Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 30: Turn 30 - Enemies ----------------------------- Turn 30 – Enemies     „Was ist nur mit ihnen los?“ Abby betrachtete die bewusstlose Valerie besorgt, während sie neben ihr kniete. Sie und Anya waren einfach umgekippt. „Bestimmt so eine Dämonen- oder Engelsgeschichte“, antwortete Nick nicht weniger aufgewühlt. Er hielt Anya im Arm und strich ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht. „Wo ist Orion überhaupt?“ Abby blickte auf und sah sich in dem Flur um. Doch der kleine Schattengeist war tatsächlich nicht mehr bei ihnen. „Ob er abgehauen ist? Vielleicht hat er es mit der Angst zu tun bekommen? Ich meine, er war es, der Valerie …“ Das Mädchen verstummte betreten. Nick sah ihr sofort an, dass sie an neulich dachte. Im Grunde war es dieselbe Situation, nur mit dem Unterschied, dass weder Valerie noch Orion Anyas Freunde waren. Dass die beiden jedoch auch an ihr zweifelten, musste für Abby äußerst verwirrend sein. Schien sie doch selbst nicht genau zu wissen, was sie letztlich über Anya denken sollte. „Vergiss Orion“, versuchte Nick sie aufzumuntern, „dem Typen würde ich nicht über den Weg trauen. Am Ende will der Valerie nur manipulieren. Und wenn dem so ist, wird Valerie das merken. Sie ist nicht dumm.“ „Aber … Nick, sie hat in der letzten Zeit viel durchmachen müssen. Es würde mich nicht wundern, wenn sie einfach nur froh wäre jemanden zu haben, der ihr beisteht …“ Abby senkte ihren Blick. „Das haben wir alle“, versuchte Nick zu relativieren, „und ich glaube an Valeries Gewissen. Das wird nicht zulassen, dass sie einen Menschen tötet, beziehungsweise einfach seinem Schicksal überlässt.“ Das Hippiemädchen nickte zögerlich. „V-vielleicht hast du recht- Hey, was machst du da!?“   Die Hand ihres Freundes war gefährlich nah an einer von Anyas Körperzonen, die noch nie ein Mann gewagt hatte zu berühren. „Wieso? Sie ist bewusstlos. Keiner wird es je erfahren, wenn du dicht hältst!“ „Ich fasse es nicht! Ich dachte, der Lüstling wäre nur Show!?“ „Nein, der ist echt.“ Nick grinste verschlagen. Daraufhin schob Abby ihre Hand in die Tasche ihres grauen Kleides. „Nimm sofort die Finger da weg, sonst lernst du die Macht von dem da kennen!“ Mit wütendem Gesichtsausdruck zeigte sie eine Karte hervor, [Naturia Pumpkin]. Nick winkte jedoch lachend ab. „Damit werd' ich fert-“ Aber er verstummte, als Abby mit einem Schwenk die Karten dahinter ausfächerte und er gar nicht mehr zählen konnte, wie viele Monster es waren, die sie da in der Hand hielt. Der junge Mann wurde kreidebleich und zog vorsichtig seine Hand von Anyas Busen weg. „... dacht' ich mir“, raunte Abby mit ungewöhnlich düsterer Stimme.   ~-~-~   Finster starrte Anya herüber zum anderen Teil des ineinander vernetzten Elysions, das aus ihrem und dem ihrer Erzfeindin Valerie bestand. Die stand dort zusammen mit Joan Of Arc, der burschikosen Ritterin, welche wohl am wenigsten an diesem Kampf interessiert war. Doch Anya hatte ihr den Krieg erklärt und genau das würde sie auch in die Tat umsetzen! Und da war es ihr egal, ob der Alten schon irgendwelche schwarzen Strichcodes über das Gesicht liefen! „Draw!“, schrie die Blondine, die nun am Zug war und riss förmlich die Karte von ihrem Deck.   [Anya: 4000LP Orion: 3000LP //// Valerie: 4000LP Joan Of Arc: 4000LP]   Dennoch musste sie zugeben, dass die Situation für das ätzende Duo auf der anderen Spielfeldseite derzeit besser kaum sein konnte. Was nicht zuletzt an Joans letztem Zug lag. Während Anya nur noch eine verdeckte Karte kontrollierte, konnte Orion neben seiner eigenen immerhin noch mit dem Synchromonster [The Fabled Kudabbi] auftrumpfen – einem grauen Kalb, dessen Haupt durch einen Schleier verdeckt war und auf dem Orion hockte wie ein König.   The Fabled Kudabbi [ATK/2200 DEF/1100 (4)]   Der kleine Schattengeist war immer noch benommen von Joans indirektem Angriff im letzten Zug. Die kontrollierte gleich zwei gefallene Engel, sowie eine gesetzte Karte und [Valhalla, Hall Of The Fallen]. Zu jener permanenten Zauberkarte gehörten auch die hohen Säulen, die um sie herum aus dem Elysion ragten und durch ein rotes Band miteinander verbunden waren.   Darklord Asmodeus [ATK/3000 DEF/2500 (8)] Nurse Reficule The Fallen One [ATK/1400 DEF/600 (4)]   Aber auch Valeries Feld war gut gefüllt mit zwei Meereshexen, von denen eine scheinbar zu lange im Teer gebadet und nicht begriffen hatte, dass Insekten kein Kopfschmuck waren. Auch die Schwarzhaarige kontrollierte darüber hinaus eine verdeckte Karte.   Gishki Noellia [ATK/1700 DEF/1000 (4)] Gishki Psychelone [ATK/1075 DEF/1650 (4)]   Immerhin war ihr Team im Handkartenvorteil, dachte Anya unzufrieden. Sie besaß vier Stück, während Orion und Valerie mit zwei, Joan gar nur mit einer auskommen mussten. Dennoch war sie planlos, was sie aus der derzeitigen Lage machen sollte. Zu gerne wollte Anya mit großen Kalibern um sich werfen, wie die anderen. Doch ihr Blatt vermieste ihr dies eindrucksvoll. Sie biss sich nachdenklich auf den Daumen. Egal wie sie es anzustellen gedachte, gegen [Darklord Asmodeus] kam keines ihrer Monster an. Sie brauchte verdammt nochmal [Gem-Knight Fusion], doch die war nirgendwo in Sichtweite! Levrier wusste bestimmt einen Weg, wie sie an jene heran kam – doch von dem fehlte jede Spur, seit Redfield sich ungebeten selbst eingeladen hatte. Zwar blieb er gerne im Hintergrund, aber dass er rein gar nichts zum Eindringen in ihr Elysion sagte, irritierte Anya. Was war bloß los mit ihm?   „Wenn du nichts tun kannst, dann gib ab“, verlangte derweil Valerie streng. Anya zeigte ihr prompt den Vogel. „Als ob! Ich muss nur etwas nachdenken!“ „Kein Wunder, dass es so lange dauert …“ „Was hast du gesagt, Redfield!?“ Anya hob ihren Arm mit den Karten in der Hand auf Kopfhöhe, um sie auf den Boden zu werfen, mit der Absicht, das Duell in einen Boxkampf übergehen zu lassen, da fiel ihr Blick auf eine ihrer Zauberkarten. Das ist es, dachte sie sich und schnaufte nur wütend, statt eine weitere Schimpftirade loszulassen. Stattdessen grinste sie nun dreckig. „Dann zeig ich dir einfach, wie das Hirn einer Anya Bauer Strategien zaubert! Verdeckte Karte aktivieren: [Birthright]! Die reanimiert ein normales Monster von meinem Friedhof! Los, [Gem-Knight Sardonyx]! Komm zurück!“ Ihre Falle klappte auf und schon schoss aus dem Boden ihr breitschultriger Ritter in der rotbraunen Rüstung, der seinen Morgenstern aus rot-weißem Sardonyx schwang.   Gem-Knight Sardonyx [ATK/1800 DEF/900 (4)]   „Ein Effektmonster? Also ein Zwilling?“, schlussfolgerte Valerie anhand des braunen Randes von Anyas Monster – was für gewöhnlich auf ein Effektmonster hinwies und kein normales, welches gelb hätte sein müssen. „Bingo, auf dem Friedhof werden Zwillinge als Normalos behandelt! Genauso auf dem Feld, solange man ihren Effekt nicht induziert, wodurch meine Normalbeschwörung für diese Runde nötig wäre!“, erklärte Anya. „Aber die will ich nicht aufgeben! Stattdessen umgehe ich das mit dieser feinen Ausrüstungszauberkarte: [Supervise]!“ Eine orangefarbene Aura begann um ihr Monster zu glühen. „Diese Karte gibt meinem Ritter zwar keine Angriffspunkte, lässt ihn dafür aber auf seinen Zwillingseffekt zugreifen! Und da ich dafür keine Normalbeschwörung brauche, nutze ich die nun und rufe seinen Bruder aufs Spielfeld, [Gem-Knight Amber]!“ Neben dem Krieger tauchte ein weiterer Ritter auf, der in goldener Rüstung gekleidet, zwei blitzende Dolche schwang.   Gem-Knight Amber [ATK/1600 DEF/1400 (4)]   „Und jetzt“, grinste Anya dreckig und formte mit beiden Händen Pistolen, die sie auf ihre beiden Gegner richtete, „los, meine Babies! Bang!“ Sardonyx begann seinen Morgenstern zu schwingen und schleuderte ihn direkt auf Valeries rothaarige Hexe, wohlgemerkt die noch nicht mutierte Form. Obwohl Noellia ihren Stab als Schutzschild benutzte, konnte sie der Wucht des Angriffs nicht entkommen. Aber auch für Reficule lief es alles andere als gut. Trotz des verzweifelten Versuchs, den goldenen Ritter mit den Bandagen an ihrem Leib zu fesseln, konnte der sich dank seiner Dolche befreien und jene letztlich direkt in die Brust der Höllenkrankenschwester versenken. Zeitgleich erschütterten zwei Explosionen die Spielfeldseite von Valeries Team.   [Anya: 4000LP Orion: 3000LP //// Valerie: 4000LP → 3900LP Joan Of Arc: 4000LP → 3800LP]   „Take that, bitc- oh“, unterbrach sich Anya selbst und schnippte mit dem Finger. „Das hatte ich ganz verpeilt. Wenn Sardonyx einen Kampf gewinnt, erhalte ich eine Gem-Knight-Karte von meinem Deck.“ Sofort schoss eine Karte aus dem Stapel hervor, welche Anya mit derselben hämischen Visage herauszog, ehe ihr Deck automatisch gemischt wurde. Zwischen den Fingern platziert, zeigte sie sie vor. „[Gem-Knight Fusion]! Und wisst ihr was, die benutze ich jetzt gleich in meiner zweiten Main Phase! [Gem-Knight Amber], du bist das Element, [Gem-Knight Sardonyx], du der Ursprung! Vereinigt eure Kräfte und werdet zu [Gem-Knight Prismaura]!“ Über Anya entstand ein Wirbel aus dutzenden von Edelsteinen, in welchen ihre Monster hineingezogen wurden. Nie im Leben würde sie gegen Redfield und deren Schoßhündchen verlieren, dachte die Blondine dabei ärgerlich. Es gab einen Blitz und schon stand ein weißer Ritter vor ihr, mit Schild und einer Lanze ganz aus Kristall bewaffnet.   Gem-Knight Prismaura [ATK/2450 DEF/1400 (7)]   Doch er war nicht allein, denn neben ihm tauchte unerwartet Sardonyx wieder auf. „Sie hat den Effekt von [Supervise] benutzt“, erklärte Valerie der überrascht dreinblickenden Joan, ehe diese überhaupt das Wort ergreifen konnte. „Damit kann sie ein normales Monster von ihrem Friedhof beschwören, wenn diese Karte auf den Friedhof gelegt wird. Und das sind Zwillinge, solange sie dort liegen.