The Darkness Inside Me von robin-chan ================================================================================ Kapitel 1: Benvenuta! --------------------- Willkommen! 10. Februar 2012   Fröstelnd zog die junge Frau den Zip ihrer Jacke nach oben, als ihr der kalte Abendwind entgegen wehte. Aufmerksam beobachtete sie die Menschenmenge, die sich durch die Gasse bewegte. In dieser erkannte sie allen voran gut gelaunte, lachende Gesichter. Obwohl die Temperatur seit ihrer Ankunft rapide gefallen war, schien sich niemand stören zu lassen. Wartend tapste sie von einem Fuß auf den anderen. „Tut mir leid, Nami, aber wenn mein Vater ein Gespräch anfängt, dann ist er kaum zu bändigen“, hörte sie ihre Freundin, die seufzend vor die Haustüre trat und diese abschloss. Ein Lächeln zierte die Lippen der Angesprochenen. „Kein Problem. Er ist tatsächlich äußerst gesprächig“, antwortete Nami und sah, wie Vivi belustigend die Augen verdrehte. „Jedenfalls dann, wenn es um seine Fürsorge oder Neugierde geht. In diesem Fall kann er sehr hartnäckig sein. Beinah als wäre ich eine Prinzessin, die beschützt werden muss. Pass auf. Tu das nicht. Mit wem trefft ihr euch? Wann seid ihr zurück? Immer dieselben Sprüche. Mich wundert es, dass ich noch keine persönliche Leibwache habe. Wart nur ab. Ich wette mit dir, dass du diese Fragen in den nächsten Tagen öfter zu hören bekommen wirst.“ Nami lachte herzhaft auf und nahm leichtfüßig die paar Stufen hinunter zur Straße. „Keine Sorge, ich weiß mich zu wehren.“ Diesen Part hatten ihre Eltern kaum eingenommen. Die meiste Zeit über waren sie geschäftlich unterwegs. Vielmehr lag es an ihrer Schwester aufzupassen, dass Nami keinen Unfug anstellte. Manchmal fragte sie sich, wer eigentlich ihre Erziehung übernahm. „Wenn ich mich umsehe, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass das tatsächlich zu Venedig gehört. Es wirkt so, normal?“, bemerkte sie verwundert und wartete, bis Vivi aufgeschlossen hatte. Diese grinste verschmitzt und hakte sich bei Nami unter. „Das ist der Vorteil an Castello. Dieser Stadtteil zeigt ein anderes, normales Leben, fern der Tourismusorte. Hier ist es angenehm ruhig. Touristen findest du wenige, höchstens im Sommer ist mehr los, da es sich auf den Weg nach Lido befindet. Alles andere spielt sich in den übrigen Stadtvierteln ab, insbesondere natürlich in San Marco. Bist du dort unterwegs, kann es passieren, dass du täglich mehrmals nach dem Weg gefragt wirst, obwohl alles voller Schilder ist. Eigentlich ist es unmöglich die Sehenswürdigkeiten zu übersehen. Eher sind sie faul zu lesen“, erklärte sie ruhig und verzog gegen Ende hin das Gesicht. Nami hatte während des Zuhörens ab und an genickt und betrachtete weiterhin die Umgebung. „Wenigstens habe ich meine persönliche Reiseleiterin, die ich ruhig fragen kann.“ Die Blauhaarige setzte ein breites Grinsen auf und zog Nami regelrecht mit sich. „Stets zu Diensten. Es war an der Zeit, dass du mich endlich besuchen kommst. Nach all den Jahren, die wir uns nun kennen, hast du dich nie hierher aufgemacht.