Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 3: Turn 03 - Hunter --------------------------- Turn 03 – Hunter     „Du bist schuld! Warum hast du nichts getan, um mir helfen? Du hast mich im Stich gelassen!“ Anya schüttelte aufgeregt den Kopf. „Nein, ich habe versucht-“ „Du hast zugesehen, wie ich sterbe! Du wolltest es so!“, schrie die schrumpelige Leiche und legte ihre Hände um Anyas Hals. Die kämpfte gegen das Gerippe, von dem schlaff die verkohlte Haut herunterhing, doch dem Würgegriff hatte sie nichts entgegenzusetzen. Sie war zu schwach! „Jetzt sollst du sterben!“, tönte die bis zur Unkenntlichkeit vertrocknete Kreatur. „Es tut mir leid“, beteuerte Anya röchelnd. Es waren aufrichtige Worte, doch sie wusste, dass sie den Toten niemals besänftigen konnten. Plötzlich packte der ihren Kopf und brach ihr mit einem Ruck das Genick.   Anya schreckte aus ihrem Traum auf. Sie war schweißnass. Wieder hatte sie davon geträumt, dass dieses Ding sie aus grundloser Rachlust umbrachte. Was für ein Bullshit! Das Mädchen fühlte sich nicht im Geringsten für das verantwortlich, was dem Kerl widerfahren war. Im Gegenteil, sie hatte ihn entdeckt, als er schon tot war. Wie hätte sie da noch helfen können!? Müde schlug sie die Decke beiseite und setzte sich an den Rand ihres Betts. Sich den Schlaf aus den Augen reibend, hatte sie das Bild der Leiche auf der Straße vor ihrem inneren Auge. Mittlerweile wusste die Polizei, wen man dort gefunden hatte: Jonathan. Er war aus Victim's Sanctuary ausgebrochen und hatte letztlich sein Leben verloren. Todesursache unbekannt. Ein schlechtes Gewissen keimte in Anya auf, hatte sie noch kurz vor seinem Tod sich ebenjenen gewünscht. Doch sie verdrängte den Gedanken mit aller Kraft. Es war nicht ihre Schuld gewesen! Der Idiot hätte eben besser auf sich aufpassen müssen.   Verschlafen stand sie auf, gähnte und streckte sich dabei in ihrem weißen Pyjama. Wie sie es hasste, wenn ihre Laune schon vor dem Frühstück so schlecht war, dass nicht einmal ein Unfall, in den Valerie Redfield involviert war, sie aufheitern konnte. Vielleicht sollte sie heute einfach nicht zur Schule gehen? Aber bevor sie das entschied, würde sie erst einmal ausgiebig duschen.   ~-~-~   Besorgt betrachtete Sheryl ihre Tochter und nahm einen Schluck aus dem Kaffeebecher in ihrer Hand. Das Mädchen saß mit verschränkten Armen vor ihr am Frühstückstisch und behauptete allen Ernstes, dass sie Fieber hatte und im Bett bleiben musste – obwohl sie kerngesund aussah und sich auch dementsprechend verhielt. „Ich verstehe ja, dass dich die Sache mitgenommen hat. Aber die Schule zu schwänzen wird dir nur schaden. Du solltest wirklich einmal mit der Polizeipsychologin sprechen, vielleicht-“ „Gar nichts verstehst du! Ich bin krank, okay? Körperlich. Sonst geht’s mir gut. Ich muss nicht zu irgendeiner Schnepfe, die mir weismachen will, dass es in meinem Kopf nicht ganz rund läuft!“ „Anya, solche Redensarten verbitte ich mir!“ Sheryl sah ihre Tochter finster an. „Du wirst in anderthalb Jahren 21, dann bist du erwachsen und kannst tun, was immer du willst. Aber solange du minderjährig bist und deine-“ „... Füße unter meinem Tisch steckst, bin ich der Boss“, beendete sie die Predigt ihrer Mutter vorschnell. „Ja, ja, ich weiß.“ „Ganz genau!“ Die dunkelblonde Frau mit der Dauerwelle nickte. „Und jetzt reiß dich zusammen, es ist nur Schule. Wenn du hier bleibst, wirst du nur immer wieder darüber nachdenken. Du brauchst Abwechslung. Also geh schon.“ Sie stellte ihre geleerte Tasse auf dem Tisch ab und erhob sich. „Ich muss jetzt ins Büro. Höre ich auch nur ein Wort davon, dass du heute nicht zum Unterricht erschienen bist, kannst du mit Stromentzug rechnen!“ Stromentzug, Sheryls Alternative zum Hausarrest. Da der sich in der Vergangenheit als ineffektiv erwiesen hatte, musste sich Anyas Mutter etwas anderes einfallen lassen, um ihre Tochter unter Kontrolle zu halten. Und da war ihr die Idee gekommen, sämtliche für Anya relevanten Sicherungen zu verstecken, wenn jene etwas ausgefressen hatte. Da sie in ihrer Freizeit sowieso fast den ganzen Tag vor Fernseher, PC oder Spielkonsolen hing, traf sie das viel härter als es Hausarrest je könnte. „Okay“, brummte Anya. „Dann viel Spaß bei der Arbeit.“ Die beiden verabschiedeten sich wortkarg voneinander, ehe Sheryl sich ihre Jacke überwarf. Sie ahnte bereits, dass sie heute Abend einen Anruf von der Schule erhalten würde, als sie das Haus verließ.   ~-~-~   „Verdammter Kackmist!