“ „Ich verstehe. Durchaus eine gute Wahl für ihr Deck.“ „Ich brauche kein Lob von dir, Ladyboy!“, spuckte Anya daraufhin Gift und Galle, zeigte auf die Heilige. „Das wird dir jetzt sowieso im Hals stecken bleiben! Ich aktivere Prismauras Effekt! Guck da, die [Gem-Knight Fusion], die ich mir eben durch das verbannen von Amber wieder aufs Blatt geholt habe! Ich werfe sie jetzt ab, damit Prismaura deinen Spackoengel killt! Schick ihn dahin zurück, wo er hergekommen ist, Prismaura – die Hölle!“ Die Lanze ihres Ritters begann elektrische Ladungen auszustoßen und kaum einen Moment später schoss aus ihr ein Lichtstrahl, der sich in Asmodeus' Brust bohrte. Jener explodierte kurzerhand und hinterließ nichts als zwei schwarze Federn, die gen Boden segelten. „Zeig's ihr, Schwester!“, jubelte Orion und sprang auf seinem Reittier auf und ab. Das hieß, bis aus den beiden Federn zwei neue Engel wurden, kleiner als Asmodeus selbst, doch glichen sie ihm ansonsten, abgesehen von der blauen und roten Farbe, bis aufs Haar. Anyas Augenbraue zuckte. „Wie, wo, was!?“ „Wenn [Darklord Asmodeus] fällt“, erklärte Joan seelenruhig, „hinterlässt er zwei Wesen, die Spielmarken genannt werden. Asmo und Deus.“   Asmo-Spielmarke [ATK/1800 DEF/1300 (5)] Deus-Spielmarke [ATK/1200 DEF/1200 (3)]   „Was!?“, fiel Anya daraufhin aus allen Wolken und zeigte entgeistert auf die neuen Engel. „D-die vermehren sich einfach! Was für ein abgefucktes Spiel ist das!?“ „Immerhin mussten sie ihre Stärke dafür aufteilen“, gab Orion altklug zu bedenken, „jetzt sind sie leichtes Futter.“ „Das hoffe ich – für dich!“ Anya schnaubte laut. „Wie ätzend! Zug beendet!“   Kaum hatte sie dies gesagt, zog auch schon ihre erbitterte Rivalin wortlos die nächste Karte. Die hatte nur eines im Sinn: Anyas perfides Spiel beenden, koste es, was es wolle! „Machen wir da weiter, wo wir in meinem letzten Zug aufgehört haben“, sagte sie streng und deutete auf [Gishki Psychelone]. „Mein Instinkt sagt mir nach wie vor, dass auf deiner Hand ein Erde-Monster vom Typ Hexer ist. Sonst hättest du Sardonyx niemals ungeschützt im Angriffsmodus gelassen! Demnach wird Psychelone das jetzt mit ihrem Effekt überprüfen. Und wenn ich richtig liege, war es das für dein Monster.“ „W-was!? Du irrst dich, Redfield! In meinem Deck gibt es gar kein Hexer-Monster-“ „Und was ist dann das?“, fragte jene kühl, kaum hatte ihre korurmpierte Meereshexe die Handflächen an die Stirn gelegt. Über Anya erschien das Abbild eines Monsters, [Gem-Merchant]. Valeries gnadenloses Urteil: „Eindeutig Hexer.“ Da half es Anya auch nichts, dass sie sich herausreden wollte. „Ähm, das ist, also- hey!“ Schwupps löste sich die Karte in ihrem Blatt einfach auf. „Dacht' ich's mir doch“, sagte Valerie, „schon letzte Runde hatte ich das Gefühl, du würdest Sardonyx absichtlich schutzlos aufs Feld schicken, damit ich gedankenlos angreife. Da er im Moment ein normales Monster ist, kann [Gem-Merchants] Effekt ihn stärken, aber jetzt nicht mehr.“ Anya zischte daraufhin nur. Ihrer Meinung nach hatte Redfield einfach nur geraten! Diese zeigte längst ein Monster von ihrer Hand vor. „Ich benutze jetzt den Effekt von [Gishki Shadow], den ich abwerfe und somit [Gishki Aquamirror] von meinem Deck aufs Blatt nehme. Aber hier endet es nicht, denn mithilfe meiner Falle [Aquamirror Meditation] kann ich nun zwei Gishki-Monster von meinem Friedhof aufs Blatt nehmen, wenn ich den Aquamirror besitze.“ Ihre Falle sprang auf und sendete rhythmische Wellen aus, die in Anyas Ohren ein seltsames Druckgefühl hervorriefen. Gleichzeitig zeigte Valerie [Gishki Shadow] und [Gishki Noellia] vor. „Ich hätte nie gedacht, dass ich -es- jemals beschwören würde“, meinte Valerie plötzlich und zückte ihre Schlüsselkarte, den Ritualzauber, „das in den Untiefen meines Decks lauernde Grauen. Normalerweise ist -es- gar nicht Teil meines Decks, aber für dieses Unterfangen habe ich -es- rekrutiert! [Gishki Aquamirror], bereite die Zeremonie vor! Ich opfere [Gishki Shadow], der als komplettes Opfer für diese Beschwörung herhalten wird!“ Ein goldener Spiegel tauchte aus dem Nichts vor Valerie auf. Seine runde Fläche bekam nach und nach Sprünge, bis der Spiegel in tausend Stücke zerbarst. „Erstehe auf aus der Finsternis des Ozeans! [Gishki Zielgigas]!“ Die auf dem Elysion liegenden Scherben verwandelten sich in Wasser, welches das gesamte Mosaik zu fluten begann. Und aus der unbekannten Tiefe erhob sich eine schattenhafte Gestalt, die absolut nichts mit Valeries anderen Monstern gemein hatte. Mit dem goldenen Siegel der Gishki auf der Brust, glich dieses Monster mit seinen vier Armen und breiten Schwingen eher einem menschgewordenen Herkuleskäfer, denn einer Meereskreatur.   Gishki Zielgigas [ATK/3200 DEF/0 (10)]   Anyas Mund stand im Angesicht dieser Kreatur weit offen. Nie hätte sie damit gerechnet, dass Valerie etwas derart Eindrucksvolles auf Lager hatte. Das Vieh wirkte viel eher wie etwas, das Matt spielen würde. Auch Orion machte Augen wie ein Mondkalb. „Wah! Das Ding ist riesig!“, kreischte er. Valerie achtete gar nicht auf die Reaktionen ihrer Gegner, sondern schwang den Arm aus. „Zielgigas' Effekt! Für 1000 Lebenspunkte ziehe ich pro Zug eine Karte und wenn diese ein Gishki-Monster ist …“ Sie nahm die Karte und zeigte [Gishki Vision] vor. „... ach, seht einfach selbst.“   [Anya: 4000LP Orion: 3000LP //// Valerie: 3900LP → 2900LP Joan Of Arc: 3800LP]   Der schwarze Insektenmann legte seine vier Handflächen aufeinander und erzeugte so eine pechschwarze Kugel, die er direkt auf Prismaura schleuderte. Dieser schrie und löste sich binnen Sekundenbruchteilen auf, hinterließ eine fassungslose Anya. „Er ist nicht tot, nur in dein Deck zurückgekehrt“, erklärte Valerie dazu und legte nebenbei ein Monster namens [Gishki Mollusk] auf ihre Duel Disk. Und während vor ihr ein dunkelhäutiger, humanoider Krieger erschien, welcher zwei Säbel schwang und offenbar seinen Kopf gegen eine Muschel eingetauscht hatte, fuhr sie ungerührt fort.   Gishki Mollusk [ATK/1700 DEF/900 (4)]   „Ein Schicksal, welches auch gleich deinem [Gem-Knight Sardonyx] zuteil werden wird. Ich kenne die Schwäche deines Decks, Anya. Es ist [Gem-Knight Fusion]. Ohne sie bist du aufgeschmissen. Und solange sich keiner deiner Ritter auf dem Friedhof befindet, kannst du auch nichts tun, um sie zurückzubekommen!“ Anya hatte das Gefühl, als würde sie von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpern, so leicht schien Redfield sie zu durchschauen. Nur, dass besagte Fettnäpfchen mit Säure gefüllt waren und die Größe des Atlantiks besaßen. Ihre Gegnerin streckte den Arm in die Höhe. „Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinem Stufe 4-Mollusk und meiner Stufe 4-Psychelone wird ein Rang 4-Monster! Xyz-Summon! Zeige dich, [Evigishki Merrowgeist]!“ In vollkommener Stille öffnete sich inmitten des Spielfelds ein schwarzes Loch, das Valeries Monster als blaue Lichtstrahlen in sich aufnahm. Heraus kam eine mit Flossen beschwingte, rothaarige Meerjungfrau, die ein langes Zepter mit sich führte – Valeries Paktkarte. Deren Mal leuchtete blau auf.   Evigishki Merrowgeist [ATK/2100 DEF/1600 {4}]   Sie würde Anya aufhalten, dachte Valerie entschlossen, egal was es kostete. Anmutig streckte sie den Arm aus und legte dabei den Kopf in den Nacken, als würde sie auf ihre Gegnerin herabsehen. „[Evigishki Merrowgeist]! Greife [Gem-Knight Sardonyx] an! Sceptre Of Foresight!“ Ihre Meerjungfrau schwang ihren Stab und schoss daraus eine Salve an Seifenblasen auf Anyas Krieger, die bei Kontakt zerplatzten und explodierten. So wurde der Ritter regelrecht bombardiert. Aber auch Anya bekam etwas von den Explosionen ab und wurde zurückgeschleudert, landete auf dem Rücken. „Dah! Verdammter Kackmist!“   [Anya: 4000LP → 3700LP Orion: 3000LP //// Valerie: 2900LP Joan Of Arc: 3800LP]   Derweil zog Valerie [Gishki Psychelone] unter ihrem Xyz-Monster hervor und schob diese in den Friedhofsschacht. Gleichzeitig absorbierte ihre Meerjungfrau eine der zwei blauen Sphären, die um sie kreisten, mit dem Zauberstab. Valerie erklärte dazu: „Jetzt entferne ich ein Xyz-Material, um Merrowgeists Effekt zu aktivieren! Damit schicke ich Sardonyx wie angekündigt in dein Deck zurück, statt auf den Friedhof!“ „Das wirst du noch bereuen, Redfield!“, versprach Anya ihr wütend und schob den Ritter in ihren Kartenstapel, welcher daraufhin automatisch gemischt wurde. „Ach ja?“, erwiderte Valerie unbeeindruckt. „Ich denke nicht! Sieh dich lieber vor, Anya, denn ich bin noch nicht fertig mit dir!“ Damit wandte sich die Schwarzhaarige ihrem riesigen Herkuleskäfermann zu, welcher unheilvoll die Arme verschränkte. „Direkter Angriff auf ihre Lebenspunkte, [Gishki Zielgigas]! Infestation's Solitude Beam!“ Der Riese streckte seine vier Arme weit aus. Das rote Emblem in seiner Brust begann unheimlich zu glimmen und saugte Lichtpartikel aus ihrer Umgebung auf. Einer war so groß, dass er wie ein Pfeil durch die Brust des Monstrums ging – und es zum Explodieren brachte! „Wie-!?“ Valerie weitete die Augen, als von ihrer Kreatur tatsächlich nichts mehr übrig war. „Wer hat-!?“ Das Maunzen eines Kätzchens klang durch das Elysion. Alle Blicke wandten sich instinktiv Orion zu, dessen verdeckte Karte aufgesprungen war. „Tut mir leid, Val-chan, aber ich muss Anya in dem Fall beschützen!