I'm in Love with a Killer von Sakami-Mx (Sie leben unter uns) ================================================================================ Kapitel 18: Aufbruch in eine neue Welt -------------------------------------- Aufbruch in eine neue Welt Pey: Verwundert blickten wir den Hörer an. Es war eine tiefe, männliche Stimme, welche etwas gereizt klang. Im ersten Moment wusste keiner, was er sagen sollte und so fuchtelten wir uns gegenseitig zu, etwas zu sagen. „Chi c’é?“ Die Stimme klang nun noch gereizter und wir mussten uns schnell etwas einfallen lassen, damit der Kerl nicht auflegte. Die Sprache mit welcher er uns Ansprach war allem Anschein nach italienisch. Warum hatte Rel Kontakt mit Italienern? Innerlich lachte ich kurz auf. Das war ja wohl kaum jemand von der Mafia. „Nicht auflegen!“, sagte ich dann wie aus Reflex, verstummte jedoch sofort. „Wer bist du und was willst du von mir?“, fragte der Kerl mit seiner dunklen Stimme nun in unserer Sprache, doch der italienische Akzent war ihm noch deutlich anzuhören. „Wir sind Freunde von Rel“, antwortete ich für uns alle. Gespannt warteten wir auf eine Reaktion. „Und weiter?“, hakte der Unbekannte, welcher unter dem Namen Itinier eigespeichert war, nach. „Rel geht es nicht gut und er sagte, er muss nach Hause. Du bist unser einziger Anhaltspunkt um ihn… nun ja… von hier weg zu bekommen“, erklärte ich knapp unsere Lage. Es herrschte einen Moment Stille, dann war ein leises Lachen zu hören. „Kaum zu glauben, dass der werte Herr mal in Schwierigkeiten stecken würde. Wo ist er?“ „Er schläft“, antwortete ich und sah dabei besorgt zu meinem Kumpel, welcher immer noch neben mir lag. Die Bewegungen seiner Brust waren so minimal, dass man hätte meinen können, er würde gar nicht mehr atmen. „Um diese Uhrzeit? Wohl kaum. Gib ihn mir, damit ich mit ihm reden kann. Es könnte ja jeder Dahergelaufene behaupten den werten Herrn zu kennen.“ Ich verdrehte die Augen und seufzte resigniert. „Das geht nicht. Er ist in einer ganz üblen Verfassung und wir wollen ihn nicht aufwecken“, beharrte ich. „Tze. Und was heißt ‚wir‘? Wer seid ihr überhaupt? Der werte Herr hat keine Freunde in der Menschenwelt. Er ist mit seinem Bruder unterwegs und sonst war niemand bei ihm, als er damals durch das Portal kam.“ „Warum zum Fuck nennst du Rel die ganze Zeit werter Herr? Bist du sowas wie‘n Butler, oder was??“, mischte sich auf einmal Baka ein. „Baka!“, knurrte ich in seine Richtung. Warum musste er auch immer so vorlaut sein? „Ihr klingt wie totale Idioten. Jeder aus der Adelsfamilie wird so angesprochen. Das ist ein höflicher Umgangston. Euch Grünschnäbeln das zu erklären lässt mich darauf schließen, dass ihr nur wenig Ahnung habt, mit wem ihr es bei ihm zu tun habt.“ Verwirrt starrten wir das Display an. „Adelsfamilie?“, hakte ich nach. Nun, das war mir weiß Gott etwas suspekt. Rel und adlig? Nie im Leben! „Wenn du damit meinst, ob wir wissen würden, dass Rel ein Dämon ist, dann ja, das wissen wir. Wir sind ebenfalls welche“, antwortete Pira. „Wie viele seid ihr?“, wollte der Fremde wissen. Er war wahrscheinlich schon etwas überrascht, dass immer mehr Stimmen antworteten. „Fünf“, antwortete ich. Anna blickte mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Du zählst nicht“, wisperte ich ihr zu, worauf sie nur die Augen verdrehte. „Und wie kann ich sicher sein, dass ihr den werten Herrn nicht entführt habt und ihn erpresst, um durch das Tor zu kommen?“ „So ein Unsinn“, schnaufte ich und raufte mir die Haare. „Alter, kannst du ihn nicht einfach mal beim Namen nennen?“ „Baka!