pluspunkt war. Den Wachen war es unmöglich, jeden Winkel im Auge zu behalten. 
 

„Seid ihr sicher, dass sie diese Scouter nur zur vollen Stunde benutzen?“ So arrogant, zu glauben, sich in ständiger Sicherheit wiegen zu können, konnten Saiyajins doch nicht sein? Das wäre ja dermaßen überheblich, doch schien es – in Anbetracht ihres Glücks – tatsächlich der Realität zu entsprechen, dass Saiyajins hochmütige Wesen waren.
 

„Ja, wir sind sicher. Siehst du den Einspänner?“ Son Goku beugte sich zu Bulma hinab, platzierte eine Hand auf ihrer Schulter und deutete mit den anderen Fingern zu der Kutsche, welche die dahinterliegende Tür versperrte. „Dahinter verbirgt sich die Vorratskammer, in der saftiger Schinken nur darauf wartet, von uns verteilt und gegessen zu werden“, erklärte er flüsternd weiter. „Wir schleichen uns dort hin. Los!“ Bestimmend griff er nach Bulmas Hand, umklammerte diese fest und setzte einen Fuß vor den anderen. Dicht hinter ihnen befand sich Kuririn, der in regelmäßigen Abständen nach hinten sah, wodurch ihm ein kleines, aber doch so bedeutendes Detail entging. 
 

Seine Schritte wurden schneller, unkontrollierter, unvorsichtiger und...
 

Peng!
 

Schwarze Schuhe berührten verbeultes Blech und doch war der Lärmpegel enorm angestiegen. Inmitten von Sekunden war die Stille weggeblasen.
 

„Oh nein!“ Verdammter Mist. Kuririns Arme wollten nach dem Eimer greifen. Doch stattdessen fasste er ins Leere. Er konnte dem Eimer zusehen, wie er zu Boden fiel – wie in Zeitlupe schlenderte der kleine unscheinbare Eimer zu Boden, ehe der ohrenbetäubende Aufprall folgte. Als würde ein Vulkan vorerst Rauchschwaden spucken, um auch jeden vorzuwarnen, der in unmittelbarer Nähe war. Genau so verhielt es sich mit dem Eimer und dessen Aufprall. „Schnell weg hier!“
 

Allerdings blieben Son Goku, aber auch Bulma störrisch stehen, statt zu flüchten. Alles geschah wahnsinnig schnell, doch fanden beide nicht die Gelegenheit, genauso schnell zu verschwinden. Vielmehr mussten sie beobachten, wie in der Ferne bereits die ersten Wachen laute Befehle untereinander austauschten. Sie mussten, als wären sie am Boden festgewachsen, den Wachen zusehen, wie sie in einem berauschenden Tempo näher kamen, mit dem Ziel, die Eindringlinge zu umkreisen. 
 

„Son... Son Goku!“ Ihre geweiteten Augen nahmen die Krieger deutlich wahr und doch war ihr Gehirn nicht in der Lage, diese Information zu verarbeiten. Einzig ihre Hand, die Son Goku noch hielt, schüttelte die seine leicht. „Wir... Wir sollten...“ Was sollten sie? Stehen bleiben? Laufen? Sie wusste es nicht. Diese seelische Erschütterung, welche durch das plötzliche Ereignis ausgelöst wurde, verbarrikadierte den Informationszufluss zu ihrem Hirn massivst.
 

„Schnell, Bulma!“ Son Gokus Dissoziation schien sich schneller zu verflüchtigen, da er geistesgegenwärtig Bulmas Taille griff, um mit ihr in der Dunkelheit zu verschwinden. Hart stieß er sich vom Boden ab, sah den – wenn auch nur minimal – näher kommenden Sternen entgegen und wollte in Jubel ausbrechen, sich einfach freuen, der gefürchteten Strafe entkommen zu sein. Seine nachfolgende Hochstimmung, schnell genug reagiert zu haben, schien hingegen das logische Denkvermögen auszuschalten, weshalb er die Situation unterschätzte, im Zickzack flog und die Mauern überwand. „Bulma, wir... wir werden es schaffen!“ Er hätte nach den Sternen greifen können, so erleichtert war er.
 

„Flieg schneller, sonst holen sie uns ein!“ Ihre Schläfe drückte sie gegen Son Gokus Schulter, eine Hand wischte die Haare aus ihrem Gesicht - die der Flugwind, der ihr in den Rücken blies, nach vorne wirbelte. Und während Bulma damit beschäftigt war, das Treiben hinter Son Goku zu beobachten, änderte dieser unaufhörlich die Flugrichtung, um seine Verfolger abzuschütteln. Bulma wurde indessen in seinen Armen herumgewirbelt, so dass ihre Beine taumelten und sich der linke Schuh von ihrem Fuß löste, der unweigerlich in die Tiefe gefallen war. 
 

Wie lange sie herum flogen und versuchten, vor den Kriegern zu fliehen, konnte sie gar nicht sagen, aber sie vertraute darauf, dass Son Goku sie aus dem Schlamassel befreite – wie immer. Ja, Hoffnung keimte auf, die allerdings erstarb, als Son Goku abrupt in der Luft stoppte und auf der Stelle schwebte. Die unheimliche Stimme, die Bulma im Anschluss vernahm, verhieß nichts Gutes, oh nein. Ebenso das Gesicht, das vor ihrem auftauchte, was die junge Frau zum Anlass nahm, ihre Hände tiefer in Son Gokus Kleidung zu bohren.
 