“, entschuldigte er sich kleinlaut. „Mit meiner Falle [Fine] habe ich meine letzten beiden Handkarten abgeworfen. Das waren [The Fabled Catsith] und [The Fabled Ganashia]! Und während Ersterer beim Abwerfen eines deiner Monster zerstört, wird Ganashia direkt auf mein Feld beschworen, wenn er abgeworfen wurde!“ Neben Orion und seinem Kalb trampelte ein weißer Elefant auf zwei Beinen aufs Spielfeld und verhielt sich in seinen ungeschickten Bewegungen wie sein Artgenosse im sprichwörtlichen Porzellanladen. „Und wenn Ganashia so beschworen wird, erhält er sogar noch 200 Angriffspunkte!“, erklärte Orion weiter.   The Fabled Ganashia [ATK/1600 → 1800 DEF/1200 (3)]   „Orion“, murmelte Valerie, immer noch verstört von dem vorzeitigen Ableben ihres Monsters. „Klasse!“, konnte sich Anya derweil kaum beherrschen in ihrer Erleichterung. „Man, das Vieh hätte Gulasch aus mir gemacht! Du bist ja doch zu was gut, Pornozwiebel!“ „Immer doch!“, grinste der anzüglich. „Vielleicht möchtest du ja jetzt auch meine anderen Qualitäten kennenlernen, meine süße Tsundere?“ „No way!“ Gleichzeitig ballte Valerie unbewusst eine Faust ob der illustren Szene der beiden. „Zug beendet.“ Damit hatte sie nur noch [Evigishki Merrowgeist] und zwei Handkarten in ihrem Repertoire.   „Dann ist jetzt Orion-time!“, flötete jener durch seinen übergroßen Mund und sprang einem Flummi gleich in die Luft. „Draw!“ Kaum hatte er seine Handkarte gezogen, weitete er die Augen. „Was zum-!? Hey, wieso ausgerechnet die!? Jetzt wo ich sie gar nicht mehr brauche!?“ Wütend schob er sie in ein Zauber- und Fallenkartenzone, wodurch die Karte verdeckt vor ihm erschien. „Dämliches Karma! Ich dachte, ich hätte längst wieder gut gemacht, dass ich an Val-samas Unterhöschen gerochen hab!“ „Du hast -was-!?“ Valerie lief mit einem Schlag knallrot an. „Ah, eh, oh, nichts! Ähm … i-ich mach dann mal mit meinem Zug weiter, ja, Val-chan-sama-sempai-dono!?“ Der Schattengeist warf einen verstohlenen Blick auf die Heilige Johanna. Die war im Moment viel gefährlicher als Valerie. Auf sie musste er sich konzentrieren. „Los, [The Fabled Kudabbi], greif den blauen Engelsfritzen an!“ Womit er die blaue Asmo-Spielmarke mit 1800 Angriffs- und 1300 Verteidigungspunkten meinte, welche zu seinem Ärgernis in der Defensive positioniert war. Sofort rannte das Kalb samt Orion über das Zwillingselysion. Noch im Lauf sprang Orion vom Rücken seines Reittiers und flog wie eine Rakete auf den gefallenen Engel zu. „Orion-Fisting!“ Mit seiner winzig kleinen Faust brachte er Joans Monster dazu, in tausend Stücke zu zerspringen. Noch in der Luft machte er einen Salto. „Ganashia!“ Der Elefant war ihm einfach hinterher gerannt und warf sich trötend auf den Bauch, schlitterte über das Mosaik auf Valeries Spielfeldseite, direkt zwischen Valerie und Joan sowie deren Monster vorbei. Orion landete auf dem Rücken seines Monsters und nutzte dieses als Sprungbrett, um nun den roten Engel, die Deus-Spielmarke mit je 1200 Punkten auf beiden Werten, ins Visier zu nehmen. Leider befand auch dieses sich im Verteidigungsmodus. „Orion-Fisting, die Zweite!“ Damit schoss er auf den Engel zu und schlug ihm mit seiner kleinen Faust direkt ins Gesicht. Und prallte ab, wobei er von einer unsichtbaren Kraft den ganzen Weg zurück auf Anyas Spielfeldseite zurückgeschleudert wurde. Wie ein Fußball rollte er über ihr Elysion und kam gerade so am Rand ebenjenes zu stehen. „Waaaah!“, stieß er beim Blick in den Abgrund aus. Mit Tränchen in den Augen wandte er sich an Joan. „Was hast du getan!? Der herrliche Orion versagt nie!“ „Deus ist unbesiegbar im Kampf“, erklärte die Ritterin ihm ruhig. „Und das konntest du mir nicht früher sagen!?“ „Du hast nicht gefragt.“ „Dämliche Kuh!“ Orion hüpfte wütend zurück auf den Rücken von Kudabbi, welches gekommen war, um ihn abzuholen. Neben Anya verharrte das Monstergespann schließlich, als es wieder vollzählig war. Wütend stampfte der Schattengeist dreimal mit dem Stummelfuß auf. Das hatte er sich aber ganz anders vorgestellt. „Zug beendet! Aber ich krieg' dich noch, du hinterhältiges Mannsweib!“   „Sei vorsichtig, kleiner Dämon“, sprach Joan seelenruhig und zog dabei eine Karte. Die schwarzen Markierungen waren mittlerweile auch von der anderen Körperhälfte ihr Gesicht hinaufgestiegen und ließen sie nun wie ein Wesen aus einer anderen Welt aussehen. „Meine Sünden mögen mir nicht vergeben werden, doch ebenso nicht die deinen. Deine respektlosen Worte zeugen von deiner wahren Natur. Du verbreitest Lügen, um die Ziele deines Meisters umzusetzen.“ „G-gar nicht wahr!“ „Ihm liegt nichts am Leben eines Menschen“, sprach die Gefallene weiter und zückte eine Zauberkarte aus ihrem Blatt. „Er hat Valerie dazu gebracht, ihren Namen zu verkaufen. Er beobachtet uns, wie ein Geier, der um seine Beute kreist. Du als sein Spion bist nicht besser. Du bist die Verkörperung dieses niederträchtigen Handels.“ „Du nimmst den Mund aber ganz schön voll!“, polterte Anya dazwischen. „Ihr seid beide Abschaum, wenn ihr mich fragt!“ Etwas, das Valerie nicht so stehenlassen konnte. „Dich fragt aber keiner, Anya!“ „Tch!“ „Wie dem auch sei, es ist mein Zug“, leitete Joan diesen nun endgültig ein und schob die Zauberkarte in ihre altertümliche Duel Disk. „Ich benutze [Trade-In]. Indem ich ein Stufe 8-Monster hergebe, erhalte ich im Austausch zwei neue Karten.“ Sie entledigte sich ihres [Darklord Zeratos] und füllte danach ihr Blatt auf. Einen Wimpernschlag später schwang sie den Arm aus. „Und nun, sei wiedergeboren, [Darklord Superbia]! Höre den Ruf der Verblassten, höre den [Call Of The Haunted]!“ Ihre gesetzte Fallenkarte sprang auf, während Anya wütend schnaubte. „Erspar' uns die Einzelheiten, Miststück. Jeder weiß, was diese Karte kann!“ „Die holt einfach das Monster wieder, welches sie in ihrem letzten Zug auf den Friedhof gelegt hat.“ Orion knabberte panisch an seinen kleinen Stummelfingern. „Das ist gar nicht gut!“ „In der Tat. Sei wiedergeboren, [Darklord Superbia]!“ Vor Joan erschien aus einer schwarzen Flamme ein gleichfarbiger Kelch, der sich im Uhrzeigersinn zu drehen begann. „W-was ist das denn!?“, schoss es ungläubig aus Anya heraus. Doch sie ersparte ihren Mitstreitern einen weiteren Kommentar dieser Sorte, als sie plötzlich einer grimmigen Fratze gegenüberstand, die dem Kelch entsprang. Mit einem Schlag wuchsen aus diesem zwei dürre, lange Arme und blutrote Schwingen, wobei das Wesen gleichzeitig auf die Größe eines Menschen anwuchs.   Darklord Superbia [ATK/2900 DEF/2400 (8)]   Joan streckte weit ihren Arm aus. Unter ihrem Kettenhemd war ein Großteil ihrer Haut verborgen, doch was zu sehen war, ihre Hände, hatten mittlerweile eine graue Färbung angenommen. Und es schien, als hätten sie feine Risse, die langsam zu bröckeln begannen. Die Kriegerin wirkte, als wären ihre Arme aus Asche geformt. „Dies ist der Heilige Gral, gefallen in die Hände des Unsäglichen! Doch selbst jetzt ist seine Macht noch so groß, dass er ein Quell des Lebens ist, wenn man ihn aus der Hölle entführt! Drum holt er jetzt einen gefallenen Engel direkt aus ebendieser zurück!“ Aus dem Kelch schoss eine pechschwarze Flamme. „Sei wiedergeboren, [Darklord Zerato]!“ Anya blinzelte verdutzt, als aus dem Feuer ein großer Krieger flog. Genau wie Joans andere Monster, waren seine Flügel blutrot, während die nackte Haut des Gefallenen pechschwarz gefärbt war. Er schwang eine lange, gebogene Klinge und grinste unheilvoll.   Darklord Zerato [ATK/2800 DEF/2300 (8)]   „Uah! Das hat sie die ganze Zeit über geplant!“, stammelte Orion panisch und fiel auf dem Rücken seines Monsters aufs Hinterteil. „Jetzt wird’s ganz übel!“ Joan verzog keine Miene, als sie eine ihrer Handkarten vorzeigte. „Indem ich mich von einem Finsternis-Monster, in diesem Fall [Darklord Edeh Arae], trenne, werden alle Monster eines von mir gewählten Spielers umgehend von [Darklord Zerato] vernichtet. Jedoch kostet ihn dies am Ende des Zuges das eigene Leben.“ Anya und Orion tauschten nur einen fassungslosen, panischen Blick aus, da donnerte es auch schon. In die Klinge Zeratos war ein Blitz eingeschlagen, finstere Energie umspielte sie wie eine Schlange. Lachend schleuderte der Krieger diese Blitze Orion entgegen, der vor Schreck die Augen weitete. „Mein Ziel bist du, Dämon.“ Sein Ganashia schrie auf, als er von der Ladung getroffen wurde und zersprang in tausend Stücke. Auch Orion kreischte panisch, als sein Reittier erfasst worden war, doch urplötzlich bildete sich eine Lichtmauer, als Kudabbi aufheulte und in einen merkwürdigen Singsang verfiel. „Oje, oje“, jammerte der Schattengeist, der beinahe von seinem verschleierten Kalb gefallen wäre. „Wenn ich jetzt noch Handkarten gehabt hätte, wäre es aus gewesen.“ „Weitere Handkartenmanipulation?“, wunderte sich Valerie, die damit bereits vertraut war. Der Schattengeist sprang auf die Beine und streckte stolz die Schnute hervor, da es ihm an Brust deutlich mangelte. „Klaro, Chica! [The Fabled Kudabbi] konzentriert sich aber auf meine eigenen, Baby! Ohne Handkarten, nix put machen! Gar nix, nix Kampf, nix Effekt! Der große Orion wird nicht so leicht-“ „In dem Fall biete ich meine Deus-Spielmarke als Tribut an“, setzte Joan völlig ungerührt ihren Zug fort und ließ den Engel verschwinden, „um [Darklord Desire] als Tributbeschwörung zu rufen. Höre mich!“ Anya und Orion starrten gebannt nach oben, von wo auf Valeries Seite des Elysions etliche schwarze Federn fielen. Sie alle färbten sich rot, flogen auf einen bestimmten Punkt in der Luft zu, um sich zu sammeln. Kurz darauf gab es einen Lichtblitz und dort, wo eben noch die Federn gewesen waren, flog nun ein Engel durch die Luft. Das rote Federkleid war aber nicht das Beeindruckende an ihm, viel mehr war es die massive gold-schwarze Rüstung, die besonders an Armen und Beinen besonders hervorstach. An beiden Enden der Arme befanden sich zwei Klingen, die wie Klauen wirkten.   