“ Schuldig ließ Nami den Kopf sinken, kratze sich an der Wange. „Ja, ich weiß. Immerhin musste ich erst meine Sprachkenntnisse verbessern“, entschuldigte sie sich leicht lächelnd und spürte, wie ihr Vivi in die Seite kniff. „Red‘ keinen Stuss, mir machst du nichts vor. Soweit ich weiß, sprichst du auch mein Indisch, warst aber zwei Wochen lang dort“, konterte die Schülerin gekonnt und schüttelte den Kopf. Womöglich gab es andere Gründe über die Vivi nicht Bescheid wusste. In manchen Dingen verhielt sich Nami sehr bedeckt. Doch vorerst genoss sie den Besuch ihrer Freundin, zum Reden gab es in der kommenden Woche reichlich Zeit. „Nun ja, da ich die Anlage kaum verlassen habe, brauchte ich keine Kenntnisse“, entgegnete die Orangehaarige. Keine passende Ausrede, klar, aber etwas Besseres fiel ihr dazu nicht ein. Vivi hatte keinerlei Ahnung über ihre derzeitige Lage, darüber wollte sie vorerst kein Wort verlieren. „Schon gut, schon gut. Keine Sorge, du machst das schon.“ Bei diesen Worten kniff Nami ihre Augen zusammen. Aus den Erzählungen konnte Vivi herauslesen, dass die Leute, die sie in wenigen Minuten kennenlernte, nicht zu dem Freundeskreis gehörten, den sie erwartete. Daher befürchtete die Schülerin ein kleines Debakel. Solange sie sich ohne Hände und Füße unterhalten konnten, konnte sie damit Leben. Denn in den letzten Jahren hatte sie wenig mit dieser Sprache zu tun gehabt. Resignierend seufzte sie auf. „Kurz, es spricht keiner eine andere Sprache? Ich bin geliefert, wenigstens habe ich eine Dolmetscherin.“ An einem der Kanäle kamen sie schließlich zum Stillstand. Verwirrt sah Nami abwechselnd nach links und rechts. „Worauf warten wir?“ Vivi blickte auf ihr Mobiltelefon und ließ sich auf einem Pfeiler nieder. „Lysop. Er bringt uns durch die Stadt. Abends arbeitet er als Wassertaxi-Fahrer, da seinen Eltern ein kleines Unternehmen gehört. Ansonsten laufen wir hier ewig rum und je näher wir dem Zentrum kommen, desto voller wird es“, erklärte sie nüchtern und hatte bereits geahnt, dass er es nicht ganz pünktlich schaffen würde. „Und um auf deine Frage zurückzukommen. Warte ab. Du wirst überrascht sein. Diese Truppe hat weitaus mehr auf dem Kasten, als du dir denkst. Du wirst dich mit Sicherheit verständigen können. Bis auf Bonney ist niemand in diesem Land geboren.“ Interessiert verschränkte Nami die Hände vor der Brust und legte den Kopf schief. „Weiter? Du hast mir von ihnen eigentlich noch nicht sehr viel erzählt“, hakte sie sofort nach und verzog leicht den Mund. „Diese Leute kenne ich selbst noch kein Jahr. Sie sind speziell. Doch ich habe sie in dieser kurzen Zeit lieb gewonnen und sie bedeuten mir bereits mehr, als meine restlichen Freunde, die ich aus der Schule oder von früher kenne. So gesehen passen sie nicht in das Schema eines Mädchens, das ihre Lebensjahre auf elitären Schulen verbrachte. Sie sind bodenständig und keine Ahnung, sie lassen mich eine Seite zeigen, die ich anderswo nicht kann, ohne wirre Blicke zu ernten.“ „Deshalb gehen wir in diese Bar?“ Vivi nickte und ein verträumtes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. „Richtig. Zorro arbeitet dort jedes Wochenende. Daher ist es ein Art Treffpunkt geworden.“ Zuhörend ging Nami in die Knie um auf Augenhöhe zu sein. „Also möchtest du mir sagen, dass ich vermehrt die ausgeflippte, lockere Version von dir sehen werde?