Ich wünsche mir Glück von -NicoRobin- ================================================================================ Kapitel 1: 1 ------------ Ein lautes klingeln riss mich aus meinem Schlaf. Ich öffnete vorsichtig die Augen und gewöhnte mich langsam an die Helligkeit, die durch mein Fenster kam. Meine Hand wanderte zum Wecker und machte ihn aus. Seufzend schwang ich meine Beine über die Bettkante und blieb einen Moment ruhig sitzen. Ich war definitiv ein Morgenmuffel und blieb abends länger wach. Dafür bekam ich morgens dann die Quittung. So auch heute. Ich war unendlich müde und musste ein gähnen unterdrücken. Heute war Montag, mein erster Tag an der neuen Schule. Kurz vor den Sommerferien bin ich von Köln hierher gezogen. In ein kleines Dorf in der Nähe von Hannover. Es ist bei weitem nicht so groß wie in Köln, aber hier waren die Mieten um einiges günstiger. Zudem liebte ich die Ruhe und mied größere Menschenmassen. Durch die Nebenjobs die ich neben der Schule gemacht habe, konnte ich ein wenig Geld zur Seite legen und mir somit den Traum einer eigenen kleinen Wohnung ermöglichen. Es war schön, nicht mehr bei meinen Eltern zu leben. Ich liebte sie sehr und wir verstanden uns mehr oder weniger gut, aber eigene vier Wände waren trotzdem schöner. Jeder brauchte seinen Freiraum. Ich erhob mich von meinem Bett und suchte im Kleiderschrank etwas passendes zum anziehen. Ich entschied mich für ein schlichtes weißes Top und schwarze Caprijeans. Ich war nicht eines der typischen Mädels, die besonderen Wert auf ihre Kleidung legten. Zudem fand ich mich auch nicht besonders hübsch. Mit meinen 1,75 m war ich bisher immer die größte gewesen, wenn man die Jungs nicht mitzählt. Hinzu kommt meine Figur mit ein paar Kilo mehr auf den Hüften. Das einzige, was ich an mir mochte, waren meine kupferfarbenen Haare, die mir bis zu den Schulterblättern reichten, sowie die braunen Augen. Vom Charakter her war ich eher die unscheinbare Einzelgängerin und dazu auch noch verdammt schüchtern. Ich habe noch nie gerne vor der Klasse geredet oder mich gemeldet, um etwas zu sagen. Das ist auch der Grund, warum ich mit meinen 19 Jahren noch zur Schule ging. Ich musste wegen schlechter Mitarbeit und weniger guten Noten eine Klasse wiederholen. Nachdem ich aus der Dusche gestiegen bin, machte ich mich auf den Weg in die Küche. Dort angekommen machte ich mir einen Kaffee um etwas wacher zu werden. Frühstück bekam ich morgens nicht runter. Nach dem aufstehen hatte ich einfach noch keinen Hunger. Als der Kaffee durchgelaufen ist, setzte ich mich mit meiner Tasse an den Küchentisch und genoss das heiße Getränk und lauschte nebenbei der Musik aus dem Radio. Gedankenverloren schaute ich auf die Uhr, welche über der Pinnwand hing und stellte fest, dass es bereits kurz nach sieben war. Schnell stand ich auf, stellte die Tasse in die Spüle, schnappte mir meine Schultasche sowie die Autoschlüssel und zog mir meine schwarzen Vans an. Ich öffnete die Haustür und atmete die warme Morgenluft ein. Obwohl es noch früh am Morgen war, war es bereits jetzt schon ziemlich warm. Eigentlich mochte ich die Wärme nicht so. Ich war eher der Typ, der sich unter einem Pullover versteckte. Ich schloss die Tür meines schwarzen Twingos auf, warf die Tasche auf den Beifahrersitz und setzte mich hinein. Meinen Schein hatte ich vor knapp einem Jahr bestanden. Das Geld sowie den Wagen hatte ich von meinen Eltern zum Geburtstag geschenkt bekommen. Den fehlenden Anteil musste ich mir allerdings selbst erarbeiten. Aber das stellte kein Problem für mich dar. Ich musste in dieser Zeit zwar auf einiges verzichten, aber hier auf dem Dorf war es einfach besser, wenn man einen Führerschein besaß. Man war nicht auf die Bahn angewiesen oder musste gar zu Fuß laufen. Die Schule war nämlich fast eine halbe Stunde von meiner Wohnung entfernt. Um viertel vor acht parkte ich meinen Wagen auf dem Parkplatz gegenüber der Schule. Nun musste ich mich aber beeilen, um noch rechtzeitig in den Unterricht zu kommen. Schließlich wusste ich noch nicht genau, wo sich der Klassenraum befand. Da ich vor den Ferien schon zur Anmeldung hier war, hatte ich aber bereits einen Stundenplan mit den Raumnummern ausgehändigt bekommen. Mit wem ich in eine Klasse ging oder wer mich unterrichten würde, wusste ich leider auch noch nicht und genau das machte mich ziemlich nervös. Würde es dort ebenfalls Mitschüler wie Marie und Sarah geben, die mich hassten und mir das Leben zur Hölle machen würden? Denn solche Menschen hatte ich bereits in meiner alten Klasse und das war alles andere als toll. Es gab niemanden der mir beigestanden ist. Nicht einmal meinen Eltern hatte ich von dieser Sache erzählt. Dies ging mehrere Schuljahre, bevor ich mich dazu entschlossen hatte wegzuziehen. Ich wünschte mir einfach nur eine beste Freundin mit der ich über alles reden konnte. Aber die Mädels in meiner alten Klasse waren alle zu oberflächlich und falsch. Mit solchen Leuten wollte ich nichts zu tun haben. Einen Partner hatte ich auch noch nie. Es ergab sich einfach nichts. Die Jungs fanden eben Mädels wie Marie oder Sarah interessanter... Schnell schüttelte ich den Kopf um die Gedanken zu vergessen. Viel zu lange verfolgen mich diese schon und stimmten mich jedes Mal traurig. Ich war es leid zu weinen und mich zu hassen. Genau aus diesem Grund war ich so angreifbar gewesen und habe so etwas an mich herangelassen. Vor den Ferien noch hatte ich mir geschworen, damit aufzuhören. Leider ist es aber leichter gesagt, als getan. Ein klingeln holte mich heute bereits zum zweiten Mal in die Realität zurück. Der Unterricht würde jeden Moment beginnen und ich saß hier mitten auf der Bank des Schulhofes und ging meinen Gedanken nach. Verdammt, jetzt musste ich mich echt beeilen. Gehetzt kam ich vor der Tür zum stehen, Hinter der ich heute meine erste Stunde hatte. Leise Stimmen waren zu vernehmen. Natürlich waren alle Schüler und der Lehrer schon im Raum. Das half der Nervosität, die sich immer mehr steigerte, natürlich kein bisschen. Ich schloss für einen Moment die Augen, versuchte meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bringen und klopfte zaghaft an die Tür... Kapitel 2: 2 ------------ „Ja, herein?“ Eine angenehme Stimme war zu vernehmen. Ich nahm all meinen Mut zusammen, drückte die Klinke hinunter und betrat den Klassenraum. Vor mir erstreckte sich ein heller, großer Raum. Achtzehn Augenpaare waren auf mich gerichtet, was mich nur noch nervöser machte. Ein leises tuscheln ging durch den Raum. Dieses verstummte aber augenblicklich, als mich die angenehme Stimme aus meinen Gedanken riss. „Guten Morgen, bist du Emma, die neue Schülerin?“ Mein Blick wanderte von den Schülern nach vorne zum Lehrerpult. Dort stand die schönste Frau, der ich je begegnet bin. Sie war ungefähr Mitte 30, hatte lange blonde Haare, die schönsten blauen Augen, die ich je gesehen habe und eine perfekte Figur, um die ich sie beneidete. Ich errötete leicht und wandte meinen Blick zur Seite. „Ja ähm.., ja die bin ich. G-Guten Morgen.“ In der hintersten Reihe kicherten einige Mädels. Sie waren hübsch und erinnerten mich an die beiden Oberzicken meiner alten Klasse. Na super. Musste ich jetzt auch noch anfangen zu stottern? So machte ich mir bereits am ersten Tag Feinde. Langsam ging ich einen Schritt nach hinten und spürte die Türklinke in meinem Rücken. Am liebsten würde ich jetzt kehrt machen und schnell verschwinden, aber das konnte ich unmöglich tun. „Ruhe jetzt!“ Überrascht wandte ich meinen Blick wieder der Lehrerin zu. Oh Gott, sie war so perfekt. Langsam kam sie auf mich zu und legte ihre Hand auf meine Schulter. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Ihr Parfum stieg in meine Nase und machte mich wahnsinnig. Wie gerne würde ich mich nun an sie lehnen, die Augen schließen und für immer so stehen bleiben. Halt! Was dachte ich denn da? Was waren das nur für seltsame Empfindungen? Ich konnte sie nicht zuordnen und fühlte mich in diesem Moment unendlich hilflos. Als sie wieder anfing zu sprechen und dabei so unwiderstehlich lächelte, waren meine Gedanken wie ausgelöscht. „Das hier ist Emma. Ab heute ist sie eine von euch. Das mir ja keine klagen kommen.“ Die Schüler lachten und auch sie konnte nicht anders. Wie ihre Augen strahlten.. Wenn ich nicht schon jetzt so dermaßen von ihr fasziniert wäre, dann wäre es spätestens jetzt der Fall. „Emma? Du kannst dich dort neben Amelia setzen.“ Sie nahm die Hand von meiner Schulter und zeigte in die erste Reihe am Fenster. Sofort fehlte mir ihre Wärme, die von der Berührung ausging. „Ich bin übrigens Frau Klein. Deine Klassenlehrerin. Es wäre schön, wenn du nach dem Unterricht kurz bleiben könntest, damit wir alles weitere besprechen können. Nun kannst du dich aber gern vorstellen, damit wir dich etwas kennenlernen.“ Mit einem zwinkern ging sie zurück zum Pult und setzte sich auf den Stuhl. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Es reicht ja nicht, dass ich genau hier vorne in ihrer Nähe sitzen muss, nein, nun sollte ich auch noch vor der ganzen Klasse sprechen. Mit einem seufzen ging ich ebenfalls auf meinen zugewiesenen Platz. Amelia, meine Mitschülerin sah mich neugierig an und lächelte, als ich mich neben sie setzte. „Hi, schön dich kennen zu lernen. Endlich sitze ich nicht mehr alleine.“ Ihr lächeln erwidernd blickte ich an ihr vorbei. Es stimmte, zu ihrer rechten saß niemand. Ob sie wohl auch eher der Einzelgänger war? „Hi, es freut mich ebenfalls.“ Ich wandte mich von ihr ab und sah, dass Frau Klein mich abwartend musterte. Noch einmal seufzte ich und versuchte meine Anspannung abzuschütteln. Ein wenig gelang es mir auch. Ich wurde aus irgendeinen Grund mutiger, wenn ich sie ansah. Gleichzeitig schlug aber auch mein Herz schneller und ich bekam feuchte Hände. „Ich heiße Emma und bin 19 Jahre alt. Vor wenigen Wochen bin ich von Köln hierher gezogen. Ich spiele sehr gern Badminton und lese viel.“ Als ich mit meiner Vorstellung fertig war, lächelte Frau Klein mir aufmunternd zu. „Sehr gut. Ich freue mich, dass du jetzt hier bist. Wir haben nun im ersten Block Mathematik. Bis du ein Buch hast, kannst du bei Amelia mit hinein sehen. Wenn du fragen hast, stehen wir beide dir gerne zur Verfügung.“ Mit einem letzten lächeln, welches nur mir galt, drehte sie sich zur Tafel und schrieb die ersten Aufgaben an... Nach dem Unterricht packten alle ihre Sachen zusammen und verließen den Raum zur Pause. Ich tat es ihnen gleich, blieb auf meinem Platz sitzen und musterte meine Lehrerin. Wieder verlor ich mich in meinen Gedanken. Es war ein schönes Gefühl, welches mich durchströmte. Aber musste sie unbedingt eine Frau und meine Lehrerin sein? Und dann noch dieser Altersunterschied. Ich fühlte mich sowieso schon nicht normal. Diese Sache wühlte mein Innerstes nur noch mehr auf. Neben mir erhob sich Amelia und berührte mich leicht am Arm. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie noch hier war. „Wir sehen uns dann später Emma.“ Bei dieser Geste spürte ich rein gar nichts, obwohl Amelia auch hübsch anzusehen war. Sie war gut einen Kopf kleiner als ich, hatte eine braune freche Kurzhaarfisur mit blonden Strähnen und braune Augen. Wieder mal in Gedanken versunken merkte ich gar nicht, wie sie aus dem Raum ging und mich alleine zurück ließ. Mit Frau Klein. Diese setzte sich in diesem Moment neben mir auf den Stuhl und musterte mich wie schon so oft heute. „Was ist denn los Emma? Mir ist aufgefallen, dass du ziemlich oft deinen Gedanken nachhängst. Das ist nicht gerade gut, wenn du doch im Unterricht aufpassen sollst. Bedrückt dich irgendwas? Du kannst mit mir reden. Egal worum es geht.“ Um ihre Worte zu unterstreichen legte sie ihre Hand auf meinen Unterarm. Nun hatte sie meine volle Aufmerksamkeit. Musste sie mich denn immer berühren? Es fühlte sich toll an, aber das sollte es nicht. Sie war doch meine Lehrerin. Ich zog meinen Arm langsam unter ihrer Hand hervor und steckte meine Hände in meine Taschen. Ich sah in ihrem Blick so etwas wie Enttäuschung und hatte ein schlechtes Gewissen. Natürlich wusste sie nicht, wie es in mir aussah. Mit meiner Geste hatte ich zugegeben, ihr nicht zu vertrauen. Warum war ich nur so blöd? Entschuldigend sah ich sie an. „Es tut mir leid, ich vertraue Ihnen, so ist es nicht, aber ich...ich kann einfach nicht darüber reden.“ Beschämt ließ ich den Kopf hängen. In diesem Moment war ich wütend auf mich selbst. Konnte ich nicht einmal etwas richtig machen? Etwas nasses tropfte auf meinen Unterarm. Weinte ich? Es fühlte sich zumindest so an. Ich hob den Kopf und wischte die Tränen mit dem Taschentuch aus meiner Jeans weg. Natürlich blieb mir der Blick meiner Lehrerin nicht verborgen. Aber ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte oder gar hinter meine Gefühle kommt. „Mir geht es gut, ehrlich.“ ich setzte ein gezwungenes Lächeln auf, um ihr dies zu zeigen. Sie seufzte, ließ es aber fürs erste auf sich beruhen. „Na gut, ich denke zwar etwas anderes, aber das ist nicht wichtig. Ich bin an dieser Schule Vertrauenslehrerin und habe immer Mittwochs nach der sechsten Stunde Sprechzeiten für Schüler, die über ihre Probleme oder etwas anderes sprechen möchten. Wenn du reden möchtest, kannst du mich dann gerne aufsuchen.“ Langsam nickte ich zu Bestätigung. „Danke für das Angebot. Ich werde es mir überlegen. Wollten Sie sonst noch etwas von mir?“... Kapitel 3: 3 ------------ „Ja allerdings. Deinen Stundenplan hast du ja schon erhalten. Die Räumlichkeiten sowie alles weitere wird dir Amelia zeigen. Ich hatte bereits mit ihr gesprochen und sie hat sich dazu bereit erklärt, dir alles zu zeigen. Sie ist eine ganz liebe. Ich denke, dass ihr beiden euch gut verstehen werdet. Dann wollte ich dir noch etwas geben.