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There must be more ...

... than black or white
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Tja, Kapitel eins. Wir sind noch immer in der Vergangenheit, aber es gibt Dinge, die ich nicht überspringen wollte. Komplett anzeigen

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Hayley

Kapitel 1: Hayley
 

2009, Mitte Juni
 

Aufmerksam beobachtete ich meine Zielperson durch ein Fernglas und hoffte, dass der Wind nicht drehte. Wenn er es doch tat, hatte ich ein Problem. Langsam und darauf bedacht keine Geräusche zu machen packte ich das Gewehr aus. Mittlerweile konnte ich es im Schlaf zusammenbauen. Anschließend lud ich es mit einem Holzpflock. Andere Leute würden ein Scharschützengewehr mit Bleikugeln laden, aber die brachten mir erstaunlich wenig. Genau deshalb hatte ich auch kein Standard Gewehr, sondern eine speziell modifizierte Version des russischen Wintores-Scharfschützengewehres. Ich zielte direkt auf das Herz meiner Zielperson und drückte ab. Ich blieb in meiner Position, bis ich sicher war, dass ich mein Ziel getroffen hatte, erst dann baute ich das Gewehr wieder auseinander und machte mich auf den Weg zum Wagen. Wie so oft wartete Olek auf mich. Auch nach 6 Jahren konnte ich ihn noch nicht leiden und dies beruhte auf Gegenseitigkeit. Als er mich sah, stieg er wortlos in den Wagen und wieder einmal war klar, dass ich nicht fahren durfte. Es war ungerecht. Jeder andere ließ mich Fahren nur mein ganz persönlicher Ukrainischer Freund nicht. Es war so ungerecht.

„Ist es erledigt?“, bellte Olek sobald ich im Wagen saß. Ich hatte die Wagentür noch nicht ganz geschlossen, da gab er auch schon Gas.

„Für wie inkompetent hältst du mich?“ Ich blaffte im gleichen Tonfall zurück, denn auch wenn ich ihn nicht mochte, machte er mir schon lange keine Angst mehr.

„Man weiß ja nie.“ Er unterstellte mir tatsächlich Inkompetenz, aber ich beschloss nicht darauf einzugehen. Das war besser für seine Gesundheit.
 

Wir brauchten eine Stunde zurück nach Hause. Wobei es irgendwie traurig war, dass ich den ausgebauten Luftschutzbunker mitten in der Sierra Nevada mittlerweile als zu Hause betrachte. Als ich vor 6 Jahren herkam, wollte ich nur hach Haus. Mittlerweile hätte ich wahrscheinlich abhauen können, aber ich blieb. Ich hatte das Gefühl, dass ich nach allem, was ich getan hatte, meiner Mutter nicht mehr in die Augen sehen konnte. Sobald Olek den Wagen angehalten hatte, stieg ich aus. Dankbar eine Menge Platz zwischen ihn und mir bringen zu können. Ich kam bis zur ersten Verbindungstür, denn dort warte bereits Tony auf mich. Sobald er mich sah, zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. Er vergötterte mich geradezu und genau deshalb hasste mich Olek. Bis ich kam, wer er der Tonys Liebling gewesen. Mir war es egal.

„Da ist ja mein Engel. Wie war dein Auftrag?“

„Nicht der Rede wert“, brummte ich im vorbeigehen. Auf eine Unterhaltung mit Tony konnte ich verzichten, denn mit der Zeit hatte ich gelernt Anthony Simon Burke zu hassen.

„Warum die Schlechte Laune? War Olek gemein zu dir?“

„Nein“, zischte ich und drehte mich zu ihm um. „Ich will jetzt nur nicht reden.“ Damit war die Unterhaltung für mich erledigt und ich ließ Tony stehen. Bis zum Abendessen blieb ich in meinem Zimmer, das sich n den letzten Jahren kaum verändert hatte. Mittlerweile hasste ich auch die rosafarbene Wand, die verspielt wirkenden Möbel und das rosane Himmelbett. In einem hatte Ton rechtbehalten, ich bekam vom ihm tatsächlich fast alles, was ich wollte. Nur eine vernünftige Zimmereinrichtung verweigerte er mir. Laut ihm war ich seine Prinzessin, deshalb sollte mein Zimmer auch danach aussehen. Dummerweise war ich aus dem Alter raus, in dem mein Berufswunsch Prinzessin war. Fakt war, dass ich mir nie einen richtigen Beruf suchen würde.
 