“, fuhr ich ihn erneut an. „Was denn? Das hört sich doch total behindert an!“ „Halt…einfach deine Schnauze“, fuhr Bana ihn nun zähneknirschend an und schlug ihm auf den Hinterkopf. „Na schön. Dennoch gebe ich euch keine Info’s, bevor ihr mir nicht beweisen könnt, dass Rel bei euch ist und wirklich Hilfe benötigt“, meinte der Fremde beharrlich. Wir hatten keine andere Wahl: wir mussten Rel wieder aufwecken! „Sollte er sterben geht das auf deine Kappe, Kumpel!“, knurrte ich in das Handy, was nur mit einem belustigten Lachen zur Kenntnis genommen wurde. Ich beugte mich leicht zu Rel vor und rüttelte an seiner Schulter. Im ersten Moment tat sich nichts, doch dann machte er die Augen einen spaltbreit auf. Es waren wieder seine normalen, blauen Augen, dennoch waren sie etwas getrübt und leicht glasig. „Da ist jemand am Telefon, der dich sprechen möchte“, ließ ich ihn wissen. „Was?“, fragte er mit brüchiger Stimme und schloss wieder die Augen. „Du musst nur sagen, dass es dir beschissen geht und dass du nach Hause willst“, drängte ich ihn. Unser Zuhörer blieb ruhig und belauschte uns weiter. Der Weißhaarige öffnete erneut die Augen und blickte mich wütend an, seine Augen hatten sich wieder in die eines Dämons verwandelt. „Oh shit“, entfuhr es mir und ich sprang sofort auf. „Verriegelt die Tür, er darf nicht schon wieder versuchen abzuhauen!“, rief ich den anderen zu, welche sofort aufsprangen. Zusammen kreisten wir den Weißhaarigen ein, welcher uns mörderisch anfunkelte. „Spielen wir etwa wieder das gleiche Spielchen?“, fragte Rel süffisant und machte einen bedrohlichen Schritt auf mich zu. „Reg dich ab, du bist krank und weißt nicht was du tust!“, ermahnte ich ihn und stellte mich kampfbereit hin. Anna hinter mir ergriff das Handy und meinte ernst: „Er verliert wieder die Kontrolle. Genügt Ihnen der Beweis, dass er seine Freunde angreift? Er braucht Hilfe!“ Es war nur der Bruchteil einer Sekunde in der Rel’s Aufmerksamkeit wieder zu Anna huschte und er sich auf sie stürzte. „Lass sie los!“, schrie ich ihn an und stürzte mich auf ihn. „Diese Bestie hat mir das angetan! Sie muss dafür büßen!“, knurrte der Dämon, ließ von dem Mädchen ab und kickte mich zur Seite. Schmerzend musste ich mir den Bauch halten, da er mich genau in die Magengrube getroffen hatte. Wo holte er nur schon wieder diese Kraft her? Das war unmöglich! Ich taumelte zurück und krachte ächzend gegen die Wand, nur um daran herunter zu sinken und mich zu übergeben. Mir wurde regelrecht schwarz vor Augen und mein Hals brannte elendig. „Pey!“, rief Anna erschrocken aus und wollte zu mir, doch der Dämon stellte sich in ihren Weg. „Du kommst hier nicht durch“, lachte er und wollte wieder nach ihr schlagen, als er auf einmal stehen blieb und qualvoll aufschrie. Mit blinzelnden Augen blickte ich in seine Richtung und bemerkte, dass die Braunhaarige ihre Augen geschlossen hatte und sich zu konzentrieren schien. „Nein Anna! Das wird ihn umbringen!“, keuchte ich und schaffte es sie aus ihrer Trance zu holen. Rel war in sich zusammengesunken und hielt sich schmerzend den Kopf. „Sie hat’s wieder getan!