“ Bereits auf der Schule hatte Vivi meist zwei Seiten gezeigt. Während des Unterrichts, als sie in Gesellschaft der anderen waren, zeigte sie sich ernst, schüchtern, pflichtbewusst. Kaum ließ man die Leute hinter sich und war in den Ausgangszeiten in der Stadt unterwegs, blühte sie förmlich auf und hatte ab und an den Drang alberne Dinge zu tun. „Darauf kannst du wetten“, lachte Vivi und tippte Nami auf die Stirn, ehe sie ein Boot und dessen Fahrer erkannte. „Endlich“, murmelte sie. Schwungvoll sprang Vivi auf die Beine und lächelte dem Schwarzhaarigen entgegen. „Ich dachte, du tauchst gar nicht mehr auf“, scherzte sie und setzte ein Lächeln auf. „Tut mir leid. Die letzte Fahrt war ans andere Ende und es ist noch viel los, musste einige Seitengassen nehmen“, entschuldigte sich Lysop, ein schmaler junger Mann, der eine äußerst markante Nase besaß. Seine Locken hatte er unter einem Hut versteckt und Nami musste sich bei seinem ängstlichen Eindruck ein Grinsen verkneifen. „Sooft, wie du mir bereits aus der Klemme geholfen hast, wenn ich spät dran war, kein Thema.“ Er lächelte erleichtert und half den beiden ins Boot. „Ich bin Lysop, du kannst mich gerne Käpt’n nennen“, stellte er sich breit grinsend vor und plusterte sich dabei auf. Lachend streckte sie ihm die Hand entgegen. „Nami. Äußerst schnuckliges Bötchen, Käpt’n“, bemerkte sie neckisch als sie sich setzte und nach hinten lehnte. „Pff, das ist nur mein Arbeitsboot, niemand soll Wind davon bekommen, dass ich eine ganze Armada in petto habe“, entgegnete er erhaben. Vivi verkniff sich ein Glucksen und spähte zu Nami, die ein Bein über das andere gab. „Natürlich, Käpt’n. Ich werde dieses Geheimnis gut verwahren“, spielte Nami mit und schüttelte den Kopf. Die Fahrt verlief ruhig und bot Nami einen netten Überblick über Teile der Stadt. Sie fuhren durch diverse kleinere Kanäle. Lysop erklärte, dass er um diese Zeit den Canale Grande noch, sofern es möglich war, vermeiden wollte. Auf diesem spielte sich zum Karneval noch mehr ab, als es sonst der Fall war. Vor allem um die Uhrzeit. Zwischendurch erzählte Lysop einige Geschichten, die er von sich gab, als fanden sie tatsächlich statt. Sie boten Unterhaltung und Nami fragte stets nach, wodurch er sich angespornt fühlte, sich mehr Details einfallen zu lassen. Am gewünschten Ziel angekommen, verabschiedeten sie sich voneinander und die Frauen blickten Lysop grinsend hinterher. „Ein ulkiger Typ“, murmelte Nami. Ihre Freundin zuckte daraufhin mit der Schulter und zog die junge Frau erneut hinter sich her. „Er ist eben ein Lügenbaron. Ein netter Kerl, leider zu nett“, meinte sie seufzend und strich sich eine Strähne hinter das Ohr. Der Gedanke, dass er endlich eine andere Seite aufzog, breitete sich einmal mehr in ihr aus. Dafür kannte sie den jungen Mann jedoch viel zu gut, nie würde er seine Einstellungen verändern. „Wieso? Woher kennst du ihn?