Beim Abendessen schwieg ich Tony und Olek, der uns heute Gesellschaft leistete, eisern an. ZU meinem Glück unterhielt Olek Tony bestens und keiner von beiden schien sich daran zu stören, dass mich ihre Unterhaltung nicht interessierte. Erst als ich nach dem Essen aufstehen wollte, schenkte mir Tony seine Aufmerksamkeit.

„Warte noch kurz mein Engel. Ich möchte mit dir über deinen nächsten Auftrag reden.“ Missmutig ließ ich mich wieder auf den Stuhl fallen und stütze meinen Arm auf den Tisch.

„Also“, warf ich in den Raum, als Tony keine Anstalten machte weiter zu reden.

„Wir haben Vincent Gray gefunden“, verkündete Tony so stolz, als hätte er ein weiteres Weltwunder entdeckt.

„Wirklich wo?“ Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Vincent Gray war Mitglied des größten Wolfsrudels in Vegas und Umgebung gewesen. Vor etwa Zwei Jahren hatte ich das Rudel ausschalten sollen und Vincent war der einzige Werwolf, der mir entkommen war. Es hatte mich nicht wirklich gestört, aber ich hatte ihn zur Sicherheit im Auge behalten. Nicht das ich jemandem davon erzählt hatte, aber ich wusste also ganz genau, wo Vincent in den letzten zwei Jahren war,

„Er ist in Phoenix und will ein neues Wolfrudel aufbauen.“

„Dann fliege ich also nach Phoenix. Von mir aus, aber nur wenn ich dieses Mal allein gehen darf. Ich brauche keinen Babysitter.“

„Darauf darfst du nicht eingehen. Sie wird abhauen.“

„Das könnte ich auch, wenn mich jemand begleitet“, warf ich dazwischen. Wenn ich gewusst hätte, wo ich hinsollte, wäre ich auch schon längst abgehauen.

„Warum möchtest du allein gehen?“, fragte Tony höflich. Ich wusste, das mit den anderen nicht so redete.

„Allein bin ich viel effizienter. Außerdem wäre es ein Zeichen, dass du mir vertraust. Oder traust du mir nicht zu einen einzelnen Werwolf zu töten?“ Ich bemühte mich ernsthaft unschuldig zu klingen, obwohl meine Wortwahl beabsichtigt war. Allein hatte ich einfach mehr Freiraum.

„Aber falls doch etwas sein sollte?“

„Gib mir doch einen dieser Ohrstecker mit. Dann kann ich bescheid sagen, falls etwas Unerwartetes passiert.“ Einen Ohrstecker trug ich eigentlich nur, wenn ich mich mit anderen koordinieren musste, aber wenn es bedeutete, dass ich Olek loswerden konnte, würde ich auch das ertragen.

„Du hast Recht mein Engel und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich eine andere Aufgabe für Olek. Dein Flieger geht morgen um Neun.“ Ich nickte als Bestätigung und verschwand in mein Zimmer.
 

Meine Tasche packte ich erst am nächsten Morgen. Es war nicht viel, nur ein paar Waffen. Da ich hin der Regel um 6:00 Uhr morgens aufstand hatte ich alle Zeit der Welt, zumal der Hubschrauber von hier aus starten würde. Kurz nach sieben lief ich durch den Bunker zu den Arrestzellen. Wir hatten nicht viele dieser Zellen und Tony nannte sie gerne Gästezimmer, aber es war ein kleiner Raum, mit einer harten Liege, einen wackeligem Stuhl, einem marodem Tisch, einer flackernden Lampe und einem winzigem Bad. Mit viel Glück hatten Tonys Gäste eine Truhe in der sie ein paar Kleidungsstücke aufbewahren konnten. Auch und ein schwere Kette aus massivem Eisen gehörte auch zur Standartausrichtung, wohl damit sich unsere Gäste besonders wohl fühlen. Was wäre ein dauerhafter Zwangsurlaub ohne eine Fußfessel, damit man aus dem abgesperrten Fensterlosen Raum, der sich auch nur von außen öffnen ließ, auch wirklich nicht fliehen konnte. Die meisten von Tonys Gästen ignorierte ich, aber es gab zwei der Gefangenen, für die ich ein wenig einsetzte. Die beiden hatten dank mir immerhin eine ordentliche Glühlampe in ihrer Zelle, ein paar Bücher, die erwähnte Truhe für Kleidung, im Allgemeinen überhaupt Kleidung, auf die ich verzichtet habe, sowie Papier und Stift. Vor der ersten Zelle, zu der ich wollte, Nummer 853, blieb ich stehen. Bevor ich den Raum betrat, atmete ich noch einmal tief durch. Langsam tippte ich den Code zum öffnen der Tür in das Displayfeld und betrat den Raum. Augenscheinlich war er lehr. In dieser Zelle gab es noch andere Ausnahmen. Es war die größte Zelle, gab noch ein richtiges Bücherregal und keine Fußfessel.

