Fang mich auf von Dolly-Bird ================================================================================ Kapitel 5: Gespräche -------------------- „Zeref, möchtest du dich heute mitteilen?“, fragte Gerard wie jede Woche. Der Angesprochene machte den Mund auf um zu verneinen, doch Natsu kam ihm zuvor. Mit einem aufmunternden Lächeln sagte er: „Geb dir einen Ruck. Glaub mir, es hilft über das zu reden was einen beschäftigt.“ „Das stimmt“, bestätigte Gerard, „nichts was du hier sagst wird diese Runde verlassen.“ Zeref biss sich unsicher auf die Unterlippe. Sollte er wirklich? Aber er musste auch nicht alles erzählen. Er seufzte tonlos und begann zu sprechen: „Ich hasse Menschen! Außer euch, ihr seid die ersten die nett zu mir sind.“ Fügte er mit einem verlegenen Lächeln leise hinzu. Nach einem Moment der Stille erzählte er von seiner Kindheit. Er erzählte wie er immer gemieden wurde, nur wegen seinem Namen. Er erzählte von seinen Eltern die ihn nie wollten, ihm nie Liebe gezeigt hatten und nie für ihn dagewesen waren. Nur seine dunkle Seite verschwieg er. Als Zeref geendet hatte sagte niemand mehr etwas. Sie sahen nur betroffen zu Boden. Keiner von ihnen hatte eine leichte Kindheit gehabt, doch diese Geschichte übertraf ihre um Längen. Erst ein leises Schluchzen durchbrach die unangenehme Stille. Zeref wischte sich hastig über sein Gesicht. Wieso musste er jetzt auch anfangen zu heulen? Es war ihm peinlich und er rechnete schon damit ausgelacht zu werden, doch stattdessen stand Natsu plötzlich vor ihm, zog ihn hoch und in seine Arme. Leise flüsterte er in Zerefs Ohr: „Weine ruhig. Lass es raus. Ich bin da. Es ist okay.“ Plötzlich schlangen sich noch mehr Arme um ihn. Zeref wusste nicht wie lange sie so dastanden. Doch irgendwann versiegten seine Tränen und die Erschöpfung kam über ihn. Er hatte seine Geschichte so noch nie jemandem erzählt, aber nun fühlte er sich tatsächlich besser. Natsu hatte Recht gehabt, es half darüber zu sprechen. +~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+ Es war Nacht und Zeref lag wach in seinem Bett. Egal was er machte, er schlief einfach nicht ein. Als er bei Gerard geschlafen hatte, hatte er sich zum ersten Mal wirklich geborgen und beschützt gefühlt. Auch heute als sie ihn alle umarmten und trösteten hatte er sich nicht mehr allein gefühlt. Doch nun wo er in seinem Bett lag überkam ihn die Einsamkeit. Seinen ersten Gedanken, wieder zu Gerard zu gehen, verwarf er gleich wieder. Dieser war nicht da, er musste aufgrund eines Notfalls in die Klinik seines Vaters und würde vor dem Morgen auch nicht wieder kommen. Was sollte er nun tun? Unruhig wälzte er sich in seinem Bett hin und her. Natsu hatte auch gesagt er könne jederzeit zu ihm kommen. Aber es war schon weit nach Mitternacht. Zeref rang mit sich. Er wollte den anderen nicht wecken. Ehe er sich versah stand er vor der Tür zu Natsus Zimmer. Zeref zögerte. Sollte er klopfen? Er wollte gerade wieder kehrt machen und in sein Zimmer zurück gehen als die Tür vor ihm geöffnet wurde. Natsu, nur mit T-Shirt und Boxershorts bekleidet, sah ihn überrascht an: „Zeref? Was machst du denn hier?“ Dieser klebte mit seinem Blick peinlich berührt am Boden und nuschelte: „Ich kann nicht schlafen.“ Er rechnete damit, dass Natsu ihn als Kleinkind bezeichnen und in sein Zimmer schicken würde. Das hatten seine Eltern immer getan wenn er sich tatsächlich in ihr Schlafzimmer wagte nach einem Alptraum. Doch Natsu lächelte nur und wuschelte ihm durch die schwarzen Haare: „Du kannst schon mal rein gehen, ich komme gleich wieder.“ Zeref schaute den anderen mit großen Augen an. Als dieser im Bad verschwand betrat er zögerlich Natsus Zimmer. Es war auch ziemlich groß. Auf der rechten Seite stand ein großes Bett mit roter Bettwäsche. Auf dieser war ein feuerspuckender Drache abgebildet. Gegenüber der Tür befand sich unter einem großen Fenster ein Schreibtisch und an der linken Wand stand ein Kleiderschrank. In der Mitte lag ein schwarzer, flauschiger Teppich, der geradezu dazu einlud sich darauf zu setzen. Die Wände waren in einem zarten Orange gehalten. Unschlüssig stand Zeref in dem großen Raum und wusste nicht so recht wo er sich hinsetzen sollte. Natsus Bett sah schon sehr einladend aus, aber ging das nicht zu weit? Die Entscheidung wurde ihm abgenommen als dieser wieder kam. „Was stehst du denn so rum wie bestellt und nicht abgeholt?