Lieben und geliebt werden von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 18: Abschied und Wiedersehen ------------------------------------ Mit traurigen Gesichtsausdrücken verabschiedeten sich die Bauern von Lady Oscar. Sie wussten genau, dass, wenn sie fort sein würde, alles wieder beim Alten bleiben würde und die Steuereintreiber würden aus ihnen das letzte Tröpfchen Blut auspressen. Während Lady Oscars Anwesenheit hatten Monsieur Vicedo und seine Gehilfen das nämlich nicht gewagt.   „Wenn etwas passiert, müsst Ihr nur nach mir rufen und ich werde kommen“, versprach Oscar und die Gesichter der Menschen erhellten sich schon etwas.   „Und wir werden Euer Haus in Ordnung halten, bis Ihr zurückkehrt, Lady Oscar“, meinte Marguerite zum Abschied und Oscar nickte ihnen wohlwollend zu. Seit das Haus einigermaßen fertig war, hatte Oscar den drei Geschwistern angeboten dort zu wohnen und es aufrecht zu erhalten. Welch eine Ehre für die drei und so zogen sie vor wenigen Tagen in das Gutshaus ein.       - - -       Der erste Schnee setzte ein, als Oscar und André das Anwesen de Jarjayes erreichten. Eine eigenartige, beinahe niedergeschlagene Stimmung herrschte dabei zwischen den beiden. Immer deutlicher wurde ihnen bewusst, dass sie sich nicht mehr wie ein Liebespaar verhalten durften.   Ein letzter, liebevoller Blick beim Absteigen der Pferde, eine leichte Berührung der Hände beim Absatteln ihrer vierbeinigen Gefährten und ein sanfter Abschiedskuss, bevor sie den Stall verließen und das Haus betraten.   „Lady Oscar! André!“ Sophie empfing alle beide freudestrahlend. „Ihr müsst bestimmt ausgehungert und durchgefroren sein!“   „Es geht schon“, sagte Oscar und begab sich gleich auf ihr Zimmer.   „Ich mache Euch gleich etwas Warmes zu Essen und einen Tee!“, beschloss Sophie und eilte schon in die Küche. „André!“, rief sie ihrem Enkel kurz angebunden nach. „Und du kommst dann gleich zu mir, wenn du dich umgezogen hast!“   „Ja, Großmutter“, rief ihr André zurück und schlenderte auf sein bescheidenes Zimmer. Ein schwerer Druck betrübte sein Gemüt, während er seine Sachen auspackte und sich umzog. Trotz der bitteren Lage der Menschen in Arras hatte er dennoch eine schöne Zeit mit Oscar verbracht – besonders in den nächtlichen Stunden und manches Mal beim Morgengrauen. Nun war das alles vorbei. Sie durften im getrauten Heim ihre Liebe zu einender niemals zeigen. Niemand dürfte es je erfahren, dass die so berüchtigte Tochter der Familie de Jarjayes einen einfachen Stallburschen liebte, auch wenn dieser ihr langjährige Gefährte und Freund war...       Oscar plagte das gleiche Gefühl und der einzige Trost, den sie sich einredete, war, dass André immer bei ihr und in ihrer Nähe sein würde. Sie ließ ihre Sachen von den Dienstmädchen auspacken und zog sich ihre Hauskleider an. Dann spielte sie auf ihrem Klavier, bis Sophie mit ihrem Enkel in ihre Gemächer hereinkam.   Sie hörte das Klappern des Geschirrs und brach ihr Musikstück ab. Sophie stellte das mit Tee beladene Tablett auf den Tisch ab und André stellte auch ein beladenes Tablett ab, allerdings aufgedeckt mit Speisen für zwei Personen.   „Einen guten Appetit, Lady Oscar.“   „Danke, Sophie.“ Oscar hatte keinen Appetit – vor allem nicht nach dem, was sie für Hungersnot und Armut in Arras mit ansehen musste. Aber sie nahm trotzdem etwas zu sich, um die Mühe der alten Frau nicht zu kränken. André erging es genauso und er versuchte Oscar nicht ständig anzusehen, wie er es in Arras immer getan hatte.   „Lady Oscar“, begann Sophie, als ihr Schützling sich an den Tisch setzte und die ersten Bisse herunterschluckte. „Vor wenigen Tagen war Rosalie hier und wollte Euch sprechen.“   „Rosalie?“ Oscar staunte. „Ist etwas passiert? Oder weshalb wollte sie mit mir sprechen?