Königsanwärter von Cheytuna ================================================================================ Kapitel 5 --------- Kapitel 5 „Es gab einen Angriff auf den König.“ Darauf folgte zunächst schockiertes Schweigen. Keiner wusste so recht, was er dazu sagen sollte. Natürlich haben alle geahnt, dass etwas passiert sein musste. Warum hätte man ihnen sonst Wachen zur Seite gestellt? Doch mit einem direkten Angriff auf den König schien keiner gerechnet zu haben. Toran bewegte sich etwas auf seinem Stuhl und suchte scheinbar eine angemessenere Position, während Luan den Stellvertreter des Königs nicht aus den Augen ließ. Selbst Peer schien hierzu nichts sagen zu wollen und schaute lieber mit gerunzelter Stirn auf die blankpolierte Tischplatte. Nachdem Killian sich von seinem anfänglichen Schock erholt hatte warf er einen Blick zu Aidan. Dieser saß gefasst und ruhig am Tisch und wartete darauf, dass man fortfahren würde. Doch der Ältere konnte an seinen Augen erkennen, dass es in seinem Kopf arbeitete. Eine Beobachtung, die nur seine engsten Vertrauten und Freunde machen würden. Alle anderen sahen nur den beherrschten und konzentrierten Prinzen, der offenbar darauf wartete zu handeln. Nachdem der stellvertretende König die Nachricht auf die Anwesenden hat wirken lassen, blieb sein Blick noch immer an Aidan hängen. „Er wird sich wieder erholen. Seine Verletzungen sind nicht lebensbedrohlich. Am meisten wird ihn wohl sein verloren gegangenes Vertrauen in seine Umgebung belasten.“ Der Sohn des Königs nickte daraufhin leicht und suchte ebenfalls nach einer neuen Position auf seinem Stuhl. Als Killian ein kaum wahrnehmbares Schnauben hörte wandte er seinen Blick von Aidan ab und blieb letztendlich bei Luan hängen. Dieser presste die Lippen etwas stärker aufeinander, hatte sich sonst aber nicht verändert. Würde Killian der Gedanke nicht unglaublich absurd vorkommen, so würde er denken, dass Luan enttäuscht über die guten Nachrichten des Tages war. Ihm war klar, dass der Andere dem Thron entgegen strebte, doch konnte er sich nicht vorstellen, dass dieser Wunsch ihn frustrierte, wenn er nicht schnellstmöglich in Erfüllung gehen würde, ungeachtet der daraus folgenden Konsequenzen. „Solange wir den Täter nicht ermitteln und einer gerechten Strafe zuführen können, wird es bei diesen verstärkten Sicherheitsmaßnahmen bleiben. Dies geschieht nur zu eurer Sicherheit.“ Bei den letzten Worten schaute der Mann die Anwärter einer nach dem anderen an und nickte schließlich. Das Gespräch schien damit beendet zu sein. Er trat von dem Tisch zurück und verließ den Raum mit großen Schritten. Das Zuschlagen der Tür hinter ihm hallte durch den noch immer leisen Speisesaal. - - - - - Nach dieser Ankündigung fand der Unterricht wieder statt, wenn auch in verkürzter Form. Währenddessen wurde die Anzahl der Wachen auf dem Gelände erhöht. Es würde sowohl innerhalb, als auch außerhalb des Gebäudes Wachposten geben um die wichtigen Personen im Inneren zu schützen. Jeder behielt auch die ihm zuvor zugeteilte Wache. Ebenfalls würden die Lehrer und Bedienstete von Wachen begleitet werden. Zusätzlich wurde den Anwärtern mitgeteilt, dass sie sich innerhalb der Anwesen und auf dem dazugehörigen Gelände frei bewegen konnten, solange es den Wachen möglich war ihnen zu folgen. Während des Unterrichts fiel Killian auf, dass Aidan sich eher untypisch verhielt. Immer wieder wechselte er seine Position auf dem Stuhl und hatte seine Arme verschränkt. Auch schien er sich weder mit dem Unterrichtsinhalt, noch mit Aufzeichnungen oder Büchern zu beschäftigen. Es war offensichtlich, dass ihn etwas nervös und unzufrieden machte. Dies war auch der Grund, weshalb Killian nach Beendigung des Unterrichts gleich zu ihm ging. „Wie geht es dir?