“, zischte Anya und bemühte sich, dabei leise zu sein. Natürlich gelang ihr dies nur unwesentlich, sodass sich ihr Chemielehrer, Mr. Maverick, laut räusperte. „Sorry“, brummte die Blondine widerwillig. Sie saß zusammen mit Abby und Nick an einem der langen weißen Arbeitstische, achtete aber kaum auf ihren Lehrer, der das Experiment für die nächste Stunde bereits beschrieb. „Bist du dir sicher?“, hakte Anya bei Abby nach, die gebannt ihren Lehrer anstarrte. Die nickte nur und gab in ihrem gewohnten Singsang nur „Mhhhmmm“ von sich. Vor Wut schlug Anya die Faust auf den Tisch. Hätte sie doch bloß nicht Abby darum gebeten, sich wegen der letzten Fallenkarte von Valerie zu erkundigen, [Poseidon Wave]. Nun wusste Anya, dass diese Karte das Duell zugunsten von diesem Miststück entschieden hätte. Und das nur, weil sie auf den billigen Provokationsversuch von Valerie hereingefallen war und angegriffen hatte!   „Anyaaaaa, Abbyyyyy“, tönte Nick plötzlich und deutete auf die Tafel. „Ich versteh das nicht.“ Anya klatschte die Hand vor den Kopf. „Idiot! Da steht doch auch gar nichts!“ „Doch nicht die Tafel. Der da.“ Verstohlen linste die Blondine in die Richtung, die Nick ihnen zeigte. Direkt vor der Tafel. Mr. Maverick konnte er nicht meinen, denn der palaverte fröhlich über diverse Ethanochwas und stand mindestens fünf Meter von der Tafel entfernt vor seinem Lehrertisch. „Was siehst du denn da, Nick?“, wollte Abby verwirrt wissen. „... ach nichts. Hab mich geirrt.“ Nick ließ den Kopf hängen und starrte auf seine Aufzeichnungen des Unterrichts, beziehungsweise die leeren Blätter, die es hätten sein müssen. „Das war komisch, selbst für seine Verhältnisse“, flüsterte Abby in Anyas Ohr, die zustimmend brummte. Andererseits war ihr Freund so intelligent wie eine Klobürste – sah jener nebenbei auch noch erschreckend ähnlich – weshalb seine Ausbrüche nicht weiter bedenklich waren.   „Mr. Maverick?“ Die Hand einer blondgelockten Mitschülerin zwei Bänke hinter Anyas Gruppe schnellte hoch. „Ja bitte, Willow?“ „Mir ist schlecht. Ich glaub, irgendwas von dem Mittagessen ist mir nicht bekommen …“ Der Chemielehrer blinzelte nachdenklich. Dann sagte er: „Dann gehen Sie in den-“ Doch Willow kippte ohne Vorwarnung von ihrem Stuhl und blieb regungslos liegen. Sofort sprangen ihre Nachbarn auf. Einer legte seine Hand auf ihre Stirn und rief: „Sie hat ja hohes Fieber!“ Da polterte es und ein Schüler in der ersten Reihe war ebenfalls kollabiert. Und während die halbe Klasse versuchte, sich um die zwei Kranken zu kümmern, stemmte Anya ihre rechte Faust gegen die Wange und stöhnte. „Man, ich hätte heute echt zuhause bleiben sollen.“ „Anya, der Staat hat uns die Möglichkeit der Bildung gegeben. Dafür sollte man dankbar sein und nicht die Schule schwänzen!“, beklagte sich Abby. „Stimmt's Nick?“ Der brünette junge Mann aber gab keinen Ton von sich, sondern schlummerte mit auf den Armen liegendem Kopf am Arbeitstisch. Abby seufzte schwer. „Weiß denn niemand die Dinge zu schätzen, die uns gegeben sind?“ „Typisch Nick“, meinte Anya dazu nur. Wenn der Trottel nicht mindestens einmal pro Tag im Unterricht einschlief, stimmte etwas nicht. Und es war ihr immer ein diebisches Vergnügen, ihn unsanft aus seinen Träumen zu wecken. So versetzte sie ihm einen Schlag gegen den Hinterkopf. „Hey aufwachen, du Napfsülze!“ Nick rührte sich nicht. Anya blinzelte verdutzt. „Hab ich nicht doll genug zugeschlagen? Das funktioniert doch sonst immer.“ Also probierte sie es noch einmal, kräftiger. Abby indes beschlich ein besorgniserregender Verdacht. Und kaum hatte sie seine Stirn berührt, wurde dieser bestätigt. „Anya! Der ist ja kochend heiß!“ Die Blondine klatschte sich die Hand gegen die Stirn. „Das wird ja immer besser …“   ~-~-~   Mit verschränkten Armen stand Anya vor Nicks Krankenbett. Sie beneidete den Trottel. Der konnte den Unterricht verpennen, während sie sich noch ganze zwei Stunden langweilen durfte. „Schon wieder einer“, sagte Abby bedrückt und deutete zur Tür. „Der Neunte innerhalb von einer halben Stunde.“ Zwei Lehrkräfte schulterten einen bewusstlosen Jungen und legten ihn auf dem Bett ab, das direkt neben dem von Nick stand. Die Ärztin, Doctor Warren, zog mit besorgter Mimik die Vorhänge zwischen den Betten zu, damit man nicht sah, was mit dem Jungen geschah. Anya grinste plötzlich schadenfroh. „Hey, wenn das so weitergeht, können wir den Unterricht knicken! Wegen Epidemie oder wie der Mist heißt!“ „Nick ist schwer krank und du denkst an so was?“ Wie Anya diesen vorwurfsvollen Tonfall ihrer Freundin hasste. „Was denn? Der kommt schon wieder auf die Beine. Wieso sich nicht über die kleinen Dinge im Leben freuen? Sagst du doch selbst andauernd!“ „SO hatte ich das aber nicht gemeint!