Der Glasgarten von Gadreel_Coco ================================================================================ Kapitel 45: Two Ladies ---------------------- ~ Two Ladies ~ „So…hat er dies nicht?“, fragte Jei langsam und bedächtig, lächelte über die Emotionen seines Gegenübers. „Warum bist du dann so erregt…darüber?“ Erregt…? Aya glaubte, nicht richtig zu hören. Erregt?! Er war NICHT erregt, wie sollte ihn dieses Ding da erregen? Verdammt, Schuldig, wenn ich dich in die Finger bekomme, dann kannst du was erleben! SO nicht. Verdammt noch mal! Petplay schön und gut, aber das hier…ging zu weit. Um Längen. „Nein…er hat KEINE Katze, Farfarello“, entgegnete er mit zornigdunklen Augen. „Außerdem bin ich nicht erregt! Nimm das Ding wieder mit.“ „Ich nehme von dir keine Anweisungen an“, sagte Jei knochentrocken, aber höflich. „Du solltest vielleicht darüber nachdenken, in welchem Zusammenhang ich das Wort ‚erregt’ benutzt habe.“ Fragend sah er Ran an. „Du scheinst es in sexueller Hinsicht zu gebrauchen.“ Aya zählte bis zehn. Langsam bis zehn. Noch langsamer bis zwanzig, bevor er lächelte. Er sah Farfarello in die Augen und lächelte schließlich. „Ich nehme von dir keine Ratschläge an“, konterte er und drehte sich um. „Auf dem Herd steht Essen, bedien dich“, war das Letzte, was er sagte, bevor er sich zur Fensterbank zurückzog, seine Gedanken nun für sich behaltend. Natürlich war es in sexueller Hinsicht gedacht. Der Ire hatte nur einfach keine Ahnung von den Dingen, die sie hier…trieben. Ja, wortwörtlich trieben. Darüber musste besagter Ire erst einmal gründlich nachdenken. Irgendetwas stimmte mit dem Mann nicht und er hatte den leisen Verdacht, was das sein konnte. Aber in diese Richtung hatte er in seiner Mutmaßung zu Anfang nicht gedacht… Schon seltsam, wie sich die Dinge hier entwickelten. Mit einem leisen, aber distanzierten Lächeln erhob sich Jei und strebte den Ausgang an. Er verließ wortlos die Wohnung. Ließ Aya und seine Gedanken damit alleine, die nach und nach wieder ihren trägen Rhythmus fanden. In ihr Brüten, das ihn nach und nach von der Außenwelt abschottete. Er vergaß das Essen, wie auch schon in den letzten Tagen wieder oft. Verwaist ließ er es auf dem Herd stehen, so wie es war. Vielleicht würde er es wegschütten…oder in den Kühlschrank stellen. Damit Schuldig, wenn er wiederkam und seine Strafe abgebüßt hatte, etwas zu essen hatte. Wenn er wiederkam… o~ Mit quietschenden Reifen schoss Schuldig regelrecht in die Tiefgarage hinunter. Er war viel zu spät dran, fluchte er innerlich und parkte in Windeseile den Wagen. Er hatte Ran nicht anrufen können, sonst wäre die Überraschung dahin gewesen. Den Kofferraum öffnend bepackte er sich mit dem ganzen Zubehör, welches er noch hatte kaufen müssen, samt einem der Koffer. Sein Präsent trug er in seiner Manteltasche, welche er sorgsam im Auge behielt. Er war hundemüde und freute sich nur noch auf ein Bett. Vollbepackt trat er aus dem Aufzug und ging die wenigen Schritte bis zu der Wohnungstür, zog die Karte durch das Lesegerät und öffnete die Tür. „Hey…Ran. Bin wieder da~ha!“ Er war mal gespannt, was Ran zu seinem Mitbringsel sagen würde! Den Koffer an Ort und Stelle fallen lassend, schaffte er die große Tüte auf seinem Arm zur Theke in der Küche. So. Da war er also wieder. Der deutsche Telepath. Aya erhob sich langsam aus der wohlversteckten Kissenecke und kam zur Küche, lehnte sich an den offenen Eingang und verschränkte seine Arme. Er hatte wahrlich genug Zeit gehabt nachzudenken und Schuldig nun zu sagen, dass er bei so etwas nicht mitspielen würde. Kätzchentag hin oder her, aber das würde er nicht mit sich machen lassen. Und auch nicht Schuldig antun. Doch dieser hatte in seinem Eifer gar keine Zeit sich Ran richtig anzusehen. Zu bemerken, dass er nicht wie erwartet um seinen Hals fiel und ihn stürmisch begrüßte. Er holte die Dosen aus der großen Tüte, stapelte sie daneben und redete munter drauf los. „Tut mir leid, dass ich länger gebraucht habe, aber ich wollte das noch besorgen, weil es ist doch der erste Tag und … dann ohne Nahrung“, murmelte er und blickte kurz zu Ran, als ihm auffiel, dass dieser so still war. Er ließ seinen Arm sinken, der noch halb in der Tüte war und blickte Ran besorgt an. „Was ist los? Stimmt etwas nicht? Geht´s dir nicht gut?“ Ein schneller Blick über den anderen Mann und er ahnte, was los war. „Hast du etwas gegessen?“ Der erste Tag…ohne Nahrung? Ja, Schuldig hatte Recht, der Kühlschrank WAR fast leer bis auf einige Dinge. Nicht, dass es Aya gestört hätte. Doch das, was er nun sah, ließ seinen mühsam beruhigten Blutdruck wieder in die Höhe schießen. Das war…Katzenfutter. „Und selbst wenn nicht, DAS werde ich garantiert nicht essen, verdammt!“, platzte es aus ihm heraus und er trat einen Schritt näher, die Hände zu Fäusten geballt. Langsam kam er auf Schuldig zu. Er war SO nahe dran, auf den anderen Mann loszugehen, so nahe… „Ähm…wieso solltest du…das ist ….Katzenfutter…“, brachte Schuldig nur heraus. „Hat Jei irgend…etwas getan?“, fragte er indigniert. „Ich habe ihm genaue Anweisungen gegeben. Das Katzenklo hat er gebracht? Hoffentlich…“ Schuldig wollte sich an Ran vorbei zum Bad machen um zu sehen ob es auch wirklich gebracht worden war. Doch er kam nicht weit, denn ein müdes Geräusch kam aus der Tasche seines Mantels und bei ihm fiel der Groschen. Sanft griff er in seine Tasche hinein und holte das Bündel roten Fells hervor, das noch verschlafen aus seinen Augen lugte. Er hielt es Ran hin, drückte es ihm quasi in die Hände bevor er an ihm vorbei wollte. „Hier, für dich!“, lächelte er und hauchte Ran einen zarten Kuss auf die Lippen. Noch einen Moment länger und Schuldig wäre reif gewesen. Genaue Anweisung? Farfarello was getan? Doch er kam gar nicht dazu, Einspruch zu erheben, als Schuldig ihn küsste, ihm so effektiv die Lippen versiegelten. Außerdem war da noch etwas…etwas anderes, etwas weiches, das er nun in der Hand hatte. Aya sah langsam verwirrt an sich herunter, auf seine Finger. Sah…fühlte…es bewegte…. Ayas Augen weiteten sich. Oh. Gott. Das war…das war… Verständnislos, aber zugleich schon mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht sah er erst zu Schuldig, dann zu…diesem kleinen, roten Fellbüschel, diesem Katzenkind, das er nun leicht hochhob. Das war…Himmel…das war… Ihm fehlten die Worte, selbst in Gedanken. Ein Kätzchen. Schuldig hatte ihnen ein Kätzchen mitgebracht. Aya lachte, leise zunächst. Kicherte schließlich albern, lachte sich selbst aus…und an was hatte er gedacht? An Petplay… Schuldig genoss für Momente diesen Augenblick. Die strahlenden violetten Augen, das Glück, welches sich in dem Gesicht zeigte. „Bin gleich wieder da!