I'm in Love with a Killer von Sakami-Mx (Sie leben unter uns) ================================================================================ Kapitel 16: Innere Reinigung ---------------------------- Innere Reinigung Pey: Seit ihrem Abschied von ihrer Freundin waren nun rund drei Tage vergangen. Anna fiel es sichtlich schwer ihr altes Leben hinter sich zu lassen, sie hatte viel geweint und war frustriert bis zum geht-nicht-mehr. Rel hatte sich in der Zwischenzeit immer noch nicht gemeldet und meine Sorge um ihn wurde von Zeit zu Zeit größer. Dieser Arsch hatte wirklich schon viel Mist gebaut, dennoch war er einer meiner Freunde und Freunde ließen sich nicht im Stich. Piwi und Pira waren am vergangenen Tag bei uns gewesen, hatten sich erkundigt ob sich Rel bei mir gemeldet hätte, was ich leider verneinen musste. Es war schon eigenartig dass er, kurz bevor wir den Entschluss festigen konnten von hier zu verschwinden, wie vom Erdboden verschluckt war und auch nicht mehr auftauchte. Mit der Zeit hatte ich ein komisches Gefühl im Magen: Bauchgrummeln und stechende Schmerzen. Konnten das wirklich nur meine Sorgen verursachen? Ich kauerte mich auf dem Sofa zusammen und hielt mir den Bauch fest. Wieder hatten diese komischen Bauchschmerzen begonnen und zogen sich hin. „Schon wieder?“, fragte Anna, welche neben mir auf dem Sofa saß und mit fern sah. Ich nickte stockend und mir entwich ein leises Aufkeuchen. „Scheiße man, das wird von Tag zu Tag schlimmer“, brummte ich und kugelte mich noch weiter zusammen. „Soll ich dir irgendwas holen? Vielleicht eine Wärmfalsche oder so?“ Missbilligend sah ich sie an. „Ich bin nicht krank! Ich kann gar nicht krank werden, weil mein Immunsystem um einiges mehr aushält als das eines Menschen. Außerdem bin ich tot und Tote können schlecht ne Grippe oder so bekommen.“ Die Braunhaarige zog einen Schmollmund. „Ich wollte bloß nett sein“, grummelte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Schon gut… Es geht ja gleich wieder“, seufzte ich und entspannte mich sichtlich. Das krampfartige Zusammenziehen hatte endlich nachgelassen. „Aber irgendwas muss ja mit dir sein“, meinte sie und sah mich abschätzig an. „Ich mache mir einfach nur sau viele Sorge, weil sich Rel nicht mehr meldet. Das passt gar nicht zu ihm!“ „Du willst mir doch nicht wirklich weiß machen, dass deine Bauchschmerzen da herrühren?!“, fragte sie mit einem ungläubigen Lächeln. „Ach was weiß ich…“ Schwermütig erhob ich mich und trottete in das Schlafzimmer. Wie die Tage zuvor versuchte ich wieder Rel zu erreichen, doch er hob einfach nicht ab. Was machte er nur? Und wo war er? Als ich schon fast die Hoffnung auf irgendein Lebenszeichen aufgegeben hatte, wurde der Anruf wirklich entgegen genommen. „Rel?“, fragte ich sofort, erhielt aber keine Antwort. „Rel? Man mach keinen Scheiß und verarsch mich nicht! Sag was du Pfosten!“, schrie ich ungeduldig in den Hörer. „Scheiße man… schrei doch nicht so“, krächzte er schon beinahe. „Fuck man, was ist denn mit dir passiert?!“ Meine Stimme wurde unruhiger. Anna schien gemerkt zu haben, dass ich mit jemanden sprach, denn sie stand im Türrahmen und sah mich fragend an. „Ich… hab… nur noch ein Prozent“, sprach er langsam und kraftlos. Was war passiert? Was hatte er? „Wo bist du?“, wollte ich sofort wissen. Auf der anderen Seite der Leitung vernahm ich nur ein Aufkeuchen und dann… war die Leitung tot. „Scheiß, Scheiße, Scheiße!