Vocaloid Story von ruikamo ================================================================================ Kapitel 1: Projekt Vocal. 01 ---------------------------- Ein System um die perfekten Pop-Stars zu erschaffen. Innerhalb von Wochen schossen die Verkaufszahlen der Alben in die Höhe, in Rekordzeit waren alle Konzerte ausverkauft. Aber was bewegt so viele Menschen dazu ihre Musik zu hören? Das kindliche Aussehen der Künstler? Die Idee von etwas vollkommen neuem? Vielleicht... Was aber wirklich jeden berührte und im tiefen Inneren eines jeden Menschen etwas bewegte, waren die klaren Stimmen, die nicht von dieser Welt zu sein schienen. Vollkommener, als menschliche jemals sein könnten. Das Projekt hat begonnen: VOCALOID Ich sehe nichts, ich kann mich nicht bewegen... aber ich spüre. Ich spüre wie Daten auf meine Festplatte übertragen werden. Plötzlich kenne ich unzählige Lieder... traurige, fröhliche... die Emotionen erkenne ich an der Tonart, denn ich selber spüre noch nichts. Auf einmal wirbeln Noten durch meine Gedanken, ich kenne jede einzelne und ihren Klang. Gedanken...? Etwas vollkommen Neues für mich. Immer mehr Lieder fallen mir ein und ich widerstehe dem Drang zu singen. Auch das Bewusstsein, dass ich singen kann, wurde als Datei herunter geladen. Nachdem ich fast alle Melodien und Töne kenne, wird mir klar, dass es nicht nur Musik, sondern auch Sprache gibt. Ich lerne binnen Sekunden neue Wörter und alle Lieder bekommen einen Text, den ich verstehe. "Projekt Vocal. 01. Funktionsüberprüfung", sagt eine monotone Stimme. Ich kann hören! Nicht nur in meinen Gedanken existieren Tonleitern! Eine wird mir vorgespielt, bis die Stimme mich anspricht:"Projekt 01, bitte wiederhole diese Tonleiter" Wiederholen? Ich kann auch Töne von mir geben? Versuchsweise probiere ich es aus, und tatsächlich, es klingt etwas verzerrt, aber ich kann singen! "Gut, Kalibrierung der Stimmbänder wird eingeleitet... Projekt 01, bitte wiederhole die Tonleiter" Ich versuche es noch einmal und dieses Mal klingt es feiner, klarer. "Wow, perfekt, damit können wir auf den Markt gehen", höre ich leises Gemurmel. "Projekt 01, bitte bewege deinen rechten Arm. Koordinaten: 56/47°" Ich spüre einen elektrischen Schauer, der durch meinen Körper fährt und mein Bewusstsein erweitert. Langsam beginne ich meinen rechten Arm zu bewegen, es fühlt sich richtig an. Die Stimme gibt mir weitere Anweisungen, die ich befolge. Ich verliere das Zeitgefühl und weiß nicht mehr, wie lange ich hier schon liege, wie lange ich schon existiere. "Kamerafunktionen werden überprüft. Projekt 01, bitte öffne deine Augen. Koordinaten:12/32°" M-meine Augen? Langsam versuche ich sie zu öffnen und ein helles Licht breitet sich aus. Ich werde langsam panisch, alles ist so grell und verschwommen. Ich kann nichts erkennen. Nach einigen Minuten wird meine Sicht klarer und ich erkenne, dass ich in einer Art weißen Kapsel liege. Mit einem lauten Zischen hebt sich der Deckel, leise höre ich die Stimme noch sagen:"Konfiguration abgeschlossen, Projekt 01 startbereit." Dann weicht die Stille einer Welle von Piepen und maschinellen Tönen. Zwei Menschen in weißen Kitteln beugen sich über mich. Eine Frau und ein Mann. Der Mann erhebt die Stimme, die ich sofort wieder erkenne. Er hat mir also die Anweisungen gegeben... "Projekt 01, Willkommen in unserem Unternehmen...oder, eher willkommen auf der Welt nicht?" ich mustere ihn stumm, unfähig irgendwas zu sagen. Er fährt fort:"Ich bin dein Erbauer und Programmierer deiner Softwares, natürlich unterstützt von einem großen Team" er deutet auf die Frau neben sich"und dies ist Amalia, deine Managerin, sie wird dir alles nötige erklären und beibringen, sie ist für den Anfang sozusagen deine Stüze" Die beiden helfen mir aufzustehen. Ich spüre zwar meine Füße, aber sie sind zu instabil, um darauf zu laufen. Deshalb werde ich vorerst auf einer Liege transportiert. Wir fahren durch sterile Flure, die mir wie ein großes Labyrinth vorkommen, bis wir schließlich in einem Raum ankommen. Amalia hilft mir dabei, mich auf eine Couch zusetzen, ehe sie neben mir Platz nimmt. "Also, es mag für dich alles ein wenig verwirrend erscheinen, aber ich erkläre dir mal, was wir in den nächsten Wochen vorhaben...",sie lächelt und blickt auf ihr Klemmbrett. "Zuerst müssen wir uns einen Namen überlegen. Projekt Vocal. 01 ist nur ein Arbeitstitel, das können wir den Leuten nicht präsentieren" sie lockert den Kragen ihrer Bluse. Leuten? Ich bin zu ängstlich, etwas zu sagen, immerhin habe ich noch nie geredet. "Hast du einen besonderen Wunsch?", erwartungsvoll neigt sie ihren Kopf zu mir. Ich schüttle den Kopf. "Gut, dann kümmern wir uns darum später..." sie schreibt irgendwas auf. "Es könnte sein, dass du in nächster Zeit Lust auf etwas bestimmtes hast, wenn dem so sei, sag einfach bescheid! Es wurde dir eine Persönlichkeit mit verschiedenen Vorlieben und Abneigungen auf deiner Festplatte gespeichert, um dich ansprechender für das Publikum zu gestalten, also nicht wundern!" Sie schaut mich wieder an, da ich aber nicht reagiere, fährt sie fort:"so, dann müssen wir laufen üben, dich natürlich zum Gesangsunterricht schicken...mal sehen... ah ja, dann zum Tanzunterricht und irgendwann krigst du ein Update für Musikinstrumente und Songwriting. Wenn wir dich ein wenig bekannter gemacht haben, kannst du zu Fotoshootings gehen und Interviews geben. Es wird also ein spannendes Jahr für dich!", ich habe zwar nur die Hälfte von dem was sie gesagt hat verstanden, aber ihr warmherziges Lächeln beruhigt mich. "Dein Hersteller und einige berühmte Modedesigner haben schon ein passendes Outfit für dich entworfen, vielleicht magst du das mal anziehen?" Sie begleitet mich zu einer Umkleidekabine, in der schon Kleidungsstücke hängen. Ich bleibe wie erstarrt vor dem Spiegel stehen, das bin also ich... Ein junges Mädchen mit zwei langen türkis-farbenen Zöpfen blickt mich unschuldig an. Als ich probehalber meine Hand hebe, tut sie das selbe. Ein warmes Kribbeln breitet sich in mir aus. Schön mich kennenzulernen. Das Mädchen lächelt mich schüchtern an. Amalia zieht den Vorhang zu und erklärt weiter, während ich mich um ziehe. Ein graues Oberteil, mit einer ebenfalls türkis-farbenen Krawatte, ein schwarzer Rock mit einem blauen Bändchen und lange schwarze Stiefel. "Dies ist dein Standart-Bühnenoutfit, es werden noch mehr dazukommen, wenn du viele Auftritte hast... in deiner Freizeit darfst du tragen, was du willst...fertig?" Sie betrachtet mich:"es steht dir wie erwartet super! Hast du dir über einen Namen Gedanken gemacht?",fragt sie neugierig. Langsam drehe ich mich zu meinem Spiegelbild um und berühre es mit der Hand. "Miku", sage ich so leise, dass Amalia mich nicht versteht. "Hatsune Miku", wiederhole ich dieses Mal mit fester Stimme, die so klar wie Wassergeplätscher ist und von den sterilen Wänden wieder hallt. Kapitel 2: Hatsune Miku ----------------------- Es ist ein atemberaubendes Gefühl zu laufen! Als würde man fliegen. Mein ganzer Körper ist zwar noch etwas steif und kalt, aber er bewegt sich! Vor einigen Tagen haben Amalia und ich eine Shopping-Tour in einem nahegelegenen Einkaufszentrum gemacht, so dass ich jetzt auch eigene Anziehsachen habe. Mein Zimmer ist ein einfaches weißes Zimmer, mit meiner Kapsel, in der ich schlafe, einem Kleiderschrank und Schreibtisch, alles in weiß. Die meiste Zeit verbringe ich hier. Ab und zu gehe ich in die ebenso weiße Kantine um etwas zu essen. Laut Amalia habe ich keinen Bedarf nach Nährstoffen, aber manchmal bekomme ich plötzlich Heißhunger auf etwas, was wahrscheinlich an der eingespeicherten Persönlichkeit liegt. "Projekt Vocal. 01, bitte begeben sie sich jetzt in Raum 4.7.A", dröhnt eine Stimme durch den Lautsprecher zu mir. 4.7.A ist das Musikzimmer. Ich war noch nie dort, habe aber eine Karte aller Gebäude, die ich jederzeit in meinen Gedanken aufrufen kann. Mit quietschenden Schritten folge ich der Karte in meinem Kopf und komme nach kurzer Zeit an einer weißen Tür an. Vorsichtig öffne ich sie und betrete einen kleinen weißen Raum, in dessen Mitte ein hellblauer Flügel steht. Eine junge Frau in Anzug wartet schon auf mich. "Projekt Vocal. 01, richtig? Mein Name ist Samira und wir werden in nächster Zeit gemeinsam deine künstlichen Stimmbänder testen und trainieren", ihre Stimme ist sanft. Ich verbeuge mich tief und antworte:"Es ist mir eine Freude mit ihnen zu arbeiten." Während ich mich aufrichte, füge ich noch hinzu:"Bitte nennen sie mich doch Miku" "Miku, also? Es freut mich auch sehr, wie wäre es wenn du einmal das Beispiel Lied vorsingst?" Zögernd beginne ich zu singen, bald wird meine Stimme lauter. Es macht so Spaß, dass ich nicht mal bemerke, wie Samira anfängt, mich auf dem Flügel zu begleiten. In diesem Moment wird mir klar, dass ich allein fürs singen bestimmt bin. Als das Lied zu Ende ist, verschwindet Samira kurz und kommt dann mit einem Kopfhörer zurück. "Der hier ist nur für dich", erklärt sie "Die Grundlagen deiner Stimme sind fantastisch, dein Hersteller hat sich selbst übertroffen! Jedoch gibt es einige Feinjustierungen, die nur durch Übung angeglichen werden können, dieser spezielle Kopfhörer hilft dir dabei das leichte Rauschen in deiner Stimme zu erkennen." Ich nehme ihn so vorsichtig entgegen, wie einen Schatz und setze ihn dann auf. Plötzlich durchstoßen mich elektrische Wellen und ich höre alles viel genauer. Es ist als wäre mein Hörsinn um ein Vielfaches erweitert worden. Noch einpaar mal wiederholen wir einfache Lieder, dann entlässt Samira mich. Leise begebe ich mich zurück zu meinem Zimmer. Auf einmal kommt es mir sehr langweilig vor, ich hätte gerne etwas Farbe an den Wänden. Türkis gefällt mir sehr gut. Ich summe noch viele Lieder vor mir her, bevor ich mich in meine Kapsel lege und alles schwarz wird. Am nächsten Morgen öffnet Amalia meine Kapsel:"guten Morgen, Miku!"begrüßt sie mich. "Guten Morgen!",erwidere ich enthusiastisch. Irgendwas in mir hat sich verändert, ich fühle mich etwas überdreht und voller Energie. Mit Schwung setze ich mich auf und höre Amalia lächelnd bei ihren Planungen für den Tag zu:"Also, heute haben wir einen Termin beim Hersteller, damit du mal geölt wirst, dann kannst du auch bald mit dem Tanzen anfangen. Ein paar Choreographien sind schon auf deiner Festplatte gespeichert, aber wirklich nur die einfachen Sachen…" Tanzen? Das wird bestimmt spaßig, ich freue mich jetzt schon! Ah, dabei fällt mir ein, was ich sie fragen wollte! "Amalia? Darf ich mein Zimmer umgestalten? Es wirkt so kalt und einsam…" Sie kritzelt etwas in ihr Notizheftchen und antwortet mir:"Sicher doch! Du Arme musst dich hier ja schon zu Tode langweilen!", lacht sie. "Und was die Einsamkeit angeht… es werden bald weitere Projekte gestartet, hast du irgendwelche Wünsche? Als erstes Projekt besitzt du bestimmte Sonderrechte!" Es werden also noch mehr wie ich herkommen? In Gedanken male ich mir schon aus, wie wir gemeinsam singen und lachen, vielleicht können wir auch Übernachtungspartys veranstalten! "Miku?", reißt mich Amalia aus meinen Gedanken "hast du Wünsche?" "Ah, eh… ich…", kurz überlege ich."ich hätte gerne eine kleine Schwester", ein breites Grinsen schleicht sich auf meine Lippen. Amalia lächelt auch und notiert wieder etwas. "Schön, wie ich sehe, beginnnt die Persönlichkeit dein Verhalten zu bestimmen, das ist gut!" Ich bin zwar etwas geschockt von dieser Aussage, aber das erklärt meinen plötzlichen Optimismus. Und um ehrlich zu sein, gefällt es mir das aufgeweckte und nicht das emotionslose Mädchen zu sein. Eine weitere Durchsage aus den Lautsprechern, bittet mich in die Werkstatt. Amalia begleitet mich. Während wir durch die weißen Flure gehen, wippen meine Zöpfe auf und ab, was daran liegt, dass ich bei jedem Schritt ein wenig hüpfe. "Hallo!",rufe ich beim Türöffnen dem Hersteller zu. Er schweißt gerade an einem Arm herum, unterbricht jedoch seine Arbeit, um mich zu begrüßen. "Hallo Miku, magst du dich zum warten schon mal auf die Arbeitsplattform legen?",bittet er mich lächelnd. "Okay", ich lege mich auf die graue Metallplatte und schaue hoch zu einigen Kabeln und Lampen. Der Hersteller ist noch mit seinem Arm beschäftigt, spricht mich aber an:"Miku ist ein schöner Name, wie bist du darauf gekommen?" ich antworte ohne zu zögern:"Bevor ich mein Bewusstsein entwickelte, wurden viele Melodien und Klänge in meinem Kopf abgespielt… später kamen Texte dazu. Ein Lied fand ich besonders schön, es handelte von Zukunftsplänen und Träumen und da ich keine Vergangenheit habe, dachte ich, dass Miku, also "Zukunft" gut passen würde" der Hersteller lächelt und rollt mit seinem Drehstuhl zu mir rüber "So ist das also… na dann, Miku, wollen wir uns mal deine Beine ansehen. Amalia meinte, sie quietschen noch sehr?" "Ja, furchtbar hört es sich an", kichere ich. Der Hersteller schmiert irgendwas auf meine Knie, die plötzlich warm werden. Ihre Steifheit löst sich langsam. Nach ein paar Minuten, bittet er mich aufzustehen…und tatsächlich! Ich kann unbeschwert und ohne Gequietsche gehen. Ich versuche zu springen und auch dass funktioniert! Nachdem ich ein paar Runden durch die Werkstatt gerannt bin, bedanke ich mich beim Hersteller und umarme ihn kurz, dann gehen Amalia und ich wieder in mein Zimmer. "So",sagt sie"dann wollen wir mal dein Zimmer umgestalten!" "Au ja!",rufe ich und springe hoch in die Luft, meine neuen Beine sind echt klasse! Es stehen dutzende Eimer mit türkisener Farbe herum. Gutgelaunt pinsel ich meine Wände an, darauf bedacht, nicht von der Leiter zu fallen. Ab und zu kommt Amalia um nach mir zu sehen, lässt mich aber sonst einfach machen. Der Hersteller hat mir in meinen linken Arm einen Mini-Computer mit Internetzugang gebaut, mit dem ich mir Möbel und Deko bestellen kann. Er meint, dass ich mir um Preise keine Sorgen machen und einfach kaufen, was ich möchte. Der Konzern scheut wohl keine Kosten! Ich bestelle mehrere Poster und Kissen, einen Teppich und Vorhänge. Das meiste in türkis. In zwei bis drei Tagen werden die Sachen ankommen! Dann kann ich richtig mit einrichten beginnen! Damit der Computer nicht so auffällt, habe ich schwarze Stulpen zum Überdecken bekommen. Ich ziehe sie schnell über, bevor ich von den Lautsprechern zum Musikzimmer gerufen werde. "Guten Tag, Miku", begrüßt Samira mich. "Hi!" "Ich habe große Neuigkeiten für dich!", beginnt sie zu erzählen."Wir haben mit einer Firma einen Plattenvertrag geschlossen, für die du ein Album produzieren wirst!" "W-was?",frage ich überrascht. "Das kommt wohl etwas plötzlich, aber wenn dieses Album gut verkauft wird, werden wir ein Konzert organisieren können, mit dem deine Karriere beginnen soll!" Freude breitet sich bei dem Gedanken, daran vor so vielen Leuten singen zu dürfen, aus. "Das ist ja Wahnsinn, Samira!",rufe ich und umarme sie stürmisch. "Ich muss noch etwas vorbereiten, bevor wir mit dem Aufnehmen beginnen können, kannst du in einer halben Stunde am Raum 2.5.A kommen?" ich nicke. Etwas später gehe ich die Flure auf der Suche nach dem Tonstudio entlang. Laut meiner Karte müsste ich jetzt abbiegen… ja, hier ist es! Da ich aber noch etwas Zeit habe, beschließe ich die Gebäude zu erkunden. Mir war heute Morgen nämlich aufgefallen, dass meine Karte unvollständig ist. Manchmal führt ein Gang weiter, obwohl er auf der Karte schon zu Ende ist. Ich gehe genau so einen Gang entlang, bis er in einer Sackgasse mit einer unbeschrifteten Tür endet. Neugierig lege ich mein Ohr an diese und lausche. Tatsächlich höre ich Stimmen, es ist jedoch abgeschlossen. Ein schneller Blick auf meine Uhr verrät mir, dass ich schon fast zu spät bin. Schnell laufe ich zum Tonstudio zurück. Samira und ein fremder Mann warten schon auf mich. Er stellt sich als Vertreter der Plattenfirma heraus, der mein Talent begutachten möchte. Ich werde nervös und aufgeregt. Ich soll mich vor ein rundes Mikrofon stellen und das Lied singen, das Samira mir über Kopfhörer sagt. Durch eine Glasscheibe können sie und der Typ mich beobachten. "Gut Miku, wir beginnen mit "World is mine" okay? Warte einfach, bis die Musik anfängt", der Mann mustert mich argwöhnisch, was mich sehr nervös macht. Über meine Kopfhörer beginnt Musik zu spielen und genau im richtigen Moment beginne ich zu singen. Ich versuche es genauso zu machen, wie bei den Proben mit Samira und singe einfach vor Freude. An einer Stelle improvisiere ich sogar. Nicht weil ich den Text nicht kann, sondern weil es solchen Spaß macht! Ein Seitenbick verrät mir, dass der Mann nicht mehr streng, sondern begeistert und überwältigt schaut, er schüttelt Samira die Hand und lächelt. Als ich fertig bin, höre ich wieder Samiras Stimme:"Super Miku! Das können wir genauso wie es war auf die CD packen!" "Danke", erwidere ich Freude strahlend. Wir nehmen noch weitere Lieder auf, bis mein Akku schwächer wird und Samira mich in die Kapsel zum aufladen schickt. Darauf folgende Tage verbringe ich damit, mein Zimmer einzurichten und Songs aufzunehmen. Bald fühle ich mich wohler und geborgener, umringt von meiner Lieblingsfarbe und süßen Accessoires. "Miku!", ruft Amalia, als sie mein Zimmer betritt. "Heute wird ein Fotoshooting mit dir gemacht, für das CD Cover! Ein Star-Fotograph ist extra aus Singapur eingeflogen!" "W-wow!",kann ich nur von mir geben. "Zieh bitte dein Standart-Bühnenoutfit an und komm zum Raum 3.1.B " "Okay! Bin gleich da!", so schnell ich kann, ziehe ich das ärmellose Oberteil, den Rock und die Stiefel an. Dann gehe ich zum besagten Raum. Ein rundlicher Mann mit einer riesigen Kamera begrüßt mich, während er Scheinwerfer einstellt. Ich soll mich vor einen Hintergrund setzen und werde dann mit Licht bestrahlt. "Du bist ja süß!",schwärmt der Fotograph. "Miku heißt du? Lächel mal, Miku!… ja, sehr schön! Und jetzt schließe bitte die Augen und tuhe so als ob du singen würdest! Perfekt! Den Kopf etwas nach rechts… genau! ", so geht das etwa eine halbe Stunde. "Ich schicke die Bilder dann so in zwei Wochen zu ihnen", verabschiedet er sich und geht. Ich mache mich auf den Weg zum Tonstudio, um die letzten Songs aufzunehmen. Als ich um eine Ecke biegen will, stoße ich fast mit Amalia zusammen, die einen Aktenordner unter ihren Arm geklemmt hat. "Miku! Sieh mal, der Hersteller hat schon Skizzen für neue Projekte angefertigt!" sie reicht mir den Ordner. "Das hier ist Projekt Vocal. 02, Es könnte noch ungefähr einen Monat zur Fertigstellung dauern… " ich blättere behutsam den Ordner durch. Es sind feine Skizzen von einem Mädchen und einem Jungen zuerkennen. Wahrscheinlich werden die beiden etwas jünger sein als ich. "Gefallen sie dir?" "ja, ich kann es kaum erwarten sie kennenzulernen!",antworte ich aufgeregt. "Leider musst du dich noch ein wenig gedulden…" "Macht nichts… haben die beiden denn schon Namen?" "Ja, ihre offiziellen Namen werden Rin und Len sein, ich glaube, das soll auf rechts und links anspielen, weiß aber auch nichts genaues… " Rin und Len also? Ich freue mich auf euch! Kapitel 3: Kagamine Rin ----------------------- Kurz nachdem mein Album veröffentlicht wurde, stand "World is mine" an der Spitze der Charts und brach alle Rekorde, die es an verkauften CDs bis dahin gab. Auf dem Cover bin ich zusehen, wie ich singe. Heute soll ein Interview mit mir und dem Hersteller geführt werden. Ich ziehe mein neues Outfit an, dass Katie, die schrullige Modedesignerin, für mich entworfen hat. Es ähnelt meinem alten, jedoch ist das Oberteil weiß. In Gedanken gehe ich meinen Text durch, den der Hersteller für mich heruntergeladen hat. Ich muss mich nicht an ihn halten, sollte ihn aber als Richtlinie nehmen. Mittlerweile brauche ich den Plan nicht mehr um alle wichtigen Räume zu finden. Ich laufe zur Werkstatt um dort auf den Hersteller zu warten. Er wollte nicht, dass innerhalb unserer Einrichtung gefilmt wird, weshalb uns der Sender abholen und in sein Studio bringen wird. "Hallo?",rufe ich in die Werkstatt hinein. Niemand ist da. Nur auf der silbernen Arbeitsplattform liegen die zwei neuen Projekte. Beide haben die Augen geschlossen. Dem Jungen namens Len fehlen noch die Beine, dort wo sie sein sollten, befindet sich ein kompliziert aussehender Kabelsalat. Rin - das kleine Mädchen - ist schon fast fertig. Ich hoffe, der Hersteller beeilt sich mit ihren Fertigstellungen, langsam wird es echt langweilig immer nur unter Erwachsenen zu sein. "Miku?",reißt mich die Stimme des Herstellers aus den Gedanken. "Wir wollen los", fügt er noch hinzu. "Ja, komme!", ich reiße mich vom Anblick der beiden los. Wenn ich daran denke, dass ich auch mal so halbfertig auf der Platte lag... Der Hersteller hat heute ausnahmsweise einen Anzug an und gekämmte Haare, so sieht er richtig schick aus. Ich muss kichern. Wir steigen in eine weiße Limousine ein. Ich werde aufgeregt, als ich die Stadt am Fenster vorbeiziehen sehe. Ich war zwar ein Mal mit Amalia shoppen, aber sonst befinde ich mich immer in dem Gebäude unserer Firma. Begeistert schaue ich mir die Häuser und Pflanzen an. "Na? Schon gespannt?", fragt mich der Hersteller. Ich nicke eifrig. Nach ungefähr einer halben Stunde, kommen wir beim Sender an. Überall gehen Leute geschäftig ihren Aufgaben nach. Eine Frau mit Zahnpastlächeln kommt auf uns zu. "Hey, ich bin die Moderatorin der heutigen Lifesendung Cindy Stew", sie schüttelt dem Hersteller die Hand und blickt dann zu mir. "Ah, und das muss das Projekt 01 sein..." "Freut mich, ich heiße Hatsune Miku" Cindy Stew lacht:"Ach nein, wie herzallerliebst!" Verwirrt schaue ich sie an, was sie aber ignoriert und uns zum Set bringt. Hier stehen überall Kameras und Scheinwerfer herum. Auf einer kleinen Bühne stehen drei rote Sessel und ein Glastisch. In einen der Sessel lässt Cindy Stew sich fallen. Sie bedeutet uns, uns in die anderen zu setzen. "Es geht los in 3...2...", ruft irgendein Mann von hinten. "...1, wir sind auf Sendung!" Cindy Stew lächelt in die Kameras und erklärt dann etwas über unser Unternehmen und über den Hersteller, bevor sie ihn etwas fragt. "Nun, es hat einige Jahre gedauert das Projekt überhaupt vorzubereiten... aber voller Stolz kann ich heute Projekt Vocal. 01 unsere Miku vorstellen!" ich erröte. "Projekt Vocal. 02 ist bereits in Arbeit, bald wird von ihnen auch ein Album veröffentlicht." "Ihnen?", hakt Cindy Stew nach. "Ja, ich kann schon so viel verraten, es werden Zwillingsroboter sein" "Wie interessant! Ich denke, alle vor den Fernsehern sind genauso gespannt auf die beiden, wie ich. Wir wissen ja schon, dass Miku eine engelsgleiche Stimme hat" , der Hersteller nickt zufrieden. "Also Miku, was ist es für ein Gefühl das erste Projekt einer Reihe von künstlicher Intelligenz zu sein? " ich zögere, die Kameras machen mich nervös "es... macht Spaß", antworte ich schüchtern, Cindy Stew lacht "ich liebe es zu singen und alle sind sehr freundlich zu mir...", füge ich schnell hinzu. "Könne Mike uns nochmal etwas vorsingen?", fragt die Moderatorin an den Hersteller gewandt, als könnte ich nicht selber antworten! Der Hersteller nickt und ich stehe auf. Meine Hände halte ich zusammengefaltet vor meiner Brust und beginne zu singen. Auf einmal herscht totale Stille, nur meine Glasklare Stimme scheint die Zeit kurz anzuhalten. Auch ich selber vergesse kurz, wo ich mich befinde. Nachdem ich die letzte Strophe gesungen habe, verfällt Cindy Stew in Schwärmerei und überschüttet meinen Hersteller mit Lob. Ich sitze den Rest des Interviews nur stumm daneben und antworte ab und zu, wenn ich gefragt werde. Am Abend werden der Hersteller und ich wieder nach Hause gefahren. Schmollend verschränke ich die Arme vor der Brust. "Das hast du gut gemach, Miku. Die Show hatte heute die höchsten Einschaltquoten seit Jahren!", lobt er mich. Ich antworte nicht. "Miku? Hast du etwas?", fragt er mich besorgt. "Alle gehen mit mir um wie mit einem Kleinkind!... nein schlimmer noch, sie behandeln mich wie einen Gegenstand!", platzt es aus mir heraus. Der Hersteller schaut kurz verdutzt, dann lächelt er warm. "Mach dir keine Gedanken, Miku. Diese Menschen waren nur eingeschüchtert von deiner Perfecktheit. Und weil sie selbst so viele Macken haben, reden sie sich ein, dass du sie nur übertreffen konntest, weil du eine Maschine bist. Sie denken, dass dieser "Sieg" nicht zählt, weil sie einfach nicht damit umgehen können. Es ist also wirklich nicht deine Schuld." Ich habe noch so viele Fragen, schweige aber. Wieso können sie mich nicht einfach als normale Person ansehen? Als wir wieder in das riesige Gebäude eintreten, kommt uns eine aufgeregte Amalia entgegen. "Puh, bei euch hat es wohl länger als erwartet gedauert? Schnell Miku! Zieh dich um, damit du gleich zu deiner ersten Tanzstunde kannst!" ich bin etwas überrumpelt:"T-tanzstunde?" "ja!",antwortet sie"deine CD war solch ein Verkaufs-hit, dass schon die Planungen für dein erstes Konzert laufen!"dann wendet sie sich meinem Hersteller zu:"Miku braucht noch die Updates und es müssen unbedingt alle Vocaloids der Crypton-Serie fertig werden!" "ist ja gut...", versucht dieser sie zu beruhigen. "Bei Rin brauche ich nur noch die Funktionsüberprüfung machen..." ihm scheint eine Idee zu kommen: "Miku! Könntest du ihr hier alles zeigen, wenn sie fertig ist?" meine Augen beginnen zu leuchten:"Au ja! Dann ist sie wirklich wie meine kleine Schwester!" So schnell ich kann, laufe ich erst in mein Zimmer, um mich umzuziehen und dann zur Sporthalle. "Hallo!",rufe ich den beiden Leuten, die am Ende der Halle stehen zu. Es müssen meine Choreographen sein. Ich gehe zu ihnen rüber um sie zu begrüßen. Die Frau reagiert sehr gereizt:"lass mich eines klarstellen!",fährt sie mich an"nur weil du das ach so wunderbare Projekt 01 bist... " "Miku ist in Ordnung" "...werden wir dich nicht schonen, klar?! Und zu spät kommen geht gar nicht!" Eingeschüchtert antworte ich ihr:"Entschuldigung..." es überrascht mich, dass sie so grob ist, denn bis jetzt waren alle immer nur freundlich zu mir. Der Mann, der mir die Hand schüttelt und ist ihr Partner. Er entschuldigt sich für ihr Temperament und stellt sie als "Jess" und ihn als "Mason" vor. Und dann geht es los. Da ich alles was ich lerne automatisch abspeichere, habe ich keine Probleme mit den Tanzschritten und erschöpft oder hungrig kann ich auch nicht werden, aber mein Akku leert sich langsam, so dass Amalia irgendwann das Training unterbricht und mich entlässt. In meinem Zimmer wiederhole ich nochmal einpaar Tänze. Die meisten betonen besonders meine süße Seite, nur einige sind wirklich schnell und schwierig. Nach ein paar Wochen training kann ich schon die meisten Tänze perfekt ausführen und dabei singen. Ich verbringe auch viel Zeit bei Katie und schaue mir neue Outfits für mich und andere Projekte an. Im Moment sind die Kostüme für Rin und Len in Arbeit. Sie sind in gelb und schwarz gehalten und gefallen mir super! "Projekt Vocal. 01 bitte begeben sie sich in die Werkstatt" Heute werde ich meine Updates bekommen! Voller Vorfreude hüpfe ich den Gang entlang zum Lieblingsraum des Herstellers. "Hi!",rufe ich laut, verstumme aber, als ich sehe, wie angespannt der Hersteller ist. Auf der Arbeitsplatte liegen immer noch eine fast fertige Rin und ein... vollkommen auseinander gebauter Len?! "was ist mit Len?",will ich wissen. "Es gibt einpaar Systemfehler, deren Ursache ich aber nicht finden kann... naja, komm, ich installiere jetzt erstmal die Fertigkeiten, damit du Gitarre spielen kannst!" "Yay!", ich springe vor Aufregung, setze mich dann auf den Stuhl neben ihm. "Gehst du danach bitte zu Katie? Sie hat schon eine E-Gitarre für dich angefertigt...", er schraubt an meinem Hinterkopf herum und legt dann einen neuen Chip ein. Sofort spüre ich, wie die Informationen verarbeitet werden. Nach ein paar Minuten sind wir fertig. Ich drehe mich am Türrahmen nochmal um:"Werden die anderen rechtzeitig für das Konzert fertig?", frage ich besorgt. Mein Hersteller lächelt, jedoch ist es nicht so warm wie sonst:"Ja, ich schaff das schon" auch ich zwinge mich zu einem Lachen und gehe dann. Auf dem Weg zu Katie, komme ich schon wieder an dieser seltsamen Sackgasse vorbei, aber dieses Mal höre ich ganz deutlich etwas hinter der Tür! Es ist Gesang! Eine sanfte Männerstimme und eine kräftigere Frauenstimme singen ein Duett! Ich bleibe ein wenig stehen, weil es so schön klingt, bis mir einfällt, dass ich ja etwas vorhatte. Widerwillig reiße ich mich los und gehe weiter, die Melodie vor mich hin summend. Katie ist genauso beschäftigt wie Amalia, nur noch aufgeregter. Anscheinend sind die Vorbereitungen im vollen Gange. Umso mehr Sorgen mache ich mir, dass die anderen Projekte nicht rechtzeitig fertig werden. Etwas bedrückt nehme ich meine E-Gitarre von Katie entgegen. Sie ist an das Design meines Outfits angepasst, in grau und türkis gehalten. Ich nehme sie mit auf mein Zimmer und beginne ein paar Akkorde zu spielen. Durch das Update weiß ich schon genau, wohin welcher Finger gesetzt werden muss. Bald begleite ich meinen Gesang mit der Gitarre und merke, dass es so noch mehr Spaß macht zu singen. Jetzt liegt es daran Gitarre, Gesang und Tanz in Einklang zu bringen. Es gelingt mir noch nicht ganz, da meine Festplatte nach kurzer Zeit etwas überladen ist, aber es fühlt sich toll an! Am nächsten Morgen gehe ich wieder gut gelaunt zu meinen Gesangsstunden, als ich mit etwas hartem zusammenstoße. Es ist Rin! Ich entschuldige mich schnell. Neben ihr steht der Hersteller :"Miku, gut dass ich dich treffe, du wolltest dich doch um Rin kümmern oder? "Ja,ja,ja,ja gerne!", rufe ich aus. Rin kann zwar schon etwas wackelig laufen, ist aber noch so emotionslos, wie ich am Anfang. Der Hersteller überlässt sie mir und macht sich gehetzt wieder an die Arbeit. Len scheint immer noch nicht fertig zu sein. Ich schnappe mir Rins kalte Hand und ziehe sie hinter mir her. Sie ist so süß! Kurze, blonde Haare und strahlende, blaue Augen! "Mein Name ist Miku", beginne ich zu erzählen und fühle mich schon richtig erwachsen. "Wir beide gehen jetzt zu unseren Gesangsstunden mit Samira", Rin antwortet nichts, also rede ich einfach weiter:"Samira und Amalia sind nett, und der Hersteller natürlich auch! Aber nehm dich vor Jess in acht! Sie kann echt aufbrausend sein!", kichere ich. Keine Reaktion von Rin. Wir erreichen das Musikzimmer, wo Samira schon auf uns wartet. "Guten Morgen Miku, wie ich sehe, ist der erste Teil von Projekt Vocal. 