“ Plötzlich tauchte Doctor Warren in ihrer Nische auf, sodass die beiden Mädchen sich zu ihr umdrehten. „Habt ihr heute etwas aus der Kantine zu euch genommen?“ Beide schüttelten die Köpfe. Anya meinte patzig: „Ich esse so gut wie nie den Fraß, der hier angeboten wird! Ich hänge schließlich an meiner Gesundheit!“ „Ich nehme nur Bioprodukte zu mir“, beteuerte Abby abweisend. „Eier von glücklichen Hennen, Milch von glücklichen Kü-“ „Sieht ganz nach einer Lebensmittelvergiftung aus“, unterbrach die Ärztin sie barsch. „Es ist zwar ungewöhnlich, dass die Betroffenen ohnmächtig werden, aber anscheinend war eine Lieferung von Pilzen aus Europa nicht mehr frisch. Falls ihr Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Magenkrämpfe habt, kommt sofort zu mir.“ Schon war sie wieder verschwunden, um sich anderen Patienten zu widmen. „Jaaaaa“, höhnte Anya lauter, als nötig gewesen wäre. „Wenn ich ohnmächtig werde, mache ich mich sofort auf den Weg hierher. Was für'n Scheiß!“ „Und was machen wir jetzt?“ Abby warf einen besorgten Blick auf Nick. „Na was wohl? Ich haue ab. Keine Lust, mir irgendwelche Bazillen einzufangen. Schönen Tag noch.“ Voller Unmut verließ Anya mit geschultertem Rucksack die Krankenstation und durchschritt den anliegenden Gang. Durch seinen orangefarbenen Anstrich wirkte er freundlich, was in Anya regelrecht Übelkeit hervorrief, wann immer sie ihn durchquerte. Verschiedene Türen zu Lagerkammern und Aufenthaltsräumen gingen von beiden Seiten des Ganges ab, doch Anyas Blick war stur geradeaus gerichtet. So blieb die Gestalt eines großen Mannes mit rabenschwarzem, langem Haar unbemerkt, welcher das Mädchen aus dem Türspalt eines leeren Büros heraus beobachtete. Indes eilte Abby Anya hinterher und packte sie an der Schulter. Die Blondine drehte sich reflexartig um und verdrehte Abby dabei regelrecht den Arm. „Man Masters, was soll der Scheiß? Fass-mich-nie-von-hinten-an, wenn dir dein Leben lieb ist!“ Abby, froh dass Anya sie sofort wieder losließ, antwortete verärgert: „Du sollst mich nicht beim Nachnamen nennen, das weißt du!“ „Ja, ja, ja, sorry. Was willst du denn noch?“ „Du kannst doch Nick nicht einfach dort liegen lassen!“ Anya runzelte die Stirn. „Wieso nicht?“ Empört stemmte Abby die Hände in die Hüften. „Weil er auch an deinem Bett gestanden hat, als du bewusstlos warst. So etwas machen Freunde füreinander.“ „Na dann geh und wache über seine idiotischen Träume!“ Sie machte mit den Händen eine verscheuchende Geste. „Gusch! Ich hab nämlich Besseres zu tun! Meine Gilde bereitet nämlich zur Zeit einen Raid vor und das will ich nicht verpassen.“ „Ohhhh, Anya, manchmal bist du wirklich ein Ekel!“ So wütend erlebte man Abby selten. Sie machte auf der Stelle Kehrt und ließ ihre Freundin ohne ein weiteres Wort zurück. Zu schade, dass ihr das völlig schnuppe war, dachte Anya sich grimmig. Stattdessen setzte sie ihren Weg fort und gelangte schließlich zum Hauptausgang des Gebäudes. Und kaum hatte Anya ihren Fuß über die Schwelle gesetzt, geschah etwas Unvorstellbares. Ein rosafarbenes Licht breitete sich rund um sie herum aus und umfasste das ganze, weite Campusgelände. Anya zwinkerte ungläubig und schritt planlos vorwärts. Eben noch hatte eine Schar Schüler unweit von ihr gestanden, nun waren sie fort. Verwirrt blickte sie zum großen Torbogen. Dahinter lag keine Straße mehr, sondern … Nichts. Rosafarbenes Nichts. Sie blickte nach oben. Der Himmel sah genauso aus. Als gäbe es nur noch die Schule samt Gelände in einer ansonsten leeren Welt. Und sie hasste die Farbe rosa mehr als alle anderen. War sie durch ein geheimes Tor in die Hölle geschritten, oder was war hier los!? „Okay, was soll der Scheiß?“, rief sie in ihrer Aufregung lautstark. „Ist das hier ein Scherz oder so was? Wenn ja, kommt ruhig raus, ich krieg' euch ja doch! Macht es kurz, dann dürft ihr wenigstens eure Särge aussuchen, bevor ich eure Lebern auf dem Schwarzmarkt verkaufe!“ Keine Antwort. Anya begab sich zu der großen Eiche nahe der Sporthallen, wo Valerie vor ein paar Tagen den Boden mit ihr gewischt hatte. Wenn sie nur daran dachte, kam ihr die Galle hoch. Sie sah sich um. Vor dem Gebäude der Unterstufe war niemand, auf dem Gelände auch nicht – nirgendwo. Die Welt war wie ausgestorben. Na toll! Jetzt hatte sie schon Halluzinationen, obwohl sie diese doofen Pilze gar nicht angerührt hatte!   Die Aula!   „Häh?“ Das konnte nicht sein! Nicht schon wieder!   Er ist in der Aula! Beeile dich, Anya Bauer!   