„Caroline was für eine Überraschung.“ Das Kichern kam aus dem Badezimmer und unweigerlich schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Ich lächelte nicht oft, aber Chloés leichter französischer Akzent brachte mich jedes Mal zum Lächeln. Grinsend steckte die rothaarige Hexe ihren hübschen Lockenkopf aus dem Badezimmer. „Ich brauche noch eine Sekunde.“ Als sie kurz darauf wieder aus dem Badezimmer kam, waren ihre Lippen ebenso rot, wie ihre Haare.

„Ich soll Vincent töten“, erklärte ich knapp.

„Ich weiß.“ Kam ihre ruhige Antwort. „Aber das ist nicht weiter tragisch. Wart du schon bei dem bissigen Biest oder gehst du erst noch zu ihr?“

„Sie ist nicht bissig, nur ein wenig biestig.“ Das musste ich leider zugeben, denn auch wenn unser Haus und Hof Vampir, wie Tony ihn gerne nannte, mich am meisten mochte, war sie eigen.

„Nimm etwas mehr Blut mit, sag aber keinem etwas. Such mir außerdem einen Ring heraus und egal was passiert bestehe darauf, dass sie bleibt“, plapperte Chloé fröhlich darauf los. Das war etwas, dass ich an ihr hasste, wenn sie Dinge in den Raum warf, ohne eine Erklärung abzugeben.

„Was genau willst du von mir?“

„Habe ich doch gesagt. Besorg mir einen einfachen Ring, nimm mehr Blut mit, du wirst es brauchen und bestehe darauf, dass sie bleiben darf.“ Auch beim zweiten Mal machte es keinen Sinn, obwohl Chloé langsamer gesprochen hatte.

„Wer soll bleiben?“ Vielleicht brachte es etwas, wenn ich mich ganz doof stelle.

„Du wirst es wissen, wenn du Vincent gegenüber trittst. Oh und sorg dafür, dass du nachts zurückkommst.“ Es ging also noch kryptischer, also beschloss ich es aufzugeben, brav zu nicken und anschließend den Raum zu verlassen. Ich verriegelte die Tür wieder ordnungsgemäß und machte mich auf den Weg zu der anderen Zelle.
 

Natasha Tarassowna Kalinina bei deren Nachnamen ich mir jedes Mal die Zunge ausrenkte, weswegen ich ihn einfach immer wegließ, saß auf ihrem Bett und las. Durch das öffnen der Tür ließ sie sich nicht stören, auch wenn sie mich bemerkt hatte.

„Ich fliege nach Phoenix und das allein.“ Versuchte ich es mit Smalltalk. Es interessierte sie nicht, das wusste ich. Dennoch hatte ich immer das Gefühl, wenigstens ein wenig mit ihr reden zu müssen.

„Wie viel willst du?“ Abweisend, kalt und emotionslos war ihre Aussage.

„Die doppelte Menge“, flüsterte ich leise.

„Willst du es gleich trinken oder wartest du bis du in Phoenix bist?“ Geschockt starrte ich Tasha an. Nach etwa zwei Minuten sah sie zum ersten Mal von ihrem Buch auf. „Das war ein Scherz.“

„Es klang nur nicht danach.“ In Gedanken korrigierte ich mich selbst, denn ihre Scherze klangen nie nach Scherzen. Anstatt mir zu antworten streckte sie mir ihren Arm entgegen.