„Zu früh gefreut.“ Der bullige Körper, getaucht in das entgegensetzte Mondlicht, hatte nichts außer Spott für die beiden Flüchtigen übrig. 
 

Die helle Lichtkugel, die in der Hand des Wachposten entstanden war, entschleierte Bulmas Gesicht. Plötzlich sah sie so klar, dass sie auch wieder ihre Stimme fand. „Nach links! Nach links, Son Goku!“ Strampelnd versuchte sie, ihrem Komplizen die Richtung zu navigieren, doch konnte sie bloß spüren, wie dieser leicht nach hinten flog und ihre Worte überging. „Stopp! Stopp, Son Goku!“ Ihre Füße taumelten energischer, ihre Fingernägel gruben sich tiefer in Son Gokus Haut, in der Hoffnung, ihn dadurch zur weiteren Flucht bewegen zu können.
 

„Na los, flieg zum Boden zurück, Kakarott!“, brummte eine hinzukommende Wache, der nicht weiter gewillt war, dieses kindliche Spiel mitzuspielen. „Du wirst es nur verschlimmern, da wir wissen, wer du bist.“ Ein kurzer Blick nach unten sollte Kakarott zeigen, dass Kuririn bereits gefasst wurde. „Flieg zurück, oder wir werden dich auf den Boden der Tatsachen zurückholen - nur härter! Und das willst du deiner kleinen Freundin doch nicht zumuten, oder?“
 

„Ka- Kakarott?“, entfuhr es Bulma irritiert. Wieso nannten sie ihn Kakarott? Waren Saiyajins, neben ihrer Arroganz, auch schwerfällig? Und was bitte tat Son Goku? Ihr Blick richtete sich gen Boden, der anscheinend – wie die Sterne eben – immer näher kam, woraufhin sie aufgeschreckt zu strampeln anfing, da sie das Verhalten ihres alten Freundes nicht nachvollziehen konnte. „Son Goku, was... machst du? Das ist die falsche Richtung!“
 

Es vergingen Sekunden, bis er sich entschloss, ihr zu antworten: „Wir haben verloren, Bulma.“ Sein Kinn sank gegen seine harte Brust, sein Mund verzog sich, da er wusste, was passierte, sobald sie den Boden erreichten. Bulma dagegen besah sich die Situation. Sie blickte nach oben, sah, wie die Wachen – mittlerweile waren vier weitere dazugekommen – über ihnen flogen und folgten. 
 

„Bitte versuch es nochmal“, entkam es ihr leise. Und bevor sie ihren Satz beendet hatte, konnte Bulma bereits den Boden unter ihren Füßen spüren. Anschließend bemerkte sie, wie sich Son Gokus Arm um ihre Taille entfernte und Bulma automatisch den Abstand zu ihm schloss. Jedoch hielt der Zustand nicht lange. Bulma wurde gegen ihren Willen von seiner Seite gezerrt und ehe sie sich versah, vergrößerte sich der Abstand zu ihm, was Bulma in Panik versetzte. Verzweifelt streckte sie die Hand nach ihrem Freund aus, aber es nützte nichts. Sie kam einfach nicht gegen die Kraft dieses Kolosses an, der sie zurückhielt. „Was soll das? Wieso macht ihr das?“ Und anstatt ihr eine Erklärung zu liefern, ließen die Wachen ihre Fäuste sprechen. Widerwillig mussten ihre Augen erfassen, wie Son Goku zu Boden geschlagen wurde. Ihre feuchten Augen mussten mit ansehen, wie ein muskulöses Bein nach oben schoss und der dazugehörige Fuß auf Son Gokus Rücken landete. „Wir haben nichts unrechtes getan. Unterlass das! Sofort! Du... Du...kannst...“ Doch sie wagte sich schon nicht mehr, an das Feingefühl, was sowieso nicht vorhanden war, eines Saiyajins zu appellieren. 
 

Nichts unrechtes getan? Hört euch das an, Männer“, grummelte der glatzköpfige Riese, wonach die anderen in Gelächter ausbrachen. „Ihr habt versucht, den König zu bestehlen und der Verantwortung werdet ihr euch nun stellen. Dümmliche Streiche sind die Spezialität des Königs – um genauer zu sein, er hasst sie, was das Strafmaß in die Höhe treiben wird.“ 
 

„Was?“ Aber eine Antwort erhielt Bulma nicht. Man packte sie am Oberarm und zog sie widerstrebend zu dem riesigen Gebäude, das aus der Nähe noch pompöser wirkte. Sie verrenkte sich fast den Hals, als sie nach hinten zu ihren Freunden sah, die ebenfalls abgeführt wurden. „Aber... Aber wieso? Wohin bringt man uns?“ Abermals wurde ihr eine Antwort verwehrt. Stattdessen wurde sie in die Luft gehoben, um schneller voranzukommen. Das Schloss, erbaut auf einer kleinen Erderhebung, entfaltete sich in seiner ganzen Pacht. Sie entdeckte mehrere Saiyajins, die allesamt diese seltsamen Anzüge und Panzerungen trugen – Männer wie Frauen und es erschreckte Bulma, dass offensichtlich auch Frauen in diesen barbarischen Kreisen verkehrten. Ob diese genauso brutal waren? 
 

