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Sein Wort, Mein Gesetz

von

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Das Missgeschick

Ivan und ich leerten die Flasche, die vor zwei Stunden noch mit hochprozentigem Alkohol gefüllt war. Wie auch immer ich das ohne mich zu übergeben hinbekommen hatte. Ich hatte dafür seine Anerkennung erhalten und er zeigte mir etwas, was ich seit er davon erzählt hatte mit eigenen Augen sehen wollte.
 

So stand er nun neben mir in der Dunkelheit und rauchte wieder einer seiner russischen Zigaretten. Er stützte sich auf einer Schaufel ab und sah mit mir auf ein Beet komplett unter einer dicken weißen Schneeschicht versteckt.
 

„Hier liegen sie alle samt!" berichtete er und richtete seine Mütze. Ich zog den Kragen meines Mantels zu und starrte auf die leichte Erhöhung.
 

„Wie trostlos..." murmelte ich zu mir und wurde traurig. Was nicht zuletzt auf den Alkohol zurückzuführen war. Im Gegensatz zu mir wirkte Ivan nüchtern, das lag wohl an der Verträglichkeit von hochprozentigem Alkohol. Ich wankte als ich einen Schritt vorging.
 

„Warum hier?" fragte ich und ging auf die Knie.
 

„Wo sonst? Außerhalb ist es viel zu gefährlich, man könnte sie finden... aber hier sucht niemand nach vermissten Mädchen!" sagte er trocken und die Erklärung war plausibel.
 

Würde auch ich so enden? Würde auch ihr verscharrt werden, wenn ich aus irgendwelchen Gründen keine Zustimmung mehr erhielt? Was würde mit mir passieren?
 

Ich packte mir mit beiden Händen auf den Hinterkopf und spürte wieder dieses Pochen in meinem Kopf. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte klar zu denken, doch alles wankte und ich fühlte mich wie in Watte gepackt. „Ich bin ehrlich... ich kenne bisher keine, die wirklich perfekt war. Selbst Katleen, die perfekt zu sein schien... war es nicht!" sagte er und zog dabei den Rauch der Zigarette in seine Lunge. Ich vernahm einen bedauernden Unterton. Der Gedanke, dass er Katleen wohl gut leiden konnte, ließ mich nicht los. Ich glaubte ihm, er hatte wirklich keine Ahnung. Nachdem ich genug getrauert hatte ging ich wieder zurück Richtung Herrenhaus. Ivan brachte mich netterweise zur Türe. Vielleicht würde ich ab heute Abend mit ihm klarkommen. „Das hier ändert rein gar nichts zwischen uns." Brummte er und zerstörte meine optimistische Sicht auf die Dinge. Ich nickte. „Angekommen!"
 

Ich betrat das Haus und wankte zur Treppe in den ersten Stock, dort befand sich mein Zimmer. Ich zog mich an dem Handlauf empor und folgte nur mit kleinen Schritten. Ich stöhnte, der Zustand des Betrunkenseins war wirklich nicht meins. Ich wollte nicht verkauft werden, ich wollte nicht, dass irgendjemand irgendwelche Versuche an mir vornahm! Ich wollte nicht, dass Ivan mich um die Ecke brachte.
 

Auf der Hälfte der Treppe blieb ich stehen. Schwang mich mit Mühe auf den Handlauf und rutschte runter. Das klappte ohne Verletzungen. Ich torkelte in die Küche, in der kein Nicholas aufzufinden war. Ich stolperte auf die Schubladen zu und öffnete diese rabiat. Es knallte und schepperte. Das war mir egal! Ich würde selber über meinen Abgang entscheiden, oh ja! Ich warf eine weitere Schublade zu als mein Blick auf einen Messerblock fiel. Ich stürmte darauf zu und zog das feinste Messer hervor.

„Nicht groß, scharf muss es sein!" murmelte ich, drehte mich mit dem Rücken zur Arbeitsplatte und ließ mich herab gleiten.