“ Vivi hielt kurz inne, reckte den Kopf in die Höhe und versuchte ein paar Sterne zu entdecken. „Wie soll ich sagen. Oft hielt er sich vor meiner Schule auf. Grund dafür ist Kaya, eine Mitschülerin und auch gute Freundin, die ich seit meiner Kindheit kenne. Lysop macht ihr sozusagen den Hof, er ist verliebt, sehr sogar. Anfangs traute er nie sie anzusprechen, manchmal brachte er ihr Blumen mit und lief davon. Irgendwie süß, aber das bringt nichts. Sie sieht ihn nicht, ignoriert seine Versuche gekonnt. Kaya lebt in, sagen wir, unserer Welt. Wie Corsa und andere meiner Schulfreunde, hält sie sich eigentlich nur in dieser Schicht auf. Vor einem Jahr war ich mal spät dran und er fuhr vorbei, nahm mich mit und wir kamen eben in ein Gespräch. Seither brauche ich ihn lediglich anzurufen. Er kommt und macht es sogar als Freundschaftsdienst, vor allem weil ich hinsichtlich Kaya seine beste Ansprechperson bin, obwohl ich ihm rate von ihr abzulassen. Keine Chance.“ Nami hatte aufmerksam zugehört und blickte nochmals in die Richtung, in die der junge Mann verschwunden war. Hörte sich alles andere als gut an. „Autsch, unerwiderte Liebe,…, er macht sich nur selbst kaputt“, murmelte sie und konnte sich in seine Lage versetzen. Sie selbst hatte das Problem bereits durchgemacht. Niemand beherrschte seine Gefühle und umso mehr verletzte es, wenn die gewünschte Person diese nicht erwiderte. Vor allem hörte sich die Erzählung danach an, dass sie ihn komplett zur Seite schob und ihm keinerlei Aufmerksamkeit schenkte, gar nichts. „Er kann wohl nicht anders. Das Ganze geht seit drei Jahren so, ohne eine Besserung, gar nichts“, entgegnete Vivi und seufzte tief. „Drei?!“, kam es geschockt und Nami stieß einen Pfiff aus. „Er braucht dringend ein anderes Objekt der Begierde.“ „Alles schon probiert, in dieser Sache lässt er nicht mit sich reden.“ „Das muss Liebe sein“, betitelte sie das Ganze und folgte Vivi, die blindlings durch die Gassen schlenderte. Je mehr sie sich von den größeren Straßen entfernten, desto ruhiger schien es zu werden und nur vereinzelte Passanten kamen ihnen entgegen. Neugierig sah sich Nami immer wieder um, obwohl die Kälte den Wunsch nach einer Wärmequelle größer machte. „Eigentlich ist hier mehr los. Die Leute sind jedoch noch ein wenig verteilt, da die Vorführungen weiterhin andauern“, erklärte sie erneut und hielt vor einem Haus inne. Die Fassade gab kaum aufschlussreiche Informationen preis, vielmehr sah sie aus, wie alle anderen, ein wenig am Bröckeln und Renovierungsbedürftig. „Dann mal ab ins Vergnügen?“, kam es etwas zögernd, da sie sich vor dem Unwissenden doch ein wenig Angst verspürte. Etwas, das Vivi mitbekam. Normalerweise hatte sie kein Problem damit vollkommen neue Menschen kennenzulernen, doch hierbei war es anders. „Entspann dich, Nami.“ Aufmunternd strich sie ihr über den Rücken, ehe sie sanft lächelnd vorausging. Abwartend folgte Nami, nun musste sie durch. Eigentlich verspürte sie durchaus Neugierde. Immerhin wollte sie jene Leute kennenlernen, die Vivi zu Veränderungen führten, die sie seit jeher erhoffte. Schließlich hatte sich diese zu lange hinter einer Fassade versteckt. Kaum trat sie ein, fühlte sie die wohlige Wärme, die entgegen kam. Im Inneren sah sie sich neugierig um und der erste Eindruck war durchwegs positiv. Nach dem Äußeren durfte sie hierbei wahrlich nicht gehen. Das Licht war gedämmt und strahlte eine Wärme aus. Aus der Musik konnte sie erkennen, dass hier wohl eher heimische gespielt wurde als ausländische Lieder. Mit der Größe trumpfte diese Bar nicht auf, dafür jedoch mit der Beschaulichkeit