“, lächelte er, sich in dem Kichern des anderen sonnend. Fluchs war er im Bad und fand das in Auftrag gegebene Katzenklo nicht. Mit mürrischem Gesicht kam er wieder. Er hatte immer noch seinen Mantel an und zog nun erst mal seine Schuhe und selbigen aus. „War Jei nicht hier?“ Jei, wer war Jei?, fragte sich vermutlich der Teil in Aya, der gerade zu sehr damit beschäftigt war, erste Annäherungsversuche zu dem Kätzchen zu starten. Völlig in die grünen, lebhaften Augen versunken, auf das Schnurren und Miauen des Kleinen fixiert, brauchte er einen Moment, um Schuldigs Frage als solche auch zu erkennen. Er sah verwirrt hoch und besah sich zum ersten Mal richtig seinen impertinenten, ungarisch-deutschen Zackelschaftelepathen. Schuldig war wieder da. Bei ihm. Unversehrt. Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. „Ich habe es ausquartiert. Auf die Terrasse.“ „Achso“, sagte Schuldig und war zufrieden mit dieser Antwort. „Ich habe noch einige Sachen im Wagen, die hole ich später nach oben.“ Er setzte sich auf die Couch und legte den Kopf in den Nacken. Was für ein Stress und alles nur… Er blickte zu Ran und lächelte. Nein! Es hatte sich definitiv gelohnt! Sehr sogar. Abgelenkt von kleinen, feinen Krallen, die sich haltsuchend in seine Hand bohrten, musste Aya zunächst erst einmal noch überdenken, was Schuldig gesagt hatte. Er ergriff den kleinen Raufbold mit beiden Händen und begab sich ebenso auf die Couch, setzte das Kleine fasziniert ab und stahl sich ganz klamm heimlich nebenher einen süßen Kuss von Schuldig. Er grinste immer noch…strahlte schier von innen heraus vor doppeltem Glück. „Schön, dass du wieder da bist“, murmelte er. Schuldig zog Ran an sich, küsste ihn sehnsüchtig. „Ich hab dich ganz schlimm vermisst. Schön, dass dir Banshee gefällt, sie war die einzig rote aus dem Wurf“, grinste er und strich der Katze mit einem Finger über den Kopf. „Banshee?“, versuchte sich Aya an dem englischen Namen, wiederholte ihn zwischen zwei Küssen. „Banshee…was bedeutet das?“, fragte er und rieb seine Nase verspielt an der des Telepathen. Er merkte jetzt erst, was für eine Last von ihm abfiel, als er Schuldig hier vor sich sah. Wie sehr er auch den anderen Mann in seiner Gegenwart vermisst hatte. Sein Blick wanderte zu der Kleinen, die sich nun frecher- und tapsigerweise auf den Weg zu ihnen beiden machte und Schuldig bekletterte, dabei leise maunzte. Aya musste lachen. „Schau, da ist die Mama“, sagte er zu ihr und stupste sie an. „Du weißt schon, an wen du dich halten musst, was?“ „Hmm?“ Schuldig blickte von dem Fellknäuel fragend auf und sah tatsächlich, dass Ran ihn mit „Mama“ meinte. „Von wegen“, griff er sich die Katze und drehte sie im Nackenfell so, dass er sie Ran vor die Nase halten konnte. „Das ist deine Bezugsperson! Guck ihn dir genau an!“, sprach er mit dem Tier und grinste im Hintergrund. Die grünen Augen, die ihn so verzweifelt ansahen, erweichten Ayas Herz. Ebenso das leise Miauen und die Tatzen, die sich widerwillig ausstreckten. Er nahm Banshee in Empfang und bettete sie auf seinen Arm, machte es ihr bequem dort. „Ja, ich Bezugsperson und du Mama“, grinste er und lächelte Schuldig in die blauen, schelmischen Augen. Herrlich. Wirklich. Schuldig streckte sich herzzerreißend, lockerte seine Anzugsjacke und legte den Kopf in den Nacken um die Augen kurz ruhen zu lassen. „Gott, bin ich fertig“, stöhnte er leise. „Keine Ahnung, was Banshee heißt, da war mal etwas mit einer Totenfrau…dort hinten habe ich ein Buch stehen, da müsste was in der Art drinstehen. Die Kleine hatte den Namen schon“, lächelte Schuldig und drehte den Kopf, sodass er seitlich auf der Rücklehne zu liegen kam. Er war so müde… „Warum warst du vorhin eigentlich so sauer? War irgendetwas? Und warum hast du nichts gegessen?“, fragte er leise und seine Hand stahl sich an Rans Flanke, fühlte sanft die Seite nach. Doch Ayas Hand schoss vor und stillte diese Bewegung, für einen Moment dominant und unnachgiebig, bevor der rothaarige Japaner die Finger des Telepathen sanft zu seinem Mund führte und mit einem Kuss bedachte, von dieser schreckhaften Geste versuchte abzulenken. Es war ihm nicht bewusst gewesen, dass Schuldig so gut abschätzen konnte, ob und wann er etwas aß oder eben auch nicht. „Ich war sauer, weil…“ Er stockte. Irgendwie war es lächerlich, im Nachhinein. Wie hatte er überhaupt an so etwas denken können, Schuldig so etwas unterstellen können? „In Bezug auf den Kätzchentag, dachte ich…“ Und wieder verstummte er, küsste ein weiteres Mal die noch kalten Finger. „…petplay…“, nuschelte er schließlich, beinahe unhörbar. Er ging nicht darauf ein, dass er einfach vergessen und verdrängt hatte, etwas zu essen. Das war ein altes Thema zwischen ihnen, das er nicht jetzt aufwerfen wollte. Er wusste selbst, wie ungesund seine Einstellung zu weilen war, auch schon zu Weiß’ Zeiten, doch was sollte er tun? Sich zum essen zwingen? Schuldig öffnete stirnrunzelnd die Augen, sagte im ersten Moment nichts dazu und betrachtete sich Ran genau, jeden Zentimeter nahm er auseinander, studierte ihn für lange Minuten nachdenklich. „Ran? Du bist nicht mein Haustier. Du empfindest es aber momentan so, habe ich Recht?“ Banshee brachte Aya die willkommene Abwechslung, als er ihr einen Moment beim trägen Putzen zusehen konnte. Das Thema hatte er in Ansätzen mit Youji diskutiert und sie waren zu einem Ergebnis gekommen, das Schuldig sicherlich nicht freuen würde…das jedoch versucht werden musste. „Manchmal ja“, gestand er ihnen schließlich ein. „Ich weiß, es ist ein dummes Gefühl“, lachte er leise und zuckte mit den Schultern. „Es wird sicherlich anders werden, wenn ich endlich was zu tun habe und die Wohnung verlassen kann ohne dass Kritiker mir auflauern.“ Auch wenn er es wusste, oder geahnt hatte, so traf Schuldig die Aussprache des Problems trotzdem. „Wäre … es dann nicht besser …diese Spielchen vorerst einzustellen? Sie machen es dir nicht leichter. Es tut mir leid, dass ich das nicht früher gesehen habe.