„Nimm dir, was du willst.“ Damit richtete sie ihren Blick wieder auf ihr Buch. Ich zog zwei Spritzen aus der Innentasche meiner Jacke und zog beide auf. Anschließend verschloss ich die Spritzen sorgfältig und verstaute die beiden Spritzen wieder in der Jacke.

„Danke. Soll ich dir etwa aus Phoenix mitbringen?“

„Einen Zaubertrick, der mich hier rausholt.“ Das war kein Scherz, denn wenn sie könnte, wären wir alle längst tot. Aber solange sie hier festsaß, musste sie nach den Regeln spielen.
 

Der Flug nach Phoenix war langweilig und ich war mehr damit beschäftigt Tonys Gelaber über den Ohrstecker auszublenden, als die Landschaften zu genießen. Sobald ich gelandet war, machte ich mich auf den Weg, um meinen Job zu erledigen. Je eher ich fertig war, desto eher hatte ich wieder meine Ruhe. Ich fand Vincent in der dritten Bar die ich aufsuchte. Und zu meiner Enttäuschung war er nicht allein. Ein junges Mädchen, etwa in meinem Alter war bei ihm. Ich kannte Vincent und wusste, dass er kein Weiberheld war, von daher würde es nicht lange dauern, bis sie ihn stehen lassen würde. Also hielt ich mich im Hintergrund. Zu meiner Verwunderung verließ das Mädchen eine Stunde Später mit Vincent die Bar. Notgedrungen folgte ich ihnen, dann würde es eben ein Opfer mehr geben, auch wenn ich nicht gerne Unschuldige tötete. Zwei Querstraßen weiter, war eine schön abgelegene Gegend. Niemand würde etwas hören oder sehen, also ging ich in den Angriff über.

„Wie hast du die denn rumgekriegt?“, machte ich mich bemerkbar. Vincent zuckte allein beim Klang meiner Stimme zusammen und drehte sich panisch um. Ich ging langsam auf ihn zu.

„Was willst du Gottloses Miststück von mir?“ Vincent versuchte nicht einmal die Panik aus seiner Stimme zu verbannen.

„Du bist ein Werwolf. Ich bin diejenige, die beauftragt wurde, dich zu töten. Was werde ich wohl hier wollen?“ Ich blieb ruhig und sachlich. Es hätte nichts gebracht, wenn ich mich jetzt aufreden würde. Dann tat Vincent, etwas, dass ich nicht kommen sah. Er zog ein Messer hervor, zog das Mädchen wie ein Schild vor sich und rammte ihr die Messerklinge in den Magen.

„Keine Bewegung, oder ich töte die Kleine.“ Ich blieb tatsächlich stehen, während das Mädchen schmerzerfüllt auf keuchte. War ihm eigentlich klar, dass die Kleine auch sterben würde, wenn ich jetzt ging. Die Wunde war tief und ungünstig gelegen. Zu allem Überfluss zog er nun auch noch das Messer aus der Wunde, um es auf mich zu richten.

„Das hast du bereits. Auch wenn ich hier stehen bleibe, wird die Kleine verbluten.“ Ich sah die Panik in den Augen der jungen Frau und zum ersten Mal seit langem meldete sich mein Gewissen wieder. Sie hatte den gleichen Blick, wie das Mädchen, das ich vor 6 Jahren hatte sterben sehen. Dieses Gesicht hatte mich über ein Jahr in meinen Träumen verfolgt. Sicher hätte ich damals nichts ausrichten können, aber trotzdem hatte ich mir vorwürfe gemacht. Ich kannte dieses Mädchen nicht, aber ich wusste, dass ich sie nicht einfach sterben lassen konnte.

//Hast du ihn schon gefunden mein Engel?// Tonys Stimme ließ mich kaum merklich zusammenzucken. Er war die letzten zwei Stunden nicht da gewesen, da er sich um andere Geschäfte kümmern musste. Bei allem wo dieser Mann seine Finger im Spiel hatte, wollte ich das nicht so genau wissen, aber er brachte mich auf eine Idee.

„Ja. Ach und darf ich mir etwas zum spielen mitbringen? Ich verspreche, ich werde mich darum kümmern.“

//Was immer dich glücklich macht.// Beim klang seiner säuselnden Stimme wurde mir übel. Wirklich glücklich machen würde mich ein Leben. Eine richtiges, in der ich meinen Abschluss gemacht hätte und mir mit meinen Freunden überlegen würde, an welches Collage ich gehen würde.

