Lieben und geliebt werden von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 19: Hochzeit der Freunde -------------------------------- Die Hochzeit von Rosalie und Bernard war schlicht, aber angenehm. Rosalie trug ein schlichtes, selbst genähtes Kleid im hellen Blau und einen weißen Schleier, worunter ihre langen, blonden Haare offen am Rücken lagen - sie sah darin wie eine Madonna aus. Auch Bernard bot eine stattliche Erscheinung in seiner herausgeputzten, juristischen Kleidung. Nur wenigen Nachbarn, Oscar und André mit eingeschlossen, waren als Gäste dabei eingeladen. Gleich nach der Kirche begaben sie sich in die Wohnung des frisch getrauten Ehepaares. Ein paar gute Nachbarinnen hatten für sie schon ein Festmahl zubereitet und kurz vor ihrer Ankunft den Tisch gedeckt. Es gab natürlich auch Musik und Volkstanz zu ihrer Unterhaltung. Das Brautpaar führte als erste den Tanz und die anderen schlossen sich nach wenigen Tanzschritten mit an.   Oscar und André hielten sich daraus und schauten lieber abseits dem Spektakel zu. Als einzige Adlige unter ihnen wollte Oscar sich nicht einmischen. Sie erschien zwar in ihrer normalen Ausgehkleidung, aber dennoch bewahrte sie dies nicht vor argwöhnischen Blicken mancher Gäste.   Am liebsten hätte Oscar Rosalie mit allem Möglichen beschenkt, aber weder Rosalie noch Bernard wollten Geschenke haben. Die Anwesenheit von Oscar und André und dass sie ihre Trauzeugen waren, war für sie schon Geschenk genug.   Obwohl...   Rosalie hatte doch noch einen Wunsch, den sie schon seit langem hegte, aber niemals verwirklicht wurde. Nach dem berauschenden Tanz mit Bernard kam sie auf die beiden zu. „Lady Oscar... würdet Ihr... würdet Ihr mir einen Tanz schenken können?“   „Nun...“ Oscar überlegte. Sie wollte auf gar keinen Fall tanzen – sie mochte so etwas einfach nicht. Rosalie sah sie dabei mit treuherzigen Blicken an, die Oscar schwer widerstehen konnte. Zudem war es eine Hochzeit und es wäre schon alleine deshalb unhöflich, der Braut abzulehnen. „Also gut...“, gab sie nach und Rosalie strahlte vor Freude übers ganze Gesicht. „Ihr macht mich so glücklich!“ Endlich ging ihr sehnlichster Wunsch aus der Vergangenheit in Erfüllung!   „Soll dich eigentlich nicht Bernard glücklich machen?“ Oscar nahm Rosalie bei der Hand und führte sie wie am Hofe ins Zentrum der Tanzfläche. Alle Unterhaltungen und Musik verstummten auf der Stelle. Rosalie beachtete das nicht und wendete sich an die Musiker. „Spielt bitte weiter.“, bat sie fröhlich und versank vor Oscar in einen Knicks.   Diese vollführte eine knappe Verbeugung. „Gestattet mir einen Tanz, Madame Rosalie.“   „Mit Vergnügen.“ Rosalie richtete sich auf, legte ihre Hände in die von Oscar und diese führte sie in dem altbekannten Menuett wie am Hofe, ohne den Beginn der Musik abzuwarten.   Die Musiker zögerten vorerst, aber dann schlugen sie den passenden Akkord zu deren Tanzschritten ein. Die Gäste murmelten, aber eher aus Faszination über den Tanz, den Rosalie und Oscar mit einer unbeschreiblichen Grazie und Anmut vor ihren Augen durchführten. André beobachtete jede ihrer Tanzschritte und stellte sich vor, wie es schön wäre, mit Oscar auf diese Weise auch zu tanzen.   „Sie sehen beide wunderbar aus, nicht wahr?“ Bernard tauchte neben ihm auf und André schmunzelte vor sich hin. „Das stimmt. Obwohl, Oscar gefällt mir wesentlich besser.“   „Jedem das seine.“ Bernard hob sein Glas Wein auf die beiden und trank einen Schluck. „Wir haben eine Neuigkeit.“   „Und die wäre?“, fragte André, ohne seinen Blick von Oscar abzuwenden.   „Rosalie und ich bekommen bald Nachwuchs.“   Diesmal starrte André Bernard überrascht an. „Seit wann?“ Fiel ihm etwa keine bessere Frage ein? Als wäre das wichtig. „Ich meine natürlich: Herzlichen Glückwunsch!“   „Danke.“ Bernard lächelte. Ihm war noch etwas ungewohnt, sich in einer Vaterrolle vorzustellen. Aber es müsste ja irgendwann mal geschehen. „Rosalie hatte es mir vorgestern mitgeteilt. Nach ihrer Berechnung wird das Kind nächstes Jahr Ende Juli auf die Welt kommen. Ich gebe es zu, die Zeiten sind nicht gerade passend für ein Kind, aber wir schaffen das. Wir lieben uns und die Liebe überdauert alles.“   In diesem Punkt musste André ihm recht geben und schaute wieder zu Oscar hin. Ja, die Liebe überdauerte alles... Aber traf das auch auf ihn und Oscar zu? Denn im Gegensatz zu Bernard und Rosalie wähnte sich ihre Liebe nicht in Sicherheit – weil solch eine Liebe wie zwischen einer Adligen und einem einfachen Bediensteten von der oberen Gesellschaft niemals akzeptiert werden würde...           Rosalie schwebte den ganzen Tanz wie in einem Traum unter der Führung von ihrer Schutzpatronin. So könnte dieser Moment von ihr aus eine ganze Ewigkeit dauern! „Lady Oscar... Darf ich Euch etwas offenbaren?