“ Er verzog den Mund vor leiser Bitterkeit. Sie mussten sich etwas einfallen lassen. Dringend. „Warum hast du nichts gegessen?“ stellte er erneut sanft seine Frage, die ihm so dringend erschien, dennoch stellte er sie ohne Forderung. Es ließ ihn traurig und sentimental werden, wenn er daran dachte, dass Ran wieder dünner geworden war. Das zeugte davon, dass sie beide ein Problem hatten. Einstellen? Wo sie doch das Einzige waren, wo er Energie… Aya unterband diesen Gedanken. Schnellstens. „Nein, es ist schon in Ordnung. Es ist ja nicht so, dass ich es nicht auch will. Nur ich dachte, du willst damit“, er gestikulierte Richtung Terrasse „…den Vogel abschießen. Ich war…dumm, einfach nur dumm.“ Er winkte ab und lächelte. „Ich habe nichts gegessen, weil ich es vergessen habe, schlicht und einfach. Ich hab am Fenster gesessen und nachgedacht. Ich hatte sogar etwas gekocht, das steht jetzt im Kühlschrank für dich, wenn du Hunger hast.“ Genau jetzt…bei diesem Lächeln hatte Schuldig das Gefühl, seine Brust würde sich schmerzhaft zusammen ziehen. „Wir müssen etwas tun, Ran. So geht das nicht weiter.“ Er spielte etwas mit Rans Fingern. „Kommst du her…ganz nah…ich will dich bei mir haben“, rückte er etwas an ihn heran. „Was hast du denn Leckeres gekocht?“, fragte er um das Thema zu wechseln, um sie nicht beide noch schlimmer in die Gefühlsecke zu schieben. „Isst du mit?“ Aya kam ihm entgegen, robbte samt dösender Katze auf seinem Oberarm zu Schuldig und lehnte sich an den anderen Mann. „Reis mit etwas Gemüse und den Fleischresten, die noch da waren. Nichts Großartiges also. Ich esse mit, ja. Farfarello wollte nichts, als ich es ihm angeboten habe“, schnaubte er schließlich. Leise lachend legte Schuldig sein müdes Haupt auf Rans Schulter. „Das ist normal. Wenn du es ihm nicht servierst oder ihm die richtigen Fragen stellst, dann isst er nichts. Fragst du ihn, ob er etwas essen will, wird er nichts antworten, fragst du ihn aber, ob er Hunger hat, oder schon etwas gegessen hat, wird er dir antworten. Es ist manchmal etwas schwierig mit ihm. Er hatte nur den Auftrag das Paket abzuliefern und abzuwarten, bis du es aufgemacht hast. Er wäre nicht geblieben. Ich hab ihm eingeschärft, dass er schnell wieder nach Hause soll.“ Er schwieg einen Moment. „Ich bin so müde, Ran“, murmelte er in Kleinkindmanier. „Und ich muss noch soo viel machen…essen, duschen, Koffer holen…und dann erst kann ich mich hinlegen…“, maulte er leidend. So war das also, vermerkte Aya innerlich. Falls er mal wieder in den Genuss eines auftauchenden Iren kommen sollte, der sich nichts andrehen ließ. Er lachte, als er sich Schuldigs Worte bewusst wurde. „Dann legst du dich jetzt hin und schläfst etwas. Ich hole in der Zwischenzeit die Koffer, duschen kann ich leider nicht für dich, das erledigst du dann danach. Und gegessen wird auch später“, entschied er in der strengen Manier eines Vaters, der seinen ungehorsamen Sohn vor sich hatte. „Nein, essen werde ich gleich“, war Schuldig wieder etwas wacher, streckte sich erneut und rieb sich die Augen. Er erhob sich und entledigte sich seines Mantels. Wenn er noch wartete dann aß Ran bis dahin auch nichts. Also wurde gleich gegessen! „Ich mach’s uns zurecht“, lächelte er warm und ging zur Küche. Er zog sich den Haargummi aus seiner Mähne und fasste sein Haar, das zuvor streng und geordnet zurückgekämmt in einem Zopf gehalten wurde lockerer zusammen. Nicht, dass Aya etwas dagegen hatte. So brauchte er sich wenigstens nicht bequemen. Er sah auf Banshee hinunter, die auf seinem Arm schließlich friedlich eingedöst war und Zuneigung für dieses kleine Wesen durchflutete ihn plötzlich. Ebenso wie für denjenigen, der sie mitgebracht hatte. Vorsichtig setzte Aya die Kleine ab und folgte Schuldig in die Küche. Jetzt…wo er darüber nachdachte, hatte er doch vielleicht etwas Hunger. Ja…das konnte man so sagen. Nach kurzer Zeit erfüllt ein würziger Duft die Luft und Schuldigs Magen knurrte vernehmlich. Er schnupperte und setzte sich mit einem Schüsselchen voller heißem Gemüse und Fleisch an den Tresen. „Lecker“, verzog er die Lippen zu einem breiten Lächeln. Er konnte es kaum abwarten bis es etwas auskühlte und probierte sogleich einen Happen davon. „Autsch…heiß“, maulte er dann… Aya lachte vergnügt, strich Schuldig gleichzeitig über den Haarschopf. „Nicht so hastig…das Essen ist heiß, Kind“, schüttelte er nachsichtig den Kopf und nahm sich auch eine nicht unbeachtliche Portion von besagter Nahrung. Er musste ja schon zugeben, dass Schuldig Anzüge standen. Vor allem in Verbindung mit dieser Frisur, die ihm einen dekadenten, modernen Eindruck verlieh. Ganz anders als der eher bequem zeitlose Look, den Schuldig hier pflegte. So genoss Aya für ein paar Augenblicke erst einmal diesen Anblick – wenn auch die Anzugsjacke fehlte, aber gut – und setzte sich dann erst zu Schuldig an den Tisch. Er griff sich die Stäbchen aus der Schublade und aß langsam die ersten Bissen, die wirklich gut schmeckten. o~ Den warmen Wasserstrahl auf seiner Haut genießend verblieb Schuldig noch etwas in der Dusche, bevor er sich erfrischt und ausgeruht daran machte, sich für den Abend vorzubereiten. Etwas gewöhnungsbedürftig war das kleine Tierchen schon in seiner Wohnung. Ab jetzt musste er darauf achten, dass er den roten Stubentiger nicht platt machte wenn er seine Schritte durch die Wohnung lenkte. Grinsend trocknete er sich ab und begann sich die Haare zu fönen. Momentan konnte Schuldig eben jene Minitigerdame nicht plätten, da sich Aya mit ihr auf den Kissenberg zurückgezogen hatte. Er selbst lauschte auf das Rauschen der Dusche, während es sich Banshee neben ihm auf einem der Kissen gemütlich gemacht hatte und mit einem losen Faden spielte. Eine kleine Unabhängige war sie, das hatte Aya schon herausgefunden, doch sie spielte und kabbelte sich ebenso gerne. Ein faszinierendes Kätzchen. Schuldig war fertig und kam aus dem Bad, ging zum Schrank. „Hast du schon eine Idee, wo es hingehen soll?“, fragte er zu Ran gewandt und besah sich seine Ausbeute was Kleidung anbelangte. Nur mit einem Handtuch um die Hüften wühlte er in seinen Sachen herum und verschwand dabei fast im großen Schrank. „Ich hätte Lust auf Tanzen“, rief Aya Schuldig hinterher und betrachtete sich dessen Hinterteil. Hinreißend. Er ließ Schuldig erstmal gewähren, bevor er sich anziehen würde. Mal sehen, was er trug…gekauft hatten sie schließlich genug. „Wie wäre es mit dem Blind Kiss?