Vor den Toren des Palastes angekommen, setzte man Bulma ab. Das wäre ihre Chance. Ob sie wegrennen sollte? Sollte sie die Chance nutzen? Nein, lieber nicht, denn ihre Chancen waren gleich Null. Außerdem würde sie somit ihre Freunde der Gefahr aussetzen, noch härter bestraft zu werden.

 

Verflucht, sie müsste sich ihrem Schicksal ergeben. Sie musste... Sie musste sich dem stellen.
 

„Kannst du mir jetzt sagen, wohin wir gehen?“, wisperte sie und umschlang mit ihren Armen ihren eigenen Körper. Die Kälte, die ihr entgegen schlug, fegte jäh über ihren Leib, wonach das Zittern ihrer Arme nicht lange auf sich warten ließ. 
 

„Ich bringe dich zum Thronsaal.“
 

Ok. Das war eine Information, die rein gar nichts aussagte. „Aha, und dann? Wird man uns töten?“ Sie fürchtete sich vor der Antwort. 
 

Allerdings beachtete der riesige Saiyajin sie nicht weiter, da er sich in Gegenwart weiblicher Saiyajins noch nie wohlfühlte. 
 

Bulma dagegen interpretierte seine Verschwiegenheit falsch, weswegen sie bockig stehen blieb. Sie ging davon aus, dass er ihr nicht antworte, weil er schlichtweg keine Lust hatte. „Ich rede mit dir, du... du Idiot!“ Doch das schien ihn nicht im Geringsten zu berühren, gar zu beeindrucken. 
 

Den Thronsaal hatten sie ebenfalls schnell erreicht, und erst dort entschied er, der vorlauten Saiyajin zu antworten. Jedoch nicht, um ihr weitere Hinweise zu geben. Nein, er wollte ihr Angst machen. Angst, an der er sich ergötzen konnte. „Ich hoffe, deine forsche Klappe wird da drinnen genauso frech und unverschämt sein“, entgegnete er hämisch, so, als wüsste er, was passierte. Der Soldat, der ihnen gefolgt war, um Fluchtversuche zu verhindern, hielt sich im Hintergrund und marschierte erst jetzt an ihnen vorbei zur Tür. Ohne Umschweife klopfte er fest gegen das Tor, ehe es von zwei Männern im Innern aufgezogen wurde und Bulma zwei Schritte zurückging, doch sogleich spürte sie eine fremde Hand auf ihrem Rücken, die sie am weitergehen hinderte. „Du wirst da jetzt reingehen, ohne Faxen zu machen. Schließlich hatten wir genug Ärger, aber solltest du es dennoch in Erwägung ziehen, dich zu widersetzen... Nun, Mädchen, dann tu das!“ Eindringlich schob er Bulma in die riesige Halle und er konnte es sich nicht verkneifen, sich ihrem Ohr zu nähern und ihr zuzuflüstern: „Ich rate dir jedoch, keinen Aufstand zu machen. Es sei denn, du verträgst das Echo.“
 

Zögerlich setzte sie einen Fuß vor den anderen. Die Eindrücke, die sich vor ihr erstreckten, prallten lückenlos auf sie herab. Um sie herum funkelte es. An der Decke hing ein riesiger Kronleuchter, der den gesamten Saal in grelles Licht tauchte. Im Abstand von wenigen Metern waren mehrere gigantische Kerzenständer aufgestellt worden und vermutlich lief sie gerade über einen sündhaft teuren Teppich, dessen Stoff sie nicht ausmachen konnte – was von der Erde konnte es sowieso nicht sein. Doch egal wie groß der Raum war, die Wände rasten ungebremst auf Bulma, je näher sie dem gigantische Thron kam, auf dem ein Mann saß, dessen Züge bedrohlicher nicht sein konnten. Nein, der König sah, aufgrund der Tatsache, morgens aus dem Bett geholt worden zu sein, verstimmt zu ihr hinab. Der Umstand musste seine Laune verschlechtert haben, was wohl erheblichen Einfluss auf das folgende Urteil hätte.
 

„Knie nieder vor König Vegeta!“, knurrte Totapo, dessen Pranke kraftvoller auf Bulmas Schulter landete. 
 

Ohne dem Befehl überhaupt nachkommen zu können, wurde sie auf die Knie gezwungen. Aus Angst senkte sie ihren Kopf und begann am ganzen Leib zu zittern. Dieses Mal jedoch nicht vor Kälte, da die Angst diese erfolgreich abschüttelte. Was würde man jetzt mit ihr machen? Sie erschlagen? Die wildesten Szenarien spielten sich in ihrem Kopf ab, woraufhin sie ihre Augen, aus deren Winkeln nacheinander Tränen schossen, fest zusammenpresste. 
 

Unterdessen hatte der König seinen Thron verlassen. Hoheitsvoll schritt er die Stufen hinab und blieb vor der am Boden kauernden Bulma stehen. Knurrend musterte er das Häufchen Elend vor sich, bevor seine raue Stimme die Stille durchbrach, die zuvor eingekehrt war, aufgrund seiner einschüchternden Präsenz. „Steh auf!“
 

Die dunkle Stimme machte ihr noch mehr Angst, aber sie sollte lieber gehorchen. Vielleicht verlängerte das ihre Lebensdauer? Langsam und stockend kam sie auf ihre Beine und blickte hinauf in das Gesicht des Königs. Ihr Blut, das vor Sekunden womöglich noch Blasen schlug, gefror in den Adern und obwohl sie dachte, dass sich dieser Zustand nicht mehr steigern konnte, so wurde sie gerade eines Besseren belehrt. „Was... Was wollt Ihr von mir?“ Der Blick des Königs ließ sie verstummen. Offenbar war es ihr nicht gestattet, eine Frage zu stellen. 
 