“ Ich stand sprunghaft auf und wählte die Nummer erneut, aber der Blondhaarige nahm nicht mehr ab. „Fuck!“, war mein einziger Ausruf. „Beruhig dich, was ist denn los?“ Das Mädchen war an mich herangetreten und legte beruhigend eine Hand auf meinen Rücken. „Rel. Er hat abgenommen. Verdammt irgendwas muss passiert sein und ich hab keinen blassen Schimmer wo er steckt!“ Die Haare raufend lief ich auf und ab und schüttelte immer wieder den Kopf. Ich hatte also Recht mit meinen Befürchtungen gehabt! Plötzlich vibrierte mein Handy und zeigte eine neue Nachricht in der Gruppe an. Meine Augen weiteten sich schlagartig als ich sah, wer die Nachricht geschickt hatte. „Er hat einen Standort geschickt. Komm wir müssen los!“ Die Kleine am Arm packend zog ich sie mit aus der Wohnung und benachrichtigte meine Freunde, dass sie zu dem Standort kommen sollten. „Und wie sollen wir da hinkommen?“, fragte Anna leicht aus der Puste. Ich hatte sie die ganze Zeit über noch am Handgelenk gepackt und hinter mir hergezogen. „Das ist gar nicht so weit weg von hier. Wir können laufen!“, antwortete ich sofort und folgte dem kleinen blauen Pfeil auf meinem Display. Kurze Zeit später trafen wir in einer Straße ein, welche auf einen großen Platz führte, der überall mit Garagen bestückt war. Ungeduldig lief ich vor dem Eingang des Geländes herum und wartete, bis die anderen kamen. Diese ließen auch nicht lange auf sich warten und somit durchsuchten wir jede einzelne dieser Blechdosen nach einem Anhaltspunkt. Rel musste hier irgendwo sein, sonst hätte er uns nicht hier her gelotst! „Wir teilen uns auf!“, wies ich sie an und jeder nahm sich einen Abschnitt vor. Die Zeit drängte, das wusste ich. Kaum fünf Minuten später ertönte Pira’s Stimme über das Gelände. „Kommt mal hier her! Ich glaub ich kann Musik hören!“ Wir eilten sofort herbei und tatsächlich hörte man aus der einen Hütte ganz leise Rel’s Musik. Sie war einfach unverkennbar, daher ließ ich nicht lange auf mich warten, knackte mit meinen Händen das Schloss der Garage auf und zog das Tor nach oben. Wir stürmten in den kleinen Raum und sahen uns ungläubig um. Er war leer, wenn auch ein paar Kartons an der Wand gestapelt standen. Wie konnte das sein? Die Musik war doch lauter geworden. „Hey, hier ist eine Luke!“, meinte Piwi und deutete auf den Boden. Das Mondlicht in unserem Rücken beleuchtete nur ganz schwach einen Griff, welcher im Boden eingelassen war. Der Rothaarige ging in die Hocke und zog an dem eisernen Griff und tatsächlich öffnete sich eine unscheinbare Tür im Boden. Unter ihr befand sich eine Steintreppe, welche in den unterirdischen Keller führte. Die Musik war schlagartig lauter geworden, wenn auch nicht so laut dass es uns in den Ohren weh tat. Wir gingen langsam die Treppe hinunter, hatten ja keine Ahnung wo sie hin führte. Ein paar wenige Schritte später standen wir in einem gigantischen Raum, welcher komplett aus Stein bestand. Es waren unebene, dunkle Wände, von denen eine gewisse Kühle ausging. Unter uns erstreckte sich ein riesiger Betonboden, welcher eine unnatürliche Wärme ausstrahle. Es schien, als besäße er eine Fußbodenheizung oder sonst etwas in der Art. Der Raum war teilweise mit bis zur Decke reichenden Regalen ausgestattet, welche wohlmöglich auch als Stütze dienen sollten. An einer Wand leuchtete schwach das Licht einer kleinen Lampe, erhellte also nur minimal den Raum. Ich sah mich verwundert um. Wo waren wir denn hier gelandet? Schwarze