„Ich weiß das zu schätzen.“ Ein `Danke´ brachte ich nicht über die Lippen. Ich hatte keinen Grund mich bei Tony zu bedanken, er hat mein Leben zerstört. Vincent musste das Mädchen immer mehr stützen, da ihre Beine langsam nachgaben. Noch immer sah sie mir hilflos und flehend in die Augen. Sie wollte nicht sterben, aber das würde ich nicht ändern können. Ich zog meine Waffe und richtete sie auf Vincent. Es war eine normale Halbautomatik, mit Munition, wie sie die örtlichen Behörden verwendeten. „Irgendwelche letzten Worte?“ Seufzend riss ich mich vom Blick dieses Mädchens los.

„Du drückst nicht ab! Du erschießt keine Unschuldigen.“ Ich lächelte Müde und drückte ab. Der Schuss hallte laut in der Gasse wieder und schluckte den erstickten Schrei des Mädchens. Als Tony hinter ihr leblos zusammenzuckte, fiel auch sie zu Boden. Sorgsam sicherte ich die Waffe, bevor ich sie wegsteckte. Das Mädchen hatte Angst vor mir. Das war offensichtlich, da sie versuchte vor mir davonzukriechen. Es brachte ihr nur nicht fiel. Langsam ging ich vor ihr auf die Knie und streckte die Hand nach ihr aus.

„Bitte“, wimmerte sie leise. „Ich will nicht sterben.“

„Nun das ist so eine Sache. Die Wunde ist tief und Blutet wie verrückt. Du würdest es nie lebendig ins nächste Krankenhaus schaffen.“ Meine Stimme klang so traurig, wie seit Jahren nicht mehr.

„Warum hat er das getan?“ Ihre Frage war nicht an mich gerichtet, also antwortete ich ihr auch nicht. Kurz überlegte ich, ob ich das wirklich durchziehen wollte, dann nahm ich den Stecker aus dem Ohr und verstaute ihn in meiner Jackentasche.

„Du hast noch eine Möglichkeit“, meinte ich leise und zog eine der Spritzen mit dem Vampirblut aus meiner Umhängetasche. Wie hypnotisiert fixierte sie die den roten Inhalt.

„Vampirblut. Kann das mir wirklich noch das Leben retten?“ Ich sah so etwas wie einen kleinen Hoffnungsschimmer in ihren Augen.

„Auf die eine oder andere Art.“ Ich hatte wirklich keine Ahnung, ob sie das überleben konnte, wenn nicht, würde sie das Blut zu einem Vampir machen. Mit Mühe schaffte das Mädchen es meinen Arm zu ergreifen und nickte. Danach wurde sie ohnmächtig, was, wenn man den Blutverlust beachtete, kein Wunder war. Seufzend zog ich die Kappe von der Spritze ab und verabreichte ihr das Vampirblut. Ich wusste, dass sie es nicht überstehen würde und ob ich sie als Vampir nicht doch töten musste, würde sich noch Zeigen.
 

Es dauerte einige Stunden bis das Mädchen wieder aufwachte. Ich hatte se in ein Motel am Stadtrand gebracht, da ich nicht riskieren wollte mit ihr und einer Leiche gesehen zu werden. Zu meinem Glück interessierten sich Besitzer von Stundenhotels meist nur für Geld. Daher hatte er mir ohne zu fragen das Zimmer gegeben, als ich etwas von einer Party mit zu viel Alkohol murmelte und ihm einen hunderter zu viel bezahlte. Nicht einmal einen Namen hatte er gewollt.

„Wo bin ich hier?“ Stöhnend fasste sie sich an den Kopf.

„Spielt das eine Rolle?“ Meine Antwort ließ sie herumfahren. Ihre Augen weiteten sich, sie rutschte automatisch nach hinten an die Wand und betastete die Stelle wo die Stichwunde gewesen war. „Ich würde dich ja in der Welt der lebenden Toten begrüßen, aber noch hast du kein Menschenblut getrunken“, erklärte ich trocken. Sie starrte mich verständnislos an.

„Willst du mich denn gar nicht töten?“

„Habe ich einen Grund?“, stellte ich ihr die Gegenfrage.

„Ich bin ein Werwolf“, murmelte sie perplex. Das erklärte, was sie bei Vincent wollte.

