Das zweite Gesicht von _Nele_ ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Would you bleed for me? Lick it off my lips like you needed me? Would you sit me on a couch? With your fingers in my mouth? You look so cool when you're reading me Let's cause a little trouble Oh, you make me feel so weak I bet you kiss your knuckles Right before they touch my cheek But I've got my mind made up this time Cause there's a menace in my bed Can you see his silhouette?   ('Trouble' by Halsey)   ~~~   Es war kurz vor 19 Uhr und Newt saß mehr als nervös an dem dunklen Esstisch in seinem Zimmer. Jetzt wo das gemeinsame Abendessen kurz bevor stand, gingen ihm dutzende Fragen durch seinen aufgewühlten Kopf. Wie würde es wohl ablaufen? Würde Gellert den Vorfall von neulich ansprechen? Würde alles eskalieren oder doch recht harmonisch verlaufen? Vielleicht war er auch viel zu voreilig mit dem Vorschlag eines gemeinsamen Abendessens gewesen. Irgendwie kam ihm dies mittlerweile gar nicht mehr vor wie eine gute Idee, eher im Gegenteil. Er machte sich sogar Gedanken darüber, über was er mit Gellert überhaupt sprechen sollte. Das war doch Wahnsinn. Früher hatte er dieses Problem nie mit Percival gehabt... Vielleicht sollte er wirklich aufhören so sehr darüber nachzudenken und sich einfach ganz 'normal' verhalten wie früher auch. Doch das schien ihm gerade schwieriger als einen Ungarischen Hornschwanz zu reiten. In diesem Moment öffnete sich allerdings die Türe und Gellert trat ohne anzuklopfen herein. Fast schon erleichtert entspannte sich Newt augenblicklich über den Fakt, dass der andere Zauberer für dieses Abendessen wohl bewusst die Gestalt von Percival gewählt hatte. Der schwarzhaarige Zauberer schloss hinter sich die Türe und schaute nur einen kurzen Moment zu Newt, bevor er sich zu dem Jüngeren an den Tisch setzte. Fast gleichzeitig deckte sich der Tisch pünktlich mit dem Abendessen als die Standuhr in der Ecke des Zimmers die volle Stunde schlug. Gellert tat sich ohne ein weiteres Wort von den Speißen auf den Teller und begann zu essen. Newt tat es ihm gleich, konzentrierte sich auf Grund der angespannten Stille allerdings angestrengt auf seinen Teller, während er eher appetitlos in seinem Essen herumstocherte. Es war wirklich nicht so, dass er ausführliche Konversation mit dem anderen beim Essen gewohnt war. Das war auch damals nicht immer der Fall gewesen. Allerdings war es dann für gewöhnlich ein sehr angenehmes und harmonisches Schweigen gewesen, während dem jeder seinen eigenen Gedanken nachging und trotzdem die Gesellschaft des anderen genoss. Plötzlich bekam Newt ein seltsames Gefühl, dass sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Vorsichtig blickte er kurz von seinem Teller auf und bemerkte, dass Gellert ihn nachdenklich aber aufmerksam anstarrte. Der Rotschopf schluckte kurz und senkte noch angespannter als zuvor wieder den Blick. Er wusste wirklich nicht, wie und vor allem ob er das Schweigen zwischen ihnen als erster brechen sollte. Seit dem Vorfall neulich war es Newts höchste Priorität darauf zu achten, dass die Situation zwischen ihnen nicht erneut eskalierte. Und genau da lag auch schon das Problem. Wie sollte er das anstellen, wenn bereits etwas wie das Erwähnen von Gellerts alten Namen ihn urplötzlich in die Luft gehen ließ? Aber vielleicht war ja auch gerade das der springende Punkt. Vielleicht sollte Newt tatsächlich endlich mit der Vergangenheit abschließen. Es war wie Gellert es selbst gesagt hatte. Percival hatte nie existiert. Es war nichts weiter als eine Rolle gewesen, die er Newt vorgespielt hatte. Wozu sollten sie dann diese Scharade weiter aufrecht erhalten...? Einige Momente schwieg der jüngere Zauberer noch bevor er sich schließlich räusperte und die Stille zwischen ihnen brach. „Gellert...?