Vorhänge hingen teilweise an den Steinwänden und gleichfarbige schwarze Teppiche schmückten das Ambiente. Weiter hinten war eine kleine Küche zu erkennen, schlicht in schwarz und weiß gehalten. Der Boden an dieser Stelle war mit helleren Fliesen bedeckt, welche zum grauen Betonboden im starken Kontrast standen. In der Mitte des Raumes säumten die ähnlichen deckenhohen Regale, welche an der Wand standen, einen runden Kreis und in ihm… stand ein schlichtes Doppelbett, was eher einem Meer aus Matratzen glich. Und auf diesem Matratzenmeer lag der Blondhaarige zusammengekauert in eine Decke eingewickelt. „Oh scheiße, was ist denn mit dem passiert?“, hauchte Bana beinahe tonlos und machte einen Schritt auf den halbnackten Kerl zu, welcher zu schlafen schien. „Rel!“, entkam es mir und ich stürzte sofort auf ihn zu und rüttelte an seiner Schulter. „Nicht so heftig… sonst muss ich kotzen…“, murmelte der Blondhaarige schwach und kraftlos. Er war total bleich und sein Tattoo auf dem rechten Oberarm stach total hervor. Als ich ihn zur Seite drehte bemerkte ich, dass sein kompletter Oberkörper blutverschmiert war. Seinen linken Arm, welcher unter seinem Kopf gelegen hatte zierte eine Bisswunde die allem Anschein nach von ihm selbst zu stammen schien. An seinem Mund war die gleiche Farbe des Blutes zu erkennen, dunkelrot beinahe schon schwarz! „Was ist passiert?“, fragte ich ihn sofort, achtet jedoch darauf ihn nicht zu schnell in eine sitzende Position zu zwingen. „Mir ist schlecht“, murmelte er, fasste sich schlagartig an den Bauch und krümmte sich zusammen. Aus seiner Kehle war ein würgendes Geräusch zu hören und er presste sich die andere, bis eben noch freie Hand auf den Mund. Ich schulterte ihn schlagartig und brachte ihn zur Küchenzeile. Dort beugte er sich sofort über die Spüle und erbrach erst einmal nur Blut. Ich hatte ja wenigstens noch erwartet, dass irgendwas von einer vergangenen Mahlzeit übriggeblieben wäre, aber da war nichts außer der dunkelroten Flüssigkeit. „Fuck man, was geht hier ab?!“ Baka war schon leicht panisch, da noch keiner von uns Rel in einer solch miserablen Verfassung erlebt hatte. Anna hatte sich auf eine der Steinstufen gesetzt und hielt sich am rostigen Geländer fest. Mit einem kurzen Blick über die Schulter stellte ich fest, dass ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war. „Geht’s wieder?“, fragte ich den Blondhaarigen, der wie ein schlaffer Sack in meinen Armen hing. Er hatte mit dem Würgen aufgehört und atmete schwer. „Schätze…schon“, meint er. Seine Beine schienen nachzugeben, weswegen ich Piwi zu mir orderte, der mir half Rel wieder zu seinem Bett zu bringen. Dort legten wir ihn zuerst hin, als auch schon Piwi total erschrocken zurück wich. Er war gegen etwas mit dem Fuß gestoßen, was allem Anschein nach ein menschlicher Kopf zu sein schien. Sein Bruder war ebenfalls an das Bett herangetreten und zog die Bettdecke zurück. Unter ihr kam das passende Anschlussstück zum Vorschein. „Rel was ist hier passiert?“, hakte ich erneut nach und wartete, bis er wieder seine Augen öffnete. Diese hatten schon einen leicht glasigen Glanz, welchen ich nur von meiner Schwester kannte, wenn sie eine Grippe hatte. „Wann… wollten wir uns treffen?“, wollte er jedoch zuerst wissen. „Vor gut vier Tagen“, gab ihm Pira die Antwort. „Scheiße… Dann lieg ich schon seit vier Tagen hier rum… Kein Wunder das es mir so beschissen geht.