“, rief Baka aus und wich von ihr zurück. Hatte Anna etwa endlich herausgefunden, wie sie ihre Kräfte gegen uns benutzen konnte? Das Mädchen blickte mich mit Tränen in den Augen an. „Das-das wollte ich nicht“, stotterte sie und sank auf dem Sofa zusammen. Bana und Piwi waren zu Rel geeilt, der sich schon wieder übergeben musste, und stützten ihn etwas. Ich saß noch an der Wand und hielt mir den Bauch fest. Die Bauchschmerzen der vergangenen Tage waren schlagartig wieder da, nun aber schlimmer als je zuvor. Die Krämpfe machten mich beinahe wahnsinnig, so sehr schmerzten sie schon. Der dunkle Schleier vor meinen Augen nahm allmählich wieder zu und ich drohte zur Seite umzukippen. Baka war so weit wie möglich von Anna gewichen und starrte sie mit aufgerissenen Augen an. Sein Blick, gemischt aus Verzweiflung und Wut, sprach Bände. Er war wohl der einzige, der nachvollziehen konnte wie es sich anfühlte, wenn einem regelrecht das Hirn frittiert wurde. Pira hingegen hatte mein Handy wieder aufgehoben, welches auf den Boden gefallen war und sprach wütend zu dem Kerl, welcher bis jetzt noch keinen Mucks von sich gegeben hatte. „Hör zu: Wir haben hier gerade nicht nur unser eigenes, sondern auch Rel’s Leben auf’s Spiel gesetzt. Jetzt sag uns endlich was wir wissen wollen, damit das hier alles endlich ein Ende hat, verdammte Scheiße!“ Der unbekannte Italiener schwieg noch einen Moment bis er seufzte. „Es scheint, als steckt ihr wirklich in Schwierigkeiten. Ich werde euch eine Adresse schicken und ihr werdet 24 Stunden Zeit haben, um dort aufzukreuzen. Die Zeit zählt ab jetzt-“ Im selben Moment legte er auf. „So ein Wichser!“, keifte Pira und knallte mein Handy auf den Tisch. „Alter! Geh sorgsamer damit um…“, murmelte ich, als sich mein Bauch langsam wieder beruhigt hatte und sich der schwarze Schleier um meine Augen gelegt hatte. Mit dem Handrücken wischte ich mir das Blut von meinen Mund und blickte nun gänzlich auf. Anna saß noch immer auf dem Sofa und weinte, weswegen ich mich aufrappelte und zu ihr humpelte, nur um sie dann tröstend in den Arm zu nehmen. „Das wollte ich nicht“, schniefte sie und vergrub ihr Gesicht in meinem Oberteil. „Ich weiß… Das ist wie ein Schutzmechanismus den du nicht kontrollieren kannst“, flüsterte ich in ihr Ohr. „Warum nimmst du sie immer und immer wieder in Schutz? Sie hat uns das alles hier eingebrockt!“, schrie Bana mich plötzlich an. Er hockte noch immer an Rel’s Seite und hielt ihm das Tuch von eben vor den Mund, damit er nicht zu viel von seinem Blut erbrach. „Wegen ihr verreckt Rel vielleicht noch, genauso wie du! Sie hat uns den ganzen Mist eingebrockt! Hättest du sie vor ein paar Tagen in einem Grab versenkt, dann würden wir noch ein friedliches Leben führen!“ „Ja!“, pflichtete Baka ihm bei. Erstaunt sah ich die beiden an. Verschworen sie sich gerade gegen mich? „Jungs, jetzt beruhigt euch doch mal…“, versuchte Piwi den Streit zu schlichten, „Ich find die Situation auch Scheiße, aber man kann nichts mehr daran ändern. Passiert ist passiert.“ „Fresse, du kleiner Pisser. Du hast doch von Anfang an auf ihrer Seite gestanden!“, hetzte Pira gegen seinen Bruder. „LEUTE! Jetzt hört endlich auf mit der Scheiße!“, schrie ich durch den Raum. Im Endeffekt war das keine so gute Idee gewesen, da mein Bauch wieder anfing weh zu tun, aber es war dringend nötig gewesen. Zwischen uns herrschte eine geladene Stimmung, bis auf einmal mein Handy vibrierte. Pira blickte auf den Display und lachte abschätzig. „Der will uns doch verarschen“, murmelte er und schüttelte den Kopf. „Was ist los?“, fragte ich verwundert. Die ungemütliche Stimmung schien vom einen auf den anderen Moment wie, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. „Wenn wir es noch rechtzeitig schaffen wollen, sollten wir uns in der nächsten Stunde auf den Weg machen. Wir müssen verdammt weit fahren!“, seufzte der Braunhaarige mit den blonden und violetten Strähnen und fuhr sich angestrengt durch die Haare. Piwi: „Und wie gedenkst du, dass wir von hier weg kommen?