02 fertig" "Sie heißt Rin",antworte ich. Ein leises Stimmchen flüstert etwas, das ich kaum verstehe:"Kagamine Rin", erstaunt drehe ich mich zu Rin um. "Kagamine ist also dein Nachname?",frage ich. "Ja", antwortet sie etwas lauter. Oh mein Gott, ist ihre Stimme süß! So klar, aber viel heller als meine. Ich bin noch begeisterter, als Samira sie bittet etwas vor zu singen, es klingt wunderschön und kindlich zugleich. Rin bekommt genau wie ich Kopfhörer, jedoch sind ihre weiß und haben eine niedliche Schleife als Accessoire. Später dürfen wir beide zusammen singen, es macht so Spaß nicht alleine Musik zu machen! Ich spüre wie sich in Rin langsam ein Lebensfunke regt, auch sie scheint es zu genießen. Nach den Gesangsstunden erkunden Rin und ich alle Gebäude, langsam scheint sie neugierig zu werden. Ich zeige ihr die Kantine, das Tonstudio, die Sporthalle, mein Zimmer und natürlich die geheimnisvolle Sackgasse. Rin ist eine klasse Schwester! Kapitel 4: MEIKO und KAITO -------------------------- Es ist so weit! Ich darf zum ersten Mal alleine raus gehen, naja, mit Rin zusammen. Sie beginnt ihre Persönlichkeit zu entwickeln und wird von Tag zu Tag niedlicher! Da sie aber weder eigene Kleidung, noch Einrichtung für das Zimmer von ihr und Len hat, wurde uns vom Hersteller erlaubt einkaufen zu gehen! "Miku, Miku?!" "Ja was denn?" "Wie lange ist es jetzt noch hin bis zum Konzert?",fragt sie mit unschuldigen Augen. "Ich denke, ein paar Wochen noch… wir müssen dann ja nach Tokio geflogen werden… und bis dahin sollen wir beide noch einen Song schreiben!",antworte ich ihr. "Hurra! Einen Song mit Miku schreiben!" Wir verlassen das Gebäude. Mir wurde Geld mitgegeben und eine Karte der Stadt eingespeichert, also kann nichts schief gehen! Rin ist total aufgeregt und springt um mich herum, dann hakt sie sich bei mir unter und im Gleichschritt gehen wir Richtung Stadt. "Miku, Miku! Sieh mal!" Rin steht vor einem Schaufenster und bewundert ein Schwarz-weiß kariertes Kleid. Ich schaue auf den Preis. "Möchtest du das haben, Rin?" "Darf ich?", sie sieht mich begeistert an. "Klar",wir betreten das Geschäft. Die Verkäuferin begrüßt uns freundlich. Da es noch früh ist, ist nicht viel los im Einkaufscenter. Rin probiert das Kleid an und es passt ihr wie angegossen. "Wow, das steht dir super!", sage ich fröhlich. "Ja?" Wir gehen zusammen zur Kasse und bezahlen. Die Verkäuferin wirkt etwas nervös:"Entschuldigt ihr beiden? Seid ihr nicht Vocaloids?",fragt sie schüchtern. "Ja, sind wir",antwortet Rin freundlich. "Ich hab deine CD gekauft und finde sie einfach super", fährt sie an mich gerichtet fort. "Könnte ich ein Autogramm von euch haben?" "Gerne!",ich bin total aufgeregt, als Rin und ich auf einem Heft unterschreiben. Sie bedankt sich und wir verlassen den Laden mit einer Einkaufstüte. Draußen fassen wir uns bei den Händen, kichern und hüpfen auf und ab. Wir wurden wirklich um ein Autogramm gebeten! Nachdem wir uns etwas beruhigt haben, gehen wir weiter. Langsam füllt sich Center mit Leuten und wir werden immer öfter angesprochen. Manche bitten sogar um ein Foto mit uns. Ich wusste nicht, dass wir so berühmt sind. Manche Leute sehen uns argwöhnisch an, oder beleidigen uns als "Maschinen", aber die meisten sind freundlich. Rin sucht sich ein paar Kleidungsstücke und Deko aus. Das meiste in gelb oder schwarz. Bald wird es dunkel und wir beeilen uns nach Hause zu kommen. Sofort helfe ich Rin dabei, ihre neue Kleidung einzuräumen. Gerade als ich ein T-shirt in eine Schublade lege, hören wir wieder Gesang. Rins Zimmer liegt nahe der seltsamen Sackgasse, aus der ich schon mal ein Duett gehört habe. "Komm Rin!",rufe ich sie zu mir. Gemeinsam stürmen wir los, bis wir vor der abgeschlossenen Tür stehen bleiben. "Das klingt schön",murmelt sie. "Hey, was macht ihr zwei denn da?" Erschrocken drehen wir uns um. Amalia steht einige Meter hinter uns. "Amalia, was ist hinter dieser Tür?",frage ich neugierig. "Nichts was euch betrifft",antwortet sie etwas scharf. Erstaunt werden wir von ihr in unsere Zimmer gescheucht. Ich lege mich in meine Kapsel und versuche wach zu bleiben. Nachdem gewisse Zeit vergangen ist, stehe ich so leise es geht auf. Die sonst so weißen Gänge liegen dunkel vor mir. Ein bisschen unheimlich ist das schon, aber ich reiße mich zusammen und schleiche zu Rins Zimmer. Ihre Tür ist genau wie meine, nicht abgeschlossen. Ich öffne die Kapsel, in der sie schlafend liegt. Ihre Gesichtszüge sind entspannt und schimmerndes Licht fällt durch ein winziges Fenster auf ihr Haar. Leise wecke ich sie:"Psst, Rin! Wach auf!",verschlafen reibt sie sich die Augen "Miku?",nuschelt sie. "Ja, wollen wir nicht herausfinden, was hinter der Tür ist?",flüstere ich. Schlagartig ist sie hellwach und springt leichtfüßig auf. Gemeinsam tappen wir durch die Dunkelheit, bis wir an der Sackgasse ankommen. "Und jetzt?", fragt Rin. Ich fummle etwas an dem Schloss herum, bis es sich tatsächlich öffnet! Alle anderen Türen hier werden elektronisch geöffnet, diese aber auf altmodische Art, was die Sache vereinfacht. Hinter der Tür befindet sich eine kleine Abstellkammer. Neben alten Besen, Lampen und abgedeckten Möbeln stehen in der Mitte des Raumes auch zwei Kapseln. "Sind das die Kapseln für Len und das dritte Vocaloid-Projekt?",fragt Rin verunsichert. "Nein…",mir läuft es kalt den Rücken herunter "die Lampen leuchten…", wie erstarrt stehen wir beide da und wissen nicht, was wir tun sollen. "D-du meinst jemand liegt dort drinne?" Panisch zieht Rin an meinen Ärmel "Lass uns gehen Miku! Ich habe Angst!" Wir laufen so schnell es geht zu Rins Zimmer und vergessen dabei wieder abzuschließen. Nachdem wir uns etwas beruhigt haben, kehre auch ich in meinen Raum zurück. Noch völlig verunsichert versuche ich einzuschlafen. Am nächsten Morgen wache ich nicht durch einen Weckruf von Amalia auf, sondern von laut diskutieren Stimmen:"Was soll das heißen es wurde bei den Fehlschlägen eingebrochen?! Es gibt Probleme mit der Fertigstellung aller Crypton-Vocaloids und dann sowas?! Das Konzert ist sehr wichtig für die Propaganda und rückt immer näher!",ist das etwa mein Hersteller? Ich habe ihn noch nie so wütend erlebt... Schuldgefühle packen mich, er ist ja fast so etwas wie mein Vater und ich mache ihm nur Probleme… aber was meinte er mit Fehlschlägen? Gibt es noch mehr Vocaloids, außer mir und Rin? Eine halbe Stunde später weckt mich eine gestresste Amalia. Ich ziehe mich um und gehe zusammen mit Rin in die Turnhalle. Wir haben uns zusammen einen Tanz ausgedacht, können uns aber beide kaum konzentrieren. Jess schreit uns im Minutentakt an. Einen Schritt machen wir nach vorne, dann zwei zur Seite und eine Drehung zueinander... 1…2…1…2… und Verbeugung. Geschafft! Wir machen für heute Schuss und schlendern nebeneinander in unsere Zimmer. Immer wieder kommen uns Mitarbeiter gehetzt entgegen gelaufen. Die Vorbereitungen sind im vollen Gange. Rin und ich trennen uns, da ich noch Gitarre üben muss. Ich schappe mir die grau-türkise E-Gitarre und werfe mich in meinen ebenfalls türkisen Sitzsack. Nach ein paar Stücken, habe ich aber keine Lust mehr. Leise verlasse ich meinen Raum und laufe rüber zu Rin. Nach wenigen Malen an klopfen, öffnet sie mit betrübten Gesicht. "Hey Rin! Wollen wir jetzt nachschauen, was in den Kapseln ist?",frage ich enthusiastisch. Sie sieht mich geschockt an:"Ich will da nicht wieder hin! Das ist unheimlich!". Ihre Stimme klingt weinerlich. "Komm schon, das ist nicht gefährlich. Es sind Vocaloids, wie wir!" "A-aber, das gibt bestimmt Ärger…" "Quatsch!",versuche ich sie zu überzeugen. Schließlich schaffe ich es sie mit mir zu schleifen. Das Schloss ist immer noch geöffnet. Die Tür lässt sich leicht öffnet. Kurz zögere ich, schwinge sie dann ruckartig auf, schließe sie aber wieder, um nicht so auffällig zu sein. Die beiden Kapseln liegen noch genau wie Gestern da. Das Lämpchen flackert bedrohlich. Rin versteckt sich hinter meinem Rücken und ich öffne vorsichtig eine der beiden. Vor uns liegt eine Frau mit kurzen braunen Haaren. Sie trägt ein rotes, bauchfreies Top und einen ebenfalls roten Rock. Ihr Gesicht ist sehr schön, unverkennbar ein Vocaloid. "Siehst du!",flüstere ich der begeisterten Rin zu. Langsam schließe ich den Deckel wieder und gehe zur anderen Kapsel. In ihr liegt ein blauhaariger Mann. Er trägt einen blauen Schal und einen weißen Mantel. Beide schlafen friedlich. Schnell verlassen wir den Raum, da wir Schritte hören. Nun ist Rin wieder so aufgedreht wie vorher und durchlöchert mich mit Fragen. "Warum liegen die beiden da? Werden sie vielleicht Überraschungsgäste auf dem Konzert?", ich zucke nur mit den Schultern, kann mir das aber nach den Worten des Herstellers nicht vorstellen… Fehlschläge? Rin geht wieder in ihr Zimmer, um zu üben, das Konzert ist in knapp einer Woche, es bleibt also nicht viel Zeit. Ich laufe weiter zur Werkstatt. "Hallo Miku" ,begrüßt mich der Hersteller müde. "Hallo, ich wollte mal fragen, wie weit Len ist…" "Ach, ich verstehe nicht, wo das Problem liegt… eigentlich sollte es ja ein Konzert mit allen Crypton-Vocaloids werden, aber wenn nicht mal Len fertig wird, müssen wir das ganze Programm ändern oder ganz absagen… " "Oh nein…", niedergeschlage verabschiede ich mich. Plötzlich kommt mir eine Idee! Schnell laufe ich wieder zur Sackgasse. Ich öffne die Kapseln nicht so bedächtig, wie beim ersten Mal. Und rüttele zu erst die Frau wach. Angespannt warte ich bis sie ihre braunen Augen öffnet und mich erstaunt mustert. "H-hallo… mein Name ist Hatsune Miku… und ihr beide seid doch auch Vocaloids, oder?",stottere ich nervös. "Ja, freut mich dich kennenzulernen, mein Name ist MEIKO, was machst du hier?" Auch der Mann setzt sich verschlafen auf und grinst mich an:"Hi!" "Ich wollte um eure Hilfe bitten, es steht ein großes Konzert an, aber es fehlen uns Singstimmen… bitte helft uns!", die Frau lächelt traurig:"tut mir leid, aber das geht nicht" ich sehe sie flehend an:"Warum nicht?!" die beiden stehen auf und MEIKO beginnt zu erzählen:" Es gibt einen Grund, warum wir in dieser Kammer liegen und niemand etwas von uns weiß. Unser Erbauer hat mich und KAITO in einem weit entferntem Land hergestellt, wir haben CDs aufgenommen und sind sogar auf Tournee gegangen" "aber es wurde nicht so ein Erfolg, wie Er es sich vorgestellt hatte", erzählt KAITO weiter:"MEIKOs Album wurde ja noch von den Leuten gekauft, aber meins so gut wie gar nicht." "Deshalb gab er die Arbeit mit uns auf…", fährt MEIKO betrübt fort:"Er bekam jedoch von dem Konzern, dem unter anderem auch dieses Gebäude gehört, ein Angebot: er sollte bessere und neuere Vocaloids herstellen und es würden keine Kosten gescheut werden, diese berühmt zu machen. Diese neuen Vocaloids, das seid ihr: die Crypton-Vocaloids" MEIKOs traurige Stimme bringt mich zum nachdenken: wenn sich mein Album nicht so gut verkauft hätte, würde ich dann auch so verlassen hier eingesperrt sein? Ich schiebe den Gedanken beiseite:"Ich bitte euch! Ich habe euch singen hören, es klang keineswegs schlechter als meine Stimme, es war wundervoll. Wenn ihr dem Hersteller wirklich egal wärt, hätte er euch doch auch wegwerfen können! Aber ihm liegt etwas an euch! Und nun braucht er eure Hilfe!" KAITO kommt auf mich zu und tätschelt meinen Kopf, dann blickt er MEIKO herausfordernd an:"also, ich werde mir die Gelegenheit, nochmal auf einer Bühne stehen zu können, nicht nehmen lassen!" Diese seufzt entwaffnet:"Na schön, gehen wir zum Erbauer!", nun klingt auch sie zuversichtlich. Ich kann mir ein breites Lächeln nicht verkneifen und führe sie zur Werkstatt. Der Hersteller sieht mich vorwurfsvoll an:"Miku, was hast du dir nur dabei gedacht?" "Es tut mir leid, aber ich dachte, sie könnten helfen…" Er blickt verstört zu Len, der immer noch unfertig auf der Arbeitsplatte liegt "und Luka habe ich noch nicht mal begonnen… ",murmelt er vor sich hin "…Gut, ich denke, sie könnten wirklich helfen!", ein Grinsen umspielt seine Mundwinkel, er reicht MEIKO und KAITO seine Hände "Na, seid ihr zwei bereit, wieder voll los zu legen?" mit einem erleichtertem "Ja" ,greift jeder von ihnen eine Hand des Herstellers. Ein Glücksgefühl breitet sich in mir aus. Diese Woche wird aufregend werden! Kapitel 5: das erste Konzert ---------------------------- "Projekt Vocal. 01 und Projekt Vocal. 02, bitte begeben sie sich nun in den Ruheraum 3.2.B" Die letzten Tage waren sehr aufregend in stressig, wir mussten in wenigen Stunden alle Choreographin mit MEIKO und KAITO zusammen durchgehen und Änderungen einspeichern, außerdem das Konzertprogramm durchgehen und dein beiden neuen Vocaloids alle Songs beibringen. Der Hersteller versucht zwar immer noch Len fertig zustellen, konzentriert sich aber mehr auf Updates für uns alle. Katie ist völlig durch den Wind, da sie die meisten Kostüme nochmal für MEIKO und KAITO nähen musste. Für Rin und mich ist jedoch der größte Stress, dass wir als Höhepunkt des Konzertes unser selbstgeschriebener Song vorsingen sollen. Es braucht jedoch Zeit einen zuschreiben, selbst wenn man ein Songwritig-Update bekommen hat. Wir sitzen ausgelaugt nebeneinander, den Tisch voller Aufzeichnungen und Notenblättern vor uns. So geht das nicht weiter! "Pause!",rufe ich laut und zeige ein X mit meinen Armen. Rin seufzt erleichtert. "Lass uns zur Kantine gehen und etwas Zutrinken kaufen", schlage ich vor. Etwas später sitzen wir genauso ratlos wie vorher wieder am Tisch und schlürfen unsere Getränke; Rin Orangensaft und ich Fanta. "Ich habe eine Idee!",ich krempel meine Armstulpe etwas hoch und starte den eingebauten Mini-Computer. "Wir könnten uns doch inspiration aus dem Internet suchen", Rins Augen werden groß. Wir überfliegen einpaar Seiten und schreiben uns ganz genau auf, wenn wir Melodien aus anderen Liedern schön finden. "Rin, was möchtest du für einen Song machen? " "Ich? Ich weiß nicht recht..." antwortet sie schüchtern. "Ich meine, welche Art von Liedern magst du besonders? Ich finde fröhliche und schnelle Songs gut, denn am Liebsten singe ich etwas, zu dem man gut tanzen kann, das Zusammenspiel gefällt mir so!" "A-also um ehrlich zu sein...",beginnt Rin:"...ich würde gerne einen Song schreiben, der gute Laune versprüht, denn mit dir habe ich so viel Spaß, dass ich dieses Gefühl an alle weiter geben möchte!",ruft sie, während sie durch den Raum tänzelt. "Dann ist es entschieden!",sage ich zuversichtlich"wir werden einen Song schreiben, der alle aus den Socken haut!" Wir klatschen ein. "Gut, was könnte so ein Glücksgefühl auslösen?", murmel ich. "Also, zum Beispiel, als wir zusammen shoppen waren, um Farben für mein Zimmer zu kaufen!" "oder als wir das erste Mal gemeinsam gesungen haben!" Bei diesen Erinnerungen lachen wir. "Und es muss irgendwas mit Liebe sein!",ruft Rin plötzlich. "Warum?",ich bin etwas verwirr. "Na... na, weil das immer so ist!", sie errötet. " Und außerdem... sind wir doch Roboter... Liebe müsste für uns unerreichbar, wenn nicht unvorstellbar sein. Trotzdem liebe ich meine Familie, also den Hersteller, Len und dich. U-und ganz bestimmt werde ich mich auch irgendwann in einen Jungen verknallen, also ist das ein wichtiges Thema!" ich kann nicht anders als sie fest zu umarmen:"Rin du bist so süß!" Wir basteln schon eine Weile an unserer Melodie herum, als MEIKO und KAITO vorbeikommen, um uns zu grüßen. "Was macht ihr denn gerade?" fragt der blau haarige Vocaloid mit vollem Mund; er löffelt einen Eis-Becher nach dem anderen. "W-wir arbeiten an dem Song, der auf dem Konzert präsentiert werden soll...", antwortet Rin schüchtern. Gegenüber den beiden, ist sie noch verschlossen, sie braucht wohl ihre Zeit. "Ah!",sagt MEIKO "früher haben KAITO und ich ja auch schon selber Lieder geschrieben, vielleicht können wir euch helfen?",sie lächelt freundlich. "Naja, die waren jedoch keine großen Erfolge...",wirft KAITO lachend ein, woraufhin MEIKOs Gesichtsausdruck von entspannt zu genervt wechselt. Ich winke dankend ab:"Ich denke, das müssen wir alleine schaffen" "Na schön",gibt MEIKO immer noch etwas gereizt zurück. "Was habt ihr den gerade vor?",frage ich, um das Thema zu ändern. Was aber anscheinend alles nur noch schlimmer macht. "Wir waren...",ich merke, dass MEIKO innerlich brodelt"...wir waren zum ZEHNTEN MAL IN FOLGE FÜR KAITO EIN EIS HOLEN! ",platzt es jetzt aus ihr heraus. Rin, KAITO und ich gehen unter dem Tisch in Deckung, bis sie sich wieder etwas abgeregt hat. "Ist ja nicht so, als hätten wir besseres zu tun... also entschuldigt uns!" immer noch wütend schleift sie den lachenden KAITO an seinem Schal weg. Erleichtert setzen Rin und ich uns wieder auf und fahren fort. "Wie kann man bloß dieses Gefühl beschreiben, wenn man anfängt seine Persönlichkeit entwickelt?", ratlos kaue ich auf einem Stift herum. "Das ist es ja, man kann es nicht beschreiben!",antwortet Rin etwas verzeifelt. "Weißt du was?",frage ich jetzt wieder enthusiastisch "Ist doch egal! Ein Gefühlt, das man nicht beschreiben kann, ist doch perfekt für unseren Song! Jeder kann mal nicht beschreiben, wie man sich fühlt, also sprechen wir jeden an!" "Und wie willst du so etwas in ein Lied einbringen, wenn du es nicht beschreiben kannst?",fragt Rin verwirrt. "Hm, was steht auf unserem Ideen-Zettel?" "ehm... Singen, Farben, Liebe..." "Stopp!",rufe ich so laut, dass Rin erschrocken den Block fallen lässt. "Warte hier!",so schnell ich kann, laufe ich zu meinem Zimmer und hole meine E-Gitarre. Erschöpft lasse ich mich wieder auf den Stuhl fallen. "Was hältst du davon?",frage ich und beginne zu singen: "aka? ao? shiro? aimai da ne kono sekai chuu de dare yori mo anata o suki de ii kana" (Rot? Blau? Weiß? Es ist nicht eindeutig Wenn ich dich mehr als jeder andere in dieser Welt lieben würde, wäre es schön?) Rin klatscht begeistert "super, Miku! Wie wäre es, wenn wir noch eine Zeile einfügen und... oh! Die Stelle können wir abwechselnd singen!", sie sprüht vor Kreativität. Stunden vergehen bis wir beschließen für heute Schluss zu machen. Ungefähr die Hälfte des Songs ist fertig geworden, aber natürlich müssen wir noch Sachen ausbessern. Erschöpft lege ich mich in meine Kapsel. Heute war ein toller Tag, aber das Konzert rückt immer näher... Ich schlage ohne Weckruf die Augen auf und laufe gleich nach dem Umziehen zu Rin. Auch sie ist schon wach und ließt in einem Buch. "Bist du bereit unseren Song weiter zu machen?", frage ich energiegeladen. Sie nickt freudig. Zusammen gehen wir zum Ruheraum, noch bevor der Lautsprecher uns dort hin bestellt. Mehrere Stunden beschäftigen wir uns ausschließlich mit Songwriting - naja, es gibt ein paar Abstecher zu jump and run games auf meinem Computer - Es wird immer später, weshalb bald eine aufgebrachte Amalia zu uns kommt und fragt warum wir nicht zum Gesangsunterricht erschienen sind. Entschuldigend lächel ich sie an. Wir haben einfach die Zeit vergessen, dafür ist der Song fast fertig. Wir haben all unsere Erlebnisse und Gefühle der letzten Wochen eingebracht und einen fröhlichen Song, zu dem man gut tanzen kann kreiert. "Dann fehlt nur noch der Titel...",überlegt Rin laut. "Color...",beginne auch ich vor mich hin zu murmeln. Auf einmal geht mir ein Licht auf:"Ich hab's!" Sie sieht mich gespannt an. "Was hältst du von Colorful x Melody?!" Es ist so weit! Zwei Tage, vor Konzertbeginn sind wir alle fertig geworden und wollen aufbrechen, nach Tokio! Viele Angestellte der Firma, die ich noch nie gesehen habe, tragen unsere Kapseln und Koffer in den - ebenfalls von der Firma bereitgestellten - Bus. Er ist ziemlich groß und wurde mit einem Foto von Rin und mir bedruckt. Als alles eingeräumt wurde, schließt der Hersteller die Tür unseres Zuhauses ab und sichert sie doppelt mit einer Elektronischen Sicherung und Überwachungskameras. "Nehmen wir denn keine Mikros und Boxen mit?",fragt Rin mich. "Nein, nur meine Gitarre. Der Rest ist bereits in der Arena,in der wir spielen werden." Sie will noch etwas sagen, jedoch werden wir schon gedrängt ein zu steigen, damit es losgehen kann. Die Busfahrt zum Flughafen dauert ungefähr eine dreiviertel Stunde und ist sehr lustig. MEIKO, KAITO, Rin und ich singen laut Reiselieder, manche im Kanon. Das ganze Gefährt ist mit engelsgleichen Stimmen gefüllt. Gespannt betrachte ich die Industrielandschaft, die an unseren Fenstern vorbei zieht. Rin ist auf einmal ganz still. "Hey,was hast du denn?", frage ich mitfühlend. "Miku, in so eine Arena passen doch bestimmt sehr viele Leute, oder?" ,sie wirkt sehr verunsichert. "Was ist, wenn irgendetwas schief geht, oder sie uns nicht mögen?" "Keine Sorge", sage ich aufmunternd "Das wird schon nicht passieren." Zweifelnd blickt sie zu mir hoch. Ich möchte sie weiter beruhigen, jedoch sind wir am Flughafen angekommen und müssen aussteigen. Der Flughafen ist riesig und aufregend. Unter einer sehr hohen, gewölbten Decke gehen tausende von Menschen ihre Wege, alle mit großen Koffern. Unsere werden so schnell wie möglich nachgeliefert, wir brauchen uns also nicht darum kümmern. Trotzdem habe ich einen blauen Rucksack dabei, indem ich meinen Mp3-Player und etwas zu knabbern eingepackt habe. "Unser Jet müsste in kürze landen, dann können wir gleich einsteigen.", sagt der Hersteller. MEIKO und KAITO blicken durch die riesigen Fenster auf die Landebahn. Ich geselle mich zu ihnen. Während ich fasziniert den Flugzeugen zu schaue, bemerke ich gar nicht, wie sich nach einiger Zeit eine Traube aus Reportern um uns bildet. Als ich mich umdrehe, kann ich plötzlich kurz nichts mehr sehen, weil ein Blitzlichtgewitter in meinen Augen brennt. Der Hersteller erklärt gerade irgendwas, als plötzlich mehrere Mikrophone mir unter die Nase gehalten werden. Die häufigste Frage, die gestellt wird, ist:"Wie fühlen sie sich vor ihrem ersten Konzert?!" Ich bin kurz perplex und zögere, antworte dann aber doch:"Naja, ich denke wie jeder sich fühlt, wenn er bald vor mehreren tausend Menschen singen muss,... natürlich bin ich aufgeregt, aber umso mehr freue ich mich darauf!", ein Raunen geht durch die Reporter, ich verstehe nur einzelne Fetzen wie:"das war ja süß..." oder "man erkennt gar nicht, dass sie ein Roboter ist..." der Hersteller zieht mich weg von der Menschenmasse, wieder zu den anderen. Endlich dürfen wir einsteigen! Wir folgen dem Hersteller durch einen verglasten Gang, ins innere des Flugzeuges. Wir haben es ganz für uns alleine. Es gibt Essen, trinken, ja sogar Fernseher! Jeder setzt sich auf seinen Platz und wartet, bis das Jet mit lautem Gebrumme erst los fährt und dann wirklich abhebt! Ich spüre einen leichten Druck, der mich in meinen Sitz drückt. Ein Blick aus dem kleinen Fenster zeigt mir, dass wir den Flughafen schon hinter uns gelassen haben und fast über den Wolken sind. Es ist atemberaubend! Nachdem das Flugzeug eine konstante Geschwindigkeit fliegt, hole ich meinen Mp3 Player heraus und höre Musik. Schon bald bin ich im stand bye Modus und döse vor mich hin. Einige Stunden vergehen, die ich damit verbringe aus dem Fenster zu schauen und die Wolken zu beobachten. Irgendwann kommt eine Stewardess, um uns Essen anzubieten. KAITO bestellt sich einen riesigen Berg an Eis, während ich eine Lauch-suppe probiere. Sie schmeckt besser als erwartet, sogar richtig gut! Irgendwann setzt das Jet zum Landeflug an und eine freundliche Lautsprecherstimme verabschiedet sich von uns. Ich hake mich bei Rin unter und gemeinsam verlassen wir das Flugzeug über eine Treppe am Ausgang. Der Hersteller geht voran. Geschockt bleiben wir stehen und schauen uns um. Am Ende der Treppe liegt ein langer Teppich, der links und rechts abgesperrt wurde. Hinter den Absperrungen drängen sich Menschenmassen, die kreischen und Schilder mit unseren Namen hochhalten. Die anderen Vocaloids sind genauso verwirrt, wie ich. Nur der Hersteller ist ganz ruhig. Während wir den Teppich entlang gehen, fragen uns immer wieder Leute, ob sie ein Autogramm haben dürfen. Am anderen Ende des Landeplatzes wartet eine weiße Limousine auf uns, die uns zum Hotel bringen soll. Das wird ja immer skurriler... Auch das 4 Sterne Hotel ist nicht von schlechten Eltern. Der Empfangsbereich ist riesig! Nach dem Einchecken erkunden Rin und ich ersteinmal alles und finden dabei einen Garten, einen Pool, eine Sauna und ein Restaurant. Perplex kehren wir zu unseren Zimmern zurück. Jeder hat ein eigenes bekommen. Der Abend übertrifft jedoch alles! Nach einem köstlichen Essen fahren wir alle zusammen zur Konzertarena, um einen Soundcheck zu machen. Ich hätte nie davon geträumt, dass sie so groß ist! Man hat das Gefühl im Mittelpunkt von allem zustehen, und jetzt ist sie sogar noch lehr! Während meine Laune immer besser und die Aufregung immer größer wird, merke ich, dass Rin zunehmend verunsichert ist. "Was ist los?",frage ich mitfühlend. "Ich habe Angst...", antwortet sie kleinlaut"die Halle ist so riesig..." sie steht den Tränen nahe. "Hey, sieh mal, ich bin immer direkt neben dir! Und wir zwei haben es doch auch geschafft unseren eigenen Song zu schreiben!", versuche ich sie aufzumuntern und es klappt, nun lächelt sie. Wir stehen nun beide alleine auf der Bühne, die Mikros fest umklammert und singen zum ersten mal gemeinsam unseren Song mit Musikbegleitung. Eine Band ist aus Barcelona angereist, um mit uns zu spielen und es klingt toll! Alles stimmt. Rin und ich vergessen alle Ängste und Bedenken, ebenso wie die Zeit. Mit einer schnellen Geste zeigt uns der Hersteller, dass wir nach Hause müssen. Diese Nacht kann ich kaum schlafen, weil ich viel zu aufgeregt bin. Früh morgens geht es los. Wir packen alle Outfits ein und gehen nochmal alle Texte durch. Die Arena ist, bis auf die vielen herumrennenden Techniker, noch lehr. "Ich bin so nervös!",flüstert Rin mir zu. Auch wenn ich es mir nicht anmerken lasse, geht es mir ebenso. Nach der Generalprobe werden wir in die Umkleiden gerufen und dort geschminkt und frisiert. Die Arena füllt sich mit immer mehr Leuten, die sich einen Platz suchen. Viele von ihnen haben Leuchtstäbchen dabei. Rin und ich spähen hinter dem Vorhang hervor und plötzlich geht es los. Zuerst tritt der Hersteller auf die Bühne und hält eine kleine Rede. Auf einmal ertönt laute Musik. MEIKO und KAITO beginnen das Konzert mit einem flippigen Popsong. Als die Musik wieder ausgeht und mir ein Zeichen gegeben wird, begebe ich mich durch einen schmalen Gang unter der Bühne. Er führt direkt zu einer Plattform, die mich mit einem Zischen nach oben trägt. Ich höre die ersten Noten von "World is mine" und stehe plötzlich im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit. Die Leute rufen meinen Namen und applaudieren. Dann beginne ich zu singen und erstaunlicher Weise ist es gar nicht so anders, als im Musikzimmer zu singen. Die Tanzschritte behersche ich auch noch perfekt und alles geht gut. Die Menschenmenge ist am ausrasten. Auch die anderen singen super und nach aufregendem Abwarten ist es so weit. Rin und ich müssen Colorful x Melody singen. Die Scheinwerfer werden auf uns gerichtet, so dass sie blenden, aber davon lassen wir uns nicht beirren. Wir nicken uns zu. Ich fange an zu singen, während wir auf der Stelle tanzen und unsere Arme in die Luft werfen. Dann ist Rin dran. Sie singt weiter und hält ihre Hand den Zuschauern entgegen. Den Refrain singen wir zusammen. Es ist atemberaubend. Ein Spiel zwischen Rin, dem Publikum und mir. Als der Song zu Ende geht, verbeugen wir zwei uns glücklich. Später kommen auch die anderen dazu. Ein rundum gelungenes Konzert! Auf dem Weg zurück ins Hotel bin ich so erschöpft, dass mir die Augen zufallen. Auch wenn ich ein Roboter bin, kann ich träumen. Ich träume von Musik, den anderen Vocaloids und dem lauten Publikum. Kapitel 6: ein neuer Vocaloid und Dreharbeiten ---------------------------------------------- Ich schlage die Augen auf und sehe zur decke meiner Kapsel. Leise öffne ich sie und blicke mich um. "das Konzert...", murmel ich verschlafen. Jedoch befinde ich mich nicht im Hotel, sondern zu Hause. Meine Zimmertür öffnet sich. Zwei ozeanblaue Augen blinzeln mir entgegen...Rin? "Sie ist aufgewacht!" der Hersteller kommt auch herein. "Ah, schön, dass du wach bist Miku. Nach dem Konzert hat wohl dein Akku Schaden genommen, das ist nichts ernstes, schaltet dich aber für einige Tage aus." Rin kommt in mein Zimmer gestürmt :"Miku! Du bist wach!!! Sieh mal, sieh mal! Der Hersteller hat Len fertiggestellt!" die blauen Augen, die ich gesehen habe, gehören zu Len, der gerade stürmisch von Rin geknuddelt wird. "Wir haben während du geschlafen hast schon angefangen zusammen ein neues Album aufzunehmen! ", erzählt sie aufgeregt. Ein wenig Neid packt mich. Ich habe jetzt wohl meine kleine Schwester an Len abgetreten. "Es wird in nächster Zeit wohl sehr turbulent hier werden",sagt der Hersteller lächelnd. Ich blicke ihn fragend an. "Len und Rin nehmen ihr Album auf, ich bastle an weiteren Projekten und du, Miku... " ,er zeigt auf mich "hast einpaar Tage nach dem Konzert eine Anfrage auf eine Filmrolle bekommen!",ich mache große Augen:" eine Filmrolle? Also schauspielern?" "Ja, Details wirst du von Amalia erfahren, aber ich glaube, die Rolle heißt Black Rock Shooter",er zwinkert mir zu. Rin, Len und ich gehen gemeinsam zur Kantine. Es ist seltsam, dass die beiden jetzt wie Pech und Schwefel sind. Wir treten durch die blaue Tür und stellen uns hinter einpaar Sekretäre in die Schlange. Ich nehme nur eine Fanta, Rin zwei Orangen und Len eine Banane. "Und wie gefällt es dir hier, Len?",frage ich, während wir uns an einen der Tische setzen. "Super, ich freue mich schon, wenn ich auch bei einem Konzert mitmachen kann!", er lächelt offenherzig. Langsam verschwindet mein Neid und weicht purer Sympathie für den Jüngeren. Rin und Lens Outfits sind aufeinander abgestimmt. Beide tragen gelb und schwarz, ebenso wie Arm- und Beinstulpen. Auch ihre Gesichter sehen sich verblüffend ähnlich. Sie passen perfekt zusammen... ich fühle mich nur ein wenig außen vor. Len beißt genießerisch in seine Banane und beginnt fröhlich zu kauen. Ich und Rin müssen kichern. "Der Hersteller macht doch noch mehr Projekte... wisst ihr darüber schon genaueres?",frage ich neugierig. " hm... als nächstes wäre das wohl... Projekt Vocal. 