Darklord Desire [ATK/3000 DEF/2800 (10)]   Anya zeigte wütend mit dem Finger auf die Heilige Johanna. „Du betrügst! Für den hättest du zwei Monster opfern müssen, Miststück!“ Beschwichtigend die Hand hebend, schüttelte jene mit dem Kopf. „Ich fürchte, du irrst dich. [Darklord Desire] benötigt nur ein Opfer, wenn dieses ein Engel ist. Und nun sehe, dass er imstande ist, jeden Dämon zu töten.“ Sie schwang den Arm Richtung Orion aus. „Opfere einen Teil deiner Kraft, um das Böse direkt in die Hölle zu schicken!“ Der Kriegerengel Desire legte seine Arme über Kreuz auf die Brust und schoss massenhaft Federn auf [The Fabled Kudabbi]. Orion gab nur noch einen Schrei von sich, als sein Reittier schon getroffen wurde und sich in roten Nebel verwandelte, welcher wiederum einfach verschwand. Auf den Hintern plumpsend, stand der kleine Schattengeist plötzlich ohne Monster da. Genau wie Anya.   Darklord Desire [ATK/3000 → 2000 DEF/2800 (10)]   „Sie konnte sogar Kudabbi vernichten“, stammelte Orion und sah Joan ängstlich an, die wie ein Henker auf ihn herab starrte. Und obwohl sie so weit weg sein mochte, jagte sie nicht nur Orion bei ihrem Anblick einen kalten Schauder über den Rücken. „Oh, verdammter Kackmist“, fluchte Anya, die den Ernst der Lage erkannt hatte. „Mit der Alten ist echt nicht gut Kirschen essen.“ Sie besaß drei Monster mit mindestens 2000 Angriffspunkten. Und Anya wusste genau, dass sie keine Angst davor hatte, sie zu benutzen. Nur wen? Wen würde sie aus dem Spiel jagen wollen? Es reichte nur für einen von ihnen. Plötzlich nahm Joan Anya scharf ins Visier. „[Darklord Superbia], dein Ziel ist die Sünderin.“ „Oh, shit, ich wusste es!“ „[Darklord Desire], [Darklord Zerato], sendet diesen Wicht zurück dorthin, wo Luzifer ihn geschaffen hat. Du wirst Valerie nicht länger vergiften, Dämon!“ Gleichzeitig erschraken die beiden Mädchen und wichen zurück, aus demselben Grund. „Joan, warum er!? Du könntest Anya-!“ „Nicht ich!?“ Doch ehe Joan ihre Absichten erklären konnten, schwärmten ihre Monster bereits aus. In Orions Augen spiegelte sich wahrlich die Furcht, die ihm der bevorstehende Angriff bereitete. Er wusste nicht, welches Schicksal eine Niederlage mit sich zog. Die beiden Kriegerengel flogen auf ihn zu wie Pfeile von der Sehne eines Bogens. Der kleine Schattengeist schluckte schwer, dann wandte er sich Anya zu. „Jetzt ist es an dir, Schwester! Du musst Val-chan für mich beschützen, okay!?“ „Was redest du da, du hast doch deine verdeckte Karte! Benutze sie, Dummkopf!“ Orion bemerkte die Karte vor ihm, doch er seufzte. „Klaro … verdeckte Falle. [The Gift Of Greed]. Einer meiner Gegner zieht nun zwei Karten … und zwar du, Schwester!“ Anya erschrak, als die Falle hochklappte und daraus eine weiße Schachtel auftauchte. „W-was!? So eine Dreckskart-“ „Das ist alles, was ich für dich tun kann! Bitte, beschütze Val-chan für mich!“ Der Deckel der Schachtel lüftete sich von selbst und hervor kam eine grüne Vase, auf der ein grinsendes Gesicht eingearbeitet war. Wie in Trance zog Anya die zwei Karten, die Orion ihr hinterlassen hatte. Kaum einen Moment später trafen die beiden Engel auf Orion und schlugen ihn zusammen mit Schwert und Faust nieder. Doch Anya kam gar nicht dazu zu reagieren, denn auch sie wurde plötzlich erfasst. Von einer schwarzen Flamme, die aus dem Inneren des verdorbenen Heiligen Grals kam, welcher in angewinkelter Position auf sie zeigte, um die Flammen loszulassen. „Ahhhh!“, schrie sie unter dem Feuer. Auch Orions gequälte Rufe drangen durch das Elysion. „Val-chan …!“ Die unerwartete Wucht des Flammenangriffs warf Anya um.   [Anya: 3700LP → 800LP Orion: 3000LP → 0LP //// Valerie: 2900LP Joan Of Arc: 3800LP]   Die Blondine landete hart auf der Seite und ließ dabei ihre Handkarten fallen. Neben ihr kullerte Orion an ihr vorbei und begann sich in schwarzen Partikeln aufzulösen. „Hey!“, schoss es aus Anya hervor, die sich ruckartig erhob und zum kleinen Schattengeist eilte. „Du musst … sie aufhalten …“, bat Orion mit Tränchen in den Augen, ehe er ganz verschwunden war.   Die Blondine war fassungslos. Er war einfach weg, nicht mehr da. Innerhalb weniger Sekunden. Und es war … sie hatte ihn da reingezogen, es war … „Was hat er dir überhaupt getan, du Psycho!?“, schrie sie unvermittelt Joan an. „Du hättest genauso gut mich nehmen können! Immerhin seid ihr sowieso nur hinter mir her!“ „Er war das sinnvollere Ziel für meinen Angriff“, erklärte der Engel ungerührt. „Es wäre schwieriger, gegen ihn zu kämpfen, als gegen dich. Zug beendet.“ Damit löste sich auch [Darklord Zerato] auf und hinterließ nichts weiter als eine schwarze Feder, die von einer Brise davongetragen wurde.   „Ihr seid …“, presste Anya unter all ihrer Wut mühsam hervor, „die Schlimmsten von allen!“ „Was redest du da?“, widersprach Valerie aufgekratzt. „Du bist doch diejenige, die-“ „Schnauze, Redfield!“ Die Blondine stampfte wütend auf, zeigte auf Joan. „Sie! Langsam glaube ich, was die Pornozwiebel mit ihr meinte! Heuchlerisches Weib! Du tust so, als würdest du strategisch handeln, aber in Wirklichkeit lachst du dir nur einen ab, weil du einen Dämon besiegt hast! Du hast dich die ganze Zeit nur auf ihn konzentriert! Solche wie du widern mich an!“ „Das werde ich akzeptieren müssen.“ Anyas Stirn war bereits voll von Zornesfalten, was durch Joans distanziere Reaktion nur umso schlimmer wurde. „Ach habe ich ja vergessen, ich bin ja auch nur so ein 'Sünder'! Ihr Engel seid so selbstgerecht! Ob Dämon, Engel oder weiß der Geier, was spielt das für eine Rolle!?“ Das Mädchen hatte sich so in Rage geredet, dass sie ihre Handkarten, welche sie nebenbei aufhob, in der Faust zu drücken begann. „Es ist doch völlig egal, als was man geboren wird! Es zählt allein, was man aus seinem Leben macht! Aber nein, ihr Vollidioten von Engeln stempelt alles als böse ab, was anders ist als ihr!“ Sie schwang ihren Finger auf Valerie, die erschrocken zusammenzuckte. „Du, Redfield, bist ganz genauso! Plötzlich ist die Pornozwiebel ein Feind für dich, aber erinnerst du dich noch, wer zuerst auf wen zugegangen ist!? Wie kannst du ihn so plötzlich fallen lassen!?“ „Anya, ich-“ „Tch! Es ist nicht meine Aufgabe, mich über so etwas zu beschweren! Aber da hier niemand sonst für ihn sprechen kann, fällt der Schwarze Peter eben auf mich.“ Dieses eine Mal würde sie ihn eben annehmen müssen. Auch wenn Anya es hasste, in eine Rolle zu schlüpfen, die ihr nicht lag. „Der Knilch mag zwar ein perverses Mistvieh sein, aber soweit ich das beurteilen kann, hat er nie etwas Schlechtes getan. Im Gegenteil, er hat sogar alles gegeben, um dich vor dieser Ollen und ihrem Irrsinn zu beschützen.“ Anyas Blick verhärtete sich. „Aber da er jetzt nicht mehr hier ist, hat sich die Situation verändert. Solche wie dich … zerstampfe ich im Boden, Redfield! Denn ich hasse nichts mehr als Heuchler und Feiglinge!“ Valerie, die von Anyas ungewohnter Verhaltensweise regelrecht erschüttert war, brauchte einen Moment, um ihre Fassung wiederzugewinnen. „In dem Punkt sind wir uns einig. Ich schlage vor, du verleihst deinen Worten Nachdruck. Du bist am Zug.“   „Oh, das werde ich“, zischte Anya und griff nach ihrem Deck. „Mit allen Mitteln.“ Wirklich mit allen! Sie schloss die Augen und versuchte sich auf ihr Deck zu konzentrieren. Die Pornozwiebel hatte all ihr Vertrauen in sie gesetzt. Und auch, wenn er es war, der Redfield diesen Floh überhaupt erst ins Ohr gesetzt hatte, stimmte Anya mit ihm in Punkto Joan überein. Was ihn allerdings nicht davor bewahren würde, die Anya Bauer-Premiumstrafe für Verrat zu erhalten, sollte sie ihn jemals wiedersehen. Doch zuerst … Seine zwei Karten, sie würde sie nutzen. Mit ihrer anderen Handkarte, und der, die sie jetzt ziehen würde. Anya würde sie nutzen, um Valerie und Joan zu zerstören! „Draw!“ Die Augen des Mädchens öffneten sich schlagartig, doch noch während sie zog, war da kein Gefühl einer pulsierenden Kraft in ihr. Levriers Macht, sie konnte nicht einmal hier auf sie zugreifen. Und während sie den Arm beim Ziehen ausschwang, entschied Anya, dass es im Endeffekt vollkommen egal war, ob Levrier ihr jetzt half oder nicht. An den Nervenkitzel solcher Duelle hatte sie sich mittlerweile gewöhnt … und es war … Anya schüttelte den Kopf. Wenn sie alle, ob Dämonen oder Engel, so versessen darauf waren, einander an die Gurgel zu gehen … wo war dann der Unterschied zwischen ihnen und ihr selbst? „Tch!“, zischte sie, nicht wissend, wen sie mehr hasste, Redfield oder Joan. Wenn es jedoch ums Rache nehmen ging – und Anya wollte sich rächen, weniger für Orion, sondern mehr für die Situation im Allgemeinen – hatte sie bereits eine genaue Vorstellung, wer als Erstes dran war. In ihrem Zorn war ihr völlig gleich, was sie tat. Hauptsache, sie tat überhaupt etwas. „Zauberkarte!“, bellte sie und hielt jene in die Höhe. „[Mystical Space Typhoon]! Damit kille ich einen Zauber oder 'ne Falle auf dem Spielfeld! [Call Of The Haunted]!“ Ein Wirbelsturm ging von dem Hologramm der Karte aus, als Anya jene in ihre Duel Disk schob. Besagter Sturm riss Joans Falle auseinander, ehe er verschwand. Was zur Folge hatte, dass [Darklord Superbia] in tausend Stücke zersprang, da jener an die Falle gebunden war. Anya ging diese Szene hinunter wie Öl. Sie wollte Joan zerstören. Und jeden anderen Engel, der es in Zukunft wagen würde, ihren Weg zu kreuzen. Jeden verdammten Mistkerl dieser Rassisten! „Ich rufe [Gem-Knight Garnet] als Normalbeschwörung! Aber der bleibt nicht lange, denn ich opfere ihn für den Effekt der Zauberkarte [White Elephant's Gift]! Wenn ich mit ihr einen Vanilla entsorge, ziehe ich zwei Karten!