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Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

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Turn 76 - The Difference

Turn 76 – The Difference

 

 

Ein roter Lichtstrahl schoss auf den weißen Ritter mit den Kristallschulterplatten zu. Doch bevor dieser in [Gem-Knight Crystal] einschlagen konnte, rief Othello: „Stopp! Die Replay-Regel greift, da sich deine Monsterzahl verändert hat! Angriff abbrechen!“

Augenblicklich verpuffte die Attacke aus [Odd-Eyes Pendulum Dragons] Maul, sodass Anya mit den Zähnen knirschte. Ihr Plan, ihre letzte, verdeckt liegende Falle [Justi-Break] zu aktivieren, die bei einem Angriff auf ein normales Monster alle Nicht-normalen-Monster zerstörte, war rigoros gescheitert.

 

Gem-Knight Crystal [ATK/2450 DEF/1950 (7)]

Odd-Eyes Pendulum Dragon [ATK/2500 DEF/2000 (7) PSC: <4/4>]

 

[Anya: 1000LP / Othello: 2250LP]

 

Der rote Drache mit dem silbernen Brustpanzer, aus dem knorrige Auswüchse wie Flügel an Odd-Eyes Rücken emporragten, war das einzige Monster des Jugendlichen. Der strohblonde Bursche lächelte, als Mr. C ausrief: „Was ist da passiert? Othello bricht den Angriff ab, obwohl Anyas Monster schwächer ist!“

Anya, die ebenfalls nur ihren Crystal kontrollierte, verschränkte grimmig die Arme. „Du wusstest es, huh?“

Othello nickte mit dem leichten Anflug eines Grinsens. „Ich war vorgewarnt. [Justi-Break] liegt seither verdeckt auf deiner Spielfeldseite. Ohne [Timegazer Magician] kann ich die Aktivierung nicht verhindern. 'Odd-Eyes' jetzt zu verlieren kann ich mir nicht leisten, verstehst du?“

Nein, dachte Anya, konnte er tatsächlich nicht, weil er wusste, was ihm sonst blühte. Da er nur einmal pro Zug Pendelbeschwörungen durchführen konnte und jene in diesem bereits geschehen war, würde er das Mistvieh nicht gleich wieder aufs Spielfeld kriegen. Trotzdem waren die beiden Pendelmagier ihr ein Dorn im Auge.

Zwei Lichtsäulen ragten neben Othello im riesigen Stadion empor, in denen besagte Magier verweilten. Das waren zum einen der weiße [Stargazer Magician] und zum anderen der blaue [Cardgazer Magician], wobei vor Letzterem zwölf Karten in einem Kreis rotierten.

 

<1> Othellos Pendelbereich <8>

 

Die Idee war gut, Anya Bauer! Da Othello Nikoloudis schon eine Pendelbeschwörung durchgeführt hatte und du durch [Justi-Breaks] Effekt alle Nicht-normalen-Monster vernichtet hättest, wäre er danach schutzlos gewesen, ohne Chance, seinen Drachen noch einmal im selben Zug zu rufen.

 

Anya ballte eine Faust hinter ihrem Arm. Alles, was sie danach noch hätte tun müssen, wäre mit Crystal anzugreifen. Sie war so nah dran!

„Ich werde kämpfen, selbst wenn ich auf dem Zahnfleisch krieche!“, ließ Othello Anya unmissverständlich wissen.

Doch die grinste. „Eins kannst du wissen: Ich auch! Und bei mir hat das bisher immer sehr gut funktioniert.“

„Ich erwarte nichts anderes“, strahlte ihr Gegner genauso ehrgeizig wie sie und nahm seine letzte Handkarte, die er vor sich auf den Spielplan legte. „Diese setze ich verdeckt. Du bist am Zug!“

Zischend materialisierte sich die Karte vor seinem Rollstuhl. Damit kontrollierten beide jetzt eine gesetzte Karte, hatten keine Handkarten mehr übrig und besaßen je ein Monster.

„Mir scheint, dieser Krimi ist noch nicht so bald vorbei!“, rief der Kommentator wieder von seinem kleinen Turm aus, der sich zu Anyas Rechten befand.

 

Die griff nach ihrem Deck und sah herüber nach links, zur ersten Reihe der Zuschauerplätze. Dort saßen sie nebeneinander, Logan, der Flohpelz, Redfield, Kakyo – Was hatte ausgerechnet der dort zu suchen? – und hinter der Schwarzhaarigen Summers, der sein Plakat hochhielt. Anya kam nicht umher, ihren Daumen nach oben zu strecken. Sie würde auf den letzten Metern nicht schlapp machen, ganz bestimmt nicht!

 

Indes hatte sich die Stimmung unter ihren Freunden wieder normalisiert. Als Anya tatsächlich erwogen hatte aufzugeben, war greifbares Entsetzen unter ihnen ausgebrochen. Aus den verschiedensten Gründen.

„Sie scheint sich wieder gefangen zu haben“, stellte Matt erleichtert fest, „ein Glück.“

„Entweder das oder Levrier kontrolliert sie.“ Zanthe schnalzte mit der Zunge. Nuschelte von Logan abgewandt: „Hoffentlich kontrolliert er sie, denn dann könnte sie das womöglich noch gewinnen.“

Der seinerseits hielt sich wie eh und eher wortkarg und reagierte nicht darauf. Anders als Valerie, die vor sich hinmurmelte: „Tu das bloß nie wieder …“

„Eure Freundin ist seltsam“, lautete Kakyos Kommentar dazu.

Nur um von Zanthe korrigiert zu werden. „Nein, sie ist dämlich. Aber das ist je nach Betrachtungswinkel krankhaft. Und unheilbar. Definitiv unheilbar.“

„Musst du einen der wenigen Momente zerstören, in denen Anya mal Größe beweisen wollte?“, zischte Matt dem Werwolf angesäuert zu.

 

Anya, die gar nicht ahnte, dass schon wieder über sie gelästert wurde, griff nach ihrem Deck. Noch immer wusste sie nicht, was sie da vorhin geritten hatte. Mitleid … nein, niemand wurde davon glücklich. Sie sollte Othello dankbar sein, dass er sie auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hatte.

Dementsprechend ehrgeizig rief sie schließlich: „Draw!“

Und zog mit Schwung ihre nächste Karte. Diese betrachtete sie eine Weile. Sie hatte jederzeit die Option auf [Angel Wing Dragon] zu gehen, aber das hieße, dass [Justi-Break] ohne normales Monster wieder nutzlos wurde. Und Othello würde …

Das Mädchen grinste. „Ich passe!“

Sofort erntete sie dafür erstaunte Ausrufe aus dem Publikum.

„Hat unser Geheimtipp des Turniers eine schlechte Karte gezogen?“, wunderte sich Mr. C. Und er war ja so ahnungslos, dachte Anya dabei mit grimmiger Vorfreude.

 

~-~-~

 

Im strömenden Regen standen Nick und Alexandra vor einem kleinen Gebäude an der Ecke einer Kreuzung. In neongrünen Lettern stand auf dem Schild über dem Eingang 'Internet Café', darunter dessen Name 'tRUE iDEOLOGY' mit kleinen Anfangsbuchstaben.

„Was wollen wir hier?“, fragte die Blonde im braunen Trenchcaot mit einem Hauch Abneigung, als Nick die Holztür öffnete und, drinnen angekommen, den Regenschirm in einem dafür vorgesehenen Korb abstellte.

„Uns Anyas Duell ansehen. Es würde zu lange dauern, zurück ins Büro zu fahren“, erwiderte er und lief mit der schönen Schatzjägerin im Schlepptau zum Tresen.

 

Nachdem sie sich für eine Stunde einen der PCs gemietet hatten, schlenderten sie in die hinterste Ecke des kleinen Cafés. Eine Wendeltreppe führte nach oben, wo man Kaffee trinken und ungestört eines der Bücher lesen konnte, die hier zu dutzenden in Holzregalen zu finden waren.

Die beiden hatten Glück, denn an dem runden Tisch ganz hinten, an dem sich vier PCs befanden, getrennt durch blickhohe Wände, befanden sich keine 'Störfaktoren', wie Nick sie bezeichnete.

Dieser setzte sich mit dem Rücken zur Wand an das Gerät, während sich Alex einen der Stühle vor den anderen PCs schnappte und an seiner Seite niederließ.

 

„Denkst du wirklich, sie hat eine Chance?“, fragte die Blonde zweifelnd.

Nick, der den Live-Stream gerade öffnete, sah sie aus den Augenwinkeln düster an. „Natürlich.“

„Aber du glaubst nicht daran, dass sie die auch nutzt. Sonst würdest du nicht zusehen wollen.“ Ein überlegenes Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. „So etwas tust du nicht, wenn du dir deiner Sache sicher bist. Ich habe dich beobachtet.“

Ihr zerzauster Begleiter wandte sich dem Stream zu, der immer noch im Begriff war zu laden. Anders als die Kommentare seiner Zuschauer, die niveauloser teilweise kaum sein konnten. Oft fielen negative Bemerkungen zu Anya, aber auch Othello wurde beschimpft, wobei es zum Glück auch jene User gab, die sich für die beiden einsetzten.

„Hab ich ins Schwarze getroffen?“, bohrte Alexandra nach.

„Anya ist schwierig. Zerrissen zwischen den Möglichkeiten, die sich ihr durch Levrier bieten und dem Willen, aus eigener Kraft ihre Ziele zu verwirklichen.“ Nick atmete tief durch. „Nicht einmal ich kann sagen, wie sie sich jetzt entscheiden würde, müsste sie wählen.“

Alexandra schlug ein Bein über das andere. „Sie wird sich entscheiden müssen. Und sie wäre dumm, nicht den einfachen Weg zu gehen.“
 

Inzwischen hatte der Stream geladen und zeigte gerade Anya, wie sie mit unbedarfter, fast schon herausfordernder Mimik passte. Die Kamera wechselte zu Othello, der aufzog.

 

Nick bemerkte, wie Alexandra ihn nachforschend beobachtete. „Was ist?“

„Ich frage mich, was du als Nächstes vor hast. Willst du wirklich noch einen Dämon aufsuchen? Wenn mich nicht alles täuscht, war deine letzte Begegnung schon sehr riskant.“

Sich nicht vom Stream abwendend, erklärte Nick: „Irgendwo musste ich anfangen. Wenn die eigenen Fähigkeiten nicht ausreichen, um die Kontrolle zu behalten, muss man Risiken eingehen.“

„Was hast du mit diesem Joel vor?“

„Das wird sich noch zeigen. Zuerst gilt es, mehr über die Struktur der Dämonenwelt zu erfahren, insbesondere ihrer Anführer. Joel könnte dabei nützlich werden.“ Nick warf ihr wieder einen Blick aus den Augenwinkeln zu. „Wenn der Sammler ihn versiegelt hat, heißt das, er konnte ihn nicht vernichten.“

Alex schloss die Augen. „Aber das bedeutet auch, dass er potentiell gefährlicher als der Sammler ist.“

„Das hoffe ich doch, andernfalls heißt es umdenken.“

Erstaunt öffnete sie wieder die Lider. „Sag bloß, du willst die großen Fünf gegeneinander ausspielen?“

„Nicht nur ausspielen. Ich will, dass sie sich gegenseitig vernichten. Solche wie der Sammler dürfen nicht existieren.“ Der hochgewachsene, junge Mann kniff die Augen fest zusammen. „Meine Aufgabe ist es, einen Anlass zu erschaffen, warum sie sich bekriegen werden.“

Was die hübsche Blonde zum Lachen brachte, wenngleich es auch düster und besorgt klang. „Dann möchte ich gar nicht wissen, welche Rolle ich in deinem Plan spiele.“

Nick antwortete nicht darauf. Denn er wusste es nicht. Alexandra … Er wusste nicht, was sie war. Was sie für ihn war. Aber er vertraute ihr nicht, weshalb er ihr nur den oberflächlichen Teil seines Plans verraten hatte.

 

~-~-~

 

„Draw!“, verkündete Othello und zog auf. „Ich setze eine Karte verdeckt.“

Neben seiner im letzten Zug ausgespielten Karte tauchte eine weitere auf. Dann streckte er die Hand nach vorne aus. „Ich habe keine Wahl, ich muss deine Falle auslösen um weiterzukommen! 'Odd-Eyes', greif [Gem-Knight Crystal] an! Spiral Strike Burst!“

Kreischend lud der rote Drache seinen Signaturangriff auf und feuere ihn in einem Lichtstrahl ab, um den schwarze Entladungen schlugen.