„Was ich von dir will? Das fragst du ernsthaft, obwohl ihr dafür verantwortlich seid, dass ich nachts geweckt werde?“ Missmutig betrachtete er Bulmas Gestalt. Das war die Tochter des Erfinders, den er zurückbringen ließ! Unfassbar... Ja, sie musste es sein, da ihm bisher keine ähnliche Saiyajin aufgefallen war. „Nun, ich werde dich gerne aufklären. Auch euch zwei“, brummte er in Kakarotts und Kuririns Richtung. „Denn es scheint, dass auch ihr unwissend seid, bezüglicher eurer Festnahme?“ Der König lachte, denn niemand ließ etwas verlauten, wenngleich er gerne eine Ausrede gehört hätte. „Ja? Seid ihr unwissend?“
 

Wieder erfolgte keine Antwort. 
 

„Ich frage mich“, begann König Vegeta, der noch immer vor Bulma stand und seine Hand in ihren Haaren vergrub, um zaghaft ihren Kopf anzuheben, sodass sie zu ihm aufblicken musste, „ob man auf der Erde stehlen darf? Kannst du mir diese Frage beantworten?“
 

„Wir haben nichts -“
 

„Nein, habt ihr nicht. Allerdings ist der Versuch genauso strafbar wie eine verübte Tat. Niemand hat das Recht, in meine Vorratskammer einzudringen. Oder würde es dir gefallen, wenn ich bei dir einbreche, während du schläfst?“
 

Nein, ihr würde das nicht gefallen. „Euer Majestät“, ergriff sie nochmals das Wort, wissend, dass das unerwünscht war, aber sie wollte das alles nicht hören. Sie vollführte noch eine unsichere Verbeugung, ehe sie fortfuhr. „Ich stamme von der Erde und dort, wo Hilfe benötigt wird, wird geholfen.“ Das war glatt gelogen. Auf der Erde gab es Menschen, die den Saiyajins in nichts nach standen. Oft hatte sie Menschen kennenlernen müssen, deren Äußeres in keinerlei Relation zu ihrem Charakter stand, weshalb Bulma sich stets daran hielt, niemanden anhand seines Äußeren zu verurteilen. 
 

„Du stammst von der Erde, ja?“ Beeindruckend. Höchst beeindruckend. Langsam entfernte sich seine Hand, welche im Nachhinein die Konturen seines Barts umrundete, während er das Mädchen betrachtete. Sie war stolz und eigensinnig. Sie verspürte den Drang, sich durchzusetzen - trotz ihrer passiven Haltung. „Der Richtigkeit halber sollten wir eines ganz deutlich machen. Du bist auf der Erde aufgewachsen, ja, aber geboren wurdest du hier - auf Vegeta-Sei. Deine Eltern haben dich auf diesem rückständigen Planeten, den du fälschlicherweise als deine Heimat bezeichnest, mit falschen Idealen genährt, dir offenbar so lange Lügen eingebläut, bis sie selbst geglaubt haben, dass das, was sie sagen, der Wahrheit entspricht. Das kann dir hier zum Verhängnis werden. Wir befinden uns nämlich nicht auf der Erde, sondern auf Vegeta-Sei. Hier gelten meine Regeln“, klärte er sie autoritativ auf. „Hier solltest du dir eines gut einprägen: Mut ist ein großes Wort, das missverstanden und oft mit Leichtsinn verwechselt wird. Trotzdem muss ich zugeben, dass euer Versuch gar nicht so schlecht war. Schließlich fiel uns erst vor drei Tagen auf, dass Nahrung fehlt und -“
 

„Nein!“, schnitt sie ihm kalt das Wort ab. Sie wuchs auf keinem rückständigen Planeten auf! Sie verbot sich diese Beleidigung sich, ihrer Eltern und ihrer Freunde gegenüber, die menschlicher Abstammung waren und so etwas wie Güte kannten. „Wenn ich zu Eurem Volk gehöre, frage ich mich, wieso man meine Eltern und mich erst vor kurzem hierher bringen ließ, auf eine Art, die man nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünscht?“
 

„Sprich nicht so mit dem König, Weib!“ Ein Soldat packte Bulma im Nacken, was sie aufschreien ließ. Zeitgleich wanderten ihre Hände nach hinten, wo sie sich eingestehen musste - nachdem sie den Griff um ihren Nacken nicht lösen konnte -, dass sie chancenlos war, betreffs der ungleichen Kräfte. 
 