“, fragte er schließlich. Schuldig sah auf und hatte dabei ein Shirt halb über seinem Schopf hängen, als er es beiseite wischte und hervorlugte. „Ja klar, können wir, in den offenen Bereich. Oder möchtest du in die Twilight-Zone?“, hakte er nach und zerrte endlich die Hose hervor die er gesucht hatte. Ob er Ran wohl Toshi und Kim vorstellen konnte? Aya fragte sich für einen Moment, ob Schuldig daher seine Kampfesstärke hatte. Dass er jeden Tag wieder gegen das Chaos in seinem Kleiderschrank ankämpfte und siegte. War das sein Training? „Lassen wir es langsam angehen…wir können ja hinein, aber ich will nur zusehen, nicht selbst aktiv werden“, antwortete er und erhob sich langsam. Ran einen ungläubigen Blick zuwerfend schlüpfte Schuldig in seine Hose. „Aha“, sagte er sparsam und lächelte anzüglich dabei. „Vom Zusehen…sicher lässt dich das dann eiskalt, nicht?“ bezweifelte er dieses Vorhaben aufs Ärgste. „Mich lässt das sicher nicht eiskalt, aber ich bin garantiert nicht derjenige, der seinen Arsch hinhalten wird, denn der, mein lieber Schuldig, tut immer noch weh.“ Nicht, dass es ihn stören würde, zumindest jetzt nicht. Aber eine neue Runde Sex? Nein…noch nicht. Wow, er wusste gar nicht, wie schnell sein schlechtes Gewissen von Null auf Hundert schießen konnte, dabei hatte er immer gedacht, er hätte so etwas gar nicht. Zerknirscht verzog Schuldig das Gesicht. „Ehrlich?“ Dass es vier Tage andauert…nun so hart hatte er es nicht durchziehen wollen. Warum hatte Ran nichts gesagt, wenn es ihn so geschmerzt hatte? Er kam zu Ran und zog ihn in die Arme, küsste ihn auf die Schläfe. „Hey“, hauchte er „…warum hast du denn nichts gesagt? Das hätte nicht sein müssen.“ Aya lachte und boxte Schuldig leicht in die Seite. „Ich bin ein Mann, keine Memme, Schuldig. In der Nacht war einfach zuviel Lust im Spiel, als dass der Schmerz allzu groß geworden ist.“ Falsch, das war es nicht gewesen. Er hatte ihn wohl gespürt und hatte die leicht stechende Reibung mit Akzeptanz angenommen. Er hatte sie gebraucht, zu dem Zeitpunkt. Das Danach…hatte er jetzt zu spüren bekommen und er regte sich immer wieder darüber auf. „Außerdem…wie oft haben wir miteinander geschlafen? Natürlich wird man dann irgendwann wund. Das ist doch ganz normal.“ Wen von ihnen beiden versuchte er eigentlich hier zu überzeugen? Nur zu gern wollte Schuldig gerade jetzt die Richtigkeit dieser Worte bestätigt haben. Das Lachen und die Geste waren deplaziert, sie wirkten aufgesetzt, doch Schuldig nahm sie an und ließ sich darin verwickeln, auch wenn seine Augen etwas anderes sagten, grinste er mit. Er löste sich von Ran und suchte sich ein Hemd aus dem Schrank. „Pass auf dich auf“, sagte er wie nebenbei. „Ich? Immer“, lächelte Aya und machte sich nun seinerseits daran, sich Sachen in dem Schrank zu suchen. „Außerdem mein Lieber“, murmelte er am Ohr des Telepathen „Bin ich der Meinung, dass dein Hintern auch langsam mal wieder dran sein sollte. Du siehst einfach fantastisch aus, wenn du vor Lust deinen Rücken durchbiegst und dich wie eine Großkatze streckst. Wenn du nach mehr stöhnst…“ „Ran hör auf, wenn ich dich nicht gleich noch mal flach legen soll“, knurrte Schuldig verspielt und schüttelte den Kopf über so viel Unbelehrbarkeit. „Mein Hintern also…“, überlegte Schuldig laut und zog eine Schnute als würde er überlegen. „den …musst du erst mal kriegen!“ grinste er verschlagen in Erinnerung an Rans Lieblingsspiel: weglaufen und eingefangen werden. „Aber…ich habe ihn doch schon“, murmelte Aya, als er sich besagtes Hinterteil griff und fest zudrückte, den anderen Mann daran an sich zog. „Ganz alleine meiner. Niemandes sonst“, befand er beinahe schon zu sachlich, ließ das begehrte Fleisch jetzt aber los. Er würde auch eine Nacht ohne Sex überstehen… Diese Sachlichkeit hörte Schuldig durchaus heraus, doch es tat ihm gut. Er brauchte dies, zu wissen wohin er gehörte, wer Ansprüche auf ihn erhob. So kam er nicht auf abwegige Gedanken und alles …Ran hatte ihn unter Kontrolle. Somit konnte er sich frei bewegen, er wusste dass Ran ihn begehrte und ihn wollte. „Ran…wir wollen doch aber schon noch aus der Wohnung kommen, oder?“, lachte er unvermittelt. Sie waren beide einfach schrecklich. „Natürlich wollen wir das, deswegen…machen wir uns jetzt fertig“, schmunzelte Aya und wandte Schuldig seinen Rücken zu, fischte sich nun seinerseits Sachen aus dem Kleiderschrank, die er anziehen wollte. Nichts großartig entblößendes, dafür aber sehr schlichtes, interessantes. Der Teufel lag im Detail. So war es auch hier. Aya lächelte. Er zog sich aus, auch seine Unterwäsche und stieg in die Lederhose, arrangierte die Ketten an der Seite. Dazu folgte noch ein schlichtes, grünes, eng anliegendes Oberteil. Alles sehr harmlos, auch seine Boots. „Ran!“, krächzte Schuldig, die Augen auf dessen Hinterteil gerichtet, welches gerade in der Hose verschwand. Er trug keine Unterwäsche. Das tat er sonst immer. Immer. „Was…was…“, stotterte er. „Ich dachte, wir wollten heute keusch bleiben?“ Aya sah VÖLLIG verständnislos zu Schuldig hinauf und in dessen schier entsetzte Gesichtszüge. Dann lächelte er. „Ich will keusch bleiben, das heißt jedoch nicht, dass ich nicht das Leder an meiner nackten Haut fühlen darf, wie es sich über sie schiebt und mit ihr verschmilzt in der Hitze, oder?“ „Du bist gemein!“, formte sich Schuldigs Gesicht zum anklagenden Ausdruck und er schluckte. „Sowas ist ziemlich hinterhältig, mich so zu quälen.“ Danach ging er ins Bad, machte die Tür zu und schmollte. o~ Es stellte sich heraus, dass Ayas Wahl der Kleidung durchaus die Richtige gewesen war, so heiß es in diesem Club an diesem Tag war. Auch wenn er sich freute…er war unter Menschen, er war raus aus dieser Wohnung, er hatte Schuldig an seiner Seite und gemeinsam machten sie den Club unsicher. Aya stand am Tresen und nahm einen Schluck seines Long Island Iceteas. Sehr gut gemischt, aber er brauchte das auch. Besonders nach den vergangenen drei Tagen. Er lehnte bei Schuldig, seine Hand in dessen Hose und beobachtete Leute, die um sie herumschwirrten oder eine der Bühnenshows, die ihnen hier geboten wurden. Diese Hand war es auch, die Schuldig zurückholte, wenn er in den Köpfen der Leute spukte, wenn er sich dazu hinreißen lassen wollte, ihre dunkelsten Gedanken, ihre geheimen Gelüste anzustacheln. Stattdessen plauderte er mit dem Barkeeper, den er kannte, und tat sich an seinem Cocktail gütlich. „Ist Toshi da? Oder Kim?