Blutschwur von lunalinn (Bis in den Tod...) ================================================================================ Kapitel 3: Schattenseiten ------------------------- Je mehr Zeit Itachi mit seinem Partner verbrachte, umso stärker wurde ihm bewusst, dass er diesen nicht leiden konnte. Hoshigaki Kisame war geschwätzig und das war etwas, das Itachi zuweilen den letzten Nerv raubte, auch wenn er sich stets um Fassung bemühte. Er ignorierte das Gerede zumeist, vor allem, wenn der andere ihn auszufragen versuchte. Itachi konnte sich nicht erklären, welchem Zweck diese erzwungenen Konversationen überhaupt dienen sollten; Kisame wirkte nicht wie ein Mensch, der soziale Bindungen schätzte. Das Gegenteil war der Fall, wenn er bedachte, wie oft der Hüne bereits in den wenigen Tagen die Hand ans Schwert gelegt hatte, nur weil er schief angeschaut worden war. Er schien den Kampf regelrecht zu suchen, wirkte jedes Mal amüsiert, wenn er sich provoziert fühlte. Glücklicherweise begegneten ihnen kaum Leute, da sie sich durch die Wälder schlagen mussten, um nach Kusa zu gelangen. Für Itachi war dies eine Umstellung und obwohl er sich natürlich niemals beschwert hätte, sehnte er sich manches Mal nach dem Komfort eines Futons anstelle des moosbewachsenen Bodens oder dem weiten Stoff seines Mantels. Außerdem tat er nachts kaum ein Auge zu, da er seinem Partner nicht vertraute. Er wusste nicht, ob es umgekehrt genauso war, wenn ja, ließ Kisame es sich zumindest nicht anmerken. Dann war da noch die Sache mit der Nahrungsbeschaffung, die immer wieder zu Diskussionen führte – wie auch jetzt. „…du bist doch noch im Wachstum, ne?“ Itachis Braue zuckte nur leicht, doch er behielt sich vor zu schweigen. Langsam drehte er den dünnen Holzstock, auf dem ein paar Pilze aufgereiht waren, über dem Feuer, das er mithilfe des Katons entzündet hatte. „Solltest du da nicht was Vernünftiges essen?“ Itachis dunkle Augen hefteten sich nur kurz an den toten Fisch, der über den Flammen briet. Die Haut war schon ziemlich dunkel, die runden Augen ausgetrocknet. Dann wandte er den Blick wieder ab, verzog keine Miene. „Ich esse vernünftig.“ Kisame gab ein ungläubiges Schnauben von sich. „…die Onigiri von heute Morgen und die Suppe vom Mittag nennst du vernünftig? Und jetzt dieses Gemüse…“ Kurz schwieg er, drehte dabei den Spieß in seiner Hand, während er über eine Antwort nachdachte, die ihm weitere Fragen ersparen würde. „Ich wüsste nicht, was dich das anginge.“ Hoffentlich klang er abweisend genug, auch wenn er bezweifelte, dass Kisame nun verstummen würde. Er sollte Recht behalten, denn der Ältere bleckte die Zähne, funkelte ihn an. „Du isst immer nur dieses Diät-Futter“, meinte er schließlich. „Wenn du jagen und fischen nicht drauf hast, kannst du mich auch einfach darum bitten, dir was mitzubringen.“ Das dachte er also? Dass er nicht in der Lage wäre, seine Nahrung selbst zu erlegen? Als er noch jünger gewesen war, hatte er zusammen mit Sasuke einen riesigen Keiler zur Strecke gebracht. Er war nicht unfähig, doch…er hatte noch nie wirklich gern Fleisch gegessen und wenn er nun daran dachte, die Tiere auszunehmen, wurde ihm übel. Der Gedanke, den letzten Atemzügen zu lauschen oder in die toten Augen zu blicken, die Hände in Blut und Eingeweiden zu versenken…es widerte ihn an. Im Leben musste man tun, was man tun musste. Er würde noch oft töten müssen, da machte er sich keine Illusionen, doch was das Essen betraf, war es seine eigene freie Entscheidung. Da hatte ihm niemand reinzureden. „Ich esse weder Fisch noch Fleisch.