„Ein geschickter Schachzug von Othello Nikoloudis! Zwar muss er seinen Odd-Eyes opfern, aber dank der unbegrenzten Kraft der Pendelbeschwörung kann er ihn während seiner zweiten Main Phase einfach zurückbeschwören!“, legte Mr. C Othellos Absichten offen.

Anya schwang den Arm aus und grinste dabei heimtückisch. „Wie du willst! Ich aktiviere den Effekt! Aber nicht von meiner Falle, sondern vom [Gem-Merchant] in meiner Hand!“

Der Grieche weitete seine Augen, als hinter dem weißen Ritter seiner Gegnerin eine kleine Gestalt erschien, aus nichts weiter bestehend als einem spitz zulaufendem Körper, zwei Armen und einem Spitzhut.

„[Gem-Merchant] lässt sich abwerfen, um bis zum Ende des Zuges beide Werte eines normalen Erd-Monsters wie Crystal zu boosten!“ Anyas Grinsen wurde immer breiter, als sie die Karte in den Friedhofsschacht schob. „Und das um glatte 1000 Punkte!“

Das Zauberwesen verschwand in Crystal, dessen Kristalle an den Schulterplatten grelles Licht auszustrahlen begannen. Anya befahl mit ausgestrecktem Arm: „Gegenangriff! Clear Punishment!“

 

Gem-Knight Crystal [ATK/2450 → 3450 DEF/1950 → 2950 (7)]

 

Sofort schmetterte der Ritter seine Faust in den Boden, aus dem überall spitze Kristalldornen geschossen kamen. Odd-Eyes Angriff traf auf die rasend schnell näher kommenden Gebilde und wurde wie Licht in alle Richtungen gebrochen. Nur eine Sekunde später wurde der flügellose Drache aufgespießt und explodierte. Othello ächzte.

 

[Anya: 1000LP / Othello: 2250LP → 1300LP]

 

Aus dem Rauch stieg ein roter Lichtstrahl auf, welcher von dem sich öffnenden Pendelportal absorbiert wurde.

„Anya Bauer holt langsam aber sicher auf!“, stellte Mr. C das Offensichtliche fest.

„Der geht an dich“, gestand indes ihr Gegner dem Mädchen zu. Streckte aber nur eine Sekunde später die Hand in die Höhe. „Aber du weißt, dass [Odd-Eyes Pendulum Dragon] mich nie verlassen wird! Main Phase 2! Pendulum Summon!“

Das Pendelportal, das immer noch zwischen den beiden Magiern offen stand, schoss den Strahl direkt wieder auf das Spielfeld, wo er die Form des roten Drachen annahm, welcher kämpferisch aufschrie.

 

Odd-Eyes Pendulum Dragon [ATK/2500 DEF/2000 (7) PSC: <4/4>]

 

Damit hatte sie sich nicht nur Zeit erkauft, die Othello damit verschwenden musste, ihre Falle loszuwerden. Nein, sie hatte ihm auch noch eine Menge Schaden reingedrückt, dachte Anya zufrieden unter dem Applaus so einiger Zuschauer. Noch ein wenig mehr, nur ein wenig!

Othello hustete ein paar Mal, bevor er mit einer Handgeste ausdrückte, dass sein Zug beendet war. Und auch wenn Anya es ungern zugab, fühlte sie sich schlecht, ihn so zu sehen. In so einem Zustand konnte man ein so anstrengendes Duell wohl kaum genießen, schoss es ihr dabei durch den Kopf, als sie sich an seine Worte erinnerte. Sie wusste es, denn auch sie konnte Duelle kaum noch genießen, so viel, wie inzwischen von ihnen abhing …

 

~-~-~

 

Alexandra sah Nick in einer Mischung aus Bewunderung und Ablehnung an. Die fünf mächtigsten Dämonen und diesen Joel gegeneinander aufzuhetzen. Da hatte er sich einiges vorgenommen. Als er sie aus den Augenwinkeln ansah, lächelte sie. „Manchmal kannst du richtig furchteinflößend sein.“

„Findest du?“

„Ich habe noch nie jemanden so etwas Dummes von sich geben hören. Aber bei dir habe ich das ungute Gefühl“, erklärte sie und seufzte dabei, „dass du deine Vorhaben tatsächlich über die Bühne bringst.“

„Warte einfach ab. Du bist nicht Teil des Plans, falls es dich beruhigt.“

Nick richtete sein Augenmerk wieder auf den Bildschirm. Das Mädchen, seine Freundin, hatte ihren Gegner gerade in eine Falle gelockt mit ihrem Monster auf der Hand.

„Stimmt, ich bin die Gefangene, deren Beziehungen du für deine Vorstellungen ausnutzt.“

„Du kannst jederzeit gehen. Den Rest schaffe ich auch ohne dich.“

Die Blonde lachte. „Nein, tust du nicht. Wenn Joel sich als unnütz erweist, wirst du meine Hilfe benötigen.“

Zwar sagte er nichts, aber Alexandra wusste, dass sie damit ins Schwarze getroffen hatte. Er mochte noch so ein Stratege und Technik-Genie sein, sein Wissen um die Unterwelt war begrenzt und seine Beziehungen dahingehend praktisch nicht vorhanden. Er brauchte sie. Und sie brauchte ihn.

„Wie sieht es eigentlich mit deinem Boss aus?“, fragte sie. Aiden Reid. Sie konnte diesen Mann nicht einschätzen, wusste aber, dass Nick gezwungen war für ihn zu arbeiten, warum auch immer.

„Nichts. Alles bestens“, log er dazu ganz offensichtlich.

 

Aiden konnte warten, dachte sich Nick. Sollte er ruhig denken, er hätte ihn in der Hand. Nachdem Zachariah erfolglos versucht hatte, die Bombe platzen zu lassen, war Aiden beinahe eines seiner Druckmittel durch die Lappen gegangen. Aber Anya hatte diesem Dummkopf zum Glück nicht geglaubt und wenn sie ihm nicht glaubte, dann erst recht nicht Aiden. Schon gar nicht da sie wusste, dass Zach für ihn gearbeitet hatte.

Damit gab es nur noch zwei Personen, denen Anya glauben würde, dass es vor langer Zeit noch einen Bauer-Spross gegeben hatte: Ihren Eltern. Und beide wagten es selbst heute nicht, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Mrs. Bauer hauptsächlich vor Scham, Mr. Bauer … nun ja.

Trotzdem sollte er den nicht aus den Augen lassen, mahnte sich Nick, immerhin war Aiden imstande mit ihm Kontakt aufzunehmen.

Und was Monochrome anging, musste Nick sich gedulden. Aiden hatte das Programm zwischenzeitlich auf einen anderen, ihm unbekannten Server übertragen. Den könnte er sicherlich ausfindig machen, aber der junge, zerzauste Mann hatte auch für Aiden und Monochrome Pläne …

 

„Hörst du mir überhaupt zu?“, hörte er Alexandra eingeschnappt fragen.

Er drehte ihr den Kopf zu. „Tut mir leid, war gerade in Gedanken versunken.“

„Du bist wirklich wie mein Ehemann.“

„Dein Ehemann?“

Alexandra winkte ab, mied auf einmal den Augenkontakt. „Ja, manchmal war er einfach ganz woanders.“

Nick bohrte nach. „Du sprichst in der Vergangenheitsform.“

„Er ist tot, schon seit Jahren. Ein Dämon hat ihn und seine Partner umgebracht.“

„Dein Mann war ein Jäger?“

Alexandra nickte. Nick stellte keine weiteren Fragen mehr. Alles Wichtige war schon gesagt worden.

 

~-~-~

 

Anya sah zur gläsernen Kuppel des Stadions. Inzwischen war das Gewitter verklungen, doch nicht der Regen, der immer noch aus grauen Wolken herab prasselte.

Ihre Augen zusammenkneifend, fokussierte sie sich auf Othello und legte die Finger an die oberste Karte ihres Decks. „Mach dich schon mal frisch! Draw!“

Den aufgezogenen Zauber identifizierte sie noch in der Bewegung als [Silent Doom]. Sofort ratterte es in ihr. Damit konnte sie ein normales Monster von ihrem Friedhof in die Verteidigung beschwören, auch wenn es danach nicht mehr aus dieser gewechselt werden konnte. Derzeit gab ohnehin nur [Gem-Knight Amber] als Auswahlmöglichkeit, der als Zwilling ein legitimes Ziel darstellte. Doch was sollte sie mit ihm anfangen?

 

Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt gekommen, um [Angel Wing Dragon] zu beschwören.

 

Levriers Rat erreichte Anya durchaus, aber es gab noch eine andere Möglichkeit. Amber besaß einen Effekt, den sie bei einer Dualbeschwörung auslösen konnte. Mit ihm konnte sie eine Gem-Knight-Karte abwerfen, um einen verbannten Gem-Knight zu recyclen. Einen wie Prismaura, der Othellos Pendelkarten zerstören könnte …

„Ich aktiviere [Silent Doom]! Damit rufe ich [Gem-Knight Amber] vom Friedhof zurück!“, entschied Anya lautstark, ihre Karte erstmal auszuspielen.

Othello nickte verständig. „Gute Idee.“

Ein klaffendes Loch öffnete sich vor dem Mädchen. Aus ihm stieg der Ritter in der goldenen Rüstung, welcher anschließend vor ihr in die Knie ging und einen Blitzdolch aus seiner Handfläche zog.

 

Gem-Knight Amber [ATK/1600 DEF/1400 (4)]

 

„Da Amber ein Zwilling ist, kann ich ihn als Dualbeschwörung rufen!“ Anya schwang den Arm aus, wodurch um ihren Krieger herum für einen kurzen Augenblick eine weiße Lichtsäule aus dem Boden aufstieg. „Damit ist meine Normalbeschwörung für diese Runde verbraucht.“

Das Mädchen ächzte. Es hatte sie viel Zeit gekostet zu kapieren, dass eine Dualbeschwörung nichts anderes war als die Normalbeschwörung eines Zwillings, der sich schon auf dem Feld befand. Und dass die die einzigen waren, die davon Gebrauch machten, wodurch sie immerhin ihre eigentlichen Effekte erhielten und damit keine normalen Monster mehr waren.

„Ich verbanne [Gem-Knight Master Diamond] von meinem Friedhof, um [Gem-Knight Fusion] von dort auf die Hand zu nehmen.“ Besagtes Monster landete prompt in Anyas Hosentasche aka 'muffiges Loch'. Und kaum hatte Anya den Zauber aufgenommen, hielt sie ihn ihrem Ablagestapel schon zum Fraß hin. Doch sie zögerte noch.

 

Was sollte sie tun? Prismaura würde im Extradeck landen, andere Gem-Knights durch den Effekt von Amber auf ihrer Hand. Und sie brauchte jetzt so viele Ressourcen wie möglich. Eine Fusion würde zwangsweise Amber UND Crystal verschlingen. Dem gegenüber stand die wesentlich einfachere Beschwörung von [Angel Wing Dragon], welcher sie nur Amber kosten und gleichzeitig ihren Friedhof füllen würde.

Anya schloss die Augen. Angel Wing wäre die perfekte Waffe gegen Odd-Eyes' zerstörerische Fähigkeit, doppelten Kampfschaden auszuteilen. Mit ihm konnte sie die Angriffe gleichzeitig umlenken, wenn sie musste. Levrier hatte Recht, sie sollte ihn ausspielen. Aber dann wäre sie wieder abhängig von einer Karte, die sie eigentlich gar nicht besitzen dürfte. Argh!

 

„Monstereffekt von [Gem-Knight Amber]! Ich werfe eine Gem-Karte ab, um einen verbannten Gem-Knight auf die Hand zu nehmen!“ Entschlossen schob sie den Zauber letztlich in den Friedhofsschacht. „Und ich entscheide mich für [Gem-Knight Alexandrite]!“

Amber rammte seinen Dolch in den stählernen Boden der leicht erhöhten Duellplattform und schnitt einen leichten Riss hinein, aus dem Blitze sprühten. Aus ihm entstieg eine leuchtende Kugel, die zu Anya flog und in der Karte Alexandrites verschwand, welchen sie aus ihrer Hosentasche gefischt hatte und nun vorzeigte.