“, fragte er besorgt und versuchte dem Prinzen in die Augen zu sehen. Dieser schien daran aber eher wenig interessiert, beschäftigte sich lieber mit dem Richten seiner Kleidung und der Beschaffenheit des Bodens. Schließlich seufzte er etwas. „Ich… nicht hier. Komm mit.“, er deutete mit dem Kopf zur Seite und setzte sich in Bewegung. Schon wenige Sekunden drauf erkannt Killian, dass der Jüngere wohl zu ihren Schlafräumen gehen wollte. Seine Vermutung bewahrheitete sich, als Aidan in sein Zimmer trat und die Tür für ihn aufhielt. Kaum standen sie beide in dem Raum schloss der Prinz die Tür und atmete hörbar aus. Es war irgendwie beruhigend. Ihre Räumlichkeiten waren der einzige Bereich in dem ihnen ein wenig Privatsphäre zugestanden wurde, denn die Wachen blieben vor der Tür stehen und würden nur auf Wunsch oder bei Verdacht auf Gefahr herein kommen. Killian noch immer nicht weiter beachtend, ließ sich der Jüngere erschöpft auf einen der Sessel fallen, stütze seine Ellenbogen auf den Knien ab und rieb sich mit den Händen durch das Gesicht. „Er ist mein Vater…“, murmelte er schließlich hinter seinen Händen. Killian nickte verstehend, wohl wissend, dass Aidan diese Bewegung nicht sehen konnte. Er setzte sich ihm langsam gegenüber und wartete ab. Er wusste, dass der Prinz von alleine Sprechen würde, er bräuchte nur Zeit um seine Gedanken erst einmal zu sortieren. „Ich weiß, dass mein Vater kein guter König ist. Trotzdem ist er mein Vater. Als ich klein war hat er sich um mich gesorgt wenn ich krank war. Er hat sich um mich gekümmert.“, langsam nahm er die Hände vor seinem Gesicht weg und strich sich statt dessen die Haare aus der Stirn. „Ich kann die Kritik der Leute verstehen. Wirklich. Ich hinterfrage seine Handlungen und Entscheidungen ja selbst kritisch, aber ich möchte trotzdem nicht, dass ihm etwas zustößt.“ Killian hatte sich inzwischen soweit vorgelehnt, dass er dem Jüngeren seine Hand beruhigend auf die Schulter legen konnte. Er konnte verstehen, was in ihm vorgehen musste, hatte wahrscheinlich die gleichen Gedanken. „Er wird bald eines gewalttätigen Todes sterben, nicht wahr?“ Traurig sah Aidan den älteren kurz an, bevor er den Kopf hängen ließ und etwas in sich zusammen sackte. Mitgefühl für den sich sorgenden Sohn ließ Kilian seinen Platz verlassen. Er kniete sich vor den Jüngeren um ihn vorsichtig in eine Umarmung zu ziehen. Kurz versteifte sich dieser. Man merkte ihm an, dass er mit sich selber kämpfte. Kämpfte um ein kleines bisschen Selbstbeherrschung, doch schließlich gab er es auf. Er hob seine Arme und legte sie um den Älteren, hielt sich an seinem Hemd fest. Seinen Kopf legte er auf der Schulter des Anderen und begann leise zu weinen. Beruhigend strich Killian über den Rücken des zitternden Mannes in seinen Armen und gab ihm die Zeit die er brauchte. Er schwieg, denn er wusste, dass keine Worte die Situation verbessern oder erleichtern würden. Der Ältere wollte ihm einfach nur beistehen und ihm zeigen, dass er nicht alleine ist und später sein würde. Selbst nachdem sich der Prinz wieder beruhigt hatte, hielt er ihn weiterhin im Arm und strich tröstend über seinen Rücken. Doch wieder einmal wurden sie durch ein Klopfen gestört. Sie hatten nicht einmal die Chance darauf zu reagieren, als die Tür auch schon aufgestoßen wurde. Wie auch schon bei den letzten Malen kam Peer herein. „Ich hab eure Wachen draußen stehen sehen…“, fing er an, unterbrach sich jedoch selbst, als er die Beiden sah. Aidan sprang sofort auf und dreht dem Jüngsten den Rücken zu. Killian hingegen konnte gerade noch der hecktischen Bewegung entgehen und stellte sich nun auch wieder hin. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen Peer dabei einen bösen Blick zuzuwerfen. Schockiert weiteten sich dessen Augen leicht und nachdem er schnell die Tür geschlossen hatte, blickte er schuldbewusst zu Boden. „Es tut mir Leid. Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass er ja dein Vater ist…“, entschuldigt er leise sein Verhalten. „Schon gut.“, meinte Aidan nur. Seine Stimme hatte zwar bereits wieder einen festen Klang, jedoch drehte er sich nicht zu den anderen beiden um. Auch, dass er sich mit der Hand über seine Wange strich, verriet seine Verfassung. „Weißt du denn, wie es deinem Vater inzwischen geht?“ Man merke dem Jüngsten an, wie unangenehm ihm das alles war. Trotzdem versuchte er irgendwie Anteil an der ganzen Situation zu nehmen. „Nein. Ich denke auch nicht, dass man von mir ein solch schwaches Verhalten danach zu fragen erwarten würde. Ich habe die Fassung zu wahren.“ Plötzlich sah Peer entschlossen auf. Langsam ging er auf den Prinzen zu und legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte diese kurz. „Ich hatte schon immer ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Vater“, begann er. „es würde mich sehr mitnehmen, wenn ihm so etwas passieren würde. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann lass es mich wissen.“ Ihn so ernst zu sehen und zu hören war sehr selten. „Ich danke dir.“, sagte Killian und sah ihn leicht lächelnd an. So standen sie ein paar Momente schweigend da und gingen ihren eigenen Gedanken nach. Schließlich durchbrach Killian die Stille. „Warum bist du überhaupt gekommen?“ Er musste schmunzeln als er den verwirrten Blick des Jüngsten sah. „Ach so! Ich wollte euch eigentlich nur zu eurer Meinung bezüglich der Wachen befragen. Immerhin standen hier gleich zwei vor der Tür.“, fiel Peer nach kurzem überlegen wieder ein. „Mich nervt es unheimlich die ganze Zeit verfolgt zu werden.“ Die beiden Älteren sahen sich kurz an. „Ich habe meine Wache bisher eigentlich kaum beachtet.“, gab Killian schließlich als Antwort. „Na, du bist ja höflich!“ bekam er auch gleich frech zurück. Aidan lachte kurz leise auf. „Meine Wache ist eigentlich ganz nett. Wir hatten kurz die Gelegenheit dazu gehabt uns zu unterhalten.“ „Natürlich. Der vorbildliche Prinz. Warum hatte ich etwas anderes erwartet?“, Peer hatte sich wohl erhofft in den beiden Verbündete gegen die Wachen zu finden. „Warte noch ein wenig, wenn sie noch länger bei uns sein sollte. Früher oder später werden sie dann bestimmt uns alle nerven.“, lachte der Ältestes von den Dreien. Kurzerhand verfielen sie wieder ins Schweigen bis der Jüngste auf den Sonnenstand aufmerksam machte. „Es gibt gleich Abendessen.“ Aidan schüttelte gleich den Kopf. Er meinte nur, dass er heute nicht mehr in den Speisesaal gehen würde. Sofort bot Peer an, den beiden nach dem Essen etwas vorbei zu bringen. Er schien zu ahnen, dass Killian den Prinzen jetzt nicht alleine lassen wollte. Beide bedankten sich für das Angebot und nahmen es liebend gerne an. Auf dem Weg zurück zur Tür drehte der Jüngste sich nochmal aufmunternd lächelnd zu Aidan um. „Dein Vater erholt sich bestimmt bald wieder und den Angreifer finden sie sicherlich auch.“ „Danke, Kleiner.