“ Frau Klein erhob sich von ihrem Stuhl, ging zum Lehrerpult und kramte in ihrer Tasche. Nach wenigen Sekunden hatte sie gefunden, was sie suchte und schrieb etwas darauf. Sie kam um den Tisch herum und setzte sich wieder neben mich. „Hier hast du meine Karte. Dort steht die Nummer des Buches drauf, welches du für den Unterricht benötigst. Außerdem noch meine Handynummer für den Fall, dass du doch mal außerhalb der Sprechzeiten mit mir reden magst. Die Nummer hat jeder Schüler aus meiner Klasse. Da du jetzt ein Teil davon bist, bekommst auch du sie.“ Sie zwinkerte mir zu und hielt mir die Karte hin. Ich nahm sie entgegen und für einen kurzen Moment berührten sich unsere Finger. Es dauerte wirklich nur ein paar Sekunden, entfachte aber ein kribbeln in mir, als würden tausend Schmetterlinge durch mich hindurch fliegen. Eilig zog ich meine Hand weg, ließ dabei die Karte los, welche zu Boden ging und blickte wieder einmal nach unten. Ich wollte sie jetzt nicht ansehen und mich womöglich verraten. Schnell bückte ich mich um die Karte aufzuheben. Bevor sie etwas dazu sagen konnte, ergriff ich das Wort. „Vielen Dank. Ich werde das Buch schnellst möglich bestellen, um besser mitarbeiten zu können. Danke auch für Ihre Nummer. Ich werde sie auch nicht weitergeben.“ Jetzt erst blickte ich sie wieder an und sah für ein zwei Sekunden Verwunderung in ihrem Blick. Hatte sie etwas bemerkt? Ich wollte es nicht hoffen. Zumindest merkte ich ihr nichts an, denn ihr Ausdruck hat sich wieder zum typischen lächeln verändert. „Davon wäre ich auch nicht ausgegangen. Du kannst jetzt gehen, wenn du keine Fragen mehr hast. Es müsste jeden Moment klingeln.“ Wie aufs Stichwort erklang die Schulklingel und erinnerte die Schüler daran, dass nun die dritte und vierte Stunde begann​. Eilig stand ich auf und nahm meine bereits gepackte Tasche auf die Schulter. „Nein, dass wäre alles. Vielen Dank nochmal.“ Ich schenkte ihr ein flüchtiges lächeln und verschwand schnell aus dem Klassenzimmer. Ich atmete noch einmal tief durch und holte meinen Stundenplan aus der Tasche. Wenn mich nicht alles täuschte, musste ich nun in das andere Gebäude. Dort hatten wir jetzt Deutsch. Na super. Deutsch war eines meiner Hassfächer. Ich war zwar gut in Rechtschreibung, aber Aufsätze lagen mir so gar nicht. Außerdem mussten wir in meiner alten Schule oft Gedichte auswendig lernen und wie schon erwähnt, vor der Klasse bekomme ich kein Ton heraus. Ich ging ohne Umschweife direkt zum Raum im Gebäude A. Es gab insgesamt zwei große Gebäude wo alle Schüler untergebracht sind. In dem Gebäude angekommen, suchte ich den Raum, wo wir jetzt Deutsch hatten. Ich fand ihn auf Anhieb und war erleichtert, die Schüler noch vor dem Raum anzutreffen. Sofort kam Amelia auf mich zu und grinste mich an. „Na? Wie gefällt dir bisher die Schule? Ist gar nicht mal so schlecht hier. Und die Lehrer sind auch ganz okay finde ich. Jetzt haben wir Unterricht bei Herrn Meier. Auch er ist ganz in Ordnung. Die einzige Lehrerin vor der du dich in acht nehmen solltest, ist Frau Horn. Die haben wir auch noch ausgerechnet in Sport. Das ist kein Vergnügen, dass sag ich dir.“ Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. Ich schüttelte den Kopf und fing an zu lachen. „Amelia, hol doch erst einmal Luft. Ich komm nicht mehr mit.“ Sie errötete leicht und entschuldigte sich bei mir. „Ach, kein Problem. Frau Klein sagte mir schon, dass du mir alles erklären und zeigen willst. Aber nicht zu schnell, ja?. Ich bin neu hier.“ Ich zwinkerte ihr zu und wollte gerade schauen, wer noch so in meiner Klasse ist, als mich jemand von hinten anrempelt. Ich wäre beinahe zu Boden gegangen, aber Amelia fing mich noch rechtzeitig ab. „Ach, dass tut mir aber leid. Warum musst du denn auch mitten im Gang stehen? Hör zu, du musst dich nicht so bei Frau Klein einschleimen. Geh dorthin zurück, wo du hergekommen bist. Blöde Kuh.“ Vor mir stand meine Mitschülerin, die ich im 1. Block schon in der hintersten Reihe bemerkt habe. Sie war ein paar Zentimeter kleiner als ich und ähnelte Marie sehr. Das konnte doch nicht wahr sein. Würde jetzt alles wieder von vorn beginnen? Ich schaute sie nur komisch an und ehe sie erneut anfangen konnte zu lästern, kam Herr Meier um die Ecke. Ich war noch nie so froh, einen Lehrer zu sehen und atmete erleichtert aus. Als er die Tür aufschloss, ging sie an mir vorbei und rempelte mich erneut an. „Wir sind noch nicht fertig mit dir.“ Sie und ihre Freundinnen gingen lachend in die Klasse. Ich wäre am liebsten sofort abgehauen, aber das konnte ich an meinem ersten Tag doch nicht tun. Amelia, die dicht hinter mir ging, legte mir eine Hand auf die Schulter um mich so zu beruhigen. Leider half es aber nicht. Ich war zu aufgewühlt. „Hey, alles wird gut. Wir lassen uns von denen nicht fertig machen. Die drei haben mich schon seit Jahren auf dem Kieker. Das ist alles nur Show. Die wollen sich nur wichtig machen.“ Na da war ich jetzt aber nicht wirklich überzeugt von. Die Oberzicke hatte so einen Blick drauf, der mir eine Gänsehaut bescherte. Ich traute den dreien nicht. Und das sagte ich Amelia auch. Diese zuckte nur mit den Schultern. „Bisher haben die mich nur mit Worten eingeschüchtert. Ich steh da einfach drüber.“ Wenn es bei mir nur auch so einfach wäre. Ich kann mich nicht einmal mit Worten wehren. Dazu war ich leider viel zu schüchtern... Nach der vierten Stunde hatte ich es endlich überstanden. Herr Meier schien nett zu sein. Leider konnte ich mich aber überhaupt nicht auf seinen Unterricht konzentrieren. Immer wieder geisterten mir die Worte von Monique, ja mittlerweile hatte ich ihren Namen erfahren, und ihren zwei Freundinnen Maren und Chantal durch den Kopf. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Was ist, wenn die drei doch mehr als Worte benutzten? Klar, Worte waren teilweise noch schlimmer. Sie konnten einen Menschen so sehr verletzen und brechen. Ich habe es ja selbst jahrelang erlebt. Aber an Frau Klein konnte ich mich auch nicht wenden, oder? Wenn die drei das rausbekommen würden, wäre ich im Eimer... In Gedanken versunken lief ich über den Parkplatz zu meinem Auto. Wir hatten jetzt Schluss. Das war an einem Montag echt super. Von Amelia hatte ich mich nur mit einem “Tschau, bis morgen“ verabschiedet. Es tat mir schon leid, da sie meine Nähe suchte und sich vielleicht eine Freundschaft erhoffte, aber solange mich die drei Zicken auf dem Kieker hatten, konnte ich an nichts anderes mehr denken. Im ersten Moment war da dieses wunderbare Gefühl welches meine Lehrerin in mir auslöste und im nächsten kommen da diese drei Mitschüler und machen mir am ersten Tag schon das Leben zur Hölle. Dabei wollte ich hier noch einmal ganz neu anfangen. Als ich mein Auto fast erreicht hatte, ließ mich ein pfeifen aufschrecken. „Ey Neue, warte mal.“ Ich wagte es gar nicht, mich umzudrehen, weil ich bereits wusste, wer mich rief. In mein Auto konnte ich mich aber auch nicht so schnell retten, weil ich plötzlich am ganzen Körper anfing zu zittern. Meine Konzentration sank dahin.. „Gut für dich, dass du gewartet hast. Wir wollten noch einmal mit dir reden.“ Als ich mich aus meiner Starre löste, drehte ich mich um und sah Monique direkt in die Augen. „Was wollt ihr?“ Wut kroch in mir hoch. Ich wollte endlich meine Ruhe haben. „Wir wollten dich nur noch einmal warnen. Wage es ja nicht, mit jemanden darüber zu reden. Sonst wird es böse enden.“ Sie kam mir so gefährlich Nahe, mein Verstand setzte einfach aus. Ich konnte gar nicht so schnell darüber nachdenken, da packte ich Monique bereits an der Schulter und stieß sie von mir. Dabei verlor sie ihr Gleichgewicht und landete auf ihrem Hintern. Amüsiert grinste ich sie an. Insgeheim rügte ich mich aber für diese bescheuerte Aktion. Wie konnte ich nur so die nerven verlieren? Ich war doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Schnell erhob sich Monique und starrte mich mit zornigem Gesicht nieder. „Das wirst du noch bereuen. Du wirst dir wünschen, nie hierher gekommen zu sein.“ Mit diesen Worten ließen die drei mich einfach stehen... Kapitel 4: 4 ------------ Es war bereits Mittwoch. Die sechste Stunde hat soeben ihr Ende gefunden. Nun heißt es für mich Sprechstunde. Ich ging die Treppe hinunter zu dem Raum, in dem die Stunde stattfand. Da nun eine halbe Stunde Pause für die Schüler und Lehrer war, brauchte ich mich nicht zu beeilen. Ich entschied mich zuerst im Lehrerzimmer vorbei zuschauen, um den Apfel in meiner Tasche zu essen. Schließlich war es bereits Mittag und ich hatte zuletzt heute morgen etwas zum Frühstück gegessen. Ich hatte große Hoffnung, dass Emma heute in meine Stunde kommen würde und mit mir redete, aber leider war sie seit gestern nicht mehr zum Unterricht erschienen. Ich machte mir ziemliche Sorgen um sie. Ja, ich machte mir um alle Schüler, die ich unterrichtete meine Gedanken. Aber bei Emma war es noch etwas anderes. Sie kam mir so zerbrechlich und hilflos vor. Ich war früher genauso wie sie. Verschlossen und ängstlich. Mit der Zeit hat es sich aber gelegt. Ich habe an mir gearbeitet und Hilfe gesucht. Hätte ich mich damals nicht zu diesem Schritt entschlossen, würde ich heute nicht die sein, die ich bin und wer weiß, was alles geschehen wäre. Klar, es gibt immer mal schlechte Tage, aber darauf folgten auch gute. Von dem Gedanken war ich einmal weit entfernt gewesen. Ich erinnerte mich an die Wochen zurück, die alles veränderten... ____________________ Damals wohnte ich noch mit meinen Eltern hier in Hannover. Ich ging auf die selbe Schule, auf der ich heute unterrichtete. Bis zur 8. Klasse war ich eine Vorzeige-Schülerin mit Bestnoten, die viele Freunde hatte. Auch der Stoff machte mir sehr viel Spaß. Ich brauchte nicht viel lernen, da ich das meiste sofort verstand. Das konnten leider nicht alle von sich behaupten. Eines Abends kam mein Vater, ein verhältnismäßig unterdurchschnittlich verdienender Geschäftsmann, von der Arbeit und meinte, er habe eine besser bezahlte Stelle angeboten bekommen. Der einzige Nachteil: wir mussten umziehen. Nach Berlin. Ich war wenig begeistert, da ich all meine Freunde zurück lassen musste. Meine Mama fand die Idee super. Denn hier fand sie einfach keinen Job. Sie wurde schon früh mit mir schwanger und konnte somit ihre Lehre nicht zuende machen. Da ich kein Mitspracherecht hatte, ich war schließlich erst vierzehn Jahre alt, war es beschlossene Sache. Wir machten uns gleich an diesem Wochenende auf in eine unbekannte Stadt, vor der ich mich fürchtete. Was würde auf mich zukommen? Würde ich in Berlin auch so tolle Freunde finden? Dem war leider nicht so. Ich wurde einfach nicht warm mit meinen neuen Mitschülern. Dort gab es ebenfalls zwei Mädels, die es auf mich abgesehen hatten. Jeder Tag war eine Qual. Es ging so weit, dass ich kurz davor war, mir das Leben zu nehmen. Zum Glück hatte meine Ma mich noch rechtzeitig im Badezimmer gefunden. Durch diese ganze Sache stritten meine Eltern sich immer häufiger. Eines Tages stand sie mit gepackten Koffern vor der Tür und machte sich mit mir auf den Weg zurück in unsere alte Heimat. Denn dort war ich glücklich gewesen. Das sagte ich ihr immer wieder. Meine Eltern ließen sich also scheiden. Auch diese Sache lag mir schwer im Magen. Meinen Dad hatte ich nämlich ebenfalls sehr lieb. Aber mir war klar, dass ich hier nicht länger bleiben wollte. Zuhause angekommen, meldete mich meine Ma kurzerhand in einer Therapie an. Ich hatte mich zum negativen entwickelt, nur wollte Ich das damals nicht wahr haben. Nach einigen Sitzungen und Streitereien mit meiner Mutter sah ich dies aber ebenfalls ein. Es war ein weiter weg, aber ich hatte es geschafft, aus diesem Loch rauszukommen. ____________________ Gestern Morgen, als ich das Lehrerzimmer betrat, erhielt ich die Nachricht, dass Emma für den Rest der Woche nicht zum Unterricht kommen würde. Ich fand es mehr als seltsam, denn am Montag wirkte sie noch munter. Mir war nicht entgangen, dass Monique und ihren Freundinnen keine Gelegenheit ausgelassen hatten, sie fertig zu machen. Dies bestätigte mir auch Herr Meier, mit dem ich nach der vierten Stunde redete. Schließlich wollte ich wissen, wie Emma sich an ihrem ersten Tag so machte. Leider habe ich sie an diesem Tag nicht mehr gesehen und konnte somit nicht fragen, was ihre Mitschülerinnen gegen sie hatten. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass die drei nicht ganz unbeteiligt an ihrem fehlen sind. Seufzend betrat ich das Lehrerzimmer und setzte mich auf die Couch. Eigentlich hatte ich keinen Hunger, aber mein Magen knurrte schon seit einer halben Stunde. Widerwillig biss ich in meinen Apfel und hoffte, dass die Pause bald zuende ging. Ich wollte nur noch nach Hause. Kurze Zeit später machte ich mich auf den Weg zu meinem Raum. Ich betrat diesen, der nicht​ weit vom Lehrerzimmer entfernt lag und setzte mich in den bequemen Sessel. Der Raum war nicht sonderlich groß, wirkte aber einladend. Als ich vor zehn Jahren an dieser Schule als Lehrerin anfing, diente er als Abstellraum. Meine Idee, ihn als Sprechzimmer umzufunktionieren, in dem die Schüler über ihre Sorgen sprechen konnten, fand sofort Begeisterung seitens der Lehrer. Ungefähr fünf Minuten nach dem Klingeln klopfte es an der Tür. „Herein?“ Die Tür ging auf und vor mir stand Amelia. Ich erhob mich von meinem Platz und ging auf sie zu. „Oh, Hallo Amelia, setz dich doch. Was führt dich zu mir?“ „Ähm, also, ich weiß vermutlich, wieso Emma nicht zum Unterricht kommt.