„Es gab keinen Grund, euch eher zurückzuholen“, erklärte der König belanglos. Es störte ihn keineswegs, dass das Mädchen im Schwitzkasten gehalten wurde. „Dein Vater bat mich vor einundzwanzig Jahren darum, andere Planeten zu erforschen. Diesem Wunsch habe ich stattgegeben - unter der Bedingung, ihn jederzeit zurückzubeordern und das habe ich getan.“ 
 

„Bei allem Respekt, Hoheit.“ Der Griff um ihren Nacken würde sich gleich bestimmt verstärken. „Aber... Ihr habt nicht das Recht, über mich zu entscheiden, ganz gleich, welche absurden Abmachungen Ihr mit meinem Vater getroffen habt, denn ich werde niemals zu Eurem barbarischen Volk gehören.“ Die dunklen Augen das Königs funkelten ihr hasserfüllt entgegen. Das darauffolgende Schnauben sah aus, als würde ein Bulle vor ihr stehen, der kurz davor war, sie auf die Hörner zu nehmen. Offenbar ging sie zwei Schritte zu weit, was dem Fass den Boden ausschlagen würde.
 

„Tatsächlich? Schade, dass deine Kampfkraft nicht im Ansatz so perfekt ist, wie dein Mundwerk.“ Er schleuderte den Krieger, der sie am Genick packte, mit einem Handwisch zur Seite und schwebte maliziös vor ihr. Immerhin schien sie das zu beeindrucken, und eine ideale Idee manifestierte sich im Kopf des Königs. 
 

„Vielleicht ist das auch nur die Ruhe vor dem Sturm?“, fauchte sie überschwänglich. Über die Konsequenzen dachte sie gar nicht nach, ebenso wenig über die weitere Tragweite ihres Handels, denn sicherlich würde ihr Verhalten auf ihren Vater zurückfallen, aber Bulma war... sie war so wütend, niedergeschlagen und empört, im Bezug auf diese Tyrannen, dass sie partout keinen anderen Ausweg sah, als eine Rebellion anzuzetteln, ungeachtet dessen, ob der König oder sonst wer vor ihr stand. Eigentlich hätten Son Gokus Blicke sie warnen müssen, aber auch diese Warnung überging sie einfach. Anhand ihrer Freiheit, nachdem der Krieger unsanft zur Seite gestoßen wurde, fielen auch die Ketten, die sich um ihren Geist wickelten, von ihr, was Bulma zusätzlichen Mut verlieh. 
 

„Schlagfertig bist du auch noch. Wie lobenswert.“ Ha, wie wunderbar dieses Mädchen ihn an seinen eigenen Sohn erinnerte, der genauso respektlos war. „Ich bin sehr erpicht darauf, zu erfahren, was dein Vater sagen wird, wenn er hier ankommt. Dasselbe gilt für dich, Kakarott. Was wird dein Bruder sagen, sobald er da ist? Und keine Sorge, Kuririn. Auch deinen Vater habe ich hierher zitieren lassen.“ Gehässig sah er zu den beiden Jungen, deren Köpfe beschämt nach unten sanken. 
 

Auch das hätte Bulma wach rütteln müssen – unbedingt! Son Goku so wortkarg und teilnahmslos zu sehen, hätte ihr zu Denken geben müssen, doch das tat es nicht. Und wieso nannten sie Son Goku ständig Kakarott? War das... War das sein richtiger Name? Es musste so sein, aber wieso fand er in den drei Monaten nicht die Zeit, ihr diese Wichtigkeit zu erzählen? 
 

„Und ich glaube, ich weiß genau, womit ich zumindest euch beide am effektivsten strafen kann.“ Sein Finger deutete auf Bulma und Son Goku. „Soweit ich informiert bin, werkelt dein Vater, wertes Fräulein, doch an einer Kapsel, die euch zur Erde gebracht hätte, nicht wahr?“ Ihr Schweigen und Bulmas bleckende Zähne waren Antwort genug. „Nun, diese Kapsel wird abgeholt und zur Zerstörung freigegeben, und untersteht euch, heimlich diesen Planeten zu verlassen. Ansonsten“, knurrte er, bevor seine Stimme noch rauer wurde, „werdet ihr meinen Gerechtigkeitssinn so richtig kennenlernen.“ Abschließend verschränkte er belustigt seine Arme vor der Brust, hinsichtlich seines genialen Befehls, der unverzüglich ausgeführt werden würde, sobald die beiden Betroffenen das Schloss verlassen hatten. Angrenzend neigte den Kopf nach hinten und das ausgestoßene Lachen konnte nicht spöttischer sein. Amüsiert darüber, die finsteren Blicke des Mädchens im Rücken zu spüren, verließ er den Thronsaal, da er sich nun den wirklich wichtigen Dingen widmen würde.

 

Jetzt würde er sich Bulmas Vater vorknöpfen. Danach wären sowohl Kakarotts Bruder, als auch Kuririns Vater dran, die er ebenfalls zur Rechenschaft ziehen würde, aufgrund dessen, dass sie nicht in der Lage waren, ihre Schützlinge im Zaum zu halten.

 
 

~*~
 

Seit Vegeta vor vier Wochen von einer weiteren Missionen heimkehrt war – welche er offenbar nur anführen durfte, da sein Vater sich Besserung erhoffte, bezüglich seines Verhaltens –, fand er endlich die Zeit, zu trainieren. Jedoch hätte die Sonne ruhig etwas gnädiger sein können, statt mit voller Härte den Planeten zu erwärmen. Selbst als der rechtmäßige Thronfolger Schutz im Schatten eines Baumes suchte und den Kopf in den Nacken legte, um dem Schauspiel, das sich vor ihm abspielte, nicht weiter mit ansehen zu müssen, fand er keine Abkühlung – zu infantil und nervig war das Gezanke, das zwischen Nappa und Radditz herrschte. 
 