“, fragte er den Bartender. Aya sah, wie der andere Mann nickte und mit den Lippen das Wort ‚beide’ formte. „Stellst du sie mir vor?“, fragte Aya in das Ohr des Telepathen, damit dieser ihn auch verstehen konnte über die Musik hinweg, über die Geräusche von unzähligen Menschen hier im Club. Es interessierte ihn…mit wem Schuldig noch alles geschlafen hatte. Nicht, weil er in diesem Fall eifersüchtig war, nein, sondern weil es ihn neugierig machte, wer es schaffte, Schuldigs Aufmerksamkeit so dauerhaft und nachdrücklich zu fesseln. „Ja, wenn es okay ist?“ Der Bartender deutete mit dem Kopf aufs Twilight und Schuldig griff sich seinen Drink und deutete Ran dass sie nun ins Twilight gehen würden. Er war neugierig, wie Ran auf die beiden reagieren würde, neugierig, aber auch etwas unsicher. Doch Aya lächelte ihm zuversichtlich ins Gesicht und ging mit ihm gemeinsam ins Twilight. Wie der Name schon sagte…ein Zwielicht, eine Zwischenstation zwischen den Welten. Oder eine ganz andere Welt, je nachdem, wie man es sich aussuchte. Ein Darkroom im gehobenen Ambiente, konnte man sagen, auch wenn es das nicht so ganz traf. Überall waren deckenhohe Glaswände, einzelne Bereiche, in die man sich zurückziehen konnte. Herrlich. Youji und er hatten sich gerne hier verirrt, waren durch die Räume gestreift...um zu schauen, zu agieren… „Ich bin gespannt…wie die beiden sind.“ „Erst mal finden…“, lachte Schuldig und sie streiften zusammen durch die einzelnen Räume, die mehr oder weniger einiges zu bieten hatten. Schließlich fanden sie die beiden. Toshi hatte es sich auf dem Boden bequem gemacht, lehnte an einem Ledersessel, während Kim darauf saß und er ihren Fuß massierte. Sie hatte die Beine überschlagen und saß entspannt da. Beide frönten den Lauten und dem Geschehen, welches sich vor ihnen abspielte. Ein Pärchen vergnügte sich dort. Aya nahm die Szene stumm in sich auf und ließ seinen Blick über das agierende Pärchen gleiten. Er lauschte ihren Geräuschen, seinem Stöhnen und ihrem Seufzen, bevor er sich an das Besitzerpärchen wandte. Zumindest glaubte er sich daran zu erinnern, dass es die beiden waren. Sympathisch, kam es Aya als erstes in den Sinn. Völlig ruhig und gelassen wirkten sie. Vor allen Dingen sie. Was hatte Schuldig ihm über Kim erzählt? Dass sie blind war? Aya wartete ab, wollte sich nicht einmischen, wollte abschätzen, wie sich die Situation entwickeln würde. Kim wurde als erstes auf sie aufmerksam, wandte ihren Kopf in Schuldigs und Rans Richtung, erst da tat Toshi es ihr gleich und als er Schuldig sah, erhellte sich sein Gesicht und er winkte ihnen entgegen. Gleichzeitig sagte er zu Kim gewandt etwas. Dann erhob er sich. Schuldig fragte sich, wie die beiden Ran finden würden… Aya betrachtete sich den nicht unattraktiven, jedoch vollkommen unscheinbaren Mann, der nun auf sie zukam. Angeborene Vorsicht machte sich in ihm bemerkbar, griff nach seinen Instinkten. Er war wachsam, auch wenn er sich denken konnte, dass von den beiden keine Gefahr ausgehen würde. "Schön euch hier zu sehen", begrüßte Toshi die beiden Neuankömmlinge mit einem Lächeln. Schuldigs Arm fand Rans Taille und er hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Schläfe. "Toshi, darf ich dir Ran vorstellen? Ran das ist Toshi", lächelte er warm und löste sich von Ran um zu Kim zu gehen, die noch immer auf ihrem Platz saß. "Sie freut sich, dass er da ist", sagte Toshi samtig und geleitete Ran zu den beiden. Toshis Stimme war dunkel und zugleich weich. Schuldig nahm Kims Hand und führte sie an seine Lippen, hauchte einen zarten Kuss darauf. "Kim. Es tut gut, dich zu sehen. Ich möchte dir jemanden vorstellen", flüsterte er Kim diese Worte ins Ohr, die daraufhin lächelte. "Ich bin gespannt endlich den Grund für deine Abwesenheit zu erfahren." Aya merkte deutlich, dass er sich mit dem Kennen lernen von fremden Personen immer noch schwer tat…Er folgte dem anderen Mann – Toshi – zwar, fühlte sich jedoch zunächst eher unwohl, Kontakt mit den Beiden zu schließen. Was nicht daran lag, dass sie beide mit Schuldig geschlafen hatten. Ganz im Gegenteil, das Paar schien etwas Besonderes zu sein, mussten sie ja auch, wenn sie diejenigen waren, die Schuldig in ihren Bann gezogen hatten. Schon als Aya selbst den Telepathen noch als Schwarz gekannt hatte. Nur als Schwarz, als bösen, teuflischen Gegenspieler. Er fühlte sich unwohl, weil er zu Weiß’ Zeiten immer den Kontakt zur Außenwelt gemieden hatte, bis auf die sporadischen Sexabenteuer mit Youji und anderen, unbekannten Paaren zusammen. Er wollte einfach keine emotionalen Bindungen zu Menschen, die nicht wussten, was er war und tat. Er scheute sich vor Kontakten, auch jetzt noch, nachdem Youji ihn so unsanft aus seiner emotionalen und geistigen Starre gerissen hatte. Damals. Und dennoch kam er mit, brachte zumindest Neugier für die Beiden auf. Er sah Toshi an, entsann sich auf das, was der andere Mann gesagt hatte. „Er hält viel auf sie. Auf euch beide“, nickte er ruhig. „Er ist uns immer willkommen, Ran.“ Toshi lächelte hintergründig. „Wie du auch“, dann wandte er sich wieder um und sie kamen bei Schuldig und Kim an. Schuldig richtete sich auf und kam zu Ran, während Kim eine mit Leder behandschuhte Hand ihm entgegenstreckte. Bis zur Mitte des Oberarms umschmiegte weiches dünnes Leder ihre Haut. Sie lächelte Ran wie eine Sphinx an. „Sie möchte dich kennen lernen“, sagte Schuldig leise und fühlte sich aufgekratzt. Fast wie ein Familientreffen. Wobei er nicht genau wusste, warum er sich so fühlte. Kim brauchte nahen Kontakt um jemanden einschätzen zu können. Sie wollte meist das Gesicht berühren. Doch Schuldig wusste nicht, ob Ran das ihr gestattete. Aya lächelte Schuldig flüchtig entgegen, bevor er sich wieder auf die Frau vor sich konzentrierte. Er ergriff ihre Hand und versuchte sich zu erinnern, was ihm Youji irgendwann einmal über westliche Höflichkeit einzubläuen versucht hatte. Denn es genügte nicht, wenn er ihr zunickte oder sie anlächelte, er musste etwas sagen. Handeln. So führte er die ledernen Handknöchel an seine Lippen und küsste sie, fast zu unmerklich, als dass sie es bemerken würde. „Madame…“, merkte er ruhig an und wollte ihre Hand wieder sinken lassen. Kims Sinne waren ausgeprägter als die Sehender und sie bemerkte sehr wohl den sanften Druck. Sie lachte leise und drehte ihre Hand, sodass sie Rans Wange berührte, sie befühlte. „Möchtest du dich neben mich setzen?