“ Die Aussage brachte ihm kurz irritiertes Schweigen und einen ungläubigen Blick ein. Ein Kopfschütteln folgte, anscheinend brachte er Kisames Weltbild durcheinander. „Du bist seltsam, Itachi-san“, kam es dann von seinem Gegenüber und der Uchiha entschied, die Worte unkommentiert zu lassen. Das musste er sich von jemandem sagen lassen, der sein Schwert wie eine Geliebte behandelte. Ein paar Mal hatte er mitbekommen, wie Kisame sogar mit Samehada gesprochen hatte – er hoffte, dass er sich das leise Gurren nur eingebildet hatte. „Tun dir die Viecher leid?“, fragte der Ältere und es klang spöttisch. Itachi zuckte lediglich mit den Schultern, ehe er den Spieß aus dem Feuer holte und auf die dampfenden Pilze schaute. „Meine Gründe sind unerheblich“, erwiderte er knapp. „Akzeptier einfach meine Entscheidung.“ Er versuchte, das haifischartige Grinsen zu ignorieren, doch irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass diese Diskussion noch lange kein Ende gefunden hatte. Innerlich seufzte er, doch äußerlich hielt er die Fassade aufrecht. Still begann er zu essen, woraufhin Kisame es ihm gleichtat. Eine Weile sagte niemand etwas und es war wirklich angenehm. Es konnte ruhig öfter so sein, doch leider schien sein Partner diese Ansicht nicht zu teilen. „Du bist ziemlich vorlaut…dafür, dass du nachts kein Auge zumachst“, fing er mit einer erneuten Provokation an. „Meine Nähe macht dich wohl nervös?“ Die Raubtieraugen glommen auf, als sich die spitzen Zähne in dem Fisch versenkten und ein großes Stück herausrissen. Es knirschte leicht, als Kisame die Gräten mit seinem Kiefer zermalmte…und Itachi bekam das Bild nicht aus dem Kopf, wie sich diese Fänge in seinem Hals verbissen und ihm den Kehlkopf zerfleischten. Mit Sicherheit war Kisame dazu imstande. Als könnte dieser seine Gedanken lesen, wurde das Grinsen noch breiter, wobei Itachi sich bemühte, keine Regung zu zeigen. „Anscheinend kannst du ebenso wenig schlafen“, entgegnete er ruhig. „Wenn du mich die ganze Nacht beobachtest…mache ich dich nervös?“ Mit Genugtuung nahm er das Stocken seines Gegenübers wahr – dieser hatte wohl nicht mit einem Konter gerechnet. „Unsinn!“, behauptete er nun mit spürbarer Verärgerung in der Stimme. „Warum solltest du mich nervös machen?! Du bist ein halbes Kind und-“ Die Worte blieben dem anderem im Halse stecken, als Itachi den Kopf hob und ihn aus glutroten Augen aus der Finsternis heraus fixierte. Er schien sich wieder daran zu erinnern, aus welchem Grund die Uchiha so ein gefährlicher Clan gewesen waren. Zumal Itachi einen Ruf hatte… „Unterschätze mich nicht, Kisame“, warnte er leise und sah, wie der Hüne sich anspannte. „Unterschätze mich niemals.“ Kisame verengte die Augen, doch er senkte nicht den Blick – obwohl er um sein Bluterbe wusste, schien er nicht klein beigeben zu wollen. Wäre es Itachi ernst gewesen, hätte er ihn binnen von Sekunden außer Gefecht setzen oder gar töten können. Es war mutig, aber auch dumm, ihm direkt in die Sharingan zu sehen. „Dasselbe rate ich dir, Partner“, knurrte er, eine Hand an Samehada gelegt, welches neben ihm lehnte. „Du hast keine Ahnung, wozu ich fähig bin.