“ Mit dem, was sie mir nun erzählte, hätte ich nicht gerechnet... Kapitel 5: 5 ------------ Verwirrt blickte ich mich um. Als ich auf die Uhr sah, stellte ich fest, dass es bereits 14 Uhr am Nachmittag war. Ich war mal wieder auf dem Sofa eingeschlafen. Eigentlich schlief ich seit Montag ständig. Ich fühlte mich kaputt und hatte große Angst vor meinen Mitschülerinnen. Warum musste ich nur so die Kontrolle verlieren? Warum musste ich sie ausgerechnet schubsen? Und warum war ich nur so blöd? Mir kam plötzlich meine Lehrerin in den Sinn. Ich habe in den letzten Tagen viel an sie gedacht. Irgendwie vermisste ich sie ganz schrecklich. Ich sollte mich von ihr fernhalten, bevor meine Gefühle überhand nahmen, aber gleichzeitig wollte ich sie auch bei mir haben. War das Liebe? Es scheint so. Dies war etwas ganz neues für mich. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Irgendwann musste ich ja mal wieder zur Schule gehen. Wie sollte ich mich denn dann verhalten? Kopfschüttelnd erhob ich mich von meiner Couch. Ich sollte weder an sie noch an Monique und ihre Freundinnen denken. Ich hatte noch ein paar Tage Zeit mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Nun sollte ich erstmal etwas essen. Das kam leider in den letzten Tagen zu kurz. Ich hatte nicht wirklich Appetit gehabt. In der Küche angekommen, setzte ich den Kaffee auf und beschmierte mir zwei Scheiben Brot mit Käse. Als ich den ersten bissen nahm und langsam kaute, fühlte ich mich doch etwas besser. Jetzt fehlte nur noch der Kaffee. Bis dieser durchgelaufen war, dauerte es noch einen Moment. Ich ging erstmal ins Badezimmer, wusch mein Gesicht, putzte die Zähne und zog saubere Klamotten an. Als ich das Bad wieder verließ und auf dem Weg zurück zur Küche war, klingelte es plötzlich an der Tür. Nanu, wer konnte das denn sein? Meine Eltern auf jeden Fall nicht. Die hatten sich erst fürs Wochenende angekündigt. Ich ging die wenigen Stufen zur Türe hinunter, öffnete diese und blieb wie angewurzelt stehen. Was wollte denn Frau Klein hier? Und woher wusste sie, wo ich wohnte? „Hallo Emma, ich wollte nach dir sehen. Deine Adresse hatte ich im Sekretariat angefragt. Gerade war Amelie bei mir und erzählte mir, was am Montag nach der Schule passiert ist. Kann ich vielleicht reinkommen?“ Damit hatte ich nun nicht gerechnet. Woher wusste Amelie denn bescheid? Sie musste uns gesehen haben. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Ich machte einen Schritt zur Seite, nickte ihr zu und zeigte mit der Hand in Richtung Wohnzimmer. „Bitte kommen Sie doch rein, wir können im Wohnzimmer reden. Setzen Sie sich doch schonmal. Kaffee?“ Ich wirkte überraschend gefasst, obwohl ich wusste, was gleich passieren würde. Sie machte einen Schritt über die Türschwelle und nickte. „Vielen Dank, gerne. Ich trinke ihn schwarz.“ Ich machte mich also auf den Weg zur Küche, während Frau Klein ins Wohnzimmer ging. Der Kaffee war bereits durch die Kanne gelaufen. Ich nahm zwei Tassen aus dem Schrank, goss das heiße Getränk hinein und ging mit einem Tablet, auf dem ich noch ein paar Kekse gelegt hatte, ins Wohnzimmer. Das Tablet stellte ich auf das kleine Tischchen und setzte mich auf den bequemen Sessel. Ich seufzte und nahm einen Schluck aus meiner Tasse. Die Wärme, die sich in mir ausbreitete, war angenehm. „Also, worüber wollten Sie mit mir reden? Ich bin krank und möchte Sie nicht anstecken. Es wäre schön, wenn wir es schnell hinter uns bringen könnten.“ Erst jetzt sah ich sie an. Es tat mir weh, sie anzulügen. Aber das war die einzige Möglichkeit. Ich wollte nicht reden. Ihr Blick nahm einen verletzten Ausdruck an. Sie seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Als sie mich wieder ansah, wirkte sie mehr als nur verärgert. Das schlechte Gewissen nagte an mir. „Erzähl mir keinen Unsinn Emma. Amelie hat mir erzählt, was am Montag geschehen ist. Du bist nicht krank. Du hast Angst verdammt noch mal.“ Nun brach meine Fassade. Ich umschlang meinen Oberkörper mit den Armen und fing zu weinen an. „Es tut mir leid. Ich... Ich wollte Sie nicht belügen. Ehrlich nicht. Ach scheiße, immer mache ich alles falsch.“ Ich stand auf und wollte einfach nur weg von hier. Hätte ich doch niemals die Tür geöffnet. Gerade als ich aufstehen wollte, stand sie ebenfalls auf, packte mich an der Schulter und zog mich in eine Umarmung. Mein schluchzen wurde lauter und mein Körper fing zu zittern an. Ich legte meine Hände auf ihren Rücken und lehnte den Kopf auf ihre Schulter. „Es tut mir so leid.“ Sie verstärkte den Griff und streichelte mir über den Kopf. „Hey, hör auf zu weinen. Es wird alles gut.“ Sie zog mich mit sich auf das Sofa. So verweilten wir noch einige Minuten, bis ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Als ich meinen Kopf wieder von ihrer Schulter nahm und meine Hände senkte, sah sie mich mit einem besorgten Blick an. „Es sind Monique und ihre Freundinnen, oder? Wegen ihnen bist du nicht mehr zum Unterricht erschienen. Du hättest es mir sagen sollen. Ich bin doch für dich da.“ Warum setzte sie sich so für mich ein? Wieso tat sie das alles? Ich sprach meinen Gedanken laut aus und wartete auf eine Antwort. „Weil ich deine Lehrerin bin. Die drei sollten nicht so mit dir umspringen. Du bist nicht weniger Wert als sie. Mir wurde früher ebenfalls übel mitgespielt. Niemand hat so etwas verdient.“ Ich nickte zur Bestätigung. „Sie haben Recht. Monique ist ein Grund, warum ich nicht mehr zum Unterricht gekommen bin. Über den anderen möchte ich nicht sprechen. Nicht heute.“ Sie gab sich mit der Antwort zufrieden und berührte meine Wange. „Das muss ich wohl so hinnehmen. Wie gesagt, ich bin für dich da. Mit Monique werde ich morgen noch reden. Versprich mir aber bitte, wieder am Unterricht teilzunehmen. Wir finden eine Lösung, okay?“ Ich gab mich für einen Moment ihrer Berührung hin. Es war schön, ihr so Nahe sein zu können. Kurz darauf zog sie ihre Hand wieder weg. Ihr war wohl bewusst geworden, dass sie eine Grenze überschritt. Eigentlich hat sie das schon getan, als sie hergekommen war. Von der Umarmung mal abgesehen. Aber das war mir egal. Ich wollte doch nur sie. Wieder einmal sah ich sie traurig an. „Ja, ist okay. Ich werde morgen wiederkommen.“ Nun lächelte sie mich an und schien zufrieden. Trotzdem wirkte Frau Klein nachdenklich. Als würde sie irgendwas beschäftigen. „Das freut mich. Dann sehen wir uns morgen. Ich sollte jetzt gehen. Danke für den Kaffee. Bitte denk nicht mehr so viel über die Sache nach, okay? Bis morgen dann.“ Noch ehe ich etwas erwidern konnte, war sie aufgestanden und zur Tür hinaus gegangen. Ich blieb irritiert, über ihren schnellen Aufbruch, dort auf meiner Couch sitzen. _____________________ Als ich die Tür hinter mir schloss, ging ich eilig zu meinem Auto. Die Idee, nach Emma zu sehen, war vielleicht doch keine so gute von mir gewesen. Ich habe schon am Montag im Unterricht bemerkt, dass sie sich seltsam mir gegenüber benahm. Sie wirkte in meiner Gegenwart schüchterner und schaute oft woanders hin, wenn sie mit mir redete. So als wolle sie mich nicht ansehen. Wenn sie es dann aber doch tat, blitzte etwas in ihren Augen auf. So war es auch heute. Sie suchte meine Nähe und genoss meine Berührungen. Ich hatte schon am Montag den Verdacht, sie würde mehr in mir sehen, als nur ihre Lehrerin. Nun hatte ich wohl die Gewissheit, dass dem so war. Dies stellte ein ziemliches Problem dar. Sie war ohnehin schon ziemlich labil und ängstlich. Was würde geschehen, wenn ich ihr die Hoffnung auf mehr nahm? Ich wusste es nicht und wollte es mir auch gar nicht ausmalen. Ich entschied mich, sobald die Sache mit Monique geregelt war, sie darauf anzusprechen. Ich hoffte so sehr, dass ich mich irren würde... _____________________ Den Rest des Tages machte ich mir immer noch Gedanken über ihren Besuch und den schnellen Abschied. Ich hätte gerne noch erfahren, was ihr damals passiert war. Aber ich traute mich nicht zu fragen. Ich hätte wohl auch keine Antwort darauf erhalten. Warum sollte sie auch mit ihrer Schülerin darüber reden? Es war gerade einmal 20 Uhr, als ich zu Bett ging. Es war wirklich ein anstrengender Tag gewesen. Ich hoffte, das morgen alles gut werden würde und ich wieder ohne Angst zur Schule gehen konnte... Kapitel 6: 6 ------------ Gelangweilt sah ich auf meine Armbanduhr, welche ich letztes Jahr von meinen Eltern zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Sie zeigte 12:30 Uhr an. Seufzend drehte ich mich zu Amelia und versuchte, leise mit ihr zu reden. „Oh man, der Unterricht ist so langweilig, ich schlafe gleich ein.“ Nickend stimmte sie mir zu. Wir wurden schon mehrmals ermahnt, während des Unterrichts nicht zu reden. Das war wohl der Grund, warum sie nur ein nicken zustande brachte. Wir hatten die letzten beiden Stunden Unterricht. Erdkunde. Bei Frau Armin. Ihre Art, wie sie den Stoff rüberbrachte, war eigentlich ganz in Ordnung. Auch war sie ziemlich nett, geduldig und half, wenn Schüler etwas nicht verstanden oder eine Frage hatten. Das Fach war aber allgemein doof und langweilig. Darum zogen wir es vor, uns zu unterhalten, statt den Worten unserer Lehrerin Gehör zu schenken. Nur noch vierzig Minuten, dann hatten wir Schluss. ____________________ Rückblick: Es war heute ein sehr ereignisreicher Tag gewesen. Endlich konnte ich wieder durchatmen und ohne Angst in die Schule gehen. Das hatte ich alles Frau Klein zu verdanken. Ich war so glücklich, ich konnte es nicht in Worte fassen. Es geschah noch vor der ersten Stunde. Als ich gerade den Schulhof betrat, kam meine Lehrerin mir lächelnd entgegen. „Guten Morgen Emma. Ich habe soeben mit der Direktorin gesprochen. Wir treffen uns jetzt mit Monique und ihr im Direktorzimmer. Bitte folge mir.“ Ich nickte und ging ihr hinterher. Etwas mulmig wurde mir schon. Was ist, wenn Monique nicht kooperieren würde? Schließlich hatte ich Frau Klein alles gebeichtet. Davon war sie bestimmt ganz und gar nicht begeistert. Aber so konnte es auch nicht weitergehen. Ich war überzeugt davon, das Richtige getan zu haben. Als wir im Büro der Direktorin ankamen und uns setzen, erzählte ich ihr nochmal alles, was ich auch schon meiner Lehrerin erzählt hatte. Sie zeigte viel Verständnis und ermutigte mich, dass es richtig war, sie aufzusuchen. Einige Minuten später klopfte es an der Tür und meine Mitschülerin trat ein. Sie setzte sich auf den Stuhl neben Frau Klein und sah die Direktorin unschuldig an. „Warum wurde ich hier her bestellt? Ist irgendwas vorgefallen?“ Ich schnaubte und war den Tränen nahe. Dieses Szenario hatte ich mir unendliche Male vorgestellt. Aber nun fühlte es sich so unwirklich an. Wieso spielte sie die Unwissende? „Du weißt doch ganz genau, wieso du hier bist. Lass mich endlich in Ruhe verdammt.“ Eine Hand legte sich auf meine Schulter und drückte sie ein wenig. Ihre Hand. Augenblicklich beruhigte ich mich etwas. Frau Klein sah mich bittend an. Ich verstand sofort und hielt mich zurück. Die Direktorin musterte mich ebenfalls. Kurz danach blickte sie zu Monique. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie Frau Reuter bedrohen und ihr nach des Unterrichts gefolgt sind. Ich dulde so etwas an meiner Schule nicht. Halten Sie sich von dem Mädchen fern. Sollten Sie dies nicht tun, werde ich Ihre Eltern informieren müssen. Zudem droht Ihnen dann ein Schulverweis. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ Monique wich mit jedem Wort mehr und mehr die Farbe aus dem Gesicht. Sie war so blass, man könnte meinen, sie würde jeden Moment umkippen. Ich habe die Direktorin bisher einmal gesehen und fand sie nicht sehr sympathisch. Nun hatte sich das geändert. Ich war ihr sehr dankbar. „Ja, ich habe verstanden. Es tut mir sehr leid Emma. So etwas wird nie wieder vorkommen.“ Es musste sie sehr viel Überwindung kosten, die Worte auszusprechen. Zumindest sah sie so aus, als würde ihr das überhaupt nicht passen. Mit dieser Aussage hatte sie soeben zugegeben, dass sie nicht so unschuldig war, wie sie tat. „Ich nehme deine Entschuldigung an.“ Nun sah ich Frau Klein an. Sie nickte und trug ein lächeln auf ihren Lippen. Ich lächelte zurück und war froh, dass alles vorbei war. „Dann wäre ja alles geklärt. Sie beide dürfen jetzt gehen. Der Unterricht hat vor zehn Minuten begonnen.“ Monique und ich standen auf und gingen die wenigen Schritte zur Tür. Bevor ich diese schloss, bedankte ich mich noch einmal bei den beiden und verließ den Raum, um ebenfalls zum Unterricht zu gehen. Rückblick Ende ___________________ Es klingelte und Frau Armin verabschiedete sich von uns. Vorher gab sie uns aber noch einige Aufgaben mit nach Hause, die wir zu morgen erledigen sollten. Das tat meiner guten Laune aber keinen Abbruch. Das dachte ich zumindest. Als ich den Klassenraum verließ und mit Amelia im Schlepptau das Gebäude verlassen wollte, rief jemand meinen Namen. Ich drehte mich um und erkannte Frau Klein die auf uns zukam. „Hallo ihr beiden. Wie ich sehe habt ihr nun Schulschluss. Ich würde gerne nochmal mit dir reden Emma. Ich dachte wir setzen uns in meinen Raum. Wäre das okay?