“ kam ihm der Name zögerlich über die Lippen. Als dieser allerdings fragend und auffordernd eine Augenbraue hob, senkte Newt doch schnell wieder den Blick. „Wäre es nicht besser, wenn wir normal mit einander essen würden...? Also... du normal... in deiner eigentlichen Gestalt...“ Gegen Ende wurde der Rotschopf immer leiser wegen seiner doch sehr unbeholfenen Worte. „Das wäre doch sicher angenehmer für dich, oder?“ Einige Momente schwieg Gellert, betrachtete sein Gegenüber nur eingehend. „Woher der Sinneswandel?“ fragte er schließlich ruhig nach. Newt knetete unter dem Tisch nervös seine Finger. „Wieso Sinneswandel... Du hast doch immer entschieden so aufzutauchen...“ Er hatte ihn schließlich nie gezwungen oder aktiv darum gebeten so bei ihm zu erscheinen. Und im Endeffekt tat Gellert doch sowieso nur, was er wollte. Bei diesen Worten wurde der Blick des Schwarzhaarigen jedoch finster. Er legte das Besteck zur Seite. „So... Du bist mir also nicht wohlgesonnener in dieser Gestalt? Und vermutlich bittest du mich jetzt auch nicht nur darum, weil du der Überzeugung bist, dass die letzten Jahre komplett gelogen waren und dir der 'Abschied' so leichter fällt?“ Gellerts Stimme war kühl und sachlich, während er genaustens jede Regung im Gesicht des anderen studierte. „Honey, willst du das nur mir weiß machen oder doch dir selbst?“ Newt schluckte schwer. Fast war er etwas beeindruckt wie Gellert es so direkt auf den Punkt gebracht hatte. Aber eigentlich hätte er damit rechnen sollen. Schließlich war dies auch in den letzten zwei Jahren öfters der Fall gewesen, dass der ältere Zauberer bereits gewusst hatte, wie Newt sich fühlte oder was er dachte bevor er es überhaupt selbst begriffen hatte. Dennoch war Newt gerade nicht bereit dies offen einzugestehen. „Wenn du dir so sicher bist, wieso fragst du mich dann überhaupt noch nach meinen Gründen?“ fragte er leise und betrachtete sein kaum angerührtes Essen auf dem Teller. Aus dem Augenwinkel konnte er erkennen, wie Gellert sich nun zurücklehnte. „Weil ich es nicht schätze, wenn ich dir alles vorsage. Das macht nur dumm.“ Die Stimme und der Blick des Älteren waren immer noch kühl und unheilvoll und jagten Newt einen kalten Schauer den Rücken hinab. Ja, dumm UND erbärmlich wäre vermutlich zu viel um es zu ertragen. Gellert wollte ihm also nichts vorsagen, aber wenn er etwas sagte, was ihm nicht passt, dann bekam Newt es dreifach zurück. Und nicht antworten war auch nie eine Option. Gerade wünschte sich Newt, er hätte einfach die Klappe gehalten und schweigend weiter gegessen. „Ich möchte nur einfach nicht streiten...“ flüsterte er schließlich fast bittend. „Ach Honey, das macht keinen Sinn... Du selbst hast doch angefangen mit diesen unüberlegten Äußerungen.“ er schüttelte den Kopf, als würde er gerade mit einem uneinsichtigen Kind diskutieren. Newt schloss einen Moment die Augen. Es würde wieder eskalieren, egal was er sagte, das wusste er einfach. Mit zittriger Stimme antwortete er schließlich fast automatisch „Ja, das war dumm von mir. Tut mir Leid.