“ Ihre Blicke bohrten sich unnachgiebig ineinander, die Atmosphäre war bis zum Zerreißen gespannt…dann knackte es im Unterholz und beide fuhren herum. Kisames Hand krampfte sich um den Schwertgriff, die Tomoe rotierten, bildeten das Mangekyo Sharingan in Itachis Augen…keiner rührte sich…bis ein Kaninchen aus dem Gebüsch hetzte. Stille. Itachi spürte, wie die Anspannung aus seinem Körper wich, und ebenso ließ Kisame sein Schwert los. Er hörte seinen Partner schnauben und blickte wieder zu diesem, wobei sich seine Augen schwarz färbten. Ein dumpfes Pochen hämmerte von innen gegen seinen Kopf – so wie immer, wenn er sein Bluterbe nutzte. Er durfte sich nicht zu oft auf das Mangekyo Sharingan verlassen – zumindest nicht, wenn es sich vermeiden ließ. Als er den Blick seines Partners auffing, zierte dessen Lippen wieder dieses unangenehme Grinsen. Es kam ihm vor, als hätte die Aussicht auf einen Kampf Kisames Laune schlagartig verbessert. „Du hast gute Reflexe.“ Itachi hob eine Braue, erwiderte aber nichts darauf; worauf wollte der andere denn jetzt wieder hinaus? Ohne eine Miene zu verziehen, sah er zu, wie Kisame erneut nach dem Fisch langte und den Rest mit einem Bissen herunterschlang. Die Flammen warfen flackernde Schatten auf sein Gesicht, ließen die Züge noch bedrohlicher erscheinen – der heitere Ausdruck tat dem keinen Abbruch. „Sowas ist gut“, fuhr der Haimensch fort. „Kann einen in letzter Sekunde vorm Draufgehen bewahren.“ Itachi versuchte anhand der Tonlage herauszufinden, ob der andere ihm Anerkennung zollte oder ihn doch nur warnen wollte. Möglicherweise vor ihm selbst? Itachi hatte schon triftige Gründe, seinem Partner zu misstrauen. „Wette, du weißt, wovon ich rede, nicht wahr?“ Kisames Raubtieraugen hefteten sich auf ihn und im Licht des Feuers schimmerten sie grün. „Hab gehört, du warst bei der ANBU“, sprach er ihn auf ein Thema an, das er lieber totgeschwiegen hätte. „Da lernt man sowas, oder? Gute Reflexe, meine ich.“ Itachi erwiderte den Blick kühl. „Möglich“, war das Einzige, das er von sich gab, doch Kisame hielt es nicht vom Weiterreden ab. „Meuchelmorden auch, ja? Emotionen abtöten…sich von allen sozialen Bindungen lösen…“ „Du kennst dich gut aus.“ Die Feststellung ließ den anderen kurz innehalten, was Itachi unruhig werden ließ; vorhin noch hatten sie über Essgewohnheiten diskutiert und nun steckte er seine Nase in die Angelegenheiten seines Heimatdorfes? Jedoch schien Kisame es nicht darauf abgesehen zu haben, ihm Informationen zu entlocken, so wie Itachi es insgeheim befürchtet hatte. „Mit der ANBU? Nicht wirklich…ich kenne nur Gerüchte, doch ich stamme aus Kiri.“ Da war es wieder, das seltsame Grinsen. „Unser Dorf trägt seinen blutigen Ruf aus guten Gründen…doch ich bezweifle nicht, dass auch Konoha seine Schattenseiten hat.“ Ein wissender Blick traf ihn und Itachi begriff, dass er wohl eine dieser sogenannten Schattenseiten darstellte. Eine Weile schwieg er, ließ sich die Worte durch den Kopf gehen, ehe er sich abwandte und zur Seite griff, um ein paar der übrig gebliebenen Beeren aufzuheben. Er schob sich eine in den Mund, vernahm den süßlichen Geschmack. „Licht und Schatten sind zwei Seiten einer Medaille“, gab er schließlich zurück. „Das solltest du nie vergessen.“ Kisame verengte die Augen, musterte ihn sehr intensiv, bevor er ein raues Lachen vernehmen ließ und den Kopf schüttelte. „Wie poetisch, Itachi-san…“, spottete er, doch der Uchiha zuckte nur mit den Schultern. „Es ist realistisch.