Sie wollte fragen, ob Levrier zu ihr sprach, aber ließ es letztlich bleiben. Denn falls doch jemand hier war und hörte, wie sie zu ihren Hirngespinsten sprach, würde sie diese Person leider töten müssen. Sie hatte einen schlechten Ruf – auf den sie übrigens sehr stolz war – zu verlieren! Dennoch. Diese Stimme hätte sie unter hunderten wiedererkannt. Es war eindeutig Levrier … aber was wollte er ihr sagen? Und wieso war er noch da? Und warum zur Hölle hatte er die Nerven, ausgerechnet -ihr- auf den Leim zu gehen!? „Ach scheiß drauf!“ Es war ja doch nur ihre Fantasie, die sich einen Scherz mit ihr erlaubte. Trotzdem war ihre Neugier geweckt. Wenn hier sowieso nichts los war, konnte sie genauso gut in die Aula gehen. Also steuerte sie auf das Backsteingebäude zu, welches sie soeben erst verlassen hatte.   ~-~-~   Anya drückte eine der Doppeltüren auf und trat in den riesigen, rechteckigen Saal ein. Über ihr lag ein Balkon mit einer Loge, welcher vom zweiten Stock aus erreichbar war. Die längliche Aula war wie eine Galerie angelegt, zu beiden Seiten ragte je ein halbes dutzend großer Fensterbögen fast bis zur Decke. Während Anya an den Reihen der aufgestellten Stühle vorbeizog, fiel ihr Blick auf die angehobene Bühne, die für Aufführungen oder Reden verwendet wurde. Dort stand ein Mann, den sie nicht kannte, und schien bereits auf sie zu warten. Und er war nicht allein. Abby und Nick, sie … hingen aus Kreuzen aus purem Licht, waren wie festgenagelt? Und schwebten dabei über dem Boden? „Alter Falter“, schoss es ehrfürchtig aus Anya heraus. „Geiler Effekt!“ „Danke“, hallte die schneidende, tiefe Stimme des Fremden durch die Halle.   Als Anya die Hälfte des Saals durchquert hatte, konnte sie ihn auch endlich besser erkennen. Sein Haar war ziemlich lang, schwarz und einige Strähnen waren zu einem komplizierten Zopf gebunden, den er über der rechten Schulter trug. Stechend grüne Augen starrten sie an, und wäre sein Gesicht nicht von etlichen Brandnarben gezeichnet, wäre er vielleicht sogar ganz attraktiv, überlegte Anya. „Okay Kumpel, was ist das hier?“, fragte sie lässig und deutete auf ihre bewusstlosen Freunde. „Oh, die? Wäre es vermessen zu sagen, dass sie als Dekoration fungieren?“ Er lachte beißend und trat einen Schritt nach vorn. Sein roter Ledermantel und die darunter liegende, schwarze Kleidung ließen ihn ein wenig wie Vincent Valentine aus Final Fantasy VII aussehen – aber Anya hasste dieses Spiel. Also hasste sie auch diesen Kerl. „Darf ich mich zunächst vorstellen?“, fragte er höflich und verneigte sich. „Mein Name ist Alastair. Dämonenjäger von Beruf.“ „Du bist nicht zufällig aus Victim's Sanctuary ausgebrochen, oder?“ Anya kratzte sich am Kopf. Was für ein Spinner war das denn? „Oh? Mitnichten. Aber ich habe ein schwarzes Schaf von seinem Leiden erlöst. Ich glaube, er war von dort entflohen. Wie war sein Name doch gleich? Jonathan?“ Anya traute ihren Ohren kaum. „Was willst du damit sagen, Fusselbirne? Jonathan ist tot!“ Ein widerliches Lächeln huschte über seine schiefen Lippen. „Und was glaubst du, wer ihn umgebracht hat? Sein Mörder? Nein, das wäre der falsche Begriff. Sein Erlöser, er steht direkt vor dir.“ „Ha ha, der war gut. Mal im Ernst, Narbengesicht, was soll der Scheiß? Wieso hängen meine Freunde dort?“ Sie zeigte auf Abby und Nick, die regungslos an ihren Lichtkreuzen in der Luft schwebten. Die Augen des selbsternannten Dämonenjägers blitzten gefährlich auf. „Sie sind der Einsatz. Dein Einsatz, wie ich hinzufügen möchte.“ „Für was?“ Was laberte der Kerl da bloß, fragte Anya sich. „Halt mich nicht zum Narren, dämonische Brut!“, donnerte er plötzlich mit solcher Inbrunst, dass das Mädchen ungewollt zusammenzuckte. „Solange noch ein Fünkchen Menschlichkeit in dir steckt, wirst du nicht zulassen, dass ich deine Freunde töte. Und genau darum geht es: wenn du nicht in ein Duell mit mir einwilligst, werden diese beiden sterben, und zwar auf der Stelle!“   Ohne Vorwarnung zückte er demonstrativ ein Messer, welches er hinter seinem Rücken im Gürtel versteckt hatte und rammte es Nick in den Oberschenkel. Blut tropfte seine Jeans hinab auf den Holzboden der Bühne. Anya wollte nicht glauben, was sie soeben gehört und gesehen hatte. „Wie du siehst, ist das kein Scherz“, sagte Alastair mit drohendem Tonfall und zog das Messer aus der Wunde. Noch mehr Blut rann über Nicks Hose, auch wenn der Einstich nicht sehr tief sein konnte, da die Klinge nicht einmal zu einem Viertel rot verfärbt war. „Die heilige Stimme des Engels Refiel bittet mich, dich in einem Duell zu vernichten, Anya Bauer, denn du bist besessen vom Bösen!“ „Hast du gerade meinem Freund 'n Messer ins Bein gejagt?