“ Es war ungewöhnlich für Aya, sich auf diese Art und Weise berühren zu lassen, doch er hielt still, wusste, dass es ihre Möglichkeit zu sehen war. „Gerne“, erwiderte er leise und nahm neben ihr Platz, war ihr alleine schon durch die Größe des Ledersessels sehr nahe. Sie roch gut, das war das Erste, was ihm auffiel. Ein zarter, sehr angenehmer Duft, nicht aufdringlich. Sehr frisch auch. Ihre gesamte Erscheinung war entspannt, fließend und ruhig. Quasi der Gegenpol zu Schuldig. Aya lächelte stumm in sich hinein. Er konnte sich schon vorstellen, wie sie die Energie des Telepathen absorbiert hatte, wenn dieser wieder zu hibbelig und zu aufgedreht war. „Wie gefallen sie dir?“ fragte Kim danach, wie Ran das Pärchen in Aktion fand und streckte ihre Linke aus, die sogleich von Schuldig ergriffen wurde. „Würdet ihr uns zwei „Specials“ bringen?“ Schuldig blickte Ran an, ob er ihn mit Kim alleine lassen konnte. Er wusste nicht, ob er sich wohl fühlte, dort neben ihr. Aya nickte Schuldig zu. Er hatte wohl verstanden, was der andere Mann ihm damit andeuten wollte und befand, dass das nun zuviel der Bemutterung war. Natürlich bewegte er sich hier auf neuem Eis, natürlich fühlte er sich nicht so sicher, wie es vielleicht Youji tun würde…ganz sicher nicht SO wie Youji. Aber das hieß nicht, dass er nicht versuchen konnte, mit dieser Situation umzugehen. Er sah noch schweigend zu, wie die beiden Männer tatsächlich verschwanden und besah sich dann erst das Pärchen vor ihnen. „Sie sind interessant“, antwortete er wahrheitsgemäß. Denn das waren sie auch. Interessant, aber nicht anziehend. Leise lachend legte sie ihren Kopf dezent schief als würde sie lauschen. „Was findest du denn mehr als interessant, Ran?“ Kim bemerkte in der ruhigen Gestalt neben sich eine gewisse Anspannung, sie wandte sich ihm zu, als würde sie ihre ganze Aufmerksamkeit auch körperlich auf ihn richten. „Schuldig“, war das Erste, was Aya in den Sinn kam. Es stimmte. „Er ist faszinierend in seiner Art und Offenheit“, bot er als Erklärung an, auch wenn er nicht genau wusste, warum er das tat. Vielleicht war es an dem Interesse, das sie offenkundig an ihm zeigte. Ein Schmunzeln zierte Kims Lippen. „Er hat eine freimütige Art, mit seinen Gefühlen umzugehen. Es ist als wandle er zwischen den Menschen, nicht mit ihnen. Seltsam, findest du nicht?“, fragte sie hintergründig. Doch bevor ihr geantwortet werden konnte, beugte sie sich etwas vor. „Würdest du mir einen Kuss schenken, Ran?“ Aya wollte ihr gerade antworten, dass es durchaus nicht seltsam war, als er sich einer Frage gegenüber sah, die ihn im ersten Moment überfuhr. Da sprach sie von Freimütigkeit, wo sie Schuldig doch so ähnlich schien. Vor allen Dingen, da Schuldig ebenso wie sie einen Kuss hatte haben wollen. Ganz zu Anfang. Und er hatte dem Telepathen damals einen versprochen. Er hatte dieses Versprechen auch gehalten. Es brauchte einen Moment, bevor er lächelte und seine Stimme ebenso ruhig wie freundlich ein „Natürlich.“ entgegnete. Er beugte sich zu ihr und umfasst hauchzart ihre Wange, bevor er ihr einen leichten Kuss auf die Stirn hauchte. Ihre Hände legten sich auf seine Schultern und zart fuhr sie die mit der einen Hand in den Nacken, die andere schlich sich den Kiefer entlang, über die Wange zu Rans Lippen. „Schenk mir einen richtigen Kuss, einen blinden Kuss“ lächelte sie ihr hintergründiges Lächeln. Die Hand im Nacken glitt hinab, entdeckte das lange Haar, fuhr über die seidige Textur. „Zunächst dachte ich, er hätte sich in eine Frau verliebt“, raunte sie, an Rans Lippen. „Er war sehr niedergeschlagen … wegen dir?“ Ihre blinden Augen sahen eher unbewusst in Rans, während ihre Lippen so nah an seinen waren. Und da dachte Aya, er wäre um den Kuss herum gekommen. Aber wie konnte er die Bitte dieser Frau abschlagen? Gar nicht. Eine Gänsehaut überlief seinen Körper, als sie ihn berührte, doch eher, weil es ungewohnt war und sich seine Zellen dagegen sträubten, ohne sein direktes Einverständnis und Einwirken angefasst zu werden. Er sagte dazu nichts, das hier war das normale Leben und nicht das unantastbare Leben des Killers Abyssinian. Doch das musste noch lange nicht heißen, dass auch er es tolerierte, auch wenn er es um ihretwillen geschehen ließ. „Eine Frau?“, lachte er. „Nein…das bin ich sicherlich nicht.“ Er verfiel wieder für einen Moment in angenehmes Schweigen, bevor er sich daran erinnerte, wann sie das letzte Mal gestritten hatten. „Ja, wegen mir. Eigentlich immer wegen mir. Manchmal frage ich mich, was ihn bei mir hält“, entgegnete er scherzend. „Du hast die Frage schon beantwortet … wegen dir“, lachte sie leise, bevor sich ihre Lippen seinen näherten und sie sanft berührten. Danach fragten, ob sie eingelassen würde, stippte ihre Zunge gegen die Lippen. Ihre Augen zur Hälfte geschlossen, waren ihre Sinne völlig auf Ran gerichtet, auf die Spannung in ihm. Aya gewährte ihr den Einlass, gewährte ihr den Blind Kiss, den sie erbeten hatte. Er öffnete seine Lippen, schmeckte sie, schmeckte den Alkohol, den sie vielleicht vor kurzer Zeit noch getrunken hatte. Er bewegte sich nicht, verharrte ganz still. Kims Hand strich über Rans Haar, es sorgsam behandelnd, schlüpfte sie zwischen die Lippen, stupste Rans Zunge mit ihrer an, neckte ihn und umgarnte ihn zart. Noch immer spürte sie etwas Lauerndes in diesem Mann, etwas, das er zurückhielt. Was dies war konnte sie nicht sagen, doch es ähnelte dem, was Schuldig vor ihnen verbarg. Es war fast wie die Unruhe eines Raubtieres, die in den Tiefen brodelte. Es dauerte seine Zeit, bis Aya sich auf ihr Spiel einließ und ihre sanften Avancen erwiderte. Weil sie eine Frau war, entschied er für sich. Einen Mann hätte er niemals so weit kommen lassen, nicht einen fremden. Doch sie war…auf eine Art beharrlich in ihren Wünschen, auf die andere jedoch nicht aufdringlich. Seine Hände lagen ruhig auf dem Ledersofa und er versuchte nach und nach, seine Gestalt von der Anspannung zu befreien. Dies blieb von Kim nicht unbemerkt, die sich mit einem abschließenden Nippen an den für sie so sanften Lippen zurückzog. „Wie sanft und vorsichtig du bist“, sagte sie leise noch an die Lippen gehaucht. „Oder nur misstrauisch und in dich zurückgezogen?