Die Mutter meiner besten Freundin von -NicoRobin- ================================================================================ Kapitel 6: 6 ------------ „Mich wundert es, dass Mama noch nicht wach ist. Es ist schon 10 Uhr.“ Wir waren gerade dabei, den Tisch zu decken. Davor haben wir im Ort beim Bäcker frische Brötchen geholt. Ich stellte den Aufschnitt auf den Tisch und blickte in das fragende Gesicht meiner Freundin. „Wir waren noch bis 4 wach. Kein Wunder, dass sie noch schläft.“ Sie runzelte die Stirn und sah mich erstaunt an. „So lange?“ Mist. Mein Mund war wieder schneller als mein Verstand. Wie kam ich denn aus der Sache wieder raus? „Ähm...ja, warum? Ich habe dir doch erzählt, dass ich nicht schlafen konnte.“ Sie schnaubte und schüttelte schließlich den Kopf. „Und dann dachtest du, du hältst sie die halbe Nacht wach? Was habt ihr denn die ganze Zeit gemacht?“ In ihrer Stimme schwang Eifersucht mit. Was war denn mit ihr los? Sie war doch sonst nicht so. „Was soll das werden, Marie? Warum bist du so eifersüchtig? Wir saßen im Wohnzimmer, haben Fernsehen geschaut und ein wenig geredet. Ist das verboten, oder was?“ Sie knallte den Teller lauter als beabsichtigt auf den Tisch und zuckte leicht zusammen. „Was ist dein Problem, Marie?“ - „Du bist gerade mein Problem und eifersüchtig bin ich schon mal gar nicht. Ich will nur nicht, dass du mitten in der Nacht bei meiner Mutter abhängst.“ „Du spinnst. Sie hatte absolut nichts dagegen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du dich deswegen so aufregst.“ Sie stellte sich vor mir auf und starrte mich verärgert nieder. „Weißt du was? Geh einfach. Ich will dich nicht mehr sehen.“ Ich blieb wie angewurzelt stehen und brachte keinen Ton heraus. Wie konnte es nur so weit kommen? Wir stritten so gut wie nie und wenn, dann nur über Kleinigkeiten. Ich legte meine Hand auf ihren Arm und kämpfte mit den Tränen. „Tu das bitte nicht, Marie. Warum bist du so gemein zu mir?“ Sie schüttelte meine Hand ab und sah mich traurig an. Die ersten Tränen liefen bereits ihre Wangen hinab. „Weil du auf sie stehst und sie ganz offensichtlich auch an dir interessiert ist. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann. Du wärst praktisch meine Stiefmutter, obwohl du nur drei Jahre älter bist. Entschuldige, aber das ist krank.“ Selbst in meinen Ohren hörte sich das komisch an. Trotzdem tat es mir unheimlich weh, so etwas aus ihrem Mund zu hören. So sehr hatte mich wirklich noch niemand verletzt. Ich drehte mich von ihr weg, um ihr nicht zu zeigen, wie sehr es mich mitnahm. Ohne ein weiteres Wort verließ ich die Wohnung und knallte die Haustür hinter mir zu. Ich ging die drei Treppenstufen nach unten und wäre beinahe über meine eigenen Füße gestolpert. Meine Sicht war verschwommen, ich konnte nur schwer den Weg vor mir erkennen. „Grace, bitte warte. Es tut mir leid.“ Ich beschleunigte mein Tempo, als ich ihre Stimme hinter mir vernahm. Obwohl ich schon fast rannte, holte sie mich ein. Sie hielt mich an der Schulter zurück und drehte mich vorsichtig zu sich um. „Es tut mir leid, Grace. Das alles ist nicht einfach für mich.“ - „Lass mich in Ruhe, Marie. Ich will alleine sein.“ Ich flüsterte ihr die Worte entgegen, hatte keine Kraft, meine Wut herauszulassen. Sie senkte ihre Hand und ließ den Kopf hängen. Ich zwang meine Beine zum weitergehen und drehte mich kein einziges Mal zu ihr um. Ich schloss gerade die Haustür, als ein aufgebrachter Stefan auf mich zu stürmte. Er packte mich grob an den Handgelenken und drückte mich fest gegen das Holz. „Wo warst du solange? Weißt du, was deine Mutter sich für verdammte Sorgen gemacht hat?