“ Sie ballte die Fäuste und sah auf den laminierten Boden der Aula. „Vollkommen richtig, Dämonenkind. Er bedeutet dir noch etwas, deswegen wirst du nicht zögern und ihn beschützen wollen. Das ehrt die unbefleckte Seele, die einst in dir gesteckt hat. Aber ich muss den Dämon in dir austreiben! Das ist meine Aufgabe als Jäger!“ Plötzlich blickte Anya mit hasserfüllten Augen auf und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Du bist so was von tot, Drecksack! Wenn ich mit dir fertig bin, wird man diesen Raum renovieren müssen, weil sich die Überreste deiner Gedärme nicht von den Wänden kratzen lassen! Niemand, absolut niemand vergreift sich an meinen Freunden, Scheißkerl!“ „So redet nur ein Dämon“, stellte Alastair ruhig fest und zog plötzlich eine Karte aus seiner Hosentasche. Es war keine Duel Monsters-Karte, denn sie war von beiden Seiten her weiß. Auf ihr abgebildet war nur ein Kreuz aus schwarzem Feuer, das von einem silbernen Ring umfasst war. Ein gleißender Blitz ging schlagartig vor der Karte durch den Saal. Anya musste die Augen schließen, um nicht geblendet zu werden. Und als sie sie wieder öffnete, schwebte vor ihr eine Art seidenes, schwarzes Tuch, das unstet vor sich her flatterte. Darin eingenäht waren Duel Monsters-Kartenzonen, wie man sie benutze, wenn man am Tisch spielte. Dasselbe Objekt war auch bei Alastair vorzufinden. Aber nicht nur das! Anya stieg der Geruch von verbranntem Holz in die Nase. Feuer! Pechschwarz und dem Kreuz von der Karte gleich, umschloss es sie und einen Teil der Bühne, verbrannte die Stühle, die dabei im Weg standen. Sie und der Dämonenjäger waren gefangen! Nicht der Blitz damals hatte die Straße mit Jonathans Leiche verbrannt, es war dieser Feuerkreis gewesen! Da war sich Anya sicher, jetzt, da sie es mit eigenen Augen sah. Dieser Mistkerl hatte ihren Mitschüler tatsächlich auf dem Gewissen und nun hatte er in seinem Wahn das Gleiche mit ihr vor! „Kumpel, bei dir läuft's wohl nicht mehr richtig im Oberstübchen!? Ich bin kein Dämon! Und wenn wir schon dabei sind, lässt du jetzt erstmal schön meine Freunde frei, 'kay?“ „Und ob du einer bist! Der Engel Refiel hat dich entlarvt!“ Richterlich zeigte er mit dem Finger auf sie. „Du wirst durch meine Hand fallen!“ Anya konnte es nicht fassen. Dieser Kerl war völlig durchgeknallt. Was auch immer er hier für einen Hokuspokus abzog, dafür, dass er Nick verletzt hatte, würde er mit Blut zahlen müssen!   „Du willst ein Duell? Von mir aus! Dir werde ich erstmal ein bisschen Verstand einprügeln!“, zischte Anya voller Verachtung. Sie zog ihr Deck aus der hinteren Tasche ihrer an vielen Stellen löchrigen Jeans und legte es auf das schwarze Gebilde. Der Stoff glättete sich bei der Berührung und wirkte auf einmal wie eine Marmorplatte, so sehr glänzte er plötzlich. „Deine Worte bedeuten mir nichts, dämonischer Abschaum!“, erwiderte Alastair und tat es ihr gleich. Ein letztes Mal sahen die beiden sich voller Abscheu in die Augen, ehe sie schrien: „Duell!“   [Anya: 4000LP / Alastair: 4000LP]   „Ich werde den ersten Zug machen“, kündigte Alastair an und zog sofort sechs Karten von dem Stapel, der sich rechts vor ihm erstreckte. Anya biss sich vor Wut auf die Lippe. Hatte diese Pfeife doch tatsächlich ihren Trick gegen sie verwendet! Sie tat es ihm gleich und nahm fünf Karten auf die Hand. Es war merkwürdig, keine Duel Disk zu benutzen. Schon lange hatte sie das Spiel nicht mehr an einem Tisch gespielt, geschweige denn auf einem fliegenden Marmording. Alastair legte indes eine Karte auf seinen Spielplan. „Ich beschwöre [Vylon Vanguard]!“ Ungläubig sah Ayna, wie aus einem goldenen Runenzirkel eine metallene Gestalt erschien. Der Unterleib wirkte wie ein stilisierter Blitz, während das Wesen dafür überdurchschnittlich lange Arme samt goldener Schulterpanzerung besaß. Sein Kopf war vergleichsweise klein und bestand nur aus einem grünen Auge.   Vylon Vanguard [ATK/1400 DEF/1000 (4)] „Aber das war noch nicht alles. Dazu aktiviere ich die Magie [Double Summon]! Damit kann ich in diesem Zug eine zweite Normalbeschwörung durchführen! Erscheine, [Vylon Stella]!“ Wieder erschien ein Runenzirkel, dieses Mal trat jedoch ein metallischer Stern hervor. Um jeder zweiten der insgesamt sechs Spitzen schwebte ein goldener Ring und wie sein Artgenosse besaß es lange Arme am unteren Teil seines Körpers.   