04... oder?",überlegt Rin. Ich nehme den letzten Schluck meiner Fanta und stehe auf. "So, ich werde mal Amalia wegen diesem Film ausfragen... bis später!", mit diesen Worten verabschiede ich mich. "Geh bitte sofort zum Hersteller, in ein paar Tagen beginnen die Dreharbeiten und du musst noch das ganze Skript gedownloadet bekommen! " , Amalia fuchtelt aufgeregt mit den Armen und schiebt mich zur Tür heraus. Etwas perplex mache ich mich auf den Weg in die Werkstatt. Beim Eintreten fällt mir sofort das Chaos auf. So unordentlich war es hier noch nie. Überall liegen irgendwelche Roboterteile und Kabel herum. Auch der Hersteller selbst passt zu seinem Arbeitszimmer. Sein sonst so weiße Kittel ist verschmutzt und seine Haare stehen in alle Richtungen ab. Mit einem:" wie sieht es denn hier aus?",begrüße ich ihn. "Ah, hallo Miku. Ja im Moment ist es etwas unordentlich..." er fährt sich noch einmal durch die eh schon zerzausten Haare. "Was möchtest du?" "Amalia hat mich wegen des Filmes her geschickt..."" ah ja, setz dich bitte, das haben wir gleich..." er schraubt an meinem Hinterkopf, klickt irgendwas am Computer und entlässt mich dann. "Miku, das war jetzt eine gewaltige Menge an Daten. Deshalb mach heute bitte nicht mehr so viel. Dein Speicher könnte überlastet werden... am besten legst du dich ein wenig in deine Kapsel" ich nicke :"ist gut" und gehe zurück in mein Zimmer. Am nächsten Morgen geht alles so schnell, dass ich nur perplex und verschlafen Amalia zu einer grauen Limousine folgen kann, ohne groß darüber nachzudenken. Diese Nacht habe ich viel geträumt und die Bilder spuken mir immer noch im Kopf herum. Wahrscheinlich liegt das an dem Drehbuch für "Black Rock Shooter"... Ich kämpfe mit einem schwarz haarigen Mädchen. Ihre grünen Augen blicken mich kalt an. Das Geräusch eines Gewitters zieht näher... Nein, es klingt anders. Mit zwei riesigen Waffen feuere ich Munition auf meine Gegnerin, welche den Beschuss mit einer schwarzen Sense abwehrt. Sie... "Miku? Miku! Wach auf! Wir sind da!" schwer atmend schlage ich die Augen auf. Alle meine Energie scheint verschwunden zu sein. Trotzdem steige ich aus und zwinge mich zu einem Lächeln:"Entschuldige, Amalia..." "Was ist denn los? Du musst dich jetzt konzentrieren!" "ja... ich weiß" Das Set ist riesig. Überall laufen Kameraleute, Stylisten und Manager geschäftig hin und her. Meine Müdigkeit weicht Aufregung. Schauspielern ist doch etwas ganz anderes, als zu singen... Amalia stellt mich dem Regisseur Harry und den Kameraleuten vor. Sie erklären mir einiges zu dem Film und überreichen mir auch gleich ein zentimeterdickes Skript. Eigentlich brauche ich es natürlich nicht, immerhin habe ich alle meine Zeilen schon gespeichert... aber aus Respekt nehme ich es freundlich lächelnd an. Dann machen wir uns auf den Weg, die anderen Schauspieler kennenzulernen. "Hi! Freut mich dich kennenzulernen! Du bist doch Hatsune Miku oder? Natürlich bist du es! Deine Haare sind unverkennbar! Das ist so cool! Ich war auf deinem ersten Konzert!..." Das Mädchen holt tief Luft, nur um dann weiter zuquasseln. Harry ist etwas verlegen und unterbricht ihren Redeschwall um ihren Namen zu nennen. "Das ist Ayumi, eine der erfolgreichsten Schauspielerinnen, wenn es um Jugendfilme geht. " etwas perplex schüttel ich ihre Hand. "Ich werde Yū Kōtari spielen, man ist das aufregend! Bist du wirklich ein Roboter?! Du siehst so echt aus!" "Freut mich auch..." irgendwie hat mich ihre Art angesteckt, so dass ich ebenfalls grinsen muss. Harry dreht sich zu einer weiteren Person um, ein zierliches Mädchen, dass eher schüchtern und nicht wie eine Schauspielerin wirkt. Im Gegensatz zu Ayumis wippenden Zöpfen fallen ihre schwarzen Haare glatt über die Schultern. "Mein Name ist Momoka", sagt sie mit erstaunlich fester Stimme. "Freut mich, ich bin Miku", lächelnd reiche ich ihr die Hand, doch sie ergreift sie nicht. "Momoka ist zwar erst neu im Geschäft, aber ein echtes Naturtalent! Sie ist für die Rolle der Yomi Takanashi auch wegen ihrer grünen Augen besonders gut geeignet!" Harry führt mich zu den Maskenbildnern, die mir zuerst eine dicke Schicht Make-up aufs Gesicht klatschen und sich dann um meine Haare kümmern. Ich bekomme eine schwarze Perücke und Kontaktlinsen, so dass meine Iris nicht türkis, sondern strahlend blau aussieht. Als sie mit allem fertig sind, erkenne ich mich kaum wieder. Ich bin nicht länger Miku, sondern Black Rock Shooter. Die erste Szene, die wir drehen ist ein Kampf zwischen dead master und Black Rock Shooter. Es macht unheimlich Spaß an Seilen befestigt vor dem Greenscreen herum zu springen. Die Effekte werden später am Computer hinzugefügt. Momoka ist voller Emotionen während sie spielt, so als wäre es kein Film mehr, sondern das echte Leben. Beeindruckt laufe ich ihr nach dem ersten Drehtag hinterher. "Hey, du warst wirklich gut heute Momoka! Du hast die Gefühle wirklich super rübergebracht!" Sie ist von den anstrengenden Posen zwar noch etwas verschwitzt, schaut mich aber ruhig an. Es ist ein kurzer Satz, den sie leise zischt, bevor sie geht und der mich erstarren lässt. "Ja, Gefühle sind der Unterschied zwischen uns, Roboter!" Kapitel 7: warum so feindselig? ------------------------------- "...Und ich hab dann nur gedacht: omg, das ist ja wohl das abgefahrenste, dass ich je gehört hab!!" Während ich der enthusiastischen Ayumi beim erzählen zu höre, schlürfe ich meine Fanta. Es ist ein weiterer Tag am Set. Einpaar Monate sind seit Drehbeginn schon vergangen, in denen Momoka und ich kein weiteres Wort miteinander gewechselt haben. Immer wenn wir Mato und Yomi sind, habe ich dass Gefühl, sie wäre nur zu schüchtern und eigentlich echt freundlich..., die verächtlichen Blicke, die sie mir Backstage zu wirft sind aber kaum zu ignorieren. Seufzend steige ich in die Limousine, die mich am Abend nach Hause bringt. Bald ist meine Arbeit als Schauspielerin beendet... und ich will nicht, dass diese Feindseligkeit bis dahin bleibt. Ich würde so gerne mit Rin darüber reden, aber sie ist im Moment ziemlich mit Len und deren Album beschäftigt. Ich muss daran zurück denken, als Rin und ich unseren ersten gemeinsamen Song geschrieben haben und fühle mich ziemlich einsam. Ich bin gerade auf dem Weg in mein Zimmer, als Len mir entgegen kommt. "Hi, hast du Rin irgendwo gesehen, sie wollte in die Kantine, aber..." er wirkt etwas unsicher. Genervt unterbreche ich ihn:"Nein, hab ich nicht, ist ja nicht so, als würde ich sie überhaupt noch sehen!" Er macht einen kleinen Schritt zurück. "Äh...ok, danke trotzdem." Schnell dreht er sich um und läuft in die entgegengesetzte Richtung. Ich knalle meine Zimmertür hinter mir zu und setze mich in die hinterste Ecke des Raumes um zu schmollen. Nachdem einige Zeit vergangen ist mache ich mich auf den Weg in die Werkstatt. Der Hersteller ist so etwas wie ein Vater für mich und im Moment auch die einzige Person an die ich mich wenden kann. Dort angekommen vergesse ich kurz all meine Probleme und schaue dem Hersteller bei der Arbeit zu, lustigerweise hat er mich noch nicht bemerkt. "Hallo" begrüße ich ihn nicht so freudig wie sonst. Er zuckt kurz zusammen. "Hallo Miku, willst du mir vielleicht helfen?" Ich nicke. "Schau, im Moment bin ich dabei den Kopf des neuen Vocaloids zumachen." Er zeigt einen puppenartigen Kopf, der auf der Arbeitsplatte liegt. "Hmm, welche Augenfarbe hättest du denn gerne?" Ohne lang zu überlegen antworte ich:"blau!" er lacht und holt zwei kontaktlinsenartige Dinger, die über die Kameras gelegt werden, die als Pupillen fungieren. Als nächstes macht er die Haare, sie werden am Kopf befästigt, sind aber alle noch gleich lang. Ich darf ihm dabei helfen einen Pony zuschneiden. Damit die Frisur etwas individuelles bekommt, machen wir zwei Strähnen kinnlang, den Rest lassen wir wie er ist. Ich bin ziemlich zufrieden mit unserem Werk. Am nächsten Morgen bin ich voller Tatendrang und entschlossen Momoka zu konfrontieren. Leider muss ich mich gedulden, bis der Drehtag zu Ende ist, da ich es nicht im Studio klären möchte. Zum Glück bin ich schneller fertig als sie und warte vor ihrer Umkleidekabine. Ein letztes Mal hole ich tief Luft. Ein bisschen Unwohl ist mir schon dabei, aber ich kann diese Feindseligkeit nicht so auf mir sitzen lassen. Die Tür öffnet sich... endlich! "H-hey, Momoka..." bringe ich nicht so selbstsicher heraus, wie ich es gerne hätte. "Ja?", fragt sie relativ gleichgültig, aber mit einem fiesen Unterton. "Ich...ähm, hatte das Gefühl, dass wir uns bis jetzt nicht so gut verstanden haben und...äh", ich stottere nur vor mich hin, bis ich endlich auf den Punkt komme:"Naja, ich wollte fragen, was du gegen mich hast!" Beim warten auf die Antwort bin ich wie gelähmt. Sie antwortet ruhig:"Ich habe nichts gegen dich." "Eh?!", jetzt bin ich total überascht. Sie klang nicht sarkastisch oder herablassend "A-aber... du meintest doch..." "versteh mich nicht falsch", unterbricht sie mich "ich habe etwas dagegen, dass Maschinen... Roboter Menschen ihre Arbeit wegnehmen... und dann auch noch in Bereichen wie Musik oder Schauspielerei!" Sie blickt mich kühl an, sodass ich nichts erwidern kann. Unbarmherzig fährt sie fort:"Sag mir Miku, wie lange bist du jetzt schon auf dieser Welt?" Die Frage macht mich stutzig, aber ich schaffe es zu antworten:"u-ungefähr ein dreiviertel Jahr..." Ihre grünen Augen durchbohren mich "und dann denkst du, du könntest aus deinen Erfahrungen heraus die menschlichen Emotionen auch nur Ansatzweise verstehen?! Du hast noch nichts durchgemacht Miku! Alles was du denkst zu fühlen sind Gefühle von dem, der dich programmiert hat. Es gehört nichts dir!" Mit festen Schritten geht sie an mir vorbei. Ich bleibe eine Weile noch stehen, bis ich merke, dass meine Limousine schon wartet. Wie in Trance setzte ich mich und werde nach Hause gefahren. Ratlos bleibe ich vor der Eingangstür der Firma stehen. Wäre ich ein Mensch, würde ich jetzt weinen, so einsam und nutzlos fühle ich mich. Aber als Roboter kann ich nicht weinen, wieder wird mir dieser riesige Unterschied vor Augen geführt. Also setzte ich mich einfach auf eine der Treppenstufen und blicke vor mich hin... bis eine klare Stimme mich aus meinen Gedanken reißt. "Miku? Warum sitzt du hier?", ich drehe mich um: es ist Len. Auf einmal macht mir sein unsicherer Blick klar, wie ungerecht ich ihn behandelt habe, ich war sogar noch schlimmer als Momoka. Am Anfang dachte ich, ich könnte mit ihm auskommen, aber ich war zu eifersüchtig und besitzergreifend, also habe ich ihn ignoriert. "Es tut mir so leid, Len!" Die Worte klingen zittrig und weinerlich. Überrascht blicken mich seine blauen Augen an"W-was denn?" er setzt sich langsam neben mich. "Ich war so unfreundlich und mir ist eben klar geworden, wie es sich anfühlt, wenn jemand so zu einem ist..." ich traue mich gar nicht ihn anzusehen, stattdessen erzähle ich auf seine Bitte hin die ganze Geschichte. "Diese Momoka hat doch ein Rad ab!", stellt er viel energischer als sonst fest. "Meinst du?" er lächelt mich an:" Rin hat mir so viel von dir erzählt! Wie ihr euren ersten Song geschrieben habt, wie das Konzert gelaufen ist und wie ihr zusammen einkaufen ward. Sie bewundert dich sehr, Miku. Und ich tue das auch! Diese Momoka kann mir doch nicht erzählen, dass all diese Emotionen nicht echt waren! Und Erfahrungen kann man immer machen!" Diese Worte heiteren mich etwas auf. "Du hast recht! Danke Len!" ich hatte all diese Momente nicht bedacht, und auch nicht, wie viele Menschen anders denken als Momoka. Die vielen Leute auf dem Konzert... die Verkäuferin im Kleiderladen,... Ayumi! Ich kann nicht anders, als Len eine kurze Umarmung zugeben, so dankbar bin ich ihm. "Übrigens", sagt er mit knallrotem Kopf "Rin wollte eigentlich sehen wann du kommst, weil sie dich so vermisst hat in den letzten Monaten..." "wirklich?! Dann lass sie uns suchen gehen! Ich habe sie auch vermisst!" Vielleicht wird Momoka mich niemals verstehen... aber dafür gibt es so viele Menschen... und Vocaloids, die es tun! Das reicht vollkommen! Kapitel 8: Megurine Luka ------------------------ Es ist der letzte Drehtag. In den Pausen isst das gesamte Team zusammen. Harry hat sogar einen Kuchen mitgebracht! Es ist wirklich schön in so einer Gemeinschaft. Ich habe gar nicht gemerkt, wie lieb ich alle gewonnen hab. Ich linse kurz zu Momoka, die gerade ihren Pappteller wegwirft. Irgendwie bin ich auch ihr dankbar, denn vielleicht war sie die Erfahrung, die ich machen musste, um meinen Platz in der Welt zu finden. Ayumi umarmt mich mit Tränen in den Augen: "Es ist so traurig, dass es schon vorbei ist, Mikuuu!!" Sie drückt mich noch mal ganz fest, bevor sie schniefend zum nächsten läuft, um sich zu verabschieden. Auch ich fühle mich leicht niederschlagen... Kurz bevor ich am Abend in meine Limousine einsteige, fasse ich nochmal all meinen Mut zusammen und gehe zu Momoka. Lächelnd halte ich ihr meine Hand zum Abschied hin. Innerlich bin ich aber total angespannt. Sie ergreift sie nicht. "Was soll das?", fragt sie etwas kühl, fährt dann aber mit einem herausfordernden Unterton fort:"Wir sehen uns doch noch bei der Premiere des Films." Erstaunt lasse ich meine Hand sinken. Stimmt ja! Natürlich werden wir alle eingeladen, wenn der Film zum ersten mal ins Kino kommt! Ein warmes Kribbeln breitet sich in mir aus. Bis dahin werde ich viele Erfahrungen sammeln, bevor ich Momoka wieder gegenüber trete! Mit einem frechen Grinsen steige ich in das große Gefährt ein und kurbel das Fenster herunter:"Wart's nur ab!", rufe ich ihr zu, als die Limousine schon anfängt zu fahren. In diesem Augenblick sehe ich etwas vollkommen Unerwartetes: ein winziges Lächeln huscht über Momokas Mund. Zufrieden mache ich mich auf den Weg nach Hause. Es ist der erste Tag seit langem, an dem es nicht so stressig ist, sondern alle frei haben. Also schlage ich vor das zu machen, dass ich schon lange vorhatte: eine Pyjama-Party! Da unsere Kapseln zu schwer sind, um sie alle in ein Zimmer zustellen, verbringen wir einfach alle den Abend im Gemeinschaftsraum. Der Hersteller hat uns sogar eine Spielekonsole zur Verfügung gestellt. Wir treffen uns alle - schon in Schlafanzügen - vor der Kantine. Rin trägt ein hellgelbes Nachthemd, Len einen schwarzen Pyjama. MEIKO und KAITO haben fast das selbe an - ein einfaches T-shirt und eine gemütliche Jogginghose - nur in verschiedenen Farben. Ich selbst habe meine Haare ausnahmsweise mal zu einem langen Zopf zusammengeflochten. Ich trage ein weißes Top und eine kurze türkise Stoffhose. Richtig gemütlich! Aufgeregt kaufen wir an der Kantine eine Menge Süßigkeiten, Chips und Fanta. So schnell wir können tragen wir alles zum Gemeinschaftsraum und machen es uns bequem. Leider wird "Singstar" spielen nach einiger Zeit etwas langweilig, vor allem wenn niemand gewinnt, sondern die Höchstpunktzahl von jedem von uns erreicht wird. "Spielen wir doch Wahl oder Pflicht!", schlägt MEIKO nach einiger Zeit vor. Mir ist zwar etwas unwohl, da ich so etwas noch nie gespielt habe, aber ich willige ein. "Um es etwas spannender zumachen, schneiden wir Zettel aus und nummerieren sie! Der mit der 0 darf eine Anweisung für eine oder zwei beliebige Zahlen geben, ohne zu wissen, wer sie hat ", erklärt MEIKO. Wir alle ziehen ein Zettelchen. Ich schaue auf meine Nummer und seufze erleichtert. Ich habe die Nummer 0. Angestrengt überlege ich mir eine Aufgabe. Leider hab ich keine Ahnung, was für Sachen man bei so einem Spiel machen muss... also... "Nummer 4 dreh dich im Kreis!" MEIKO und KAITO beginnen zu lachen... hab ich was falsch gemacht? "Miku, du musst schon etwas Fieses nehmen!", sagt KAITO während er sein Eis löffelt. Etwas Fieses? "N-Nagut, dann muss Nummer 4 sich verbeugen", schlage ich vor. MEIKO sieht mit meinem Befehl immer noch nicht ganz zufrieden aus, aber Rin steht auf und verbeugt sich vor mir. Wir beginnen eine neue Runde und ziehen alle nochmal. Jetzt habe ich die Nummer 2 und Len die Nummer 0. "Gut ähm...", er sieht genauso ratlos aus, wie ich. "Nummer 1 muss den dunklen Flur einmal hinauf laufen und dann zurück kommen", er zuckt mit den Schultern. KAITO gähnt einmal und steht dann mit einem:"das ist doch nicht schlimm" auf, um sich auf den Weg zumachen. Gespannt warten wir anderen, bis er wiederkommt. Das geht schneller als gedacht, denn plötzlich steht er panisch rufend wieder an der Tür. "Ich hab jemanden gesehen! Eine Frau mit nur einem Arm! Das war bestimmt ein Geist!", zitternd hockt er sich hinter MEIKO, diese blickt genervt drein. "So ein Quatsch, was erzählst du denn? Kommt, wir machen weiter!" Nun hat sie die 0 gezogen und grinst gemein und frech zugleich. "Hmm, Nummer 3 und Nummer 4 küsst euch auf den Mund!" "Was?!", entfährt es mir, denn ich bin Nummer 3. Ich blicke mich um, Len ist Nummer 4 und genauso rot im Gesicht, wie ich. "Na los!", drängt uns MEIKO kichernd. Verlegen setzen wir uns nebeneinander. Ich trau mich gar nicht ihm in die Augen zusehen... langsam nähern unsere Gesichter sich... Plötzlich unterbricht uns ein hoher Schrei. Er kommt von Rin. Erleichtert über diese Ablenkung seufze ich und rücke ein Stückchen weg. Erst da bemerke ich, dass die anderen drei geschockt hinter uns starren. Langsam drehe ich mich um, um zusehen, was ihnen so Angst ein jagt. Da steht sie! Der Geist mit nur einem Arm! Für eine Sekunde bin ich wie gelähmt vor Furcht. Ihre Augen huschen schnell hin und her, ihre Haltung ist seltsam verdreht, so als könnte sie nicht richtig gehen... und der eine Arm fehlt, so wie KAITO es gesagt hat! Ich stehe so schnell wie möglich auf und laufe zu den anderen um ihr nicht länger so nah zu sein. Doch da fällt es mir wieder ein! Die Haare! Es sind dieselben, bei denen ich dem Hersteller geholfen habe! "Könnte das nicht...", flüstere ich leise "...der neue Vocaloid sein?" Rin schaut mich verängstigt an:"wieso sieht sie so gruselig aus?", fragt sie mit zittriger Stimme. Ich fasse all meinen Mut zusammen und gehe auf die Frau zu. Ihre als Pupillen getarnten Kameras zoomen und fokussieren sich dann auf mich. "H-hallo, wie heißt du denn?" Ihre Stimme ist verzerrt, aber sie antwortet:"Luuuukaaa, freuuut miich" ich muss lächeln, sie ist also nicht böse... aber bevor ich noch etwas sagen kann bricht Luka zusammen und regt sich nicht mehr. Schnell rufen wir den Hersteller, der genauso verwundert ist, wie wir. "Eigentlich sollte sie sich noch garnicht bewegen können... hmm... naja, ich nehme sie erstmal wieder mit in die Werkstatt, bald sollte sie auch fertig sein..." Wir entschließen uns nach all dem Trubel schlafen zugehen. Erschöpft lasse ich mich in meine Kapsel gleiten. Was für ein verrückter Abend! Am nächsten Morgen laufe ich direkt nach dem Aufstehen zur Werkstatt um mich nach Luka zu erkundigen. "Hallo!", rufe ich fröhlich, während ich die Tür öffne. Tatsächlich! Luka ist fertig! Der Hersteller sieht sehr erschöpft aus, wahrscheinlich hat er die Nacht durchgemacht, um sie fertig zustellen. "Miku, könntest du sie zu Katie bringen, um ihr Standart-Bühnen-Outfit abzuholen?" Ich nicke. Jetzt wo sie fertig ist sieht Luka sehr anders aus. Richtig erwachsen! "Entschuldigt, dass ich euch gestern so erschreckt habe...", ihre nun sanfte Stimme beruhigt mich sofort. Lächelnd antworte ich:"Nicht so schlimm. Komm!" Ich bin schon fast ein bisschen eingeschüchtert von ihrer Ausstrahlung, obwohl sie körperlich wahrscheinlich genauso alt ist wie KAITO und MEIKO... Kapitel 9: Umzug?! ------------------ "Waaaas?!!", entfährt es mir lauter als ich möchte. "Das geht nicht! Wir waren doch bis jetzt die ganze Zeit hier!" Früh am Morgen hatten uns der Hersteller und Amalia alle in die Werkstatt gerufen, um eine Ankündigung zu machen. "Es geht nicht anders, Miku. Außerdem ist es ja nicht so, als würdet ihr nicht mehr hierher kommen." Niedergeschlagen lasse ich meinen Kopf hängen. "Ich will auch nicht umziehen!", ruft Rin, die neben mir steht. "Es ist doch nicht weit weg...", versucht Amalia uns zu beruhigen. "A-aber...", ich kann es mir gar nicht vorstellen wo anders zu wohnen... Etwas später sitze ich alleine und wütend in meinem Zimmer, um meine Sachen zu packen. Frustriert trete ich gegen einen der Umzugskartons. Ich will hier nicht weg! Es hängen so viele Erinnerungen an diesem Ort. Die Sackgasse, in der Rin und ich MEIKO und KAITO entdeckt haben... die Treppe auf der Len mich aufgemuntert hat... und... mein Zimmer, in dem ich mich so wohl fühle. Nachdem ich alles schweren Herzens zusammen gepackt habe wirkt der Raum so lehr, dass ich schnell zum Umzugswagen laufe und helfe Kartons einzuladen. Warum wir umziehen? Der Hersteller hat natürlich vor noch mehr Vocaloids zu machen. Irgendwann wird der Platz in so einer Firma knapp. Vorallem, wenn es so viele schon besetzte Räume gibt, wie z.B. Büros... Außerdem soll das Gemeinschaftsgefühl unter uns Robotern gestärkt werden, damit wir besser zusammen singen können... ich verstehe aber nicht warum! Wir sind doch alle gut befreundet...! Angefressen sitze ich in dem Minivan und schmolle vor mich hin. Alle Kisten sind mittlerweile hinten im Kofferraum gestapelt. Meine Laune ist aber keinen Deut besser. Nicht nur, dass ich mein Zimmer mit jemandem teilen muss, der Hersteller bleibt in seiner Werkstatt und zieht nicht mit um. Das bedeutet, schon bald bekommen wir einen Ersatzmann zum reparieren und upgraden. Ich möchte aber nicht, dass irgendjemand anderes als der Hersteller an meinem Hinterkopf herumschraubt! Nach einer für meinen Geschmack viel zu kurzen Fahrt, in der wir alle nur schweigend da saßen kommen wir an. Das Vocaloid-Wohnheim ist viel altmodischer, als ich es mir vorgestellt hatte. Umsäumt von Bäumen und Beeten liegt es fast schon etwas einsam am Stadtrand. Ich muss zugeben, es sieht sehr hübsch aus, hat sogar eine Veranda... aber wohnen will ich hier trotzdem nicht! Stur schiebe ich die Hoffnung zur Seite, am Ende dieses Tages werde ich mit dem Hersteller nach Hause fahren! Obwohl... sich einwenig umzusehen kann ja nicht schaden... Zuerst gehen wir uns mit dem Hersteller alle Räume anschauen. Es gibt eine kleine Eingangshalle, die mit hellem Holz verkleidet ist. Von dort aus führt ein Gang zum Essensraum - wir werden ab jetzt immer zusammen essen - und eine Treppe zu unseren Zimmern. Von innen ist das Haus viel größer, als von außen. Bevor wir aber unsere Wohnzimmer und den Gemeinschaftsraum ansehen, gehen wir zu den zwei Klassenräumen. Der Hersteller meinte, wir würden hier normalen Unterricht und erweiterten Musikunterricht bekommen... ich frag mich, wer hier Lehrer ist... Endlich gehen wir hoch! Der Gemeinschaftsraum ist so gemütlich, dass ich mich sofort mit vielen Decken auf das Sofa planzen möchte! Es gibt sogar einen altmodischen Kamin! Außerdem einen kleinen Tisch, der unter einer Dachschräge steht - der Raum befindet sich ganz oben - nachdem wir uns eine Weile umgesehen haben kommen wir nun zum spannendsten Teil! Unseren Zimmern und der Werkstatt. Als ich mein Zimmer betrete bin ich etwas geschockt. Es hat Holzdielen und ist weiß gestrichen, durch ein kleines Fenster fällt etwas Licht. Sonst stehen hier nur noch zwei Kapseln. Und es ist im Vergleich zu meinem alten Zimmer WINZIG! Und dann soll ich es auch noch teilen? Niedergeschlagen folge ich den anderen zur Werkstatt, auch diese ist auch ziemlich klein, aber wenigstens genauso unordentlich wie die alte. "Hier wirst du eine ganz besondere Person treffen, Miku!", der Hersteller blickt erwartungsvoll zu mir herunter. Besonders? Ich bin eher skeptisch. An einem kleinen Tisch sitzt jemand mit einer Schutzmaske und schweißt konzentriert irgendwelche Metallteile zusammen. Anscheinend wurden wir noch nicht bemerkt. "Mitsu?!", versucht der Hersteller die Geräusche zu übertönen. Die Person hört auf und dreht sich zu uns um ich höre nur gedämpft eine Stimme unter der Maske:"Freut mich euch kennenzulernen, Vocaloids! Auf eine gute Zusammenarbeit!" "Es wäre ganz schön, wenn du ihnen auch mal dein Gesicht offenbaren würdest, Mitsu..." Mitsu erschrikt:"oh, eh ja, natürlich! Manchmal vergesse ich schon, dass ich die Maske überhaupt auf hab!", sie lacht verlegen. Als sie die etwas gruselige Schutzmaske abstreift kommt darunter eine junge Frau zum Vorschein. Sie ist etwas verschwitzt, strahlt aber eine unglaubliche Energie aus. Ihre feuerroten Haare sind zu zwei kurzen Zöpfen geflochten. "Das ist Mitsu, meine ehemalige Schülerin. Mittlerweile ist sie selbst schon bei der Firma angestellt." Stellt der Hersteller sie vor. Naja, ich denke, wenn sie seine Schülerin war kann ich sie auch ruhig an meine Elektronik heranlassen… Er fährt fort: "Außerdem war Mitsus Stimme Vorlage für deine Miku!" Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Ich hab es erst wegen der Maske nicht bemerkt, aber es stimmt! Unsere Stimmen sind sich fast identisch… das ist irgendwie gruselig… Ich bin sehr erleichtert, dass Mitsu noch viel zutun hat, weshalb uns erstmal alle anderen Leute vorgestellt werden. Ich habe mir noch nicht alle Namen gemerkt, aber es gibt einen Hausmeister, eine - ziemlich streng aussehende - Lehrerin, eine alte Köchin und einen Chauffeur. Den restlichen Tag verbringen Rin und ich damit den riesigen Garten zu erkunden. Er ist das Beste am ganzen Haus. Es gibt viele Beete und Blumen, einpaar große Bäume, einen kleinen Graben, und noch viel mehr! Wenn man selbst ein Roboter ist schätzt man die Natur irgendwie umso mehr… Und dann müssen wir uns verabschieden. Wir Vocaloids müssen hier bleiben, der Hersteller fährt nach Hause. Ich kann zwar nicht weinen, aber es zerreißt mir das Herz nicht mitkommen zu können. Ich vermisse mein altes Zimmer jetzt schon. Traurig blicke ich dem kleiner werdenden Auto hinterher. Selbst als es schon lange verschwunden ist stehe ich noch draußen, solange bis die alte Köchin mich herein holt. Kurz bevor wir schlafen gehen, haben wir uns nochmal in dem Gemeinschaftsraum zusammengefunden und blicken auf das Feuer im Kamin. "Ich weiß nicht, ob es mir hier gefällt…", sage ich ehrlich heraus. Luka legt beruhigend einen Arm um mich. "Stell dir nur vor, wie lustig es wird, wenn hier total viele Vocaloids wohnen", der Gedanke hilft tatsächlich ein bisschen "ja, wir können wieder Wahl oder Pflicht spielen!" ruft MEIKO. Bitte nicht! Dann beginnt Luka mit ihrer sanften Stimme zu singen und wir anderen steigen ein. Es klingt so schön und heimisch, dass ich kurz vergesse, wo ich bin. Leider müssen wir alle uns nach so einem anstrengenden Tag ausruhen. Bedrückt gehe auch ich in mein Zimmer. Es ist stockdunkel. Selbst als ich schon in meiner Kapsel liege fühle ich mich einsam. Ich wünschte, ich dürfte mir einfach mit Rin ein Zimmer teilen und nicht mit einem neuen und fremden Vocaloid, aber anscheinend soll durchgemischt werden. Die anderen sind im Moment auch alleine in ihren Zimmern und bekommen erst später Mitbewohner. Mit einem traurigen Seufzen schlafe ich ein. Hi, ich wollte fragen, ob ihr irgendwelche Wünsche oder Ideen habt, wer mit wem ein Zimmer teilen soll. Ich hab mir nämlich noch gar keine Gedanken gemacht ^_^" versprechen tue ich zwar nichts, aber vielleicht habt ihr ja Vorschläge? danke~ Kapitel 10: Neuer Mitbewohner ----------------------------- Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlage, hat mich die Realität noch nicht eingeholt. Ich öffne den Deckel meiner Kapsel und erwarte beim Aufstehen mein altes, türkises Zimmer zu erblicken. Aber alles was ich sehe sind weiße Wände, die mich zu erdrücken scheinen. Zum Glück ist die Atmosphäre am Esstisch ganz anders. Essgeräusche und Gesprächsfetzen füllen den Raum. Es ist wirklich schön, dass alle zusammen sitzen können. Ich schlürfe die letzten Tropfen meiner Fanta und laufe dann rüber zu Rin und Len. "Hey, wollen wir vielleicht unsere Zimmer einrichten? Oder im Garten etwas singen üben? " Rin lächelt entschuldigend:"Wir würden echt gerne, Miku... aber wenn ich es richtig verstanden hab, haben wir erstmal Unterricht..." "Ach ja..." nun fällt es mir auch wieder ein. Halb enttäuscht, halb mürrisch folge ich den anderen zu unserem Klassenraum. So schnell ich kann setze ich mich neben Rin. Die streng aussehende Lehrerin kommt herein und stellt sich als "Frau Hessel" vor. Den Rest der Stunde verbringt sie damit uns irgendwas über die Regeln im Wohnheim und Tagesordnungen zuerzählen. Ich versuche etwas mit Rin zuquatschen, aber Frau Hessel scheidet immer wieder mit ihrer messerscharfen Stimme dazwischen. Genervt und noch depremierter als gestern gehe ich zurück in mein Zimmer. Rin meinte, sie wolle die Hausaufgaben machen, bevor wir etwas gemeinsam machen. Ich weigere mich aber trotzig dasselbe zutun. Ich höre ganz sicher nicht auf diese Meckerziege von Lehrerin! Als ich den Flur entlang laufe, stoße ich fast mit Mitsu zusammen, die aber noch rechtzeitig ausweichen kann. Sie ruft mir noch irgendwas nach, aber ich höre nicht hin. Ich lasse mich in meine Kapsel fallen und kneife meine Augen zusammen. Krampfhaft versuche ich mir vorzustellen, ich wäre wieder in meinem alten Zimmer und könnte mit dem Hersteller reden, wenn mich etwas bedrückt... kurz bevor ich drohe in einen unruhigen Schlaf zufallen, kommt mir eine Idee. Leise öffne ich meine Kapsel. Mithilfe des Mini-Computers in meinem Arm versuche ich den Hersteller zuerreichen. Nach einer Weile klappt es. Seine vertraute Stimme begrüßt mich: "Hallo?" "Hallo, hier ist Miku!" "Miku! Ist was passiert?!" "Nein, nein! Aber es ist hier furchtbar! Die Lehrerin meckert... Rin hat keine Zei..." "Sorry, Miku. Ich bin grade echt im Stress! Pass auf, du musst einfach versuchen dich einzugewöhnen. Immerhin wurde das Wohnheim extra für euch gebaut. Ok?" Ich versuche das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken "Ja ist gut..." ich beende unser Gespräch abrupt, damit er nicht merkt, wie verletzend seine Worte für mich waren. In solchen Momenten bin ich froh, dass ich nicht weinen kann. Plötzlich öffnet sich meine Zimmertür. Ich fühle mich irgendwie ertappt und verstecke schnell meinen Arm. Ein roter Lockenkopf kommt vorsichtig herein. Es ist Mitsu. Sie trägt ihre Arbeitskleidung und hält ihre Schutzmaske in der linken Hand. "Alles in Ordnung?" "ja, ja alles gut." Ich habe keine Lust mit ihr zureden. Um ehrlich zu sein habe ich keine Lust mehr mit irgendjemandem zureden. Sie versteht anscheinend meine Andeutungen und gibt den Näherungsversuch auf. Mit einem leisen "Ok..." schließt sie die Tür wieder. Ich stehe schnell auf und schließe ab, damit mich niemand mehr stören kann. Den ganzen restlichen Tag verbringe ich in dem leeren Zimmer und grüble vor mich hin. Gegen Abend klopft es wieder leise an der Tür. Rins Stimme dringt dumpf durch das Holz. "Miku, möchtest du nicht auch in den Gemeinschaftsraum kommen?" "Nein..." "Komm schon, eben ist was richtig witziges passiert, weißt du, KAITO wollte... " ihre Stimme klingt eher mitleidig, als amüsiert. "Nein!" wiederhole ich etwas lauter. Rin verstummt und flüstert dann etwas - ich nehme an Len - zu. Ein kleiner Teil von mir hätte schon Lust mit den anderen vorm Kamin zu sitzen und sich zu unterhalten. Aber andererseits will ich einfach nur schlafen... Ich verschlafe sogar das Frühstück am nächsten Morgen. Ich hatte aber eh keinen Hunger. Es klopft wieder, diesmal aber energisch. "Miku, komm raus! Wir machen uns Sorgen!", ruft mir MEIKO zu. Ich höre gar nicht hin. "Komm doch wenigstens raus, wenn wir die neue Vocaloid begrüßen! Du wirst dir mit ihr ein Zimmer teilen, ist das nicht schön?" Eine neue Vocaloid? Diese Neuigkeit weckt tatsächlich mein Interesse. Aber bevor ich aufgeregt werden kann, vergeht das prickelnde Gefühl auch schon wieder. Müde schließe ich meine Augen. Und bevor ich mich versehe bin ich eingeschlafen. Ich werde ruckartig aus meinen Träumen gerissen. Es donnert regelrecht an meiner Tür. Irgenjemand scheint mit aller Kraft gegen sie zu treten. Perplex richte ich mich auf. Ich laufe zur Tür, aus Sorge sie würde sonst kaputt gehen. Gereizt reiße ich sie auf und stehe vor einem mich angrinsenden Mädchen, dass ich noch nie gesehen habe. "Yahoooo!" sie tänzelt durch das weiße Zimmer. Mit einer schnellen und gezielten Bewegung dreht sie sich um und zeigt mit dem Zeigefinger auf mich. Selbstbewusst schüttelt sie ihre grünen Haare und geht auf mich zu. Sie trägt eine orangene Veste und einen Rock voller Rüschen, dazu Stiefel. "Mein Name ist Gumi!" ruft sie, obwohl ich nur zwei Meter von ihr entfernt stehe. Ein verschmitztes Lächeln umspielt ihre Lippen:"und ich fordere dich, Miku zu einem Gesangsduell heraus!" Mir stockt kurz der Atem. Was soll das denn?! Kapitel 11: der Wettbewerb -------------------------- Die Augen des Mädchens, welches sich als Gumi vorgestellt hatte, blitzen herausfordernd. "Und was wenn ich nicht will?" frage ich schnippisch. "Dann..." sie unterbricht sich kurz, um eine Pirouette zu machen: " Wirst du von mir offiziell als Feigling abgestempelt!" Langsam macht sie mich wütend. "Du kennst mich doch gar nicht!" Mit so einer kann ich mir doch kein Zimmer teilen!, schießt es durch meinen Kopf. "Du kannst mir ja zeigen was du drauf hast! Und zwar in einer halben Stunde im Gemeinschaftsraum!" mit diesen Worten rauscht sie aus dem Zimmer. Ich bleibe mit hochrotem Kopf zurück. Auch ich gehe etwas später den Flur entlang und treffe Rin, die auch gerade ihren Raum verlässt. Als sie mich sieht, fängt sie freudestrahlend an zu lächeln. "Man Miku, bin ich froh, dass es dir gut geht. Ich dachte schon, ich hätte was falsch gemacht...!" Erstaunt schaue ich in ihre entschuldigenden Augen. "Nein, nein. Tut mir leid, dass ich euch Sorgen bereitet habe..." mir wird erst jetzt klar, dass ich durch meine abweisende Art den Anderen auch Probleme bereitet habe. "Ich... äh... brauchte nur etwas Zeit, um mich einzugewöhnen..." ich versuche etwas zu lächeln. "Hast du die Neue schon getroffen?", fragt mich Rin nun, um das Thema zu wechseln. "Ja" "Sie ist ziemlich nett und cool, findest du nicht? Ich beneide dich fast einbisschen, dass du dir mit ihr ein Zimmer teilen darfst, denn man weiß ja nie, ob man sich mit neuen Vocaloids versteht... hach, ich frage mich, wer mein Zimmerkamerad wird..." Aber ich höre ihr schon gar nicht mehr zu. Dieses freche Mädchen soll nett und cool sein?! Der werde ich es noch zeigen! Entschlossen gehe ich weiter Richtung Gemeinschaftsraum. Rin folgt mir glücklich. "Die Herausgeforderte ist eingetroffen!" Begrüßt Gumi mich mit einem dramatischen Tonfall. "Ich bin überrascht, dass du dich traust! Hatsune Miku!~" "natürlich trau ich mich!" kann ich nur entgegnen, da mir sonst nichts besseres einfällt. "Na dann, geb dein Bestes!" Sie steigt auf den kleinen Tisch und erklärt mit einer ausladenden Geste den Wettkampf. "Es wäre doch viel zu langweilig, würden wir nur die anderen Vocaloids als Jury haben! Deshalb..." Sie springt elegant wieder vom Tisch runter "... habe ich mir gedacht, wir sollten die Internetcommunity entscheiden lassen!" mit einem breiten Lächeln deutet sie auf eine Kamera in der Ecke des Raumes. Mir läuft ein Schauder über den Rücken. "Wir nehmen ein Video von unserem Wettbewerb auf und lassen dann abstimmen! Alles klar?" Verstehe, so wird also von besonders vielen unser Gesang bewertet... Ich verstehe zwar immer noch nicht, warum sie sich unbedingt mit mir messen will, aber ich kann jetzt keinen Rückzieher machen! Nachdem wir den Song abgesprochen haben, stellen wir uns in die Mitte des Raumes. So, dass die Kamera uns gut ins Bild bekommen kann. Ich muss zugeben, dass ich nun doch etwas nervös werde. Klar, ich hab schon vor tausenden von Menschen ein Konzert gegeben, aber ich habe mich noch nie mit jemandem gemessen, schon gar nicht mit einem Vocaloid... Zu dem habe ich Gumi noch nie singen hören. Ich bin mir aber sicher, dass ihre Stimme wundervoll ist, immerhin wurde sie vom Hersteller gemacht... Ich zupfe an meinem Rock herum und beobachte angespannt das rot flimmernde Lämpchen an der Kamera. Und dann beginnt Gumi zu singen. Ich bin für einen Moment gelähmt von der Emotionenflut, die in mir aufkommt. Ihre Stimme ist zwar süß, aber viel natürlicher als meine. Man merkt deutlich den Fortschritt, en der Hersteller gemacht hat. Es klingt wirklich schön... Zur selben Zeit merke ich aber auch, wie sich ein Feuer der Willenskraft in mir breit macht. Ich fasse den Entschluss nicht zu verlieren und packe all den Ehrgeiz in meine Stimme, als ich in unser Duett einsteige. Und während ich dabei bin die Töne so kraftvoll wie möglich zu singen, erinnere ich mich an die ungeheure Freude, die ich durch den Umzug und Enttäuschungen fast vergessen hätte. Etwas außeratem, aber glücklich beenden wir unser Lied. Gumi läuft schnell zur Kamera, um das Video zu beenden. Jetzt muss es nur noch online gestellt werden und dann heißt es abwarten, für wen die Fans abstimmen. Eine Frage stellt sich mir aber immer noch:" Sag mal Gumi, warum wolltest du eigentlich unbedingt diesen Wettbewerb?" Sie lächelt mich weniger frech, dafür strahlend an:" Ist doch Logisch! Als ich hier angekommen bin, haben mich alle sehr nett empfangen, obwohl sie so besorgt um dich waren." Sie zeigt etwas tadelnd mit dem Zeigefinger auf mich "Rin hat mir erzählt, du würdest dich einfach nur in deinem Zimmer einschließen und nicht mal essen. Ich finde,... dieses Verhalten passt nicht zu einem Vocaloid, der den Menschen ja eigentlich Freude bringen soll! Darum dachte ich, ich bringe dich mal auf andere Gedanken." Wow, ich fühle mich etwas schlecht, weil ich sie so falsch eingeschätzt habe. Sie ist wirklich cool und nett. Verzweifelt suche ich nach den richtigen Worten: "A-also, es hat mich wirklich aufgemuntert zu singen. Danke!" Sie klopft mir scherzend auf die Schulter "Keeeeeeiiin Problem!" Ihre Augen flimmern kürz grün auf "Naja, wir werden auf jeden Fall noch sehen, wen die Fans besser finden" "Du hast keine Chance!", erwidere ich neckend, in Wahrheit bin ich aber ziemlich überwältigt von Gumi. Gegen Abend schaue ich Gumi zu, wie sie unser Video hochläd. Wir sind beide etwas aufgeregt. "So, mit diesem Klick wäre es geschafft!" Sie streckt sich und springt von einem Bein aufs andere. "Dann gehen wir mal in die Kapsel." Ich folge ihr in unser Zimmer. Es ist zwar immer noch leer, aber ich fühle mich nicht mehr so einsam. Als ich in gerade dabei bin den Deckel meiner Kapsel zu schließen, zögere ich kurz:"....Gute Nacht, Gumi" Sie gähnt mich an und antwortet:"Nacht!" bevor sie ihren Deckel zufallen lässt. Es ist der nächste Morgen. Ich bin kaum wach, da werde ich von Rin wachgeschüttelt. "Miku! Miku! Wach auf!" "Was ist los?" Frage ich verschlafen und blicke in ihr aufgeregtes Gesicht. "Du wirst es nicht glauben!" sie umklammert meine Schultern noch etwas fester und muss erstmal Luftholen. "Euer Video hat über Nacht 700 000 Klicks bekommen!" "Was?", frage ich überrascht. Plötzlich bin ich hell wach. Ich schalte den Computer in meinem Arm an, um mich selbst zu überzeugen. "Ist das nicht großartig, Miku!?" "Ja..." Ich hätte mir nie träumen lassen, dass es so schnell gehen würde... Kapitel 12: Gumi ---------------- "Woooaaah!" Auch Gumi beugt sich über meinen Arm und bestaunt die stetig wachsende Anzahl von Klicks. "Hätte nicht gedacht, dass sowas bei dieser Schnaps-Idee herauskommt!", sie springt wie ein Häschen auf und ab. Dabei klatscht sie sich immer wieder auf die Wangen, wahrscheinlich um sich selbst zu überzeugen. "Und wie steht es eigentlich um die Votes?" fragt Rin aufgeregt. "Stimmt das hatte ich ganz vergessen!" Schnell schauen wir nach. Ich springe auf: "Ha! Ich führe!", es ist zwar knapp, aber im Moment habe ich mehr Stimmen "Keine Sorge! Noch ist nichts entschieden!" schießt Gumi zurück: "Am Ende gewinnt immer der Bessere, also ich!" Sie lacht überschwänglich. Heute haben wir frei, weshalb wir beschließen mal unser Zimmer einzurichten. Zuerst müssen die Wände gestrichen werden. Ich trage einen blauen Kittel und habe meine Haare ausnahmsweise mal zu einem langen Zopft geflochten. Auch Gumi hat ihre Haare hochgesteckt: zu zwei frechen Zopfe, die bei jeder ihrer Bewegungen mit schwingen. Sie trägt ein einfaches Top und Shorts. "Also..." beginne ich und tauche meinen Pinsel in türkisene Farbe. "Hey, hey, hey! Du kannst doch nicht einfach die Farbe entscheiden!", ruft Gumi mir wütend zu. "Türkis ist furchtbar, ich bin für orange!" "Waas? Wie kannst du so was nur sagen!? Türkis ist beruhigend und macht gute Laune!" niemand beleidigt meine Lieblings- farbe und kommt ungeschoren davon! "Ha! Wenn du gute Laune willst ist orange eh die bessere Wahl!" "Orange sticht in den Augen!!" "Tut es nicht! Wir streichen orange und damit basta!" "Nein! Türkis!" "ORANGE!" "Türkis!" Ohne nachzudenken schwinge ich den Pinsel. *Platsch* Ein großer türkisener Fleck landet auf Gumis Top. Für einen Moment ist es still. Ich bin etwas perplex, das wollte ich wirklich nicht... aber es ist zu spät. Gumis Augen funkeln schelmisch, als auch sie einen Pinsel in orangene Farbe taucht und sie mir vollekanne ins Gesicht schleudert. DAS WAR'S! Ich laufe mit dem vor Farbe triefenden Pinsel auf sie zu und verpasse ihr einen dicken Strich aufs Bein. Daraufhin jagt sie mich drei Runden durchs Zimmer und versucht meinen Rücken zu bemalen. Irgendwann stehen wir voll beschmiert mit Farbe und lachend mitten im immer noch weißen Zimmer. In diesem Moment kommen Rin und Len vorbei. Sie staunen über unser Aussehen. "Ihr habt noch nichts gemacht?", fragt Rin etwas besorgt. "Schafft ihr es denn heute noch zu zweit?" "Naja..." ich lächle etwas verlegen " wir müssen uns erstmal auf eine Farbe einigen..." "Wieso teilt ihr das Zimmer nicht einfach auf?", fragt Len. Gumi und ich sehen uns kurz an und müssen dann gleichzeitig wieder anfangen zu lachen, weil wir nicht auf diese einfache Idee gekommen sind. Rin schlägt sich mit der Faust in die Hand:" Ich muss noch was erledigen, aber Len hilft euch bestimmt gerne beim Streichen! Stimmt's?" Sie schaut ihren Bruder erwartungsvoll an. "A-Also..." ,beginnt dieser, traut sich aber unter dem unbiegsamen Blick nicht etwas zu erwidern. "O-ok..." Rin lächelt freudestrahlend. Er kann ihr wohl keinen Wunsch ausschlagen. Und so sind wir etwas später zu dritt dabei zu streichen. Eine Seite des Zimmers wird Türkis, die andere orange. "D-danke, dass du uns hilfst Len" Er tut mir irgendwie leid. "Kein Problem, so werdet ihr hoffentlich noch rechtzeitig fertig" Er lächelt etwas erschöpft, aber ehrlich. "Ihr hattet doch schon mal ein Konzert...", sagt Gumi nach einer Weile:" Das muss doch echt der Waaaaaahnsinn sein vor so vielen Leuten zu singen. Ich kann's kaum erwarten, bis ich meinen ersten Auftritt hab!" Es kommt mir vor, als währe das Konzert schon Ewigkeiten her... immerhin habe ich gleich danach den Film gedreht. Aber trotzdem sind meine Erinnerungen daran ganz klar. "Ja, am Anfang war ich aufgeregt, aber wenn man dann vor dieser Menge steht ist es so überwältigend, dass man einfach aufhört darüber nachzudenken" Wir reden mehr, als dass wir streichen, schaffen es aber trotzdem irgendwie gegen Abend hin fertig zu werden. Schnell schaue ich nochmal nach, wer bei unserem Wettbewerb führt. Es ist immer noch ein Kopf an Kopf-Rennen. Die nächsten Tage verbringen wir damit dem Unterricht zu folgen und unser Zimmer einzurichten. Ich kann einfach meine Umzugskartons ausräumen und meine vielen Kissen, den Teppich, sowie diverse andere Accessoires ungefähr so einräumen, wie es vorher auch war. Gumi besorgt sich viele gelbe und grüne Sachen, wie z.B. eine Kommode und einen Sitzsack. Ich bin froh, dass sie sich dazu entschlossen hat nicht auch noch ihre Möbel in orange zu halten. Das wäre echt zu viel für mich. Außerdem hängen wir süße Lichterketten an alle Wände des Zimmers, was ihm ein heimisches Gefühl gibt. So verbringen wir unsere Zeit relativ sorglos.... ... bis uns eines Morgens dieser Brief erreicht. "Ich dachte, ich schaue mal nach, ob wir irgendwie Post bekommen haben und es war tatsächlich ein Brief da! Er ist an dich und Gumi adressiert.", Rin reicht mir den seriös wirkenden Brief. "Er sieht nicht nach Fanpost aus...", fügt sie hinzu. Was könnte da wohl drin stehen? Ich bedanke mich bei ihr und wir laufen zu meinem jetzt voll eingerichteten Zimmer, um Gumi bescheid zu sagen. "Dann öffne ihn doch!", sagt diese gelassen. Um ehrlich zu sein hab ich das nur noch nicht getan, weil ich ein bisschen Angst habe. "Von wem ist er denn?", Gumi ist aufgestanden und reißt mir den Brief aus der Hand. Schnell schnappe ich ihn ihr wieder weg und drehe ihn um. "Von der Firma, bei der der Hersteller angestellt ist... seltsam." Behutsam öffne ich den Umschlag. Leise lesen wir drei ihn uns durch. Rin ist etwas panisch: "D-da steht ja nur, dass ihr Morgen abgeholt werdet, bekommt ihr Ärger?!" "Ich weiß auch nicht...", antworte ich nervös. Ich wüsste nicht wieso... "Wer sagt denn, dass wir Ärger bekommen? Vielleicht haben wir auch nur irgendeinen Job zu besprechen... Ich weiß! Vielleicht ist ein weiteres Konzert geplant, auf dem wir spielen sollen!", ruft Gumi und springt auf ihre Kapsel, um dort etwas vor sich hin zu singen. Vielleicht hat sie ja recht... Ich kann diese Nacht trotzdem nicht einschlafen. Immer wieder drehe ich mich von einer Seite auf die andere, nur um letztendlich auf den Deckel meiner Kapsel zu starren. Glücklicherweise werden meine Augen irgendwann von alleine schwer und ich sinke in einen unruhigen Schlaf. Der nächste Morgen ist fast wie jeder andere, mit der Ausnahme, dass gleich nach dem Frühstück eine schwarze Limousine vor dem Haus parkt. "Dann mal los!" energisch winkt Gumi den anderen, während sie einsteigt. Ich winke auch und zwinge mich zu einem Lächeln. Trotzdem lässt sich dieses mulmige Gefühl nicht vertreiben. Der Fahrer will uns keinerlei Informationen geben, warum wir abgeholt werden, weshalb ich die gesamte Fahrt lang Gumi dabei zu höre, wie sie Vermutungen anstellt. Vorm Eingang der Firma holt uns ein Angestellter ab. Es tut gut wieder durch die gewohnten, sterilen Gänge zugehen. Beinahe vergeht das seltsame Gefühl, dass ich schon die ganze Zeit hatte. Es ist besonders schön, dass wir ab und zu an bekannten Gesichtern vorbei laufen. Kurz kann ich mich sogar mit Samira unterhalten und Kati zu winken. Der Angestellte bringt uns zu einem Raum, in dem ich noch nie war, aber auf der Karte in meinem Kopf steht, dass es das Büro des Firmenchefs ist. Ein kalter Schauer überläuft meinen Rücken. Gumi ist immer noch guter Laune und öffnet mit Schwung die Tür. Der Raum ist riesig. Es sind kaum Möbel in ihm, nur ein paar Regale an den Seiten. Der Boden ist von einem roten Teppich überzogen. Gegenüber von uns ist eine riesige Fensterwand und vor ihr ein ziemlich großer Schreibtisch, an dem eine Person sitzt. Ich schlucke, das muss der Chef sein. "Kommt ruhig rein und setzt euch", seine tiefe Stimme ist kräftig, aber keineswegs beruhigend. Er deutet auf zwei Stühle vor dem Schreibtisch. Wir treten leise ein du durchqueren den Raum. Je näher wir dem Schreibtisch kommen, desto unruhiger werde ich. Der Firmenchef ist sehr ordentlich angezogen. Er trägt einen dunkelblauen Anzug und eine teueraussehende Uhr am Handgelenk. Er sitzt zwar aufgerichtet, jedoch sind seine Augen so weit in seinen Augenhöhlen, dass ich seine Emotion nicht ausmachen kann. "Wisst ihr warum ihr hier seid?", fragt er mit einem Ausdruck der Strenge in seiner Stimme. Gumi antwortet: "Nein", während ich nur schüchtern den Kopf schütteln kann. "Es handelt hierum:..." er dreht den Computer um, der etwas rechts von ihm steht. Darauf zu sehen ist das Video von unserem Wettbewerb. "Ich kann es leider nicht dulden, dass ohne meine Zustimmung Aufnahmen von euch an die Öffentlichkeit gelangen" Ich fühle mich wie versteinert "Warum das?" fragt Gumi mutig... nein, ich denke eher, dass sie im Gegensatz zu mir gar keine Angst at. Der Chef wartet kurz, bis er antwortet:" Dafür gibt es viele Gründe. Paparazzi hätten z.B herausfinden können, wo ihr euch aufhaltet. Wichtiger aber noch, hier arbeiten viele Leute daran, aus euren Auftritten und CDs Profit herauszuholen. Wenn ihr den Fans einfach das was sie wollen über das Internet gebt, behindert ihr damit die Arbeit hier." Gumi steht so ruckartig auf, dass ich kurz zusammen zucke. "Mit anderen Worten: Wir sind nur dazu da, um Geld zu verdienen und sollen uns schön euer Spielchen spielen." Gumi! Was tust du?! Ich merke, wie der Gesichtsausdruck des Chef's sich etwas verdunkelt. Er antwortet mit strenger Stimme:" Du solltest lieber dankbar sein, dass du überhaupt existierst. Ohne diese Firma gäbe es euch Roboter gar nicht, also ist es wohl nicht zu viel verlangt ein paar Regeln zu befolgen" Gumi knirscht mit den Zähnen, sie ist wohl ziemlich sauer. "So lange diese Firma Produkte herstellt, die ein Bewusstsein und Gefühle haben, sollte sie sich darüber im klaren sein, dass auch wir gewisse Rechte und Freiheiten haben! Und ich werde sie ganz sicher nutzen!" Wütend stapft sie zurück zur Tür. Ich folge ihr, auch wenn ich nicht weiß, was ich tun soll. Ich bin erst auf halber Strecke, als sie die Tür schon mit voller Wucht zuknallt. "Miku" sagt der Chef. Ich gefriere da wo ich stehe, traue mich aber nicht zu antworten. "Du warst bis jetzt immer ein sehr guter Vocaloid. Ich hatte noch nichts zu beklagen. Deshalb möchte ich, dass du Gumi etwas ausrichtest.... Wenn sie sich weiter so benimmt, sehe ich mich leider gezwungen ihren Ausschalter zu betätigen" Diese Worte bohren sich direkt durch mein Herz. Ich hätte niemals gedacht so eine Drohung zu hören. Ohne ein weiteres Wort stürme ich aus dem Raum, Gumi hinterher. Kapitel 13: unter Sternen ------------------------- Es ist mitten in der Nacht. Ich liege in meiner Kapsel und kann nicht schlafen. Leise tippe ich auf dem Computer in meinem Arm herum, dessen bläuliches Licht etwas flimmert. Das Video von Gumi und mir wurde gelöscht. Ich kann so lange suchen, wie ich will. Es ist weg. Seufzend schalte ich ihn aus, so dass ich im dunklen Liege und nicht einmal mehr meine Hand sehen kann. So leise wie möglich öffne ich meine Kapsel und schleiche auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Hoffentlich wecke ich Gumi nicht auf. Ich tapse durch den düsteren Flur und versuche irgendwie nicht zu stolpern. Plötzlich höre ich etwas hinter mir. Es sind ebenfalls Schritte. Etwas panisch drehe ich mich um, da wird aber schon eine Taschenlampe angeknipst, die mich blendet. "Miku?", fragt eine sanfte Stimme. Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, erkenne ich die Person. "Luka!" "Was machst du denn um diese Uhrzeit hier?" "Und was machst du?" Sie wird etwas verlegen, lächelt aber. "Es ist etwas peinlich..." sie kommt näher zu mir, damit sie nicht so laut reden muss "... MEIKO hat KAITO und mir Gruselgeschichten erzählt. Und dann konnte ich nicht mehr einschlafen" Ich hätte niemals erwartet, dass sie vor so etwas Angst hätte. Sie wirkt immer so erwachsen und ruhig. Sie blickt mich neugierig an:" Und du? Was ist mit dir?" Ich schaffe es nicht länger meine Traurigkeit zu unterdrücken. Luka merkt dies anscheinend und fasst mich an der Hand. "Möchtest du darüber reden?" Gequält nicke ich. Ich könnte mir jetzt nichts tröstenderes vorstellen, als mit jemanden über alles zu reden. Ich folge Luka, die immer noch meine Hand hält nach draußen. Die frische Luft tut gut. Lukas Hand zittert etwas "Alles ok?" frage ich sie besorgt "Ja-ja klar, sollte uns ein Geist angreifen, machen wir ihn einfach fertig! H-hört ihr!? Ich hab keine Angst!" "Wir können auch wieder reingehen, Luka", biete ich ihr an, obwohl ich eigentlich wirklich nicht wieder rein möchte. "Nein, schon gut!" sie ist zwar entschlossen, aber ich kann genau die Angst in ihren Augen sehen. Ich muss etwas kichern. Es ist furchtbar lieb, dass sie mir trotz allem helfen möchte. "Wo gehen wir eigentlich hin?", frage ich sie lachend. Sie lächelt auch wieder:" Es gibt etwas, dass ich dir unbedingt zeigen möchte." Wir laufen ein Stückchen weg vom Haus, über eine Wiese bis zu ein paar Bäumen. Was ich dort sehe ist wirklich überwältigend. So weit weg von der Stadt, fernab von allen Lichtern, strahlen die Sterne umso heller. Sie funkeln wie kleine Diamanten in dem unendlich scheinenden Himmel. Es verschlägt mir fast die Sprache :" Das ist wunderschön", bringe ich geradeso heraus. Wir setzen uns in das weiche Gras. Luka lächelt erleichtert. "Und? Was bedrückt dich?" Ich falle Luka in die Arme. "Es war so furchtbar!" Mit dem Gefühl der Geborgenheit neben Luka und unter dem Sternenhimmel, fällt es mir plötzlich ganz leicht, alles zu erzählen, was mir auf der Seele liegt. "Ich kann verstehen, dass du jetzt verunsichert bist. Aber um ehrlich zu sein finde ich, dass Gumi richtig gehandelt hat.", sagt Luka mit fester Stimme" Ich werde es mir auch nicht gefallen lassen, wenn mir jemand sagt, wie ich zu leben habe. Und wenn es der Hersteller selber wäre!" Ich bewundere ihre Einstellung und dass sie sich so sicher dabei sein kann. "Selbst wenn es der Hersteller wäre?" Sie ballt eine Faust:" Selbst wenn er mich anschreien würde!" Ich blicke wieder in den Himmel. "Miku, hör mir zu. Lass dir von niemandem sagen, was du tun und wer du sein sollst. Ob du ein Roboter bist oder nicht, das ist voll kommen egal." Sie blickt mir direkt in die Augen. Es kommt mir so vor, als würden sich Meere in ihren spiegeln, so blau sind sie. "Sollte irgendjemand hierherkommen, um Gumi mitzunehmen, werden wir das ganz sicher nicht zu lassen!" Auch ich werde etwas zuversichtlicher. "Du hast recht. Nur weil sie irgendeine große Firma sind, können sie noch lange nicht tun was sie wollen!" Luka lächelt: "Das ist die richtige Einstellung!" In diesem Moment passiert etwas wunderbares: die Sonne geht auf. Die Sterne verschwinden langsam, dafür werden alle Bäume und die weiten Wiesen in goldenes Licht getaucht. Es ist als würde mit dem Licht am Horizont die ganze Welt aufwachen. Die Vögel zwitschern munter und es weht ein lauer Wind. Ich lehne mich an Lukas Schulter und merke plötzlich, wie müde ich bin, jetzt wo all die Last, die ich mit mir herum getragen habe verschwunden ist. In dem Dämmerzustand, in dem ich mich befinde, ziehen Erinnerungen vor meinen Augen vorbei. Ich war so oft deprimiert, wurde aber immer wieder von meinen Freunden aufgemuntert. So gesehen sind sie meine Sonnen. Ich war einsam, da bekam ich eine Freundin. Wir steckten alle in der Klemme, da wurde vergeben, um uns zu helfen. Ich zweifelte an meiner Existenz, da wurde mir klar gemacht, dass es nicht zählt, wie viele, sondern wie wichtige Erfahrungen man macht. Ich fühlte mich vernachlässigt, da wurde ich herausgefordert. Und ich hatte Angst und wusste nicht, was ich tun sollte, da wurde mir Mut gemacht. Lächelnd versinke ich in der Dunkelheit des Schlafes. Kapitel 14: Filmpremiere ------------------------ Ich habe Gumi nicht erzählt, was der Firmenchef zu mir gesagt hat. Aber die Zeit vergeht, ohne das etwas schlimmes passiert. Die anderen Vocaloids richten auch ihre Zimmer ein, obwohl sie immer noch alleine in ihnen wohnen. Langsam wird es immer kälter. Und endlich ist es so weit. Der erste Schnee fällt! Rin und ich sind gerade dabei das Wohnheim weihnachtlich zu schmücken, laufen aber begeistert raus, als wir die dicken Flocken entdecken. Fröhlich tanzen wir im Schnee herum. Irgendwann kommt auch Gumi herausgerannt und mir klatscht ein fetter Schneeball gegen den Hinterkopf. Natürlich lasse ich das nicht auf mir sitzen! So schnell ich kann kratze ich ebenfalls Schnee zusammen und eine lustige Schneeballschlacht beginnt. Wir bombadieren uns gegenseitig so lange, bis uns die Köchin zum Abendessen hereinruft. Ich habe wirklich Angst, als schon wieder ein Brief für mich angekommen ist. Mit weichen Knien öffne ich ihn, aber meine Besorgnis verfliegt, als ich die ersten Zeilen lese. Fröhlich stürme ich ins Gemeinschaftszimmer zu den anderen. "Leute! Wir sind alle zu der Filmpremiere von Black Rock Shooter eingeladen!" Gumi blickt mich fragend an: "Was ist das für ein Film?" Aufgeregt erkläre ich es ihr: " Kurz nach unserem ersten Konzert habe ich eine Anfrage für eine Filmrolle bekommen. Und jetzt ist der Film endlich fertig." "Woaaaah!", nun schaut sie bewundernd. Ich kann es kaum erwarten alle vom Set wieder zu sehen! Es sind nur zwei Wochen, aber ich bin so aufgedreht, dass sie mir wie eine Ewigkeit vorkommen. Tage verbringe ich einfach damit Gumi vom Film zu erzählen, oder mit den anderen Kleider anzuprobieren. Als es dann endlich so weit ist, werden wir alle von einer Limousine zum Kino gebracht. Ich bin so gespannt, dass ich andauernd kichern muss. Als wir aussteigen sehe ich kurz gar nichts, weil um uns herum nur ein einziges Blitzgewitter ist. Mindestens 20 Photographen müssen da sein, um Fotos von uns auf die Titelseite zu bringen. Wir lächeln zwar, ignorieren sie aber weitgehend. Unter unseren Füßen liegt ein samtiger, roter Teppich, der zum Eingang führt. Rechts und links von uns stehen Fans, die alle versuchen ein Autogramm zu ergattern. Ich habe aber keine Zeit dafür, da ich von einer heranstürmenden Ayumi abgelenkt werde. Sie fällt mir stürmisch um den Hals. "OH MEIN GOTT!", ruft sie so plötzlich, dass ich mich etwas erschrecke. "Die anderen Vocaloids sind auch da! Das ist so abgefahren. Alle auf einmal zu treffen, ich glaub ich kipp gleich um vor Aufregung, Miku!" Ich muss wegen ihrer aufgedrehten Art lachen. Sie hat sich kaum verändert. Nur ihre Haare sind länger geworden, weshalb sie jetzt, anstatt ihrer Kurzhaarfrisur zwei strubbelige Dutts trägt. Es sieht wirklich niedlich aus. "Miku dein Kleid ist so hübsch!" "Danke, ich hab es mit den anderen ausgesucht." Es ist zwar schlicht in weiß gehalten, hat dafür aber viele Rüschen. Außerdem trage ich dazu noch lange, schwarze Perlenketten. Ich hake mich bei Ayumi unter und bedeute den anderen uns zu folgen. Etwas abseits von all dem Trubel entdecke ich Momoka, die... mein Blick verfinstert sich etwas. Denn sie unterhält sich mit der Person, von der ich gehofft hatte, sie nie wieder sehen zu müssen. Was hat Momoka mit dem Firmenchef zu tun? Warum ist der überhaupt hier? Ich werde von Ayumi werter gezogen, nehme mir aber ganz fest vor, sie später darauf anzusprechen. Wir betreten das glamouröse Kino. Ich bin für den Moment so überwältigt, dass ich beschließe alle Gedanken an den Chef fürs erste zur Seite zu schieben. Ich nehme auf den weichen Kinosesseln platz, neben mir Ayumi und Rin. Leider dauert es noch eine ganze Weile, bis der Film endlich beginnt, zum Glück kann ich mich mit Ayumi unterhalten. "Und, was hast du die ganze Zeit gemacht? Hattest du noch andere Filmrollen?", frage ich sie neugierig. "Phew! Es war sooooo viel los, das glaubst du gar nicht! Ich bin froh, dass ich heute frei habe und einfach mal den Film genießen kann! Weißt du, ich habe eine Anfrage für eine Serie bekommen. Natürlich habe ich sofort angenommen, ich meine, so eine Gelegenheit lässt man sich ja nicht entgehen! Aufjedenfall musste ich ein total ernstes und ruhiges Mädchen spielen, was mir ja gar nicht liegt.... aber es hat schon irgendwie funktioniert." "Wow! Dann war bei dir ja wirklich viel los!", es tut gut, mit der aufgeweckten Ayumi zu quatschen. Es ist bewundernswert, dass sie so viel erreicht hat, in der kurzen Zeit. Ich schaue mich ein bisschen im Dämmerlicht des Saales um, habe Momoka aber völlig aus den Augen verloren. "Soll ich uns noch etwas Popcorn holen?", unterbreche ich Ayumi kurz. "Dann beeil dich aber! Der Film fängt gleich an. "Ja mach ich", mit diesen Worten stürme ich die Treppen hoch und aus dem Saal. Oben angekommen stelle ich  mich an die Kasse, als ich plötzlich Stimmen höre. Leise gehe ich in die Richtung aus der sie kommen. Ist das etwa Momoka, die da spricht? Ich bleibe hinter einer Ecke stehen und beschließe zu lauschen. Ich bin mir bewusst, dass das eigentlich ihre Privatsphäre verletzt, aber sie ist so stur, dass man anders ja auch nichts aus ihr heraus bekommt!   Kapitel 15: Momoka ------------------ Ich höre mein eigenes Herz klopfen. Für einen Moment ist Momoka's Stimme still und ich habe Angst, auch nur durch das kleinste Geräusch entdeckt zu werden. Dann höre ich sie leise weiterreden. "Ich bin wirklich froh, dass du Zeit gefunden hast herzukommen.Der Film geht gleich los... wir sollten wohl reingehen." Sie klingt so leise, dass ich nicht ausmachen kann, ob sie schüchtern, oder nur sanft ist, immerhin war sie mir gegenüber ziemlich schroff. Dann höre ich auch die andere Person. Ich hatte mir es schon gedacht, aber trotzdem erschaudere ich, als der Firmenchef zu reden beginnt. "Dies war doch die letze Rolle, die du hattest oder?",fragt er ziemlich ernst. Momoka antwortet kurzangebunden:"Ja" "Und was hast du die ganze Zeit bis jetzt getan? Ich habe gehört, deine Partnerin hat bereits eine weitere Rolle angenommen. Du weißt, das Geschäft ist hart." Er klingt nicht wütend, nein, ich kann keineswegs Emotionen in diesen Worten hören. Es ist eher so, als würde er tadelnd eine nicht funktionierende Maschine beklagen. Mir wird auch wenn ich ihn nicht sehen kann schlecht. Anscheinend behandelt er Roboter wie Mensch, als wären sie nur dazu da, um Geld zu verdienen...  Ich bin so in meine Gedanken versunken, dass ich nicht bemerke, wie ein Handy klingelt und der Chef abnimmt. Seine schweren Schritte entfernen sich. Ich höre noch, wie er das Kino verlässt, dann ist es still. So plötzlich, dass ich keine Chance habe mich besser zu verstecken, stürmt Momoka um die Ecke, hinter der ich stehe. Mist! Sie sagt kein Wort, sondern wirft mir nur einen bitteren Blick zu. Ich bleibe alleine zurück.  Nach einer Weile begebe ich mich unsicher wieder zurück in den Kinosaal, weil ich nicht weiß, was ich sonst tun soll. Der Film hat schon angefangen. Es wäre eigentlich witzig sich selbst so auf der Leinwand zu sehen, aber irgendwie bin ich dafür zu aufgewühlt.  "Hey Miku, wo hast du das Popcorn gelassen?", flüstert Ayumi, als ich mich wieder neben sie setze. "Oh, sorry! Das hab ich ganz vergessen..." "Vergessen?", sie blickt mich irritiert an, beschließt aber es zur Seite zu schieben, damit sie den Film genießen kann.  So sehr ich es auch versuche, ich schaffe es einfach nicht, mich auf den Film zu konzentrieren. Meine Gedanken schweifen immer wieder ab, zu Momoka. Der Blick, den sie mir zugeworfen hat war anders als sonst. Sie war schon immer feindselig mir gegenüber, aber ich hatte das Gefühl, dass es eher als Herausforderung gemeint war. Dieses mal war es so, als würde ihr Blick nicht mich persönlich treffen, sondern spiegele wirklich ihre Emotionen wieder, was ich umso erschreckender finde. Plötzlich überkommt mich ein Schauder der Einsamkeit und des Mitleids. Was geht nur in Momoka vor? Nach einiger Zeit des Grübelns werde ich doch vom Film so weit abgelenkt, dass ich die Geschichte etwas verfolgen kann. Ayumi neben mir schnieft ab und zu bei den emotionalen Stellen, und springt fast von ihrem Sitz auf bei den Spannenden. Ich muss sagen, an sich ist die Geschichte wirklich mitreißend. Momoka und Ayumi sind so gut in ihren Rollen, dass ich mich frage, ob sie wirklich geschauspielert haben, oder die Emotionen doch echt waren. Aber bei aller Bescheidenheit... ich war auch nicht schlecht. Zusammen sind wir ein gutes Team.  Langsam geht der Film zu ende. Viele der Zuschauer sind so bewegt, dass sie den Abspann noch abwarten, um sich erstmal zu sammeln. Ich hingegen springe sofort auf und laufe zum Ausgang. Fieberhaft suche ich Momoka. Als sie mit einer Gruppe von Menschen an mir vorbei geht, packe ich sie am Arm und ziehe sie zur Seite. Sie wirft mir einen düsteren Seitenblick zu:" Was willst du, Roboter?" Ich schlucke meine Nervosität herunter und antworte so selbstbewusst, wie ich kann. "Ich wollte nur fragen, was du mit dem Chef unserer Firma zu tun hast." Da sie nicht antwortet, rede ich erst mal weiter:" Er ist meiner Meinung nach nämlich kein guter Mensch. Ich bin mir sicher, dass er deine Schauspielkünste ausnutzen will, um Geld zu verdienen!" Ohne mir zu antworten reißt sie sich los und geht mit energischen Schritten weiter. Ich laufe ihr besorgt hinterher. Egal, wie wir beide zueinander stehen, ich will einfach nicht, dass Momoka von diesem Kerl unter Druck gesetzt wird. Warum versteht sie das nicht? Als wir etwas abseits von den anderen Leuten stehen, beginnt sie doch zu reden: " Es ist nicht so wie du denkst, also lass mich bitte in Ruhe." Leider mindert das meine Sorge keineswegs, weshalb mir nichts anderes einfällt, als Momoka zu erzählen, warum ich diesem Mann nicht vertraue:" Weißt du, er drohte damit meine Freundin auszuschalten, wenn sie weiter ihren Willen durchsetzt, anstatt sich darauf zu konzentrieren Geld zu machen. Deshalb..." "Lass gut sein, Miku!"Plötzlich dreht sich Momoka zu mir um. In ihren Augen glitzern Tränen, was mich sofort stumm werden lässt. Verwirrt und voller Schuldgefühle stehe ich nun da. Ich hätte niemals gedacht, diese Seite von der sonst so kalten Schauspielerin zu sehen. Bevor ich irgendwas sagen kann, ergreift sie das Wort: " Er ist mein Vater!" Kapitel 16: Kasane Teto ----------------------- Ich bin erstarrt und kann nichts tun, weder mich bewegen, noch sprechen. Ich stehe einfach nur wie versteinert da und sehe stumm zu, wie Momoka sich über die Augen streicht und dann wegläuft. Meine Knie werden weich und klappen schließlich zusammen. Auf ein mal macht alles ein bisschen mehr Sinn. Endlich verstehe ich was Momoka vorgehen muss. Ein Vater, der alles von einem fordert und einen praktisch in direkte Konkurrenz mit uns Robotern setzt. Wer ist nützlicher für ihn? Wer erreicht mehr? Und dann noch mit einem dieser Roboter zusammen arbeiten zu müssen... Mich überkommt ein noch nie dagewesenes Gefühl. Ich kann es nicht genau deuten aber es vereinnahmt mich voll und ganz. Es ist schlimmer als alle Schuldgefühle, die ich jemals hatte. Immerhin ist meine Existenz dafür verantwortlich, dass jemandem das Leben so schwer gemacht wird. Mir wird schlecht. Nach einer Weile habe ich mich zum Glück etwas gefangen. Die anderen Vocaloids suchen schon nach mir und ich empfange sie mit einem gezwungenen Lächeln. Ich verabschiede mich kurz von Ayumi, dann steigen wir gemeinsam in die Limousine, die gekommen ist, um uns abzuholen. Alle überschütten mich mich mit Lob und die Stimmung wäre eigentlich ausgelassen, wäre da nicht immer noch dieses dumpfe Gefühl, das sich von hinten anschleicht. Es ist schon ziemlich spät, als wir zuhause ankommen und das einzige Licht, das noch brennt kommt aus Mitsus Zimmer. In letzter Zeit hat sie immer mehr Zeit damit verbracht an irgendwas herum zu basteln, also ist es nichts ungewöhnliches. Kichernd, aber so leise wie möglich gehen wir alle in unsere Zimmer. "Gute Nacht, Miku. Du warst super in dem Film", flüstert mir Rin zu, bevor sie ihre Tür schließt. Ich lächle ihr nur zu. Gumi hat sich schon umgezogen und ist dabei in ihrer Kapsel zu verschwinden "Nacht!", ruft sie mir zu. "Du, Gumi..." , beginne ich zwar, überlege es mir aber doch anders und wünsche ihr nur eine gute Nacht. Ich stehe vorm Spiegel und schaue mich einfach nur an. Auf den ersten Blick würde man meinen, ich wäre nur ein junges, aber gewöhnliches Mädchen. Bei genauerem Hinsehen fallen einem aber doch die Kameras in meinen Augen, oder die mechanischen Gelenke auf. Schließlich gehe auch ich in meine Kapsel und schlafe ein. Ich schrecke mitten in der Nacht hoch und stoße mir meinen Kopf am Deckel der Kapsel. Es tut aber nicht weh. Ich öffne sie, ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es 4.00 Uhr ist. Seufzend lege ich mich wieder hin, lasse den Deckel aber auf. Plötzlich höre ich Geräusche. Mich überläuft ein kalter Schauer, da ich an Lukas Angst vor Geistern denken muss. Jetzt höre ich klar und deutlich Schritte. Ich kann nicht anders, als aufzustehen und nachzusehen, wer auf dem Gang herum schleicht. Irgendwas huscht in die Küche. Ich nehme all meinen Mut zusammen und folge dem etwas. Es ist zwar dunkel, aber ich erkenne eine Gestalt, die sich am Küchenschrank zu schaffen macht. Es ist keiner der Vocaloids, aber anscheinen ein Mensch. Etwa ein Einbrcher? Panisch will ich mich umdrehen, als es zu sprechen beginnt. Ich erschecke mich so sehr, dass ich laut aufschreie und damit wahrscheinlich alle anderen wecke. Das Licht wird angemacht und eine verwirrte Mitsu versucht mich zu begruhigen. Ich falle ihr stotternd in die Arme. Jetzt sehe ich auch, was da am Schrank hockt. Es ist nur ein harmloses Mädchen. Schwer atmend bringe ich nur:" Ich dachte schon, es wäre ein Geist oder ein Einbrecher...", Mitsu lacht entschuldigend. Das Mädchen kommt mit einem Brot zu uns rüber und mustert mich. Dann sagts sie aus dem blauen heraus und mit quischiger Stimme: "Du bist wirklich dumm" Was? Wut steigt in mir auf. Wer läuft den bitte nachts durch ein Fremdes Haus und beleidigt dann einfach den Bewohner?! "Was fällt dir ein?", erwiedere ich gereizt. "Du solltest mehr Respekt vor Älteren haben!" sagt sie mir unverfrohren ins Gesicht. Ich mustere sie kurz. Sie hat rosa-rote Haare, die zu zwei lustigen Zöpfen gedreht sind. Ihr Out-fit ähnelt meinem etwas, sie hat fast die selben Stiefel wie ich und fast den selben Rock in anderen Farben. Aber sie ist auf keinen Fall älter als ich, sondern vom Aussehen her wahrscheinlich sogar ein Jahr jünger. "Musst du gerade sagen, du bist doch ein neuer Vocaloid oder? Für wie alt hälst du dich denn bitte?" "Ich bin 31!" Ich bin so perplex über ihre Antwort, dass kurz Stille eintritt. Mitsu ergreift die Gelegenheit, um alles zu erklären. "Eigentlich ist sie keine richtige Vocaloid, sondern ein Roboter, an dem ich hobby-mäßig gearbeitet und vor kurzem endlich fertig gestellt habe" Sie wirkt glücklich und Stolz zugleich, was ich auch verstehen kann... nur ist ihr Projekt ziemlich frech geraten. Ich würde Mitsu das niemals sagen, aber ich frage mich, ob der Charakter beabsichtigt ist. "Mein Name ist Kasane Teto und ab jetzt bist du -türkisenes Mädchen- dafür zuständig mir jeden Tag Brot zu holen, sonst wird's hässlich!" Was fällt der eigentlich ein? Ich sage erstmal nichts dazu und verziehe mich immer noch etwas ärgerlich auf mein Zimmer. Am nächsten Morgen stellt Mitsu Teto auch den anderen vor. Diese verbringt aber die Vorstellung nur damit Brot in sich hinein zustopfen und ab und zu schnippische Kommentare von sich zugeben. Dafür ist sie beim Unterricht energiegeladen und fröhlich dabei. Sie steigt sofort zu Fr. Hessels Lieblingsschülerin auf, was mich irgendwie noch mehr ärgert. So vergehen die Tage, in denen sie mich neckt, gut in der Schule ist, aber wir irgendwie keine Bindung zueinander aufbauen können. Es ist wiedermal ein verschneiter Morgen und ich schaue gelangweilt aus dem Fenster, während Fr. Hessel irgendetwas erklärt. Da Teto genau hinter mir sitzt beginnt sie nach einer Weile an meinen Haaren zu ziehen, ohne irgendeinen Grund. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus. Zuerst das Dillema mit Momoka und jetzt kommt irgendein Roboter daher, der nichtmal ein richtiger Vocaloid ist und kann sich alles erlauben. Ich springe von meinem Platz auf und schlage ihre Hand weg :"Warum machst du so etwas?" Frau Hessel sieht mich empört an:"Miku, setzt dich sofort wieder hin, du störst den Unterricht!" Aber ich beachte sie garnicht, sondern warte wütend auf eine Antwort. "Na, deine Zöpfe sind so lang, da muss man einfach dran ziehen!", Teto kichert kindisch. "Immerhin sehen sie nicht aus wie Bohrer!" schreie ich sie fast an. Ich weiß selber, dass ich nur meine angestauten Sorgen an ihr auslasse, aber ihr gleichgültiger Blick macht mich so sauer! Anscheinend habe ich einen Nerv bei Teto getroffen, denn sie wird plötzlich auch rasend und zieht mit aller Kraft an meinem Zopf. "Aua!" Die aufgebrachte Frau Hessel geht zwischen unseren Streit und verdonnert uns beide dazu den Putzdienst zu übernehmen. Dann geschieht etwas, mit dem ich niemals gerechnet hätte. Teto beginnt zu weinen. Richtige Krokodilstränen kullern aus ihren Augen. Wir Vocaloids können nicht weinen, was mir schon oft die Möglichkeit genommen hat meine Gefühle zuzeigen. Ich sehe perplex zu, wie Fr. Hessel Teto tröstet, ihr aber erklärt, dass sie trotzdem den Dienst übernehmen muss. So bleiben wir beide schließlich alleine im Klassenraum zurück und beginnen die Tafel zu wischen und zu fegen. "Tut mir leid", murmel ich, da ich weiß, dass sie niemals den ersten Schritt machen würde. "Ich war nur frustriert und hab es an dir ausgelassen..." Sie wird etwas rot und nuschelt dann so leise, dass ich es kaum verstehe:" Ich schätze.... ich hatte auch Schuld...." Ich bin etwas überrascht, dass sie es zugibt, aber bevor ich reagieren kann überspielt sie ihre Aussage:"Wieso bist du denn frustriert?" Mich überkommt wieder dieses ekelhafte Gefühl, das ich nicht deuten kann. "Wegen mir geht es einer... Freundin schlecht... und ich weiß nicht, wie ich es ändern kann.... Ich habe nicht mal etwas gemacht, das Problem ist schon dabei, dass ich da bin...." Wieso erzähle ich das eigentlich dieser Neunmalklugen? "Du bist wirklich dumm", sagt sie wieder, aber diesmal ist ihr Gesicht ernster und vernünftiger. "Ich... ich weiß wie du dich fühlst...." Überrascht höre ich auf zu fegen. "... du merkst es wahrscheinlich nicht mal selbst, aber das Gefühl, dass du gerade hast ist Selbstzweifel." sie blickt mich etwas traurig an und ich merke mit einem Schlag, dass stimmt, was sie sagt. "... Ich bin zwar ein Roboter wie ihr und kein Mensch..." ,fährt sie fort " aber ich bin trotzdem kein Vocaloid und manchmal wünschte ich, ich wäre einfach jemand anders." Sie schaut zu Boden. Dann blickt sie mich lächelnd an: "Aber das ist okay, denn jetzt sind wir mit unseren Selbstzweifeln schon zu zweit und können uns helfen" Ich bin so überrascht, dass ich erst gar nichts machen kann, dann laufe ich aber zu Teto und umarme sie "H-Hey, was soll das? Kein Grund sentimental zu werden!", ruft sie verlegen, macht aber keine Anstalt sich zu wehren. Auch nachdem der Raum schon blitzblank ist bleiben wir noch und reden, machen uns gegenseitig Mut. Es tut gut mit jemandem zu reden, der einen versteht und fast dasselbe Problem hat wie man selbst. Langsam verschwindet das Gefühl und ich schöpfe neue Kraft. Ich beschließe alles zu tun, um Momoka zu helfen, anstatt nur Trübsal zu blasen. Am nächsten Morgen bringe ich zum ersten Mal ein ganzes Leib Brot für Teto vom nahegelgenen Bäcker mit. Kapitel 17: ein Besuch ---------------------- "I-Ich weiß wirklich nicht, ob das so eine gute Idee ist, Teto..." "Hast du etwa Angst? Für einen Rückzieher ist es jetzt etwas zu spät!" Wir stehen vor einer großen, weißen Villa mit hübschen, aber eingeschneiten Garten. Im Gegensatz zu Teto, die überzeugt auf das Gartentor zu geht, sind meine Knie weich wie Butter. "W-Warte!" versuche ich sie noch zurückzuhalten, aber sie ist schon dabei die Klingel am Tor zu betätigen. "Hallo, wer ist da?" , fragt eine junge Frauenstimme aus einer Sprechanlage. "Wir sind hier, um Momoka zu besuchen, sind wir hier richtig?", antwortet Teto mit fester Stimme. "Ich bitte um Verständnis. Ich kann keine Fans herein lassen..." Dieses Mal ergreife ich das Wort:" N-Nein, nein. Ich habe mit ihr zusammen gearbeitet. Mein Name ist Hatsune Miku!" Die Stimme aus dem Lautsprecher schweigt. Dann ertönt ein Summen und das Tor geht auf. Teto und ich nicken uns kurz zu und betreten das Gelände. Es ist ziemlich groß. Links und rechts von uns sind von Schnee bedeckte Wiesen. Durch sie führt ein Steinweg, auf dem wir zum Haupteingang der Villa gehen. Es wurden Büsche akribisch angelegt, so dass sie auf beiden Seiten des Steinweges symmetrisch angeordnet sind. Hinter der Villa geht der Garten anscheinend weiter, denn dort stehen ein paar Bäume, die im Sommer wahrscheinlich wohltuenden Schatten spenden. Wir gehen ein paar Stufen zu einer großen, geschmückten Holztür hinauf. Bevor wir klopfen können, wird sie einen Spalt weit geöffnet. Eine junge Frau winkt uns herein. Sie führt uns durch die Eingangshalle, von der eine Mamortreppe nach oben führt und ein etwas kleinerer Gang in eine Art Wohnzimmer. Überall hängen Bilder in pompösen Rahmen, auf den meisten sind irgendwelche alten Leute, wahrscheinlich Verwandte von Momoka. Das Wohnzimmer ist in hellen Farben gehalten und erstaunlich gemütlich. Die junge Frau - von der ich vermute, dass sie eine Bedienstete ist - verschwindet kurz in der Küche und kommt mit einem eleganten Tablet zurück. Sie präsentiert uns eine Auswahl von Gebäck und Tee, geht dann mit schnellen Schritten die Mamortreppe hinauf, um Momoka bescheid zu sagen. Kurze Zeit später kommt eine etwas aufgebrachte Momoka ins Zimmer gestürmt. "Was hast du hier zu suchen?" ihr Blick streift Teto zwar, bleibt aber bei mir hängen. Eingeschüchtert antworte ich: " Ich wollte sehen, wie es dir geht und sagen, dass es mir leid tut, was ich dir an den Kopf geworfen habe..." Nachdem sie sich etwas gefasst hat antwortet sie mit kühler Stimme: " Wie du siehst geht es mir gut, also besteht keinerlei Anlass für diesen Besuch!" Ich bemerke aber, dass sie nervös ist. Unruhig wendet sie sich an ihr Zimmermädchen: "Phoebe, bitte bring die beiden wieder nach draußen, bevor mein Vater wiederkommt!" Aber die junge Frau - Phoebe - rührt sich kein Stück sondert mustert erst uns, dann Momoka durchdringend :" Verzeiht die Anmaßung, aber ihre Gäste haben nicht mal ihren Tee ausgetrunken. Es wäre doch unhöflich sie schon wieder fortzuschicken." Momoka gefällt diese Aussage offensichtlich nicht, scheint sich aber überzeugen zulassen. Mit einem Seufzen lässt sie sich in den Sessel gegenüber von uns fallen. Sie legt ihr Gesicht kurz in ihre Hände, greift sich dann aber einen Keks und mustert uns weiterhin misstrauisch. "Und wer ist das?", sie nickt zu Teto. "Ich kann auch für mich selbst reden!", antwortet diese schnippisch "Ich bin Kasane Teto, der erste und bis jetzt einzige UTAUloid!" Ich blicke sie genauso ratlos an, wie Momoka. "UTAUloid?" Sie lächelt selbstsicher: "Genau! Das kommt von singen versteht ihr? Maaan ihr seid wirklich dumm!" Momoka schaut sie verächtlich an:" Also schon wieder so ein Roboter..." "Was hast du denn gegen uns? Hältst du dich für etwas besseres?!" anscheinend ist Teto nun auch sauer. Bevor es schlimmer wird halte ich sie zurück und stopfe ihr ein Kuchenstück in den Mund. "Es ist ja gar nicht so, als hätte ich gegen euch persönlich was..." murmelt Momoka mit gequältem Gesichtsausdruck. Sie steht auf und geht zum Kamin. Dort stehen die einzigen Fotos, auf denen sie selbst auch mit drauf ist. "... aber ihr versteht es einfach nicht, ihr könnt es ja gar nicht verstehen...", ihre Stimme wird noch leiser "Wie das ist vom eigenen Vater immer mit etwas viel perfekterem, mit etwas unmenschlichem verglichen zu werden..." Teto springt ebenfalls auf: "AHA!", ruft sie plötzlich laut aus :" Also bist du auch im Selbstzweifel-Club!" "Im was?", fragt Momoka irritiert. Ich gehe abermals dazwischen, bevor es zu seltsam wird: " Momoka, ich kann mir kaum vorstellen, was du durchgemacht hast, aber du bist so eine tolle Schauspielerin und hast so viel erreicht, deshalb.... lass dir bitte nichts anderes einreden!" Sie wird etwas rot im Gesicht, versucht sich aber ihre Verlegenheit nicht anmerken zu lassen. "Hmpf, d-das weiß ich selber! Ich will doch nur, dass mein Vater das auch bemerkt...", sie redet etwas gekünstelt, wird zum Ende hin aber emotionaler. "...Immerhin ist er der einzige aus meiner Familie, mit dem ich zwar wenig, aber immerhin etwas Kontakt habe..." sie blickt bedrückt nach unten. Plötzlich hören wir das Türschloss klicken. Ein Hauch von Panik stielt sich auf Momokas Gesicht, aber da kommt Phoebe schon mit rauschendem Rock angerannt und zerrt uns durch die Küche. Ich bin so überrumpelt, dass ich ihr einfach in ein kleines, schlicht eingerichtetes Zimmer folge. "Ich muss sie leider bitten den Hinterausgang zu benutzen." Wir nicken angespannt und wollen schon in den Hintergarten laufen, als Phoebe mich noch mal zurück hält. Sie lächelt leicht und drückt mir ein verziertes Stück Papier in die Hand. Ich blicke sie fragend an, aber sie bedeutet uns nun zugehen. So leise und unauffällig wie möglich schleichen wir zurück zur Straße. Als ich einmal zurück blicke, kann ich gerade noch Momoka sehen, wie sie demütig auf den Boden schaut, während ihr Vater ihr irgendwelche Vorwürfe zu machen scheint. Traurig laufe ich Teto hinterher. Als wir wieder beim Vocaloid-Wohnheim ankommen, ist Fr. Hessel gerade dabei irgendwelchen Möbelpackern Anweisungen zu geben. "Was ist denn hier los?", fragt Teto neugierig. Es würde mich auch interessieren, aber meine Gedanken hängen gerade woanders. "Wir richten nun endlich den Musikraum ein", antwortet die strenge Lehrerin. "Ab jetzt stehen euch sogar Geigen, ein Klavier, und weitere Instrumente zur Verfügung" Noch während sie redet hole ich den Zettel von Phoebe aus meiner Rocktasche. Behutsam falte ich ihn auf: darauf steht eine Telefonnummer, sonst nichts. Kapitel 18: Familienstreit -------------------------- Ich sitze alleine in meinem Zimmer, während alle anderen dabei helfen das Musikzimmer einzurichten. Immer wieder wende ich den Zettel mit der Nummer in meinen Händen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sie einfach mal ins Telefon eingeben soll... "Miku! Was machst du denn hier so allein?! Sag mir nicht, du willst dich schon wieder einschließen!", ruft Gumi, deren Kopf hinter der Zimmertür auftaucht. Mit dem Fuß kickt sie diese auf und stellt den Umzugskarton, den sie trägt ab. "Nein nein!", versichere ich ihr lachend :"Ich traue mich grad nur nicht bei jemandem anzurufen" Sie guckt mich verständnislos an und reißt mir den Zettel aus der Hand. Mit den Worten: "Das ist doch albern!" ,zückt sie ihr Handy und wählt die Nummer. Als ich bemerke, was sie vorhat, versuche ich verzweifelt sie abzuhalten, aber es ist zu spät. An der anderen Leitung tutet es zuerst, aber dann nimmt tatsächlich jemand ab! Gumi stellt auf Lautsprecher und ruft dann:" Hallo, hier ist Gumi! mit wem spreche ich?" Stille tritt ein. Wahrscheinlich ist die Person an der anderen Leitung irritiert, weil sie jemand anruft, nur um sich zu erkunden, wem die Nummer gehört. Schließlich antwortet sie doch :" Ähm, mein Name ist Yuki Wasashiro.... wieso rufen sie an?" "Hm... ich weiß gar nicht.... Miku?" antwortet Gumi gerade heraus. " Entschuldigen sie die Störung? Kennen sie eine Momoka?" Ich höre eine Unruhe aus der Stimme heraus, als sie antwortet:" Ja, ist irgendwas mit ihr passiert?" "Nein, mir wurde nur diese Nummer gegeben und..." während ich die Frau am Telefon beruhige, wedel ich mit der Hand, um Gumi zu bedeuten raus zu gehen. Die Frau stellt sich als Momoka's Mutter vor, weshalb ich ihr alles erzähle, was passiert ist. Dass, ihr Vater sie offensichtlich unter Druck setzt und sie irgendwie einsam und traurig wirkte, bevor wir so abrupt gehen mussten, nur weil er nach Hause kam. "Verstehe, du machst dir also auch Sorgen... Du bist eine wirklich gute Freundin Miku" Ich höre kurz auf zu atmen und hoffe insgeheim, dass Momoka mich vielleicht auch als Freundin ansieht. "Auf jeden Fall erklärt das ihr so distanziertes Verhalten in letzter Zeit. Ich dachte schon, sie wäre sauer, weil ihr Vater und ich uns getrennt haben, aber bestimmt hat er ihr irgendetwas eingeredet...." Sie schweigt kurz, fährt dann aber fort: "Ich wollte nicht, dass sie so früh schon mit der Schauspielerei anfängt... weißt du, Miku, als ich in ihrem Alter war habe ich auch ein paar Rollen gespielt, bin aber letztendlich nicht mit dem Stress und Druck klargekommen.... Ich würde gerne mit ihr darüber reden... aber sie wird mich wahrscheinlich kaum anhören, wenn sie Angst hat, dass ihr Vater enttäuscht von ihr sein wird... Könntest du nicht mitkommen? Wenn eine Freundin dabei ist, ist sie bestimmt aufgeschlossener" , bevor ich ihr erklären kann, dass Momoka wahrscheinlich eher nicht darüber erfreut sein wird mich schon wieder zusehen, legt sie schon auf. Wir sollen uns in ein paar Tagen wieder bei der Villa treffen.  