“ Meine Beine zitterten, als er mir die Worte ins Gesicht schrie. Meine Handgelenke schmerzten. Mit jedem Wort drückte er mich fester. „Du tust mir weh! Lass mich bitte los.“ Meine Tränen begannen erneut zu laufen, doch das interessierte ihn nicht. Er ließ mich los und schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht. Ich keuchte auf und hielt mir die schmerzende Wange. „Du hast Hausarrest. Undankbare Göre. Geh auf dein Zimmer. Ich will dich heute nicht mehr sehen!“ Ich rannte an ihm vorbei, ging hinauf in mein Zimmer und knallte die Tür. Zu meiner eigenen Sicherheit drehte ich den Schlüssel herum, bevor ich mich auf das große Bett fallen ließ und weinte. Es war nicht das erste Mal, dass er mich schlug. In letzter Zeit kam es vermehrt zu solchen Ausbrüchen. Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Das vibrieren meines Handys riss mich aus dem Schlaf. Ich fummelte es aus meiner viel zu engen Hosentasche und nahm ohne zu zögern ab, als ich ihren Namen auf dem Display las. „Hallo Süße, was ist passiert? Marie weint die ganze Zeit und sagt kein Wort. Habt ihr euch gestritten?“ Ich ignorierte die aufkommende Sorge über Marie und seufzte ins Telefon. Sie war Schuld an allem. Wieso nahm es mich so mit, dass es ihr schlecht ging? „Ja, ziemlich heftig sogar. Ich kann nicht am Telefon darüber reden. Kannst du herkommen? Ich habe Hausarrest.“ Für einen Moment war es still auf der anderen Seite. Lediglich ihr atmen war zu hören und signalisierte mir, dass sie noch dran war. „Ich bin sofort da. Bis gleich.“ Ich legte auf und spürte die Nervosität in mir. Hätte Marie doch nur schon mit ihr gesprochen. Nun musste ich das übernehmen, was mir so gar nicht gefiel. Nach ein paar Minuten hörte ich die Klingel läuten. Ich richtete mich auf und hielt den Atem an, um besser verstehen zu können, was Stefan sagte. Er machte soeben die Tür auf und wechselte ein paar Worte mit Andrea, deren Stimme ich deutlich hörte. Nach weiteren Sekunden des Wartens klopfte es leise an meiner Tür. „Grace? Ich bin es.“ Blitzschnell erhob ich mich von meinem Bett und drehte den Schlüssel um. Als ihr vertrautes Gesicht vor meinen Augen erschien, schossen mir augenblicklich die Tränen in die Augen. Sie kam auf mich zu und schloss mich in eine liebevolle Umarmung. Ihre Hand strich auf eine sehr beruhigende Art über meinen Rücken. „Ist es so schlimm, Süße? Bitte beruhig dich. Es wird alles wieder gut.“ Ich drückte mich noch etwas fester an sie und vergrub mein Gesicht an ihre Halsbeuge. Der süße, blumige Duft, den ich so an ihr liebte, stieg in meine Nase. „Hmm, du riechst so gut...“ -„Schau mich bitte an, Grace.“ Ich hob vorsichtig meinen Kopf und sah in ihre grünen Augen. Ein besorgter Ausdruck war darin zu lesen, als sie den Blick auf meine Wange richtete. Ich neigte den Kopf zur Seite und unterbrach den Kontakt. Ich wollte nicht, dass sie es sah, aber dazu war es bereits zu spät. Sie strich über die gerötete Stelle und drehte meinen Kopf wieder zu sich. „War er das, Grace?“ Ich blickte sie einen Moment an und nickte schließlich. Warum sollte ich es auch leugnen und mich in unnötige Lügen verstricken? Ich vertraute ihr. „Ja. Ich habe ihm nicht gesagt, dass ich über Nacht wegbleibe. Er... er hat mich geschlagen. Und das nicht zum ersten Mal. Seit einem Monat geht das schon so.