Vylon Stella [ATK/1400 DEF/200 (3)] Anya wusste nicht, was sie von diesen seltsamen Kreaturen halten sollte. Sie wirkten unnatürlich, aber wenn man sich ihren Besitzer ansah, war das nicht weiter verwunderlich. Trotzdem, diese komische schwarze Platte musste über außergewöhnliche Technologie verfügen, wenn sie schweben und Hologramme darstellen konnte. So etwas wie Magie schloss Anya natürlich kategorisch aus, das war was für Tagträumer und Schwachköpfe! Vielleicht konnte sie eines dieser Dinger ja behalten und für teures Geld irgendwo verkaufen? „Wie ich sehe, ist dir meine Technik völlig unbekannt“, stellte Alastair mit einem hässlichen Lächeln fest. Also -war- das eine Maschine! „Es ist schwer, all das in eine Karte zu bannen. Aber die Mühe hat sich bisher jedes Mal gelohnt.“ Und er -war- ein Schwachkopf! „Häh?“ Alastair winkte ab. „Du wirst es noch verstehen. Auch wenn ich zugeben muss, dass deine intellektuellen Fähigkeiten nicht sehr ausgeprägt zu sein scheinen.“ Anya war sich nicht ganz sicher, wie er das meinte. Hatte er sie gerade als dumm bezeichnet? „Wie dem auch sei, ich bin noch nicht fertig! Denn [Vylon Stella] ist ein Empfänger-Monster und ich werde es jetzt auf [Vylon Vanguard] abstimmen!“ Er streckte die Hand in die Höhe, seine Monster begannen in die Luft aufzusteigen. „Level 3, [Vylon Stella] und Level 4, [Vylon Vanguard]! Infinite potential lies within the heart of steel. Cover this infected world with your sacred wings! Synchro Summon! [Vylon Delta]!“ Sein Empfänger zersprang in der Luft zu drei grünen Kreisen, die der Vanguard passierte. Kurz darauf wurde er zu Licht und aus den sich auflösenden Kreisen schwebte eine riesige Gestalt, die fast den ganzen Platz auf Alastairs, durch den Feuerkreis sehr eingeschränkten Spielfeldseite für sich beanspruchte.   Vylon Delta [ATK/1700 DEF/2800 (7)] Viel konnte Anya von dem Wesen nicht erkennen, doch es folgte demselben Prinzip wie seine Vorgänger. Hinter den gewaltigen Stahlschwingen, die der abstrakte Maschinenengel schützend um den Körper hielt, konnte man große Fäuste erkennen. Sein Leib endete in einer rot glühenden Spitze, um die drei goldene Ringe schwebten. „Ich aktiviere nun den Effekt von [Vylon Stella], da es auf den Friedhof gelegt wurde. Für 500 Lebenspunkte wird es nun zu einer Ausrüstungsmagie für [Vylon Delta]!“ Die Schwingen des abstrakten Wesens leuchteten kurz golden auf, jeweils drei Sterne zeichneten sich nun auf ihnen ab.   [Anya: 4000LP / Alastair: 4000LP → 3500LP]   „Ich beende meinen Zug mit einer verdeckten Karte“, sagte Alastair und legte sie neben die neuentstandene Ausrüstungskarte ab, die Stella jetzt war. Anya hatte keine Ahnung, was ihm das bringen sollte. Egal, nachdenken war was für Streber und Leute, die nichts Besseres zu tun hatten! Und sie hatte etwas zu tun: diesen Kerl in seine Einzelteile zu zerlegen. „Nun aktiviert sich der Effekt von [Vylon Delta]“, erklärte Alastair. „Wenn es in Verteidigungsposition liegt, kann ich während meiner End Phase eine Ausrüstungsmagie auf mein Blatt nehmen. So wie [Vylon Material] zum Beispiel.“ Er durchsuchte sein Deck und zeigte die grün-umrandete Karte vor. „Also?“ „Was, also? Mein Zug! Draw!“, rief sie voller Ehrgeiz und zog schwungvoll von ihrem Deck. „[Gem-Knight Garnet], dein Auftritt!“ Schon stand der Bronzeritter mit dem eingefassten Granat auf der Brustplatte vor ihr und ließ eine Flamme zwischen seinen Händen erscheinen.   Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)]   „Los, Attacke!“ Alastair schien nicht die Sorte von Duellant zu sein, der das Offensichtliche nicht wahrnahm, dachte Anya. Er stellte ihre Aktion nicht infrage. Solche Kerle waren gefährlich … Levrier, ihr Hirngespinst, war genauso gewesen. Da er nicht zu reagieren schien, zückte Anya bereits ihren Schlüssel zum Knacken der absurd hohen Verteidigung von Alastairs Kreatur. „[Gem-Merchant]! Verkaufe Garnet eine Extraportion Angriffspunkte! Heute gibt es 1000 zum Nulltarif!“ Sie legte das kleine, aber sehr hilfreiche Monster auf den Friedhof und genoss die Show. Hinter ihrem Ritter tauchte das kleine Zauberwesen mit Hut auf, flüsterte einen unverständlichen Spruch und verschwand dann in Garnet.   Gem-Knight Garnet [ATK/1900 → 2900 DEF/0 → 1000 (4)]   Diesem Angriff würde nichts und niemand standhalten können, dachte Anya zufrieden, während die Flamme in Garnets Händen schlagartig anwuchs. Doch anscheinend hatte Alastair nur darauf gelauert, dass sie [Vylon Delta] attackieren würde. Er drehte die von ihm liegende Fallenkarte um und lachte laut. „Du Närrin! Du bist noch berechenbarer, als ich es erwartet hatte! Nun zahle den Preis für deine Torheit! [D2 Shield]!“ „Was'n das?“ Anya ahnte, dass das nicht gut für sie war. „Mit dieser Karte kann ich die Defensive eines meiner Monster dauerhaft verdoppeln! Sieh her, wie [Vylon Delta] zu einer uneinnehmbaren Festung wird!“ Strahlend weißes Licht breitete sich wie eine Aura um den mechanischen Engel aus und verlieh ihm in seiner Größe eine noch bedrohlichere Note.   