„Und jetzt schicke ich ein Licht-Monster von meinem Deck auf den Friedhof, um es auf Amber einzustimmen!“ Das Mädchen riss den Arm in die Höhe. Selbst wenn sie die Pendelmagier erneut angriff, würde Othello sowieso nur einen neuen Weg finden, seine Pendelbeschwörungen aufrecht zu erhalten. Es war das Beste, ihre Kräfte in Dinge zu stecken, die -sie- kontrollieren konnte! „Ich schicke [Alexandrite Dragon] auf den Friedhof! Der ist Stufe 4, abgestimmt auf Amber, ebenfalls Stufe 4!“

Über ihren Fingern stieg ein goldener Ring auf, bestückt mit vier weißen Federschwingen, die eng an das Gebilde angelegt waren. In ihm befand sich eine wässrige Oberfläche.

„From the light of a different world, the herald of starlight descends upon the ravaged land! By discarding a single star, I call upon you!“, begann Anya dabei zu rezitieren.

Amber stieg in die Luft auf, zerteilte sich in vier grüne Energiekugeln, die rückwärts durch den Ring glitten und verschwanden. Dann schoss ein greller Lichtblitz aus jenem.

Anya schrie förmlich: „Synchro Summon! Shine forth, [Angel Wing Dragon]!“

Und mit einem Ruck schossen von hinten der Schweif und von vorn der Kopf des länglichen, weißen Drachen aus dem Ring, bis sie ein Ganzes ergaben. Majestätisch baute sich das Ungetüm auf, an dessen Kopf sich ein goldenes Kragengestell befand, welches ihm Ähnlichkeit mit einer Kobra verlieh.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)]

 

Mr. C staunte nicht schlecht, ebenso wie das Publikum. „Jetzt greift Anya Bauer tief in die Trickkiste! Angeblich handelt es sich bei diesem Drachen um ein seltenes Einzelstück, welches sich passenderweise in seiner ungewöhnlichen Art der Synchrobeschwörung widerspiegelt! Woher sie ihn wohl haben mag!?“

„Ist doch egal“, raunte die Blonde und streckte den Arm aus. Der Typ da oben sollte am besten schon mal damit anfangen, eine Lobeshymne für sie einzustudieren, denn dieses Duell könnte jeden Moment vorbei sein. „Angel Wing, zeig' ihnen, was du drauf hast! Seraphim Judgment auf [Odd-Eyes Pendulum Dragon]!“

Kreischend riss Erstgenannter sein Maul auf und sammelte darin weiße Flammen, die er im Anschluss als stechenden Strahl abfeuerte. Um diesen rotierte eine weitere, goldene Spiralflamme. Othello sah betrübt zur Seite, als sein roter Drache von dem Angriff getroffen wurde und explodierte. Über ihm öffnete sich das Pendelportal und absorbierte wie gewohnt die Reste Odd-Eyes'.

 

[Anya: 1000LP / Othello: 1300LP → 1100LP]

 

Anya steckte die Hände in beide Hosentaschen und scharte mit dem Fuß hin und her. Als Othello sie wieder ansah, sagte sie: „Sorry, aber du wolltest es so. Ich greife dich mit [Gem-Knight Crystal] direkt an.“

„Heh“, lächelte er glücklich, was Anya nur verwirrte.

So rief sie genervt: „Verdammte Grinsebacke, hör' bloß auf damit! Clear Punishment!“

Ihr weißer Ritter schmetterte seine Faust in den Boden. Sofort bildete sich eine Schneise im Metall, die sich bis zum Rollstuhlfahrer hinzog, wobei immer wieder spitze Kristalldornen daraus in alle Richtungen schossen.

„Ich grinse, weil ich froh bin, dass du wirklich alles gibst! Aber es reicht noch nicht! Verdeckte Falle: [Escape From The Dark Dimension]! Sie bindet sich an eines meiner Finsternis-Monster in der Verbannungszone und holt es aufs Feld!“ Othello hielt die Karte bereits in den Händen. Und da war es plötzlich, ein Funkeln voller Entschlossenheit und Stolz. „Darf ich ihn dir offiziell vorstellen? Mein Assmonster aus vergangenen Tagen! [Odd-Eyes Dragon]!“

Anya weitete die Augen, als die rechte seiner verdeckten Karten hochfuhr. Über Othello öffnete sich ein schwarzes Loch, aus dem eine rote Gestalt geschossen kam. Mit einem Satz landete sie vor dem Jugendlichen – [Odd-Eyes Pendulum Dragon]! Nein, nicht ganz. Dieser hier wirkte etwas simpler, seine Brustplatte war nicht so massiv wie die seines Gegenstücks und auch die Auswüchse daran waren kleiner, klingenartiger und es fehlten die farbigen Kugeln daran.

 

Odd-Eyes Dragon [ATK/2500 DEF/2000 (7)]

 

In dem Moment erinnerte sich Anya.

 

Schwinge bis in alle Ewigkeit, Pendulum! Stufe 7-[Odd-Eyes Dragon] von meiner Hand, erscheine! Pendulum Summon!“

Zwischen dem weißen und dem schwarzen Pendelmagier begann sich plötzlich ein riesiges Portal zu öffnen, um welches sich aberdutzende Ellipsen aus glänzendem Licht bildeten. Ein roter Lichtstrahl schoss aus jenem Loch heraus und schlug wie ein Blitz vor Othello ein.

Anya weitete die Augen. „Da ist er!“

Der rote Drache, sein Assmonster!

 

Odd-Eyes Dragon [ATK/2500 DEF/2000 (7)]

 

Anya grinste breit. „Darauf habe ich gewartet! Der ist Geschichte!“

Sie schwang ihren Arm über die linke verdeckte Karte. „Jetzt lernst du meine Anti-Pendel-Karte kennen! [Bottomless Trap Hole]!“

Wie aus dem Nichts verschwand der Boden unter den Füßen des Odd-Eyes. Sogleich begann er unter Anyas geradezu hysterischem Gekicher von finsteren Händen in die Tiefe gezogen zu werden.

„Sorry, aber da er über 1500 Angriffspunkte besitzt, wird er sofort zerstört und verbannt! Also kannst du ihn auch nicht aus dem Extradeck beschwören!“

 

Gleichzeitig waren auch ihre Freunde überrascht davon, den roten Drachen wiederzusehen.

„Wieso spielt er eine Karte, die verbannte Monster zurückholt?“, wunderte sich Matt. „Er spielt doch keine Karten, die Monster verbannen.“

Kyon drehte sich zu ihm um. „Gerade deswegen doch. Wäre Anyas Plan zu Beginn des Duells aufgegangen, hätte er [Odd-Eyes Pendulum Dragon] verloren und hätte ihn mit dieser Falle zurück ins Spiel bringen können.“

Neben ihm nickte Valerie. „Sozusagen als Rückversicherung. Gute Idee.“

„Nun, früher hat er diese Karte oft in Verbindung mit seinen anderen benutzt“, erklärte der brünette Bursche weiter, „aber seitdem hat er sein Deck angepasst und neue Einsatzgebiete für seine alten Karten gefunden.“

Anyas Erzrivalin nickte. Von Othello konnte Anya noch viel lernen …

 

„Tch, wieder nichts mit Sieg. Hätt' ich mir ja denken können! Aber egal, das ist also dein altes Assmonster?“, wunderte sich Anya, die zwischenzeitlich von derselben Regel wie Othello zuvor Gebrauch gemacht hatte, um [Gem-Knight Crystals] Angriff abzubrechen – dem Replay. „Wozu spielst du es noch, du hast doch jetzt [Odd-Eyes Pendulum Dragon]?“

„Würdest du deine alten Karten wegschmeißen, nur weil es jetzt bessere Versionen davon gibt? Mit ihm habe ich viele Duelle gewonnen“, sagte Othello stolz und nickte seinem Drachen zu. „Ich habe jetzt zwei Partner, auf die ich mich verlassen kann.“

 

Partner, auf die man sich verlassen konnte? Anya sah hinauf zu Angel Wing. Wenn das so war, könnte dies denn nicht auch für sie gelten?

Langsam begriff sie, was Valerie ihr wirklich sagen wollte. Es war Quatsch, die Hüterkarten nie wieder benutzen zu wollen. Die Botschaft lautete, dass jene nicht ihre alten Streiter ersetzten, sondern die ganze Gruppe stärker machten. Keine One-Man-Show waren.

 

„Du bist ein komischer Vogel“, schmunzelte Anya, „aber das wird dich auf Dauer auch nicht retten. Zug beendet!“

Beinahe kam es dem Mädchen so vor, als würde der Knirps ihr helfen wollen. Und vielleicht war ihm das sogar gelungen. Denn … er war einer der wenigen Duellanten, für den sie – und es fiel ihr äußerst schwer das vor sich selber zuzugeben – Respekt empfand.

 

„Retten werden mich meine Fähigkeiten. Und etwas Glück, hoffe ich“, hielt Othello dagegen und griff nach seinem Deck. „Draw!“

Kaum hielt er seine neue Karte zwischen den Fingern, zeigte er sie nach einem kurzen Seitenblick zufrieden strahlend vor. „Damit lässt sich etwas anfangen. Sieh her, jetzt lernst du ein neues Pendelmonster kennen! Normalbeschwörung!“

Er klatschte die Karte auf den Spielplan über seinem Schoß. „[Archfiend Eccentrick]!“

Nicht nur Anya war beim Anblick des Monsters erstaunt, das vor Othello erschien. Auch das Publikum gab überraschte Laute von sich, als die violetthaarige, in einen Schleier und weißen Umhang gehüllte Dämonin das Spielfeld betrat.
 

Archfiend Eccentrick [ATK/800 DEF/1000 (3) PSC: <7/7>]

 

„Keine Magierin?“, wunderte Anya sich offenkundig. „'kay, wenn du die spielst, muss sie ordentlich was auf dem Kasten haben.“

„Hat sie! Pass gut auf! Ich benutze [Archfiend Eccentricks] besondere Fähigkeit! Dafür muss ich sie opfern …“ Othello nahm ihre Karte vom Feld und legte sie neben sich auf das Extradeck, wo schon sein [Odd-Eyes Pendulum Dragon] lag. Die fliederfarbene Dämonin hielt sich daraufhin das kurze Mikrofon an den Mund, welches sie mit sich führte. „... um eines deiner Monster augenblicklich zu zerstören!“

„Huh!?“

Sich um die eigene Achse drehend, begann [Archfiend Eccentrick] in die Luft aufzusteigen, dabei ein gar grässliches Lied zum Besten gebend. In alle Richtungen schoss ihr Mikro den Ton gewordenen Terror in Form von Schallwellen in die Welt. Und eine davon traf [Angel Wing Dragon], der sich sofort in sich zusammenzog und implodierte. Kichernd löste sich die Teufelin daraufhin auf und ließ Anya mit weit geöffneten Augen zurück.

„In der Tat eine mächtige Karte“, erklärte Mr. C derweil dem Publikum, „besonders, da sie jede Runde durch die Pendelbeschwörung gerufen werden und somit ein Monster beseitigen kann. Damit ist das Duell für Anya Bauer gerade um Einiges schwieriger geworden! Ein Glück für sie, dass dieser Effekt nur einmal pro Zug benutzt werden darf!“

Die aber blieb wie gewohnt stur. „Und wenn schon. Selbst wenn du jetzt all deine geliebten Pendelmonster auspackst, kommst du doch nicht an mich ran!“

Sie sah hinunter zu ihrer Falle, die noch immer unbenutzt zu ihren Füßen lag.

„Leider.“ Othello senkte den Blick. „Es tut mir leid, 'Odd-Eyes', aber ich muss dich opfern. Angriff auf [Gem-Knight Crystal]! Spiral Flame!“

Aufgeschreckt sah Anya zu, wie der flügellose Drache einen wirbelnden, knallroten Flammenstrahl in [Gem-Knight Crystals] Richtung ausstieß. Er wollte also immer noch die Aktivierung von [Justi-Break] erzwingen, erkannte die Blonde grimmig. Na schön, eine andere Wahl blieb ihr eh nicht!