und allem voran mit einer angenehmen Atmosphäre. Nami entledigte sich ihrer Jacke und marschierte Vivi hinterher, die schnurstracks den Weg zur Theke suchte, wo sie ein großgewachsener Mann, mit kurzen Haaren begrüßte. Als sie näher trat, erkannte sie eine Narbe, die sich über sein linkes Auge zog. „Ciao. Mi chiamo Zorro. Sei Nami? Vivi ha raccontato molto da te. Dimmi. Che cosa prendi?” Nami musterte den Mann seufzend und erkannte sein durchwegs breites Grinsen. Nebenbei trocknete er ein Glas ab. Schwungvoll ließ sie sich auf einen der Hocker nieder. „Davvero?”, antwortete sie und spähte zu Vivi, die unschuldig lächelte. „Vorrei una birra, per favore.” Worauf hatte sie sich hier tatsächlich eingelassen? Sollte der gesamte Abend auf diese Weise verlaufen, dann wäre sie bald mit ihren Kenntnissen am Ende und durfte sich mit Händen und Füßen verständigen. Einfache Gespräche funktionierten halbwegs, doch in die Tiefe? Dabei hatte sie wahrlich schlechte Karten. Zorro tauschte mit Vivi einen belustigenden Blick aus. „Darf ich dir einen Spritz empfehlen? Ist hier, wie soll ich sagen, ein heimische Spezialität. Die Leute stehen drauf, frag mich bitte nicht warum“, schlug der Barkeeper schließlich vor und stützte seinen Kopf grinsend am Tresen ab. Entgeistert starrte sie diesen an, merkte wie ihr nach und nach die Gesichtszüge entglitten. „Sag bloß, ich habe mich bereits blamiert und du gibst bereits auf?“, brummte die junge Frau und zog eine schmollende Miene auf. Zorro lachte. „Nein, aber wie mir Vivi mitgeteilt hat, scheinst du mächtigen Bammel zu haben“, meinte er neckend und stieß sich vom Tresen ab, um sich das nächste Glas zur Hand zu nehmen. „Nein, ich bin lediglich,…, unsicher, ungeübt.“ Zorro nickte langsam und schien sichtlich amüsiert. „Unsicher, verstehe. Du hast Glück, dass ihre Freunde mehrsprachig veranlagt sind. Ansonsten hättest du dich anstrengen müssen.“ „Nun ja“, warf Vivi ein und sah provokant zu Nami hinüber. „Wenn wir gemein wären, könnten wir dennoch darauf zurückgreifen, dann müsste sie sich endlich mal ernsthaft damit auseinandersetzen.“ Von dieser Idee war Nami tatsächlich alles andere als begeistert. Auch, wenn sie an einem wichtigen Fakt dachte, wollte sie sich vorerst nicht damit abringen. „Vergiss. Es.“, konterte sie grinsend. Im Grunde sprach eigentlich nichts dagegen, die Übung brauchte sie, doch am heutigen Abend hatte sie kein Interesse daran, zu viel nachdenken zu müssen, obwohl sie natürlich wusste, wohin sie fuhr und wie dort kommuniziert wurde. „Schon gut. Wo ist der Rest?“, fragte Vivi schließlich Zorro, der einen Blick auf die Wanduhr warf. „Puh, soweit ich weiß, wollten Ruffy und Bonney noch einen Bummel machen. Die Touristen sind noch eine Weile unterwegs und sie hoffen auf ein wenig Kohle. Sanji müsste eigentlich längst hier sein und bezüglich der Irren, keine Ahnung. Wenn ich Glück habe, bleibt sie gänzlich fern.“ Gegen Ende hin hatte er merklich sein Gesicht verzogen. Bei dem Gedanken an diese Frau bekam er regelmäßig Kopfschmerzen. Vivi nickte und nahm freudig ihr Getränk entgegen. „Irre?