Schon lange hatte er gelernt, seine Ohren auf Durchzug zu stellen, sobald die Beiden wieder in kindliche Muster verfielen. Eigentlich wurde ihnen genau dieses Verhalten regelrecht ausgetrieben, als man sie in den Kampfkünsten und ihren Kräften unterrichtete, aber es schien an Nappa und Radditz vorbeigezogen zu sein. Sein Verhalten war... nicht besser, aber wer – abgesehen von seinem Vater – würde sich daran stören? Richtig, niemand. Da niemand den Mut fand, sich Vegeta in den Weg zu stellen. 
 

Wie dem auch war. Vegeta beachtete sie nicht weiter, sondern dachte darüber nach, wie er seinem Vater gegenübertreten und sich erklären konnte, wenn er den Vorfall rechtfertige, der sich heute Morgen zugetragen hatte. Sollte er all das überdramatisieren? Nein, das wäre ein Zeichen von Schwäche! Sollte er lügen? Er war recht gut darin, sein Gesicht zu wahren oder das Eigentliche zu bagatellisieren. Totschweigen wäre auch eine nette Alternative. Ein wahrer Meister war er darin, in der Tat, aber er wusste auch, dass er seinen Vater so leicht nicht täuschen konnte, was ihn tierisch nervte. 
 

„Vegeta!“, empörte sich Nappa, der mit verschränkten Armen neben Radditz stand, als er das Wort an seinen alten Freund richtete. „Sag was, oder Radditz wird sich von der Wand abkratzen können, wenn er dazu noch in der Lage ist, wenn ich mit ihm fertig bin“, knurrte er, ohne weiter auf die Grimassen seines Nebenmannes einzugehen. 
 

Nappa war ein groß gewachsener Mann, der sich – ohne zu wissen, welche Konsequenz ihn erwartete – die Haare abrasiert hatte, um älter zu wirken. Radditz war zwei Köpfe kleiner, jedoch mit einer weitaus fortgeschritteneren Intelligenz gesegnet als Nappa, und beide standen sie in ihrer Saiyajin-Uniform vor ihrem Prinzen und hofften, endlich gehört zu werden.
 

„Nappa, wenn die Sonne der Erkenntnis niedrig steht, werfen auch kleinste Erhöhungen große Schatten, aber keine Sorge, selbst das wird dir nicht passieren, obwohl ich dir einen Erfolg gönne, wenngleich du diesen auch nicht gegen mich erzielen wirst“, giftete Radditz, dessen Haare an seiner Rüstung klebten.
 

„Hör auf, mich ständig zu verarschen, Radditz! Ich meins ernst!“
 

Aufhören? Damit, was Radditz so sehr bespaßte? Nicht in diesem Leben. „Dann sieh endlich ein, dass unsere Diskussion nur zwei Sichtweisen hat: Meine und die Falsche!“
 

„Ruhe!“, knurrte Vegeta ihnen entgegen, der seinen Blick endlich auf die beiden Saiyajins richtete und sie mit einem einzigen Wort zum Schweigen gebracht hatte. Er war sich sicher, dass selbst ein Blick genügte, doch er wollte seine Macht und die Dominanz, die er in sich trug, einfach immer wieder nach außen tragen. Er genoss es, wenn man zurückschreckte. Es beflügelte ihn, wenn die Krieger zur Seite traten, um ihn passieren zu lassen. Ja, das war wahrlich ein bahnbrechendes Gefühl. 
 

„Du denkst über das Geschehene nach?“, wollte Radditz kleinlaut wissen. Auch ihm war bewusst, dass sie sich verantworten mussten. Dabei hatte sein kleiner Bruder ihn erst in Ungnade gebracht. Doch er hatte es, während des Streits mit Nappa, erfolgreich verdrängen können. Außerdem wusste er, dass Vegeta alles regelte, weshalb man sie auch dieses Mal amnestierte – wie immer. 
 

„Worüber sonst? Wir werden uns erklären müssen. Oder glaubt ihr Idioten, dass das ungesehen blieb?“ Angewidert, über soviel Dummheit, schüttelte er seinen Kopf, trat ins Sonnenlicht und stolzierte an Nappa und Radditz vorbei. Die Arme weiterhin vor der Brust verschränkt, sah er die Straße entlang und schmunzelte, als er die königliche Garde entdeckte, die offensichtlich auf dem Weg zu ihnen waren. „Showtime, Jungs. Sie kommen“, informierte Vegeta seine Freunde über die Ankunft der Krieger seines Vaters.
 

Mit erhobenen Häuptern warteten sie.

 

„Mein Prinz“, eröffnete der Anführer die Unterhaltung und verbeugte sich ehrfürchtig vor dem Thronfolger. „Euer Vater wünscht Eure sofortige Anwesenheit im Thronsaal.“ 
 

Ohne darauf einzugehen, sah Vegeta noch einmal über die Schulter zu Radditz und Nappa, erhob sich in die Lüfte und zischte an den restlichen Saiyajins vorbei. Was konnte schon groß passieren? Sein Vater würde ihm die Bedeutung von Stolz näher bringen. Eventuell würde er ihn auch mit wütenden Blicken strafen, aber mehr nicht. Vegeta war sich sicher, dass das bald ausgestanden wäre und er weiterhin sein Leben so führen konnte, wie er es mochte – kämpferisch, narzisstisch und voller Stolz. 