„Falle aktivieren!“, raunte sie und schwang den Arm darüber aus, sodass die Karte aufklappte. „Du hast ein normales Monster angegriffen, also kann ich [Justi-Break] benutzen, um alle Nicht-Vanillas einzustampfen!“

Immerhin, dachte Anya für sich, wenigstens -einmal- konnte sie ihre Falle damit benutzen! Sonst wurde ihr ja jedes Mal ein Strich durch die Rechnung gemacht!

Parallel dazu streckte ihr weißer Ritter beide Arme von sich. Schlagartig schlugen elektrische Ladungen um ihn, welche er mit einem Brunstschrei in Richtung seines Feindes ausstieß. Die Blitze trafen auf den Flammenwirbel, verschmolzen mit ihm und wurden zu einer grellen Lichtexplosion, die, als sie auf [Odd-Eyes Dragon] traf, alles in seinem näheren Umfeld in nichts als Staub verwandelte. Es donnerte heftig innerhalb des Stadions.

Othello seufzte, nachdem sein altes Assmonster verschwunden war. „Danke, 'Odd-Eyes'. Aber dein Opfer wird nicht vergebens sein! Schwinge bis in alle Ewigkeit, Pendulum!“

Ruckartig stieß der Junge seine Hand in die Höhe und ließ über sich das Pendelportal erscheinen, um das sich dutzende Lichtellipsen bildeten. „Von meinem Extradeck in Verteidigungsposition: [Odd-Eyes Pendulum Dragon] und [Archfiend Eccentrick]! Pendulum Summon!“

Die beiden roten Lichtstrahlen, die aus dem Portal schossen, spiegelten sich in Anyas Augen, welche jene fest zusammenkniff. Odd-Eyes und die Dämonin nahmen vor ihrem Gegner Form an. Der Drache zeigte ihr seine Rückseite, seine Partnerin kniete nieder und hielt die Arme grinsend über Kreuz.

 

Odd-Eyes Pendulum Dragon [ATK/2500 DEF/2000 (7) PSC: <4/4>]

Archfiend Eccentrick [ATK/800 DEF/1000 (3) PSC: <7/7>]

 

„Du bist dran, Anya“, sagte Othello und nickte jener zu.

„Sehr gut! Während der End Phase, in der Angel Wing das Zeitliche segnete, kann ich zwei Stufe 4-Monster vom Friedhof verbannen“, kündigte Anya grimmig an und zeigte [Gem-Armadillo] sowie [Alexandrite Dragon] vor, die beide in ihrer Hosentasche verschwanden, „und ihn dann von dort reanimieren! Meine eigene Art der Pendelbeschwörung!“

Wie ihr Gegner es getan hatte, stieß das Mädchen die flache Hand in die Höhe. „Sei wiedergeboren, [Angel Wing Dragon]!“

Über ihr stieg der goldene, vier-geflügelte Ring auf. Die Fläche in seinem Inneren schimmerte und es dauerte nur einen Herzschlag, da schoss der weiße Drache daraus empor, bäumte sich gefährlich knurrend auf.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)]

 

Die beiden Rivalen tauschten ehrgeizige Blicke aus, ehe sie simultan grinsten. Dann zog Anya mit Schwung auf. „Draw!“

Sie hoffte auf ein Monster, wurde aber enttäuscht. Doch jene Karte war auf den zweiten Blick nicht weniger nützlich, als Anya erkannte, dass sie sie unwissentlich dringend gebraucht hatte.

Dann nahm sie ihre andere Handkarte und legte die auf das rote D-Pad. .„Normalbeschwörung! Erscheine, [Gem-Knight Alexandrite]!“

Unter dem Drachen des Mädchens erschien neben Crystal ein Ritter in silberner Rüstung. Entlang dieser befanden sich in regelmäßigen Abständen Edelsteine, die je nach Betrachtungswinkel eine andere Farbe besaßen.

 

Gem-Knight Alexandrite [ATK/1800 DEF/1200 (4)]

 

„Drei gegen zwei. Sieht schlecht aus für dich.“ Anya stemmte eine Hand in die Hüfte. Am besten wäre es, wenn sie Odd-Eyes mit Angel Wing angriff. Denn für den unwahrscheinlichen Fall, dass Othellos letzte Karte die Werte eines ihrer oder seiner Monster veränderte, würde sie durch Angel Wings Effekt dem Kampfschaden und der daraus resultierenden Reaction Force entgehen.

So zeigte sie auf den roten Drachen: „Los, [Angel Wing Dragon], er will Nachschlag! Seraphim Judgment!“ Ihr Finger schwang herum zur fliederfarbenen, aufgebrezelten Dämonin. „Und die da ist sowieso nur Kanonenfutter für dich, [Gem-Knight Alexandrite]!“

Letzterer streckte seine Handläche aus und schoss daraus eine schier unendliche Salve funkelnder Edelsteine, die [Archfiend Eccentrick] im Handumdrehen vernichteten. Gleichzeitig stieß der kobraartige Drache seinen weißen Odem aus, um den eine goldene Flammenspirale kreiste. Odd-Eyes ging in einem Knall unter und sorgte damit bei Othello für eine verärgerte Miene, als dessen Kamerad und seine Partnerin als rote Lichtstrahlen vom Pendelportal absorbiert wurden.

„Tja, einen Angriff habe ich noch frei“, verkündete Anya düster und zog dabei die Schultern an, während ihr [Gem-Knight Crystal] sich kampfbereit machte. Othellos Feld war abseits seiner gesetzten Karte und den Pendelmagiern links und rechts in den Lichtsäulen leer.

 

„Es kann nur einen Sieger geben“, erwiderte der junge Grieche nachdenklich, „aber was wäre, wenn es eine Möglichkeit gäbe, wie wir beide gewinnen könnten?“

Das Mädchen lockerte seine verkrampfte Haltung. „Huh?“

„Würdest du sie ergreifen?“

„Wie wir beide … Sieger sein können?“, wiederholte Anya seine Worte. „Wie soll das funktionieren?“

Verwirrtes Gemurmel machte sich im ganzen Stadion breit.

Othello senkte seinen Kopf, nickte der verdeckten Karte zu. „Durch ein Unentschieden. Wir wären weder Gewinner noch Verlierer. Vielleicht lassen sie uns gemeinsam gegen Claire antreten.“

Sofort hatte Anya ein Bild vor Augen. Sie, neben dem Knirps, gegen die übermächtige Claire Rosenburg kämpfend. Ein schwächlicher Junge gegen eine Hüterin!

„Meine gesetzte Karte ist [Ring Of Destruction]. Mit ihr kann ich ein beliebiges Monster zerstören, um uns beiden Schaden in Höhe seines Angriffswertes zuzufügen. Das wäre automatisch ein Unentschieden“, führte Othello seine Idee weiter aus.

Anya sah ihn ungläubig an. Damit würden sie einen Präziirgendwasfall schaffen. Etwas, das es so noch nicht gegeben hatte. Mit ihm an ihrer Seite gab es eine reelle Chance, dieses Motorrad fahrende Miststück zu besiegen. Aber …

„Nein“, entschied sich Anya dagegen, „das willst du nicht wirklich. Für so etwas wird man sich an dich erinnern, doch nicht als Duel King. Sondern als gutmütigen Trottel, der es nicht übers Herz brachte, den Traum seiner Gegnerin zu zerstören.“

Othello lächelte in sich hinein, während Anya den Zeigefinger ausstreckte. „Oder sagst du das bloß, weil du im Begriff bist zu verlieren? Tch, ist ohnehin egal, die Entscheidung triffst letztendlich du. Aber das hält mich nicht davon ab, auf Sieg zu spielen!“

 

Er würde doch jetzt nicht wirklich verlieren, oder? Nein, selbst wenn es so war, hieß das lediglich, dass er trotzdem noch nicht aufgegeben hatte. Es war seine Art, dem Schicksal zu trotzen. Wenn für dich kein Platz auf dem Siegertreppchen war, musste eben angebaut werden.

Anya musste grinsen. Der Gedanke, sich mit ihm den Sieg zu teilen, war gar nicht so schlecht. Doch nicht der, ihn in die Schlacht gegen Claire mitzunehmen. Denn eines stand fest: Claire Rosenburg wusste genau, warum Anya hier war! Und ein Kampf mit ihr könnte Othello das restliche Leben, das noch in ihm steckte, kosten.

Es durfte überhaupt gar nicht erst dazu kommen, dass diese beiden sich begegneten! Das war am sichersten!

 

„[Gem-Knight Crystal]“, schrie sie förmlich und weitete die Augen, „direkter Angriff auf seine verbliebenen Lebenspunkte! Diesmal schaffst du es!“

Er musste einfach! Vielleicht hatte Othello nur geblufft?

„Clear“, hob sie ihre Stimme auf das Maximum an. Die Menge verstummte. „Punishment!“

Und sie ballte ihre Hand zu einer Faust, die sie gen Himmel rammte. Anders als ihr weißer Ritter, der die seine auf den harten Metallboden schmetterte und eine Schneise der Zerstörung auf Othello zuschnellen ließ.

„Tut mir leid, Anya, aber ich habe dich angeschwindelt.“

„W-was?“

„Meine verdeckte Karte ist kein [Ring Of Destruction]. Jener würde sowieso nicht so funktionieren, wie ich es dir erklärt habe.“ Othello lächelte sanftmütig. „Ich wollte nur sichergehen, dass du keine Rücksicht auf mich nimmst. Denn die traurige Wahrheit ist: Unsere Träume können nicht nebeneinander koexistieren.“

Das Mädchen fasste sich entnervt an die Stirn. Gestand sich aber ein, dass er Recht hatte.

„Du bist eine der interessantesten Gegnerinnen, die ich je hatte, deswegen möchte ich nicht, dass du irgendeine Form von Schwäche zeigst.“ Der Jugendliche im Rollstuhl setzte eine ernste Mimik auf, als riesige Kristallspitzen aus dem Riss im Boden schräg empor schießend auf ihn zukamen. „Tut mir leid, es ist selbstsüchtig, das weiß ich. Aber ich finde, sich für sich selbst zu entscheiden, muss nicht zwangsweise eine schlechte Eigenschaft sein.“

Der Junge schnippt plötzlich mit dem Finger. Und prompt tauchte vor ihm der blaue Hexer [Cardgazer Magician] aus seiner Lichtsäule vor ihm auf, streckte die Hände nach vorne und ließ die zwölf Karten vor sich schneller und schneller gegen den Uhrzeigersinn drehen. „Einen Wettstreit gewinnt man schließlich nicht durch Sympathie. Ich benutze [Cardgazer Magicians] Effekt. Nur einmal während des gesamten Duells kann ich einen direkten Angriff abwehren und den Angreifer zerstören, wenn ich erraten kann, von welchem Typ die oberste Karte meines Decks ist.“

„Na toll, ein Glücksspiel?“

„Glück gehört leider dazu. Es ist die eine Komponente, die wir nicht beeinflussen können, die, die uns Hoffnung und Verderben bringt.“ Othello legte Zeige- und Mittelfinger auf das Deck in der Duel Disk, die sich vor ihm befand. „Es gibt nur eine Person, die über all dem erhaben ist, für die selbst Glück keine Bedeutung hat.“

Anya sprach es aus. „Die Duel Queen …“

„Ja. Also werde ich das Schicksal überwinden, indem ich es selbst bestimme! Ich sage Zauber!“ Mit einem von ihm ungekannten Aufschrei riss Othello die Karte von seinem Deck.

Wie es nicht anders zu erwarten war, hatte auch Mr. C seinen Senf dazu zu geben. „Jetzt gewinnt das Duell auch noch eine philosophische Note! Und Othello verleiht seinen Worten mit einem geschickten Manöver Geltung, denn Pendelmonster sind sowohl Monster-, als auch Zauberkarten. Das heißt, wenn er so eines zieht, greift [Cardgazer Magicians] Effekt trotzdem!“

Gleichzeitig hatten die Kristalldornen Othello fast erreicht. Einer schoss aus dem Ende der Erdspalte quer auf ihn zu, zielte auf den Hals. Doch mit klarer Stimme rief er ins Stadion: „Nicht nötig! Ich habe eine normale Zauberkarte aufgedeckt!“

Diese präsentierte er. Sein Cardgazer schwang beide Arme weit aus, ließ seine Karten in Crystals Richtung fliegen. Auf ihrem Weg dorthin brachten sie die Kristalle zum Zerbersten. Anya biss sich wütend auf die Unterlippe, als ihr Gem-Knight von den Karten getroffen wurde und explodierte.

