Wie man es noch sagen kann von Yosephia ([Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]) ================================================================================ 103. "Willkommen zurück." (Fem!Gruvia) -------------------------------------- Als durch das Zugfenster endlich die ersten Ausläufer Magnolias zu erkennen waren, machte Juvias Herz einen kleinen Hüpfer vor Aufregung. Jetzt war es nicht mehr weit bis zum Hauptbahnhof. Sie war die Strecke oft genug gefahren, um sie quasi im Minutentakt nachvollziehen zu können. Der Zug würde jetzt nach und nach das Tempo drosseln, aber es reichte, wenn Juvia sich erst beim Anblick der Kardia Kathedrale von ihrem Sitz erhob. Sie hatte ja nur ihre kleine Reisetasche dabei und wenn sie jetzt schon an den Türen stand, war sie zwar vielleicht die Erste, die nachher aus dem Zug heraus kam, aber damit wäre sie dann auch dem ganzen Gedränge ausgesetzt und sowieso verging die Zeit dort an der Tür noch viel langsamer als hier an ihrem Platz. Also begnügte sie sich damit, betont langsam das Bosco-Wörterbuch und ihre fast vollendete Übersetzung ordentlich in ihren kleinen Rucksack zu stecken und noch einen Schluck zu trinken. Sie musste sich so viel Zeit wie möglich damit lassen, um ihre Aufregung im Zaum zu halten, aber ihre Füße drippelten dennoch auf dem Boden herum und ihre Lippen zuckten immer wieder, als wollten sie das Lächeln für nachher üben. Juvia hatte die Zeit bei ihrer Familie in Boscun wirklich genossen. Ihr kleiner Bruder Rogue war in dem halben Jahr, das sie ihn nicht gesehen hatte, gefühlt einen halben Meter gewachsen und hatte sich wirklich gemacht – dabei kam es Juvia wie gestern vor, dass sie mit ihm auf Augenhöhe gewesen war. Wenn er nächstes Jahr auch nach Magnolia kommen würde, um dort zu studieren, würden die Studentinnen wahrscheinlich Schlange stehen, um mit ihm ausgehen zu können. Ihr Vater und ihre älteren Brüder hatten sich kaum verändert, wenn man davon absah, dass Totomaru seit der Geburt seiner Zwillinge quasi die Glückseligkeit auf zwei Beinen war und nun erst recht alle Garstigkeiten von Gajeel an sich abprallen ließ. Juvia war auch ganz hingerissen von Gemi und Mini. Allein schon, um die Beiden, die schon vor einem Monat, also genau in Juvias stressiger Klausurenzeit, auf die Welt gekommen waren, endlich zu sehen, hatte sich die fünfstündige Fahrt nach Boscun mehr als nur gelohnt. Aber bei aller Freude über das Wiedersehen mit ihrer Familie und mit ihrer alten Schulfreundin Kinana hatte Juvia es, kaum dass sie in Boscun in den Zug gestiegen war, doch kaum erwarten können, nach drei Wochen endlich wieder zurück nach Magnolia zu fahren. Dabei war sie vor drei Jahren noch furchtbar nervös gewesen, als sie von ihrer kleinen Heimatstadt in die Studentenmetropole Magnolia, von einem beschaulichen Einfamilienhaus in ein riesiges Studentenwohnheim, gezogen war. Wie sich die Dinge doch ändern konnten… Als sie in der Ferne den massiven Bau der Kardia Kathedrale mit dem grünen Bogendach und den vier zylindrischen Türmen erkennen konnte – sogar das gewaltige Eingangstor war aus der Entfernung noch zu erkennen! –, stand Juvia auf, schlang sich die Riemen des Rucksacks über beide Schultern und trat auf den Gang hinaus, um die Reisetasche aus dem Gepäckfach zu holen. Um sie herum herrschte bereits hektischer Betrieb. Die meisten Leute hatten es eilig, zur Tür zu kommen, dabei war den überall angebrachten Informationsbildschirmen deutlich zu entnehmen, dass noch fast zwei Minuten Zeit waren. Aber vielleicht ging es einigen von ihnen ja genau wie Juvia und sie brannten darauf, endlich wieder nach Magnolia zurück zu kommen. Geduldig folgte Juvia dem Fahrgaststrom in Richtung Tür, als der Zug endlich hielt. Dabei fühlte sie sich eigentlich ganz und gar nicht geduldig. Sie konnte es kaum noch erwarten, endlich auf den Bahnsteig zu kommen und nach einer ganz bestimmten Person Ausschau zu halten. Aber deshalb musste sie ja nicht anfangen, beide Ellenbogen auszustrecken und zurückzuschubsen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis zur Tür zu kommen, wo Juvia es dann trotz ihrer kleinen Reisetasche schwer hatte, nicht die kleine Trittleiter auf den Bahnsteig hinunter zu fallen, da hinter ihr jemand meinte, drängeln zu müssen. Sie beeilte sich, weg von der Tür zu kommen, ehe sie sich die Zeit nahm, Ausschau zu halten. In all dem Gedränge von Leuten, die ausgestiegen waren, noch einsteigen wollten, auf Ankommende warteten oder Wegfahrenden hinterher winken wollten, hatte Juvia natürlich keine Chance auf Erfolg, aber sie stieß dennoch einen enttäuschten Seufzer aus. Sie verzehrte sich geradezu danach, endlich wieder in diese faszinierenden schwarzen Augen zu blicken! „Hier bist du.