“, fragte ich meinen Bruder, welcher mich abschätzig ansah. „Wir werden mit zwei Autos fahren müssen, da wir zu viele Personen sind. Jeder sollte aber noch die Möglichkeit haben, seine wichtigsten Sachen so schnell wie Möglich herbeizuschaffen. Ich schlage vor, dass wir uns in einer halben bis dreiviertel Stunde am Stadtrand treffen.“ „Wer hat dich denn zum Organisator bestimmt?“, meckerte Baka, welcher nun endlich aus seiner Ecke zu uns kam und Bana und mir half, Rel auf das Sofa zu legen. „Alter!“, fuhr Pey ihn an. Dem Schwarzhaarigen mit den eisblauen Strähnen war deutlich anzusehen, wie mies es ihm ging. Er hielt sich schmerzend den Bauch und war auch deutlich blasser im Gesicht geworden. „Wenn wir uns weiter zoffen, bringt uns das auch nicht weiter“, seufzte ich angesträngt und hob zusammen mit den beiden Jungs den Weißhaarigen hoch. Stück für Stück näherten wir uns dem Sofa und legten den Dämon behutsam ab. „Aber die da kommt nicht mit“, motzte der Braunhaarige weiter und nickte in Anna’s Richtung, dennoch war ein wenig Ehrfurcht aus seiner Stimme zu hören. „Sie kommt mit“, beharrte Pey, welcher die Braunhaarige immer noch im Arm hielt. Ihr Schluchzen und Schniefen hatte aufgehört und nun schmiegte sie nur noch ihr Gesicht in sein Oberteil. „Verdammte Scheiße! Pey, merkst du denn nicht wie sie dich verändert? Du hättest nicht mal im Traum daran gedacht, irgendein dahergelaufenes Mädchen zu beschützen!“, schnauzte mein Bruder ihn an. „Pira!“, schaltete ich mich ein. „Er kann doch wohl selbst entscheiden, was er tut!“ Mein Bruder schüttelte abschätzig den Kopf und lachte verächtlich. „Du warst ja schon immer ein Weichei, aber dass auch du dich auf die Seite des Feindes stellst, hätte ich nie von dir erwartet. Du bist einfach nur ein dreckiger Verräter!“ „Ich bin ein was?“, fragte ich gereizt und machte einen Schritt auf ihn zu. „Bitte, hört einfach auf“, seufzte Pey mit letzter Kraft und kippte wie aufs Stichwort um. Anna hielt ihn so fest sie konnte, um ihn vor einem Aufprall zu bewahren. „Scheiße!“, fluchte mein Bruder und ging schnell zu dem Schwarzhaarigen mit den eisblauen Strähnen, um ihn Anna abzunehmen. Das Mädchen hatte panisch ihre Augen aufgerissen und klammerte sich verzweifelt an den Größeren. „Anna, lass ihn los. Das bringt doch jetzt auch nichts mehr“, seufzte ich schwach und half meinem Bruder, unseren Kumpel aus ihrem schraubstockartigen Griff zu befreien. „Es ist alles meine Schuld…“, flüsterte sie und starrte auf eine unsichtbare Stelle vor sich auf dem Boden. Ich kniete mich vor sie und nahm ihr Kinn in meine Hand, um ihr Gesicht in meine Richtung zu drehen. „Jetzt hör mir mal zu: Natürlich ist dass alles deine Schuld, aber ändern können wir nun auch nichts mehr daran. Wir werden uns auf den Weg zu der Adresse machen und den beiden helfen. Wenn Rel rechtbehält, dann gibt es jemand der den beiden helfen kann. Wir müssen uns einfach nur beeilen und hoffen das alles gut wird, okay? Und du reist dich jetzt gefälligst zusammen, verstanden?“ Stockend nickte sie, ihre Augen füllten sich dennoch wieder mit Tränen. Sie hatte es wirklich nicht leicht, das wusste ich, aber sie war nun mal in unsere Welt geraten und ein Zurück gab es nicht. Der einzige Ausweg war der Tod, aber Pey würde uns umbringen, sollte Anna etwas zustoßen. Er schien sie wirklich mehr als nur zu mögen und das war sein Schwachpunkt. Mein Bruder war neben mich getreten und packte mich am Kragen als ich aufstand, nur um mich dann an die Wand zu drücken. „Wenn das hier vorbei ist, bist du Geschichte für mich. Dann will ich dich nie.wieder.sehen!