“, fragte er belustigt. Er zog Zeref einfach mit zu sich auf sein Bett. „Also, was ist los?“ Der Jüngere schwieg. Er kam sich so lächerlich vor in diesem Augenblick. Eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen, bis Zeref leise fragte: „Fühlst du dich manchmal auch einsam?“ Natsu lächelte traurig. „Bevor ich hierher kam fühlte ich mich immer einsam. Als wäre ich ganz allein auf dieser großen Welt. Ich glaube jeder von uns kennt das Gefühl. Doch seit ich hier bin fühle ich mich kaum noch so. Auch wenn wir nicht miteinander verwandt sind, wir sind trotzdem eine Familie.“ Er legte einen Arm um Zerefs Schultern. Natsu konnte gut verstehen wie der andere sich fühlte. Er war erst seit ein paar Wochen hier. Dass er an diesem Tag seine Geschichte erzählte war schon ein großer Schritt. „Ich weiß noch wie ich neu hier war. Es hat drei Monate gedauert bis ich zum ersten Mal in der Gruppe über mich sprach. Ein paar Tage zuvor war Gray mit zwei Stück Schokokuchen abends zu mir gekommen. Er hat sie heimlich aus der Küche gestohlen. Der Kuchen war für den nächsten Tag gedacht, weil Gerards Eltern zu Besuch kommen wollten. Es gab dann auch mächtig Ärger als er bemerkte, dass der Kuchen bereits angeschnitten war.“ Natsu lachte leise bei der Erinnerung daran. Dann sprach er weiter: „Das war das erste Mal dass wir uns richtig unterhielten. Sonst stritten wir immer wieder. Gray war die ganze Nacht geblieben und war einfach nur da. Zum ersten Mal fühlte ich mich nicht einsam.“ Zeref sah Natsu mit undefinierbarem Blick an. Dann fragte er, ohne weiter darüber nachzudenken: „Wann wirst du ihm sagen was du für ihn empfindest?“ „Was?!“, erschrocken starrte Natsu ihn an. Woher wusste er davon? „Selbst mir sind die Blicke aufgefallen die du Gray immer zuwirfst. Und dann dein Verhalten gestern, als Lyon da war, war schon ziemlich offensichtlich. Der Einzige, dem es nicht auffällt, ist Gray.“ Sprachlos starrte Natsu ihn an. Das hätte er ihm nicht zugetraut. Doch bevor er dazu etwas sagen konnte fuhr Zeref schon fort: „Keine Sorge, du bist nicht der Einzige hier. Sting und Rogue mögen sich auch, aber bemerken es nicht.“ „Das ist dir in so kurzer Zeit aufgefallen?“, fragte Natsu verwundert. Zeref nickte: „Ja. Dadurch dass ich immer allein war habe ich gelernt in den Gesichtern der Menschen zu lesen. Und manchmal sagt ein Blick wirklich mehr als tausend Worte.“ Natsu war sprachlos. Er hatte über zwei Jahre gebraucht um herauszufinden dass Sting und Rogue aufeinander standen. Natsu warf einen Blick auf sein Handy, es war schon nach 1 Uhr. „Wir sollten schlafen. Wenn du möchtest kannst du gern hierbleiben.“ Zeref zögerte, nickte dann aber. Er wollte nicht allein sein. Natsu hob seine Decke an und schlüpfte darunter. Als Zeref neben ihm lag löschte er das Licht und flüsterte: „Gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ Nun war es Natsu der nicht einschlafen konnte. Er dachte über Gray nach. Sollte er es ihm wirklich sagen? Zweifel überkamen ihn. „Zeref? Schläfst du schon?“, flüsterte Natsu und drehte sich zu diesem um. „Was ist?“, nuschelte dieser müde. „Glaubst du wirklich ich sollte es Gray sagen? Ich meine, was wenn er meine Gefühle nicht erwidert? Besteht überhaupt die Chance dass er sie erwidern könnte?“ „Natsu…“, murmelte Zeref. „Schlaf.“ Er seufzte: „Ich kann nicht.“ Der Jüngere drehte sich um und schaute Natsu müde an: „Was sollte im schlimmsten Fall passieren? Ich glaube nicht dass Gray dich dann hasst. Vielleicht braucht er dann erst mal Abstand. Im besten Fall fühlt er genauso wie du. Das kannst du nur herausfinden wenn du es ihm sagst. Und jetzt lass mich schlafen.“ Natsu wollte noch etwas erwidern, doch der ruhige, gleichmäßige Atem des anderen ließ ihn inne halten. Zeref hatte recht. Nur Gray konnte ihm sagen ob er seine Gefühle erwidert. Über diesen Gedanken schlief er ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)