Vylon Delta [ATK/1700 DEF/2800 → 5600 (7)]   „Oh shit! Was zum-!“ Die Flamme, welche Garnet auf Delta abfeuerte, verpuffte an seinen Schwingen wie ein laues Lüftchen. Plötzlich spannte die Kreatur seine Flügel und schoss aus beiden Händen Laserstrahlen. „[Vylon Stellas] Effekt!“, donnerte Alastair. „Wenn das mit ihm ausgerüstete Monster kämpft, wird jeder Feind nach dem Angriff zerstört werden, selbst wenn mein Monster dabei in der Defensive ist!“ Auch das noch, dachte Anya erschrocken. Ihr Ritter, der von den Strahlen getroffen wurde, explodierte und erzeugte eine Schockwelle, die sie glatt von den Beinen riss. Sie schlug hart auf dem Boden auf und rollte bis ganz an den Rand des schwarzen Feuerkreises. Die sengende Hitze auf ihrer Haut spürend, wich sie sofort zurück. Und dann war da noch dieser merkwürdige Geruch von … Verwesung? Die Flammen stanken nach Tod. Schwankend kam Anya auf die Beine und eilte zu dem schwebenden Spielplan zurück. Ihr war übel von diesem widerlichen Gestank. Der Kerl musste ein echter Zauberkünstler sein, um so etwas zu schaffen! „Warum trittst du nicht in Las Vegas auf, statt mir auf die Eierstöcke zu gehen?“, herrschte sie ihn wütend an.   [Anya: 4000LP → 1300LP / Alastair: 3500LP]   Als Anya schließlich die Lebenspunkte nachzählte – sie hasste Kopfrechnen – traf sie der Schlag. Diese eine Attacke hatte sie über die Hälfte ihrer Lebenspunkte gekostet! Dabei hatte Alastair noch nicht einmal angriffen! Das war … Sie sah auf ihren Spielplan. Und ihre Lebenspunkte waren ohne Garnet auch noch völlig ungeschützt. Nächste Runde brauchte dieser Spinner nur anzugreifen und hatte damit mühelos gewonnen. Nein, so leicht würde sie es ihm nicht machen! „Zauberkarte!“, brüllte sie regelrecht und hielt ebenjene hoch. „[Silent Doom]! Damit reanimiere ich Garnet vom Friedhof, aber in Verteidigungsposition!“ Ihr Krieger tauchte kniend aus einem Loch im Boden wieder vor ihr auf.   Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)] „Da hättest du auch genauso gut ohne Monster verbleiben können. Dir ist bewusst, dass ein Monster ohne Verteidigungspunkte kein Hindernis für mich sein wird?“ Anya knurrte bloß. Natürlich wusste sie das, hielt der sie denn für vollkommen verblödet? Aber es war immer noch besser als nichts, was sie da mit ihm vor hatte. „Ich setze eine Karte verdeckt und beende den Zug.“ Sie legte die Falle in die entsprechende Zone. Mit den übrigen zwei Karten in ihrer Hand konnte sie momentan nichts anfangen. So ein Kackmist!   Alastair zog und lächelte finster, was sein entstelltes Gesicht völlig aus den üblichen Proportionen warf. „Das war einfacher als ich gedacht hatte. Sieh es von der positiven Seite, denn je eher ich den Dämon in dir ausgetrieben habe, desto schneller ist dein Leiden vorüber.“ Der Kerl klang tatsächlich so, als täte er ihr damit einen Gefallen! „Pfff! Dir müssen sie ja echt ins Gehirn geschissen haben! Wenn du denkst, ich beiße so leicht ins Gras wie Jonathan, hast du dich aber schwer getäuscht!“ Auch wenn sie ihren Mitschüler wie die Pest gehasst hatte, seinen gewaltsamen Tod würde sie rächen. Und anschließend würde nichts mehr von dem Kerl übrig bleiben, was man dem Haftrichter noch vorführen könnte! Irre wie der hatten keine Gnade verdient! Sie sah zu ihren Freunden, die leblos an den Kreuzen hingen. Abby und Nick als Schutzschild zu verwenden war das Niederträchtigste, was sie je gesehen hatte. Und wenn sie etwas noch mehr hasste als Kopfrechnen und Jonathan, dann war es Feigheit! Die stand gleich unter Valerie Redfield. „Diese beiden …“, murmelte Alastair, welcher Anyas Blick bemerkt hatte. Nun sah auch er sich Nick und Abby an. „Ich fürchte, sie muss ich nach unserer kleinen Auseinandersetzung auch vernichten. Zu groß ist die Gefahr, dass der Dämon sie als Möglichkeit zur Flucht missbraucht. Vermutlich hat er sie schon durch den bloßen Kontakt mit dir infiziert.“ „Du wirst schön die Finger von ihnen lassen!“ „Sonst?“ Er zückte wieder sein Messer und hielt es direkt unter Abbys Kehle. „Werde ich dich zwingen, deine eigenen Eingeweide zu fressen, Scheißkerl! Nimm das Messer weg, du-“ Er steckte es wieder hinter seinen roten Mantel und schnalzte mit der Zunge. „Du bist wirklich nicht sehr klug, oder? Ist dir klar, dass du mit dem Mann sprichst, der jederzeit deine Freunde töten könnte? Zügle deine Zunge, Dämon!“ „Und? Wie soll ich denn sonst mit dir reden?