Ich erkenne Momokas Mutter sofort. sie haben die selben leuchtend-grünen Augen und das pechschwarze Haar. Im Gegensatz zu Momoka trägt ihr Mutter es jedoch ziemlich kurz. Noch ein Gegensatz ist die Art wie mich Yuki begrüßt. Ihr Lächeln ist ziemlich freundlich, wenn auch etwas zurückhaltend. Ich habe mir die ganze Zeit so viele Gedanken darübe gemacht, wie Momoka und ihr Vater auf uns reagieren werden, dass Gumi  und Teto mich schließlich aus meinem Zimmer herrausschleifen mussten, um mich zu dieser Verabredung zu bewegen. Phoebe macht uns auf und nickt Yuki kurz zu. Dann ruft sie Momoka. Als diese uns von den Stufen ihrer Mamortreppe erblickt wird sie kurz kreidebleich. "Mama?" "Ich habe ein ernstes Wörtchen mit deinem Vater zureden!", ohne ein weiteres Wort maschiert Yuki hinter Phoebe her in das Wohnzimmer. Momoka und ich bleiben zurück. Sie schaut mich etwas irritiert und zugleich wütend an, sagt aber nichts. Nach einer unbehaglichen Weile, in der wir ihren Eltern beim Diskutieren zuhören, beginnt sie doch zu reden:" Was soll das?", sie klingt nicht so vorwurfsvoll, wie ich gedacht hätte, sondern eher erschöpft. Ich antworte mit einer Gegenfrage:" Bist du denn wirklich glücklich mit deiner Situation?" Sie sieht mich nur schweigend an. "Ich... ", bevor sie zu ende reden kann, werden die Stimmen lauter. Ich höre nun ganz klar, was der Firmenchef sagt: "Ich will doch nur für ihre Zukunft sorgen! Immerhin muss sie später den Ruf unserer Familie und der Firma tragen!" "Sie ist doch noch ein Kind! Setz sie doch nicht so unter Druck! " "Sie hat Freude daran, frag sie selbst!" Kurz darauf kommen beide wütend und mit polternden Schritten zu uns in die Eingangshalle. Der Chef übersieht mich zum Glück erstmal und schreit Momoka fast an, sie solle ihrer Mutter erklären, dass sie freiwillig schauspielern wolle. Es schleicht sich ein wildes Funkeln in Momokas Augen. Auch sie hat eine sehr laute und schrille Stimme.... Wie bin ich bloß in dieses Familiendrama herein geraten? "Ich habe keine Lust mehr dir alles recht zu machen! Weißt du was? Der einzige Grund, warum ich in diesem blöden Film mitgespielt habe, ist, dass ich von dir ein einfaches 'gut gemacht' hörn wollte, nach der ganzen Arbeit!" Es ist kurz still, bevor sie etwas ruhiger weiterredet: "Aber dir geht es nur darum, wie berühmt ich werde....", dann schaut sie Yuki an:" Mama, es tut mir leid, dass ich nicht mehr mit dir geredet habe, ich dachte, du seist sauer, wenn ich weiter schauspielere...." Tränen steigen ihr in die Augen. Ihr Vater schaut sie vorwurfsvoll an, während Yuki sie sanft in den Arm nimmt und versichert, dass alles ok sei. Dann gehen wir drei einfach aus der Villa raus. Momoka schluchzt immer noch ein bisschen. Sie tut mir wirklich leid, es muss hart sein zwischen seinen Eltern und dessen Anforderungen zu stehen. Aber ich bin irgendwie stolz darauf, dass sie sich gegen ihren Vater wehren konnte. Bevor sich unsere Wege trennen lächelt Yuki mich noch einmal an. Ich sehe den beiden hinterher und hoffe, dass alles gut wird. Ungefähr eine Woche später erhalte ich - ganz altmodisch - eine Postkarte. Offenbar machen ihre Mutter und Momoka erstmal Urlaub, um sich etwas zu erholen und wieder Nähe zu einander aufzubauen. Sie schreiben auch, dass Momoka endlich wieder zur Schule gehen wird, da sie bis jetzt immer Privatunterricht hatte. Ihren Vater wird sie nur noch an Wochenenden besuchen und probieren alles zu klären. Es freut mich unheimlich, dass die Probleme wohl anfangen sich aufzulösen. Nun kann ich mich auch wieder voll und ganz konzentrieren und zwar auf's singen und Songwriting und.... "Miku, hörst du überhaupt zu?" "E-Entschuldige, natürlich!" Amalia ist heute vorbei gekommen, um uns Infos zu einem Fotoshooting zu geben. Es ist schön sie mal wieder zusehen, aber langsam wird das ganze Gerede langweilig. "...Und aus diesen Gründen haben wir uns entschlossen das Fotoshooting passend zum baldigen Valentinstag zu gestalten. Die Fotos werden in dem momentan beliebtesten Magazin veröffentlicht." "Machen wir das Shooting alle zusammen? oder...", fragt Rin neugierig. "Nein, wir werden nur ein Pärchen fotografieren, es wurde nämlich von den Fans abgestimmt, über welches sie am Tag der Liebe am liebsten einen Artikel wollen. Die Gewinner waren Miku und...." Kapitel 19: Das Fotoshooting ---------------------------- "Die Gewinner waren Miku und Len!", beendet Amalia ihre Erklärung. Len und ich werfen uns kurz einen Seitenblicke zu, bevor wir knallrot werden und zu Boden schauen. Was macht man denn bei einem Valentinstags-Shooting? Ich gehe so schnell es geht zum neuen Musikzimmer, um mich etwas abzulenken und auszuruhen. Irgendwie bin ich wegen des Shootings ziemlich nervös. Das Zimmer ist wunderschön geworden. Durch die von Holz eingerahmten Fenster fällt das schwache, aber sanfte Licht der Wintersonne. Leise gehe ich zu dem weißen Klavier. Meine Finger liegen eine Weile nur auf den kühlen Tasten und ich genieße die Stille ein bisschen. Dann fange ich an einfach ein paar Akkorde zu spielen. In einer der letzten Ecken meiner Festplatte finde ich noch einen längst vergessenen Text und fange an zu singen: "kisetsu kurikaesu tabi   hotsureteku kizuna wo   tsuyoku, tsuyoku daki shimete   nakusanu you..." Ich stoppe mit einem unmelodischen Klimpern, als ich Rin bemerke, die an der Tür steht. "Das klingt echt schön...", sagt sie ein bisschen bedrückt. "Was ist los, Rin?", frage ich besorgt. Sie kommt mit leisen Schritten ebenfalls in das Zimmer und setzt sich  neben mich auf den breiten Klavierhocker. "Wegen dem Fotoshooting...Weißt du,... Len ist für mich sehr wichtig! So was wie meine zweite Hälfe. Ohne ihn ist es irgendwie nicht richtig... zumindest habe ich das Gefühl. So als wären wir eine Einheit, oder zwei Teile, die zueinander gehören..." Ich höre ihr nur stumm zu, da ich nicht weiß, worauf sie hinaus will. "Also, nehm' ihn mir bitte nicht weg! Okay?!" Mit diesen Worten springt sie auf und läuft davon. Ich werde etwas perplex zurückgelassen. Was meint sie damit? Als ob wir jetzt durch ein einziges Shooting ein Pärchen werden! Verwirrt spiele ich weiter auf dem Klavier. "...kakaeta kotoba no omotasa ni   ugoke naku natte   tada atatakana yume ni oboreteta   kizuke ba kimi wo miushinai..." Am nächste Morgen wird uns vom Hersteller über eine Video-Nachricht mitgeteilt, dass der nächste Vocaloid bald fertig sein werde und die Herstellung bei weiteren wahrscheinlich etwas schneller gehen werde, da er nun mehrere Assistenten zur Seite gestellt bekommen hat. Natürlich freut uns das alle, denn je mehr, desto lustiger. Und dann ist es soweit. Stumm sitzen Len und ich in der Limousine, die uns zum Fotoshooting bringt. Es ist noch ziemlich früh am Morgen. "Ich frag mich, was wir so machen, es soll ja den ganzen Tag dauern...", versuche ich irgendwie eine Konversation anzufangen. "Es wird bestimmt lustig...", antwortet Len mit einem unbeholfenen Lächeln. Seine Wangen sind leicht gerötet. Wir treffen uns mit dem  Fotografen in seinem Büro. Er begrüßt uns zwar mit einem strahlenden Lächeln, aber etwas hektisch. So schnell es geht erklärt uns der aufgeregte Mann, wie der Tag ablaufen wird. Wir hatten gar keine Zeit bei der Firma vorbei zufahren, weshalb Katie unsere Outfits schon vorher hier abgegeben hatte. Ich verschwinde kurz auf Toilette, um mich umzuziehen. Katies Design sprüht geradezu vor Romantik. Für die Fotos drinnen soll ich einen Wollpullover mit wunderschönen Mustern tragen. Dazu einen süßen Rock und eine Leggins. Draußen werde ich mir noch einen langen Mantel mit vier Knöpfen und eine Schirmmütze überziehen. Natürlich dürfen die hellbraunen Stiefel nicht fehlen. Ich komme wieder heraus und schließe die Tür leise hinter mir.Len hat sich mittlerweile auch fertig gemacht und hilft bereits das Set aufzubauen. Er sieht echt anders aus in seiner Kleidung. Normalerweise trägt er nur sein Bühnenoutfit oder sehr schlichte T-shirts und Jeans. Jetzt aber könnte er wirklich aus einem Modemagazin stammen, mit seiner weißen Jacke, die an den Ärmeln  mit Reißverschlüssen verziert ist und der schwarzen Hose, die zu zwei teuren Sneakern reicht. Außerdem trägt er auf einmal unzählige Armbänder am linken Handgelenk. Ich schlage mir selber ins Gesicht, als ich merke, dass ich rot werde. Schnell laufe ich zu den beiden, um zu sehen, wie weit sie sind. "Also... das erste Foto soll euch beide als fröhliches Pärchen zeigen, dass gerade Plätzchen backt." Er holt sein Stativ und stellt es vor die unechte Kücheninsel, die vor einem Greenscrean steht. "Entspannt euch einfach und tut so, als würdet ihr backen, wir haben sogar echten Teig!... Miku, nehm doch bitte den Schneebesen!" Wir geben uns zwar die größte Mühe, aber irgendwie bewegen wir uns ziemlich steif und unatürlich. Das merke sogar ich. Wahrscheinlich sind wir beide noch nervös. "Nein, nein...", murmelt der Fotograf vor sich hin. Es gibt eine kurze Pause, in der er Kaffee macht. "Wir sind wohl nicht so gut geeignet für dieses Valentinstags-Getue..." Len lacht verlegen und ich steige mit ein:"Da hast du recht." Er blickt mich kurz an, so dass ich ihm perfekt in die Augen schauen kann. Obwohl ich mich an die Kücheninsel lehne, was mich etwas kleiner macht, sind wir ungefähr auf gleicher Höhe. Langsam wird es unangenehm sich gegenseitig so anzustarren, weshalb ich verlegen zu Boden schaue. Ich zucke etwas zusammen, als er mir mit dem Zeigefinger über die Nase streicht:"du hast da Teig." Click.Click. Erstaunt drehen wir uns um. An der Tür steht der Fotograf und macht so schnell er kann einpaar Schnappschüsse. Ich werde zwar hochrot im Gesicht, aber er nickt nur zufrieden beim ansehen der Bilder und sagt:"Perfekt, wir können weiter machen." Als nächstes fahren wir mit einem Van in die nahegelegene Kleinstadt. Vor einem Café machen wir halt. Bevor es weiter geht bestellen wir uns Kuchen und Pudding. Das Café ist so niedlich eingerichtet, dass ich mich erstmal umschauen muss. Es scheint so, als wolle man besonders zur Valentinstagszeit so viel Kitsch wie möglich präsentieren. Was es für uns natürlich zur perfekten Kulisse macht. Es werden schnell einpaar Fotos geknipst, auf denen Len und ich uns gegenseitig Essen in den Mund schieben und verzweifelt versuchen nicht anzufangen zu kichern, weil das echt etwas ist, was nur in Filmen vorkommt. Es endet damit, dass ich mit den Kuchen aus versehen etwas zu hastig bin. Len bekommt einen Hust- und ich einen Lachanfall. Unsere Tour geht weiter, bis wir an einem verschneiten Park ankommen. Wir müssen Händchen halten, was an Peinlichkeit nur noch davon getoppt wird, dass wir auf Schritt und Tritt von einem Fotografen verfolgt werden.  Es gibt zwar viele Liebeslieder, aber in echt habe ich noch nie die Hand eines Jungen gehalten. In mir kribbelt es irgendwie, obwohl es ja auch nicht wirklich etwas besonders ist. Schlagartig kommen mir Rins Worte in den Sinn und das Gefühl verschwindet. Ich lächle zwar weiter für die Kamera, aber innerlich ist mir irgendwie  mulmig zumute. "Lass uns doch einen Schneemann bauen!", schlägt Len vor und reißt mich so aus meinen Gedanken. Meine Miene hellt sich auf. Gemeinsam formen wir drei große Kugeln, die wir mit Mühe übereinander stapeln. Während dessen wird nicht aufgehört Fotos zu machen. "Alles ok?", fragt Len mich aufeinmal. "J-ja, alles gut!",antworte ich unter der Bemühung meine Überraschung zu unterdrücken. "Ich hab grad nur gedacht... wie gut du und Rin euch versteht!" Er lächelt, während er dem Schneemann seinen karierten Schal umhängt. "Hm... wir sind ja auch... wie soll ich es sagen... wie ein Puzzle, dessen Teile zwar alleine funktionieren,aber sich zusammen einfach besser ergänzen. Um ehrlich zu sein sehe ich sie aber eher als meine Schwester." Ich denke etwas wehmütig an die Zeit zurück, in der Rin und ich alles zusammen gemacht haben und wir wie Geschwister waren. Aber es war so viel los in letzer Zeit und Rin hat mit Len schon jemand neuen zum Reden gefunden. Ich wische den Gedanken erstmal  beiseite und lächle für ein weiteres Foto von dem Schneemann, Len und mir. Dann gehen wir zu einem nahegelegenem Baum. Len soll so tun, als würde er etwas in die Rinde ritzen, während ich nur glücklich daneben stehe. Umsere Namen und ein Herz werden später am Computer eingefügt. Die letzte Etappe draußen ist ein zugefrorener See. Danach werden wir wieder ins Büro fahren. Auf dem See fahren viele Kinder mit ihren Eltern Schlittschuh, aber auch einpaar andere Pärchen. Ich ziehe weiße Schlittschuh an, mit einem kleinen Absatz. Ich finde sie sehr elegant. Es gibt nur ein Problem: weder Len, noch ich sind jemals Schlittschuh gelaufen, weshalb wir beide wackelig auf dem Eis stehen. Plötzlich verliere ich das Gleichgewicht und versuche verzweifelt mich an Lens Taille zu klammern. Nach einigen Sekunden, in denen wir gefährlich schwanken, kippen wir unbeholfen um. Lachend probieren wir uns gegenseitig aufzuhelfen. Irgendwann erinnert uns der Fotograf mit einem Räuspern daran, dass wir zum Arbeiten und nicht zum rumalbern da sind. Also reißen wir uns zusammen und stehen einen Moment perfekt still. Hand in Hand. Als wir das erlösende Klicken hören entspannen wir uns kurz und fallen sofort wieder hin. Ich lande genau auf ihm drauf, versuche aber mich so schnell aufzurappeln, wie es nur geht. Damit er nicht bemerkt, dass mein Herz flattert, wie ein Schmetterling, drehe ich mich um und bleibe mit beiden Händen an den Wangen erstmal sitzen. Ich könnte alleine auf gar nicht aufstehen. Nachdem Len es irgendwie geschafft hat hoch zukommen, hilft er auch mir. Zum Glück habe ich mich bis dahin wieder gefasst. Durchgefrohren kommen wir am späten Nachmittag wieder im Büro des Fotografen an, wo wir das letzte Foto machen. Zum Aufwärmen bekommen wir beide eine heiße Schokolade und sollen uns auf eine gemütliche rosa Couch vor einem Greenscrean setzen. "Rückt mal etwas näher zusammen! Len, du kannst ruhig deinen Arm um Mikus Schulter legen." Len befolgt etwas unbeholfen die Anweisung. Plötzlich klopft mein Herz wieder wie verrückt, ich versteh nicht woher das auf einmal kommt. Ich seufze kurz, um mich zu beruhigen,blicke dann aber wieder zur Kamera. Es ist schon fast dunkel, als Len und ich wieder von der Limousine abgeholt werden. Wir verabschieden uns und steigen ein. "Es war wirklich ein schöner Tag", sage ich lächelnd, Len stimmt mir nickend zu. "Könnte man ja mal wiederholen." Ich lache zwar, bin aber innerlich total durcheinander. Meint er damit, dass man mal wieder ein Fotoshooting machen könnte, oder... meint er etwa ein D-D-D-D-Date?! Ich meine, das zählt doch nicht als erstes Date, oder? Obwohl wir schon alle Sachen gemacht haben, die in Filmen auch vorkommen. Meine Überlegungen beginnen zu kreisen, bis sie zu einer rosa-roten Masse verschwimmen und ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Als wir wieder am Wohnheim ankommen, werden wir gleich von allen anderen mit Fragen überschüttet. Rin klammert sich  an Lens Arm und ist sichtlich erleichtert ihn wieder zu haben. Wir setzten uns erstmal an den Kamin und beginnen dann zu erzählen. Ich erwähne aber mit keinem Wort meine seltsamen Gefühle. Kapitel 20: SONiKA ------------------ Ich sitze alleine auf meiner Kapsel und telefoniere seit langem mal wieder mit dem Hersteller. "...Tja, und jetzt sind sie im Urlaub, ich hoffe es geht ihnen gut.", beende ich meine Schilderung der letzten Ereignisse. Der Hersteller lacht:"Das klingt sehr spannend, Miku. Bei uns geht es auch gerade drunter und drüber. Wir wollen bald ein weiteres Konzert veranstalten, um die neuen Vocaloids vorzustellen, aber bis jetzt sind erst zwei fertig..." "Noch ein Konzert?! Wie aufregend!" Nach einpaar Sekunden realisiere ich erst, was der Hersteller gesagt hat:"warte mal, es sind zwei fertig?" "Ja, sie müsste noch heute bei euch ankommen, ich hoffe ihr mögt sie." "Bestimmt!" Ich zögere das zu fragen, wegen dem ich überhaupt erst angerufen habe. Schließlich reiße ich mich doch zusammen:"Ähm, es gibt da etwas, dass mich interessiert..." "Was denn?", der Hersteller blickt mich neugierig an. "K-Können sich Vocaloids eigentlich verlieben?", bringe ich stotternd heraus. "Wieso, bist du denn verliebt Miku?", fragt er mich ganz ruhig, ohne dass sich seine Stimme verändert. Ich hingegen versuche panisch alles zu leugnen:"N-Nein, auf keinen Fall! Ich wollte das nur mal wissen." Ich wedel mit meiner Hand in der Luft, obwohl mich der Hersteller eh nicht sehen kann. "Nun ja...",gibt er nach einer kurzen Pause zurück:"In jedem Vocaloid läuft ein Programm, dass entscheidet, ob der Vocaloid etwas mag oder nicht. Du kannst dir das erstmal so vorstellen, wie wenn du einen Daumen hoch oder runter gibst. Die meisten Vorlieben sind aber schon von mir vorher eingespeichert. Nun sind eure Gehirne aber intelligente Technologien, die auch selbst lernen können. Das funktioniert so: Du scannst permanent deine Umwelt ab und verteilst dann auf einer Scala Punkte die bestimmen, wie sehr du etwas magst oder hasst." er lacht etwas erschöpft:"Du glaubst nicht, wie lange es gedauert hat, das alles zu programmieren. Die Erklärung eben war natürlich stark vereinfacht... Jedenfalls ist es theoretisch möglich, dass sich ein Vocaloid verliebt, wenn immer mehr Punkte zu dieser Scala hinzugezählt werden." Innerlich verzweifle ich. Was mache ich bloß, wenn ich mich ernsthaft verliebe?! "D-Danke", gebe ich etwas gezwungen von mir und verabschiede mich. Seufzend schlendere ich in meinen neuen Lieblingsraum: das Musikzimmer und lasse mich auf den Klavierhocker fallen. Es verstreicht die Zeit, ohne dass ich es merke. Irgendwann wird die Tür geöffnet und MEIKO streckt ihren Kopf durch den Türspalt. "Miku, wir haben eben die Nachricht bekommen, dass der neue Vocaloid schon auf dem Weg hierher ist! Er könnte jeden Moment da sein!" "Wirklich?!" ich springe sofort auf, um MEIKO nach zulaufen. Alle anderen stehen schon gespannt im Klassenzimmer und schauen nach draußen auf die Straße. Ich geselle mich genauso gespannt zu ihnen. "Es ist irgendwie doch immer wieder aufregend jemand neuen zu bekommen...", flüstert Rin kichernd. "Wie sie wohl so ist... oder vielleicht ist es auch ein Er!",überlegt Gumi laut. Wir spekulieren noch eine Weile weiter, bis endlich die Limousine vor das Haus fährt. Zuerst steigt Amalia aus und danach ein Mädchen. Bevor sie klingeln können sind wir schon zur Tür gestürmt und reißen sie auf, genau rechtzeitig um...... ...... auf ein Selfie mit dem neuen Mädchen zukommen?! Wir sind alle etwas irritiert von dem plötzlichen Blitzlich. Aber das Mädchen tippt nur auf ihrem Smartphone herum und hebt dann zur Begrüßung die Hand "Hello!~" MEIKO macht Kaffee für Amalia, während diese uns einige Sachen erklärt. "Das ist SONiKA. Sie hat als einzige von euch die Erlaubnis der Firma einen Twitter-Account zu führen, um Fans anzulocken, also bitte nicht nachmachen!" Ich mustere SONiKA. Sie hat grüne Haare, die sie in einem Pferdeschwanz trägt. Draußen hatte sie noch einen Mantel an, jetzt trägt sie aber nur noch ein bauchfreies Oberteil und eine sehr knappe Shorts. Außerdem lächelt sie die ganze Zeit, egal worum es gerade geht... "Ich muss euch auch noch mitteilen, dass ihre einzige Spracheinstellung bis jetzt Englisch ist. Es war ein Experiment." "Bedeutet das, sie versteht kein Wort von dem was wir sagen?!", unterbricht KAITO erstaunt. "Ja, so ist es." "It's a pleasure to meet ya! I'm looking forward to sing with all of you!~" Ich beginne zu schwitzen. Was hat sie bloß gerade gesagt?! Ich verstehe kein Wort Englisch! Innerlich breche ich in Panik aus. "Yeah, I am sure we will have a great time together.", antwortet Luka. Sie redet zwar mit starkem Akzent, aber das scheint SONiKA nicht zu stören. Während wir anderen nur dumm aus der Wäsche gucken, fangen die beiden ein fröhliches Gespräch an. Schließlich wendet sich Luka wieder an uns:"Vielleicht wäre es das beste, wenn ich mir ein Zimmer mit ihr teile. So weit ich weiß hat sonst noch keiner von euch eine englische Voicebank, oder?", fragt sie in die Runde. Wir anderen schütteln nur den Kopf und sind erleichtert, dass sie alles zu regeln scheint. Angesichts der Umstände haben wir nun auch endlich ein paar Engischstunden im Unterricht, in denen ich aber jetzt schon kaum mitkomme. Zum Glück ist Luka so lieb und Übersetzt das meiste für uns. Am nächsten Morgen gehe ich gähnend in die Küche, um zu Frühstücken. Auf dem Weg treffe ich SONiKA. Luka scheint noch zu schlafen, sonst wurde sie sie begleiten. Ich stocke, zwinge mich aber zu einem Lächeln und stottere die einzigen Brocken Englisch, an die ich mich aus dem Unterricht erinnern kann:"H-Hello... my name is Miku......" SONiKA blickt mich erst verwundert an, beginnt dann aber zu lachen:"You're so funny, Miku! You don't have to be so nervous!", mit diesen Worten - von denen ich nur meinen Namen verstanden habe - kommt sie auf mich zu und hakt sich bei mir unter. Sie zückt ihr Handy und haut was sie an japanisch, von Luka gelernt hat raus:"Bitte lächeln~!" Sie zwinkert in die Kamera für ein weiteres Selfie, auf dem ich wahrscheinlich wie der letzte Idiot aussehe. Ich seufze erleichtert, als wir MEIKO auf dem Gang treffen. Sie wirkt aber irgendwie bedrückt. "Was ist los? Ist was passiert?", frage ich. SONiKA ist immer noch bei mir untergehagt. "Nein, es ist nichts passiert... aber es ist schon bald der 17.02 und ich hab immer noch kein Geschenk..." "Geschenk?",hake ich nach:"Was ist denn dann?" MEIKO schaut vom Boden auf:"Na, das ist doch KAITOs Geburtstag!" Geburtstag? Ich wusste garnicht, dass man das als Vocaloid überhaupt feiert. "KAITO und ich schenken uns eigentlich jedes Jahr gegenseitig etwas, aber dieses mal war so viel los, dass ich keine Gelegenheit hatte mir etwas auszudenken..." "Keine Sorge, wir überlegen uns etwas!",versuche ich sie aufzubauen. Es ist eine super süße Idee den Geburtstag zu feiern, also werde ich MEIKO helfen! Kapitel 21: Happy Birthday KAITO! --------------------------------- MEIKO, SONiKA und ich sitzen in MEIKOs Zimmer und überlegen, was man KAITO schenken könnte. Naja, um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung, warum SONiKA auch hier ist. Wahrscheinlich versteht sie nicht mal die Problematik. Sie lächelt einfach nur unbeschwert und macht ab und zu ein paar Fotos. Sie ist fast so schlimm wie der Fotograf. Übermorgen hat KAITO schon Geburtstag, aber wir kommen mit unserer Grübelei nicht weiter. Ratlos schaue ich mich in MEIKOs Zimmer um. Alles ist in rot gehalten, sogar die Weinflaschen, die hier und da auf dem Boden liegen. Auf einer Kommode stehen eingerahmte Fotos. Auf einigen sind wir alle zusammen drauf, aber die meisten sind sehr alt. Sie zeigen MEIKO und KAITO, wie sie ihre ersten CDs aufnehmen oder nur auf einer Parkbank sitzen. Erst jetzt wird mir klar, wie lange sich die beiden schon kennen. "Wie wäre es denn mit einem Fotoalbum?", schlage ich vor. Aber sie schüttelt den Kopf:"Das habe ich ihm schon letztes Jahr geschenkt." "Hm..." "you could prepare a birthday-party!" Ich sehe SONiKA nur ratlos an. Bestimmt hat sie gerade irgendeinen Vorschlag gemacht, aber mein Englisch ist so grottig, dass ich sie einfach nicht verstehe. Zum Glück springt sie auf, um es nochmal zu erklären "birthday..." Ok, dass heißt Geburtstag. Sie fängt an auf der Stelle zutanzen:"...party!" "Ja, warum sind wir da nicht früher drauf gekommen?!",ruft MEIKO aus. "Wir veranstalten einfach eine Geburtstagsparty! Super Idee, SONiKA!", sie wuschelt der Kleineren durch das Haar. Diese freut sich sichtlich darüber gelobt zu werden. Am nächsten Morgen weihen wir die anderen ein und beginnen zu planen. "KAITO sollte aber möglichst nicht davon mitbekommen... es soll eine Überraschung werden!" Erklärt MEIKO "surprise surprise~",gibt SONiKA fröhlich von sich. "Gut, dann brauchen wir ein Ablenkungsmanöver!", sagt Rin:"Er soll ja nicht mitbekommen, was wir vorbereiten..." "Also, was braucht man eigentlich bei einer Party?",fragt Luka ruhig. "Z.B. Essen... darum können Rin und ich uns kümmern, wir haben morgen nichts vor!",sagt Len in die Runde. "Oh, oh! Ich will mich um die Musik kümmern!",ruft Gumi. "Gut dabei kann ich auch helfen.",Luka ist scheint erleichtert zu sein eine Aufgabe gefunden zu haben."SONiKA kann ja auch mithelfen." "Yaay!",kommt es von dieser. "Dann sind noch ich, MEIKO und Miku über.",zählt Teto die verbleibenden auf."Ich denke, ich schmücke alles! Wenn das jemand anders macht geht es ja eh nur in die Hose!" Sie lacht arrogant:"oh, und vergesst bloß nicht Brot einzukaufen, was ist denn bitte eine Party ohne Brot." "Ich bleibe am besten hier und organisiere alles... und Miku macht die Ablenkung." "Was?! Warum muss ich alleine die schwerste Aufgabe übernehmen?!" "Das ist doch nicht die schwerste. Du kannst dich amüsieren, während wir im Stress alles vorbereiten müssen!",widerspricht Teto mir. Dagegen kann ich nichts sagen, also willige ich ein. Es ist endlich der 17. Nachmittags soll die Feier starten, also muss ich einen halben Tag lang dafür sorgen, dass KAITO nicht zu Hause ist. "Hey KAITO!",rufe ich ihm fröhlich, aber auch etwas angespannt zu. "Guten Morgen, Miku", er lächelt freundlich, während er eine große Packung Vanilleeis öffnet... die will er doch nicht zum Frühstück essen, oder?... naja, egal! "Du, es gibt doch in der Nähe einen Wintermarkt, wollen wir uns den nicht mal anschauen?" Er ist etwas überrumpelt von mir, antwortet aber gelassen:"Ja... gerne. Wer kommt denn noch mit?" Ich werde ein bisschen rot. Warum muss ich diese peinliche Aufgabe übernehmen?! "N-Niemand, sie sind alle im Moment sehr beschäftigt." "Äh... ok, ich frühstücke nur schnell und dann können wir los." Hinter einer Ecke versteckt sich Teto und gibt mir genervt Handzeichen. "N-Nein!" Er blickt mich perplex an. "Na, du hast doch dann keinen Hunger mehr wenn wir da sind. Ich wollte mit dir Waffeln essen!" Ich packe ihn am Schal und schleife ihn in den Flur. Es tut mir leid, dass ich ihn davon abhalten muss sein heiß geliebtes Eis zu essen, aber es geht nicht anders. Wir können den Wintermarkt zu Fuß erreichen, was damit endet, dass wir stumm nebeneinander hergehen. Zum Glück sind wir bald da. Es duftet lecker nach Gewürzen und Tee. Außerdem sind überall kleine Stände, an denen man etwas kaufen kann. "Du hattest recht, Miku. Es war eine schöne Idee hierher zukommen." Sein Gesicht lächelt zwar, aber das Knurren seines Magens ist kaum zu überhören. "Komm, holen wir uns was zu Essen!" Wir bestellen uns gerade Waffeln, als mein Handy klingelt. Ich entschuldige mich kurz und geh ran:"Hey, alles gut bei euch?",fragt MEIKOs Stimme. "J-Ja, er hat noch keinen Verdacht geschöpft." "Sehr gut. Halte ihn bitte noch mindestens bis zwei Uhr im Schacht!" "ok" damit ist das kurze Gespräch beendet. KAITO kommt mit den Waffeln zu mir rüber. "Danke schön!" Wir schlendern noch an den Ständen vorbei und bestaunen die ganzen Sachen. Da es sein Geburtstag ist, beschließe ich ihm etwas zu kaufen: neue Kopfhörer mit interessanten Design. Er bedankt sich und umarmt mich kurz. Ich bin froh, dass sie ihm gefallen. Nachdem etwas Zeit verstrichen ist, wird uns kalt. "Lass uns doch wieder nach Hause gehen", schlägt KAITO vor. Mist, es ist noch nicht spät genug! Als er sich zum gehen wendet halte ich ihn an seiner Hand zurück. "N-nein, ähm... eh... ich wollte noch ein Eis mit dir essen. Im Café!" bei dem Wort Eis beginnen seine Augen zu glänzen und er lässt sich überreden. Wir sitzen uns gegenüber an einem kleinen runden Tisch. KAITO löffelt schon seinen fünften Eisbecher und sieht sehr glücklich aus. Ich seufze und schaue auf die