“   „Aber natürlich, Rosalie. Was bedrückt dich?“   „Nichts... Heute ist der glücklichste Tag meines Lebens...“ Rosalie machte eine graziöse Bewegung, verlangsamte ihre Schritte und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern, so dass nur Oscar sie verstand. „Ich wollte nur noch sagen, dass ich... und Bernard...“ Sie unterbrach sich kurz, atmete tief durch und lächelte dabei errötend, bevor sie ihren Satz zu Ende brachte: „...wir werden Eltern.“   „Das ist doch wunderbar! Ich gratuliere vom ganzen Herzen, Rosalie. Du hast dein Glück mehr als verdient.“ Oscar freute sich sichtlich.   Rosalie errötete noch heftiger und wurde etwas verlegener. „Ich habe auch schon mit Bernard wegen der Taufe gesprochen und wenn das Kind auf die Welt kommt, würden wir uns freuen, wenn Ihr und André als Pateneltern dabei seid.“   „Ganz bestimmt, Rosalie.“ Oscar blieb stehen und drückte Rosalie ganz sachte an sich. „Werde glücklich, das wünsche ich dir so sehr.“   Diese Szene ließ alle Gäste gerührt aufatmen. Man sah dieser adligen Frau in Männerkleidern an, wie sehr das einfache Mädchen ihr am Herzen lag. Bernard und André verließen ihre Plätze. Sie gingen auf Oscar und Rosalie zu. „Alles in Ordnung?“, fragte André vorsichtig nach.   „Ja.“ Oscar entfernte Rosalie sachte von sich und übergab sie an ihren Mann. „Behüte sie gut, wie deinen Augapfel.“, schärfte sie ihm in einem milden Ton ein. „Rosalie bedeutet mir sehr viel.“   „Das werde ich, Lady Oscar.“ Bernard legte schützend einen Arm um seine Frau und unterstrich damit die Ernsthaftigkeit seiner Worte.   Oscar nickte ihm einvernehmlich zu. „Ich vertraue dir.“ Dann breitete sich ein Lächeln auf ihren Lippen. „Nun muss ich mich verabschieden.“   „Ich mich auch“, fügte André hinzu.   „Danke, dass wir dabei sein durften.“ Oscar reichte Bernard die Hand.   Bernard erwiderte den Händedruck. „Und wir danken euch herzlich, dass Ihr und André gekommen seid.“   Oscar ließ Bernards Hand los und während dieser sich von André mit einem Händedruck verabschiedete, umarmte sie noch einmal Rosalie. Dann verließen sie die Hochzeitsgesellschaft und ritten nach Hause zu dem Anwesen.       „Sie sind ein schönes Paar.“, meinte André auf dem Heimweg und sah zu Oscar. „Würdest du mir irgendwann auch einen Tanz schenken?“   „André, ich habe dir doch schon mal gesagt, dass ich nie wieder ein Kleid anziehen werde.“ Oscar schmunzelte dabei und gab ihm somit zu verstehen, dass sie das nicht ernst gemeint hatte.   André seufzte bedauernd, denn gleich in welcher Stimmung Oscar das äußerte, es würde genauso sein wie sie das sagte. „Auch wenn du in Männerkleider bist, das macht mir nichts aus.“, startete er einen letzten Versuch und erntete einen entrüsteten Seufzer von seiner Geliebten. „Also gut, von mir aus.“, gab Oscar nach – das war wohl Andrés großer Wunsch und wenn ihre Zusage ihn glücklich machte, dann sollte es auch so sein.   André grinste derweilen breit. „Versprochen?“   „Zweifelst du etwa an meinen Worten?“ Oscar zog ihre Brauen streng zusammen.   André dagegen verstärkte sein Grinsen. „Nein, meine Geliebte, niemals!“   Oscar bekam ein komisches Gefühl, dass er etwas ausheckte. „Gut.“, sagte sie nur dazu. Sie würde noch herausfinden, was er im Schilde führte! Aber das bräuchte sie erst gar nicht machen, denn auf dem Anwesen im Stall sattelten sie wie gewohnt die Pferde ab und wollten ins Haus gehen, als André urplötzlich Oscars Hand mitten im Stall ergriff. „Warte bitte.“   „Was ist?“ Oscar sah ihn verdattert an.   André zog sie schwungvoll an sich und lächelte schelmisch. „Du hast mir einen Tanz versprochen. Schon vergessen?“   „Aber nicht doch hier und jetzt!“, empörte sich Oscar fassungslos, aber entriss sich nicht aus seinen Armen.   „Nur dieses eine Mal...“ André sah ihr so treuherzig in die Augen, wie Rosalie vor einigen Stunden zuvor. „Bitte...“   Oscar verdrehte die Augen. Wenn es ihn glücklich machen würde... „Also gut, überredet“, gab sie erneut entrüstet nach und André fasste sie schon bei der anderen Hand. „Du machst mich immer so glücklich...“ Er führte sie elegant und Oscar überließ sich ihm vollkommen. „Du bist so wunderschön...“   „André...“, murmelte Oscar angetan.   „Ich werde mir diesen Tanz in Ehren behalten...“, sagte er nach einer Drehung und als er Oscar wieder an sich zog.   „Auch wenn wir dabei keine Musik haben?“, konterte diese in seinen starken Armen schwebend.   André schaute ihr noch verliebter in die Augen und lächelte verwegen. „Ich stelle mir die Musik einfach vor. Denn das Wichtigste für mich ist, dass ich mit dir überhaupt tanze und dass ich dich in meinen Armen halten darf.“   „Ach, André, du bist unmöglich...“, flüsterte Oscar angetan und ließ sich von dem zarten Kuss berauschen, den er ihr sogleich liebevoll schenkte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)