“ Einen Moment betrachtete Gellert den Jüngeren skeptisch, schien nachzudenken, was er von dessen plötzlichem Einlenken halten sollte. „Ich verzeihe dir.“ meinte er schließlich allerdings deutlich milder. Newt war froh, dass er seinen Blick gesenkt hatte, ansonsten würde er den schwarzhaarigen Zauberer vermutlich ungläubig mit entgleisten Gesichtszügen anstarren. Er 'verzeihte' ihm?? Einen Moment brannte das bittere Gefühl von Ungerechtigkeit in ihm. Er musste sich tatsächlich zusammenreißen um Gellert nicht doch noch entgegen zu schleudern, was er von seinem gnädigen 'Verzeihen' hielt. Aber zumindest war er offenbar erfolgreich einem weiteren Streit entgangen und das war doch die Hauptsache. „Danke...“ zwang er sich schließlich zu murmeln und lugte durch seine Locken hindurch zu dem anderen hinüber. Gellert nickt darauf, schenkte sich ein Glas des Rotweins ein, der auf dem Tisch stand. Als sich ihr Blick traf, lehnte sich der ältere Zauberer allerdings mit dem Glas in der Hand zurück und nahm seine eigene Gestalt an. Einen Moment betrachtete er den Rotschopf aufmerksam nach irgendeiner negativen Reaktion. Als diese ausblieb sprach er jedoch weiter. „Ich finde wir sollten nun über deine Wiedergutmachung für dein Verhalten neulich sprechen.“ Bei diesen Worten verspannte sich Newt allerdings sichtlich. Ihm hätte klar sein sollen, dass es damit noch nicht aus der Welt war. „Okay...“ murmelte er etwas zögerlich. Gellert schmunzelte über die Veränderung in Newts Haltung. „Gut.“ Er wartete einen Moment, doch als der Jüngere von sich aus keine Anstalten machte etwas zu sagen, wandte er den Kopf auf die andere Seite. „Und? Was gedenkst du wäre gerecht?“ Natürlich wusste er wie man 'Percival' immer eine Freude hatte machen oder ihn milde stimmen können... Aber nach der Aktion neulich im Bad war dies etwas woran er überhaupt nicht denken wollte. „Ich weiß nicht...“ antwortete er schließlich unsicher. Eine Augenbraue wanderte in die Höhe, aber das Schmunzeln blieb auf Gellerts Lippen. „Dann würde ich mir besser etwas einfallen lassen, Honey...“ Einen Moment kaute Newt nervös auf seiner Unterlippe wie er es immer tat, wenn er gerade nicht weiter wusste. „Damit du mich wieder als erbärmlich bezeichnest...?“ fragte er schließlich kleinlaut mit gesenktem Blick nach. Der blonde Zauberer sah ihn daraufhin wieder gerade an. „Wenn du dich nicht erbärmlich benimmst, habe ich keinen Grund dich so zu bezeichnen...“ „Ich habe das gemacht, was du gesagt hast...“ verteidigte sich Newt nun allerdings. „Du willst das wirklich jetzt ausdiskutieren?“ Gellert beugte sich leicht vor, stützte sich auf seinem Arm ab, sah den anderen abwartend an. Doch der Rotschopf war nicht bereit dies auf seine Kappe zu nehmen, dies mal nicht. „Du hast gesagt, ich soll mich ausziehen.“ bestand er weiter darauf. Gellert atmete tief ein, richtete sich auf und sah Newt nun sehr ernst an. „Und du hättest mir auch einen geblasen und wenn ich gewollt hätte, dann hätte ich dich auch ficken können.“ stellte er fest, lehnte sich dann zurück. „Und es war erbärmlich, wie du dich, zitternd wie eine Jungfrau, ausgezogen hast, bereit die Beine breit zu machen, nur weil du Angst vor den Konsequenzen hattest. Funktioniert das immer so bei dir? Mann droht dir und schon tust du alles was man will?“ er schüttelte abwertend den Kopf. „In der Erscheinung von Graves himmelst du mich beinahe an und so, mit meiner wahren Erscheinung machst du dir beinahe in die Hose...