„Nachdem ich diesen Effekt aktiviert habe, kann ich bestimmen, ob ich die Karte auf oder unter mein Deck lege. Ich wähle Ersteres“, erklärte Othello ihr bestimmt, dessen blauer Magier wieder seine Stellung in der Lichtsäule eingenommen hatte. „Du musst es wohl auf einen weiteren Versuch ankommen lassen.“

„Unglaublich, wieder hat dieser Jungspund es geschafft, einer Niederlage effektiv aus dem Weg zu gehen!“, feuerte Mr. C das Publikum zu richtigem Sprechgesang an, dessen Mittelpunkt Othellos Name war.

Aber Anya zuckte nur mit den Schultern. „Kannste Gift drauf nehmen! Aber vorher aktiviere ich [Gem-Knight Alexandrites] Effekt! Ich kann ihn opfern, um einen normalen Gem-Knight aus meinem Deck zu beschwören!“

Sie nahm dieses aus dem Schacht, obwohl sie es dank Sprachsteuerung nicht müsste, wobei sich Alexandrite in weißem Licht auflöste. Danach zeigte Anya den gewählten Ritter vor. „[Gem-Knight Garnet]!“

Die Lichtpartikel waren noch nicht vollständig verschwunden, da setzten sie sich zu einem neuen Krieger zusammen. In bronzener Rüstung stand er da, mit einem rotbraunen Edelstein in der Rüstung, und bildete eine Flammenkugel zwischen den Händen – der Ritter des Granats.

 

Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)]

 

„Eine Karte verdeckt“, verkündete Anya sofort im Anschluss und schob sie in den Apparat an ihrem Arm, woraufhin sie sich zischend vor ihr in vertikaler, vergrößerter Form materialisierte. „Damit bin ich durch!“

Beim nächsten Versuch würde sie nicht scheitern, dachte die Blonde dabei grimmig. Und zwar weil Othello ihr dabei helfen würde!

 

„Sie spielt ihn im Angriffsmodus aus?“, wunderte sich indes Kakyo bei ihren Freunden und sah jene von der Seite an.

Zanthe beugte sich vor. „Ja, eine furchtbar offensichtliche Falle, wenn du mich fragst.“

„Hoffen wir, dass sie funktioniert“, gab Matt hinter ihnen zum Besten und sprang dann auf, um Anyas Plakat in die Höhe zu halten.

 

Besonnen schloss Othello die Augen und griff nach seinem Deck. Offensichtlich dachte er kurz nach, dann riss er die Lider mit zuversichtlicher Miene wieder auf. „Draw!“

Natürlich war er nicht überrascht von der Karte, die sein [Cardgazer Magician] ihm bereits prophezeit hatte. Trotzdem war es nicht jene, die er ausspielte, sondern seine verdeckte Falle, die er auf seinem Spielplan umdrehte. „Sicher möchtest du wissen, welche Karte da nun wirklich lag.“

„Nein“, brummte Anya knapp.

Ihr Pech, dass darauf herzlich wenig Rücksicht genommen wurde. Mit tendenziell steigender Anspannung musste sie beobachten, wie erst der weiße [Stargazer Magician] seine Arme weit ausstreckte, dann auch [Cardgazer Magician].

„Ich aktiviere [Pendulum Back]!“ Othello griff nach seinem Friedhof. Zeitgleich begann ein riesiges, metallisches Pendel zwischen den beiden Lichtsäulen seiner Magier hin und her zu schwingen. „Diese gibt mir zwei Monster von meinem Friedhof zurück, deren Stufen innerhalb meines derzeitigen Pendelbereichs liegen.“

 

<1> Othellos Pendelbereich <8>

 

Also von Stufe 2 bis 7 war hier die Rede, stellte Anya fest. Aber seine besten Monster waren doch Pendelmonster und die befanden sich im Extradeck … nein! Eines nicht! Aber die Rede war von zwei Monstern, also welches noch?

Zwei grüne Lichtstrahlen schossen aus der Mitte des schwingenden Pendels, welches daraufhin verschwand. Othello zeigte die Karten im selben Augenblick vor, sodass das Licht in sie eintauchte und verschwand. „Ich wähle [Odd-Eyes Dragon] und [Doomstar Magician]!“

Verdammter Kackmist, erinnerte sich Anya, Letzteren hatte er ja auch ausgespielt gehabt und geopfert, um seinen [Odd-Eyes Pendulum Dragon] zurück ins Spiel zu bringen!

„Es sieht ganz danach aus, als wolle Othello gleich eine ganze Armee an Monstern beschwören“, johlte Mr. C hibbelig, als Othello die Hand in die Höhe reckte.

„Schwinge bis in alle Ewigkeit, Pendulum! Von meinem Extradeck [Odd-Eyes Pendulum Dragon] und [Archfiend Eccentrick]!“ Doch nicht nur die legte er aufs Feld. „Und aus meiner Hand [Odd-Eyes Dragon]!“

Zum wiederholten Male öffnete sich über ihm ein buntes Loch zwischen seinen Magiern, um welches dutzende Lichtellipsen lagen. Gleich drei rote Lichtstrahlen kamen diesmal daraus hervorgeschossen. „Pendulum Summon!“

In der Mitte stand die junge Dämonin, breit grinsend, flankiert von den zwei roten Drachen. Die Ursprungsform war im direkten Vergleich nicht so kräftig gebaut, wie Anya jetzt sehen konnte, und der Unterschied der Metallauswüchse von seinem Brustpanzer umso deutlicher. Es wurmte sie, davon getäuscht worden zu sein.

 

Archfiend Eccentrick [ATK/800 DEF/1000 (3) PSC: <7/7>]

Odd-Eyes Pendulum Dragon [ATK/2500 DEF/2000 (7) PSC: <4/4>]

Odd-Eyes Dragon [ATK/2500 DEF/2000 (7)]

 

Othello griff mit seiner Hand nach dem Spielplan. „Du weißt, was ich jetzt tun werde, Anya.“

„Uh-huh“, gab diese betont gelangweilt von sich und bohrte dabei zur Seite blickend mit dem kleinen Finger im Ohr herum.

„Effekt von [Archfiend Eccentrick]!“, sprach Othello es für alle noch einmal aus. Die fliederfarbene Unterweltlerin im Divenkostüm stieg in die Luft auf. „Einmal in jedem Zug kann ich sie opfern, um ein anderes Monster zu zerstören! Ich wähle [Angel Wing Dragon]!“

Kichernd führte die Möchtegern-Sängerin ihr Mikrofon an den Mund, begann sich zu drehen und fing an zu trällern. Nur hörte sie keiner. Denn Anyas verdeckte Karte sprang auf.

„Nein danke. Die soll lieber ein Leben als Rockstar führen“, winkte Anya lässig ab, „[Forbidden Chalice]! Sie annulliert den Effekt eines Monsters um gibt ihm 400 Angriffspunkte. Geh dir erstmal Mut antrinken, Miststück!“

Wie schon auf dem Artwork ihres Schnellzaubers, tauchte auch in [Archfiend Eccentricks] Hand ein goldener Kelch, mit Rotwein gefüllt, auf und ersetzte das Mikro. Neugierig nahm die Dämonin einen Schluck …

 

Archfiend Eccentrick [ATK/800 → 1200 DEF/1000 (3) PSC: <7/7>]

 

… nur um sich daran prompt zu verschlucken. Würgend stürzte sie, die Kontrolle offensichtlich verlierend, zu Boden und zersprang in ihre holografischen Einzelteile.

„Das war ein erstaunlich guter Konter von Anya Bauer!“ Mr. C klang aufrichtig überrascht. „Zwar wird der Effekt von [Archfiend Eccentrick] aufgehoben, doch opfern musste Othello sie dennoch, da es sich um einen Kosteneffekt handelt, der vor allem anderen Priorität besitzt!“

Viele Zuschauer gaben verwirrte Laute von sich, da sie sich gar nicht der komplexeren Regeln von Duel Monsters, so wie dieser beispielsweise, bewusst waren. Und noch viel weniger hatten damit gerechnet, dass ausgerechnet Anya Bauer nicht dazugehörte.

 

Das war wirklich gut! Beachtlich, wie du dich inzwischen entwickelt hast, Anya Bauer!

 

Die Blonde zuckte mit den Schultern, als sie Levriers Stimme vernahm. „Kinderspiel.“

Sie konnte ihm ja jetzt schlecht sagen, dass sie davon ausgegangen war, dieses Miststück von Pendelmonster damit lediglich aufzuhalten, nicht gleich ganz loszuwerden.

„Anya“, begann Othello und sah das Mädchen eindringlich an, „falls ich gewinnen sollte, dann muss es ein Sieg sein, auf den ich stolz sein kann.“

„Ich hab's kapiert. Aber noch hast du nicht gewonnen, also Klappe zu!“, winkte das Mädchen schroff ab.

Tatsächlich fiel es ihr schwer, den Unterschied zwischen ihnen beiden zu akzeptieren. Dass er den langen, schwierigen Weg suchte, wohingegen sie in der Vergangenheit viel zu oft den einfachen gegangen war. Oder eher noch, gehen musste. Würde jemand wie er auf Levriers Kräfte zugreifen, wenn er keine andere Wahl hatte?

„Stimmt, aber ich werde solange weitermachen, bis ich gewonnen habe! Also sieh' dich vor!“ Entschlossen blickte der Jugendliche von einem seiner roten Drachen zum anderen. Dann streckte er den Arm aus. „[Odd-Eyes Pendulum Dragon]! [Gem-Knight Garnet] ist ihre Schwachstelle! Besiege ihn und wir haben gewonnen! Spiral Strike Burst!“

Gehorsam lud der Drache rote Energie in seinem Maul auf.

„Geht dieser Angriff durch, wird Anya Bauer durch den Effekt [Odd-Eyes Pendulum Dragons] doppelten Schaden erleiden und damit ihre restlichen Lebenspunkte verlieren!“, fasste Mr. C die Situation für alle noch einmal zusammen.

Es stimmte, dachte Anya, als der eindrucksvollere der beiden Odd-Eyes den Strahl abfeuerte, um welchen schwarze Energie schlug. Ein dreckiges Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit. Denn die Sache war: Genau das sollte Othello denken!

„Tja, da habt ihr wohl alle eine Kleinigkeit übersehen!“ Anya blickte hinauf zu ihrem eigenen Drachen. „[Angel Wing Dragon] hat einen netten Effekt! Verteidige Garnet!“

Schlängelnd bewegte sich das weiße Monstrum hinab vor den Bronzeritter, welchem der immer näher rückende Lichtstrahl eigentlich galt. Die Blonde rief energisch: „Angel Wing kann sich zum Ziel jeder Attacke machen! Und jetzt wird der Gegenangriff eingeleitet! Seraphim Judgment!“

Entsetzte Schreie ertönten von den Zuschauerrängen. Manche sprangen auf, andere wiederum riefen die Namen der beiden Duellanten. Der weiße, kobrahafte Drache Anyas öffnete seinerseits das Maul und spie einen weißen Odem aus, um den sich eine goldene Flammenspirale drehte. Beide Attacken trafen auf Anyas Spielfeldseite aufeinander, doch es gelang Angel Wing mühelos, den Strahl seines Widersachers mit seinem eigenem zurückzudrängen.

Othello zeigte keine Regung, als sein Drache überrumpelt wurde und in einer heftigen Explosion niederging. Er flüsterte nur, als [Odd-Eyes Pendulum Dragon] als roter Lichtstrahl von dem sich über ihm öffnenden Pendelportal absorbiert wurde: „Das letzte Mal …“

 

[Anya: 1000LP / Othello: 1100LP → 900LP]

 

Aufrichtig erkannte Mr. C an: „Ein gelungener Konter! Dagegen scheint Othello Nikoloudis machtlos!“

„Greife [Angel Wing Dragon] an, [Odd-Eyes Dragon]! Spiral Flame!“, befahl ebenjener urplötzlich.