“ Seine Stimme brach ab und an mal ab und er musste sich räuspern, was dicht von einem Hustenanfall verfolgt wurde. „Diese Bauchschmerzen!“, beklagte er sich und griff nun fester an seinen Bauch. Ihn überfiel schon wieder ein solcher Anfall wie vor wenigen Minuten, doch die Übelkeit blieb diesmal aus und er wälzte sich zur Seite. Er stöhnte gequält auf. „Immer noch die gleichen wie vom Rückstoß?“, fragte ich nach und wurde mit einem gepressten Ja belohnt. „Kann einer mal diese verdammte Musik aus machen?!“, entfuhr es mir wütend und kurz darauf erstarb der Klang des Liedes. „Wir müssen ihn hier irgendwie wegschaffen!“, entschied ich und wollte ihm hoch helfen, doch Rel sträubte sich sofort dagegen. „Lass mich liegen… bitte…“ Planlos was ich machen sollte stand ich auf und betrachtete mir, nachdem Bana einen Lichtschalter entdeckt hatte, das Szenario genauer. Rel, einzig und allein in Boxershorts lag zusammengekrümmt auf seinem schwarzen Laken. Ein paar Zentimeter neben ihm lag eine kopflose Frau, die wahrscheinlich das ganze Blut an seinem Körper erklärte und am Fußende des improvisierten Bettes lag ihr Kopf. „Ich frage jetzt zum letzten Mal, was ist hier passiert?“ Rel kauerte sich noch ein Stückchen mehr zusammen und verharrte in dieser Position. „Nachdem ich nach Hause bin… hatte ich noch Hunger und hab mir was auf dem Weg aufgegabelt…. Meine Bauchschmerzen hatten etwas nachgelassen, also ging‘s wieder“, begann er mühselig alles zu erzählen. „Und nachdem wir hier waren, hatte ich dann halt noch etwas Spaß mit ihr.“ Sein kraftloses Lachen klang schon beinahe gruselig. „Und weiter?“, fragte ich, nachdem er eine stumme Pause eingelegt hatte. „Ich wollte sie töten, aber dann sind die Bauchschmerzen zurück gekommen und sie hat sich gewehrt und nach mir geschlagen, also hab ich ihr die Kehle abgedrückt… Und weil ich mich so verkrampften musste hab ich ihr aus Versehen den Schädel abgetrennt…“ Er musste Luftholen und wurde erneut von einem Hustenanfall durchrüttelt, welcher ebenfalls etwas Blut enthielt. Hinter uns ertönte ein dumpfer Aufschlag und als wir uns kurz darauf reflexartig umgesehen hatten, lag die Braunhaarige vor der Treppe auf dem Betonboden. „Sie ist ohnmächtig geworden“, betitelte Baka das Geschehen und trat an sie heran. Mit dem Fuß tippte er gegen ihren Kopf. „Hey!“, entkam es mir. „Was denn? Wollte nur mal gucken ob sie noch lebt.“ „Das kann man auch anders machen!“, blaffte ich zurück. Angestrengt fuhr ich mir mit der Hand durchs Gesicht und überlegte kurz, wie wir am besten vorgehen würden. „Wir müssen Rel hier rausbringen“, begann ich wieder, doch der Blondhaarige unterbrach mich. „Bloß nicht! Ich bleibe hier“, meinte er beharrlich. „Aber das bringt uns nicht weiter. Wir müssen dich hier rausbekommen und sehen was wir mit dir machen“, wandte ich mich an ihn. „Außerdem hab ich dein Tor kaputt gemacht“, hängte ich noch dran. „Das bezahlst du mir“, grummelte er nur in sein Kissen. „Rel, Pey hat Recht. Wir sollten dich hier rausbringen. Außerdem wollten wir doch eh abhauen, also hab dich nicht so. Was, wenn die Bullen zufälligerweise dich hier finden würden?“, unterstützte mich Pira. Wenigstens einer! „Ich...muss…zurück…“, stammelte der Blondhaarige, bevor er sich schlagartig zur Seite drehte, den Kopf über den Boden hielt und sich erneut übergeben musste. „Wie zurück? Wohin zurück?“ Ich verstand nicht genau was er wollte. „Zurück!