“ Bei seinen Worten musste ich schlucken. War er so sauer auf mich, nur weil ich nicht so einen großen Hass auf das arme Mädchen schob, so wie die anderen? Was war er doch nur für ein Idiot?! „Schön“, sagte ich gepresst und schlug seine Hand weg. „Wir gehen. Jetzt sofort!“, befahl der Braunhaarige mit den blonden und violetten Strähnen und verließ den Raum. Bana und Baka folgten ihm. Zu unserem großen Glück oder eher Pech, je nachdem wie man es sah, hatten wir einen Kleinbus gefunden, welcher insgesamt Platz für elf Personen und einen Fahrer hatte. Mein Bruder schien seine selbsternannte Rolle als Anführer sehr auszukosten, denn er entschied eigenmächtig, dass er fahren würde. Bana und Baka hatten keine Einwände gehabt und meine Meinung war für die drei irrelevant gewesen. Der Braunhaarige und der Schwarzhaarige mit den roten Strähnen saßen auf den beiden vorderen Plätzen neben Pira, Anna und ich teilten uns die erste Bank und auf die letzten beiden Bänke schnallten wir Pey und Rel fest. Notfalls hatten wir den beiden die Hände auf den Rücken gefesselt, denn man wusste ja nie in welcher Verfassung sie wieder aufwachen würden. Mein Bruder hatte vor der Fahrt noch Pey’s Wohnung nach wichtigen Sachen durchsucht und war auf eine Sporttasche mit Portemonnaies gestoßen, welche allem Anschein nach von Pey’s Opfern zu stammen schienen. Bana und Baka hatten es sich zur Aufgabe gemacht, jegliches Geld was sie finden konnten in die Sporttasche zu stopfen und noch einige Wertgegenstände, welche man notfalls verpfänden konnte, sowie das Ladekabel von Pey’s Handy, damit wir jederzeit mit Itinier, oder wie der Typ hieß, Kontakt aufnehmen konnten. Und nun saßen wir alle in dem Bus und fuhren zu der Adresse die uns der Italiener geschickt hatte. Die Fahrt über passierte nichts aufregendes, da wir nicht befürchten mussten von der Polizei verfolgt zu werden. Bana hatte einige Straßen weiter von einem Auto die Nummernschilder, sowie die grüne Plakette aus dem Wagen geklaut und sie mit denen des Kleinbusses ausgewechselt. Ab und an machten wir einen kleinen Stopp in den Dörfern und Städten, um immer wieder die Schilder zu tauschen. Da es noch sehr früh am Morgen war verliefen die Aktionen immer unproblematisch, doch sobald der Tag gänzlich anbrach und die Menschen aufstanden, würde es schwieriger werden unsere Spuren zu verwischen. Nach ungefähr sieben Stunden Fahrt machten wir uns auf die Suche nach einem Ersatzfahrzeug. Es war mitten am Tag und unsere Chancen standen schlecht, nicht erwischt zu werden. Ein Problem würde das für uns nicht wirklich sein, hatten wir doch schon einen beachtlichen Hunger und das Magenknurren wurde immer lauter. Anna hatte sichtlich schlechte Karten mit uns, da Pira es nicht einsah irgendwo einen Halt zu machen, damit sie etwas Essen konnte, geschweige denn mal auf’s Klo gehen konnte. Sie tat mir wirklich leid, doch wenn ich mich immer weiter auf ihre Seite schlug, dann konnte ich es mir abschminken, dass Pira sich wieder beruhigte. Pey und Rel waren die komplette Fahrt bis jetzt bewusstlos geblieben, hatten keinen Mucks oder sonstiges von sich gegeben. Besorgt blickte ich immer wieder zu ihnen, musste ja feststellen ob sie überhaupt noch lebten. Der Braunhaarige mit den blonden und violetten Strähnen hielt auf einem etwas heruntergekommenen Rastplatz, welcher nicht gerade einladen aussah. Die Jungs stiegen aus und machten eine Erkundungstour über den Parkplatz um zu gucken, ob sie irgendwo ein geeignetes Fahrzeug für unsere weitere Reise finden konnten. Da hier nur wenige Autos standen, würde