“, hakte Nami nach und lächelte ihm entgegen, als er ihr das Glas hinstellte. „Perona. Ich sag es dir, die Kleine tickt nicht richtig“, meinte er ernst und sah sich um als würde er beobachtet werden. „Das ist ein Stalker der Extraklasse. Ihr habe ich zwar Vivis Bekanntschaft zu verdanken, aber sie selbst? Die Pest war nichts dagegen“, erklärte er weiter und schüttelte den Kopf. Nami verstand nicht wirklich und hörte schließlich wie Vivi sich zu Wort meldete. „Du übertreibst maßlos, Zorro. Sie ist nett, speziell, aber nett. Du gibst ihr nie eine Chance!“ „Speziell? Speziell?! Du kennst die Voodoo-Puppe!“ Er erkannte Namis Verwirrung und beugte sich ein wenig zu ihr. „Du hast richtig gehört. Sie hat hie und da so eine Puppe dabei, die Merkmale von mir aufweist. Die hat ernsthaft drei Ohrringe! Ich hab sogar schon gesehen, wie sie mit der gesprochen hat. Wenn die in meiner Nähe ist, läuft sie mir auf Schritt und Tritt nach. Wie viel Facebook-Accounts hat die eigentlich? Ich bekomm jeden Tag eine Einladung oder Nachrichten, obwohl ich sie ständig blockiere!“, sprach er aufgebracht und wandte sich bei seiner Erzählung wieder Vivi zu. Diese trank gerade und verschluckte sich dabei. „W-was?“, fragte sie nach, während sie mehrmals hustete. Nami fand die Situation allmählich amüsant und blickte regelrecht abwechselnd zwischen ihnen hin und her. „Woher soll ich das wissen?“ „Du bist mit ihr befreundet!“, sprach er ein wenig lauter und fuchtelte wild mit seiner freien Hand. „Du auch!“ „Nein, ich habe sie durch Bonney und dich an der Backe.“ Dabei verstummte Vivi und widmete sich erneut ihrem Getränk. Zorro hatte auf ganzer Linie gewonnen. Seine Worte entsprachen der Wahrheit. Soweit man ihr erzählt hatte, kannte er ihre Mitschülerin allen voran durch Bonney. Vorher hatten sie nichts miteinander zu tun gehabt. Spielerisch ergötzte sich Zorro an seinem kleinen Triumph. „Oi Zorro“, ertönte plötzlich eine männliche Stimme und ein Schwarzhaariger mit Strohhut kam angerannt. Aufgedreht, klopfte er mit seinen Handflächen auf die Theke. Der Angesprochene verdrehte die Augen. „Due pizze e una birra. Subito, subito!“, quasselte er quirlig drauf los und achtete kaum auf seine Umgebung. „Darf ich vorstellen, Ruffy“, flüsterte Vivi in Namis Ohr, die den Jungen etwas skeptisch betrachtete. „Wirkt auf mich wie fünfzehn“, antwortete sie daraufhin und musterte ihn gründlich, wodurch sie ebenfalls eine Narbe erkennen konnte, die sich unter dem linken Auge befand. Diese Seite hatte hier wohl eine Tradition. „Ja, anfangs denkt niemand, dass er neunzehn Jahre alt ist, aber ist er nicht süß?“ Wie in Zeitlupe drehte Nami den Kopf um Vivi direkt ansehen zu können. Vorsichtig zeigte ihr Finger auf Ruffy, woraufhin die Blauhaarige verlegen nickte. Nami fiel die Kinnlade hinunter. „Ruffy!”, rief eine Frauenstimme aufgebracht. Neugierig wandte Nami den Kopf zur Seite und sah, wie eine junge Frau auf den Strohhutjungen zukam um ihn eine Kopfnuss zu verpassen. Als dies getan war, staunte Nami nicht schlecht, denn sie zog dieselbe Seite auf, wie es bei Ruffy eben der Fall gewesen war. „Zorro…? Ho fame“, gab diese gespielt theatralisch von sich und hielt sich ihren Bauch. Diese Frau zeigte keine besseren Manieren, schien genauso verfressen wie der Junge, der sich wütend bei dieser über die Kopfnuss beschwerte. „Sind die beiden Zwillinge?