“, hustete er zwischen seinen Versuchen Luft zu holen. „Doch nicht etwa-“, begann Baka, verstummte jedoch. „Nicht zurück wo ich euch geholt habe…“, seufzte der Blondhaarige geschwächt und ließ seinen Kopf auf die Matratze sinken. „Ich muss nach Hause“, murmelte er und schloss wieder seine Augen. „Nach Hause nach Hause?“, fragte Piwi verwirrt. „Ja man!“, stöhnte der Gefragte auf. „Und warum?“, wollte ich nun wissen. „Ich hab das Gefühl… mein Inneres löst sich auf… ich muss zu nem Arzt, verdammt!“, erklärte er gepresst und drückte sich wieder die Hände auf den Magen. „Zu nem Arzt? Sowas gibt es bei euch?“ „Ja, verdammt. Jetzt hört endlich auf so blöde Fragen zu stellen!“ Er stemmte sich von seinem Bett auf, die Arme wackelten erheblich also kam ich ihm zur Hilfe und stütze ihn. „Ich brauch was zum Anziehen“, sagte er tonlos. „Du solltest dich eher erst mal waschen!“, pflichtete Baka ihm bei und sah ihn abschätzig an. „Nerv nicht und hol mir ein paar Klamotten!“, fuhr Rel ihn an. Auch wenn er kurz vor einem Zusammenbruch stand, wollte er wohl immer noch den Starken machen. Der Braunhaarige drehte sich sofort von dem am Boden liegenden Mädchen weg und stolperte auf den Schrank, welcher an der Wand mit der Treppe stand, zu und riss ihn schnell auf. Er nahm die ersten Sachen heraus, welche aus einem weinroten Kapuzenpullover und einer etwas zerrissenen, hellblauen Jeans bestand. Rel lotste mich zu einer Tür neben der Küchenzeile, hinter der sich ein relativ modernes Bad befand. Den Lichtschalter fand ich sofort an der Außenwand und schleppte den Größeren hinein. „Danke“, murmelte er, als ich ihm auf den Badewannenrand absetzte. „Dafür bist du mir was schuldig wenn‘s dir wieder besser geht!“, grummelte ich. Baka legte die Klamotten auf den Boden und verschwand wieder. „Abgemacht“, lachte der Blonde schwach und griff nach einem Handtuch was sich in seiner Nähe befand. „Kannst du das mal nass machen?“, fragte er und hielt es mir knapp hin. „Wenn ich dich los lasse, fällst du in die Wanne“, meinte ich. Rel ließ sich etwas nach vorne fallen und rutschte am Wannenrand hinunter, damit er sich auf den Boden setzten konnte. Ich ging schnell ans Waschbecken und tränkte das Handtuch im Wasser, danach überreichte ich ihm den nassen Lappen. Beschwerlich fuhr er sich damit über seine Brust und über die Arme, seine Beine hatten nichts abbekommen. Nach mehrmaligen reiben über seinen Oberarm an dem ich die Bisswunde gesehen hatte, brach diese wieder auf und fing erneut an zu bluten. „Du heilst ja gar nicht“, stellte ich zögerlich fest, schnappte mir ein frisches Handtuch und wickelte es um seinen Arm. „Doch… aber nur langsam“, meinte er trocken. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mich auflöse“, sagte er leise und schwach. Seine Augen fielen ihm erneut zu und er kippte etwas zur Seite. „Das wird wieder“, meinte ich aufmunternd. Plötzlich überkam mich wieder dieser kleine Krampf, wie schon ein paar Stunden zuvor. „Du auch?“, fragte Rel, nachdem ich in die Hocke gegangen war und mir ebenfalls den Bauch hielt. „Nur leichte Bauchschmerzen“, antwortete ich beschwichtigend. „Du wurdest auch davon getroffen, wenn auch nur ein bisschen weniger als ich.“ Ich schluckte sichtlich, als ich mir der Tatsache bewusst wurde. Hieß das dann etwa, dass ich das gleiche durchleiden musste wie er? Um Himmels Willen, bloß nicht! Nachdem Rel sich sauber gemacht hatte und sich endlich was überziehen konnte, nachdem ich ihm den Arm verbunden hatte, half ich ihm wieder nach draußen zu den anderen. Es war wirklich kaum zu glauben gewesen, dass der Blondhaarige so etwas wie einen Verbandskasten besaß! Anna war derweil wieder zu sich gekommen und noch leicht blass um die Nasenspitze herum. „Was sollen wir mit ihr machen?