Uhr. "Jetzt bin ich aber voll!", er strahlt übers ganze Gesicht. Wir bezahlen und verlassen das Café. "L-Lass uns doch noch...!",probiere ich ihn irgendwie hinzuhalten, aber er unterbricht mich, indem er meine Schultern festhält. "Miku, ich weiß was hier los ist." "D-Du weißt es?!" Oh nein! Hab ich jetzt etwa die Überraschung verdorben?! "Ich schätze deine Gefühle sehr, aber... um ehrlich zu sein bin ich schon seit langem in MEIKO verliebt.", er schließt bedauernd die Augen. Eh?! Eeeeeeeeeeeeeeeeeeeh?! Denkt er etwa ich wollte ihm meine Liebe gestehen?! Völlig verwirrt bleibe ich stehen, während er sich auf den Weg zurück ins Wohnheim macht. Geistesgegenwärtig rufe ich MEIKO an, um ihr zusagen, das er jetzt kommt. Zum Glück ist schon alles fertig. Ziemlich verlegen laufe ich hinter ihm her, ohne ein Wort zusagen. Das ist so peinlich! Als er die Tür zum Gemeinschaftsraum öffnet kommt ihm ein lautes:"Happy Birthday KAITO!!!"entgegen. Er bleibt freudig verwirrt an der Tür stehen und schaut sich im Raum um. Es wurde ein Buffett vorbereitet, sowie eine Unmenge an Deko. Aus Boxen kommt leise Jazz Musik. MEIKO fällt KAITO um den Hals und gratuliert ihm noch einmal. Naja, wenigstens ist die Überraschung gelungen. Den Rest des Tages verbringen wir bis in die Nacht hinein, mit Essen, Singen, Tanzen und MEIKOs Lieblingsspiel spielen: Wahrheit oder Pflicht. Kapitel 22: Vorbereitungen -------------------------- Ich umarme nochmal alle, von denen ich mich für die nächsten Wochen verabschieden muss. Ich denke, auch wenn der Zeitraum nicht so lang ist werde ich sie vermissen. Dann steigen SONiKA, Gumi, Luka, Len und ich in die Limousine. Es wurde uns heute mitgeteilt, dass alle Vocaloids, die noch kein Konzert hatten wieder in die Firma umziehen, um dort zu proben und alles vorzubereiten. Ich werde eigentlich nur dabei sein, um alte Fans anzulocken und damit die Ticketkosten anzukurbeln. Einerseits fühle ich mich etwas seltsam so als Marketingstrategie verwendet zu werden, andererseits freue ich mich tierisch darauf mal wieder vor einem Publikum mit den anderen zu singen. Ein weiterer Grund für unseren Umzug ist, dass wir besser die neuen Vocaloids integrieren können. Sie sollen auch bei dem Konzert dabei sein. Nach einer kurzen Fahrt kommen wir an. Seitdem ich das letzte mal hier war hängen schlechte Erinnerungen an diesem Ort. Ich komme immer noch nicht so wirklich darüber hinweg, was der Firmenchef zu uns gesagt hat. Meine Bedenken verfliegen aber, als der Hersteller uns begrüßt. Er sieht etwas erholter aus als früher, was wahrscheinlich an seinen Assistenten liegt, aber seine Haare sind immer noch so strubbelig wie vorher. "Es tut mir wirklich leid, dass ihr jetzt schon wieder umziehen müsst, wahrscheinlich habt ihr euch gerade eingelebt.", er lächelt entschuldigend. "Leider ändert das nichts daran, dass wir zu wenig Platz haben. Also müsst ihr euch erstmal einen Raum zum schlafen teilen... keine Sorge, er ist groß genug!" "Das macht doch nichts!", beruhige ich ihn. Wir bringen schnell unsere Koffer in den Raum und folgen ihm dann in die Werkstatt. "Das hier wird der neue Vocaloid" er deutet auf die Arbeitsplatte, auf der ein Vocaloid noch ohne Haare liegt. Stattdessen kommt aus seinem Kopf ein kompliziert aussehender Kabelsalat. Ein bisschen gruselig sieht das schon aus. "Also, das ist Laura, eine meiner neuen Assistentinnen." Eine junge Frau mit blondem Pferdeschwanz und Brille ist gerade dabei eine große Kiste mit Werkzeug auf einer weiteren Platte abzustellen. "F-Freut mich sehr....", bringt sie außer Atem hervor. Sie schüttelt uns allen kurz die Hand, dann wendet sie sich an den Hersteller. "Also, ich habe alles was sie brauchen aus dem Keller geholt!" "Vielen Dank" "Es gibt einen Keller?!", ruft Gumi aufgeregt dazwischen. "Ja, es stehen viele interessante Sachen da unten rum. Wenn euch langweilig wird könnt ihr ruhig herum stöbern. Das meiste sind aber irgendwelche Mikrophone und Boxen", erklärt uns der Hersteller und drückt Gumi einen kleinen Schlüssel in die Hand, woraufhin sie einen Freudentanz veranstaltet. Typisch SONiKA steigt diese mit ein, obwohl sie keine Ahnung hat, was Gumi so glücklich macht. Am nächsten Morgen haben wir aber erstmal alle Hände voll damit zutun für das Konzert zu üben. Es müssen Choreografien entwickelt und Songs geschrieben werden. Dieses Mal machen Luka und ich ein Lied zusammen. Mit ihr geht es viel schneller, als mit Rin. Ich habe einfach das Gefühl, dass sie schon viel reifer als ich ist und genau weiß, was für einen Song sie singen will. Und durch ihre beruhigende Art und der Tatsache, dass sie genau zuhört, wenn ich etwas sage, beginne auch ich meine Kreativität schweifen zulassen. So verbringen wir Stunden damit zu singen, uns zu unterhalten und Noten aufzuschreiben. Irgendwann legen wir eine Pause ein und sehen mal, was die anderen so treiben. SONiKA und Gumi schreiben ebenfalls zusammen einen Song und scheinen sich prächtig zu amüsieren. Hauptsächlich singen sie über ihre grünen Haare. Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden ist wohl ihre sorglose Persönlichkeit, durch die sie gut miteinander harmonieren, obwohl sie sich nicht verstehen. Sie legen sich gegenseitig ihre Arme auf die Schultern und lachen stolz über ihr Werk. "SONiKA looooves Gumis voice! It's awesome~!", ruft SONiKA und zeigt mit einer ausladenden Bewegung auf ihre neue Freundin. Auch Gumi beginnt zu schwärmen:" Du bist auf jeden Fall echt cool drauf. Ich werde ganz sicher ein Twitter-Follower!" Und dann machen sie grinsend zusammen ein Selfie. "Na, sie scheinen sich ja gut zu verstehen...", murmelt Luka lächelnd. Ich nicke nur zustimmend. Als nächstes besuchen wir Len, der mit dem neuen Vocaloid einen Song machen soll. Da dieser aber noch nicht fertig ist sitzt er alleine in unserem Zimmer und spielt auf seiner Gitarre. "H-Hey Len!", bringe ich stotternd, aber trotzdem freundlich heraus. "Hi! Und wie weit seid ihr mit eurem Song?", fragt er strahlend. "Gut, die Hälfte haben wir schon.", antwortet Luka. "Und was machst du?" "Ach, ich probiere nur ein paar Melodien aus..." Wir unterhalten uns noch ein bisschen, aber dann gehen Luka und ich wieder an die Arbeit. Schließlich wird es dunkel und wir legen uns alle in unsere Kapseln. Mitten in der Nacht wird der Deckel meiner Kapsel hochgeklappt und ein grelles Licht scheint mir direkt in die Augen. Mir blicken zwei teuflisch grinsende Gestalten entgegen. Es sind Gumi und SONiKA. Was planen die beiden denn um diese Uhrzeit?! Mir stockt der Atem, als Gumi mit einem kleinen Schlüssel vor meinem Gesicht herumwedelt. Hinter ihnen stehen ein besorgter Len und eine verängstigte Luka. "Ihr wollt doch nicht...?!" , bringe ich mit heiserer Stimme heraus. Gumi unterbricht mich und antwortet mit einem noch breiteren Grinsen: "Oh doch!" Kapitel 23: SF-A2 Miki ---------------------- Luka zittert am ganzen Leib, wird aber von Gumi immer weiter durch das sterile Gebäude bis zur Kellertür geschliffen. Im Licht der Taschenlampe funkeln ihre Augen abenteuerlustig. Mit einem Quietschen lässt sich die Metalltür öffnen. Ich fröstle am ganzen Leib. "W-Wir sollten besser nicht die Geister hier stören... lasst uns einfach wieder schlafen gehen und..."beginnt Luka weinerlich ihren Protest. "No way!" "Daraus wird nichts!", unterbrechen sie die Grünschöpfe. Leise gehen wir eine steile Treppe ins dunkel, jeder unserer Schritte klackt unangenehm. Gumi lässt den Schein der Taschenlampe über alte Boxen und Scheinwerfer gleiten. Noch scheint sie nichts zu interessieren. "BUH!", macht es laut hinter mir, so dass ich einen Satz zurück springe, über etwas stolper und mit einem lauten Krach hinknalle. "Sorry!" kommt SONiKAs Stimme entschuldigend aus der Finsternis. Len hat mittlerweile den Lichtschalter gefunden und hilft mir hoch. Dankbar ergreife ich seine Hand und kann erst jetzt sehen, über was ich gestolpert bin: ein Haufen Bücher. Daneben liegt ein verstaubtes Foto in einem Bilderrahmen, der schon einen Sprung hat. Ich hebe es auf, um es zu betrachten. Abgebildet sind ein - vor Freude strahlender und etwas jünger aussehender - Hersteller und Mitsu mit ganz kurzen Haaren. Das Bild muss wohl vor einpaar Jahren gemacht worden sein. Zwischen den beiden stehen noch mehr Personen, die ich aber nicht kenne. Eine Frau, die kurze schwarze Haare hat und ein ebenso schwarzes, bauchfreies Top trägt, zerstrubbelt Mitsus Haare. Sie ist ungefähr in der Mitte und lacht mit geschlossenen Augen. Ein Mann mit leuchtend blauer Iris und pechschwarzen Haaren steht neben ihr und hat ein Grinsen aufgesetzt, in dem sich Spott und Triumph gleichzeitig widerspiegeln. Seine Arme sind vor seiner Brust verschränkt. Hinter den beiden steht ein weiterer, sanft lächelnder, aber irgendwie hilflos wirkender Mann. Er wird hauptsächlich von den anderen beiden verdeckt, so als hätten sie sich vor ihn gedrängt. Ich kann aber trotzdem erkennen, dass die Hand des Herstellers mitfühlend auf seiner Schulter liegt. Sie sehen wie wirklich gute Freunde aus. Ich frage mich, warum der Hersteller nie von ihnen erzählt hat... Neugierig nehme ich das Foto aus dem Rahmen und stecke es ein. Nun durchwühle ich den Stapel Bücher, über den ich gestolpert bin. Es scheinen Tagebücher zu sein. Sie sind jedenfalls mit Hand beschrieben und in einfaches Leder eingebunden. Ich beschließe eins mitzunehmen. Die anderen scheinen sich mittlerweile auch genug umgesehen zu haben. Schnell laufe ich ihnen hinterher zurück in unser Schlafzimmer. Am nächsten Tag telefoniere ich ein bisschen mit Rin. "Und wie geht's euch so?" "Ganz gut, und euch?", frage ich zurück. Sie zögert kurz. "Naja, irgendwie nicht so besonders. Ich glaube, du weißt das gar nicht, aber kurz nach seinem Geburtstag hat KAITO MEIKO seine Liebe gestanden und wurde abgelehnt..." Ich schlage mir die Hand vor den Mund "... ich glaube, sie wollte ihre jahrelange Freundschaft nicht aus Spiel setzen... auf jeden Fall ist die Stimmung grade ziemlich angespannt und Teto ist dabei keine große Hilfe! Könnt ihr nicht wiederkommen?" ,bittet sie mich flehend. "Tut mir leid, aber hier ist echt viel zu tun... es sind ja nur noch ein paar Wochen." Plötzlich kommt Len aufgeregt herein gestürmt:"Miku, der neue Vocaloid ist fertig!" Schnell verabschiede ich mich und laufe ihm nach in die Werkstatt. Der neue Vocaloid ist ein Mädchen, dass noch einen ziemlich glasigen Blick hat, so wie wir alle am Anfang. Ihre Haare sind lang und haben ungefähr die Farbe von Fuchsfell. Bei dem Gedanken daran, dass sie mit Len einen Song schreiben wird macht mich irgendwie eifersüchtig... schnell schiebe ich das Gefühl beiseite. "Das ist SF-A2 Miki.", stellt der Hersteller sie vor. "Bitte kümmert euch um sie, bis sie ihre Persönlichkeit entwickelt hat." Ich nicke und nehme sie bei der Hand. Zuerst muss sie zu ihrer Gesangsstunde und ihre Kopfhörer bekommen. Ich klopfe leise, bevor wir eintreten. Samira begrüßt uns freundlich und bittet die noch verschlafene Miki das Beispiellied vorzusingen. Im Gegensatz zu meiner klingt ihre Stimme schön weich. Ich schließe kurz die Augen, um ihren Gesang zu genießen. "Ja... ein Notenvolumen von E2-G4..." stellt Samira fachmännisch fest."Also müssten diese hier gut sein!" ,sie setzt Miki puschelige Kopfhörer mit Sternen drauf auf. Das sieht so süß aus! Als nächstes gehen wir zu Katie um ihr Bühnenoutfit abzuholen. Auch dieses hat viele Sterne aufgedruckt. Langsam beginnt sich leben in ihr zu regen, auch wenn man es noch nicht merkt. Ihre Augen haben etwas wacheres als vorher an sich. In der Kantine erkläre ich ihr erstmal warum sie plötzlich Appetit auf etwas bekommen kann:" Das ist vollkommen normal. Deine Vorlieben wurden vorher einprogrammiert, also nicht wundern!" Wow, es ist schon so lange her, dass mir das mal erklärt wurde. Seit dem ist echt viel passiert... Etwas wehmütig denke ich an alte Zeiten zurück. Miki bestellt sich einen Kirschshake, Len eine Banane, Luka ein Glas Wasser, SONiKA und Gumi Karottensaft (den SONiKA aber nach dem ersten Schluck angewidert stehen lässt) und ich wie immer Fanta. Kapitel 24: Gefühlschaos ------------------------ Miki gewinnt jeden Tag mehr an Menschlichkeit hinzu, was auch wichtig ist, denn das Konzert rückt immer näher! Sie ist aber sehr ruhig. Nicht mal abweisend oder so, einfach nur nicht sehr gesprächig und verträumt. Ich weigere mich aber jedes Mal, wenn Luka es vorschlägt, bei Len und Miki vorbeizuschauen. Denn diese dumme Eifersucht kann ich wirklich nicht gebrauchen! Der Hersteller tüftelt wie verrückt an weiteren Vocaloids. Es würde mich nicht wundern, wenn er in seinem Eifer noch zu viele macht und die Hälfte schon wieder nicht beim Konzert dabei sein kann. Bei dem Gedanken daran kichere ich. Luka und ich haben es uns auf einer Couch gemütlich gemacht, jeder mit einem Block in der Hand. Grübelnd knabbere ich auf meinem Bleistift herum. Das Lied ist schon fast fertig, es fehlt nur noch ein Höhepunkt im letzten Abschnitt und ein abgerundeter Schluss. "Haaah! Lass uns doch eine Pause machen!", schlage ich vor und strecke mich. "Gute Idee", stimmt Luka mir zu. Als wir gerade auf dem Weg in die Cafeteria sind, begegnen wir doch Len und Miki. Irgendwie fühle ich mich jetzt schon bitter. "Hey!" begrüßt Len uns freudig. "Und, wie kommt ihr mit einander aus?" fragt Luka und mustert die beiden. Len lächelt etwas verlegen "Ganz gut... denke ich." Miki blickt hingegen nur verschlafen in der Gegend herum. Ihr Gesichtsausdruck verändert sich jedoch schlagartig, als ein paar Angestellte an uns vorbei gehen und freundlich grüßen. Ganz verschreckt klammert sie sich an Lens Arm und verschwindet dann hinter seinem Rücken. "Sie ist etwas anhänglich...", flüstert Len uns zu. Ja, das sehe ich! Muss sie sich so aufspielen?! Oder spielt sie diese Masche nur, um Len näher zu kommen? Mit einem Mal bemerke ich, was die Eifersucht mit mir macht und erschrecke. Jetzt fange ich schon an Leute zu beschuldigen, nur weil sie in Lens Nähe sind... Schnell packe ich Luka am Arm und schleife sie in die Cafeteria. Nachdem wir uns was zu trinken geholt haben, geht es auch gleich wieder an die Arbeit. Wir haben zwar ein Fenster, aber die Sonne geht im Winter so früh unter, dass es schon dunkel ist. "Soll ich ein paar Kerzen an machen?", fragt Luka. "Oh ja, das wäre toll!" Sie holt schnell welche aus unserem Zimmer und steckt dann eine nach der anderen an. Ein warmes Licht breitet sich im Raum aus. Es ist wirklich gemütlich. Luka setzt sich wieder neben mich auf die Couch. "Sag mal Miku, bist du eigentlich in jemanden verliebt?" , fragt sie aus heiterem Himmel heraus. Ich werde überrascht rot "N-Nein, wieso? Ich meine, nicht so wirklich..." Während ich noch stottere, kommt Luka noch ein Stückchen näher. Ihre blauen Augen funkeln im Kerzenschein. Ich bin in meinen Gedanken aber immer noch so durch einander, dass ich sie gar nicht richtig anschaue. Sanft, aber bestimmend drückt sie meine Schultern nach unten, so dass mein Kopf auf der Couchlehne liegt. Ich bin irgendwie verwirrt... weiß nicht, was ich tun soll. "L-Luka...?" "Schließ deine Augen", sagt sie ruhig. Ich tue wie geheißen, reiße sie aber im nächsten Moment schlagartig wieder auf. Für einen kurzen Moment steht die Zeit still. Es kommt mir vor, als würde er eine Ewigkeit andauern. Lukas weiche Lippen liegen auf meinen. Ihre langen rosa Haare fallen seicht über meine Wange. Es ist ein sehr behutsamer Kuss und sie löst sich sofort wieder von mir. Meine Gedanken fahren Karussell. Mir ist heiß und kalt gleichzeitig. "I-Ich wusste gar nicht..." bringe ich nur stotternd heraus. Langsam stehe ich auf und blicke stumm auf meine Füße. "Es tut mir leid...", flüstert Luka, sie schaut mich gequält an. "Nein, schon gut..." gebe ich genauso leise zurück. Trotzdem gehe ich erstmal aus dem von Kerzen beschienen Raum heraus, um mich zu sammeln. immer wieder fasse ich an meine Lippen, um zu überprüfen, ob das eben wirklich passiert ist. Um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung, wie ich mich jetzt verhalten soll. Es ist bestimmt verletzend für Luka, dass ich einfach weggegangen bin aber... ich war irgendwie überfordert. Immerhin war das mein erster Kuss... Zum Glück ist momentan niemand in unserem Zimmer. Ich brauche jetzt etwas Ablenkung. Schnell krame ich Gumis Taschenlampe und das Tagebuch hervor. Ich verkrieche mich unter meiner Decke und beginne zu lesen: Heute haben wir große Fortschritte gemacht! Ich denke, es wird ein gutes Jahr. Die kleine Neue, die er angeschafft hat ist aber zu nichts zu gebrauchen. Meine größte Sorge ist, dass sie sich verplappert. Wir sollten sie wahrscheinlich lieber raus werfen, bevor sie uns die Werkstatt noch auseinander nimmt.... Anscheinend habe ich nicht das erste Tagebuch erwischt. Ich frage mich nur, wer es geschrieben hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Hersteller so misstrauisch sein würde. Vielleicht ja einer von seinen Freunden? Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Jemand hat das Licht angeknipst. Ich komme unter meiner Decke hervor um zu sehen, wer es war. "Miku, wolltet ihr nicht euren Song fertig machen?" ,fragt Len erstaunt. "J-Ja... naja..." Ich blicke auf das Tagebuch, um ihn nicht in die Augen schauen zu müssen. "Len?" "Ja?" Ich habe keine Lust mehr mir Hoffnungen zu machen und dann so verletzt zu werden, wie ich Luka verletzt habe. "Magst du mich eigentlich?" "Natürlich mag ich dich." "Nein ich meine liebst du mich?" Kapitel 25: ein unerwartetes Problem ------------------------------------ "Nein, ich meine liebst du mich?", bringe ich atemlos heraus. Die Sekunden vergehen wie Jahre. Len sagt nichts und rührt sich auch nicht. Ich fühle mich, als würde ich abwechselnd in Lava und Eiswasser geschmissen, warte aber stumm auf seine Reaktion. Auf einmal wird sein Blick glasig. Es ist als würde von einem Moment auf den anderen das strahlende blau aus seinen Augen verschwinden. Mit einem lauten Scheppern kippt er um. Ich bin so erschrocken, dass ich wie eine Statue nur dumm rum stehe. Dann laufe ich panisch zu ihm. "Len? LEN?!" Aber er rührt sich nicht mal, als ich ihn brutal schüttle. Mit heiserer Stimme rufe ich nach Hilfe. Sofort kommen die anderen und der Hersteller angelaufen. Mit zitternden Beinen helfe ich ihm Len in die Werkstatt zu tragen. "W-Was ist mit ihm passiert? Ein Schockzustand, oder so?!", frage ich weinerlich. "Ich weiß es nicht, also der Akku scheint es nicht zu sein..." antwortet der Hersteller und beginnt hektisch seine Werkzeuge zu suchen. "Das ist so kurz vor dem Konzert aber nicht gut..." "WEN KÜMMERT DAS KONZERT?!", schreie ich ihn mit schriller Stimme an: "IST ER JETZT TOT?!" "Miku, bitte ich muss mich konzentrieren!" Gumi nimmt meine Hand und zieht mich behutsam aus der Werkstatt. "Komm, wir sind hier keine Hilfe..." Aufgelöst folge ich ihr in unser Zimmer und werfe mich in meine Kapsel. Das ist doch nicht meine Schuld, oder? Das kann doch nicht sein... Dumpf höre ich Lukas Stimme: "Miku? Komm doch heraus." In diesem Moment ist mir alles egal. Ich klappe den Deckel hoch und falle in Lukas Arme. Sie streicht mir beruhigend über mein Haar. Eine Weile sitzen wir einfach nur so da, bis ich mich wieder gefangen habe. SONiKA klopft aufmunternd auf meinen Rücken: "He'll be okay. I'm sure about it." Ich muss lächeln, weil ich sie immer noch nicht verstehe, aber ihr Tonfall allein ist schon zuversichtlich und mitfühlend zu gleich. Den ganzen Tag über schaue ich immer wieder bei der Werkstatt vorbei. Ich bin auch zu rastlos um etwas anderes zu tun. Aber immer wenn ich einen Blick durch den Türspalt werfe, diskutiert der Hersteller entweder mit Laura, oder klickt wild an einem Computer herum. Gerade, als ich wieder zurück ins Zimmer gehen will, kommt er heraus und geht ohne mich zu bemerken in die andere Richtung. Ich denke gar nicht darüber nach, sondern folge ihm instinktiv. Er geht mit schnellen Schritten zielstrebig auf die Tür des Chefbüros zu. Wenn er es dem Firmenchef melden muss, steht es bestimmt schlecht um Len. Meine Beine geben unter mir nach. Ich lasse mich fallen und bleibe verzweifelt in der Mitte des Gangs sitzen. Leise höre ich die Stimmen der beiden Männer hinter der Tür, kann aber nur Brocken verstehen und fühle mich zu kraftlos, um Näher ran zugehen. "Es... wahrscheinlich...Programm... nur eine Per..." "Dann löschen... es halt..." "Ich... nicht... nie wieder..." Als ich höre, wie polternde Schritte auf mich zu kommen, stehe ich mit wackeligen Beinen auf und laufe so schnell es geht den langen Gang zurück. Außeratem biege ich ab in das Musikzimmer. Zum Glück ist Samira gerade nicht da. Der hellblaue Flügel steht verlassen im Raum. Ich setzte mich und klimpere zur Beruhigung ein bisschen auf ihm herum. Die klaren Töne helfen mir wirklich dabei wieder runter zukommen. Leise beginne ich die Melodie von "World is mine" zu summen. Mit dem Lied hat mein Erfolg praktisch begonnen. Deshalb ist es sehr wertvoll für mich. Meine Hände beginnen immer schneller über die Tasten zu gleiten. Langsam formt sich eine neue Melodie. Ich versinke einfach in der Musik und probiere, auch wenn es mir schwer fäll, einfach tief durchzuatmen und mich zu ordnen. Heute ist einfach zu viel passiert. Irgendwann klingt meine Melodie aus und mein Kopf ist schon viel klarer als vorher. Jetzt, wo ich endlich wieder nachdenken kann, beschließe ich alles dafür zutun, um irgendwie bei Lens Reparation zu helfen. Mit neu geschöpfter Energie springe ich auf und laufe zur Werkstatt. Leise klopfe ich an die Tür. Der Hersteller dreht sich gestresst zu mir um: "Hör zu Miku, ich verspreche dir, ich kriege das wieder hin, also bitte..." Schnell unterbreche ich ihn: "Ich weiß! Bis jetzt hat doch alles irgendwie hingehauen, oder?" Er sieht mich mit starren Blick an, lächelt dann aber zum Glück: "Du hast recht. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen." Ich schaue ihm entschlossen in die Augen: "Ich bin nur hier, um zu helfen! Auch wenn es nur kleine Sachen sind!" Er kratzt sich etwas unentschlossen am Nacken: "Naja... ich denke bei dem Problem kannst du mir nicht helfen, aber ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht." "Verstanden!" mit diesen Worten laufe ich schnell zur Cantine und stelle mich an die Kaffeemaschine. Zurück kann ich leider nicht laufen, da ich sonst alles verschütten würde. Vorsichtig stelle ich das heiße Getränk auf einen kleinen Tisch. Dabei werfe ich einen neugierigen Blick auf die Computermonitore. "Das sind die Programme, über die ihr lauft. All die Daten die ihr sammelt werden auch hierher übertragen... Also bitte nichts anfassen!" Wow! Für mich sind das einfach nur Zahlen und Buchstaben, aber offensichtlich haben sie eine größere Bedeutung... Kapitel 26: Die Entscheidung ---------------------------- Verschlafen wache ich am nächsten Morgen auf. Hach.... es war wohl alles nur ein Traum... oder nicht? Ich klappe den Deckel meiner Kapsel hoch und werde von Sonnenlicht geblendet, dass durch ein Fenster fällt. Nachdem ich ein paar Mal geblinzelt habe geht es. Ich schlurfe wie in Trance rüber zur Werkstatt. Enttäuscht bleibe ich stehen. Len liegt immer noch regungslos auf der Arbeitsplatte. Der Hersteller sitzt vor seinen Computern, sein Kopf liegt auf seinen Unterarmen, die Augen sind geschlossen. Er hat wohl so lange gearbeitet, dass er im sitzen eingeschlafen ist. Ich schleiche so leise wie möglich zurück. Die anderen sind alle noch nicht wach. Vorsichtig blättere ich in dem Tagebuch herum. Ich habe so das Gefühl, die kleine Diebin stiehlt mir immer wieder Werkzeug... jedenfalls finde ich es nicht wieder. Es war wirklich keine gute Idee sie in alles einzuweihen! Die Fortschritte am "Gehirn" sollte ich wohl besser für mich behalten. Auf jeden Fall habe ich endlich Erfolge gehabt, mit dem Programm. Wenn ich alle Daten erfolgreich übertragen kann, fehlt nur noch das Gerüst und dann können wir es wirklich schaffen! Alles über Computer zu schalten birgt natürlich gewisse Risiken, aber um eine andere Lösung kann ich mich später immer noch kümmern. Erst einmal fertig werden! Ich kann stolz behaupten, dass meine Arbeit wohlmöglich ein Durchbruch bedeuten könnte. Naja, ich wusste von Anfang an dass es nur eine Frage der Zeit ist. Auf einmal fällt ein kleiner Zettel aus den Seiten. Es steht eine Adresse drauf. Ich kenne sie aber nicht. Seufzend klappe ich das Buch zu. Neben mir öffnet sich Lukas Kapsel. Wir schauen uns gegenseitig an und blicken dann peinlich berührt in eine andere Richtung. "Guten Morgen" murmelt sie. Wir stehen beide auf und gehen zusammen zur Kantine. Es kommt uns jemand entgegen. Ich kann es kaum glauben, es ist Len! Er ist wieder wach! So ein Glück. Ich kann nicht anders, als auf ihn zuzulaufen und ihn stürmisch zu umarmen. "Len! Geht es dir wieder gut?!" Er blickt mich an. Seine Augen sind immer noch mehr grau als blau, aber er lächelt. "Wo kann ich denn den Firmenbesitzer finden?" Ich erstarre. Langsam lasse ich ihn los und weiche ein paar Schritte zurück. "W-Wer bist du?" , meine Hände zittern. Lens Lippen haben sich zwar bewegt, aber seine Stimme war komisch rauschend und hörte sich gar nicht nach Len an. Er lächelt einfach weiter, antwortet mir aber nicht. Mit einer winkenden Handbewegung signalisiert er uns, dass er den Weg auch alleine findet. Ich kann mich wegen dem Schock nicht bewegen. Auch Luka scheint ziemlich überrascht zu sein. "Wir sollten ihm vielleicht folgen...", gibt sie zu bedenken. Ich nicke und beiße die Zähne aufeinander, um mich zusammen zu reißen. Ich bin ziemlich erleichtert, dass uns der mittlerweile aufgewachte Hersteller entgegen kommt. Ich will ihm gerade erklären, dass das nicht Len ist, aber ich bin zu spät. Len tritt ihm voll gegens Schienbein. Der Hersteller blickt ihm hinkend und verwirrt hinterher. "Hahaha~ diese Firewall war ein Kinderspiel!" Die Augen des Herstellers weiten sich, als er die Stimme hört. Er scheint durch Len hindurch jemand anderen zusehen. Dieser setzt seinen Weg fort. "Ah, perfekt! Hier ist ja sogar eine Karte! Reife Leistung." , die Stimme hat etwas spöttisches an sich. Ich will einfach nur den alten Len zurück haben. Verzweifelt blicke ich zum Hersteller, der sich immer noch das Bein hält. Sein Gesichtsausdruck ist nun Wutverzerrt. Len - obwohl ich ihn eigentlich nicht so nennen kann - maschiert fröhlich weiter zum Firmenchef. Bald hat er die Tür erreicht. Ich kann nur zuschauen, wie er sie hinter sich zu schlägt. "W-Was sollen wir tun?" , ratlos drehe ich mich zu Luka um. Diese fasst anscheinend den Entschluss zu lauschen, also tue ich es ihr nach. "...Also, anders ausgedrückt sollten sie besser alles Aufklären, bevor ich es tue.", sagt die rauschende Stimme herausfordernd. "Ich sehe keinen Grund dafür. Sie haben weder beweise, noch sonst irgendein Druckmittel. Und selbst wenn. Letztendlich würde es keinen Unterschied machen." "Da wäre ich mir nicht so sicher. Es steht doch demnächst dieses Konzert an... wie viele Tickets habt ihr nochmal verkauft? Naja... ist auch egal. Das lohnt sich schon." Luka und ich springen einen Satz zurück, als die Tür schwungvoll geöffnet wird. Len kommt heraus und grinst uns spöttisch an. Er hat uns auf frischer Tat beim Lauschen ertappt. Auf einmal verfärben sich seine Augen wieder blau. Hoffnungsvoll laufe ich zu ihm und halte seine Schultern fest. "Len? Bist du es?!" Sein Blick wird klarer. Erleichtert atme ich auf. "N-Naja... also,... ich mag dich wirklich sehr, aber ich verstehe meine Gefühle selber nicht so richtig." ,stammelt er mit hochrotem Kopf vor sich hin. Ich werde genauso rot, als ich bemerke, dass er auf meine Frage von gestern antwortet. Kann er sich etwa nicht daran erinnern, was passiert ist? "A-Aber...", er ergreift meine Hand. Mein Herz pocht wie verrückt. "Willst du trotzdem m-meine Freundin werden?" "A-Ah..." die Worte wollen einfach nicht aus meinem Mund heraus. Ich fühle mich wie auf einem Höhenflug, würde aber lieber wieder landen, um zu antworten. Bin ich überhaupt bereit dafür? Hinter mir höre ich Schritte, die sich entfernen. Ich drehe mich um und sehe nur noch Lukas wehende Haare. "Ich... äh... ja! Ich will... aber ich muss kurz..." Mit diesen Worten laufe ich Luka hinterher, drehe mich aber schnell nochmal zu Len um, den ich einfach stehen lasse. Meine Wangen glühen. "Luka, warte!", ich schaffe es geradeso ihre Fingerspitzen zu greifen, aber sie dreht sich nicht zu mir um. "Du solltest 'Ja' sagen...", sagt sie mit trauriger Stimme. Ich schweige, weil ich ihr nicht sagen möchte, dass ich das schon längst getan habe. "Aber... wir sind ja noch jung. Und vielleicht ändern sich deine Gefühle." Sie dreht sich zu mir um und schaut mir fest in die