“ Sie berührte mit ihrem Daumen die Lippen, lächelte geheimnisvoll und nickte, als hätte sie etwas für sich bestätigt. „Glaubst du, wir könnten Freunde werden, Ran?“ Er lachte leise. „Das Erste hört sich sehr schön an, allerdings trifft vermutlich das Zweite eher zu.“ Er fing die ihn berührende Hand ein und platzierte einen weiteren Kuss auf die Fingerknöchel. „Es gibt nichts, was dagegen spricht, denke ich“, erwiderte er. Kim bemerkte, wie sich jemand näherte und sog genießend Rans Geruch ein, bevor sie sich etwas zurückzog und aufblickte. „Schuldig…er ist gefährlich, du solltest dich vorsehen. Nimm dich vor ihm in Acht“, fiel ihr abschließendes Urteil aus. „Er hat etwas ‚Fesselndes’ an sich“, lächelte sie und lehnte sich zurück, wohl wissend, dass ihr gleich ihr Drink von einem der Männer überreicht wurde. Schuldig hatte bereits, als sie hereintraten, gesehen wie nahe sich die beiden gekommen waren und grinste wissend. „So meinst du?“, sah er auf Ran und zog ein finsteres, misstrauisches Gesicht, als habe er hier einen Doppelagenten vor sich. Aya hob stumm eine Augenbraue, zuckte gönnerhaft mit den Schultern. Diese Frau hatte es wirklich in sich. „Ich denke, die Warnung kommt etwas zu spät“, lächelte er schließlich. „Er ist mir schon die in die Falle gegangen…ohne Ausweg.“ „Vielleicht kann ich ihn noch retten?“ Kim hob die Hand und Schuldig gab ihr den Drink in die selbige. Toshi reichte Ran seinen Drink, setzte sich auf die Lehne neben Ran und lehnte sich zurück auf die Rücklehne, beobachtete das Pärchen nebenbei. Schuldig setzte sich auf die breite Lehne neben Kim und nahm einen Schluck seines Drinks, seine Augen funkelten und flirteten mit Rans. „Wer weiß, wer hier wen in der Falle hat…“ „Die Katze spielt mit der Maus, diese wiederum mit der Katze“, merkte Aya an und nahm ebenso einen Schluck des Specials, der ohne Frage das Beste war, was es hier an alkoholischer Mixtur gab…noch vor seinem obligatorischen Icetea. Stark und bitter, so mochte er es. Er fühlte sich seltsam, dass er hier in diesen Kreis integriert war, dass sie ihn so einfach angenommen hatten. Das ließ ihn vorsichtig werden, vorsichtig auf eine ungefährliche Art und Weise. So als ob er sich erst an das normale Leben gewöhnen müsste. Aber war es denn nicht auch so? „Du hast also jemandem zum Spielen gesucht?“, wandte sich Kim an Ran. „Selbst beim Spielen sollte man Vorsicht walten lassen…“ Ihre Hand fand ihren Weg auf Rans Oberschenkel, blieb locker darauf liegen, als läge sie zufällig dort und untermauere lediglich ihre Worte. Wem sagte sie das? Aya garantiert nicht. Er kannte die möglichen Auswirkungen eines Spiels. Er kannte die Konsequenzen, die sich daraus ergaben. Er erwiderte nichts darauf, lächelte nur und sah Schuldig in die Augen. „Man sollte bei allem Vorsicht walten lassen, was man tut“, richtete er schließlich wieder an Kim. „Wie wahr. Und manchmal …manchmal muss man alles riskieren um etwas zu gewinnen“, antwortete sie. Schuldig nahm einen tiefen Schluck, ließ dabei Ran nicht aus seinem lauernden Blick. Wenn Ran ihn weiterhin so ansah…hatte er bald ein Problem unter dem Stoff seiner Hose. Was hatte er gerade gesagt? Er war zu sehr in diesen Blick vertieft gewesen. Man sollte bei allem was man tut vorsichtig sein… War er das? War er immer vorsichtig? „Und wenn es sich dann lohnt, nennt man das Himmel, ich weiß“, antwortete Aya tiefgründig und wandte sich Schuldig zu, lehnte sich etwas über Kim um ihm über die Wange zu streichen. „Was hast du? Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte er besorgt, mit einem unschuldigen Einschlag. Wieder einmal zu unschuldig, als dass man ihm das auch nur in Ansätzen glauben würde. Schuldig nutzte diese Gelegenheit, senkte seine Lider etwas, fing die schmalen Finger ein und leckte über den längsten der Fünf. „Alles bestens“, zwickte er Ran liebevoll warnend, ihn nicht zu sehr zu reizen. Vielleicht war es genau diese Warnung, die Aya dazu veranlasste, seine Finger nicht zurückzuziehen. Er lächelte, ließ seine Hand von den Lippen des Telepathen hinuntergleiten, streifte den Brustkorb, den muskulösen Bauch bis weit unten, bevor er sich zurückzog. „Euch beiden gehört das Blind Kiss?“, stellte er in den Raum und sah Toshi in die Augen. Dieser hob seine Hand und strich Ran eine lose Strähne wieder über die Schulter. „Ja, uns gehört es. Können wir etwas für dich tun?“ Er schien bewusst das Wort ‚dich’ und nicht ‚euch’ gewählt zu haben. „Hey, verschwört sich jetzt alles gegen mich?“, begehrte Schuldig auf, genoss aber diese Stimmung zwischen ihnen, die ihm zeigte, dass Ran die beiden mochte. „Gegen dich? Nie…“, neckte Aya den anderen Mann. Sah es gleichzeitig Toshi nach, dass dieser ihn so ungezwungen berührte. Es schien in dieser Szene so zu sein, dass es niemanden wirklich störte. Aya schon…weil es nicht seiner Maxime entsprach. Doch er wollte diese Stimmung hier nicht zerstören, er wollte die beiden um Schuldigs Willen kennen lernen. „Nein, ich bin glücklich so wie ich bin“, richtete er an Toshi und strich sich die Haare über die Schulter nach vorne. „Oh, das bezweifelt …keiner…“, sagte Toshi und nickte lächelnd. Doch Schuldig sah diese Geste, sah Rans Rebellion gegen die Berührung. Er wusste, dass Toshi ebenso wie Kim den Kontakt zu anderen mochten. Vor allem wenn sie so attraktiv waren wie Ran. o~ Youji stand vor dem Spiegel und überprüfte sein Outfit. Sehr avantgardistisch heute, beschloss er. Eine Schwarze Hose, dazu ein schlichtes, weißes Hemd und ebenso farbige Schuhe. An sich nichts Spektakuläres, wären da nicht die schwarzen Hosenträger und die Krawatte mit auffälligem Muster gewesen. Seine Haare hatte er sorgsam geglättet und schließlich so hochgegelt, dass er sie in einem legeren Zopf nach hinten nehmen konnte und sie am Seitenscheitel frech abstanden. Es war kein Aufreißeroutfit, das er hier anhatte, sondern Vernissagekleidung. Genau dort wollte er nämlich hin und genau dahin begab er sich jetzt. Stilvoll in seinem Seven natürlich fuhr er zu der Halle, einer alten, stillgelegten katholischen Kirche, die nun Ausstellungsort für diverse Künstler war. Mal sehen, was ihn dort erwartete. Die Örtlichkeit füllte sich mit zunehmend