„Du warst ein Werwolf, jetzt bist du fast ein Vampir“, korrigierte ich sie.

„Ist das jetzt besser oder schlechter?“, fragte sie und sah mich abwartend an. Sie wollte doch nicht etwa wirklich eine Antwort. Da sie mich auch noch drei Minuten später musterte, gab ich seufzend nach.

„Weiß nicht. Also, wir machen folgendes: Ich gebe dir zwei Optionen und du hast die Wahl. Erstens, du trinkst mein Blut und kommst mit mir. Das würde übrigens bedeuten, dass du noch ein paar Regeln beachten musst. Zweitens, du trinkst mein Blut nicht und ich erschieße dich, da ich keine Zeugen brauche. Nun, was wirst du tun?“ Ich war erschreckend ruhig, da ich ihre Antwort zu wissen glaubte. Sie wollte nicht sterben, stellte sich nur die Frage, wie weit war sie bereit für ihr Leben zu gehen.

„Was wären das für Regeln?“ Ihre Frage ließ mich Lächeln. Ich hatte sie also richtig eingeschätzt.

„Du erzählst niemandem, dass du ein Vampir bist oder Werwolf warst. Du tötest keine Menschen. Aber am wichtigsten, egal, was du siehst oder hörst, sei ruhig. Da wo ich dich hinbringen werde, zählt nun eine Meinung und jeder der etwas Anderes behauptet, wird getötet.“

„Im Klartext, ich soll die Klappe halten, niemanden umbringen und meine Meinung für mich behalten.“

„Kann man so sagen, ja.“

„Das klingt machbar, fürs erste“, räumte sie ein und lächelte schwach. Ich nickte und schon einen meiner Ärmel nach oben. Aus meinem Schuh fische ich das Messer und schnitt mir in den Arm. Ich verfehlte gekonnt alle wichtigen Adern und hielt ihr meinen blutenden Arm hin. Zögerlich setzte sie ihre Lippen auf die frische Wunde. Es brauchte drei Anläufe, bis sie sich endlich dazu durchringen konnte, das Blut zu trinken. Eine Weile ließ ich sie gewähren, löste aber schließlich meinen Arm. Schweigend wickelte ich mir ein Stück Bettlaken um das Handgelenk und holte die Zweite Spritze mit Vampirblut. Nachdem sich die Wunde wieder geschlossen hatte, wurde es Zeit nach Hause zu gehen. Der Hubschrauber wartete bestimmt noch.

„Lass uns gehen. Ach und übrigens, mein Name ist Caroline.“

„Hayley“, erwiderte sie knapp und folgte mir nach draußen. Wie ich vermutete hatte, wartete der Hubschrauber noch.
 

Nach einer Standpauke von Tony, die Olek in vollen Zügen genoss und dem ein oder anderem geheuchelten Satz, den ich wohl ewig bereuen würde, konnte ich Hayley den Gebäudekomplex zeigen. Ich hatte versprochen, dass sie mir helfen würde, meine Arbeit zu machen und genau das sollte sie auch. Ich stellte Hayley auch Chloé vor, die Hayley einen riesen Schrecken einjagte, als sie ihr ihren Ring quasi vom Finger riss. Nach einem Zauber und dem Hinweis, dass sie nun Tageslicht vertragen würde, entließ uns Chloé aus ihrer Zelle. Als nächstes stellte ich ihr Tasha vor und ließ sie glatt ein paar Stunden bei ihr. Nach dem ich ein wenig drängeln musste, hatte sich Tasha wiederwillig bereit erklärt, ihr ein paar Tipps zu geben, damit sie nicht auffallen würde. Die nächsten zwei Wochen verbrachte ich damit Hayley das Schießen mit einer Waffe beizubringen. Sie hatte es zwar nicht nötig, aber es war unauffälliger. Ich hatte mir sogar etwas wegen dem Blut überlegt und ich musste gestehen, für einen Frischling, machte schlug sich Hayley als Vampir nicht schlecht. Sogar Tony war von ihr Begeistert und richtete ihr mit Freuden ein eigenes Zimmer, direkt neben meinem ein. Einzig und allein Oleks Laune sank in den Keller, da er dank Hayley jetzt noch viel weniger Aufmerksamkeit bekam. Aber nach diesen zwei Wochen änderte sich so einiges. Es war Vollmond und Chloé hatte mich und Hayley zu sich zitiert. Es war ungewöhnlich, aber da Hayley ungewohnt nervös war, beschloss ich Chloés Forderung nachzugeben. Die junge Hexe erwartete uns bereist eine Weile. Das merkte ich daran, dass sie auf ihrem Bett saß und mit ihren Haaren spielte. Das tat sie immer, wenn sie nervös war.