das nicht so lange dauern. Uns hatten sie aufgetragen auf den Bus und auf die Jungs aufzupassen, doch sobald die drei außer Sichtweite waren ließ ich Anna schnell auf’s Klo rennen und drückte ihr etwas Geld in die Hand, damit sie sich in dem Geschäft eine Kleinigkeit zu Essen kaufen konnte. Ich atmete genervt auf. Es war am helligten Tag und eigentlich würde ich jetzt irgendwo in einem dunklen Raum liegen und schlafen. Das Pira es bis hierher ausgehalten hatte verwunderte mich schon. Er war tagsüber wirklich eine sehr unangenehme Person, wie ich schon öfters in den vergangenen Jahren festgestellt hatte. Als sich hinter mir etwas regte drehte ich mich schlagartig um. Sollte Rel aufwachen, dann hätte ich keine Chance alleine gegen ihn. Pey hob verschlafen seinen Kopf an. „Wo sind wir?“, murmelte er und stöhnte gequält auf, hatte er anscheinend bemerkt dass er gefesselt war und sich nicht bewegen konnte. „Auf den Weg zum Portal. Du bist zusammengebrochen als wir noch in deiner Wohnung waren“, erklärte ich ihm die Lage. „Und warum bin ich gefesselt?“ „Reine Vorsichtsmaßnahme. Wie geht es dir?“ Er schüttelte knapp den Kopf. „Beschissen“, antwortete er dann und schloss wieder die Augen. „Bin ich irgendwie… komisch gewesen?“ Ich lachte kurz auf. „Wenn du meinst, ob du so abgedreht bist wie Rel, dann nein. Du hast die ganze Zeit über geschlafen oder warst bewusstlos.“ „Na toll“, seufzte er und drehte seinen Kopf zur Lehne. „Wo ist Anna?“ „Holt sich was zu Essen. Mein Bruder der Tyrann nimmt überhaupt keine Rücksicht auf sie.“ „Spasti“, hauchte der Schwarzhaarige mit den eisblauen Strähnen und schien wieder einzuschlafen. Die hinteren Fenster hatten wir mit Decken abgedunkelt, welche zufälligerweise im Bus gelegen hatten, damit die beiden nicht ständig von dem nervigen Sonnenlicht geblendet wurden. Aus der Ferne sah ich das Mädchen zu mir eilen, welche sich dann schnell auf ihrem Sitz wieder niederließ und keuchend versuchte wieder ruhiger zu atmen. „Die… drei… kommen zurück“, sagte sie nach ein paarmal tief Luft holen. In ihrer Hand hielt sie eine kleine Tüte mit Essen, welches sie fest an sich presste. „Denkst du… sie haben was gefunden?“, fragte sie. Ich schüttelte den Kopf. „Wohl kaum. Der Parkplatz ist wie leergefegt.“ „Kann ich irgendwie nicht verstehen. Klar hier liegt überall Müll rum, aber in dem kleinen Laden und auf den Toiletten ist es sehr ordentlich.“ „Tzja, das äußere Erscheinungsbild zählt“, meinte ich nur gleichgültig und lehnte mich in meinem Sitz zurück. Die Türen wurden aufgerissen und die drei Jungs stiegen genervt wieder ein. „Scheint, als wärt ihr nicht erfolgreich gewesen“, meinte ich monoton und blickte aus dem Fenster. „Fresse auf den billigen Plätzen“, fauchte mein Bruder nach hinten. Anscheinend war er immer noch sauer auf mich. Den nächsten längeren Halt machten wir erst wieder, als der Wagen zum zweiten Mal aufgetankt werden musste und da war es bereits schon leicht am Dämmern. Gut das wir genügend Geld dabei hatten und öfters tanken konnten, sonst wären wir nie so weit gekommen. Der Kleinbus schluckte schon so einiges. Über die Bilder der Videokameras machten wir uns herzlich wenig Gedanken, da wir ja oft genug die Nummernschilder ausgetauscht hatten. Bana und Pira waren wieder auf eine Erkundungstour gegangen, diesmal jedoch wegen einem kleinen Imbiss. Baka und ich waren dann in einer knappen Stunde dran, wenn wir einige Entfernung zu unserem jetzigen Aufenthaltsort geschaffen hatten. Es war schon ein gewaltiges Risiko, dass Pira und Bana noch am helligten Tag auf Essensuche gingen, da sie zu der Zeit hundertprozentig erwischt werden würden, doch kaum eine halbe Stunde später kamen sie wieder, schlechtere Laune als je zuvor. „Habt ihr niemanden gefunden?