Die Rufe aus dem Publikum verstummten, als sein altes Assmonster einen roten, wirbelnden Flammenstrahl in Richtung des weißen Drachen ausstieß, welcher noch immer vor Anya und ihrem [Gem-Knight Garnet] verharrte.

Anya blinzelte verdutzt: „Was wird das, huh?“

„Das werde ich dir zeigen! Kennst du diesen Schnellzauber?“ Othello zeigte ihn vor. „Es ist der aus [Cardgazer Magicians] Prophezeiung und er nennt sich [Swords At Dawn]! Damit statte ich ein Monster auf meinem Feld mit einer Ausrüstungszauberkarte von meinem Friedhof aus!“

Ein glänzender Schimmer legte sich um seinen Odd-Eyes.

„Moment, du hast während des ganzen Duells keinen einzigen gespielt, wie kannst du-!?“

„Gespielt vielleicht nicht, aber sehr wohl abgeworfen“, widersprach Othello seiner Gegnerin. Welche dann von selbst darauf kam.

 

Othello betrachtete nachdenklich seine eben gezogene Karte und zeigte sie schließlich mit entschlossenem Gesichtsausdruck vor. „[Pendulum Call]. Auf Kosten einer Handkarte erhalte ich zwei Pendelmagier von meinem Deck.“

Er legte eine seiner beiden verbliebenen Handkarten auf den Ablagestapel seiner Duel Disk und zog das Deck aus dessen Schacht. „Ich wähle [Dharma-Eye Magician] und [Dreamgazer Magician]!“

 

„Die Karte auf meinem Friedhof nennt sich [Megamorph]!“

Und als Anya den Namen hörte, schrillten bei ihr alle Alarmglocken, benutze sie diesen Zauber doch selbst mit Vorliebe. „Damit verdoppelst du die Angriffskraft des Ziels, wenn deine Lebenspunkte niedriger sind als meine …“

Plötzlich entflammte um [Odd-Eyes Dragon] eine gewaltige Aura, ähnlich Hitzeflimmern, nur viel intensiver.

 

Odd-Eyes Dragon [ATK/2500 → 5000 DEF/2000 (7)]

 

Die Blonde weitete die Augen. Dann war der Angriff mit [Odd-Eyes Pendulum Dragon] kein Missgeschick … sondern pure Berechnung gewesen, um genug Lebenspunkte zu verlieren!

„Unfassbar!“ Mr. Cs Stimme überschlug sich förmlich. „Damit hat Othello das Blatt wieder zu seinem Gunsten gewendet!“

„Tch, linke Bazille.“ Anyas Mundwinkel zuckten wieder nach oben. „Aber etwas kannst du trotzdem nicht wissen. [Angel Wing Dragon] beschützt mich vor Kampfschäden.“

Die roten Flammen schlugen in ihrem Drachen ein und versengten ihn erst, ehe er unter gewaltigem Druck explodierte.

Das Mädchen atmete auf. Damit hatte sie das Ding im Kasten, denn Angel Wing würde wiederkommen und sich rächen …

„Das war mir klar.“

Erschrocken horchte Anya auf.

„Ich habe von deinem Duell gegen die Ford-Geschwister gelesen und wusste daher, wie [Angel Wing Dragon] funktioniert.“ Othello senkte sein Haupt. „Tut mir leid, aber ich habe gewonnen, nicht du. [Odd-Eyes Dragon] … mein Partner …“

Plötzlich wurde der Junge von einem heftigen Hustenanfall geplagt. Er hielt sich die Hand vor den Mund. Gleichzeitig öffnete besagter Drache noch einmal sein Maul, doch dieses Mal lud er pechschwarze Energie darin auf.

„Er …“, hustete Othello, „fügt dem Gegner Schaden zu ... die der Hälfte ... der Angriffskraft des zerstörten Monsters entspricht. Disintegration Force!“

 

Die Zeit stand still, aber gleichzeitig auch nicht. Die Hälfte von Angel Wings Angriffspunkten? Das waren 1350. Sie besaß nur noch 1000 Lebenspunkte. Dann …!

Anya begriff, dass sie dagegen nichts mehr unternehmen konnte. Das Duell war verloren. Sein altes Assmonster würde jeden Moment das Urteil sprechen, vielleicht über ihre Zukunft. Aber das Mädchen war nicht gewillt, sich dem so einfach zu beugen.

 

Anya begann zu rennen. Wenige Sekunden später feuerte Odd-Eyes einen schwarzen Strahl ab, bestehend aus elektrischen Ladungen. Jener fegte über die Plattform hinweg, direkt auf die Blonde zu, welche gerade die Grenze zwischen ihrer Spielfeldseite und der ihres Gegners passierte.

„Was macht Anya Bauer dort!?“, donnerte Mr. C erschrocken.

Anya sah die Attacke auf sich zukommen, von der sie sich aber nicht aufhalten lassen würde. Geschickt setzte sie zu einer Blutgrätsche an und rutschte darunter hinweg. Während die Disintegration Force unterhalb der Tribünen einschlug, sprang Anya wieder auf und nahm strauchelnd die letzten Meter zu Othello, welcher nicht weniger überrascht war als der Rest der Anwesenden.

 

[Anya: 1000LP → 0LP / Othello: 900LP]

 

Als sie ihn erreicht hatte, klatschte Anya mit beiden Händen auf die Duel Disk vor Othello, beugte sich vor und flüsterte ihm etwas in Ohr.

„W-was?“ Erstaunt riss er den Kopf weg.

„Später.“ Anya funkelte ihn mit einem undeutbaren Blick an, als sie sich aufrichtete. Dann reichte sie ihm die Hand entgegen.

Es dauerte einen Moment, ehe Othello die Geste als solche erkannt.

„Glückwunsch“, rang Anya um Fassung, „du hast mich besiegt. Der Pokal gehört dir.“

Zögerlich nickend nahm er ihre Hand. Und die große Halle explodierte förmlich vor Jubel. Jeder der Bildschirme zeigte sein Gesicht, die Zuschauer sprangen auf, waren so laut, dass Mr. C kaum zu hören war.

 

Und Anya? Sie hielt die Hand desjenigen, der nicht nur die ihre in seiner hielt, sondern so viel mehr, von dem er jetzt noch gar nichts ahnte.

Es war so schnell gekommen, so unerwartet. Für einen Augenblick hatte sie geglaubt, gewonnen zu haben. Dann hatte er es mit seinem alten Partner gedreht, in allerletzter Sekunde …

 

Melindas Stimme über die Lautsprecher holte Anya aus ihrer versetzt eingetretenen Starre.

„Was für ein großartiges Duell!“ Ihr Antlitz ersetzte das von Othello. Die Rothaarige mit der Turmfrisur wurde nun statt Othello gezeigt. Sie hielt ein Mikrofon in der Hand und strahlte über beide Backen. „Herzlichen Glückwunsch an dich, Othello! Und vielen Dank für diese spektakuläre Show!“

Nachdem Anya sich gefangen hatte, schnaubte sie wütend. Die blöde Kuh war ja verdammt gut drauf dafür, dass der Traum ihrer Freundin gerade zerstampft worden war. Vielleicht hatte sie ja vergessen, wer dringender gegen Claire Rosenburg antreten musste? Tch …

„Bist du wenigstens glücklich?“, fragte Anya und drehte sich von Othello weg.

Jener betrachtete seine Hand, an der Blut klebte. „Noch nicht.“

Die Blonde bemerkte erst jetzt, dass auch ihre Finger vom Rot benetzt waren. „Verstehe.“

„Du solltest nicht so ein Gesicht machen“, sagte Othello plötzlich und sah zu ihr auf, „auch als Zweitplatzierte des 'Legacy Cups' hast du in der Profiszene Chancen.“

Anya zuckte mit den Schultern. Erwiderte: „Sagt derjenige, der das Duell gewonnen hat. Du siehst aus wie …“

… ich, beendete Anya den Satz im Gedanken. Wie jemand, der das Duell eigentlich verloren hatte.

Das Traurige aus seinen Augen wich nicht, als er versuchte zu grinsen. Anya ahnte, dass es mit seiner Gesundheit zusammenhing. Was hatte er doch gleich gesagt? Dass er den Legacy Cup deswegen nicht so genießen konnte, wie er es gern getan hätte?

„In fünf Minuten beginnt die Siegerehrung!“, sprach Melinda derweil zu allen. Danach verschwand ihr Bild und wurde von den offiziellen Logos der AFC und des Legacy Cups, eines dünnen Männchens mit in die Höhe gehobenen Händen, ersetzt.

Eine andere, weibliche Stimme hallte durch das Stadion: „Wir bitten Othello Nikoloudis, Anya Bauer und Kakyo Sangon sich auf dem Duellfeld zu versammeln.“

 

Nachdenklich blickte das Mädchen zum gläsernen Dom. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass das Wetter sich aufgeklärt hatte. Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein …

 

~-~-~

 

In einer Reihe standen sie auf der leicht erhöhten Plattform, zumindest zwei von ihnen. Kakyo rechts, in der Mitte Anya, dann Othello in seinem Rollstuhl sitzend ganz links. Aus den Augenwinkeln schielte das Mädchen zu dem brünetten Kerl. Es missfiel ihr, dass Valerie nicht um den dritten Platz gekämpft hatte, obwohl die Vorwürfe gegen sie zumindest von offizieller Seite aus der Welt geschafft worden waren.

 

Anya drehte den Kopf in die andere Richtung, als Melinda, vier Männer in schwarzen Anzügen und, zu ihrem Erstaunen, auch Claire Rosenburg in ihrem Motorradanzug die Plattform betraten. Im Hintergrund huschten Kameramänner und Produktionsassistenten um das Spielfeld.

„Ich möchte noch einmal meinen Dank an euch aussprechen“, sagte der Rotschopf, welcher nun ein elegantes, schwarzes Kleid trug. Neben ihr stellte sich Claire auf, hinter ihnen die vier Schränke, von denen drei je einen gläsernen Koffer mit sich führten. Der letzte hielt einen riesigen Check in der Hand.

„Ihr habt alle Großes geleistet. Obwohl das Turnier in einem vergleichsweise kleinen Rahmen stattfand, habt ihr ein gewaltiges Interesse daran geschürt.“ Melinda zwinkerte Anya verschwörerisch zu.

Gleichzeitig folgte ein fünfter Mann in Schwarz, welcher ein Tablett in den Händen hielt. Darauf befanden sich drei Pokale. Anyas Augen wurden größer und größer.

Ihre Freundin schritt herüber zum bronzenen, dessen Spitze aus dem Logo-Männchen des Legacy Cups bestand und nahm ihn vom Tablett. Zusammen mit einem der Männer trat sie an Kakyo heran und schüttelte erst seine Hand, ehe sie ihm mit ein paar Worten den Pokal und dann den Glaskoffer überreichte.

„Herzlichen Glückwunsch.“

„Danke“, erwiderte der brünette, junge Mann freundlich.

 

Von ihm und Melinda wurden danach ein paar Aufnahmen gemacht, ehe sie den nächsten Pokal vom Tablett nahm – den silbernen. Anya schluckte. Das war ihrer.

„Du hast uns ein paar tolle Momente beschert“, kicherte der Rotschopf, als sie Anyas Hand schüttelte und ihr dann den Pokal überreichte, „manche hätten ruhig weniger Presse involvieren können.“

„Was auch immer“, murrte Anya und betrachtete den Silberpokal. „Tch, was solls, Zweite ist auch nicht übel …“

„Hier, als kleiner Trostpreis.“ Ihre Freundin nahm den zweiten Glaskoffer entgegen, welchen Anya ihr wiederum etwas umständlich abnahm. Deren Augen weiteten sich, als sie darin ein Fusionsmonster eingeschweißt vorfand. „D-das ist-!“

„Eine kleine Aufmerksamkeit von uns. Es sind die einzigen Exemplare.“

Melinda hakte sich unter Anya ein und zog sie einen Schritt nach vorne, damit auch von ihr ein paar Aufnahmen gemacht werden konnten. Trotz ihrer Aufforderung weigerte sich die Blonde jedoch beharrlich zu lächeln.