“ Juvia wirbelte herum, als die wohl vertraute und ach so geliebte Stimme neben ihr erklang. Tatsächlich! Da stand sie! Die immer etwas struppig wirkenden, schwarzen Haare zu einem simplen Pferdeschwanz gebunden, in ein schwarzes Tanktop und knielange Shorts gekleidet, trotz des Sommerwetters in Turnschuhen und wie jeden Tag mit der Silberkette mit Kreuzanhänger am Hals. Auf den markanten, ungeschminkten Gesichtszügen lag der übliche mürrische Gesichtsausdruck, der gewiss dem Gedränge auf dem Bahnsteig galt. Dennoch war Juvia überglücklich, ließ ihre Reisetasche auf den Boden fallen und warf der Gleichaltrigen die Arme um den Hals. „Grayana! Juvia hat dich ja so sehr vermisst! Hast du ihre Briefe gekriegt? Und die Fotos?“ „Mein Handy hat keine Ruhe gegeben“, brummte die Schwarzhaarige, aber ihre Arme schlossen sich kurz um Juvias Taille und drückten zärtlich. Mit einem strahlenden Lächeln trat Juvia einen Schritt zurück, um Gray – ihr voller Name war eigentlich Grayana, aber alle Anderen nannten sie immer nur Gray – betrachten zu können. Sie war ordentlich gebräunt, wahrscheinlich hatte sie die viele Freizeit in den Semesterferien gemeinsam mit Erza genutzt, um viel Sport im Freien zu betreiben. Ansonsten hatte sie sich gar nicht verändert. Nur ihre Gesichtszüge wirkten jetzt etwas weicher und ihre schwarzen Augen verursachten bei Juvia das altbekannte Kribbeln auf der Haut und heftiges Herzklopfen. Mit ihrer burschikosen Art machte Gray es den Leuten nicht unbedingt leicht. Im Studentenwohnheim eckte sie bei so einigen Mitbewohnerinnen an, aber Juvia war schon von dem Tag an von ihr fasziniert gewesen, als sie im Wohnheimzimmer neben ihr eingezogen war. In einigen Punkten hatte Gray sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit Juvias maulfaulen und eigenbrödlerischen Brüdern Gajeel und Rogue, aber gerade weil Juvia mit diesem Menschenschlag schon so vertraut war, hatte sie auch schnell gesehen, wie viel mehr bei Gray dahinter steckte. Wie loyal sie gegenüber ihren Freunden war – selbst gegenüber ihrem Sandkastenfreund Natsu, mit dem sie sich eigentlich bei jeder Gelegenheit zoffte, und gegenüber Lucy, die mit ihrer betont fraulichen Aufmachung und Haltung einen besonders scharfen Kontrast zu Gray darstellte – und dass sie eine gewisse Schwäche für Tierbabys hatte und an keinem Hund vorbei gehen konnte, ohne ihn zu streicheln. Den Ausschlag hatte letztendlich jedoch gegeben, als Gray etwa ein halbes Jahr nach Juvias Einzug eben jene davor bewahrt hatte, von den anderen Studentinnen auf ihrer Etage wegen ihrer heimlichen Bisexualität angegangen zu werden. Ohne jede Scheu hatte Gray sich selbst als lesbisch geoutet und die Studentinnen sehr nachdrücklich davor gewarnt, irgendwelchen Ärger zu machen. Dass Gray so schamlos zu ihrer Sexualität stand, obwohl sie dafür hinter vorgehaltener Hand sogar als Kampflesbe beschimpft wurde, hatte Juvia sehr imponiert. Von da an hatte Juvia alles daran gesetzt, ihrer Nachbarin näher zu kommen – und je mehr sie von ihr erfahren hatte, desto mehr hatte sie sich in sie verliebt. „Lass’ uns gehen, hier wird es nicht gemütlicher“, murmelte Gray und griff wie selbstverständlich nach Juvias Reisetasche. Das Gepäckstück war nicht überragend schwer, dennoch freute Juvia sich über die Geste und nutzte die Gelegenheit, sich mit beiden Händen an Grays freien Arm zu klammern. Eigentlich war es viel zu warm für so viel Körperkontakt, aber Gray erhob keinen Protest. Das tat sie schon lange nicht mehr – zumindest nicht ernsthaft. Obwohl Gray als Lesbe nicht von Juvias Annäherungsversuchen abgestoßen gewesen war, hatte sie sich wirklich lange Zeit zurückgehalten. Während Juvia vom Moment ihrer Rettung an gewusst hatte, dass Gray die Richtige für sie war, hatte diese viel länger gebraucht. Aber in zweieinhalb Jahren hatte sich schon viel verändert. Sie lebten jetzt mit einer gemeinsamen Freundin in einer WG – und zum Glück war Levy diskret genug, nichts dazu zu sagen, dass eines der Schlafzimmer schon seit einer Weile nicht mehr über Nacht genutzt wurde. Als sie sowohl den Bahnhof als auch den Platz davor hinter sich gelassen hatten und in eine der ruhigeren Gassen eintauchten, die ins Innere der Stadt führten, atmete Gray erleichtert aus und löste ihren freien Arm aus Juvias Umklammerung, um ihn um die Taille der Blauhaarigen zu schlingen. Noch einmal sah sie sich um, dann beugte sie sich herunter und gab Juvia einen kurzen Kuss. Es war nur eine winzige Geste, aber für Juvia war sie dennoch ein unglaubliches Geschenk. Bei Grays nächsten Worten hatte sie das Gefühl, vor lauter Glück platzen zu können. Denn sie mochten nur genuschelt sein und Gray hatte sogar etwas verlegen den Kopf weg gedreht, aber die Bedeutung dahinter war unmissverständlich. „Willkommen zurück.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)