“ Ich nahm meine Hände von ihrem Rücken und zeigte ihr die rötlichen Stellen an meinen Handgelenken. Sanft fuhr sie mit ihren Fingern über die Stellen. Genau so, wie Marie es gestern getan hatte. „Ich habe Angst vor ihm. Er soll mich einfach nur in Ruhe lassen.“ - „Oh Grace,... es tut mir so leid. Weiß deine Mutter bescheid?“ Ich entzog mich ihren Händen und bewegte mich langsam auf das Bett zu. Dort ließ ich mich in die weiche Matratze sinken und atmete tief durch. Andrea setzte sich dicht neben mich und legte ihre Hand auf mein Knie. „Nein. Ich habe ihr nichts erzählt. Wir streiten viel wegen ihm. Ich habe Angst, dass sie mir nicht glaubt.“ - „Das wird sie bestimmt. Es ist nicht zu übersehen, dass du misshandelt wirst. Wenn du willst, kann ich bei dem Gespräch dabei sein. Du musst da nicht alleine durch.“ „Das wäre schön. Mama hat morgen frei. Ich muss bis 17 Uhr arbeiten. Hast du danach vielleicht Zeit? Wir können uns dann zusammensetzen.“ - „Das passt. Ich rufe deine Mutter später mal an und lade sie zum Kaffee ein. Marie muss morgen länger arbeiten. Wir wären also alleine. Ist das okay?“ Ich setzte mich auf und nahm sie in die Arme. Eine große Last fiel von meinen Schultern. Ich wünschte, ich hätte mich schon viel eher an sie gewendet. „Danke. Ich bin sehr froh, dass du da bist.“ - „Natürlich, Süße. Ich will das es dir gut geht. Du verdienst das nicht. Niemand sollte so behandelt werden.“ Sie küsste mich auf den Scheitel und drückte mich noch etwas fester an sich. Einen Moment verharrte ich in dieser tröstenden Umarmung, ehe ich mich von ihr löste. Nun folgte der unangenehmere Teil. Ich hatte Angst. Sehr große sogar. Es könnte gut möglich sein, dass unsere Beziehung hier und jetzt zu Ende gehen würde. Wenn sie sich zwischen Marie und mir entscheiden müsste, wäre ich ganz klar der Verlierer. Ich erhob mich vom Bett und ging unruhig auf und ab. „Marie und ich haben uns gestritten. Wir streiten fast nie und wenn, dauert es nicht lange und wir versöhnen uns wieder. Sie ist eifersüchtig, weil ich die halbe Nacht bei dir war. Ich wollte es eigentlich nicht sagen. Es ist mir rausgerutscht. Sie ahnt, dass wir Gefühle füreinander haben. Sie hat mich angeschrien und gemeint, dass das total krank ist. Ich...“ - „Grace? Ist alles okay da drin?“ Stefan klopfte mehrmals gegen die Tür. Allein seine Stimme reichte aus, dass ich mich unwohl fühlte. Ich versteifte mich und sagte kein Wort. Wenn Andrea wieder weg war, würde er garantiert in mein Zimmer stürmen und fragen, worüber wir geredet haben. „Grace?!“ Seine Stimme wurde ungeduldiger. Das war kein gutes Zeichen. „A-Alles in Ordnung, Stefan.“ - „Gut. Dein Besuch sollte gleich gehen. Essen steht auf dem Tisch.“ Er entfernte sich von der Tür und knallte irgendwo eine andere. Ich hockte mich auf den Boden und legte die Stirn auf meine angezogenen Knie. Zu viel ging gerade in mir vor. Ich war all dem nicht gewachsen. Es zerrte an meinen Nerven. „Grace... Mir ist nicht wohl dabei, dich hier mit ihm alleine zu lassen.“ Sie kniete neben mir und strich beruhigend über meinen Rücken. „Ich schaffe das schon. Mama kommt auch bald nach Hause. Mach dir keine Sorgen um mich.“ - „Das tue ich aber. Du weißt nicht, wozu er fähig ist. Komm mit mir.“ Ich biss mir auf die Lippe und dachte einen Moment darüber nach. Es wäre vermutlich die beste Entscheidung, aber wie sie bereits erwähnte, weiß ich nicht, wozu er fähig ist. Ich wollte nicht, dass er jemand anderem weh tut. „Nein, dass geht nicht. Ich habe Hausarrest. Du siehst doch, wie aggressiv der ist. Es wird schon alles gut.