“ Ich wusste nicht, weshalb sie mich sprechen wollte. Aber ihr Blick, mit dem sie mich ansah, gefiel mir überhaupt nicht. Sie wirkte besorgt und nachdenklich. Ich verabschiedete mich also von Amelia und ging mit meiner Lehrerin in die andere Richtung. Dort angekommen setzte sie sich in den Sessel und zeigte mit ihrer Hand auf den anderen. „Bitte, setz dich doch. Möchtest du einen Kaffee? Ich könnte einen aus dem Lehrerzimmer holen. Ich nickte. Heute morgen habe ich es leider nicht mehr geschafft einen zu trinken. Ich war so in meinen Gedanken versunken gewesen, wegen des Gespräches mit Monique, dass ich die Zeit total vergessen hatte. Sie stand also nochmal auf und verließ für einige Minuten den Raum. In dieser Zeit fragte ich mich immer wieder, was sie denn genau von mir wollte. Es hätte sein können, dass sie noch einmal auf das Gespräch im Direktorenbüro zurück kommen wollte. Aber mein Gefühl sagte mir, dass das nicht der Grund war. Die Tür ging erneut auf. Sie kam mit zwei dampfenden Tassen zurück und stellte eine vor mir auf den Tisch. Ihre stellte sie ebenfalls ab und setzte sich wieder auf ihren Platz, nur um kurz darauf die Tasse erneut in die Hand zu nehmen und einen Schluck daraus zu trinken. Ich tat es ihr gleich und musterte sie abermals. Eine Weile sah sie mich nur an und schien ihre Worte zurecht zu legen. Ich sagte nichts und wartete geduldig. Geduld war nur leider nicht meine Stärke. Ich hatte ein wenig Angst vor dem was sie mir sagen wollte. „Also, es ist so. Erst einmal bin ich froh darüber, dass das Gespräch heute so gut verlaufen ist. Aber deshalb sind wir nicht hier. An deinem ersten Tag ist mir aufgefallen, wie du dich mir gegenüber verhalten hast. Ich habe mir nicht viele Gedanken darüber gemacht. Schließlich kannte ich dich zu diesem Zeitpunkt noch nicht so gut. Als ich aber gestern bei dir war, um mit dir zu reden, fiel mir dein Verhalten mir gegenüber erneut auf. Ich weiß nicht, ob ich mich irre. Ich wünschte es wäre so, aber ich habe lange darüber nachgedacht. Emma, kann es sein, dass du Gefühle für mich hast?“ Ich machte den Mund auf und schloss ihn kurz darauf wieder. Die Überraschung stand mir ins Gesicht geschrieben. Mit weit geöffneten Augen starrte ich sie an. Hinter meinem Kopf arbeitete es und bescherrte mir Kopfschmerzen. Sollte ich es leugnen? Nein, ich konnte sie nicht anlügen. Sie war so nett zu mir und half mir in meiner schweren Zeit wirklich sehr. Aber die Wahrheit konnte ich ihr doch auch nicht sagen, oder? Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Eigentlich sollte sie nie davon erfahren. Hatte ich denn Gefühle für sie? Diese Antwort konnte ich mir ganz einfach selbst geben: Ja! Ich brauchte sie nur anzusehen und mein Herzschlag beschleunigte sich. Mir wurde warm und sobald sie mich berührte, kribbelte alles. Wenn ich ihr jetzt sagte, wie ich fühle, wird nichts mehr so sein wie vorher. Ich senkte meinen Blick und wagte es nicht, sie weiterhin anzusehen. Ich war so blöd. Warum ausgerechnet sie? „Emma, bitte sieh mich an. Sag doch etwas.“ Ihre Hand wanderte wie schon so oft auf meine zu. Bevor sie mich erreichen konnte, nahm ich meine vom Tisch und legte sie gefaltet in meinen Schoss. Tränen verschleierten meine Sicht und rollten mir kurz darauf über die Wangen. „Ich,...“ Kapitel 7: 7 ------------ „Ich,.. ja, ich habe mich in Sie verliebt. Es tut mir sehr leid. Jetzt hassen sie mich bestimmt.“ Ich hob meine Kopf an und sah in ihre wunderschönen blauen Augen. Mir war es egal, dass immer noch Tränen über mein Wangen liefen. Mir war in diesem Moment alles egal, weil ich Ihre Antwort bereits kannte. Sie stand auf, kam auf mich zu und hockte sich vor mir auf den Boden. Ihre Hand wanderte wie von selbst auf mein Knie und strich vorsichtig darüber. Obwohl ich ihr soeben meine Gefühle offenbarte, benahm sie sich nicht anders als vorher. Nein, sie verurteilte mich nicht einmal dafür. „Ach Emma, ich hasse dich doch nicht. Du kannst doch nichts für deine Gefühle. Um ehrlich zu sein, schmeichelt es mir sogar. Aber du weißt bestimmt auch, dass das nicht funktionieren wird. Ich bin deine Lehrerin und habe meine Pflichten.“ Ich nickte. Einerseits konnte ich es verstehen. Aber andererseits hätte ich mir gewünscht, dass es doch irgendwie funktionieren würde. Etwas in mir brach und ließ eine Leere zurück, die ich bisher noch nie gespürt hatte. „Ja, ich weiß das und akzeptiere Ihre Entscheidung. Auch wenn es verdammt wehtut.“ Eine Weile verging in der sie mich weiterhin musterte. Dann stand sie auf, zog mich mit sich und legte die Arme um mich. „Ich weiß. Und es wird sicher noch eine Weile dauern, bis der Schmerz vergeht, aber ich bin mir sicher, dass du jemand anderes findest der dich glücklich macht.“ Unfähig stand ich da und brauchte erst einmal eine Sekunde ehe ich die Umarmung erwiderte. Ich spürte angesichts ihrer Worte aber einen Stich im Herzen. Ich glaubte nicht daran, dass ich mich in jemand anderes verlieben könnte. Ich löste mich kurz darauf von ihr und nahm etwas Abstand um meine Empfindungen wieder unter Kontrolle zu bringen. Ich schüttelte den Kopf und wischte meine Tränen aus dem Gesicht. „Darf ich jetzt bitte gehen?“ Ich wollte weg von hier und am liebsten nie wieder zurück kommen. Gleichzeitig wollte ich ihr Nahe sein und nie wieder gehen. Man, das war alles so kompliziert und überforderte mich. Ich könnte schon wieder anfangen zu weinen. Aber ich riss mich zusammen. „Ja, du darfst. Bis morgen.“ Ich ging zur Tür, drückte die Klinke herunter und ging schnell aus dem Raum. Ihr geflüstertes 'Tut mir leid' bekam ich gar nicht mehr mit. Auf dem Weg zum Auto wühlte ich in meiner Tasche nach dem Schlüssel. Dort angekommen schloss ich es auf und setzte mich hinein. Ich lehnte den Kopf auf das Lenkrad und atmete erst einmal tief durch. Meine aufgebaute Fassade fing langsam an zu bröckeln. Ich zitterte am ganzen Körper und ein schluchzen verließ meine Kehle. Es war alles so ungerecht. Ich wollte doch nur glücklich sein. Nach einer Ewigkeit, zumindest kam es mir so vor, hatte ich mich einigermaßen beruhigt und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Ich drehte die Musik auf und machte mich auf den Weg nach Hause. Dort angekommen ließ ich meine Tasche im Flur stehen, ging zum Kühlschrank und holte mir eine Flasche Wein heraus. Mit einem Glas und der Flasche bewaffnet, ging ich ins Wohnzimmer, machte das Radio an und ließ mich in den bequemen Sessel fallen. Schnell war die Flasche geöffnet und mein Glas halbvoll. Ich trank es in einem Zug aus und schenkte mir erneut nach. Er schmeckte nicht besonders gut, aber ich hoffte, dass er seinen Zweck erfüllte und meine Schmerzen linderte. Meine Gedanken drehten sich wie immer um meine Lehrerin. Nun wusste sie also bescheid. Besser fühlte ich mich aber dadurch nicht. Ich schloss die Augen und sah sie vor mir. Ich ging langsam auf sie zu, legte meine Hand in ihren Nacken, blickte sie an und kam ihrem Gesicht immer näher. Kurz bevor sich unsere Lippen berührten, holte mich ein piepen in die Realität zurück. Es dauerte einen Moment, bis ich mich wieder gesammelt hatte und merkte, dass es mein Handy war, welches mich unsanft aus dem Tagtraum gerissen hat. Ich lehnte mich nach vorne, um mein Handy zu erreichen. Durch die schnelle Bewegung wurde mir ein wenig schwindelig. Was natürlich auch an dem Wein liegen konnte. Schließlich war dieser schon zur Hälfte ausgetrunken. Ich entsperrte meinen Handy. Eine neue Nachricht von Amelia: 'Hey Süße, morgen Abend Lust zu feiern? Ich kenne da eine super Location. Amelia.' Ohne groß darüber nachzudenken schickte ich ihr eine Bestätigung. Es würde mir gut tun, auf andere Gedanken zu kommen. Außerdem freute ich mich schon. Amelia und ich haben uns bisher nur in der Schule gesehen. Privat hatten wir noch nichts unternommen. Ich mochte sie und war froh eine Freundin wie sie zu haben. Von meinen Gefühlen für Frau Klein wusste sie allerdings nichts. Das sollte auch so bleiben. Eine weitere Nachricht traf ein in der sie mir schrieb, wie sehr sie sich auf morgen Abend freute. Sie wollte mich gegen 20 Uhr abholen. Wo es hin ging, wollte sie nicht verraten. Dann musste ich mich eben überraschen lassen... __________ Am nächsten Tag, es war bereits halb acht abends, war es dann soweit. Ich stand bereits eine halbe Stunde in meinem Zimmer vor dem Spiegel, fertig geduscht sowie gestylt und überlegte, was ich anziehen sollte. Heute war es alles andere als gut gelaufen. Wir hatten erst zur dritten Stunde Schule. Und dann auch noch Sport. Amelia hatte nicht übertrieben. Frau Horn war wirklich ein Drache. Sie quälte uns mit Geräteturnen. Es hatte mehrere Runden gegeben, bevor sie mit unseren Leistungen zufrieden war. Trotzdem hatte ich nur eine vier bekommen. Sport lag mir einfach nicht. Ich schob den schlechten Start einfach auf meine Kopfschmerzen. Gestern Abend hatte ich doch tatsächlich die ganze Flasche Wein ausgetrunken. Das kommt davon, wenn man seine Probleme mit Alkohol lösen wollte. Trotzdem hat es ein wenig geholfen, so auf andere Gedanken zu kommen. Auch wenn der Tag danach echt nicht lustig ist. In der fünften und sechsten Stunde hatten wir Mathe. Ich dachte wirklich, Frau Klein würde nach dem Gespräch normal mit mir umgehen. Aber da hatte ich falsch gedacht. Sie benahm sich ziemlich merkwürdig. Keine Blicke, kein lächeln und wenn ich mich mal gemeldet habe, was diese beiden Stunden nicht selten der Fall war, hat sie mich nicht einmal dran genommen. Ich wollte sie nach dem Unterricht eigentlich darauf ansprechen, entschied mich aber dagegen. Ich wollte ihr die Zeit geben. Das einzig positive an dem Tag war, dass Monique mich in Ruhe ließ. Ich war dankbar dafür. In meinem Kopf hatte ich nämlich nicht auch noch dafür Platz. In den nächsten beiden Stunden hatten wir Geschichte. Wer kam denn bitte auf die Idee, die Schüler Freitags acht Stunden lang zu quälen? Gut, wir hatten die ersten beiden Stunden frei. Aber das hätte man doch auch anders regeln können. Obwohl ich Geschichte mochte und der Lehrer echt super unterrichtete, konnte mich aber auch das nicht positiv stimmen. Die Sache mit Frau Klein ging mir einfach nicht aus dem Kopf... Auch jetzt am Abend beschäftigte mich ihr Verhalten noch. Ich hatte schon alles versucht, mich irgendwie abzulenken. Geholfen hatte aber nichts. Ich entschied mich dazu, sie am Montag darauf anzusprechen. Irgendwann würde ich sonst noch durchdrehen. Ich seufzte und wühlte zum gefühlt hundertsten Male in meinem Kleiderschrank. Dann fand ich endlich das, wonach ich gesucht hatte: eine eng anliegende schwarze Röhre, die meine langen Beine wunderbar betonte sowie ein weißes pailettenbesetztes Shirt mit dezentem Ausschnitt. Es war das perfekte Outfit für den Abend. Meine Haare hatte ich mit Haarspray ein wenig gepusht. Dazu etwas Kajal sowie Make up und fertig war ich. Die Person im Spiegel gefiel mir. Eingebildet war ich nicht, denn ich fand mich nicht besonders hübsch, aber so konnte ich mich durchaus sehen lassen. Auch die überflüssigen Pfunde waren dank des Shirts nicht zu sehen. Um kurz vor acht klingelte es an der Tür. Ich zog mir passende schwarze Pumps mit einem kleinen Absatz an, schnappte mir meine Handtasche und öffnete die Tür. „Hi Emma, wow, du siehst bezaubernd aus.“ Ihre Wangen erröteten. Kurz darauf umarmte sie mich. Vielleicht etwas zu lang. Ich schob es einfach auf die Vorfreude. Als wir uns lösten, lächelte ich sie an. „Hi, danke, du siehst aber auch nicht schlecht aus.“ Das sah sie wirklich nicht. Sie trug einen schwarzen Einteiler, welcher ihr perfekt stand, mit passender Weste und flachen Schuhen. Ich musterte sie eine Weile und dabei entging mir nicht, wie sie erneut rot wurde. Sie wandte sich eilig ab und ging zu ihrem blauen Polo. Ich zog die Tür ran und folgte ihr. Meine Freundin stand auf der Beifahrerseite und hielt mir die Tür auf. Ich bedankte mich und stieg ein. Nach wenigen Sekunden saß sie neben mir und wir fuhren los. „Wo wollen wir jetzt eigentlich hin?“ Sie lachte und schaute zu mir. „Sei doch nicht so neugierig. Du wirst es bald erfahren.“ Sie zwinkerte mir zu und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Nach einer halben Stunde sind wir in Hannover angekommen. Ich fühlte mich sicher in ihrem Auto. Sie war eine gute Fahrerin. Eigentlich mochte ich es nicht mit anderen mitzufahren, aber da ich nicht wusste, wo sie mit mir hinwollte, blieb mir keine andere Wahl. Amelia bog in eine kleinere Nebenstraße ein und parkte den Wagen auf den Parkplatz. Sie stieg aus und ging um den Wagen herum. Ehe ich mich versah, hielt sie mir auch schon die Tür auf. Dankend stieg ich aus und sah mich um. Hier war weit und breit kein Gebäude, welches einem Club ähnelte. Ich schaute sie fragend an. „Wir müssen noch ein kleines Stück zu Fuß gehen. Hier wohnt ein Kumpel von mir. Wir werden später beide nicht mehr fahren können. Da er gerade im Urlaub ist, können wir heute Nacht hierbleiben. Ich hoffe, es stört dich nicht.“ Es störte mich schon ein wenig. Ich hatte damit gerechnet heute Nacht in meinem Bett zu schlafen. Aber jetzt wieder zu fahren wäre auch doof gewesen. „Nein, dass ist schon in Ordnung. Richte bei Gelegenheit deinem Kumpel ein danke von mir aus.“ Sie nickte und hakte sich bei mir ein. „Na dann komm. Auf ins Nachtleben.“ Der Weg war doch weiter als gedacht. Dank meines dünnen Shirts fror ich bereits nach wenigen Minuten. Amelia zog ihre Jacke aus und reichte sie mir. „Danke, du bist echt süß.“ Sie winkte ab und eröttete erneut. „Bitteschön. Ich möchte nicht, dass du mir hier erfrierst.“ Ich lächelte sie an und fragte mich, was mit ihr los war. Sie benahm sich so anders als sonst. Dieses ständige erröten und die Sache mit der Autotür. Konnte es möglich sein, dass sie mehr als Freundschaft von mir wollte? Bevor ich sie darauf ansprechen konnte, zog sie mich plötzlich an der Hand mit sich mit. Sie zeigte mit ihrem Finger auf das große Gebäude vor uns. „Da wären wir. Willkommen im Blue. Meinem Lieblingsclub.