 

Während Anya, genau wie Kakyo, die Karte in ihrem Koffer eingehend studierte, schritt Melinda herüber zu Othello. Jener blickte ausdruckslos zu ihr auf und schüttelte die Hand der jungen Frau. „Du hast allen bewiesen, wie mächtig die Pendelmonster sind. Und wie man alt und neu miteinander verbinden kann. Danke.“

Missmutig schielte Anya zu ihnen herüber. Schön, dachte sie sich grimmig, nur noch mehr Salz in die Wunde, Schnöselschwester!

 

In dem Moment streifte sie ein Luftzug. Claire Rosenburg zog an ihr vorbei. Und aus den Augenwinkeln warf sie ihr einen eiskalten Blick zu, der Anya regelrecht lähmte. Diese grünen, klaren Augen! Sie wusste es, sie wusste alles! Dass sie Feinde waren, worauf Anya es abgesehen hatte, einfach alles.
 

Es dauerte nur einen kurzen Moment, aber Anya fühlte sich in diesem schwach und zerbrechlich. Erst als Claire sie passiert hatte und sich neben Melinda stellte, konnte Anya es wagen wieder zu atmen. Was war das eben gewesen!?

„Herzlichen Glückwunsch. Du hast heute nicht nur den Legacy Cup gewonnen, sondern auch die Herzen vieler, vieler Duel Monsters-Fans“, sprach Melinda feierlich, „aber noch mehr, du hast dir den großen Preis verdient.“

Anya sah nicht hin, wie ihm nach und nach Pokal, eine eingeschweißte Karte und dann der riesige Check von der wie üblich wortkargen Claire überreicht worden. Viele Fotos wurden geschossen, die Zuschauer jubelten und klatschten. Das Mädchen wagte es nicht, in Claires Richtung zu sehen. Was musste das Biest froh sein, nicht gegen sie antreten zu müssen. Oder war sie gar der Typ, der eine Herausforderung suchte?

Anya zog grimmig die Augen zusammen. Wenn dem so war, würde sie schon bald eine böse Überraschung erleben.

 

Nachdem die Siegerehrung vorbei war, hallte wieder die Stimme der Mitarbeiterin durch das Stadion: „Das Abschlussduell zwischen Othello Nikoloudis und Claire Rosenburg wird um 15 Uhr, also in einer Stunde, beginnen. Wir bitten alle Zuschauer das Stadion nicht zu verlassen, da Ihre Karten sonst ihre Gültigkeit verlieren.“

Erst als Melinda mit den Männern und Claire im Schlepptau abzog, wandte sich Anya wieder Othello zu. Bevor sie etwas sagen konnte, rauschte Kakyo an ihr vorbei.

„Das war klasse!“, nahm der seinen Rivalen sofort in Beschlag. Die beiden schlugen ein, Othello hustete und ehe sich Anya versah, schob der Drittplatzierte seinen Freund Richtung Ausgang.

Etwas verloren blieb das Mädchen einen Moment auf der Stelle stehen, ehe sie dem Sieger zurief: „Vergiss' es nicht, 'kay?“

Othello sah über den Rand seines Rollstuhls zu ihr zurück und nickte knapp. Das reichte Anya.
 

Sie drehte sich um und rannte quer über das Feld zu den Zuschauertribünen. Genauer gesagt zu ihren Freunden, die dort auf sie warteten.

Das Erste, was sie zu hören bekam, war Zanthes schnippische Bemerkung: „Oh, schaut, da kommt die Zweitplatzierte. Oder sollte ich eher sagen, die zukünftige Leiche?“

„Halt den Rand, Flohpelz“, zischte Anya und reichte ihm Pokal und Koffer hoch, „halt mal.“

Jener nahm beides entgegen und stichelte weiter. „Scheint dich ja nicht hart zu treffen, so kurz vor dem Ziel zu scheitern. Aber wen wundert's, wenn du sogar freiwillig für deinen Gegner ins Grab springen wolltest.“

Matt beugte sich hinter Valerie und Kakyos leerem Platz nach vorne. „Hör' nicht auf ihn. Ich finde, du hast wirklich Größe dadurch bewiesen.“

„Warst gut“, lautete Logans knapper Kommentar dazu.

Nur Valerie sagte nichts, blickte abwesend zur Seite. Anya starrte sie abwartend an, bis sich ihre Blicke kreuzten. Die Schwarzhaarige nickte knapp, was ihrer Freundin genügte.

„Keine Zeit, das Ganze jetzt auszuwerten.“ Sie musste sich beeilen. Er würde sicher nicht ewig auf sie warten, dachte Anya. „Summers, hast du die Handschuhe dabei, die ich dir mal gegeben habe?“

„Ja“, erwiderte Matt überrascht. „Warum?“

„Gib sie mir.“

Ohne weiter nachzufragen holte der Dämonenjäger die weißen, fingerlosen Handschuhe aus der Tasche seines schwarzen Ledermantels und reichte sie Valerie, die sie weiter an Anya gab, welche sich ganz schön strecken musste, um an jene heran zu kommen.

„… du gerissenes Luder“, pfiff Zanthe plötzlich anerkennend, „deswegen bist du so gelassen. Ich hab mich schon gewundert.“

„Keine Zeit für Erklärungen“, entgegnete Anya auf die fragenden Blicke ihrer anderen Freunde und rannte mit den Handschuhen Richtung des Ausgangs, den Othello und Kakyo genommen hatten.

 

Anya atmete tief durch, als sie endlich den schützenden Gang betrat, der vom Duellfeld wegführte. Sie wusste nicht, wie sie sich fühlte, nun da die Siegerehrung vorbei war. Zweite. Ohne nur einmal während des Duells auf übernatürliche Kräfte zurückzugreifen, hatte sie es auf den Platz geschafft, welcher dem Sieger am nächsten war. Aber sie hatte den Titel nicht geholt. Ihren Traum, eine Profikarriere zu starten und Duel Queen zu werden, nicht erfüllt.

 

Ich weiß, ich wiederhole mich, aber du warst großartig. Du hast selten so gut gekämpft wie heute.

 

„Ich habe Fehler gemacht. Ich … habe auf dich gehört“, murrte sie und lief eiligen Schrittes durch den Gang, nahm bei einer Abzweigung den linken Weg. Sie musste Othello einholen. Ihre Finger umklammerten die Handschuhe, die sie sich von Matt eben geholt hatte, kurz nachdem die offizielle Übertragung des Finales für beendet erklärt worden war.

 

Wie meinst du das?

 

Levrier erschien als durchsichtiger [Gem-Knight Pearl] neben ihr und folgte dem Mädchen schwebend. Anya sah ihn nicht an.

„Redfield hatte die ganze Zeit Recht. Diese Hüterkarten haben mir etwas zu sehr den Kopf verdreht. Ich hätte das Risiko eingehen müssen und statt Angel Wing zu rufen, lieber [Gem-Knight Prismaura] beschwören und die Pendelkarten Othellos zerschießen sollen. Er hätte keine Pendelbeschwörung mehr zustande bekommen, da [Archfiend Eccentrick] nicht gut mit seinen Magiern zusammenarbeitet, zumindest in den Pendelzonen.“

 

Niemand hätte das vorher wissen können. Ein Monster zu beschwören, das [Odd-Eyes Pendulum Dragon] nicht ohne Hilfe besiegen kann, wäre ein zu großes Risiko gewesen.

 

„Eines, das ich nicht eingegangen bin“, hielt Anya beherrscht dagegen. „Levrier …“

Das Mädchen blieb plötzlich stehen. „… du hast auch nicht immer Recht. Diesmal lagst du falsch und das hätte mich in einem Duell gegen die Undying den Kopf gekostet.“

 

Es tut mir leid.

 

Anya schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht wütend. Aber ich habe nicht gehandelt, wie ich es würde und das ist … falsch.“

Dann lief sie weiter. Levrier verschwand von ihrer Seite und sagte nichts mehr. Anya setzte sich wieder in Bewegung, nicht ahnend, dass ihr Freund und personifiziertes Gewissen ihr einen wichtigen Fakt vorenthalten hatte.

Sie hätte eine Fusion nie zustande bringen können, da es auf ihrem Friedhof keinen Gem-Knight mehr gegeben hätte, den sie zum Recyclen für [Gem-Knight Fusion] hätte verbannen müssen.

 

Es dauerte nicht lange, da sah sie Othello vor sich, welcher auf sie wartete. Hinter ihm stand seine Mutter, die abwesend zur Seite blickte. Kakyo war inzwischen verschwunden.

„Hey“, rief Anya ihm schon aus der Ferne zu, „danke, dass du auf mich gewartet hast.“

Die letzten Meter rannte sie regelrecht zu ihm. Der Junge sah sie neugierig an. „Worum möchtest du mich denn bitten?“

„Zwei Dinge.“ Die Blonde reichte ihm die Handschuhe. „Wenn du nachher gegen Claire kämpfst, wäre es cool, wenn du die hier tragen würdest.“

Sichtbar erstaunt nahm der Jugendliche im Rollstuhl sie entgegen. Die weißen, fingerlosen Handschuhe mit den goldenen Nähten, ihres Zeichens Werkzeuge, um an die Artefakte zu kommen.

Davon ahnte Othello nichts, so hoffte Anya. Sie erklärte ihm: „Die wollte ich bei meinen Duellen tragen, sobald ich in die Profiliga aufgenommen werde. Da daraus so schnell nichts wird, sollst du sie haben.“

„Okay“, erwiderte der Junge mit dem schulterlangen, strohblonden Haar etwas verloren.

„Hey.“ Anya zwinkerte ihm keck zu. „Die sind jetzt Symbol unserer Freundschaft, 'kay?“

Ziemlich verwirrt kam als Antwort: „Wir sind Freunde?“

„Klar. Das Duell mit dir war das beste, das ich je erlebt habe. Selbst Redfield sah gegen dich blass aus.“ Der Ton des Mädchens wurde ernster. „Außerdem hast du mir auch Dinge über mich selbst beigebracht. Dafür bin ich dir dankbar. Also, sind wir jetzt Freunde?“

Sie reichte ihm die Hand. Die der Junge griechischer Wurzeln lächelnd entgegennahm. „Natürlich! Danke, Anya! Ich verspreche dir, sie nachher zu tragen.“

Was dem Mädchen ein zufriedenes Grinsen entlocktes. „Sehr gut!“

„Und die zweite Sache?“, fragte seine Mutter. Auch sie strahlte förmlich, scheinbar hätte sie nie erwartet, jemanden wie Anya Bauer so zu erleben. „Du wolltest ihn um zwei Dinge bitten.“

Die nickte und sah dann Othello schlagartig ernst an. „Mach sie alle. Wenn es jemanden gibt, der Claire besiegen kann, dann du. Ich will, dass du der stärkste Duellant wirst, damit ich stolz darauf sein kann, gegen dich verloren zu haben!“

 

Für einen Moment sah er unentschlossen zu Anya auf, dann nickte er. Doch gerade als er etwas antworten wollte, begann er stark zu husten. Zwischen den Fingern der Hand, die er sich vor den Mund hielt, sickerte Blut hervor.

„Entschuldige bitte, aber Othello muss sich dringend etwas ausruhen, bevor nachher das Duell beginnt“, sagte seine Mutter, während ihr Sohn noch im Begriff war, sich zu fangen.

„Kein Ding, Mrs. N“, winkte Anya ab. „Ich werde dich von den Zuschauertribünen aus anfeuern.“

„Danke“, röchelte Othello mehr als er sprach.

Damit verabschiedeten die beiden sich von Anya. Othellos Mutter schob ihren Sohn in die andere Richtung davon, da jener immer noch von Hustenanfällen geplagt wurde. Nachdenklich sah Anya den beiden hinterher, wie sie den gut beleuchteten Gang mit den Topfpflanzen entlang gingen, bis sie hinter einer Kurve verschwunden waren.

Kaum waren sie weg, tauchte Levrier wieder neben ihr auf.
 

Raffiniert, ihn zu so etwas zu überreden. Wenn er Claire Rosenburg besiegt, erhält er ihre Hüterkarte. Du musst sie dann nur noch von ihm einsammeln. Aber ist das nicht riskant, immerhin wird es vor laufenden Kameras geschehen?