“ Ihr Ritter tauchte gar nicht erst auf. Stattdessen ein weißer Knochen, der sich in weiße Funken aufzulösen begann, während Anya zwei Karten zog. Valerie indes schluckte. So aufgebracht war Anya selbst ihr unheimlich. Außerdem hatte ihre Gegnerin einen cleveren Zug hingelegt. Nicht nur hatte sie ihr Blatt erweitert, sie hatte nun, da Garnet auf dem Friedhof lag, auch wieder Zugriff auf [Gem-Knight Fusion]. Jene wurde von der Blondine bereits zwischen Mittel- und Zeigefinger gehalten, während Garnet in Anyas Hosentasche verschwand. „Du weißt, was kommt, nachdem ich Garnet verbannt habe, Redfield! [Gem-Knight Fusion], los! Ich verschmelze [Gem-Knight Tourmaline] und [Gem-Knight Sapphire] von meiner Hand! Scheiß auf den Beschwörungstext, los, [Gem-Knight Topaz]!“ Über dem Mädchen öffnete sich ein strahlender Wirbel aus Edelsteinen, in den ein goldener und ein saphirblauer Ritter hineingezogen wurden. Kurz darauf schlugen Blitze aus dem Strom um sich und ein Krieger in goldbrauner Rüstung trat daraus hervor. Mit einem Satz und wehendem, schwarzen Umhang landete er neben Anya und zückte zwei Dolche, deren Klingen stilisierte Blitze waren.   Gem-Knight Topaz [ATK/1800 DEF/1800 (6)]   „Denkt über mich, was ihr wollt“, zischte seine Besitzerin dabei und schob ihre letzte Handkarte in die Duel Disk. „Hat mich eh nie interessiert. Aber eins sollt ihr wissen, ihr heuchlerischen Schnepfen! Ich werde keine Familien auseinanderreißen, indem ich andere für meine Zwecke opfere!“ Valerie weitete die Augen, als sie die Entschiedenheit in Anyas Ton wahrnahm. Was jene sagte, kam vom Herzen. Und dennoch! „Was ist das Wort von jemandem wert, der so etwas schon einmal getan hat!? Denk an Marc!“ „Wie ich sagte, Redfield“, murmelte Anya leise, „ist mir egal, was ihr denkt. Aber das, was ich eben gesagt habe, bezieht sich nur auf Leute, die ich respektiere. Und dummerweise gehört deine kleine Freundin nicht dazu.“ Plötzlich erschien an Topaz' Arm eine Art Elektroschocker. Anya erklärte dazu: „Ich rüste [Gem-Knight Topaz] mit [Fusion Weapon] aus, welche Fusionsmonster bis Stufe 6 um 1500 Punkte verstärkt!“   Gem-Knight Topaz [ATK/1800 → 3300 DEF/1800 → 3300 (6)]   „Merk dir eins, Redfield“, sagte die Blondine mit ungewohnter Schärfe in der Stimme. „Was mit Marc passiert ist, war nicht meine Schuld. Er hat es so gewollt und wusste von Anfang an, was ihn erwartet, wenn er mich und Levrier angreift. Ich wusste das nicht!“ „Das ist keine Entschuldigung!“ „Ich will mich auch nicht bei dir entschuldigen, Dummkopf!“ Anya schwang aufgebracht den Arm aus. „Da gibt es nichts zu entschuldigen! Wenn sich jemand entschuldigen muss, dann ihr beide bei mir! Aber darauf kann ich lange warten, das weiß ich! Deswegen bin ich jetzt so frei und sorge dafür, dass wir quitt sind!“ Mit einem Schlag schwenkte Anya ihren Finger um auf Joan. „Und zwar, indem ich diese Pest hier beseitige. Los, Topaz, Thunder Strike First! Angriff auf [Darklord Desire]!“ „Nein!“, schrie Valerie verzweifelt und stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor ihre Patronin. Anyas Krieger schoss wie ein Pfeil durch die Luft, genau wie der finstere Engel Joans. Beide trafen in der Mitte des Elysions aufeinander und tauschten Schläge mit Fäusten beziehungsweise Klingen aus. Doch Desire erwies sich als zu schwach und wurde mitten in der Brust von den Dolchen Topaz' durchbohrt. „Geh aus dem Weg, Redfield!“, befahl Anya aufgebracht, als die Klingen ihres Ritters plötzlich bläuliche Blitze ausstießen. „Wenn [Gem-Knight Topaz] ein Monster im Kampf besiegt, fügt er dessen Besitzer Schaden in Höhe der Angriffskraft seines Opfers zu! Zusammen mit dem Kampfschaden ist das mehr als genug, nämlich ganze 4300 Punkte Schaden, um dieses Drecksweib aus -meinem- Elysion zu jagen!“ „Wie kannst du-!?“ „Sie hat recht“, sprach Joan hinter ihr eindringlich. „Bitte Valerie, geh aus dem Weg, sonst trifft dich die Wucht des Angriffs. Dadurch wäre nichts gewonnen!“ Die Schwarzhaarige drehte sich verzweifelt um. „Nein! Du darfst nicht-!“ „Aus dem Weg, Redfield!“, verlangte Anya und zeigte mit dem Finger auf die beiden. „Ich sag es nicht noch einmal! … aber gut, wenn du so scharf drauf bist, für sie den Treffer einzustecken, ist mir das nur recht! Auch wenn du sowieso danach dein Fett weggekriegt hättest! Los, Topaz, keine Rücksicht mehr!“ Der aufgespießte [Darklord Desire] zersprang unter einem Schrei, als sein gesamter Körper von den blauen Blitzen der beiden Klingen gepeinigt wurde. Aus den Waffen schoss schließlich ein elektrisch aufgeladener Energiestrahl, der direkt auf Valerie zusteuerte. Jene wurde an den Schultern gepackt und kurzerhand von Joan weggeschleudert. Noch während des Falls drehte sich das Mädchen perplex um und sah, wie die Heilige Johanna sie freundlich anlächelte. Ehe sie der Strahl direkt in die Brust traf. „Joan!“, schrie Valerie und prallte auf dem Boden auf.   [Anya: 800LP //// Valerie: 2900LP Joan Of Arc: 3800LP → 0LP]   Panisch richtete sich die Schwarzhaarige sofort wieder auf und packte Joan am Arm, welche trotz der Wucht des Angriffs noch auf beiden Beinen stand. „Joan!“ Allerdings stieß sie einen spitzen Schrei aus, als der aschgraue Arm in ihrer Hand wie Glas zerplatzte. „Oh nein! Nein!“ Langsam begann sich Joan in kleinen Partikeln aufzulösen, ihr ganzer Körper verlor seine Farbe. Doch jene lächelte dabei gedankenverloren. „Ich konnte niemanden retten in dem Zustand, in dem ich war. Niemanden, nicht einmal die, die mir am nächsten standen …“ Valerie hielt sie am anderen Arm fest, doch auch jener zersprang wie Glas in ihrer Hand, welches auf das harte Mosaik fiel. „Joan! Du-! Du darfst nicht-!“ „Ich war die ganze Zeit im Irrtum, Valerie. Ich wollte, dass du zu einem Engel wirst, um die Dinge, die ich nicht erreichen konnte, besser zu machen. Ich wollte mich durch deinen Aufstieg vor dem Herrn als würdig erweisen. Aber er hat mich nicht ohne Grund verbannt.“ Tränen standen in den Augen des Mädchens, die nach vorne stolperte und ihrer Patronin an den Schultern fasste. „Dann lass uns zusammen-“ „Valerie“, antwortete Joan mit traurigem Gesichtsausdruck. „Menschen werden immer nur Menschen bleiben. Auch der Herr hat dies erkannt. Sie sind nicht dazu geschaffen, sein Werk umzusetzen. Auch Gott irrt sich von Zeit zu Zeit.“ Das Mädchen biss sich auf die Lippen. Sie verstand nicht, was Joan ihr damit sagen wollte. Jene lächelte wieder, es war ein Strahlen voller Hoffnung. „Bevor ich diese Welt verlasse und als Dämon wiedergeboren werde, lass mich einen letzten Wunsch formulieren.“ „N-nein, sag das nicht-“ Joan, die keine Hände mehr hatte, um Valerie auf die Schultern zu fassen, legte stattdessen ihre Stirn gegen die der Schwarzhaarigen. „Wirst du mir zuhören?“ „J-ja“, würgte die hervor. „Danke, Valerie. Mein letzter Wunsch ist, dass du wieder die wirst, die du warst, bevor du mich getroffen hast. Das aufrichtige, junge Mädchen, das andere beschützt, wenn sie in Not sind. Erinnere dich daran, wer dich geprägt hat, Valerie.“ „Joan? Ah!“ Mit einem Mal zersprang der restliche Körper der Ritterin wie ein Kristall und schoss durch alle Ecken und Eden des Elysions. Valerie streckte verzweifelt die Hand nach den Fragmenten aus, ehe sie auf die Knie fiel. „Joan!“   Du bist nie ganz allein, Valerie. Mein Wille, dich zu beschützen, wird immer ein Teil von dir sein. Das war mein Versprechen. Unser Pakt.   Anya zischte verächtlich, als sie mit ansah, wie ihre Erzrivalin mit von Tränen benetztem Gesicht ihren leuchtenden Arm ansah. Ihr Mal glühte blau. „Tch. Endlich ist sie weg“, gab die Blondine sich gänzlich ungerührt von der Szene. „Jetzt sind es nur noch wir beide, Redfield!“ Die Augen ihrer Gegnerin verengten sich schlagartig, als sie über ihre Schulter herüber schaute. „Bist du nun zufrieden!?“ „Warum fragst du mich das?“, erwiderte Anya kaltherzig. „Du hast doch den ersten Stein geworfen. Jetzt beschwer' dich nicht, dass ich mit 'nem verdammten Raketenwerfer antworte!“ Valerie zuckte unmerklich zusammen, erhob sich aber einen Augenblick später wieder.   Sie hatte einen Entschluss gefasst. Wenn dieses Duell vorbei war und sie Anya versiegelt hatte, würde sie sich auf die Suche begeben. Nach Joan. Sobald sie wiedergeboren wurde, würde sie sie finden. Sie würde auf diesen Tag warten, egal wie lange es auch dauern mochte. Das schwor sie sich von der Tiefe ihres Herzens. Valerie musste verhindern, dass Joan als Dämon Böses tat, wenn jener Tag gekommen war. Und dann würde Joan sehen, dass ihr letzter Wunsch in Erfüllung gegangen war. Ganz bestimmt. Aber bis dahin …   „Wir sind noch nicht fertig hier, Anya!“, fauchte sie entschlossen und straffte sich, raffte sich auf. „Für all deine Taten wirst du bezahlen! Ein für alle Mal!“ „Zu dumm, dass ich noch am Zug bin, Miststück!“, fauchte ihre Gegnerin zurück und streckte den Arm weit aus, zeigte auf [Evigishki Merrowgeist]. „Sei dankbar, dass du nicht lange um deine Kampflesbe weinen musst, denn ich werde dich gleich hinterher schicken! [Gem-Knight Topaz], würg' ihr deinen zweiten Angriff rein! Thunder Strike Second!“ Noch während sich ihr Krieger in der Mitte des Spielfelds zum zweiten Angriff bereit machte, fügte Anya hinzu: „Du weißt doch, ich muss dem Bild entsprechen, das du von mir hast.“ Valerie schnaubte nur. Da schoss der Krieger auch schon auf ihre Meerjungfrau los, welche den ersten Dolchhieb mit ihrem Zauberstab abwehren konnte. Doch der zweite war direkt auf ihre Brust gezielt, wo sie ganz ungeschützt war. „Joan, wenn du wirklich in mir bist“, murmelte Valerie und schloss die Augen, „dann leih mir deine Kraft!