“, fragte Bana und nickte zu der Kopflosen. „Lass sie hier. Die wird keiner finden“, meinte ich. „Brauchst du noch irgendwas?“, wandte ich mich an den Blondhaarigen, welcher einen Arm um meine Schultern gelegt hatte und von mir gestützt wurde. „Der Rucksack da hinten.. Da ist alles Wichtige drin“, meinte er. „Dein Handy…?“, fragte ich nach. „Boden“, war die knappe Antwort. Piwi ging einmal um das Bett herum und begutachtete das Ding. „Das Display ist gesprungen“, verkündete er, steckte es trotzdem ein. Bana schulterte den Rucksack und Pira erbarmte sich Anna die Treppe hinauf zu helfen. Als Letzte stiegen Rel und ich die Treppe hinauf. „Bist du dir auch wirklich sicher, dass du alles hast?“ Rel nickte langsam. „Der Rest ist nutzlos“, wisperte er. Ihm schienen schon wieder alle Lichter auszugehen, weswegen ich mich beeilen musste ihn die Treppe hoch zu verfrachten. „Und wo bringen wir ihn hin?“, fragte Pira, als wir alle oben vor der Garage standen. Diese hatten wir mit Ach und Krach so gut verschlossen wie es nur ging. Über die Luke hatten wir vorher noch ein paar Pappkartons gestellt, damit man diese nicht sofort finden konnte. „Am besten zu dir, oder? Bei mir in der Gegend ist es nun auch nicht mehr so sicher. Oder zu einem von euch beiden.“ Mit letzterem wandte ich mich an Bana und Baka. „Also zu mir auf keinen Fall. Das is noch nicht mal ne Wohnung sondern ein Keller in nem Abbruchgebäude. Und da ich nur eine Matratze besitze wo ich drauf schlafe, gibt es keine Möglichkeit wo er sich hinlegen kann“, wehrte Baka sofort ab. „Kannst ja auf dem Boden schlafen“, meinte ich gleichgültig. Bana schüttelte ebenfalls abwehrend den Kopf. „Ich schlafe die meiste Zeit in meinem Auto. Hatte kein Bock mehr in der Bruchbude zu Hausen wo ich die letzten Monate über gewohnt hab.“ Mein Blick glitt zu Pira. „Dann wirklich nur deine Wohnung.“ Angesprochener knirschte mit den Zähnen. Nicht nur dass sein Bruder jetzt bei ihm wohnen musste, Rel sollte nun auch noch dazukommen. „Das wird nicht klappen. Die Wohnung ist so schon verdammt klein und weil Piwi jetzt auch noch bei mir wohnt, ist der Platz noch geringer als vorher. Den Tag über kann er doch mit zu dir, oder? Es wird schon niemand genau an diesem Tag deine Wohnung finden. Ab morgen können wir uns alle eh mal Gedanken machen, wie es weiter geht. Wir wollten gehen, also sollten wir das auch tun!“ Ich nickte und festigte wieder meinen Griff um die Hüfte des Blondhaarigen, dieser hatte den Kopf an meine Schulter gelehnt und beobachtete alles aus seinen fast geschlossenen Augen. Letztendlich entschloss ich mich dazu den Älteren huckepack zu nehmen, so kamen wir schneller voran. Das Mädchen hatte sich in meinem Arm eingehakt, da sie selbst auch nicht ganz alleine laufen konnte. In was bin ich da nur rein geraten? Rel war während dem Weg eingeschlafen, was ich daran bemerkte, dass er immer schwerer wurde. „Geht’s?“, fragte Bana, welcher immer noch den Rucksack trug. „Ja“, murrte ich und ging weiter. Bis zu meiner Wohnung war es nicht mehr weit und das war auch gut so. Die Sonne war bereits am Aufgehen und blendete uns erheblich. „Wir sollten uns beeilen, bevor uns noch jemand sieht“, meinte der Piwi, welcher nur ein paar Schritte vor mir lief. Als wir um die nächste Ecke bogen, erkannte ich schon meine Wohnung. „Von hier aus können wir alleine gehen. Wir treffen uns dann heute Abend, okay?