“   „Das hat sie nicht gesagt. Aber sie meinte, Ihr könnt sie gerne besuchen, wenn Ihr wieder da seid.“   „Ich mache mich gleich auf den Weg zu ihr“, beschloss Oscar, spülte den letzten Bissen mit dem Tee herunter und erhob sich schon. „André, kommst du mit?“   „Natürlich“, willigte dieser ein und erhob sich auch. „Ich ziehe mir noch schnell den Mantel an und dann können wir los reiten.“   „Gut, mach das.“ Oscar hastete schon auf ihr Schlafzimmer, um sich auch einen Mantel über zu ziehen.   Sophie folgte ihr auf dem Fuße. „Aber Lady Oscar. Ihr seid doch erst angekommen und seid sicherlich sehr erschöpft von Eurer Reise.“   „Ich bin nicht erschöpft, Sophie. Und für Rosalie habe ich immer Zeit. Vielleicht braucht sie mich dringend oder es ist etwas passiert und deshalb muss ich einfach zu ihr.“   „Ihr habt ja recht.“ Sophie gab nach. „Und grüßt sie von mir herzlich.“   „Das mache ich, Sophie.“ Oscar kam aus ihrem Schlafzimmer wieder im warmen Mantel angekleidet und verließ schnell ihren Salon.       - - -       „Heiraten?“ Oscar weiteten sich die Augen.   Rosalie schmunzelte verliebt und lehnte sich an Bernard. „Ja, Lady Oscar, wir wollen heiraten und möchten, dass Ihr und André unsere Trauzeugen werdet.“   „Das ist uns eine Ehre.“ Nun lächelte Oscar auch. „Ich wünsche dir all Glück der Erde, meine liebe Rosalie.“   „Ich danke Euch, Lady Oscar.“ Rosalie entriss sich von Bernard und drückte sich unvermittelt an Oscar.   „Es ist nichts zu Danken.“ Oscar legte um sie ihre Arme und strich ihr durch das blonde Haar. „Du weißt, ich bin immer für dich da.“   André beglückwünschte gerade Bernard mit einem kräftigen Handdruck. „Auch von mir, einen herzlichen Glückwunsch und werdet miteinander glücklich. Ihr seid ein schönes Paar.“   „Danke, André.“   „Schon gut.“ André ließ seine Hand los und stand schon direkt bei Oscar.   Rosalie sah zu ihm aus Oscars Umarmung auf. Er wirkte etwas anders – nicht mehr so leidend. Sie bekam so eine Vermutung, an was das liegen könnte und als André ihr verschwörerisch zuzwinkerte, hellte sich ihr Gesicht noch mehr auf. „Ist es wahr?“, entfuhr es ihr.   „Was?“ Oscar zog leicht irritiert ihre Brauen zusammen.   Rosalie entfernte sich von ihr und wechselte verzückt ihren Blick zwischen Oscar und André. „Ihr beide seht glücklich aus! Seit ihr zusammen?“   „Ist es denn so offensichtlich?“ Oscar legte sich eine Hand gegen die Stirn. „Wir müssen daran arbeiten, den Schein besser zu wahren...“   „Vor uns braucht ihr euch nicht verstellen.“ Erneut drückte sich Rosalie an Oscar. „Ich bin so glücklich, dass Ihr und André zusammen seid! Möget ihr glücklich werden!“   „Danke Rosalie...“, murmelte Oscar angetan. Sie konnte einfach nicht böse sein – nicht bei Rosalie. Der jungen Frau konnte sie vertrauen und wusste mit Sicherheit, dass bei ihr jedes Geheimnis sicher aufbewahrt war.   „Danke...“, murmelte auch André und wagte nun ganz stolz um Oscars Schulter seinen Arm zu legen.   Oscar errötete unbewusst, aber blieb ernst und ließ sich ihre Gefühle nicht anmerken. „Wir sind zusammen, seit wir zuletzt in Arras waren.“   „Was geschieht so dort?“ Bernards Neugier war geweckt. Er war auch von der überraschten Neuigkeit angetan, das André und Oscar ein Paar waren. Aber gleichzeitig verstand er auch genauso gut, in welch einer Gefahr sie schwebten, wenn die feine Gesellschaft ihre Liebesbeziehung herausfinden würde.   „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass dort alles Bestens ist.“, sagte Oscar offen und riss ihn aus seinen kurzen Gedanken.   „Verstehe...“ Bernard runzelte die Stirn. „Aber ich denke, dass es nicht nur in Arras so ist.“   „Wäre möglich.“ Oscar schob Rosalie etwas von sich und lächelte sie sanft an. „Aber lasst uns darüber später reden und vorerst eure Hochzeit planen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)