“ Ich staunte nicht schlecht. Schon von außen wirkte der Club einladend. Über dem Club leuchtete der Name in blauen Buchstaben. Von innen drang gute Musik, die ich nicht kannte, in mein Ohr. Als ich die Tür sah, trübte allerdings meine Freude. Vor dieser war eine ziemlich lange Schlange. Bevor ich meinen Gedanken aussprechen konnte, gab mir Amelia bereits die Antwort. „Ich bin mit dem Inhaber sehr gut befreundet. Wir können sofort rein. Und keine Angst. Ich weiß ja, dass du nicht gut mit großen Menschenmassen zurechtkommst. Dort drinnen gibt es einen ruhigen Bereich wo nicht so viele Leute sind.“ Oh Gott. Sie war ein Schatz. Womit hatte ich sie überhaupt verdient? Ich umarmte sie überschwänglich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Du bist toll Amelia.“ Ihre Augen wurden groß. Überrascht sah sie mich an. Das bekam ich aber nicht mehr mit. Ich zog sie bereits hinter mir her zum Eingang... Kapitel 8: 8 ------------ Hallo ihr lieben, danke dass ihr meine Geschichte lest. :-) Es folgt nun ein FSK 18 Kapitel. Dieses enthält sexuelle Handlungen. Ich habe absolut keine Erfahrung mit dem Thema Sex und bitte euch, über Fehler hinwegzusehen. :-) ______________ Drinnen angekommen setzten wir uns zuallererst an die Bar. Hier im kleineren Abteil des Clubs waren tatsächlich nicht so viele Leute, wie in der größeren Halle. Trotzdem hatte man genug Platz zum Tanzen. Hier war es richtig gemütlich. Mehrere Sofas standen an der Wand und auch die Bar mit den bequemen Hockern wirkte einladend. Ich war ein wenig enttäuscht, noch nie vorher hiergewesen zu sein. Da ich aber so gut wie nie ausging, war es kein Wunder, dass ich das Blue nicht kannte. Ihre Hand wedelte vor meinem Gesicht. „Emma? Hallo? Was möchtest du trinken?“ Ich entschuldigte mich und gab meine Bestellung auf. War ich schon wieder so in Gedanken, dass sie schon mehrmals gefragt hatte? Oh mist. Wo war dieser Knopf um das abzustellen? Kurze Zeit später stellte uns der Barkeeper die Gläser auf den Tresen. „Zwei Tequila Sunrise für die hübschen Ladys.“ Er zwinkerte uns zu. Ich verdrehte nur die Augen und nahm mein Glas zur Hand. Amelia tat es mir gleich und gemeinsam stießen wir an. Wir unterhielten uns über Themen wie die Schule, die Lehrer und auch privates aus unserem Leben. Ich erfuhr, dass Amelia noch zwei Geschwister hatte, die schon ausgezogen waren und Famile hatten. Sie selbst lebte noch zu Hause bei ihren Eltern und war hier auch aufgewachsen. Ich erzählte ihr von meinen Eltern und auch dem Umzug nach Berlin. Ich vertraute ihr. Sie war mir bereits nach kurzer Zeit so ans Herz gewachsen. Wir bestellten uns immer mal wieder einen Cocktail oder ein Bier. Zu stark sollte es aber auch nicht sein. Wir waren schließlich nicht hier um uns zu betrinken. Den Alkohol merkte ich trotz allem aber schon ein wenig. Ich war jemand, der nicht so viel trank und schlussendlich auch nicht so viel vertrug. Nach einer Weile stand Amelia auf und hielt mir die Hand hin. „Möchtest du tanzen?“ Eigentlich tanzte ich nicht gern. Oder anders gesagt, ich konnte es nicht. In Verbindung mit Alkohol schien das aber anders auszusehen. Er nahm mir die Schüchternheit. So kam es, dass ich nickte und ihre Hand nahm. Es lief bereits das dritte Lied und ich hatte immer noch nicht genug. Es machte mir sogar Spaß, was ich niemals gedacht hätte. Auch Amelia schien gefallen daran zu haben. Sie berührte mich immer mal wieder zufällig. Es fühlte sich bei weitem nicht so toll an, wie es bei Frau Klein der Fall war. Aber abgeneigt war ich nicht. Dies verdankte ich wohl dem Alkohol. Als das Lied zuende war, beschlossen wir uns noch ein Bier zu holen. Wir wechselten unsere Plätze und ließen uns auf einer Couch nieder. „Das war super. Danke das du mit mir getanzt hast.“ Ich lächeltete sie an und nahm einen Schluck von meinem Bier. Wir fingen wieder an zu reden und lachten dabei viel. Irgendwann verstummte sie und antwortete nicht mehr auf meine Frage. Stattdessen beugte sie sich zu mir und legte ihre Lippen auf meine. Ihr Hand strich dabei zärtlich über meine und ruhte dann auf ihr. Ich erwiderte den Kuss und legte meine freie Hand in ihren Nacken. Das bestätigte sie darin, weiter zu gehen. Plötzlich spürte ich ihre Finger unter mein Shirt wandern. Ich beendete den Kuss abrupt und sah sie erschrocken an. Sie bemerkte meine Unsicherheit und schaute traurig zu Boden. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht überrumpeln.“ Ich legte meine Hand auf ihre Wange und strich darüber. „Nein, dass ist es nicht. Du hast nichts falsch gemacht. Wir sind nur an einem Ort, an dem es nicht unbedingt angebracht wäre übereinander herzufallen.“ Ich blickte mich um und sah die feiernden Menschen. Nun sah sie mich wieder an. Verlangen war in ihren Augen zu sehen. Sie beugte sich zu mir und legte ihre Lippen an mein Ohr. Ihre Unsicherheit von eben war wie weggeblasen. Als hätte sie nie existiert. „Wenn das so ist, komm mit und schlaf mit mir.“ Sie biss leicht in mein Ohrläppchen. Ich zog scharf die Luft ein und bekam eine Gänsehaut. Und wie ich das gerade wollte. Ich sehnte mich so sehr nach Nähe, ich dachte in diesem Moment überhaupt nicht an meine Lehrerin. Mein Unterbewusstsein hielt mich von diesem Schritt ab, aber das war mir egal. Ich wollte Amelia spüren und zwar jetzt. Ganz egal, was das für Konsequenzen haben würde. Wir hatten die Getränke bezahlt und waren ohne Umwege hinaus ins freie getreten. Die Nachtluft tat gut und kühlte mich wieder ein wenig ab. Amelia nahm meine Hand in ihre und verschränkte unsere Finger miteinander. Wir machten uns auf den Weg zur Wohnung ihres Kumpels. Dort angekommen holte sie den Schlüssel aus ihrer Handtasche und schloss die Tür auf. Sofort umfing uns eine wohlige Wärme. Meine Lust hatte sich in den letzten Minuten nicht verringert. Sobald wir durch die Tür getreten waren, drückte ich meine Freundin an die Wand und küsste sie innig. Dabei wanderte mein Knie zwischen ihre Beine. Sie stöhnte in den Kuss und löste sich danach von mir. „Wir sollten ins Bett gehen“ Ihre Stimme zitterte gefährlich und ihr Augen strahlten pures Verlangen aus. Ich nickte und ließ sie vorausgehen. Schließlich kannte ich mich hier nicht aus. Im Schlafzimmer angekommen machte sie das Licht an und zog mich mit zum Bett. Hastig zog sie mir das Oberteil und die enge Jeans aus. Dasselbe tat sie mit ihrem Einteiler, was um einiges leichter ging. Nur noch in Unterwäsche bekleidet legte sie sich auf mich, platzierte ihre Beine links und rechts an meine Seite und verwickelte mich erneut in einen Kuss. Dieses mal war er fordernder. Nach einer Weile richteten wir uns auf. Ihre Hand wanderte zu meinem Rücken und versuchte den Verschluss meines schwarzen, mit Spitze versetzen Bhs zu öffnen. Ich unterbrach den Kuss und rutsche ein wenig nach hinten. Fragend sah sie mich an. „Was ist denn los? Soll ich aufhören?“ Nun wirkte sie unsicher und wusste nicht, was sie tun sollte. Ich biss mir auf die Unterlippe und sah zur Seite. „Nein, es ist nur so. Ich habe ein wenig Angst. Ich habe noch nie...“ Ihre Finger umfassten mein Kinn und drehten meinen Kopf leicht zur Seite. Nun sah ich in ihre Augen, die Überraschung und Wärme ausstrahlten. „Das macht überhaupt nichts. Ich habe Erfahrung und werde ganz vorsichtig sein. Vertrau mir.“ Ich schloss für einen Moment die Augen und nickte ihr zu. Das war die Bestätigung die sie brauchte. Erneut griff ihre Hand hinter meinen Rücken und öffneten nun meinen Bh. Sie entledigte sich auch von ihrem und küsste mich erneut. Langsam ließen wir uns auf das Bett zurückfallen. Während ich meine Hände auf ihrem Rücken platzierte und dort verweilten ließ, wanderten ihre nach unten und streichelten meine Brust. Es war ein tolles Gefühl von ihr berührt zu werden. Ich seufzte in den Kuss. Kurz darauf ließ sie von meinen Lippen ab und wanderte weiter nach unten. Sie leckte über die eine Brust und biss leicht hinein. Ihre Hände streichelten währenddessen meine Seiten auf und ab. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen und ließ mich erneut seufzen. Sie schaute immer mal wieder zu mir auf um sich zu vergewissern, dass ich nicht doch aufhören wollte. Aber das wollte ich nicht. Ich konzentrierte mich im Moment voll und ganz auf ihre Hände. In meinem Magen zog sich bereits alles zusammen. Ich wollte sie nun ganz woanders spüren. „Tiefer,“ war das einzige, was ich herausbrachte. Meine Stimme klang so anders. Sie kam meinem Wunsch gerne nach und küsste nun meinen Bauch hinab. Ihre Hände umschlossen den Bund meinen Slips. Ich hob ein wenig mein Becken an, um es ihr etwas leichter zu machen. Mein Slip wanderte nach unten und von meinen Beinen ab. Dabei kratzten ihre Fingernägel auf meiner Haut. Ich biss mir auf die Lippe, um ein erneutes stöhnen zu unterdrücken. Es machte mich wahnsinnig, dass sie sich so viel Zeit ließ. Als sie wieder zu mir hoch kam, musterte sie mich noch ein letztens Mal. Ich sah sie nickend und mit verschleierten Blick an. Ich würde jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Sie verwickelte mich in einen Kuss und ließ die Hände erneut auf Wanderschaft gehen. Dieses Mal war sie aber schnell an meiner Mitte angelangt. Sie streichelte kurz darüber und drang dann mit einem Finger vorsichtig in mich ein. Ein Schmerz durchzog mich, welcher mich scharf einatmen ließ. Sie zog den Finger wieder heraus und musterte mich die ganze Zeit über. „Mach bitte weiter. Es ist nicht so schlimm.“ Meine Stimme zitterte heftig. Ich hatte zwar schon gehört, dass das erste Mal wehtat, es aber dann selbst zu spüren, war noch etwas anderes. Ich beruhigte mich ein wenig und sah sie wieder an. Sie nickte und versank ihren Finger erneut in mir. Dabei bewegte sie ihn etwas. Der Schmerz war wie weggeblasen und machte einem ganz anderen Gefühl platz. Ich befriedigte mich manchmal zwar selbst, aber das war so viel schöner, als sich selbst zu berühren. Ein zweiter Finger folgte. Mein Kopf drückte sich wie von selbst in das weiche Kissen. Ich stöhnte laut auf und genoss es sichtlich. Ihr Kopf wanderte nach unten und sie drang zusätzlich mit ihrer Zunge in mich ein. Ich wandte mich unter ihren Berührungen. Lange würde ich das nicht mehr aushalten. Ihre Bewegungen wurden schneller. Ihre Finger stießen immer wieder hart in mich ein und trafen den wunden Punkt, der mich immer heftiger zucken ließ. Abgehakt stöhnte ich immer wieder auf. Im nächsten Moment überrollte mich ein Orgasmus. Alles zog sich in mir zusammen. Meine Beine, welche ich die ganze Zeit über angewinkelt hatte zitterten stark. Amelia legte sich neben mich. Die Finger noch immer in mir. Sie bewegten sich noch ein wenig, bevor sie sie aus mir zog. Das Gefühl ebbte langsam ab. Mein Atem ging wieder normaler und ich fand meine Stimme wieder. „Wow, dass war unbeschreiblich.“ Amelia lächelte mich an. „Da hast du Recht. Ich bin müde. Wollen wir schlafen gehen?“ Ich sah sie überrascht an. „Möchtest du nicht, dass ich dich berühre?“ Um meine Worte zu unterstreichen, wanderte meine Hand über ihre Seiten. „Nein, schon gut. Ich bin wirklich müde. Gute Nacht.“ Sie legte sich in dem riesigen Doppelbett auf ihre Seite und deckte sich zu. Es dauerte nicht lange und ich hörte ihren regelmäßigen Atem. Ihr Verhalten überforderte mich etwas. Warum war sie denn nun so komisch? Am nächsten Morgen weckten mich die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster  schienen. Ein Blick auf den Wecker verriet mir, dass es erst acht Uhr morgens war. Ich hatte also nur fünf Stunden geschlafen. Seufzend erhob ich mich und legte mich gleich wieder hin. Mir wurde auf einmal so unglaublich schlecht und alles drehte sich. Ich schloss für einen Moment die Augen. Langsam kamen die Erinnerungen an die Nacht wieder. Ich konnte mich an jedes kleinste Detail erinnern. Ganz nüchtern war ich zwar nicht mehr gewesen, aber auch nicht so betrunken, dass ich es nicht hätte verhindern können. Neben mir drehte sich Amelia auf die andere Seite und schien weiter zu schlafen. Ich seufzte und schloss die Augen. Was hatte ich nur getan? Ich war in meine Lehrerin verliebt, erzählte ihr von meinen Gefühlen und landete zwei Tage später mit einer anderen Frau im Bett und habe mit ihr mein erstes Mal. Diese war dann auch noch keine andere, als meine beste Freundin und Mitschülerin. Ich fühlte mich so schlecht, dass ich aufstand, meine Unterwäsche anzog und ins Badezimmer, welches gegenüber lag, rannte. Ich wollte nicht im Schlafzimmer in tränen ausbrechen. Als ich die Tür hinter mir abschloss, setzte ich mich auf die Toilette und vergrub mein Gesicht in den Händen. Nun liefen die Tränen unaufhaltsam und ich zitterte am ganzen Körper. Ein klopfen ließ mich innehalten. „Emma, wir müssen ganz dringend reden. Ich warte in der Küche auf dich und koche schon einmal Kaffee.“ Amelia entfernte sich von der Tür. Im Nebenzimmer hörte ich, wie der Wasserhahn aufgedreht wurde und Schränke geschlossen wurden. Ich stand vom Toilettendeckel auf und ging zum Spiegel. Ein rot verweintes und müdes Gesicht blickte mich an. Schnell drehte ich den Wasserhahn auf und spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht. Als ich wieder halbwegs normal aussah, schloss ich die Tür wieder auf und ging in den Raum, in dem Amelia mich geliebt hatte. Das Bett war gemacht. Das Fenster stand offen und ließ frische Luft ins Zimmer. Es fröstelte mich ein wenig, da ich immer noch nur Unterwäsche trug. Ich hob meine Klamotten vom Vortag auf und zog mich an. Mit einem mulmigen Gefühl machte ich mich auf den Weg in die Küche... Kapitel 9: 9 ------------ In der Küche angekommen, setzte ich mich an den gedeckten Tisch und murmelte ein Guten Morgen. Auf diesem standen frische Brötchen, allerlei Aufschnitt sowie Marmelade und Nutella. Ich hatte nicht wirklich Hunger. Da Amelia mit mir reden wollte, zog ich es vor zu schweigen und abzuwarten. Etwas brannte mir auf der Seele, aber ich traute mich einfach nicht den ersten Schritt zu wagen. Als der Kaffee durchgelaufen war, nahm sie zwei Tassen aus dem Schrank, füllte diese und stellte eine vor mir auf den Tisch. Mit der anderen setzte sie sich mir gegenüber. Sie seufzte und schwieg. Anscheinend überlegte sie, wie sie am besten anfangen sollte. Nach einer Weile sah meine Freundin mir in die Augen. „Emma, ich...