“ Sein Ton war äußerst abfällig, doch seine Mimik hatte er perfekt unter Kontrolle. „Und anstatt dankbar zu sein für das was du von mir bekommst, weinst du lieber rum, weil der böse Gellert Grindewald, sich um dein Wohl und das deiner Tierwesen bemüht. Und genau das alles, Honey, macht dich zu einem dummen, undankbaren, erbärmlichen Kleinkind.“ Newt hatte die ganze Zeit die Zähne feste zusammen gebissen während Gellert sprach und hörte sich schweigend die abwertenden Aussagen des anderen an. Es waren ähnliche Worte, die er ihm vor ein paar Tagen wutentbrannt ins Ohr gezischt hatte, während er ihn fast in der Wanne ertränkt hätte. Doch obwohl er es nicht das erste mal hörte, trafen ihn die Worte seines Ex-Liebhabers genau so tief und schmerzhaft. „Percival war ich auch zwei Jahre als Partner gewohnt...“ sprach er schließlich den ersten Gedanken aus der ihm darauf in den Sinn kam. Für einen Moment starrte Gellert den Jüngeren gerade zu fassungslos an und dann ging alles ganz schnell. Der Tisch, auf dem eben noch ihr Abendessen gestanden hatte, flog zur Seite, sodass das komplette Geschirr samt Inhalt mit einem lauten Schepper auf dem Boden zu Bruch ging. Newt hatte kaum Zeit zu reagieren, da wurde er bereits mit samt seinem Stuhl nach hinten gestoßen. Als er mit dem Rücken auf dem Boden aufschlug, blieb ihm einen Moment die Luft weg wegen des Aufpralls und er schloss schmerzhaft keuchen die Augen. Gerade wollte er sich zur Seite wegrollen, da thronte allerdings Gellert bereits über ihm. „Wieso willst du es nicht verstehen, Honey?“ knurrte dieser mit unheilvoller Stimme. „Nicht nur, dass ich diesen Namen nicht mehr aus deinem Mund hören will...“ er stützte sich mit seinen Händen auf Newts Schultern ab. „Nein, du bekommst es auch einfach nicht in deinen hübschen Kopf, dass du keinen Percival kennst. Du kennst nur mich!“ Newt starrte mit großen Augen zu dem anderen hoch, versuchte seine Atmung so flach wie möglich zu halten. Die Panik, dass Gellert ihm etwas antun könnte beschlich ihn erneut und ließ sein Herz heftig gegen seine Rippen schlagen. Und doch bahnte sich noch etwas anderen seinen Weg nach oben. All die Wut über die Lügen der Vergangenheit und die ungerechte Art mit der Gellert ihn behandelte, sowie die komplette Hilflosigkeit der letzten Wochen entlud sich mit einem mal bevor Newt es aufhalten konnte. „Und wie ich das in meinen Kopf bekomme, genau das ist das Problem!“ schrie er ihm nun aufgebracht entgegen. Es dauerte keine Sekunde, da spürte er bereits wie ihn Gellerts Faust mit voller Wucht im Gesicht traf. Newt hielt den Kopf zur Seite gedreht, schmeckte den metallischen Geschmack in seinem Mund und fühlte das dumpfe Pochen in seinem Kiefer. Er spürte wie Gellert sich aufrichtete, nun auf seinem Bauch saß und dabei seine Arme schmerzhaft mit seinen Knien auf den Boden presste. „Niemand wagt es, die Stimme gegen mich zu erheben.“ hörte er die eiskalte Stimme des anderen über sich. „Aber du hast Glück, dass ich mit dir mehr Geduld habe als mit den Anderen. Du bekommst noch eine Chance...“ Newt spürte wie sich etwas hartes gegen seine Kehle bohrte. Vorsichtig öffnete er die Augen und schielte nach unten auf den Zauberstab, der auf ihn gerichtet war. „Nutze sie.“ Gellerts Augen ließen keinen Zweifel daran, dass Newts nächste Antwort über sein Leben entscheiden würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)