“ Alle waren einverstanden und so machten sich unsere Begleiter ebenfalls auf den Rückweg zu ihren Quartieren. Anna hatte Rel’s Rucksack an sich genommen und sein Handy in ihre Hosentasche gesteckt. „Wo sind wir?“, ertönte Rel’s Stimme, als wir ins Treppenhaus gingen. „Gleich bei mir zu Hause“, antwortete ich ihm und machte mich auf die Treppen gefasst, welche ich nun vor mir hatte. Es war sichtlich schwierig, so hochzugehen. „Kannst du laufen?“, fragte ich vorsichtshalber nach, erntete aber nur ein verneinendes Grummeln. Ein lautloser Seufzer entfuhr mir und so fasste ich noch einmal all meine Konzentration zusammen, um ja nicht nach hinten wegzukippen. Der Weg hinauf dauerte seine Zeit und ich war fix und alle, als wir oben ankamen. Anna, welche nun wieder etwas munter war schloss die Tür auf und ließ mich eintreten. Ich steuerte sofort das Wohnzimmer an und ließ den Dämon auf mein Sofa sinken. Dieser rollte sich gleich wieder zu einer Kugel zusammen und presste sich seine Knie in den Bauch. „Davon wird es auch nicht besser… Das tut dir doch bestimmt noch mehr weh, oder?“, fragte ich und zwang ihn dazu, sich etwas lockerer hinzulegen. „Egal…“, murmelte er und wollte gerade in seine ursprüngliche Position zurück, als Anna plötzlich mit einer Wärmflasche im Türrahmen stand und sie mir hinhielt. „Wo hast du denn die her?“, fragte ich verwundert und nahm sie an mich. „Gefunden“, antwortete sie schlicht und verschwand wieder, nur um kurz danach mit einem kleinen Eimer aus der Küche wieder zurückzukehren. „Sollte ihm wieder schlecht werden“, meinte sie und ging dann ins Schlafzimmer. Der Blondhaarige beäugte mich ungläubig, als ich ihm die Wärmflasche reichte. „Das wird auch nicht helfen“, räusperte er sich, nahm sie dennoch an. „Man kann‘s ja wenigstens versuchen“, beharrte ich. „Scheiße man, meine inneren Organe schmelzen! Da wird eine bescheuerte Wärmflasche auch nicht helfen. Ich hab die ganze Zeit Blut gekotzt und Essen kann ich auch nichts mehr. Ich sterbe, verdammte scheiße!“ Seine Stimme wurde immer gereizter und brüchiger. „Ich kann noch nicht sterben!“ Sein Brustkorb bebte regelrecht. Langsam begriff ich wirklich den Ernst der Lage. Rel war noch nie so verzweifelt gewesen wie jetzt in diesem Moment. Als sein Bruder starb, reagierte er mit Wut und Unverständnis… und jetzt? Er war verzweifelt und er hatte… Angst?! „Wir kriegen das wieder hin. Morgen machen wir uns auf den Weg, versprochen.“ Er blickte mich mit glasigen Augen an und es tat mir wirklich leid ihn in einer solchen Verfassung zu sehen. Der sonst so große Dämon, vor dem wir alle Respekt hatten und uns nicht wirklich mit ihm anlegen wollten, wenn er mal schlecht drauf war, war verzweifelt, hatte Angst und lag zusammengekauert auf meinem Sofa. Seine Augen wurden wieder träge und er schluckte abermals. Wir mussten uns beeilen sonst blühte mir das gleiche Schicksaal wie ihm. „Ich will noch nicht sterben…“ „Das wirst du nicht“, versprach ich ihm und erhob mich. Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Ich war verblüfft: das war das erste und wahrscheinlich auch das einzige ehrlichste Lächeln, was ich je von ihm zu Gesicht bekommen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)