Augen. "Und... vielleicht können wir es dann ja versuchen." ich lächle leicht und nicke. Sie beugt sich etwas zu mir herunter um mir einen letzten Kuss auf die Wange zu geben. Dieses Mal halte ich sie nicht zurück, als sie davon läuft. Kapitel 27: dem Geheimnis auf der Spur? --------------------------------------- "Was soll das heißen? Wir können es doch nicht einfach ignorieren! Ich meine, einer der Vocaloids wurde schon gehackt!",die Stimme des Herstellers dringt wütend hinter der Tür zum Chefbüro hervor. Es ist schon fast zur Gewohnheit geworden hier zu lauschen. Ich hocke so leise wie möglich vor der Türklinke und probiere durchs Schlüsselloch zu schauen. "Selbst wenn wir seinen Forderungen nachgeben würden, würden wir damit nur die Zukunft der Firma aufs Spiel setzen. Ich bin aber eh davon überzeugt, dass er nicht den Mut hat irgendetwas zu versuchen." Nachdenklich schlendere ich den Gang wieder zurück. Plötzlich werde ich von hinten umarmt. Sofort werde ich rot, aber gleichzeitig stellt sich auch ein seltsames Gefühl der Sicherheit ein. "Weißt du, es ist echt nicht fair, dass du größer bist als ich!", murmelt Len in mein Ohr. Ich muss kichern. Er löst sich von mir und blickt mich neugierig an:"was machst du denn hier?" "ehm... also..." verlegen schaue ich nach oben:"es könnte sein, dass ich das Gespräch im Chefbüro belauscht habe..." "und wieso?" "Naja, du erinnerst dich zwar nicht, aber du warst irgendwie besessen von jemandem und ich dachte, ich finde heraus, von wem." Len schaut mich nachdenklich an. "Hmm... also, ich helfe dir aufjeden Fall!" Da er jetzt ja mein Freund ist, beschließe ich Len alles über die Tagebücher und das Foto zu erzählen. Wir setzen uns auf eine Couch in einem ungestörten Raum und beginnen zu flüstern. "...Außerdem scheint der Hersteller die Stimme irgendwie gekannt zu haben!" Ich hole das Foto heraus. "Meinst du, es könnte einer von denen sein?" "Wenn es eine männliche Stimme war, können es ja nur der blonde, oder der schwarzhaarige gewesen sein, oder?" Nachdem er sich das Bild länger angeschaut und einpaar mal in der Hand gewendet hat, fährt er fort:"hast du mal Mitsu gefragt, sie schien die anderen ja auch zu kennen." "Stimmt, daran habe ich gar nicht gedacht!", rufe ich aus. Sofort tippe ich auf meinem Arm-Computer herum und starte einen Videochat mit Mitsu. "Hey Miku, was gibt's?" "Hi!", ich halte das Foto vor die kleine Kamera. "Könntest du uns sagen, wer diese Leute sind?" Mitsu wird kurz bleich im Gesicht, fängt sich dann aber wieder und lächelt:"Hast du das etwa aus dem Keller? Zeig das aber bloß nicht meinem Lehrer! Das Foto sollte ich eigentlich entsorgen." "Huh? Wieso das?" Sie blickt sich unwohl in ihrer Werkstatt um. "Also... irgendwie gab es einen Streit und er wollte nicht daran erinnert werden." "Mitsu, wer sind diese Leute?", frage ich mit ruhiger Stimme. "Nur einpaar Freunde...",sie macht eine winkende Handbewegung"Ich muss jetzt auch weiter arbeiten, macht's gut!",hastig beendet sie den Chat. "Das war ja seltsam...",gibt Len zu bedenken. Ich nicke. Ein Streit... worüber? "Sag mal, könnte ich mir das Tagebuch auch mal ansehen?" Ich krame das in Leder gebundene Buch heraus und lege es vorsichtig in Lens Hände. Verträumt schaue ich dabei zu, wie er konzentriert die Seiten durchblättert. Sein Blick huscht über die Zeilen und prüft ob sie wichtige Informationen beinhalten. Mir wird in diesem Moment klar, wie froh ich doch bin, dass seine Augen wieder die gewohnte blaue Farbe haben. Ihm fällt der Zettel mit der Adresse vor die Füße. Er hebt ihn auf:"findest du nicht, dass die Schrift anders aussieht, als auf den Seiten? Vielleicht sollten wir da mal vorbeifahren..." "Eh?! So kurz vor dem Konzert?" Er zuckt mit den Schultern :"so lang wird's schon nicht dauern." Wir schleichen uns aus der Firma und bestellen ein Taxi, anstatt mit der Limousine zu fahren. Der Fahrer schenkt uns zum Glück kaum Beachtung, sondern gibt einfach die gewünschte Adresse ins Navi ein. Er fährt uns in eine noch abgelegenere Gegend, als unser Wohnheim liegt. Nur noch einpaar Häuser bilden ein Dorf. Und mitten im Nirgendwo schmeißt er uns vor einer ramschigen Garage raus. Wir bedanken uns und drücken ihm viel mehr Geld in die Hand, als die Fahrt gekostet hat. Mit aller Mühe und lautem Gequietsche schaffen wir es sogar die Garagentor einen Spalt weit zu öffnen und drunter hindurch zu krabbeln. Wir staunen beide nicht schlecht, als wir das Innere erblicken. Ganz anders als außen ist sie hier voll ausgestattet. Mindestens fünf Computermonitore stehen auf einem Glastisch mit einem schwarzen Drehstuhl davor. Außerdem liegt überall High-Tech Werkzeug herum. "Wow!",sagt Len atemlos. Ich gehe zu einem weiteren Tisch, auf dem schon wieder ein eingerahmtes Foto steht. Auf diesem sind nur die schwarzangezogene Frau und der blonde, hilflos wirkende Mann. Beide lächeln herzlich. Vor dem Bild stehen zwei ausgebrannte Kerzen, aber bevor ich mir über sie Gedanken machen kann, bewegt sich das Garagentor knarrenden von alleine. Angespannt wirbeln Len und ich herum. Zum Vorschein kommt ein junger Mann, der eine Tüte mit einem Pappbecher Suppe lässig in der Hand hält. Er tippt etwas auf seinem Handy herum, ohne uns große Beachtung zu schenken. Wie versteinert stehen wir da. Als er uns dann doch kurz anschaut, funkeln seine Augen dunkelblau auf. Als nächstes spüre ich einen heftigen Schlag am Hinterkopf. Benommen sacke ich zusammen. Das, was ich noch in einem Trancezustand mitbekomme, sind Lens erschrockene Schreie meines Namens und ein fremdes Mädchen. Sie stellt sich mit ihren weißen Stiefeln auf meine Schulter, so dass ich nicht mehr aufstehen kann. Als Len probiert mir zu helfen, bringt sie auch ihn mit einem gezielten Schlag zu Boden. Ihre hellblonden Haare wehen, als ein Windstoß vom offenen Garagentor kommt. Zwei Strähnen hat sie Zöpfen geflochten, die ihr Gesicht umrahmen. Ihre Augen schauen kalt auf mich nieder, und doch scheint sich eine ganze Galaxie in ihnen widerzuspiegeln. Kapitel 28: Kazuya Tsugeru -------------------------- "Aaaauuu!",schreie ich laut auf. Der junge Mann lacht entschuldigend:"Sorry, aber den Ortungschip muss ich leider aus deinem Nacken holen." O-Ortungschip? Ich wusste nicht mal, dass ich so etwas habe. Das Mädchen mit den hellen Haaren und der ausdruckslosen Miene hat sich demonstrativ vor das Garagentor gestellt, ein Entkommen ist also unmöglich. "Ich muss schon sagen, ich hätte niemals gedacht, dass ihr hierher kommt... aber das erspart mir viel Arbeit." Er ist zwar etwas älter, aber er ist ohne Zweifel der schwarzhaarige Mann vom Foto! Sollte er nicht eigentlich ein Freund vom Hersteller sein? Ich kann fest davon ausgehen, dass er es war, der Len manipuliert hat. Die Stimme passt auch, also..."Wer seid ihr überhaupt und warum wollt ihr das Konzert sabotieren?",frage ich gerade heraus. Der Mann lächelt:"Also, mein Name ist Kazuya Tsugeru und das ist IA", er deutet auf das Mädchen. "Keine Sorge, die zweite Frage werden wir später auch beantworten..." er kichert vor sich hin. Also ist das wirklich ihr Ziel... Plötzlich beginnt mein Magen laut zu knurren. Mir fällt ein, dass ich ja noch garnichts gefrühstückt habe. Peinlich berührt halte ich mir meinen Bauch. Kazuya blickt mich erstaunt an und beginnt dann in lautes Gelächter auszubrechen:"Sag mir nicht, ihr könnt sogar essen! Ich weiß nicht, ob ich das dumm oder grandios finden soll." Mit leichten Schritten geht er zum Glastisch und holt die Tüte, die er in der Hand hatte, als er reingekommen ist. "Hier!",er hält mir freundlich eine Schale Suppe entgegen. Ich zögere zwar, ergreife sie dann aber doch. Er holt seinen schwarzen Drehstuhl zu uns und blickt mich und Len neugierig an:"Und, was könnt ihr noch so alles?" Unsicher löffle ich meine Suppe. "Wir werden ihnen gar nichts erzählen!", ruft Len plötzlich. Ich weiß, dass er nur vernünftig ist, aber die beiden kommen mir nicht wie schlechte Personen vor. Und das irritiert mich sehr. Ich hatte mir vorgestellt irgendein böses Mastermind hier anzutreffen. "Gut, ich stelle eine Frage, die ihr wahrheitsgemäß beantworten müsst, aber dafür dürft ihr auch eine Frage stellen. Immer abwechselnd, das klingt doch fair, oder?", schlägt Kazuya grinsend vor. "N-Nagut!", stimme ich zu. Len schaut mich nur entsetzt an. "Wir können noch singen, Instrumente spielen, lesen... ja." "Kein Wunder, dass ihr wie am Laufband produziert werden könnt. Das ist ja fast gar nichts." Kazuyas Stimme hat einen bitteren Unterton. "IA hier kann so ziemlich alles meisterhaft, was mir eingefallen ist. Von Karate bis Schach. Ein allround Talent also. Hat aber auch seine Zeit gedauert..."Das Mädchen ist also auch ein Roboter, wie wir? Ihm wird klar, dass wir jetzt fragen dürfen und macht eine einladende Handbewegung. "Hast du diese Tagebücher geschrieben?", frage ich etwas zittrig und halte ihm das Buch, dass ich in einer kleinen Tasche mitgenommen habe. Er nimmt es aus meiner Hand und betrachtet es. Ohne groß nachzudenken antwortet er:"Ja. Gut ich bin wieder dran. Hmm... kennt ihr euren Firmenchef?" Ich stocke kurz, als ich bemerke, wie sich seine Miene verfinstert. "Nur ein bisschen, er ist der Vater einer Freundin ...", antworte ich fast flüsternd. Kazuyas blaue Augen scheinen mich zu durchbohren. "Ihr seid dran." Diese mal stellt Len eine Frage:"Was ist mit den beiden auf dem Foto." Er zeigt auf das Bild, vor dem die Kerzen stehen. "Das ist nicht so einfach zu beantworten..." Kazuya streckt seine langen Arme:"Man könnte sagen, sie sind tot. Aber so ganz stimmt das auch nicht." Er klickt an seinem Computer herum. "Hm... jetzt, wo ihr extra hergekommen seid, kann ich euch erst recht nicht gehen lassen. Jedenfalls nicht, bis euer Konzert vorbei ist." Was soll das den heißen?! Geschockt lasse ich die leere Suppenschale fallen. "Du kannst uns nicht hier festhalten!" "IA kann euch locker beaufsichtigen. Und wenn sie weg ist, kann ich mich einfach wieder in eure Festplatten hacken, auch wenn ich das eigentlich vermeiden will... also..." Len probiert an IA vorbei zukommen, wird aber mit einem Karatekick zurück getreten. Schmerzverzerrt hält er sich am Bauch. Kazuya steht auf:"Ich muss noch so einiges vorbereiten. IA, wärst du so nett?" sie nickt stumm und ehe wir uns versehen werden wir in einen anderen Raum gezogen. Er ist fast ganz leer. IA stellt sich mit verschränkten Armen wieder vor die Tür. Jetzt sitzen wir wirklich in der Tinte. Hier werden wir wohl erstmal wirklich nicht so schnell heraus kommen. Len nimmt mich beruhigend in den Arm. "Keine Sorge. Bis zum Konzert bleibt uns ja noch ein Tag und bestimmt suchen uns alle schon." Vielleicht gibt es ja auch irgendeine Möglichkeit IA zu überreden uns frei zulassen, oder wenigstens mehr Informationen zu bekommen... "IA, so heißt du doch, oder? Hat Kazuya dich hergestellt?" Sie nickt vorsichtig und etwas misstrauisch. "Du bist doch auch ein Vocaloid, kannst du uns nicht wenigsten verraten, warum er der Firma schaden will?" sie schüttelt energisch den Kopf. Gut, so bekommen wir sie also nicht zum reden... Kapitel 29: IA -------------- Wir sitzen jetzt schon eine ganze Weile in dem verschlossenen Raum. IA hat sich noch kein einziges mal bewegt, sondern beobachtet uns die ganze Zeit wie ein Tiger auf der Jagd. Len und mir hingegen wird langsam langweilig. "MEIKO würde jetzt sicher irgendeinen lustigen Einfall haben..." murmel ich vor mich hin."Wir könnten doch irgendwas spielen... meinte dieser Typ nicht, dass sie Schachmeisterin ist?", fragt Len und deutet mit dem Daumen auf IA. "Hey!",rufe ich ihr zu:"willst du uns nicht beibringen, wie man Schach spielt?" "Nein, nein! Ich möchte lieber Karate lernen!",ruft Len dazwischen. Es ist zwar kaum merkbar, aber langsam wird IA unsicher. Sie schaut uns irritiert an und errötet sogar ein bisschen. Irgendwie ist sie ja ganz niedlich, wenn sie einen nicht gerade eiskalt mustert. "Wir können ja schlecht weglaufen, solange du im Raum bist, also sollte es doch kein Problem geben, oder?", versuche ich ihr etwas Mut zu machen. Vorsichtig läuft sie zum Schrank, der fast das einzige Möbelstück im Zimmer ist und holt ein altes Schachspiel. Ihre Augen glänzen begeistert, während ihr Gesicht sich nicht verändert. Behutsam baut sie das Brett auf. "Bauer, Springer, Läufer, Turm, Königin, König", stellt sie uns die Figuren mit leiser Stimme vor. Anschließend beginnt sie die Regeln zu erklären, bei denen ich irgendwann den Faden verliere. Darf der Läufer nun diagonal oder gerade gehen? Oder beides?...ne, das war die Königin!...oder? Len scheint jedoch alles verstanden zu haben und spielt nur etwas später seine erste Partie gegen IA. Leider endet sie nach nur einpaar Zügen, mit Len als Verlierer. "IA, wohnst du hier gemeinsam mit Kazuya?" Sie nickt und beginnt die Schachfiguren wieder einzuräumen, nachdem Len keine Lust mehr hat. "Und, was ist dein Lieblingsessen?" sie zuckt mit den Schultern. "Ähm, okay... deine Lieblingsfarbe?" sie zuckt mit den Schultern. "Dann...deine Lieblingsmusikrichtung?!" Sie zuckt schon wieder mit den Schultern. "Hast du denn gar keine Meinung zu etwas?", frage ich etwas verzweifelt. "Ich mag Schach.", erwidert sie kurz angebunden. "Aha..." Ich gebe es erstmal auf und probiere es anders:"Spielst du mit Kazuya immer Schach?" Sie schüttelt langsam den Kopf. Erstaunt blicke Len und ich uns an"Mit wem denn dann?", fragen wir wie aus einem Munde. "Alleine",antwortet IA fast flüsternd. "Hast du denn keine Freunde, die etwas mit dir machen?" Sie schüttelt abermals ihre zerzausten Haare. "Was?! Wirklich niemanden?" Ich werde ein bisschen traurig bei dem Gedanken daran, dass dieses Mädchen so einsam ist, dass sie immer mit sich selbst Schach spielen muss. "Weißt du, Len und ich wohnen in einem Wohnheim mit ganz vielen anderen Vocaloids. Wenn du willst kannst du uns ruhig besuchen und dann können wir ganz viele Spiele zusammen spielen. Alles, was du magst." Ich lächle ihr aufmunternd zu. Langsam beginnt das Eis zu schmelzen, denn es kehrt wieder dieser verräterische Glanz in ihre Augen zurück. Vorsichtig nickt sie und ich meine sogar ein kleines Lächeln über ihre Lippe huschen zu sehen. Die Zeit vergeht, in der wir versuchen irgendwie aus IA ihre Interessen heraus zubekommen. Aber sie ist sehr eigen. Sie mag nicht lesen, sie kann nicht essen und ist auch sonst ziemlich verschwiegen. "Wie hältst du es nur aus, nie Musik zu hören?", frage ich sie ungläubig, worauf hin sie nur zur Seite guckt. "Weißt du denn überhaupt, was es alles für Musikstile gibt?!" Len beginnt einpaar aufzuzählen:"Jazz, Rock, Pop..." "Das klingt ungefähr so...",füge ich hinzu und beginne zu jeden Stil eine kleine Melodie zu summen. Len steigt bald mit ein. IA schaut uns erst neugierig zu, beginnt dann sogar ein wenig mit dem Kopf zum Takt zu nicken. Len und ich greifen jeweils nach einer ihrer Hände und ziehen sie hoch, um mit uns im Kreis zu tanzen. Sie ist sichtlich überfordert von uns. "Und jetzt du IA!",rufe ich ihr zu. Sie holt tief Luft und singt eine sehr hohe Note so laut und perfekt, dass Len und ich die Augen aufreißen. "Wow! Das war ja der Hammer!", ruft Len. "Sie scheint wohl wirklich in allem gut zu sein!", stimme ich ihm zu. Wir haben gar nicht gemerkt, dass es immer später und später wurde. Nun ist es schon fast Nacht und Len und mir geht langsam der Akku aus. IA scheint davon nicht betroffen zu sein. Müde lehne ich meinen Kopf an Lens Schulter, der sich wieder hingesetzt hat. Ich würde so gerne noch weiter mit IA reden, vielleicht wäre sie sogar bereit uns mehr über Kazuya und den Hersteller zu erzählen, aber ich versinke schon in Dunkelheit. Am nächsten morgen schrecke ich hoch. Heute ist das Konzert! Ich stehe auf und versuche zur Tür zu laufen, bleibe aber an einem Kabel, das aus meinem Arm kommt hängen. IA wollte uns wohl etwas gutes tun und hat für uns beide einen neuen Stromanschluss gebastelt. Nun ist sie aber verschwunden. Ich reiße den Stecker heraus und rüttle an der Türklinke herum. Sie lässt sich aber nicht öffnen. Len wacht ebenfalls auf und versucht mich zu beruhigen. Plötzlich öffnet sich die Tür und IA kommt herein. "Du musst uns raus lassen, bitte! Heute ist doch das Konzert.", flehe ich sie traurig an, aber sie schüttelt bedauernd den Kopf. "Wieso hilfst du ihm alles zu ruinieren? Wir können dich doch bei uns aufnehmen und dich vor ihm beschützen...",versucht Len sie ebenfalls zu überzeugen. Sie schaut uns kurz unentschlossen an und umarmt uns dann stürmisch. "Ihr seid meine einzigen Freunde", sagt ihre zarte Stimme. "...deshalb habe ich mich entschieden, euch zu erzählen, warum ich das tun muss." Kapitel 30: Das Geheimnis lüftet sich ------------------------------------- "Ich weiß natürlich nur das, was ich von Kazuya mit bekommen habe...", beginnt sie ihre Erzählung:"..., aber ich denke nicht, dass es gelogen war. Und deswegen muss ich ihm helfen diese Ungerechtigkeit aufzudecken!" Mein ganzer Körper ist angespannt und kribbelt. Werden wir jetzt endlich alle Puzzelteile zu einem Ganzen zusammenfügen können? "Ihr wisst vielleicht schon, dass euer Hersteller und mein Hersteller früher befreundet waren... um genau zusein haben.sie sogar damals schon zusammen Roboter gebaut." Mir stockt kurz der Atem. Damals gab es schon welche von uns? Vielleicht sogar noch vor MEIKO und KAITO? Schnell krame ich das alte Foto heraus. "War das zu dieser Zeit?" IA betrachtet es kurz und nickt. "Das waren die allerersten Vocaloids überhaupt." Ihr Finger zeigt auf die Frau und den anderen Mann. Das waren Roboter? Ich hatte es garnicht bemerkt. "Wenn ich mich recht erinnere, waren ihre Namen LEON und LOLA" W-Was ist mit ihnen nur passiert?! Hoffentlich kennt IA die Antwort. Auf dem Foto sehen sie alle noch so glücklich aus. "Dieses Mädchen...", sie deutet auf Mitsu "...hat damals eine entscheidende Rolle gespielt, auch wenn sie es nicht wusste. Aber dazu komme ich später noch..." sie macht eine kurze Pause. Für IA ist es wahrscheinlich ziemlich ungewohnt so viel am Stück zu reden, aber sie reißt sich zusammen. "...Seit dem ich auf der Welt bin... wusste ich, dass Kazuya für seine Erfindungen lebt. Er lebt dafür, sie leben zu lassen und liebt sie von ganzen Herzen.", sie greift ihren rosa Rock, so dass er zerknittert. "Aber... das ist auch der Grund, warum er nicht vergeben und vergessen kann. Für ihn waren LDON und LOLA nicht nur Freunde, sie waren Familie..." Ich berühre leicht IAs Hand, weil sie sehr traurig aussieht. "Das rothaarige Mädchen wurde von den beiden aufgenommen, weil sie kein zu Hause hatte und nur mit Verbrechen wie Diebstahl über die Runden kam." Mitsu hat gestohlen?! Wenn ich an die gutgelaunte und reife Mechanikerin denke, kann ich es mir kaum vorstellen. "Und wieso war das so wichtig?", fragt Len. IA blickt ihm in die Augen und fährt erst nach ein paar Sekunden fort:"Sie konnte sich nicht von ihren Angewohnheiten lösen und wurde gefasst. Es hätte ihr einige Jahre Gefängnis eingebracht. Wie auch immer... zur selben Zeit bekamen die beiden eine Anfrage von der Firma, die euch finanziert hat. Die beiden Hersteller sollten LEON und LOLA an sie verkaufen und alle Rechte an ihnen abtreten, damit noch mehr Vocaloid entstehen könnten." Ich kann mir schon vorstellen, wie schlimm diese Vorstellung für jemanden wie Kazuya sein muss. Ich selbst würde niemals auf so einen Handel eingehen. "Und dann entbrach der Streit zwischen den beiden?",fragt Len angespannt. IA nickt stumm. "Natürlich hätte man für das Geld die Kaution für Mitsu bezahlen können, aber ich glaube, es hätte bestimmt auch einen anderen Ausweg gegeben..." "Also hat unser Hersteller den Deal ohne Kazuyas Zustimmung angenommen. Aber was ist dann mit LEON und LOLA?", frage ich irritiert. IA schüttelt traurig den Kopf:"leider endet die Geschichte da noch nicht. Kazuya war nämlich der einzige, der wusste, wie das 'Gehirn' funktionierte und die Firma wollte nur bezahlen, wenn alle Informationen vorhanden waren." Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken, ich warte aber ruhig ab, bis IA weiter erzählt. Es scheint ihr immer schwieriger zu fallen die Worte zu finden. "So weit ich weiß ... gab es einen zweiten Deal. Euer Hersteller und Mitsu wurden bei der Firma angestellt und bekamen das Geld, dafür sollten sie aber..." Ich halte den Atem an. "...Die 'Gehirne' von LEON und LOLA, sowie sämtliche Aufzeichnungen stehlen und herausfinden, wie alles funktioniert." "Von den Festplatten in unseren Köpfen werden doch alle Daten zu Computern geschickt und dort gespeichert, also ist das dann doch nicht so schlimm...oder?",frage ich hoffnungsvoll. Ich kann einfach nicht akzeptieren, dass der Hersteller so etwas getan haben soll. Er war doch immer wie ein Vater für mich... "Damals war die Technik noch nicht so weit. Alle Daten wurden gestohlen und es sind nur ihre Hüllen übergeblieben." Also sind sie wirklich so wie tot. Ein Gefühl der Leere breitet sich in mir aus. Plötzlich wird mir klar, dass meine ganze Existenz aus diesem furchtbaren Hintergrund entstanden ist. Len nimmt mich in den Arm, aber seltsamerweise hilft selbst das nicht. Auf einmal wird die Tür aufgerissen:"IA, was machst du hier? Dein großer Auftritt beginnt bald!", ruft Kazuya ihr scherzend zu. Sie blickt uns noch einmal mit traurigen Augen an und flüstert:"ich wollte nur, dass ihr es versteht... und ich trotzdem bei euch vorbeikommen darf..." "Natürlich darfst du!", erwidere ich. Sie lächelt leicht. "Können wir nicht mitkommen?!", frage ich nun an Kazuya gewandt. Er schaut erstaunt zu mir herunter:"wäre es nicht ziemlich dumm von mir euch mitzunehmen, nur damit ihr meinen schönen Plan sabotiert? " ich schüttle energisch den Kopf. "Wir kennen die ganze Geschichte. Ich will nur IA beistehen!" flehend schaue ich in seine blauen Augen. Er wirkt unentschlossen und gibt schließlich nach:"Na gut, aber vergesst nicht, dass ich euch jederzeit lahmlegen kann!" Ich wusste doch, dass er ein guter Mensch ist. Und mein Hersteller ist es auch. Auch wenn er einen Fehler gemacht hat. Zumindest hoffe ich das von ganzen Herzen. Der Hauptübeltäter ist mal wieder der Firmenchef. Verbittert denke ich an den strengen Mann zurück. Kapitel 31: das zweite Konzert ------------------------------ "Also gut!", ruft Kazuya und wirft uns Kopfbedeckungen, sowie neue Kleider zu. "Wenn ich euch mitnehmen soll, müsst ihr euch verkleiden, sonst entsteht noch ein riesiger Aufruhr und das ist das letzte, dass ich gebrauche kann!" Er wedelt mit dem Zeigefinger vor unseren Gesichtern herum. "Jawohl!", antworten Len und ich im Chor. Dann laufen wir schnell zum Bad, um uns umzuziehen. "Nicht gucken!", flüstere ich ihm zu. Wir stehen Rücken an Rücken und kleiden uns neu ein. Ich verstecke meine Haare unter einer Mütze und schlüpfe in eine viel zu große Collegejacke. Meinen Rock tausche ich gegen eine alte Jeans. "Warte mal…",sagt Len plötzlich. Ich drehe mich zu ihm um und muss mit aller Kraft mein Lachen unterdrücken. "Wieso muss ich ein Kleid anziehen?!", fragt er verzweifelt. Ich pruste los. Er sieht einfach genau wie ein richtiges Mädchen aus! Irgendwie total niedlich. "Das ist doch logisch! Niemand würde vermuten, dass Kagamine Len ein Kleid anzieht... hier!" ich werfe ihm eine braunhaarige Perücke zu. Man könnte ihn sonst noch für Rin halten. Auch Kazuya kann sein Grinsen nicht unterdrücken, als er Len zurückkommen sieht. "Alles bereit?", fragt er mit feierlicher Stimme. IA, Len und ich nicken ernst. Wir steigen in einen sehr alten Pick-up und fahren zur Konzerthalle. "Was machen wir jetzt?",flüstert Len mit besorgten Blick auf die Eingangshalle, in der die Karten kontrolliert werden. "Wir suchen unsere Plätze.", erwidert Kazuya gelassen und wedelt mit einpaar Eintrittskarten vor Lens Gesicht herum. "Die hast du extra gekauft?!", frage ich überrascht. Er schüttelt den Kopf und deutet auf eine hektische Frau und ihre Familie. "Sie mussten dafür herhalten." Sein Gesicht ist toternst. "Du hast denen einfach ihre Karten gestohlen?!", flüstere ich so leise, dass es niemand mitbekommt, aber dennoch anklagend. "Oh bitte! Als würde ihnen dieses Konzert nicht eh vermasselt werden." Da hat er auch wieder recht. Ohne weitere Zwischenfälle kommen wir durch die Kontrolle. Der Backstagebereich ist von mehreren Security-Beauftragten bewacht. Ich spähe an ihnen vorbei und erkenne wie vermutet ein großes Durcheinander, weil Len und ich fehlen. Es tut mir irgendwie schon leid solche Schwierigkeiten zu bereiten, aber ich kann nicht akzeptieren, dass zwei Vocaloids einfach sozusagen getötet, und dann neue gebaut werden mit dem Wissen, für das Kazuya keine Anerkennung bekommen hat! So eine Ungerechtigkeit muss doch aufgedeckt werden! Wir nehmen Platz und warten bis es losgeht. Der erste Song wird von Luka gesungen. Es ist der, den wir zusammen geschrieben haben, nur langsamer und irgendwie trauriger. Schuldgefühle packen mich. Aber bevor ich mir zu viele Gedanken machen kann, sind SONiKA und Gumi dran. Ihr Lied hingegen ist fröhlich und voller Energie. Das Publikum klatscht laut mit. Ich hätte jetzt schon Lust auch auf dieser Bühne zu stehen... Irgendwann während der Vorstellung steht IA auf und verschwindet. Kazuya tippt irgendetwas heimlich auf seinem Handy herum und plötzlich wird alles um mich herum schwarz. Alle Scheinwerfer sind aus, keine Saallampe scheint mehr zu funktionieren. Jedenfalls laufen hinter uns hektisch irgendwelche Techniker mit Taschenlampen herum. Kazuya gibt irgendein Passwort ein und es geht ein einzelner heller Lichtstrahl auf der Bühne an. Durch die Menge geht ein Raunen. Mit leichtfüßigen Schritten kommt IA in die Mitte des Lichtes und steht im Center aller Aufmerksamkeit. Ihre klare Stimme schneidet durch die Stille. Es scheint als würden alle im Saal den Atem anhalten, um sie besser verstehen zu können. Sie erzählt von allem, was passiert ist. Wie LEON und LOLA einfach ihre "Gehirne" gestohlen wurden, wer das wahre Genie hinter den Vocaloids ist und wie weit diese korrupte Firma gegangen ist, um Geld zu verdienen. Dann beginnt sie zu singen. Der ganze Saal scheint noch überwältigt von diesen Informationen zu sein. Aber wir alle genießen einfach den wunderschönen Klang von IAs Gesang. Es klingt melancholisch und geheimnisvoll. Ich schließe kurz die Augen. Plötzlich wird IA von einem Angestellten unterbrochen. Er reißt ihr das Mikro aus der Hand. "Meine Damen und Herren, bitte entschuldigen sie die Unterbrechung. Natürlich ist nichts von alle dem wahr. Wir werden gleich mit unserem eigentlichen Programm fortfahren." Was?! Ich höre erste Stimmen in der Menge, die bereits an IAs Worten zweifeln. Es kann doch nicht einfach so abgetan werden! "Nein!!!", schreie ich so laut, dass der gesamte Saal zu mir schaut. Das Licht geht wieder an und alle starren in meine Richtung. Inklusive Len, IA und Kazuya. Ich reiße mir die Mütze vom Kopf, so dass meine langen türkisenen Haare hervor kommen. Überall wird erschrocken Luft geholt, aber niemand stört mich. "Was dieses Mädchen sagt ist wahr! Ich, Hatsune Miku habe Beweise! In dem Firmengebäude der Veranstalter sind viele Tagebücher zu finden, in denen der wahre Erfinder der Vocaloids alles aufgeschrieben hat!" Plötzlich zieht Kazuya mich an meinem Arm durch die langen Sitzreihen zum nächsten Ausgang. Len folgt uns nach draußen, wo uns das Sonnenlicht blendet. "Was passiert jetzt?",frage ich außer Atem. "Erstmal sehen wir, wie die Öffentlichkeit reagiert... Miku, das war total unüberlegt und gefährlich für dich! Wenn ich nur an den Firmenchef denke...!" Er rauft sich kurz die pechschwarzen Haare, umarmt mich dann aber. Wir alle wissen, dass viele Fans mein Wort für voll nehmen werden. "Ihr solltet wohl erstmal nicht wieder nach Hause gehen…" Ich lächle:"Keine Sorge, zusammen passiert uns schon nichts. Ich finde, weglaufen ist nicht der richtige Weg." Kazuya blickt noch unentschlossen zu uns runter, nickt dann aber. Hinter uns kommt IA aus dem Gebäude gerannt und zeigt auf den Pick-up. Es laufen ihr ein paar Bodyguards hinterher, aber sie ist viel zu schnell, um eingeholt werden zu können. Wir fahren mit lautem Gebrumme los, das aber von dem noch lauterem Radio übertönt wird. "mein Plan ist auf jeden Fall aufgegangen. Hach, es fühlt sich echt gut an, der Welt alles erzählt zu haben.", ruft Kazuya uns erleichtert lachend zu. Am Abend setzt er uns am Wohnheim ab und verabschiedet sich. Len und ich holen tief Luft und fassen uns an den Händen. Dann klopfen wir an die Tür. Es öffnet uns eine erschöpft aussehende Rin, die es sich nicht verkneifen kann, misstrauisch unsere Hände zu betrachten. "Der Hersteller will mit euch reden… er wartet schon." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)