fortschreitender Stunde und er ließ sich von seinem Platz aus, der Estrade, auf der sonst der Chor stand, von den Stimmen, der Musik und der Stimmung einhüllen. Crawford hatte dies organisiert, hatte die Einladungen verschickt, hatte das Essen geordert, hatte die Jazzband bestellt, Nagi hatte ihn frisiert, hatte ihn angezogen. Und er … war einfach nur da und genoss diesen Abend auf seine Weise. Crawford hatte sich auch um die Inszenierung der Bilder gekümmert, sie mit Licht und diesem Ort perfektioniert. Nur hier kamen sie so zur Geltung dass sie diesen Effekt hatten. Er sollte ihnen dafür danken…überlegte er, während er von seinem exklusiven Platz nach unten blickte. Youji war sich nicht mehr genau sicher, wie lange er schon hier war, wie lange er sich schon in Musik und Bild verloren hatte. Es schien alles bis auf das kleinste Detail zu passen…zueinander stimmig zu sein. Wunderbar, das liebte er. Er nippte an seinem Sekt und konnte beinahe schon wieder Aya im Hintergrund hören, wie er ihm deswegen tadelnd verbal auf die Finger klopfte. Nicht so viel Alkohol, ist ungesund…Er hätte Aya gerne dabei gehabt, fiel Youji jetzt auf. Sehr gerne sogar. Damit er mit ihm genießen konnte, was sich hier darbot. Er kannte den Künstler sogar…es war der Gleiche von der letzten Ausstellung, nur waren es heute neue Bilder. Die nicht weniger interessant waren als ihre Vorgänger. Schade nur, dass anscheinend niemand hier den Künstler zu kennen schien, er hätte zu gerne ein paar Worte mit ihm gewechselt. „Gefällt es Ihnen?“ Die Arme auf dem Rücken verschränkt stand der Mann in Yohjis Blickwinkel. Jei hatte ihn von der Estrade aus erblickt und sich gewundert. Sehr sogar. Im ersten Moment war er so erstaunt, dass er viele Minuten damit verbracht hatte die Gestalt zu taxieren, sie zu studieren, in ihren Bewegungen, aber vor allem in ihren Emotionen. „Sehr schön, ja. Sehr anregende Bilder“, erwiderte Youji und deutete auf das, was er gerade in Augenschein genommen hatte, bevor er sich zu der Person, die die Frage gestellt hatte, umdrehte und…erstarrte. Natürlich kannte er den Mann, der vor ihm stand. Natürlich schlugen seine Instinkte – wenn auch verspätet – aus und er musste den Drang zurück zu weichen unterdrücken. Diese so höfliche Frage schien überhaupt nicht zu Farfarello zu passen. Nein, sie PASSTE einfach nicht. Nicht zu dem blutrünstigen Iren, der hier in einem schwarzen Rock…nein, es war eine weit ausladenden, schwarze Hose, ebenso farbiger Weste mit hohem Kragen vor ihm stand, die Haare zurückgebunden die Hüfte mit einer Art Rosenkranz verziert. Youji blinzelte. Einmal. Zweimal. „Was machst du hier?“, fragte er, misstrauisch und kampfbereit. Jeis Auge funkelte ob der Gefühle, die durch den anderen rauschten wie eine Springflut. Das Grün der Iriden leuchtete. Ganz anders als sonst gekleidet erinnerte sich Jei an ihr letztes Zusammentreffen im Kampf. Schuldig war sehr wütend darüber gewesen, dass Weiß einen neuen Anführer im Einsatz hatten. Es war interessant gewesen, doch nun… jetzt hatte er Blut geleckt. „Dasselbe wie du“, übernahm er die persönliche Anrede. „Ich sehe mir die Bilder an und ihre Wirkung auf das Publikum“, sagte er. „In welcher Weise findest du die Bilder ‚anregend’?“ hakte er nach. Youji kam nicht umhin, den anderen Mann noch ein paar Momente mehr anzustarren und ihn in Augenschein zu nehmen. Er kam nicht umhin, sich zu fragen, inwieweit Kritiker und Weiß jemals eine Fehleinschätzung des Iren getroffen hatten. Natürlich…auf Missionen hatte er ihn IMMER blutrünstig erlebt, doch DAS hier? Das war ja schon beinahe zivilisiert. Beinahe? Farfarello auf einer Vernissage? Das war das Letzte, mit dem er gerechnet hatte. Ebenso wenig wie mit der Frage des Iren, dessen goldenes Auge ihn ruhig maß. Zu ruhig. Zu gelassen. Youji wurde vorsichtig, beantwortete aber dennoch die ihm gestellte Frage. „Die Farben. Sie sind das Leben. Nicht immer harmonisch, aber im Gesamten passend.“ Sich das Bild betrachtend, wandte sich Jei von Yohji ab, sodass die Augenklappe in Yohjs Sichtbereich fiel. „Eine gute Antwort, ich hätte es nicht besser sagen können“, stimmte er zu. „Du warst schon öfter in die Betrachtung dieser … Farben versunken gewesen, richtig?“ Nagi hatte ihm gesagt, dass der Blonde auf der letzten Ausstellung war. Er runzelte die Stirn, ungesehen von dem anderen und sog einmal tief die Luft ein, unterdrückt. Es waren zu viele Menschen in diesem Raum, die es ihm erschwerten, sich nur auf diesen Einen zu konzentrieren. Vor allem weil er auch noch mit ihm kommunizieren wollte. Er war kein Anfänger auf seinem Gebiet, doch all diese neuen Eindrücke zusammen konnten ihm zusetzen. Deshalb wählte er seine Worte genau. Youji beobachtete den anderen Mann genau, sog alleine schon aus Vorsicht jedes Detail in ihm auf. „Woher weißt du das?“, beantwortete er die Frage des Iren mit einer Gegenfrage und runzelte zweifelnd die Stirn. Ja, er war vor nicht allzu langer Zeit mit Omi bei einer anderen Ausstellung gewesen, die ihm ebenso gut gefallen hatte wie diese hier. Jei wandte sich im Sprechen zu Yohji zurück. „Vielleicht…war ich auch anwesend?“ Er war nicht anwesend gewesen, doch das musste der andere Mann nicht wissen. Und Jei hatte nicht vor, ihm zu sagen, dass er der Künstler dieser Bilder war. Das verstieß gegen eine Abmachung mit Crawford und es interessierte ihn nicht, dass die Betrachter der Bilder wussten von wem sie stammten. Allein der Effekt zählte. „Oh. Tatsächlich?“ Etwas anderes wusste Youji nicht auf diese Tatsache zu erwidern. Er hatte sich so in Sicherheit gewogen, dass er nicht auf seine Umgebung geachtet hatte. Wie auch heute. So etwas war gefährlich, wäre vor Ayas und Schuldigs Verbindung vielleicht noch gefährlicher gewesen. „Was denkst du über die Bilder?“, fragte er nach, interessehalber. „Sie machen einen unvollendeten Eindruck, es fehlt etwas.“ Jei drehte sich um und ging einige Schritte. Als er merkte, dass der Blonde ihm nicht folgte, winkte er und lächelte spöttisch, als habe er Crawford imitiert. „Komm mit, ich möchte dir etwas zeigen…oder hast du Angst?“ Fortsetzung folgt… Vielen Dank für’s Lesen. Bis zum nächsten Mal! Coco & Gadreel Diese und unsere anderen Geschichten findet ihr auch unter http://gadreel-coco.livejournal.com Viel Spaß beim Stöbern! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)