“ Sie brach ab und senkte den Kopf. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und ein leises schluchzen entwich ihrer Kehle. Ohne zu überlegen stand ich auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Ihr schluchzen wurde lauter. Als sie meinem Blick begegnete liefen ihr tränen über das Gesicht. Ich fühlte mich so hilflos und nahm sie einfach in meine Arme. Eine lange Zeit standen wir einfach nur da, meine Hand strich ihr immer wieder über den Rücken. Als sie sich etwas beruhigte, löste sie sich von mir und sah mir in die Augen. Ihr Blick wanderte zu meinem Lippen und wieder zurück. Sie beugte sich ein Stück nach vorne und verschloss ihre mit meinen. Ich stand völlig neben mir. In meinem Bauch kribbelte es. Ich versuchte das Gefühl zu unterdrücken und schob sie von mir weg. „Bitte tu das nicht,“ war das einzige, was ich herausbrachte. Ich war vollkommen durcheinander. Ich liebte meine Lehrerin. Warum kribbelte es dann in mir, wenn Amelia mich küsste? Konnte man sich in zwei Menschen gleichzeitig verlieben? Es wäre so einfach, mich auf Amelia einzulassen, denn sie schien mich zu wollen. Aber für Frau Klein hatte ich stärkere Gefühle. Wenn ich mich also entscheiden müsste, wäre sie es. „Emma, ich habe mich in dich verliebt. Schon als ich dich das erste Mal gesehen habe. Heute Nacht, es war einfach alles so perfekt. Du bist so perfekt. Ich will dich, aber du liebst eine andere.“ Während sie redete, begann sie von neuem zu weinen. Dieses Mal hielt ich mich aber zurück und starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. Wie kommt Amelia nur darauf, dass ich für jemanden Gefühle hatte? Konnte es sein? Nein, das war unmöglich. „Warum schaust du so überrascht? Hast du dich nicht auch schon gefragt, wieso ich dich erst verführt habe und mich dann von dir zurückzog?“ Abwartend sah sie mich an. Doch, genau diese Frage lag mir so brennend auf der Seele. Langsam dämmerte es mir, wieso sie es getan hatte. Ich schüttelte aber den Kopf, als wüsste ich es nicht. Ich wollte es von ihr hören. “Gott, Emma. Du bist so naiv. Meinst du, mir sind die Blicke nicht aufgefallen, die du Frau Klein immer zugeworfen hast? Genau die gleichen habe ich auch dir geschenkt, aber du hast sie nicht wahrgenommen. Weißt du was? Du verrennst dich da in etwas. Ihr beiden werdet nie eine Chance haben. Sie ist deine Lehrerin verdammt.“ Nun war ich diejenige, der Tränen in die Augen stiegen. Wut machte sich in mir breit. „Wie kannst du mir nur so etwas antun? Merkst du nicht, dass du mir damit weh tust? Ich will hier weg. Fahr mich sofort nach Hause!“ Es dauerte nur wenige Sekunden in der Amelias Blick von wütend zu geschockt und traurig wechselte. Sie schien gerade zu kapieren, welch harte Worte sie mir an den Kopf geworfen hatte. Flehend sah sie mich an. Ihre Stimme zitterte gefährlich. „Nein, scheiße. Ich wollte das nicht sagen. Bitte lass...“ Ich hielt eine Hand nach oben und bedeutete ihr, jetzt nichts mehr zu sagen. Ich wollte meine beste Freundin nicht verlieren. Aber im Moment war ich so wütend auf sie, ich konnte sie nicht mal mehr ansehen. “Bring mich nach Hause, verdammt!!“ Sie sah ein, dass man mit mir jetzt nicht mehr reden konnte. Sie wirkte niedergeschlagen und nahm ohne ein weiteres Wort die Schlüssel vom Tisch. Wir gingen schweigend hinaus und setzten uns in ihr Auto. Ich wusste nicht, ob sie schon wieder fahren durfte. Ich hätte es sicherlich nicht gekonnt. Aber das war mir egal. Ich wollte nicht länger mit ihr alleine sein. Auch jetzt war die Situation alles andere als perfekt. Wir saßen nun eine halbe Stunde im Auto. Allein. Ich nahm mein Handy zur Hand und schrieb meinen Eltern, dass mir etwas dazwischen gekommen war und das sie sich einen schönen Tag machen sollten. Ich bin heute alles andere als bereit, die beiden zu sehen. Ich wollte mich das ganze Wochenende in meinem Bett verkriechen, eine oder auch mehrere Flaschen Bier trinken und heulen. Amelia parkte​ ihr Auto vor meiner Wohnung. Wir hatten noch immer kein Wort miteinander gewechselt. Das war auch gut so. Ich musste mich selbst erstmal sammeln und über alles nachdenken. Ich nahm meine Tasche vom Boden und wollte gerade aussteigen, als sie eine Hand auf mein Knie legte und sanft darüber strich. „Emma, komm schon. Ich habe es nicht so gemeint. Du bist mir doch wichtig. Bitte verzeih mir.“ Ich wandte mich ihr zu und sah sie an. Ihre Hand schob ich barsch von meinem Knie. „Hör auf damit. Lass mich einfach in Ruhe. Ich muss über all das nachdenken. Deine Worte... Es tut weh, okay?“ Ich öffnete die Autotür und stieg aus. Die aufkommenden tränen unterdrückend suchte ich meinen Wohnungsschlüssel, öffnete die Tür und ging, ohne mich noch einmal umzudrehen, in meine Wohnung. Den Rest des Tages verbrachte ich im Bett und hing meinen Gedanken nach. Ich verstand nicht, wieso Amelia so zu mir war. Gut in dem Moment war sie sehr verletzt und zudem auch noch unglücklich, aber es rechtfertigte nicht, wie sie mit mir gesprochen hatte. Trotz allem war es ein schöner Abend gewesen. Sie war so zärtlich, verständnisvoll und lieb zu mir gewesen, dass mir die Worte nur noch mehr weh taten. Irgendwie versuchte ich die positiven Seiten in den Vordergrund zu stellen, aber mir kamen immer wieder ihre Worte in den Kopf. Nein, für heute wollte ich nicht mehr darüber nachdenken. Ich schälte mich aus meiner Decke, in die ich mich verkrochen hatte, holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte mich vor den Fernseher. Vielleicht würde das Programm helfen auf andere Gedanken zu kommen... Ich trank den letzten Schluck meines Bieres und stellte die leere Flasche zu den sechs anderen auf den Tisch. Heute musste ich leider feststellen, dass der Alkohol nicht half. Ich fühlte mich noch deprimierter als ohnehin schon. Meine Gedanken kreisten um Frau Klein über Amelia und wieder zurück. Ich drehte noch durch.  Langsam stellte ich mich hin. Alles drehte sich. Ich hatte den Alkohol von gestern Nacht anscheinend auch noch nicht richtig verarbeitet. Es war nicht klug von mir, heute auch schon wieder etwas zu trinken. Mein Blick wanderte zur Uhr über meinem Fernseher. Es war bereits nach Mitternacht. Ich entschied mich dazu, ins Bett zu gehen. Ich griff zur Fernbedienung​, machte den Fernseher aus und ging ins Bad. Dort zog ich meine Sachen, die ich immer noch trug, aus und schmiss sie in den Wäschekorb. Schnell war ich geduscht, hatte meine Zähne geputzt und mir einen frischen Schlafanzug angezogen. Als ich im Bett lag, knipste ich das Licht aus und schlief kurz darauf ein. Am nächsten Tag wurde ich vom piepen meines Handys geweckt. Ich griff noch im Halbschlaf zu meinem Mobiltelefon und entsperrte es. Die Nachricht war von Amelia. Ich seufzte und öffnete den Textverlauf. Sie wollte sich heute mit mir treffen und noch einmal reden. Ich tippte eine Nachricht ein und legte das Handy zurück auf den Nachttisch. 'Ich denke eher nicht. Mir geht es nicht so gut.' Das war keine Lüge. Ich fühlte mich tatsächlich nicht gut. Mein Kopf tat mir weh. Ich stand auf, schluckte eine Tablette und zog mir eine Jeans und einen Pullover an. Ich entschied mich dazu, etwas an die frische Luft zu gehen. Es war nicht sonderlich warm draußen und der Himmel war von grauen Wolken bedeckt, aber es regnete zum Glück nicht. Ich nahm den Schlüssel vom Tisch, zog mir Sneakers an und ging hinaus. Draußen angekommen, vergrub ich meine Hände in den Taschen und ging eine Weile durch die Straßen. Meine Kopfschmerzen waren auch schon etwas besser. Nach einer Weile kam ich an einen kleinen See und setzte mich auf die Bank. Hier bin ich schon öfters gewesen. Es war ein schöner Platz, um einfach in Ruhe nachzudenken. Ich winkelte meine Beine an und legte die Stirn auf meine Knie. Mein Handy hatte ich daheim gelassen. Ich wollte keine weiteren Nachrichten von Amelia lesen. Wir sahen uns schließlich morgen in der Schule wieder. Da konnte ich ihr leider nicht aus dem Weg gehen. Ich seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Plötzlich nahm ich neben mir eine Bewegung wahr. Ich drehte den Kopf, öffnete die Augen und sah Frau Klein neben mir sitzen. Sie musterte mich eingehend. „Hallo Emma. Was machst du denn hier so alleine?“ Ich stellte meine Beine auf den Boden und lächelte meine Lehrerin an. „Hallo, ich wollte etwas den Kopf frei bekommen. War ein anstrengendes Wochenende. Und Sie?“ „Geht mir genauso. Ich wollte auch ein wenig nachdenken. Hier ist der perfekte Ort dafür.“ Ich nickte und richtete meinen Blick geradeaus. Ein paar Enten schwammen auf dem See und vereinzelte Leute gingen spazieren oder saßen wie wir auf der Bank. Frau Klein legte eine Hand auf meine Schulter und drückte sie leicht. „Wie geht es dir? Ist alles in Ordnung?“ Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf sie. Das treiben hatte mich doch ein wenig abgelenkt. „Nein, nicht wirklich. Ich habe Streit mit Amelia. Aber das ist nicht der Rede wert.“ Überrascht hob sie die linke Augenbraue und sah dabei auch noch verdammt süß aus. „Ist es nicht? Freitag in der Schule war doch noch alles in Ordnung. Ich hatte den Eindruck, ihr beiden hättet euch angefreundet.“ Ich seufzte und blickte wieder auf den See. Eigentlich wollte ich nicht mit ihr darüber reden. Aber wenn sie schon fragte, konnte ich es auch erzählen. „Ja, das dachte ich auch. Wir haben uns Samstag gestritten. Sie hat mir sehr weh getan.“ Ihre Hand lag immer noch auf meiner Schulter. Sie drückte diese noch einmal und faltete sie dann in ihrem Schoß. „Das tut mir sehr leid. Ich hoffe, ihr beiden bekommt das wieder hin. Ich würde es mir wünschen. Sie tut dir gut und umgekehrt genau so.“ Nun schnaubte ich und sah wieder zu ihr. „Das glaube ich nicht. Sie hat sich in mich verliebt und ich habe sie verletzt. Warum habe ich es nicht bemerkt?“ Die Worte sprudelten aus mir heraus, ehe ich darüber nachdenken konnte. „Du hast im Moment sehr zu kämpfen mit deinen eigenen Empfindungen und dann noch die Sache mit Monique. Es ist kein Wunder, dass du es nicht bemerkt hast. Mach dir keinen Kopf.“ „Doch, ich glaube es ist meine Schuld. Ich habe ihr Hoffnungen gemacht. Das hätte nie passieren dürfen.“ Nun lächelte sie mich wieder an und nickte. „Jeder Mensch macht Fehler. Denk nicht so viel darüber nach, sonst machst du dich nur selbst verrückt.“ „Warum sind sie nur so nett und hören sich meine Probleme an? Ja, sie sind Vertrauenslehrerin. Aber wir sind hier nicht in der Schule, sondern sitzen im Park und unterhalten uns wie zwei Freundinnen. Jeder andere Lehrer hätte mich kurz gegrüßt und wäre weiter gegangen.“ Es überraschte mich jedes Mal aufs Neue, wie perfekt sie doch war. „Da hast du Recht. Das hätte ich nicht bei jedem Schüler getan. Aber du bist etwas besonderes für mich. Es ist schade, dass du meine Schülerin bist.“ Wie bitte? Hatte sie das gerade echt gesagt? Ich konnte es nicht fassen. In der Schule war sie doch auch nicht so. Hatte sie am Wochenende etwa über diese Sache nachgedacht? Nun war ich diejenige, die sie überrascht ansah. Ich hob meine Hand und legte sie auf ihre Wange. Ich wartete einen Moment ab, ob sie sich mir entzog, aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen sah sie mich einfach nur an. Ich überbrückte die letzte Distanz zwischen uns und legte meine Lippen auf ihre. Verdammt, sie waren so weich und schmeckten nach mehr. Zu meiner Überraschung erwiderte sie den Kuss. Ich war absolut unfähig mich zu bewegen. Alles kribbelte in meinen Körper. Als sie dann auch noch mit ihrer Zunge über meine Lippen fuhr und um einlass bat, war es um mich geschehen. Ohne zu zögern öffnete ich meinen Mund etwas und erforschte ihren. Es war ein unbeschreibliches Gefühl und so ganz anders als bei Amelia. Ja, ich hatte mich definitiv richtig entschieden. Auch wenn die Beziehung verboten war, würde ich alles in Kauf nehmen, um mit ihr zusammen zu sein... Kapitel 10: 10 -------------- Sie unterbrach den Kuss und erhob sich schnell von der Bank. Überraschte Augen blickten zu mir hinunter. „Ich... Ich muss weg. Wir sehen uns morgen in der Schule.“ Sie drehte sich um und wollte gerade gehen, als ich sie ohne zu zögern am Handgelenk packte und wieder zu mir drehte. „Was soll das? Sie können mich doch jetzt nicht hier zurück lassen. Nach allem was passiert ist.“ Natürlich redete ich von dem Kuss. Aber ich war noch zu aufgewühlt und durcheinander um es laut auszusprechen. „Es war ein Fehler. Vergiss einfach, was ich gesagt oder getan habe.“ Sie wirkte unsicher. Aber in dem Moment meinte sie, was sie sagte. Geschockt ließ ich meine Hand sinken und starrte in die Ferne. Ein Fehler? Wie kann etwas so schönes ein Fehler sein? Noch lange saß ich auf der Bank und dachte an den Kuss und unser Gespräch. Meine Lehrerin war nach ihren Worten einfach gegangen und hatte sich nicht einmal umgedreht. Gestern war es Amelia und heute Frau Klein. Warum verletzten mich die Menschen die ich liebte nur immer wieder? Ich verstand es einfach nicht und war der Verzweiflung nahe. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich weinte. Wütend wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, stand auf und ging nach Hause. Dort angekommen schaltete ich die Kaffeemaschine ein und holte mein Handy aus dem Schlafzimmer, wo ich es heute morgen hatte liegen lassen. Zwei ungelesene Whatsapp-Nachrichten zeigte mein Display an. Natürlich von Amelia. Wer sollte mir auch sonst schreiben? Ich seufzte und entsperrte das Display. Irgendwie nervte es mich ein wenig, dass sie mir schon wieder schrieb. Ich hatte doch gesagt, dass ich Zeit brauchte. Was war bitte daran nicht zu verstehen? Naja, ich merkte es ja selbst: Wenn man verliebt ist, macht man komische Dinge. Ich öffnete den Chatverlauf und las die Nachrichten. Die erste Nachricht beinhaltete nur ein simples 'okay'. Das war wohl die Antwort auf meine Aussage, dass es mir nicht gut ginge. Da ich mein Handy während des Spazierganges zuhause gelassen hatte, empfing ich diese natürlich erst jetzt. Die zweite Nachricht kam vor knapp dreißig Minuten: 'Bitte Emma. Ich möchte mit dir reden. Du fehlst mir so schrecklich. Es tut mir so leid.' Irgendwie tat es mir schon etwas weh sie so leiden zu lassen. Es war ja nichts neues das man unüberlegte Dinge sagte, wenn man wütend war. Vielleicht war ich aber auch wirklich naiv. Ich wusste nicht was ich denken sollte. Ich überlegte lange, was ich ihr schreiben sollte aber mir fiel einfach keine passende Antwort darauf ein. Erneut seufzend legte ich das Handy weg und goss mir eine Tasse Kaffee ein. Ich setzte mich zurück an den Tisch, nahm einen vorsichtigen Schluck und genoss die Wärme, die der Kaffee in mir auslöste. Ich nahm erneut das Handy zur Hand und tippte zwei Wörter ein, ehe ich sie abschickte: 'Komm vorbei.' Ich hatte keine Ahnung, ob es richtig war, aber das würde ich ja gleich herausfinden. Keine zwanzig Minuten später klingelte es an der Tür. Ich war überrascht, dass sie so schnell hier war. Sie war bestimmt sofort losgefahren als ich meine Nachricht abgeschickt hatte. Ich ging zur Tür und öffnete diese. Vor mir stand sie und sah mich mit gerötteten Wangen an. Ob es jetzt daran lag, dass sie sich so abgehetzt hatte oder mich sah, konnte ich nicht sagen. „Hallo Amelie. Komm doch bitte rein.“ Um meine Worte zu unterstreichen machte ich einen Schritt nach links, damit sie eintreten konnte. Ich holte zwei Tassen Kaffee aus der Küche und setzte mich mit ihr ins Wohnzimmer. Ich entschied mich für den Sessel, während sie auf dem Zweiersofa platz nahm. „Du wolltest reden? Ich bin ganz Ohr.“ Ich sah ihr mit ausdrucksloser Miene in die Augen. Sie biss sich auf die Unterlippe und starrte den Boden an. „Mach es mir doch bitte nicht so schwer. Ich will nicht, dass du sauer auf mich bist. Ich habe doch nur dich. Es schmerzt so sehr, je länger ich darüber nachdenke. Ich hätte dir nie so etwas an den Kopf werfen sollen. Das machen Freunde einfach nicht. Bitte verzeih mir.“ Mit jedem gesagten Wort klang ihre Stimme trauriger. Nun flossen die Tränen ihre Wange hinab. Ihren Kopf hielt sie aber weiterhin stur nach unten. Wortlos setzte ich mich neben sie auf die Couch und schloss sie in meine Arme. Das aufkommende kribbeln versuchte ich so gut es ging zu unterdrücken. In dem Moment wurde mir aber klar, dass es für sie noch schwieriger sein musste, mir so Nahe zu sein. Ich wollte eine gewisse Distanz aufbauen und zurück auf den Sessel flüchten, aber sie drückte mich nur noch fester an sich. „Lass mich bitte nicht los.“ Ich seufzte und schaffte es nach mehreren versuchen dann doch, mich von ihr zu lösen. Ich packte ihre Schultern und schüttelte sie leicht. „Mensch Amelia, so geht das nicht weiter. Du machst dich nur kaputt, wenn du so krampfhaft meine Nähe suchst. Hör auf damit.“ Meine letzten Worte schrie ich ihr entgegen. Schnell kam das schlechte Gewissen. Ich war ein ruhiger Mensch und wusste selbst nicht, was in mich gefahren war. Auch sie schien geschockt über meine Reaktion und starrte mich mit großen Augen an. Bevor sie etwas erwidern konnte, stand ich auf und flüchtete ins Badezimmer. Ich setzte mich auf den Rand der Badewanne, vergrub den Kopf in meine Hände und atmete hörbar aus. Ein klopfen ließ mich aufsehen. Ohne auf eine Antwort zu warten, trat Amelia ein und setzte sich neben mich. Sie schwieg und starrte einen Punkt an der Wand an. Ehe ich etwas sagen konnte, hob sie ihre Hand und schüttelte den Kopf. „Du hast Recht. So geht das nicht weiter. Ich werde mich wohl zusammen reißen müssen. Auch wenn ich dich am liebsten Küssen möchte. In meinem Kopf herrscht das totale Chaos.“ „Weißt du, mir geht es genauso. Das macht es überhaupt nicht einfacher. Ganz im Gegenteil. Tut mir leid, dass ich dich gerade angeschrien habe. Das wollte ich nicht.“ Nun drehte sie den Kopf und sah mich an. Ich tat es ihr gleich. „Das macht nichts. Habe ich wohl nicht anders verdient. Ich sollte jetzt gehen. Es ist schon dunkel draußen.“ Sie hatte Recht. Also musste es schon ziemlich spät sein. Die neue Woche würde ja morgen auch wieder anfangen. Das heißt früh aufstehen. Ich wollte nicht, dass Amelie so spät noch fuhr. Auch wenn es nur ein paar Kilometer waren. „Du kannst gerne heute Nacht hierbleiben. Ich habe ein großes Bett und noch Platz frei. Natürlich nur zum schlafen.“ Sie schaute mich perplex an. Innerlich haute ich mir die Hand vor die Stirn. Man, diesen Spruch hätte ich mir auch echt klemmen können. Wie doof war ich eigentlich? Bevor ich mich entschuldigen konnte, lachte Amelia auf einmal los. Ich stimmte mit ein, merkte aber, dass sie meine Worte getroffen hatten. Rasch entschuldigte ich mich bei ihr, aber sie winkte ab. „Ist schon okay.“ Für mich war es das zwar nicht, aber ich wollte nicht mehr mit ihr streiten. Wir aßen gemeinsam zu Abend und redeten über Gott und die Welt. Mir fiel auf, dass Amelia sich mir gegenüber reserviert benahm. Als ich sie aber darauf ansprach, meinte sie, es wäre alles in Ordnung. Ich glaubte ihr nicht, sagte aber auch nichts weiter dazu. Wir machten uns fürs Bett fertig und lagen nach einer Weile in meinem Doppelbett. Amelia hatte sich ziemlich weit weg von mir an den Rand gelegt. „Du darfst gerne etwas näher kommen. Ich brauche nicht so viel Platz.“ „Ich habe genug Platz. Alles okay. Gute Nacht.“ Ich wünschte ihr ebenfalls eine gute Nacht, drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Da ich nicht schlafen konnte, weil mich die Sache von heute morgen so beschäftigte, lag ich noch eine Weile wach. Den ganzen Tag über war ich viel zu abgelenkt um über den Kuss nachzudenken. Jetzt wo ich hier im Bett lag, brachen die Erinnerungen über mir ein und stimmten mich traurig. Auf einmal hörte ich, wie meine Freundin neben mir zu weinen begann. Anscheinend glaubte sie, dass ich schon schlafen würde. Ich wollte sie trösten, hielt mich aber zurück. Am nächsten Morgen spürte ich etwas warmes an meinem Körper. Ich öffnete die Augen und musste lächeln. Amelia hatte sich in der Nacht an mich gekuschelt und ein Bein über meine Hüfte gelegt. Ich schaute neben mir auf den Wecker und stellte fest, dass es bereits sechs Uhr war. Für manche vielleicht noch früh, aber ich brauchte morgens etwas länger. Ich beugte mich näher zu der schlafenden Person neben mir, legte eine Hand auf ihre Wange und streichelte über die weiche Haut. Ein kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. „Amelia, aufstehen. Wir müssen bald zur Schule.“ Sie öffnete die Augen und sah mich an. Verlangen war in ihnen zu erkennen. Als ihr bewusst wurde, wie nah sie mir war, rückte sie eilig ein Stück von mir weg. Mit hochrotem Kopf sah sie auf ihre Bettdecke. „Tut mir leid,“ war das einzige was sie herausbrachte. „Schon in Ordnung.“ Ich schälte mich aus der Decke, stand auf und streckte mich einmal. Ich merkte, dass Amelia mich beobachtete, sagte aber nichts dazu. „Möchtest du einen Kaffee und Toast zum Frühstück?“ Sie nickte und stand ebenfalls auf. „Okay, ich bereite schonmal alles vor. Du kannst ja schon ins Bad gehen und dich fertig machen. Klamotten sind in meinem Kleiderschrank. Bedien dich ruhig.“ „Dankeschön. Das ist echt lieb von dir.“ Ich lächelte sie an und verschwand aus dem Zimmer, um das Frühstück vorzubereiten. ____________________ Amelia Gestern Abend war es alles andere als leicht gewesen, mit ihr in einem Bett zu liegen. Es erinnerte mich schmerzlichst an Freitagnacht. Die Nacht, in der ich mich noch mehr in sie verliebt hatte. In der wir uns geküsst hatten und in der ich mit ihr geschlafen hatte. Nun lag ich hier mit ihr und durfte sie nicht berühren. Sie liebte eine andere und das machte mich fertig. Es war wirklich nicht klug von mir gewesen, die Nacht hier zu verbringen. Als ich mir sicher war, dass Emma schlief, begann ich zu weinen. Das passierte im Moment viel zu oft. Es tat einfach so weh unglücklich verliebt zu sein. Irgendwann siegte die Müdigkeit und ich fiel in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten Morgen nahm ich eine Berührung wahr. Zudem erfüllte mich Wärme durch den anderen Körper der ganz dicht neben mir lag. Ich wusste, dass ich mich gerne an die Personen, die mit mir in einem Bett schliefen, ankuschelte. Das war unter anderem ein Grund, weshalb ich ihr Angebot hier zu übernachten erst ablehnen wollte. Doch dann kam mir der Gedanke, dass ich ihr dadurch insgeheim näher kommen konnte. Mir war keineswegs entgangen, dass sie ebenfalls Gefühle für mich hegte. Das sah ich immer wieder an ihren Blicken und Gesten. Aber leider waren die Gefühle für unsere Lehrerin größer. Es wäre leichter gewesen, wenn sie nichts für mich empfinden würde, aber das war leider nicht der Fall. Ich konzentrierte mich wieder auf ihre Berührung und blendete die Gedanken aus. Ich wünschte mir so sehr, sie jetzt in meine Arme zu nehmen, zu küssen, zu streicheln, über ihre nackte Haut zu fahren und... In diesem Moment erzählte sie irgendwas von Schule und der Zauber war gebrochen. Ich öffnete die Augen und wurde, angesichts meiner Gedanken rot wie eine Tomate. Eilig rückte ich ein Stück von ihr weg und sah zur Bettdecke. Wenn ich hier so nah bei ihr liegen blieb, würde genau das passieren, was ich mir soeben ausgemalt hatte. Das Leben war einfach nicht fair. Amelia Ende ____________________ Gerade als der Kaffee durchgelaufen war, kam Amelia in die Küche. Sie trug eine weiße Bluse und eine blaue Jeans. Die Bluse war etwas zu groß und die Jeans musste sie zweimal umkrempeln, aber trotzdem standen sie ihr sehr gut. Meine Freundin reckte die Nase in die Luft und setzte sich an den gedeckten Tisch. „Hier duftet es herrlich. Ich habe einen Bärenhunger.“ Sie grinste mich an. Ich musste lachen und holte zwei Tassen aus dem Schrank. Erst als ich mich mit den Tassen beladen an den Tisch setzte, merkte ich, dass ich meine Schlafsachen noch anhatte. Es war mir ein wenig peinlich. Denn diese bestanden nur aus einer Hotpants und einem Top. „Ich gehe mich erstmal anziehen. Du kannst gerne schon anfangen, bevor alles kalt wird.“ Sie nickte und nahm sich einen Toast. Ich stand wieder auf und ging ins Badezimmer. Amelias Blicke waren mir dabei nicht entgangen. Als wir in der Schule ankamen, hatten wir noch ein paar Minuten, ehe der Unterricht anfangen würde. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass jeder mit seinem Auto zur Schule fahren würde. Amelia wollte nach dem Schultag nämlich wieder nach Hause. Sie hatte wohl noch irgendwas vor. Dies meinte sie auf jeden Fall, als ich sie fragte. Ob es nun stimmte, wusste ich nicht. Vielleicht brauchte sie auch nur etwas Abstand. Auf die Sache mit dem weinen gestern Abend hatte ich sie bisher auch nicht angesprochen. Ich war mir unsicher, ob ich es tun sollte. Wenn sie reden wollte, würde sie schon auf mich zukommen. Ich wusste ja, was der Grund für ihr Verhalten war. Wir gingen die Stufen zu unserem Klassenraum hinauf. Wir hatten jetzt Mathe bei Frau Klein. Ich freute mich schon, sie wiederzusehen. Andererseits war mir auch etwas mulmig zumute. Würde sie mit mir über den Kuss von gestern morgen sprechen? Sie war so schnell weg gewesen, dass ich immer noch nicht wusste, woran ich eigentlich bei ihr war. Hatte sie ebenfalls Gefühle für mich? Schließlich hatte sie den Kuss ja auch erwidert. Oder war das nur eine unüberlegte Situation gewesen? Ich wusste es nicht. Wollte es aber gern. Amelia redete die ganze Zeit kein Wort mit mir. Zumindest glaubte ich das. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nichts mehr um mich herum wahrnahm. Als wir an unserem Klassenzimmer ankamen, klingelte es bereits zur ersten Stunde. Meine Mitschüler standen schon vollzählig vor dem Raum und warteten auf unsere Lehrerin. Als wir uns dazu stellten, kam auch schon Frau Klein um die Ecke gebogen. Unter ihrem Arm einen großen Stapel Blätter. Na super. Da hatten wir ja wieder ordentlich zu tun. Sie schloss die Tür auf und ging hinein. Wir folgten ihr und setzten uns auf unsere jeweiligen Plätze. Einen Moment wurde noch getuschelt, doch sobald Frau Klein alles sortiert hatte und uns einen guten Morgen wünschte, verstummten die Geräusche. Unsere Klasse war nicht sehr groß. Sie bestand aus lediglich 19 Mitschülern. Mich eingeschlossen. Bis auf wenige Ausnahmen hatte ich es gar nicht so schlecht erwischt. Keine Störenfriede, die irgendwas blödes taten oder den Unterricht störten, waren vertreten. So konnte man sich wenigstens auf den Stoff konzentrieren. Wäre da nicht die überaus hinreißende Lehrerin, in die ich so verliebt war. Ich seufzte und konzentrierte mich wieder auf das geschehen vor mir. Besagte Lehrerin nahm soeben einen Stapel Zettel und reichte ihn mir. „Nehmt euch bitte einen Zettel und gebt den Stapel weiter. Wir hatten ja bereits vor den Sommerferien darüber gesprochen, wegzufahren. Ich habe mich letzte Woche hingesetzt und ein wenig rumtelefoniert. Da ihr unbedingt nach Berlin fahren wolltet, werden wir das tun. In 2 Wochen geht es los.