“ Seine Worte schienen den anderen zu amüsieren, doch er nahm es hin. Weder wollte er noch einmal diskutieren noch seinen Partner wegen so einer Lappalie herausfordern. Bislang waren sie noch nicht ernsthaft aneinander geraten und Itachi wollte, dass es dabei blieb. Noch konnte er den Haimenschen nicht richtig einschätzen, da sich dieser zuweilen sehr widersprüchlich verhielt. Vorhin war er kurz davor gewesen, ihn herauszufordern, und nun schlug er wieder diesen Plauderton an. Sicher war da dieser Unterton, der Itachi alarmierte, doch er schien ihn nicht mehr angreifen zu wollen. Der Uchiha war sich sehr wohl bewusst, dass er sich Respekt verschaffen könnte, wenn er wirklich gewollt hätte, doch was würde er damit erreichen? Kisames Art ließ nicht unbedingt darauf schließen, dass er mit einer Niederlage umgehen könnte. Angenommen, Itachi würde ihn im Kampf besiegen, was nicht unwahrscheinlich war, da er seine Fähigkeiten als ausgereift genug einschätzte, um mit so einem Hünen fertig zu werden…wohin würde das führen? Möglicherweise dazu, dass sein Partner in seinem Stolz verletzt sein und ihn fortan abgrundtief hassen würde. Sie waren erst wenige Tage unterwegs, er durfte nicht an so etwas wie Teamarbeit scheitern – nicht sofort. „Ich übernehme die erste Wache.“ Itachi blickte auf, als Kisame plötzlich das Wort ergriff, wobei er den Nacken knacken ließ – und immer noch grinste. „Nicht, dass du schlafen könntest, solange ich neben dir sitze.“ Der Uchiha schnaubte leise. „Tu, was dir beliebt.“ Er würde sich nicht auf solch offensichtliche Provokationen einlassen. Glücklicherweise beließ es Kisame auch dabei, strapazierte fürs Erste nicht weiter seine Nerven. Stattdessen griff er nach Samehada und begann, eine dünne Schicht der Bandagen abzuwickeln. Violette, seltsam geformte Stacheln kamen zum Vorschein, mehr konnte man nicht erkennen. Erneut ertönte dieses Gurren, welches Itachi schon öfters vernommen hatte…dieses Ding war eigenartig. Doch sein Besitzer war es mindestens ebenso, von daher passten sie wohl recht gut zueinander. Itachi beobachtete nur kurz, wie Kisame ein Tuch hervorholte und die Stacheln damit augenscheinlich zu polieren begann. Nun gut, er selbst pflegte seine Waffen ja auch, also war das wohl nichts Abnormales…dennoch hatte er bei diesem Schwert das Gefühl, als hätte es mehr damit auf sich. Innerlich den Kopf schüttelnd, wandte er sich ab, um sich ein paar Stunden Ruhe zu gönnen. Jedoch hatte Kisame Recht; er würde auch diese Nacht kaum ein Auge zu tun können. Nicht, solange sein Partner dort saß. Er breitete den Mantel aus und legte sich hin, wobei es nicht einfach war, eine bequeme Position zu finden. Er war nicht verwöhnt, aber ein Futon wäre wirklich schön gewesen. Wenigstens war es nicht so kalt, dass er zu allem Überfluss auch noch frieren musste. Er freute sich dementsprechend auf den Winter – eine Jahreszeit, die ihm gestohlen bleiben konnte. „Schlaf gut, Itachi-san~“, vernahm er die höhnische Stimme seines Partners. Itachi sparte sich eine Erwiderung und schloss lediglich die Augen. Eigentlich war es sowieso egal, sagte er sich, denn auch wenn ihn Kisames Anwesenheit nicht am Schlaf gehindert hätte, so hätten es mit Sicherheit die Albträume getan. Die Erinnerung an seine Verbrechen, so sehr er sie auch zu rechtfertigen versuchte, hing ihm nach und nicht zum ersten Mal wünschte er sich, Shisui hätte nicht den Freitod gewählt, sondern wäre stattdessen an seiner Seite geblieben. Mit einem Partner wie ihm wäre die Last auf seinen Schultern einfacher zu ertragen gewesen. Kisame dagegen konnte er überhaupt nichts anvertrauen und das würde sich wohl auch niemals ändern. Jedenfalls konnte er es sich nicht vorstellen. Dafür waren sie zu verschieden…in allen erdenklichen Punkten. Still lauschte er dem leisen Rascheln und Quietschen, das ihm versicherte, dass Kisame noch seiner Arbeit nachging. Wenigstens diese Gewissheit konnte ihn ein wenig beruhigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)