“ Für ein paar Sekunden sah ich sie einfach nur an. Langsam kam ich ihrem Gesicht näher und drückte meine Lippen auf ihre. Anstatt den Kuss zu erwidern, schob sie mich sanft von sich. „Gib mir bitte etwas Zeit, Grace. Ich sollte erst mit Marie reden.“ Ich verbarg meine Enttäuschung und versuchte den Stich in meinem Herzen zu ignorieren. Sie hatte Recht. Es wäre wirklich das beste, wenn sie erst mit Marie sprechen würde. Trotzdem war es schwer, gleich zweimal an einem Tag enttäuscht zu werden. „Was ist, wenn sie es nicht versteht? Wirst du mich dann verlassen?“ - „Ich weiß es nicht. Wir sollten positiv denken, dann tut es nicht ganz so weh.“ Sie erhob sich, ging zur Tür und verharrte einen Moment davor. Als sie sich umdrehte, blickte sie mich mit Tränen in den Augen an. Ich wollte sie so gern in die Arme nehmen und fest an mich drücken, aber das würde es nur noch schwerer machen. Stattdessen blieb ich sitzen und kämpfte erfolglos gegen meine eigene Trauer an. „Ich melde mich bei dir, sobald wir gesprochen haben. Pass bitte auf dich auf, Süße.“ Sie schlüpfte durch die Tür, verabschiedete sich von Stefan und verließ die Wohnung. Trotz meiner zitternden Beine schaffte ich es irgendwie ins angrenzende Badezimmer und stürzte aufs Waschbecken zu. Verquollene Augen blickten mir durch den Spiegel entgegen. Ich drehte den Hahn auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Ich dachte an gestern zurück, als ich in einer ähnlichen Situation war. Mit dem kleinen Unterschied, dass Andrea nicht neben mir stand. Es war unmöglich, nicht an sie zu denken. Seit Jahren geisterte sie in meinem Kopf umher. Daran würde sich wohl nie etwas ändern. Seufzend rieb ich mir mit dem Handtuch das Gesicht trocken und verließ mit einem letzten Blick in den Spiegel das Bad. „Was wollte die heiße Schnitte denn von dir? Die würde ich gerne mal in mein Bett einladen.“ Ich war nicht überrascht ihn hier zu sehen. Ganz im Gegenteil zu seinen Worten. Erschrocken blickte ich ihn an und ballte die Hände zur Faust. Was dachte der sich eigentlich? Er war mit meiner Mutter verheiratet und verhielt sich wie ein Arsch. „Rede nicht so über sie. Das geht dich gar nichts an.“ Super. Wie war das noch gleich? Erst denken, dann sprechen, Grace. Sein süffisantes Grinsen wechselte augenblicklich zu einem wütenden. Er kam auf mich zu und blieb eine Armlänge vor mir stehen. Die Ader an seiner Stirn pochte gefährlich. „Was fällt dir ein, so mit mir zu reden?“ Die Wut, die in mir brodelte, ließ mich mutiger werden. Ich machte einen Schritt auf ihn zu und hielt seinem Blick stand. Wenn er mich schlagen wollte, okay. Aber so über Andrea zu reden, gefiel mir gar nicht. „Was fällt dir ein, so über SIE zu reden? Du bist mit Mama zusammen!“ Zum zweiten Mal an diesem Tag klatschte er mir die Hand ins Gesicht. Bevor ich den Schlag jedoch verdauen konnte, riss er meinen Kopf wieder zu sich und drückte mit zwei Fingern meinen Kiefer. „Ich warne dich, Kleines. Überspann den Bogen nicht. Ich bin noch zu ganz anderen Sachen fähig.“ Um seine Worte zu unterstreichen, fuhr er quälend langsam meine Seite hinunter und hielt an meiner Hüfte inne. Im selben Moment ging unten die Haustür auf und Mama rief nach Stefan. „Einen Moment, mein Schatz. Ich bin sofort bei dir.“ Er ließ von mir ab und funkelte mich wütend an. „Überleg dir gut, was du tust, Grace.“... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)