 

„Besser als nichts“, erwiderte Anya kühl, „ist im Moment meine einzige Option.“
 

War das ernst gemeint, was du zu ihm gesagt hast? Dass ihr Freunde seid?

 

Anya senkte ihr Haupt. „Yeah, ich glaube schon. Ich weiß nur nicht, ob ich es richtig gemacht habe.“
 

Hast du.

 

Trotzdem fühlte sich Anya, als würde sie Othello nur benutzen, obwohl ihre Offerte aufrichtiger Natur war. Aber ihm in so kurzer Zeit zu erklären, wieso er sie besiegen musste und was für Anya auf dem Spiel stand war unmöglich. Selbst wenn, würde es nur genauso laufen wie bei Logan und das wollte sie nicht, nicht schon wieder.

 

Ich glaube, wir bekommen Gesellschaft. Und zwar von der eher fragwürdigen Sorte.

 

Überrascht drehte Anya sich um. Und da kam sie. Claire Rosenburg, flankiert von ihrem rothaarigen, bärtigen Manager mit der Narbe oberhalb des rechten Auges. Anya öffnete den Mund, doch bekam keinen Ton heraus.

Majestätisch schritt Claire voran, bis sie abrupt einige Meter vor der Kleineren Halt machte.

„W-was willst du?“, stotterte die sonst so taffe Anya, nachdem zumindest ihr Sprachzentrum wieder die Arbeit aufgenommen hatte.

„Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Platzierung, Miss Bauer“, sprach jedoch Claires Begleiter an ihrer Statt. „Wir hätten nicht damit gerechnet, dass Sie so weit kommen.“

„Uh, danke?“
 

Die sind sicher nicht hier, um ein wenig zu plauschen.

 

Anya warf Levriers durchsichtiger Pearl-Form einen Seitenblick zu und nickte knapp. Dann richtete sie ihr Augenmerk einzig auf Claire, die mit starrer Miene da stand. „Aber das hättet ihr mir auch vorhin schon sagen können, nicht in einem dunklen Gang, wo niemand uns sieht.“

„Nigel“, sprach Claire monoton den Namen ihres Managers aus.

Welcher daraufhin fortfuhr: „Sie haben Miss Rosenburgs Interesse geweckt, Miss Bauer. Dafür verdienen Sie meinen Respekt.“

„Komm zum Punkt“, forderte Anya zunehmend ungehaltener und scharte mit dem Fuß aus.

„Für gewöhnlich wünscht Miss Rosenburg keine Duelle, die nicht in ihrem Terminplan vorgesehen sind. Aber in Ihrem Fall möchte sie eine Ausnahme machen.“

Die Blonde warf Anya wieder diesen Blick zu, diesen hoheitlichen, welchem sich jeder, der zu schwach war, unmittelbar beugen musste. Und sie sagte: „Übermorgen, Riding Strecke 02, zum Sonnenaufgang an der Startlinie.“

Damit drehte sich die Weltmeisterin um und lief an ihrem im schwarzen Anzug gekleideten Manager vorbei. Welcher Anya riet: „Bereiten Sie sich gut vor, Miss Bauer, sollten Sie mit den Regeln der Riding Duels nicht vertraut sein.“

Jene nahm die Worte kaum wahr, sondern sah Claire wie gelähmt hinterher. Hatte diese arrogante Schnepfe -sie- tatsächlich zu einem Duell herausgefordert? Da war doch was faul. Und mit faul meinte sie faul wie Nicks ungewaschene Socken!

Auch dieser Nigel drehte sich jetzt um, sagte abschließend: „Seien Sie pünktlich, Miss Bauer.“

Dann hallten nur noch seine Schritte durch den Gang.

 

Das ist zweifelsohne eine Falle, Anya Bauer. Claire Rosenburg dürfte bereits seit der Abendgala wissen, dass du zwei Hüterkarten besitzt.

 

Anya erinnerte sich, Matt hatte sie mal davor gewarnt, dass Claire vermutlich im Groben über den Grund ihrer Teilnahme Bescheid wusste. Wenn Zanthe Ednas Artefakt hatte spüren können, dann war dies sicher auch bei Claire der Fall gewesen.

„Wenn die wüsste“, brummte Anya und verschränkte die Arme, „dass ich es nicht nötig haben werde, mich in zwei Tagen noch mit ihr zu duellieren …“

Dieses hochnäsige Miststück würde nie damit rechnen, dass jemand viel Besseres ihr das Artefakt abluchsen würde!

 

~-~-~

 

Die Tür schloss sich automatisch hinter ihr. Edna straffte die Schultern und trat noch einen Schritt in dem kargen, länglichen Konferenzsaal vor. Es war das erste Mal, dass sie ihren Vorgesetzten von Angesicht zu Angesicht begegnete.

An dem länglichen Mahagonitisch saßen drei Personen. Dahinter befand sich in der weißen Wand ein Bildschirm, auf dem nur ein Logo eingeblendet wurde. Fünf Buchstaben: CLEAR. So lautete der Name ihrer Organisation. Jener, welcher das dunkelhäutige Mädchen nun etwa einem halben Jahr angehörte.
 

„Edna Caines“, rief der hellblonde Mann an der rechten Seite des Tisches, „wie schön, dich endlich in Farbe zu sehen.“

Sofort wusste Edna, dass er kein Mensch war. Sein Alter war unmöglich zu bestimmen, er wirkte glatt wie ein Jugendlicher, aber hatte die Züge eines Erwachsenen. Blasse Haut, das Haar zu einem Pagenschnitt verunstaltet mochte man schon sagen, und ein neongrüner Anzug mit pinker Federboa um den Hals. Der war eindeutig Zyxx.

„Ich wurde gerufen“, stellte Edna diszipliniert klar, warum sie hier war.

Aus den Augenwinkeln betrachtete sie die beiden, die Zyxx gegenüber saßen. Ein Berg von Mann, ein Glatzkopf mit schwarzem Bart, welcher schon leicht angegraut war. Sicher auch kein Mensch, aber sie kannte seinen Namen nicht. Ebenso wenig den der Frau neben ihm, deren feuerrotes Lockenhaar ihr über die Schultern fiel.

„Wir haben eine neue Aufgabe für dich“, sprach die letzte Person im Raum sie an.

Es war eine Frau schwarzen Haares in einem eleganten, roten Kleid, die am Ende des Tisches stand und sich mit beiden Händen davon abstützte. Einige Strähnen fielen ihr dabei über die Schulter, ab dem letzten Viertel gingen sie von grauer in schneeweiße Farbe über. Kathea.

Jene lächelte sie freundlich an. „Sicher wird es dich freuen, dass wir die Daten, die ihr auf Valerie Redfields Hochzeit für uns gesammelt habt, gut verwenden konnten, trotz eures kleinen Alleingangs. Unser AAS steht kurz vor der Vollendung.“ Eine kurze Kunstpause folgte. „Sag, wie geht es Harris?“

„Seine Wunden sind fast verheilt“, entgegnete Edna knapp.

„Er wurde schlimm zugerichtet, habe ich gehört“, mischte sich Zyxx an Kathea gewandt ein, welche ihm mit bedauerndem Gesichtsausdruck zunickte.

Dann stieß sie sich vom Tisch ab. „Bis er völlig genesen ist möchte ich, dass du ein paar Tests mit unserem Duel Enforcing-Modus durchführst. Wir werden dir ein paar der Neuzugänge dafür bereitstellen, sobald die letzten Kalibrierungen vorgenommen wurden.“

Die dunkelhäutige junge Frau mit den zu einem Zopf geflochtenen Rastern legte den Kopf schief, verzog die vollen Lippen. „Und deswegen bin ich hierher gebeten worden?“

„Ein schlaues Kind“, bemerkte Zyxx und drehte sich ihr auf seinem Stuhl zu, „nein, leider nicht nur deswegen, fürchte ich. Der DEM kann noch ein wenig warten.“

 

Kathea umrundete ihn, setzte mit ihren roten Lippen ein trügerisches Lächeln auf. „Die Undying haben den 'Körper' entwischen lassen.“

„Den was?“, fragte Edna unwissend.

„Sie sollten ihn bewachen. Aber das freche Ding hat ein Eigenleben entwickelt und ist schwuppdiwupp ihren Fittichen entfleucht“, erklärte Zyxx mit gar ausschweifenden Handbewegungen, die kurzerhand aufhörten, als er erklärte: „Der 'Körper' wird als solcher bezeichnet, weil er von seiner 'Seele' getrennt ist. Für unser Vorhaben sind beide von entscheidender Bedeutung.“

„Die Undying haben Seraphix nun schon zum zweiten Mal einen Besuch abgestattet. Beim ersten ging es nur darum, abzuklären, ob er im Spiel des Sammlers involviert ist. Der zweite galt dem Körper.“ Kathea näherte sich geradezu schleichend, tänzelnd der etwas kleineren Edna. „Sie sind verzweifelt, wissen nicht, wo er sich versteckt, was er vorhat. Das ist unsere Chance.“

Edna verzog keine Miene. „Und ich soll ihn finden und in Gewahrsam nehmen?“

„Wenn du das schaffst? Aber nein“, winkte Kathea mit dem Zeigefinger ab, „der 'Körper' ist zu mächtig. Er würde dich zerstören, solltest du es wagen, ihn 'in Gewahrsam' nehmen zu wollen.“

„Und was ist dann meine Aufgabe?“

„Wir brauchen etwas, das es mit dem 'Körper' aufnehmen kann.“ Kathea stand der jungen Frau nun direkt gegenüber. „Etwas wie einen Undying. Hefte dich an ihre Fersen und besorg' uns DNA-Proben, vornehmlich von Stoltz. Die, die wir durch ihre Besuche gewonnen hatten, waren nicht ausreichend.“
 

Edna war es gewohnt, keine Emotionen zu zeigen, doch in diesem Moment hätte sie ihrer Vorgesetzten am liebsten ins Gesicht gelacht. Den Undying Proben entnehmen? Das war ein Himmelfahrtskommando!
 

„Wenn jemand dazu in der Lage ist, dann du“, versicherte Kathea ihr lächelnd, legte ihr dabei die Hand auf die Schulter, „du bist eine Hüterin. Sie werden dir nichts tun.“

Entgegen ihrer Gedanken nickte Edna gehorsam. „Ich werde die Proben besorgen.“

„Sehr gut.“ Die Schwarzhaarige ließ sie los. „Du kannst wegtreten. Sämtliche für deine Mission nötigen Informationen werden wir dir in Kürze übermitteln.“

Damit drehte Edna sich um, war im Begriff, den Konferenzsaal zu verlassen, als Kathea ihr noch eine letzte Botschaft mit auf den Weg gab. „Denke bitte daran, dass die Existenz von CLEAR strengster Geheimhaltung unterliegt. Wir sind noch nicht bereit, uns der Welt zu offenbaren. Solltest du gefangen genommen werden oder etwas anderweitig Unerwartetes passieren …“

„Ich weiß, was ich in einem solchen Fall tun muss“, murrte Edna grimmig und verließ den Raum.

 

 

Turn 77 – Iron

Durch seinen Sieg erhält Othello die Chance, sich vor einem Millionenpublikum mit Claire Rosenburg zu duellieren. Obwohl Anya sich um sein Wohlbefinden sorgt, setzt sie all ihre Hoffnungen in ihn. Und dann …



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2017-11-08T21:17:19+00:00 08.11.2017 22:17
Hey
Ein absolut geniales Kapitel. Anya hat wirklich alles gegeben, aber leider hat es nicht gereicht um Othello zu besiegen, aber sie kann trotzdem stolz auf sich sein. Ich habe so den verdacht, dass Anya dem Champion 'Heavy T' in die Hand gedrückt hat, der kann ja die Lebensdauer einer Person erhöhen, dürfte Othello helfen.
Anya hat wirklich Gewissensbisse Othello in diese Sache einzubinden, aber was hat sie denn für eine Wahl? Von Claire bin ich jetzt überrascht, aber da steckt doch etwas dahinter, sonst würde sie Anya doch nicht herausfordern... es bleibt spannend.
Bin gespannt wie es mit dieser Edna weitergeht und was es mit dieser Organisation 'CLEAR' auf sich hat.
Bin echt gespannt und freu mich schon auf das nächste Kapitel.
Lg fubukiuchiha


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