“ Mit einem Schlag begann ihr Mal noch stärker zu leuchten. „Ich hab's geahnt“, zischte Anya daraufhin genervt. Valerie streckte jenen Arm ruckartig in die Höhe. „Ich rekonstruiere das Overlay Network! Aus meinem Rang 4-Monster, [Evigishki Merrowgeist], und seinem Xyz-Material wird ein neues Xyz-Monster!“ Direkt unter der Meerjungfrau tat sich ein schwarzes Loch auf, was Topaz dazu veranlasste, schleunigst Abstand zwischen sich und dem Wirbel zu bringen. In jenen wurde Merrowgeist eingesogen, während schwarze, rote und blaue Blitze daraus willkürlich um sich wüteten. Valerie senkte den Arm wieder und betrachtete diesen betrübt. „Ich bin nie allein, was? Ich glaube an dich, Joan!“ Mit gefestigtem Blick wandte sie sich damit Anya zu. „Jetzt gibt es kein Zurück mehr! Incarnation Summon! Aus dem Meer der Tränen, erwache, [Evigishki Serenade – Ghost Princess Merrow]!“ Blitzschnell schoss aus dem Wirbel eine große, fischartige Gestalt, gefolgt von einer gewaltigen Wasserfontäne. Verblüfft stellte Anya fest, dass jene Valeries neuem Monster folgte, als dieses eine Runde um deren Elysion drehte und sich schließlich majestätisch vor ihrer Gegnerin aufbaute. Dabei hatte dieses Monster einen weitflächigen Ring aus Wasser um Valerie gebildet. Evigishki Serenade – Ghost Princess Merrow [ATK/2100 DEF/1600 {4}]   Zwei goldene Sphären kreisten um diese neue Meerjungfrau. Doch die war anders als ihre Vorgängerin – sie war ein Geist. Durchsichtig, schneeweiß und flimmernd wie ein kaputter Fernseher. Nichts mehr als eine Illusion. Das lange, gewellte Haar lag ihr direkt im Gesicht, sodass dieses nicht zu erkennen war. Ihr langer Körper war bestückt von langen Dornen, aus dem Rücken ragten zwei lange Flossen, die wie Flügel anmuteten. Den Stab hatte Merrow bei ihrer Transformation verloren – genau wie ihre Arme. „Die gewinnt gewiss keinen Schönheitswettbewerb“, spottete Anya, welcher der Anblick der Kreatur kein müdes Wimpernzucken hervorlockte. Zumindest nicht äußerlich. „Das kann ich verkraften“, fuhr Valerie auf derselben Schiene wie ihre Gegnerin fort. „Immerhin kann ich mich damit trösten, dass Princess Merrow nur von Xyz-Monstern besiegt werden kann.“ Soviel hatte Anya bereits vermutet und fluchte innerlich. Egal wie stark ihr Topaz auch war, an diesem Vieh und der Mauer aus Wasser kam sie nicht vorbei. Wütend stampfte sie mit dem Fuß auf. Was half ihr all das Wissen um die Incarnation-Monster, wenn sie jenes nicht ausnutzen konnte!? „Da hast du ja nochmal Glück gehabt, dass deine Freundin dir mit ihrem letzten, verkrüppelten Atemzug den Hintern gerettet hat“, maulte Anya zornig. „Vorerst jedenfalls. Dann zeig mir mal, wie toll die Sumpfhexe ist. Im Ernst, den Look hat sie doch aus The Ring geklaut! Zug beendet!“   Mit einem plötzlichen, wütenden Schrei riss Valerie die nächste Karte von ihrem Deck. Wie konnte sie nur!? Wie konnte dieses Mädchen selbst jetzt noch so zuversichtlich sein!? Hatte sie denn gar keine Angst? Sie war bis auf ihr Monster völlig ungeschützt, wusste nichts über Merrow und dennoch! Woher nahm sie diese verdammte Zuversicht!? Valerie verstand es einfach nicht. So war Anya schon immer gewesen! Aber das hier war nicht der Schulhof, das hier war bitterer Ernst! „Der Effekt von [Evigishki Serenade – Ghost Princess Merrow] aktiviert sich während meiner Standby Phase“, rief sie angespannt, „es regeneriert Xyz-Materialien, bis es drei Stück hat.“ „Ach, wie unerwartet“, giftete Anya daraufhin garstig, „hast du dir wohl von Marcs Ghostrider-Abklatsch abgeschaut, huh?“ Getroffen von dieser Spitze, schwieg Valerie einen Moment, während aus ihrer Duel Disk eine goldene Sphäre auftauchte und zusammen mit den anderen beiden um ihre Geistermeerjungfrau zu kreisen begann. Schließlich sagte sie, bemüht die Fassung zu wahren: „Ich habe jetzt die Wahl zwischen drei Effekten. Der mächtigste, der mich alle drei Xyz-Materialien abhängen lässt, stellt dich vor eine Wahl. Du musst mindestens eine, aber maximal drei Karten ziehen. Und für jede so gezogene Karte erhalte ich gleich zwei.“ Anya blinzelte einen Moment überrascht. Sie bekam von Redfield Karten? Ernsthaft? Aber nein … das war doch nur, um ein Psychospielchen zu treiben. Vermutlich dachte das Miststück, sie könne ihre Gier für sich ausnutzen! Aber nicht mit ihr! Andererseits wären drei neue Karten jetzt genau das Richtige in ihrer Situation. Aber dadurch erhielte ihre Gegnerin gleich sechs, was wiederum alles nur umso riskanter machte. Es war zum-   „Jedenfalls ist das, was ich sagen würde. Aber nein, dir diesen schwachen Hoffnungsschimmer zu schenken bin ich nicht gewillt“, fügte Valerie plötzlich an. Sie kniff ihre Augen so fest zusammen, dass ein Stück Papier Schwierigkeiten hätte, zwischen die Lider zu passen. „Ich habe einen viel effektiveren Weg, dich zu besiegen.“ „Ach ja!?“, erwiderte Anya mit Zornesfalten auf der Stirn. Hatte Redfield es doch tatsächlich gewagt, mit ihr zu spielen! „Das will ich erstmal sehen!“ Jene musste zugeben, dass ihr Anyas beleidigter Blick durchaus zusagte. „Das wirst du. Ich nutze die ersten beiden Effekte von Ghost Princess Merrow. Für ein Xyz-Material erhalte ich ein Ritualmonster von meinem Friedhof oder Deck.“ Ein Schatten huschte durch den Ring aus Wasser, welcher Valerie umgab. Die Geistermeerjungfrau, die vor jenem Ring schwebte, drehte ihren Kopf um ganze 360 Grad, wobei ihr Haar jedoch am Gesicht kleben blieb. Doch für einen kurzen Moment glaubte Anya, ein rotes Leuchten auf Höhe der Augen wahrgenommen zu haben. Derweil schoss die von Valerie gewählte Ritualmonsterkarte aus deren Deck hervor und wurde sogleich ins Blatt aufgenommen. Eine der goldenen Sphären löste sich wie Nebel auf. „Und jetzt der zweite Effekt, der mich die verbliebenen beiden Xyz-Materialien kostet“, fuhr Valerie fort. „Es ist dasselbe Spiel, wie eben. Diesmal nur mit einem Ritualzauber.“ Anya schreckte zusammen, als sie erkannte, dass ihre Gegnerin sich somit mühelos ein Ritualset zusammenstellt hatte. Die Geisterprinzessin drehte ihren Kopf wieder zurück in die Ausgangsposition, doch diesmal war Anya sich sicher, dass deren Augen rot leuchteten, als Valerie die Ritualzauberkarte auf ihr Blatt nahm und die goldenen Sphären verdunsteten. „So ein Kackmist“, fluchte Anya wütend, ahnend, was jetzt kommen würde. „Du willst doch auch sicher wissen, für welches Ritualmonster ich mich entschieden habe?“, fragte ihre Rivalin bitterböse. „Ich zeig es dir! Indem ich den gesuchten [Gishki Aquamirror] aktiviere und [Gishki Vision] als Opfer anbiete, kann ich dieses Monster hier beschwören! Erscheine aus endlosen Kristallkaskaden! [Evigishki Soul Ogre]!“ Zunächst tauchte vor Valerie jedoch nur ein goldener Spiegel auf, in dessen kreisrunder Fläche sich das geopferte Monster widerspiegelte, eine amphibische Kreatur auf zwei Beinen mit einem blauen Cape um die Schultern. Schließlich schossen mehrere Wasserfontänen rings um Valerie in die Höhe, bis ein dunkler Schatten daraus hervortrat, den Ring aus Wasser passierte und sich neben Merrow stellte. „Der also“, brummte Anya alles andere als begeistert. Ihr gegenüber stand eine Mischung aus Amphibie und Dinosaurier. Dessen gewaltiger Kamm erstreckte sich vom Kopf abwärts hin bis zum massiven Schweif, der ganze Körper war von dunklen Schuppen bedeckt.   Evigishki Soul Ogre [ATK/2800 DEF/2800 (8)]   Sofort fühlte Anya sich an ihr Duell mit Valerie vor zwei Monaten erinnert. Damals, als die Server der AFC schlapp gemacht hatten. Dieses Ding war gefährlich! Aber plötzlich schrillten bei Anya die Alarmglocken, als sie etwas realisierte. „Hey! Du hast zu wenig geopfert, um das Drecksvieh zu beschwören! Dein Visionendingsda war nur auf Stufe 2, du musst aber mindestens-“ „Hast du es immer noch nicht gelernt?“, schnitt Valerie ihr genervt das Wort ab. Auch sie hatte ein Déjà-vu. Ein eher unerfreuliches wohlgemerkt. „Wenn ich weniger Opfer als vorgesehen erbringe, dann kannst du dir sicher sein, dass das angebotene Monster durch seinen Effekt alle Kosten auf einmal trägt. Das war damals bei [Gishki Shadow] so und ist auch bei [Gishki Vision] nicht anders.“ Anya winkte ab. „Pah! Was für ein Scheiß! Wer denkt sich so einen Quatsch aus?“ „Jemand, der mehr vom Spiel versteht als du.“ Valerie nahm ihre vorletzte Handkarte und schob sie in den Friedhofsschacht ihrer Duel Disk. „Aber so viel sollte auch dir klar sein. Wenn ich ein Gishki-Monster abwerfe, schickt Soul Ogre eines deiner Monster auf dein Deck zurück. Oder in diesem Falle Extradeck.“ Sich ihrer [Gishki Noellia] entledigt, spürte Valerie ein nahezu unheimliches Gefühl von Genugtuung in sich aufkeimen, als sie Anya ansah. Deren Augen weiteten sich, als sie erkannte, was das für sie bedeutete. „Topaz!“ „Er wird dich nicht mehr schützen können!“ Valeries Oger begann damit, Wasser von dem Ring hinter ihm einzusaugen, welches er kurzum in einem gebündelten Wasserstrahl direkt auf [Gem-Knight Topaz] abfeuerte. Dieser wurde von dem Strom glatt über das Elysion hinaus geschleudert und verschwand in der Finsternis. Anya sah ihm fassungslos hinterher.   Damit war ihre letzte Verteidigung gefallen. Sie hatte verloren.   „Wo ist jetzt deine Angeberei hin?“, fragte Valerie scharf. „Wie ist es, wenn man erkennt, dass man nicht immer gewinnen kann?“ Anya wandte sich mit hasserfülltem Blick zu ihr um. „Was soll der Mist, Redfield? Willst du dich über mich lustig machen?“ „Nein. Eher will ich wissen, wie es sich für dich anfühlt, zur Abwechslung an jemand Stärkeres geraten zu sein?