„Keine Rasierklingen aber der Zugang zu Messern... ganz schön dumm!" flüsterte ich in den Raum. Ich setzte die Klinge an mein Handgelenk an und übte genug Druck aus damit sie meine Haut wie Butter durchdrang. Ich verzog das Gesicht und schnitt mir vielleicht einige Millimeter lang in den Unterarm. Ich stockte und sah auf meine Tat herab. Blut drang an die Oberfläche, erst kleine Punkte, die sich aufblähten und wie eine Blase platzen. Das Blut verließ die Wunde.
 

Wollte ich das wirklich? Wollte ich sterben, hier auf einem kalten Küchenboden?
 

Sie würden mich sicherlich zu den anderen toten Mädchen werfen. Ich legte den Kopf in den Nacken und dachte darüber nach. Der Alkohol nahm mir meine Hemmschwelle aber der Gedanke, der zuvor noch verlockend wirkte, war nicht mehr so motivierend. Ich nahm die Klinge von meiner Haut streckte mich nach oben und versuchte ein Küchentuch zu ergattern. Ohne Erfolg. Die Wunde blutete nicht stark aber genug um sie abdecken zu müssen. Mit dem Messer in der einen und der Mühe mich mit der anderen Hand hochzuziehen versuchte ich auf die Beine zu kommen. Noch bevor ich aufrecht stehen konnte rutschte ich auf einer Gabel, die durch meine Dursuchungsaktionen neben mir lag, aus und fiel nach vorne. Ich verlor das Gleichgewicht und ließ die Klinge über meinen sowieso schon angeschnittenen Unterarm gleiten. Ich spürte den harten Grund der mein Körper in Empfang nahm und noch was ganz Anderes. Ich ging mit Mühe auf die Knie und erblickte die starkblutende Wunde. Mein Hirn arbeitete trotz des Alkohols sofort, das Blut floss regelrecht aus der Wunde und musste gestoppt werden.

„Nein! Nein!" wiederholte ich während ich aufsprang und etwas suchte um die Blutung zu unterbinden. Ich schnappte mir zwei Küchentücher und wusste, alleine hatte ich keine Chance. Warum hatte niemand meine lauten Geräusche mitbekommen? Wo waren die Menschen, die sonst immer um mich herumschwirrten, wenn ich sie brauchte? Ich spürte keinerlei Schmerz, der Schock nahm mir dieses Empfinden. Ich richtete mich auf und hielt mich an der Kochinsel fest. Ich ging mit kleinen Schritten aus der Küche. Ich hinterließ eine Blutspur, die würde eventuelle jemanden auf mich aufmerksam machen. So würden sie wenigstens meine Leiche finden

„Hilfe!" rief ich viel zu leise. Ich brauchte einige Minuten um den unendlich scheinenden Flur zu überqueren um überhaupt jemanden zu finden. Ich würde zur Not den „hauseigenen Türsteher" belästigen. Meine Sicht wurde trüb, es würde nicht mehr lange dauern und ich würde bewusstlos auf den Boden landen. Beinahe komplett kraftlos schob ich mich an der Wand entlang. Als ich einen Schatten vernahm, kratzte ich meine restliche Kraft zusammen und schrie.

„Hilfe!" der Schatten wurde kleiner und ich erkannte Kelly, die im Nachthemd auf mich zugestürmt kam.

„Emily!" hörte ich sie aufgebracht rufen. Ich ließ mich selber los, bot mir kein Halt mehr und rutschte an der Wand auf den Boden.

„Emily, alles gut ich hole Hilfe!" Sie zog eine Art Handy hervor und schrie beinahe hysterisch in das Ding hinein. Sie sah mich dabei flehend an, als könnte ich mir noch aussuchen ob ich starb oder nicht. Sie legte eine Hand auf meine Wange und zwang mir ein Lächeln auf.

„Alles cool! Nicholas wird mich schon retten." Kam es noch über meine Lippen, bevor mich die unendliche Schwärze empfing.



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