“ Anya hatte keine Ahnung, was der von ihr wollte. Generell blieb ihr schleierhaft, wieso dieser Typ auf die Idee kam, dass ausgerechnet sie ein Dämon sein sollte. Andererseits war das wohl so bei Verrückten. Alastair atmete tief durch. „Ich sehe schon, bei dir ist Hopfen und Malz verloren. Wir sollten das zu einem schnellen Ende bringen.“ Ohne weiter Zeit zu verlieren, zog er seine Karte und legte sofort eine andere von seinem Blatt auf den schwarzen Spielplan. „[Vylon Cube]!“ Ein Würfel aus Metall tauchte aus einem Runenzirkel vor seinem anderen Monster auf. Genau wie alle anderen Vylons, hatte auch dieser Arme, bestehend aus Gold.   Vylon Cube [ATK/800 DEF/800 (3)]   Anschließend legte Alastair seine Finger auf die weiße Karte von [Vylon Delta] und drehte es von waagerechter in die senkrechte Lage. Er hatte es in Angriffsposition gewechselt.   Vylon Delta [ATK/1700 DEF/5600 (7)]   Das war ihre Chance, dachte Anya. Jetzt, wo dieses überdimensionale Vieh nicht länger seine astronomisch hohe Verteidigung als Schutz vorweisen konnte, würde sie es ausradieren können. Dieser kranke Mistkerl sollte nur aufpassen! Jener sagte: „Das wird genügen, um den Rest deiner Lebenspunkte auszulöschen. [Vylon Cube], zerstöre [Gem-Knight Garnet]. [Vylon Delta], sorge dafür, dass ihr Antlitz dem Erdboden gleichgemacht wird!“ Aus der Mitte seines Körpers schoss der Würfel einen schmalen, gelben Laserstrahl, der über den Boden der Aula direkt auf Garnet zusteuerte. Aber Anya hatte vorgesorgt. „Verdeckte Falle aktivieren! [Pyroxene Fusion]! Sie lässt mich Gem-Knights von Hand und Spielfeld verschmelzen, genau wie [Gem-Knight Fusion] es tun würde!“ Sie nahm Garnet, als auch ihre Falle, vom Spielplan und hielt sie zusammen mit einem weiteren Ritter in die Höhe. „[Gem-Knight Garnet], du bist das Herz, [Gem-Knight Crystal], du bist die Rüstung! Vereinigt euch!“ Ein unglaublich schneller Wirbel aus Edelsteinen sog die beiden Ritter ein, welche aus ihren Karten erschienen. Dann gab es einen Lichtblitz und das neue Monster stand vor Anya. „[Gem-Knight Ruby]!“   Gem-Knight Ruby [ATK/2500 DEF/1300 (6)]   Stolz hob der Ritter in seiner Bronzerüstung die Lanze in seinen Händen. Mit wehendem, blauem Umhang verneigte er sich vor Anya und ging dann in Kampfposition. „Sieht so aus, als wäre dein Angriff fehlgeschlagen, was? An dem hier kommst du nicht so leicht vorbei“, grinste die verstohlen. Das kam davon, wenn man sie unterschätzte! Nun würde sie mit aller Macht zurückschlagen! „Offensichtlich“, erwiderte Alastair kühl. „Aber das ist nur eine kurzfristige Lösung.“ „Häh? Lösung? Wofür?“ Wollte der sie für dumm verkaufen? „Für das, was dich jetzt erwartet, Dämon“, zischte er derart hasserfüllt, dass Anya regelrecht beeindruckt war. Warum klang sie nicht so cool? Alastair streckte beide Arme in die Höhe. „Ich beende meine Battle Phase, doch höre meine Worte, Dämon. Du hast den Weg des Leidens gewählt und nun wirst du ihn bis zu deinem letzten Herzschlag beschreiten. Mach dich gefasst!“ Wie Anya solche pathetischen Reden hasste. Die holten doch nicht mal ihre tote Großmutter unterm Sofa hervor. Eher- Die Erde begann zu beben. Immer stärkere Erschütterungen suchten die Schule heim, sodass Anya glatt ins Schwanken geriet. „Was zum-!?“ „Level 3, [Vylon Cube] und Level 7-Synchromonster, [Vylon Delta]!“, rief Alastair regelrecht besessen. „Infinite evil, waiting for the purge! Be the voice of his justice! Synchro Summon! Purify this twisted world! [Vylon Ultima]!“   Gleißendes Licht blendete Anya derart, dass sie die Augen zukneifen musste. Das Beben wurde zunehmend stärker und dazu ertönte plötzlich ein unheimlich lautes Geräusch. Ein Quietschen, so schrill, als würde man mit Metall über eine Tafel kratzen. Dazu kam noch ein dröhnendes Summen, sodass sie sich zusätzlich die Ohren zuhielt. Darauf folgte fürchterliches Poltern und Krachen, als würde die Welt auseinanderbrechen. Was zum Geier hatte dieser Spinner da beschworen? Als der Lärm und das Beben nachließen, öffnete Anya langsam die Augen. Und bereute dies sofort. „Dies soll dein Henker sein, Anya Bauer!“, sprach Alastair feierlich, auch wenn er hinter diesen Monstrum längst nicht mehr zu sehen war.     Turn 04 – Path To Decay Alastair gelingt es problemlos, Anyas [Gem-Knight]-Fusionen durch [Vylon Ultima] zu versiegeln. Obwohl Anya versucht, sich mit anderen Mitteln wie [Gem-Knight Crystal] zu wehren, prallen ihre Attacken an Alastair wirkungslos ab. Doch inmitten des Kampfes erscheint plötzlich Levrier und bietet seine Hilfe an. Anya, die keine Wahl hat, muss den sprichwörtlichen Pakt mit dem Teufel eingehen und erhält im Gegenzug für ihr Versprechen, zusammen mit Levrier „Eden“ zu werden, eine neue Kraft … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)