 
 

~*~
 

Seit fünfzehn Minuten stand Vegeta bereits vor dem großen bodenlangen Fenster - neben seinem Vater, der die Hände hinter seinem Rücken ineinander faltete und das arbeitende Volk beobachtete. Hin und wieder schloss er die Augen, schien nachzudenken und abzuwägen, wie er weiter verfahren sollte, was Vegeta kurzweilig verunsicherte, den Wankelmut jedoch gekonnt überspielte, indem er seine Haltung der seines Vaters anpasste.
 

Reue zeigen oder ein Schuldeingeständnis würden alles nur verschlimmern. Zumal das nicht zu seinen Stärken gehörte. Stattdessen wartete er ab, bis sein Vater sich hörbar räusperte und sich seinem Sohn zuwandte.
 

„Wie lange sollen wir noch schweigsam nebeneinander stehen, Vegeta?“ Er warf seinen roten Umhang hinter sich, ließ ihn mit dumpfen Schritten aufbäumen, als er zum Thron marschierte und sich darauf niederließ. Schnaufend ließ er seine Fingerspitzen über das rote Polster gleiten, ehe er weiter sprach: „Du kennst unsere Bestimmung, du bist der rechtmäßige Herrscher dieses Volkes und ihr, du und deine dämlichen Freunde, habt nichts besseres zu tun, als dein Volk eigenhändig auszulöschen?“ 
 

Verflogen war die Ruhe in seiner Stimme, nachdem eine Faust krachend auf der Armlehne des Throns landete und der König seinem Sohn hasserfüllte Blicke zuwarf.
 

Auch Vegeta drehte sich langsam um. „Vater -“
 

„Genug!“, unterbrach König Vegeta seinen Sprössling. „Lange habe ich mir deine exzessiven Fehltritte mit ansehen müssen. Ich duldete immerzu deine Ausbrüche und ich muss sagen, dass ich genug davon habe. Mir steht es ganz oben“, exemplifizierte er mit der entsprechenden Handbewegung entlang seines Halses, die Vegeta zeigen sollte, wie weit oben es seinem Vater stand. „Statt dein Volk zu schützen, schadest du ihm. Das genaue Gegenteil von dem, was man von dir erwartet.“
 

„Und weiter? Vater, diese Narren haben es verdient!“, knurrte Vegeta überheblich. Scheiße, er hatte es so satt, sich immerfort abqualifizieren zu lassen. Immer wieder hatte er sich Vorträge darüber anhören müssen, wie stolz sein Volk war. Was war er bitteschön? Nicht stolz? Vermutlich war er der Einzige, der den wahren Eigenschaften eines Saiyajins nachkam. Und doch war er derjenige, den man gerade zurechtwies. Aber er hatte auch dazugelernt und wusste, sich dem König nicht zu widersetzen, aber... Verdammt, in seinen Fingern juckte es förmlich, sich zu wehren.
 

Zwar war er ausgebildet, trainierte täglich mehrere Stunden, doch ihm war durchaus bewusst, dass er in seinem Vater womöglich seinen Meister fand – sollte es zur Eskalation kommen. Oder nicht? Hätte er Chancen? Insgeheim bejahte er diese Frage. Und heute Morgen? Er, Nappa und Radditz hatten sich einen Spaß erlaubt und mehrere Ki-Bälle auf drei unwichtige Saiyajins abgefeuert, die sicher niemand vermisste. Na und?
 

„Verdient sagst du? Nach welchen Kriterien entscheidet der werte Herr denn, wer es verdient und wer nicht?“ Natürlich antwortete sein Sohn nicht. Vegeta dachte, er könnte sich mit Schweigen retten, doch diesen Zahn würde er ihm gleich genussvoll ziehen. Sein Schweigen stachelte König Vegeta nur noch mehr an, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Vielleicht konnte man Vegeta nur so begreiflich machen, wie sich ein Prinz zu präsentieren hatte.
 

Man trennte, überlegte der junge, schwarzhaarige Saiyajin, die Spreu vom Weizen. Dasselbe Prinzip, wie mit den Säuglingen, die man auf fremde Planeten schickte, um diese einzunehmen. Genau das tat auch Vegeta. Er säuberte seine Rasse von Ungeziefer, die mehr Dreck hinterließen und schädlich für sein Volk waren, wenn diese weiterlebten. War das verwerflich? „Es waren Low-Level Kämpfer. Idioten, die unser Volk einen Schritt rückwärts, statt vorwärts bringen!“, konterte er verbissen, doch er hatte den Kampf gegen seinen Vater bereits verloren, als dieser noch am Fenster stand.
 