“, fragte sie nach, denn diese Ähnlichkeit war beinah beängstigend. Vivi schüttelte lachend den Kopf. „Nein, mit Sicherheit nicht. Sie sind sich einfach sehr, sehr ähnlich. Vorbei sie sogar die besseren Manieren aufweisen kann, jedenfalls, wenn sie es möchte. Glaub mir.“ „Ach ja? Wie groß sind die Pizzen?“ „Groß“, deutete Vivi an und zuckte mit der Schulter. Manchmal fragte sich Vivi wo sie all das Essen verdauten. Ihre Mägen konnten unmöglich all die Nahrung in sich aufnehmen. „Ciao bastardo. Come stai? Un’ombra, subito.“ Die Umgangsformen hier waren definitiv anders, als gewohnt. Ein blonder, junger Mann stand neben ihr, zündete genüsslich eine Zigarette an. Sofort bemerkte er ihren Blick und besah sie die Frau kurz, ehe er Vivi erspähte und diese verträumt ansah. „Mettiti in coda, stronzo!“, fauchte Zorro wütend und hatte weiterhin mit den restlichen Bestellungen zu tun. Der Blonde ignorierte die Worte des Barkeepers. Euphorisch begrüßte er Vivi auf seine natürlich Weise. Allerdings verweilte er nicht sehr lange an ihrer Seite. Vielmehr zog Nami die Aufmerksamkeit auf sich. Verführerisch legte er den Arm um die junge Frau und drückte sie an sich. „Buona sera ammaliatrice“, sprach er charmant. Kokett wie sie nun mal war, packte sie seinen Arm und gab ihn schwungvoll von sich. Sie schubste den Blonden zur Seite und zog Vivi näher. „Das sind also deine heißgeliebten Freunde?“, fragte Nami mit hochgezogener Augenbraue. Eine Reaktion, die Vivi Kopfzerbrechen bereitete. Sie nickte zögerlich. Einen Augenblick lang musterte Nami die Runde. Perona fehlte noch. Nach den Erzählungen dürfte sie die Gruppe perfekt ergänzen. Damit hatte die Schülerin nicht gerechnet. Schließlich lachte sie laut auf, stützte den Kopf ab. „Meine Güte, da hast du dir tatsächlich einen bunten Haufen angelacht.“             × ×     „Wie sie lachen und feiern. Ich sehe die Faszination in ihren Augen, bei dem Anblick der Masken, der Verkleidungen. Die ideale Maskerade für alle, die nicht erkannt werden möchten.“ Die Blonde richtete ihre Brille, betrachtete die Masse vom Balkon aus. „Dennoch gehen wir selbst auf einen Maskenball“, erwiderte eine schwarzhaarige Frau, die sich neben sie gesellte und sich im Gehen ihren Mantel über zog. „Wenn es euch zuwider ist, dann schmeißt euch etwas rein, bewirkt Wunder“, lachte ein großgewachsener Mann, dessen Haare aufgestellt waren. An jedem Arm hatte er sich einen blauen Stern tätowiert. Die Beweggründe, die dazu führten, behielt er strikt für sich. „Vielleicht solltest du weniger zu dir nehmen?“ Der Blonde wippte unruhig mit einem Bein. Seine markante Nase stach hervor. Mit einer Hand versuchte er eine widerspenstige Strähne zu bändigen, die sich stets von selbst aufrichtete. Der Angesprochene brummte. „Keine Sorge, ich bin nicht high.“ An diesem Abend leistete er sich keinen Absturz. Jedenfalls nicht während der kommenden Stunden. Zwar verspürte er den Drang dazu, hatte er auf die Gesellschaft sowieso keine Lust, doch es galt sich nicht zu blamieren. „Bringen wir es hinter uns, dann können wir den restlichen Abend genießen“, sprach die Schwarzhaarige resignierend und wandte sich desinteressiert Richtung Türe.         Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)