“ - - - - - Es hatte nicht lange gedauert und Killian war an Aidan herangetreten um diesen von hinten zu umarmen. Vorsichtig hauchte er ihm einen leichten Kuss auf die Spitze seines Ohres. Sie standen in der Nähe des Fensters so, dass man sie von außen nicht direkt sehen konnte, sie selber jedoch hatten eine wunderbare Aussicht. Diese genießend standen sie kuschelnd da und warteten auf ihr Abendessen. Schließlich klopfte es auch, jedoch früher als eigentlich erwartet. Sofort löste sich der Ältere von dem Anderen und ging zur Tür um diese zu öffnen. Lächelnd stand Liam davor und hielt ihm ein Tablett mit Essen entgegen. „Liam! Dich habe ich nicht erwartet. Peer wollte uns doch eigentlich etwas bringen.“, Killian trat beiseite, damit der Andere das Zimmer betreten konnte. „Ja, das stimmt. Er hatte mir davon erzählt und da ich gerade nichts zu tun hatte wollte ich euch nicht weiter hungern lassen.“, erzählte er, während er zum Tisch herüber ging und die unterschiedlichen Speisen darauf abstellte. „Wie geht es dir, Aidan?“ „Danke, es ist alles in Ordnung.“ „Gib mir Bescheid, wenn du etwas brauchst.“ „Natürlich, vielen Dank!“ Nachdem Liam das Essen fertig arrangiert hatte wandte er sich auch schon wieder in Richtung Tür. „Ich wünsche euch einen guten Appetit. Wenn ihr fertig seid, könnt ihr das Geschirr vor der Tür abstellen. Ich hole es dann nachher wieder ab.“ Bei der Tür drehte er sich nochmal lächelnd um und wünschte den Beiden einen schönen Abend und bat den Prinzen nicht allzu viel zu grübeln. Dann eilte er auch bereits wieder heraus und ging wahrscheinlich seinen abendlichen Aufgaben nach. Interessiert betrachten Aidan und Killian das Essen. Zum üblichen Brot mit Belag und Tee haben sie auch etwas Suppe, Obst und Gebäck bekommen. Da schien es heute aber jemand sehr gut mit ihnen zu meinen. Zunächst schweigend begannen sie zu essen, bis Killian bemerkte, dass sich der Jüngere nur sehr zaghaft bediente. „Du musst schon etwas mehr essen.“, versuchte er ihn zu ermutigen. „Irgendwie habe ich nicht so recht Hunger.“, versuchte Aidan sich heraus zu reden. „Soll ich dich füttern? Denn bisher war das zu wenig!“, sagte Killian fast schon hoffnungsvoll. „Ich kann selber essen…“, murmelte der Jüngere und schaute dabei auf das Essen. „Schade.“, antwortet der Ältere schmunzelnd. Mit einer solchen Antwort hatte er aber gerechnet. Der Blick des Jüngeren zuckte kurz nach oben als er dies hörte und seine Wangen wurde leicht rot, als er das schmunzeln des Anderen sah. „Zieh mich nicht auf.“, fügte er, jetzt noch leiser, hinzu. „Tu ich nicht.“, lachte Killian leise. Daraufhin schwiegen beide wieder, allerdings bediente Aidan sich nun mehr an dem Essen. Trotzdem blieb am Ende doch noch etwas übrig. Schließlich schlug der Ältere vor, das Aidan schon schlafen könnte. Der Tag war anstrengend und schlaf würde ihm sicherlich gut tun. Schon kurze Zeit später lagen die beiden im Bett. Der Jüngere hatte sich an den Anderen gekuschelt und versucht trotz seiner inneren Unruhe einzuschlafen. Killian hatte ihm versprochen zu bleiben bis er eingeschlafen war. Danach würde er in sein eigenes Zimmer gehen. Die Unruhe des Anderen bemerkend begann er wieder beruhigend über dessen Rücken zu streichen. Als er schließlich noch leise anfing zu summen merkte er, wie der Jüngere sich entspannte. Die Sonne war bereits seit einer Weile untergegangen, als Killian sich sicher war, dass der Andere so tief schlief, dass er sich aus seiner Umarmung herauswinden konnte, ohne ihn zu wecken. Abschließend vergewisserte er sich, dass er Jüngere richtig zugedeckt war und verließ leise das Zimmer. Zusammen mit seiner Wache ging er rüber zu seinem eigenen Zimmer. Ende Kapitel 5 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)