„Vegeta“, flüsterte sein Vater mahnend, während sein Daumen, sowie sein Zeigefinger bedächtig über seine Augen rieben. „Ich sagte, es genügt! Dieses Mal wirst du nicht davonkommen, ebenso wenig deine beiden Freunde!“ Mit einem sardonischen Lächeln, das Vegeta so ähnlich war, ging er an seinem Sohn vorbei und sah wieder hinaus. „Weiter abseits der Stadt lebt ein – sagen wir – alter Freund von mir, dem du Gesellschaft -“
 

Vegetas Mund klappte auf. „Was?“, unterbrach der Jüngere den Älteren. „Nein!“ Oh nein, er wusste, worauf sein Vater hinaus wollte. Loswerden wollte er ihn! Aber das würde er zu verhindern wissen. Womit konnte sein Vater ihm schon drohen? Mit gar nichts, außer das Training zu untersagen und selbst das würde er heimlich absolvieren – kostete es, was es wollte. „Nein, ich weigere mich, dem nachzukommen. Dass es sich hierbei wahrscheinlich um unbedeutende Nichtskönner handelt, muss ich doch nicht extra erwähnen?“, blaffte er weiter. Denn so war es doch, richtig? Abseits der Stadt lebten die Saiyajins, die nicht zu gebrauchen waren und nur wegen der Erhaltung ihrer Rasse verschont blieben.
 

„Du wirst“, falsifizierte sein Vater nickend. Seine kratzige Stimme war bei jedem Wort lauter geworden. Wut verzerrte die Züge, die denen seines Sohnes so ähnlich waren. „Oder ich verbanne dich von diesem Planeten!“, beendete er seine Drohung, begleitet von einem Kloß im Hals. Es war befremdlich, diese Warnung in Gegenwart seines Sohnes auszusprechen... Allerdings wusste der König sich nicht mehr anders zu helfen. „Du sollst Stärke beweisen, ja. Auch sollst du dich verteidigen, aber ich dulde keine willkürlichen Ermordungen meiner Männer! Du wirst zu Briefs gehen und dort lernen, was es heißt, unter anderen Umständen zu leben. Du wirst ein Leben kennenlernen, das keine deiner gewohnten Sonnenseiten beinhaltet. Du wirst lernen, keine Privilegien zu genießen!“
 

Schockiert folgte er der Richtung, in die sein Vater deutete und verstand. Und sollte er sich dem nicht unterordnen, würde sein Vater ihn verbannen? Ha, das täte er doch niemals? Wer sollte den Thron besteigen, wenn Vegeta fort war?
 

„Mein Sohn, du sollst sowohl deinen Stolz, als auch deine Stärke in dir behalten, aber einen kühlen Kopf zu bewahren – egal, wie prekär die Situation auch ist –, ist von Vorteil; vor allem dann, wenn du irgendwann meinen Platz einnimmst. Du wirst dich, wenn du König bist, oft vor solchen Zuständen wiederfinden, die ausweglos erscheinen, aber du darfst nicht die Nerven verlieren. Niemals!“
 

„Du schickst mich zu fremden Leuten“, entgegnete der jüngere Saiyajin ungehalten. Die Stimme seines Vaters klang so... so endgültig. Sein Vater meinte das tatsächlich ernst und wenn er einer Verbannung entkommen wollte, musste er spurten? Oh, sein Vater würde noch sein blaues Wunder erleben! Vegeta hatte nicht die Absicht, lange dort zu verweilen. 
 

„Mir sind sie nicht fremd. Briefs lebte mit seiner Familie viele Jahre auf der Erde. Weißt du“, fügte er kalt hinzu, „ich sehe mir dein Verhalten an. Tag für Tag, Monat für Monat, Vegeta.“ Er klang bitter und Vegeta bekam das vage Gefühl, dass es sich hierbei nicht mehr um Worte des blinden Zornes handelte, sondern eine recht gut einstudierte Rede war, die sein Vater lange geübt hatte. „Und ich sehe mich gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen - unkonventionelle Maßnahmen.“
 

„Maßnahmen? Das sind keine Maßnahmen, -“
 

„- sondern?“, griff sein Vater den unvollendeten Satz auf.
 

„- sondern Kindergartenspiele, die du mit mir zu spielen versuchst.“ Fast war er geneigt zu sagen, dass Vegeta diese besser beherrschte als sein Vater, doch er verkniff sich die Antwort.
 

„Oh, wunderbar, Vegeta.“ Der König wanderte zu seinem Sohn zurück, blieb vor ihm stehen und betrachtete ihn seines Verhaltens entsprechend. „Dann passt du dort fabelhaft hin, denn genau diesem Standard entsprichst du. Du verhältst dich wie ein Kind, du sprichst wie ein Kind, das nicht im Ansatz weiß, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen und ich habe es satt, mich ständig mit deinen Eskapaden auseinanderzusetzen und zusehen zu müssen, wie du mich in Misskredit bringst, die Ehre der Familie versaust und zusätzlich dein Volk blamierst, nur weil du denkst, du kannst dir alles erlauben.“
 

„Wars das?“, schnaufte Vegeta verächtlich.
 

„Ja, das wars. Man wird dich morgen zu Briefs bringen, und höre ich ein schlechtes Wort, Vegeta, wirst du dir wünschen, du hättest niemals meinen Unmut auf dich gezogen.“
 

Grundgütiger. Vegeta kochte innerlich. Und er sollte was? Zu einem Erdling?
 

Na klar!
 

Er war der Prinz der Saiyajins und nicht irgendein verlumpter Dreckskerl, den sein Vater herumkommandieren konnte. Nein, Vegeta würde die Zähne zusammenbeißen und das tun, was er am besten konnte. Den Leuten in seiner Umgebung die wahre Hölle zeigen. Jawohl, er würde diese Familie in den Abgrund stürzen - bis sie aufgaben und Vegeta zum Palast zurückschickten. So würde es ablaufen - nicht anders. 



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