“ Plötzlich lachte Anya höhnisch auf. „Was ist so lustig!?“, wollte Valerie wissen, die dieser Provokation anders als sonst nicht erhaben war. „Warum lachst du!?“ Das Mädchen ihr Gegenüber fasste sich an die Stirn und sah sie mit einem Auge überheblich, ja gar wahnsinnig an. Es jagte Valerie einen eiskalten Schauder über den Rücken. „Ach, es ist nichts Besonderes. Nur dass du denkst, du wärst die Erste, die stärker ist als ich. Das ist alles.“ „W-was soll das heißen?“ Ein fieses Grinsen breitete sich auf Anyas Gesicht aus. Plötzlich wirkte die Blondine so unmenschlich, dass Valerie vollkommen ins Stocken geriet. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in letzter Zeit gegen jemanden gekämpft habe, der schwächer war als ich.“ Das diabolische Grinsen von Anya wurde noch breiter. „Und weißt du was? Das turnt mich richtig an. Nie zu wissen, ob es gleich vorbei ist. Was der nächste Tag bereit hält. Es macht mir Angst, aber gleichzeitig ist es auch so …“ „So was? „Befriedigend.“ Anya nahm langsam die Hand von ihrer Stirn und sah gen Boden, grinste aber immer noch. „Es macht mir Spaß. Viel mehr, als irgendwelche Maden zu zerquetschen. Sag mir, Redfield, warum soll ich mich noch mit irgendwelchen Nerds und Spinnern 'rumärgern, wenn ich das hier haben kann?“ Mit einem Mal streckte Anya beide Arme zu den Seiten aus. „Dies ist jetzt meine Welt geworden. Ein Abenteuer, von dem andere nur träumen können. Es ist ein Albtraum, und ich liebe Albträume! Denn sie machen einem erst bewusst, dass man am Leben ist!“ Plötzlich verflog Anyas manischer Gesichtsausdruck, doch eine gewisse Genugtuung blieb. „Ich mag vielleicht verloren haben. Aber weißt du was? Wenn ich jetzt im Limbus lande wegen dir, bleibt mir zumindest eins. Der Nervenkitzel herauszufinden, was sich dahinter verbirgt.“   Einen Moment lang schwiegen beide. Schließlich fand die Schwarzhaarige zu ihrer Stimme zurück. „Du hast doch eine Macke, Anya. Das hier ist kein Spiel!“ „Was denn dann, Redfield? Ein Ponyhof?“ Anya spuckte auf ihr Elysion. „Nah, im Grunde könnt' ich reden wie ein Wasserfall, aber kapieren würdest du dennoch nicht, was ich damit sagen will. Warum ersparst du uns dieses ätzende Gespräch nicht einfach, indem du angreifst?“ „Ich denke, ich will gar nicht verstehen, was du da redest. Aber wenn du willst, dann erfülle ich dir diesen Wunsch. Das ist schließlich, warum ich hier bin.“ Valerie sah herüber zu ihren Monstern. Nur ein Befehl und sie würden es beenden. Sie öffnete den Mund, doch etwas in ihr hielt sie zurück.   Anya war krank. Sie schien an diesem Terror Gefallen gefunden zu haben. Wie konnte ein Mensch darin aufgehen, ständig in Angst zu leben? Valerie verstand es nicht, sie konnte das einfach nicht begreifen. Angst war das Schlimmste, was es in dieser Welt gab. Niemand wusste das besser als sie. Allein die Angst, Marc noch einmal zu verlieren, war so grauenhaft, dass Valerie am liebsten schreien wollte. Dass Anya es genoss … im Grunde empfand Valerie dafür Mitleid. Denn auch wenn Anya ein Monster war, so etwas hatte doch niemand verdient, oder? Und mit einem Schlag erinnerte Valerie sich an etwas. Vergessen geglaubte Bilder traten vor ihrem inneren Auge auf. Die Zeit mit Anya, als sie beide noch Kinder gewesen waren. Plötzlich dachte Valerie an Joan und ihre Worte. „Ich muss … wieder ich selbst werden?“, murmelte sie leise vor sich hin. Wer war sie denn zu diesem Zeitpunkt? Und wer war Anya? Die Dinge … waren anders. Joan hatte es wohl gewusst, die ganze Zeit über. Warum hat sie sonst erwähnt, dass sie sich an das erinnern soll, was sie einst geprägt hat? Ebenjene Kindheit mit Anya. Diese stand ihr mit kämpferischer Mimik von der anderen Seite des Zwillingselysions gegenüber und schien das Ende tapfer zu erwarten. Wieder öffnete Valerie den Mund, doch statt Worten, entsprangen ihrem Kopf nur Gedanken.   So habe ich dich schon oft gesehen. Viel zu oft, Anya. Weißt du noch, damals? Als wir noch klein waren, im Kindergarten, da war ich immer alleine. Keiner mochte mich, weil ich aus einer wohlhabenden Familie stammte und immer das bekam, was ich wollte. Und wenn ich versuchte zu teilen, dachten die anderen Kinder, ich würde mir ihre Freundschaft erkaufen wollen. Was ich ihnen aus heutiger Sicht nicht verübeln kann, es stimmte schließlich. Sie begannen mich zu ärgern, nahmen mir mein Spielzeug weg und machten sie vor meinen Augen kaputt. Und sie beleidigen meine Familie, meinen Vater, weil er alleine war. Sie zogen mich auf, weil meine Mutter kurz nach meiner Geburt gestorben war, lachten über meine Großmutter, die mit dem Krebs zu kämpfen hatte, aber zu stolz war, um ihre ausgefallenen Haare mit einer Perücke zu verstecken. Sie waren auf ihre Art grausamer als jeder Erwachsene es je hätte sein können. Bis du dich zwischen die Fronten gestellt hast. Ich kann nur raten warum, aber ich schätze, du kanntest das Gefühl, ohne ein Elternteil aufzuwachsen. Dein Vater hatte sich ja zur gleichen Zeit von deiner Mutter geschieden und ist mit deinem Bruder umgezogen. Nicht ertragen könnend, dass ich deswegen aufgezogen wurde, hast du die Aufmerksamkeit der anderen auf dich gezogen. Um allen zu beweisen, wie stark du bist. Deswegen hasst du mich auch, nicht wahr?   Denn während du Tag für Tag meine Peiniger in Schach gehalten hast, habe ich mich mit anderen Mädchen anfreunden können. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich deine Hilfe nicht mehr brauchte, weil es niemanden mehr gab, der auf mich herabsah. Wir beide hatten bis dato nie auch nur ein Wort miteinander gewechselt, manchmal glaubte ich, du hast dich wirklich nur des Spaßes wegen geprügelt. In deinen Augen habe ich nie existiert, sondern nur der Sachverhalt. Dachte ich. Aber ich habe nicht realisiert, dass es deine Art gewesen ist, mit mir eine Freundschaft schließen zu wollen. Und als die Basis, auf der sie beruhen sollte, fort war … warst auch du fort. Das begreifend, habe ich es gewagt, dich anzusprechen. Dir zu danken und dir meine Freundschaft anzubieten. Aber du hast mich abgewiesen und seitdem war ich immer deine Erzrivalin. Ich verstand nicht, warum du das getan hast. Welchen Fehler ich begangen habe, um mir deine Feindseligkeit zu verdienen. Und du hast es bestimmt vergessen, weil es so lange her ist. Oder verdrängt. Ich kenne schließlich keinen Menschen, der so nachtragend ist wie du, selbst wenn es nur um Trivialitäten geht. Diese Feindseligkeit hat viele Jahre später dazu geführt, dass du vor meinen Augen die mir wichtigste Person umgebracht hast. Zumindest wollte ich das glauben, deinem miesen Charakter die Schuld geben. Aber du hast es nicht getan, weil du es wolltest, nicht wahr? Sondern weil du verletzt warst, da auch du Marc sehr geliebt haben musst. Und wenn ich jetzt ehrlich bin, hätte ich an deiner Stelle genauso gehandelt. Aus Angst zu sterben. Aber welche Ängste musst du Tag für Tag durchlebt haben, seit du den Pakt mit Levrier geformt hast?   Valerie senkte ihren Kopf und betrachtete ihre Hand.   So sehr ich dich versuche zu hassen für all deine Fehler, deine Taten und deine Respektlosigkeit gegenüber anderen, kann ich diesen letzten Angriff nicht mehr durchführen. Weil es teilweise meine Schuld ist, dass du so geworden bist. Hätte ich damals den Mut gehabt mit dir zu reden, dir rechtzeitig zu danken, wären wir vielleicht Freundinnen geworden. Ich hätte dich davor bewahren können, die Außenseiterin zu werden, die du jetzt bist. Und davor, jetzt aus Angst deine Kraft zu beziehen. Stattdessen habe ich in deinem Schatten gelebt, der mich vor der glühenden Sonne beschützt hat, damit ich die angenehmen, warmen Strahlen genießen konnte. Und während du über all die Jahre bis zum heutigen Zeitpunkt so furchtbar nervtötend warst …   „... war ich immer nur neidisch auf dich.“ „Huh?“ Anya blinzelte verdutzt. „Was geht denn bei dir ab, Redfield? Bist du zu feige, es zu einem Ende zu bringen!?“ Valerie sah Anya mit forschender Mimik an. „Was lässt dich das glauben?“ „Du siehst aus, als ob du gleich losflennst.“ Anya zuckte genervt stöhnend mit den Schultern. „Aber fein, ich akzeptiere meine Niederlage, wenn's denn unbedingt sein muss! Mach endlich, ich habe mich sowieso längst damit abgefunden, in diesem Limbus-Ding zu verrecken!“ Was tatsächlich alles andere als der Wahrheit entsprach. Aber die Blöße wollte Anya sich nicht geben, nicht vor Valerie Redfield, die dafür verantwortlich sein würde! Andererseits hätte es auch einen Vorteil, jetzt zu verlieren. Nur einen einzigen, das Ende der Lüge …   Neidisch, weil du trotz der Steine, die du dir selber in den Weg legst, daraus immer eine Straße geschaffen hast. Weil deine Kraft schier unbegrenzt scheint, wenn es darum geht, deinen Willen durchzusetzen. Aber heißt das nicht auch, dass deine Angst so groß ist? Du hast wirklich vergessen, was damals zwischen uns geschehen ist, nicht wahr? Du bist einfach weitergegangen, ohne je zurück zu sehen. Geblieben ist nur der Groll selbst, an dessen Ursprung du dich nicht mehr erinnern kannst. Ich aber nicht, Anya, ich habe es nicht vergessen. Und ich will immer noch deine Freundin sein. Um meine Schuld bei dir zu begleichen und meine Sünden wieder gut zu machen. Joan hatte die ganze Zeit recht. Meine Rache war nur eine Entschuldigung, um den vielen schwereren Konflikten aus dem Weg zu gehen. Du hast meinen Verlobten getötet, aber du warst es nicht, die diesen Kampf angezettelt hat. Ich hätte eingreifen müssen, als Marc sich verändert hat. Du bist letztlich nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Also … vielleicht können wir wirklich noch Freundinnen werden, egal was in letzter Zeit zwischen uns geschehen ist. Wenn du ebenfalls aufhörst, vor deinen inneren Konflikten davon zu rennen.   