„Was ist los?“, wollte ich wissen, kaum das ich die Tür geöffnet hatte.

„Hayley sollte die Nacht heute besser in einem der Gästezimmer verbringen.“ Schon wieder eine kryptische Andeutung, wie ich es liebte.

„Könntest du genauer werden“, forderte Hayley ungehalten und ich musste schmunzeln. So wie es aussah, war Hayley auch kein Fan von der “macht mal, ihr werdet schon merken warum“-Methode.

„Ich hatte eine Vision“, erklärte Chloé langsam.

„Und ich noch kein Frühstück“, drohte Hayley. Ich stutzte, sonst hatte sie sich besser im Griff.

„Das ist der erste Vollmond, seit der Wolfsfluch aktiv ist.“ Anscheinend hatte sogar Chloé Respekt vor Hayleys Drohung.

„Das sollte keine Rolle spielen“, mischte ich mich perplex ein.

„Irgendwie tut es das doch. Fragt mich nicht, wieso, aber ich habe gesehen, wie sie sich in einen Wolf verwandeln wird. Also sollte sie heute Nacht besser in einem abgesperrten Raum sein, aus dem sie nicht rauskommt.“ Ich kannte diese Hexe lange genug, um ihre Warnungen ernst zu nehmen. Und wenn es nur zur Sicherheit war, würde Hayley heute Nacht in einer leeren Zelle schlafen. Mit etwas Glück irrte sich Chloé, denn sonst hatten wir ein Problem. Hayley hingegen sah das anders und verließ Kommentarlos den Raum. Ich hatte Mühe mit ihr Schritt zu halten.

„Jetzt warte doch mal“, keuchte ich, als ich die kurz vor ihrem Zimmer endlich eingeholt hatte.

„Warum, damit du mir erklärst, dass es besser ist, die durchgeknallte Hexe ernst zunehmen?“ Sie war wütend und ein Stück weit konnte ich das verstehen. Kurzentschlossen zog ich sie in mein Zimmer.

„Vielleicht irrt sich Chloé ja, aber wenn nicht, was dann? Was wenn du wirklich zum Wolf wirst und dich jemand hier sieht? Die würden dich töten. Wenn du mich fragst ist es absurd, aber bist du wirklich bereit, das Risiko einzugehen?“

„Scheiße, verdammt.“ Hilflos ließ sich Hayley auf mein Bett fallen. „Was wenn sie recht hat? Vincent sagst, es tut weh. Die Verwandlung. Ich habe keine Angst, dass sie es herausfinden. Ich habe Angst, dass sie Recht haben könnte“, gestand Hayley leise. Ratlos setzte ich mich neben sie.

„Hilft es, wenn ich bleibe?“, bot ich an. Ich wusste nicht einmal warum. Die meisten Personen hier waren mir egal. Ich tat, was ich tun musste, um zu überleben. Doch was Hayley betraf, schien meine Strategie nicht aufzugehen, denn ich konnte ihren Blick nicht vergessen. Stumm nickte sie und damit war die Sache beschlossen. Wir schlichen nach dem Abendessen in eine der leeren Zellen. Die Fernbedienung zum Öffnen der Zelle nahm ich mit, da wir sonst dort bleiben würden, bis jemand die Zelle brauchte. Eine Ewigkeit saßen wir stumm in der Zelle und warten. Selbst für mich, war es nicht einfach, aber für Hayley musste es de Hölle sein. Nach Mitternacht dachten wir beide, dass sich Chloé geirrt hatte. Genau in diesem Moment begann Hayley sich zu verwandeln.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Offensichtlich hat sich Chloé nicht geirrt, wäre auch langweilig, wenn doch. Im nächsten Kapitel feiern wir Kindergeburtstag, denn Caroline wird süße 20 und sind wir mal ehrlich, wer spielt da nicht gerne Topfschlagen? Komplett anzeigen

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