“, fragte Baka, welcher auf seinem Platz gesessen und geduldig auf seine Verbündeten gewartet hatte. „Nein“, brummte Bana, welcher sich auf seinem Platz niederließ. „Hier sind zu viele Menschen, um jemanden unbemerkt wegzuschaffen“, fügte der Braunhaarige mit den blonden und violetten Strähnen hinzu und fuhr weiter. Bis zu unserem Zielort waren es noch knappe fünf Stunden. Ich war wirklich aufgeregt, was uns dort erwarten würde. Anna: Zwischendurch nickte ich immer wieder ein, da der Schlaf sich doch in meinen Knochen breitmachen wollte. Innerlich schlug ich mich immer wieder, wollte ich doch wach sein bis wir endlich da waren, doch mein Körper wollte einfach nicht. Die ganzen Strapazen und der Druck waren doch zu anstrengend für mich gewesen und ich war einfach nur erschöpft. Irgendwann bemerkte ich ein leichtes Rütteln an meiner Schulter und öffnete verschlafen die Augen. Piwi sah mich ernst an. „Wir sind da“, sagte er leise und erst jetzt merkte ich, dass Pira, Bana und Baka vor der geöffneten Tür standen und uns mit bösen Blicken anstarrten. Schnell war ich hellwach und schnallte mich ab. „Wir lassen Pey und Rel vorerst hier drin und gehen rein, um mit diesem Typen zu reden“, schlug Pira im bestimmenden Tonfall vor und machte sich auf den Weg. Ich sah mich verwundert um. Wir standen auf dem Parkplatz eines Clubs, welcher sehr gut besucht zu sein schien, denn die Plätze waren so gut wie alle belegt. Piwi schloss hinter mir die Schiebetür und schob mich mit. Mir war schon leicht mulmig zumute, da mir die Atmosphäre so unangenehm war. Was machten wir vor einem Nachtclub? Was wollten wir hier? War das wirklich die Adresse, welche uns dieser Typ zugeschickt hatte? Vor dem Eingang war eine sehr lange Schlange zu sehen, in der die Menschen ungeduldig warteten, um endlich hineinzukommen. Verwehrt wurde ihnen das von einem schrankartigen Türsteher, welcher finster dreinschaute. „Sind wir hier wirklich richtig?“, fragte ich den Rothaarigen schüchtern, doch er zucke nur planlos mit den Schultern. „Das Navi hat uns hier hergeführt.“ Unser kleiner Trupp blieb vor dem Türsteher stehen, welcher uns von oben bis unten musterte. Aus den Reihen war nur ein ‚Stellt euch gefälligst hinten an!‘, oder ein ‚Wir waren zuerst da!‘ zu hören. „Was wollt ihr?“, fragte er monoton und mit tiefer Stimme. „Wir haben angerufen. Gestern“, meinte Pira ruhig und wir warteten ab. „Und weiter?“ „Wir wollen mit dem Typen sprechen, mit dem wir telefoniert haben!“, beharrte Piwi’s Bruder und verschränkte die Arme. „Sonst was?“, hakte der Türsteher nach und verschränkte ebenfalls die Arme. „Ich werd dir-“ Piwi sprang schnell neben seinen Bruder und hielt ihn zurück. „Ich hab den ganzen verfickten Tag nichts gegessen, also geh mir nicht auf den Sack, Alter!“, schnauzte der Braunhaarige mit den blonden und violetten Strähnen den Türsteher an. „Pira, beruhig dich“, mahnte der Rothaarige ihn und hielt ihn weiterhin an den Schultern fest. Bana und Baka hatten sich neben Pira aufgebaut und funkelten den Typen vor sich mordlustig an. „So ist das also. Einen Moment“, meinte dieser dann plötzlich und winkte jemanden von drinnen zu sich, um ihm etwas zuzuflüstern. Kaum fünf Minuten später kam ein komischer Typ raus und starrte uns belustigt an. „Na wenn das mal nicht die Freunde des werten Herrn sind.“ Hosted by Animexx e.V. 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