Valerie hob den Arm an.   Aber noch nicht jetzt. Nicht heute. Wir sind beide noch nicht bereit dazu. Erst musst du zurückbekommen, was du damals verloren hast. Etwas, das dir vielleicht schon gefehlt hat, bevor Levrier in dein Leben trat, gar bevor wir uns kennengelernt hatten. Was das ist, weiß ich nicht. Dabei helfen, es zurückzubekommen, kann ich auch nicht. Das Teil des Puzzles, das dir fehlt, kannst du nur in dir selber finden. Zumindest möchte ich das glauben. Und ich möchte glauben, dass du es ernst meinst. Uns nicht für deine eigenen Zwecke opfern willst. Joan hat an dich geglaubt. Also werde ich es auch tun. Auch wenn es mir sehr schwer fällt. Dafür brauche ich Zeit. Was ich jetzt weiß ist, dass Anya Bauer, du, menschlicher bist als man es dir jemals zutrauen würde. Aber solange du das selber nicht erkennst, müssen wir Rivalinnen bleiben. Damit du weitergehen kannst, bis du weißt, wohin die Reise führen soll.   „Ich gebe auf“, verkündete Valerie mit erhobenem Haupt. „Wie jetzt!?“, schoss es aus Anya heraus. „Hast du etwa deine Tage, Redfield!? 'nen Football an den Kopf bekommen – ich war's nicht! Leider … ! Was soll der Kackmist auf einmal!?“ „Mir hätte klar sein müssen, dass die Chancen dieses Duells völlig unausgeglichen waren. Joan allein ist stärker als ihr beide zusammen gewesen.“ Die Schwarzhaarige drehte ihrer Gegnerin den Rücken zu. „So ehrlos zu gewinnen ist nicht mein Stil. Schließlich habe ich Joans Kraft, aber du?“   Und schlimmer, ich bin verantwortlich dafür, dass sie nun fort ist. Ich habe sie dazu breitgeschlagen mir zu helfen. Das auf dich abzuwälzen wäre ungerecht. Für meinen Durst nach Rache wurde ich schwer bestraft und ich denke, meine Lektion habe ich gelernt. Für dieses eine Mal … lasse ich es gut sein, Anya. Aber wenn dies nicht noch einmal geschehen soll, musst du mir beweisen, dass du nicht so niederträchtig bist, wie es im Moment den Anschein hat.   [Anya: 800LP //// Valerie: 2900LP → 0LP] Anya lief rot an. Vor Wut. Rasender, unbändiger Anya Bauer-Premiumwut. „Tickst du noch ganz sauber!? Ich brauche deine Gnade nicht, du dämliches Miststück! Wir setzen das hier fort, klar!? Einer gegen einen, damit wir sehen, wer wirklich die Hosen anhat!“ „Kein Interesse“, winkte Valerie ab, drehte ihr den Rücken zu. Mit dem Anflug eines herausfordernden Lächelns. „Überlebe erstmal den morgigen Tag, dann können wir darüber reden, dies hier zu wiederholen.“ Auch wenn ich nicht weiß, wie ich dir dabei helfen soll.   „H-heißt das, du willst mir-!?“ Anya verstand die Welt nicht mehr. „Redfield, du hast deine Tage, oder!? Bist du so ausgelaufen, dass dein Hirn unterversorgt ist!? Die ganze Zeit redest du davon, mich zu-“ Weiter kam sie jedoch nicht. Plötzlich fing das Elysion an zu erbeben. Die beiden Elysien, die miteinander verbunden waren, begannen sich von einander zu trennen und wegzubewegen. Über die Schulter sah Valerie ein letztes Mal zu Anya herüber, die ihr ganz verdattert nachschaute. „Doch Anya, du brauchst meine Gnade.“ „Du elende-!“ Ehe Anya jedoch weitere wüste Beschimpfungen von sich geben konnte, zerbrachen beide Elysien gleichzeitig. Die Mädchen fielen in die tiefe Dunkelheit und drifteten soweit auseinander, dass sie letztlich aus dem Blickfeld der jeweils anderen verschwanden.   ~-~-~   Mit einem Satz richtete die Blondine sich keuchend auf. Sie war hellwach und fasste sich an die Stirn. „Verdammter Mist, wieso gerade jetzt!?“ Plötzlich spürte sie, wie etwas auf ihre Oberschenkel sprang. „Mon Amour! Wir haben überlebt, wir haben überlebt!“, trötete Orion mit strahlenden Augen und kuschelte sich an Anyas Bauch. Und wurde infolge dessen mit einem wütenden Aufschrei durch den Flur geworfen. „Finger weg, du notgeiler Scheißhaufen!“, keifte Anya und sah Orion hinterher, der gegen die Tür am Ende des Flurs knallte. Sie blinzelte zweimal verdutzt. „Oh, jetzt wo du's sagst, du lebst noch?“ „I-ich weiß zwar nicht, was du damit meinst, aber die Chancen stehen gut, dass er es jetzt nicht mehr tut.“ Anya sah zur Seite und bemerkte, dass auch Nick und eine um Orion besorgte Abby da waren und neben ihr knieten. Ihre Freundin betrachtete sie kritisch. „Wieso sollte Orion tot sein? Wobei ich ja zugeben muss, dass ich mich ganz schön erschrocken habe, als er plötzlich einfach auf dir drauf lag.“ „Wieso darf Orion -da- liegen und ich nicht?“, jammerte Nick weinerlich. Anyas Blick verfinsterte sich. „... wo genau?“ „... sie ist weg.“   Die Drei drehten sich überrascht zur Tür um, wo auch Valerie wieder zu Bewusstsein gekommen war. Die betrachtete ihren Arm betrübt, das mit ihrem verblassten, blauen Mal versehen war. „Joan ist fort.“ „Tch, komm drüber hinweg. Die wichtigere Frage ist doch, warum die Pornozwiebel noch da ist!“ Mit einem Satz sprang Anya auf und schritt auf Valerie zu, starrte feindselig auf sie herab. „Wir haben immer noch nicht geklärt, was das eben sollte!“ Das gesagt, reichte die Blondine ihrer Erzrivalin plötzlich die Hand. Valerie, die so eine Geste ausgerechnet von einer Anya Bauer nie erwartet hätte, griff zu, solange das Angebot stand und ließ sich aufhelfen. Wenn auch die Befürchtung vorhanden war, auf halbem Weg nach oben aus purer Boshaftigkeit wieder losgelassen zu werden – was Anya anscheinend nicht in den Sinn gekommen war. „Also“, dröhnte ihr Gegenüber maulig, „wieso hast du-“   Anya wurde jedoch vorzeitig unterbrochen, als es unerwartet an der Tür klingelte. „Wer ist das?“, wunderte sich Abby und nahm eine lockere Haltung an. Sie hatte fast befürchtet, dass Anya Valerie jeden Moment 'eine reinwürgen' würde, um es mit Anyas Sprache auszudrücken. „Vielleicht Anyas Mum? Wer weiß, wo sie sich herumgetrieben hat, die olle Milf“, gluckste Nick und bekam umgehend eine Kostprobe davon, wie Abby mit ihrer Hacke versuchte, anderer Leute Zehen zu brechen. „Sei nicht so respektlos, Nick!“ „AU! Heute ist echt verdrehte Welt. Anya ist nett-“ Der Todesblick ließ Nick jedoch sofort verstummen. „Nicht-die-vier-Buchstaben! … und danke, Abby. Den Move muss ich mir merken.“ Jene legte spaßeshalber ihre flache Hand an die Schläfe. „Immer zu Diensten, Sir!“ Als es schließlich nochmal klingelte, trat Anya zur Tür und nahm den Griff in die Hand. „Als ob meine Mum klingeln würde! Und was soll das heißen, 'Milf'!?“ „Es ist bestimmt Marc“, meinte Valerie mit abgewandtem Blick, „man muss kein Genie sein um zu erahnen, wo ich um diese Uhrzeit groß sein könnte …“ „Tch! Wer immer es ist, wird es bereuen, so spät noch zu stören“, zischte Anya wütend und riss die Haustür auf. „Ich kaufe nichts von Pe-“   „Anya Bauer?“, fragte eine junge Frau in dunkelblauer Uniform. Hinter ihr stand ein etwas größerer, dunkelhaariger Mann, ebenfalls uniformiert. Die Polizei. Anya blieben die Worte im Halse stecken. Sie nickte nur knapp. „Wir haben vor etwa einer Stunde einen Anruf erhalten“, sprach die rothaarige Polizistin mit ernster Stimme weiter. Dem Mädchen sackte das Herz in die Hose. Ihre Mutter war noch nicht zurück, obwohl es schon nach 10 Uhr war. So spät war sie noch nie auf der Arbeit geblieben! Kein Unfall! Lass es kein Unfall sein!   Mit einer unbeholfenen Geste lud Anya die beiden ein, doch die Frau schüttelte den Kopf. „Anya Bauer, gegen Sie liegt aufgrund des Verdachts der mehrfachen Brandstiftung ein Haftbefehl vor. Wir bitten Sie, friedlich …“   Doch Anya hörte nicht mehr hin, wie die Polizistin ihre Standardphrasen herunter leierte. Haftbefehl? Gegen sie!? Brandstiftung!? Das war doch völliger Schwachsinn, sie hatte nie-!   Irritiert wandte sie sich zu den anderen um, die nicht weniger erschrocken im Flur warteten. Der Brand im Park! Das … die dachten, das war ihre Schuld! Aber wieso jetzt auf einmal!? Die Polizistin packte Anya am Arm. „Kommen Sie bitte mit uns. Und keine Gegenwehr. Ich kenne Ihre Akte und möchte Sie ungern unter Anwendung von Gewalt abführen.“ Anya nickte betreten, ihr Kopf wollte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Dabei war die Situation an sich nichts Neues für sie. Aber dieses Mal war es anders. Sie hatte Angst. Der Turm von Neo Babylon würde bald erscheinen, es war keine Zeit, jetzt in einer Zelle zu versauern! Aber wie sollte sie das verhindern!? Levrier war fort! Und mit ihm die Kontrolle über ihre Kräfte, das wusste Anya genau. Und wenn sie sich jetzt mit diesen Typen anlegte, würde das alles nur viel schlimmer machen. Die hatten Waffen! Sie drehte sich um, als die beiden Polizisten sie flankierten und zu ihrem Wagen führten. Ihr flehender Blick half jedoch nichts, keiner ihrer Freunde sagte auch nur ein Wort, wagte es nicht, etwas gegen die Verhaftung zu unternehmen. „Kümmert euch um das Haus, 'kay?“, war der wohl absurdeste Gedanke, den sie fassen und auch formulieren konnte. Dann wurde sie am Kopf gepackt und auf die Rückbank des Streifenwagens gezwängt.   Valerie hatte doch wahr gemacht, was sie angekündigt hatte …     Turn 31 – November 11th Noch fassungslos von den jüngsten Ereignissen, wird Anya in eine Zelle des Police Departements gesperrt und damit konfrontiert, so kurz vor dem Ziel gescheitert zu sein. Derweil erfahren Abby und Nick, wer wirklich hinter dem Anruf steckt. Woraufhin sie verzweifelt zum Police Departement eilen, um Anya zu befreien. Gleichzeitig beginnen sich die Vorgänge rund um den Turm von Neo Babylon endlich in Gang zu setzen. Und als es scheinbar keinen Ausweg mehr gibt, unternehmen die beiden einen verzweifelten Versuch, die Dinge zu richten – mit fatalen Folgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)