“ Meine Mitschüler jubelten, wohingegen ich entgeistert zu Amelia hinüber sah. Warum hatte sie mir nichts davon erzählt? Sie beugte sich zu mir und flüsterte ein 'sorry' in mein Ohr. Kapitel 11: 11 -------------- Wir hatten in den beiden Stunden alles weitere wie Hin- und Rückfahrt, Unterkunft und Preis besprochen. Auf dem Zettel war aber auch nochmal alles beschrieben. Wir würden also in zwei Wochen mit dem Zug für eine Woche nach Berlin auf Klassenfahrt fahren. Ich freute mich. Seit langem wollte ich schon einmal dort hin und nun gleich für eine ganze Woche. Wenigstens hatten wir in der Zeit dann keine Schule. Frau Klein bat um Ruhe. Bis dato hatten alle Schüler wie wild durcheinander geredet. „Einen der Zettel gebt ihr bitte unterschrieben bis zum Ende der Woche an mich zurück. Für diejenigen, die aus irgendeinem Grund nicht mitfahren können, findet selbstverständlich der Unterricht in der Parallelklasse statt. Wenn ihr sonst noch fragen habt, könnt ihr mich gerne jederzeit ansprechen.“ Frau Klein sah auf die Uhr und seufzte. „Noch mit dem Unterricht anzufangen lohnt sich leider nicht. Ich entlasse euch schon zur Pause. Aber seit bitte auf dem Gang leise. Die anderen Klassen haben noch Unterricht.“ Ein erneutes jubeln ging durch den Raum. Alle packten ihre Sachen zusammen. Ich tat es ihnen gleich und wollte den Raum ebenfalls verlassen, als eine Hand auf der Schulter mich zurück hielt. „Kann ich kurz mit dir sprechen?“ Ich drehte mich um und sah in das Gesicht meiner Lehrerin. „Ähm, j-ja klar.“ Toll. Musste ich jetzt auch noch hier rumstottern? Ich dachte, dass hätte ich hinter mir gelassen. Wir warteten bis alle Schüler an uns vorbei gingen. Als wir alleine waren, zeigte Frau Klein mit der Hand auf den Stuhl. „Setz dich doch bitte.“ Ich tat wie befohlen und nahm auf meinem Stuhl platz. Meine Lehrerin setzte sich neben mich und sah mich an. „Ich habe vorhin deinen Blick bemerkt, als ich von der Klassenfahrt berichtete. Kann es sein, dass Amelia dich davon nicht in Kenntnis gesetzt hat?„Ich nickte mit dem Kopf. „Ja das stimmt. Vielleicht hat sie es einfach nur vergessen. Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr. Ich wollte schon immer mal nach Berlin.“ Nun seufzte sie und sah mich seltsam traurig an. „Ja, Berlin ist eine schöne Stadt. Nur leider weckt sie bei mir nicht ganz so schöne Erinnerungen. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Warum ich dich eigentlich sprechen wollte, ist ein anderer Grund. Ich weiß, dass du alleine lebst und viele Verpflichtungen hast. Die Reise ist ja nicht ganz so billig. Kommst du damit klar?“ Es war einerseits süß, dass sie sich solche Sorgen machte, das tat sie ganz bestimmt nicht bei jedem Schüler. Andererseits war ich ein wenig sauer, dass sie davon ausging, dass ich mir solch eine Fahrt nicht leisten konnte. Ich schnaubte und sah verletzt zu Boden. „Klar, oder meinen Sie, ich könnte das Geld nicht aufbringen? Wenn Sie es genau wissen wollen, ich habe noch einen Rest erspartes und meine Eltern helfen mir auch so gut es geht. Es ist ja nicht so, als ob wir arm wären.“ Sie legte einen Finger unter mein Kinn und zwang mich so, sie anzusehen. „So war das doch auch gar nicht gemeint Emma. Ich mache mir nur Sorgen um dich.“ Mir wurde bewusst, dass ich ein wenig überreagierte. Natürlich machte sie sich nur Sorgen. Ich wollte nicht mit ihr streiten. „Ja, ich weiß. Tut mir leid.“ „Was ist denn los? Dich beschäftigt die Sache sehr, die gestern passiert ist, oder? Mir geht es genauso. Aber das hier ist weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit darüber zu reden. Es klingelt jeden Moment. Ich habe heute bis zur sechsten Stunde Unterricht. Wie wäre es, wenn ich danach zu dir kommen würde?“ Sie strich über meine Wange, ließ die Hand aber sofort wieder sinken, als ihr bewusst wurde, was sie da tat. „Das wäre eine gute Idee. Ich bin zuhause und würde mich freuen, wenn Sie vorbeikommen.“ Ich lächelte sie an und stand auf, um in die nächste Stunde zu kommen. „Bis später dann.“ Ich machte mich auf den Weg ins andere Gebäude und war mit meinem Gedanken bei Frau Klein. Mir kam unser Gespräch in den Sinn. Warum war sie so traurig darüber, dass wir nach Berlin fuhren? Was war geschehen? Und was würde sie mir später mitteilen wollen? So viele Fragen, auf die ich keine Antwort hatte. Vielleicht würde ich es ja später erfahren. Ich hoffte es zumindest. Es klingelte zum Pausenende und riss mich aus meinen Gedanken. Wir hatten nun Deutsch bei Herrn Meier. Darauf hatte ich überhaupt keine Lust. Ich würde jetzt viel lieber mit meiner Lehrerin sprechen wollen, aber da musste ich mich leider noch ein wenig gedulden. Sie hatte noch bis um 13 Uhr Unterricht. Ob sie dann direkt zu mir fahren würde oder erst nach Hause, wusste ich nicht. Vor dem Klassenzimmer angekommen, schloss Herr Meier gerade die Tür auf. Da hatte ich es ja doch noch rechtzeitig geschafft. Als ich mich auf meinen Platz setzte, sah mich Amelia an. „Was wollte denn die Klein von dir?“ Ich winkte ab und tat gleichgültig. „Ach, nur was wegen der Klassenfahrt. Ich freue mich übrigens schon sehr darauf.“ Nun lächelte ich sie an. „Oh ja, ich mich auch. Wollen wir dann zusammen in ein Zimmer gehen?“ Ehe ich antworten konnte, mischte sich Herr Meier in unsere Unterhaltung ein und starrte und finster an. „Ich würde gerne mit dem Unterricht beginnen. Oder wollt ihr uns an eurem Gespräch teilhaben lassen?“ Hinter uns kicherten einige Schüler. Die fanden das wohl besonders witzig, dass wir erwischt wurden und die nicht. Hier quatschte schließlich jeder. Wir wurden rot und verneinten. „Dann ist ja gut. Nehmt euch jetzt alle einen leeren Zettel. Wir schreiben jetzt ein Diktat.“ Die ersten Schüler gaben ein genervtes stöhnen von sich. Ich allerdings freute mich, denn ich war gut in Rechtschreibung. Na ja, wenigstens etwas, in dem ich gut war. „Sieh dir diese scheiße mal an.“ Genervt wedelte Amelia mit dem Diktat vor meiner Nase herum. „Ich habe tatsächlich fünfzehn Fehler. Ist das zu glauben?“ Ich lachte und hielt ihr meins hin. „Ihr könnt halt nicht alle so gut sein wie ich.“ Meine Freundin sah mich an und schnaubte. „Du Streber.“ Mit offenen Mund gab ich ihr einen klaps auf den Hinterkopf und ging beleidigt weg. Sie holte mich ein und lachte nun ebenfalls. „Hey, das war ein Witz.“ Grinsend blieb ich stehen und packte meinen Zettel in die Tasche. Wir waren bereits bei den Autos angekommen. „Ja, ich weiß. Sag mal, hast du morgen nach der Schule Lust mit mir in die Eisdiele zu gehen?“ „Klar, dass können wir gerne machen. Ich muss jetzt los. Du weißt ja, ich habe noch was vor.“ Neugierig hob ich eine Augenbraue. „Ach ja? Und das wäre?“ Sie kam um ihr Auto herum und stellte sich dicht vor mich. „Das, meine Liebe, wird nicht verraten.“ Zwinkernd drehte sie sich wieder von mir weg und streifte dabei meinem Arm mit ihren Fingern. Perplex blieb ich stehen und sah ihr nach, als sie sich ins Auto setzte und vom Parkplatz fuhr. Was sollte das denn schon wieder? Hatte sie gerade ernsthaft mit mir geflirtet? Mit einem schulterzucken setzte ich mich in meinen Twingo und fuhr nach Hause. Dort angekommen stellte ich meine Tasche in den Flur und machte die Kaffeemaschine an. Ich brauchte jetzt erstmal einen Kaffee. Die Sache mit Amelia hatte ich bereits wieder vergessen. Stattdessen dachte ich an meine Lehrerin. Ich hatte Angst vor dem, was sie mir zu sagen hatte. Wollte sie wieder einen Rückzieher machen und alles als Fehler abtun? Ich hoffte es nicht. Ich war verliebt und wollte mit ihr zusammen sein. Nichts wünschte ich mir mehr. Die Gefühle für Amelia, waren nichts im Vergleich zu denen, die ich für meine Lehrerin hatte. Na gut, dass war vielleicht etwas übertrieben, aber ich hatte mich nun mal entschieden. Auch wenn ich Amelia damit verletzte. Ich schwor mir in diesem Moment, mit dem hin und her aufzuhören und morgen mit ihr zu reden. Es würde sie zwar sehr verletzen, aber ich konnte das einfach nicht mehr. Ich wollte Frau Klein und wenn ich sie nicht haben konnte, dann wollte ich niemanden. Gegen 14 Uhr klingelte es an der Tür. Ich öffnete und ließ meine Lehrerin eintreten. „Hallo Frau Klein, ich freue mich, dass Sie hier sind.“ Ich freute mich wirklich. Aber gleichzeitig war ich auch sowas von nervös. Die letzte Stunde hatte ich damit verbracht, wie ein wildes Tier auf und ab zu gehen. Ich konnte keine Minute still sitzen. Die Nervosität machte mich wahnsinnig. „Mareike,“ war das einzige, was sie sagte, als sie über die Türschwelle trat. Dabei setze sie ihr unwiderstehliches lächeln auf. „Wie bitte?“ Ich schaute wohl ziemlich doof aus der Wäsche denn plötzlich verwandelte sich ihr lächeln in ein Lachen, welches genau so unwiderstehlich war. „Na, du sollst mich Mareike nennen. Es ist doch sehr grotesk, wenn du mich nach all dem noch mit Sie ansprichst.“ „Da haben Sie... 'tschuldigung, da hast du wohl recht. Hallo Mareike.“ Ihr Gesicht nahm etwas warmes an und ließ mein Herz schneller schlagen. Sie streifte meine Hand mit ihrer und schaute mich an. „Hallo Emma, wollen wir uns ins Wohnzimmer setzten?“ Oh Gott. Ich werde gleich ohnmächtig. Die Frau machte mich schwach. Aber sowas von. „Ähm, ja, dass können wir tun. Möchtest du einen Kaffee?“ Nun schüttelte sie den Kopf. „Nein, danke.Wenn du aber einen willst, kann ich mich gern schonmal setzen und warten.“ Nun schüttelte ich mit dem Kopf. Da ich heute auch schon einen oder besser gesagt mehrere getrunken hatte und merkte, wie aufgedreht ich war, ging ich gleich mit ihr ins Wohnzimmer. Dort angekommen, setzte ich mich wie gewohnt auf den Sessel, während sie auf dem Sofa platz nahm. „Also, ich habe gestern und auch heute über unser Treffen im Park nachgedacht. Ich habe mich falsch verhalten und hätte den Kuss nie erwidern dürfen. Ich bin deine Lehrerin und Lehrer sollten definitiv keine Beziehung mit ihrem Schüler eingehen.“ Ich wollte sie unterbrechen, um ihr zu erklären, dass uns mehr Verband und das es sich verdammt nochmal richtig anfühlte, doch sie hob eine Hand um mir zu zeigen, dass sie noch nicht fertig war. „Lass mich bitte ausreden. Ich weiß, was du sagen willst. Ja, es ist ungerecht, dass zwei Menschen, die sich so gern haben, keine Beziehung eingehen dürfen. Und weißt du was? Ich sehe das genauso. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir das nicht tun sollten, aber ich will es versuchen. Du gehst mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Du hast so eine faszinierende Art an dir, die es mir schwer macht, dir aus dem Weg zu gehen. Wir müssen aufpassen und uns in der Schule so normal wie immer verhalten. Es steht wirklich eine Menge auf dem Spiel.“ Als sie geendet hatte, musste ich erst einmal schlucken. Das sie Gefühle für mich hatte, wusste ich bereits. Sonst wäre es wohl nie zu einem Kuss gekommen. Aber das sie sich dazu entschieden hatte, mit mir zusammen zu sein, warf mich aus der Bahn. Ich hätte niemals daran gedacht, dass dieser Tag so schnell kommen würde. „Ja, dessen bin ich mir bewusst. Du könntest, nein du wirst deinen Job verlieren und ich würde wohl auch von der Schule fliegen. Das würde ich nie wollen. Ich bin so glücklich über deine Entscheidung und weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Sie klopfte neben sich auf das Sofa und schaute mich verlangend an. „Dann komm her und küss mich endlich.“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Mit einem Satz war ich bei ihr auf dem Sofa und umschloss ihr Gesicht mit meinen Händen. „Du bist wunderschön.“ In ihren Augen blitzte es gefährlich. Sie überwand die letzten Zentimeter und verschloss meine Lippen mit ihren. Wir lagen mittlerweile seit einer Stunde in meinem Bett und hingen unseren Gedanken nach. Meine Lehrerin fuhr mir dabei immer wieder mit ihren Fingern über die Seite und bescherrte mir eine Gänsehaut. Ich dachte zurück an unser Gespräch von heute morgen. „Mareike? Kann ich dich mal etwas fragen?“ Sie hielt in ihren Bewegungen inne und stützte sich auf ihren Ellbogen, um mich anzusehen. „Klar, alles was du willst, liebes.“ Ich nahm all meinen Mut zusammen und sah sie ebenfalls an. „Erzählst du mir was in Berlin passiert ist? Du warst heute morgen so seltsam traurig, als wir über die Fahrt gesprochen hatten.“ Der Körper neben mir versteifte sich plötzlich. Ihr Blick wirkte nun nicht mehr warm, sondern nachdenklich. Sie seufzte und wandte ihn schließlich ab. „Es ist alles andere als schön und wirklich sehr privat. Ich weiß nicht, ob ich das kann.“ Ich legte meine Hand auf ihre Schulter und drückte sie leicht. „ Du musst nicht, wenn du nicht willst. Ich zwinge dich zu nichts. Aber du kannst mir wirklich vertrauen.“ „Ja ich weiß. Natürlich vertraue ich dir. Bisher habe ich noch niemandem in meinem Umfeld davon erzählt.“ Lange Zeit, sagte sie nichts mehr. Sie wirkte nachdenklich. Als ich gerade etwas darauf erwidern wollte, fing sie erneut zu sprechen an. „Es ist nun schon 24 Jahre her. Damals war ich gerade einmal 14, als sich mein Leben komplett auf den Kopf stellte. Wäre meine Mutter damals nicht gewesen, würde ich heute vermutlich nicht mehr Leben.“ Sie versuchte ihre Tränen, die die Erinnerungen auslösten zurück zu halten. Ich schloss sie in meine Arme und strich ihr beruhigend über den Rücken. Ich wollte ihr die Zeit geben, die sie brauchte und ihr so gut es ging beistehen... Kapitel 12: 12 -------------- „Bis zu meinem 14. Lebensjahr war ich auch Schülerin auf der Schule, in die du jetzt gehst. Ich war die Beste in der Klasse und schrieb sehr gute Noten. Da meine Mutter aus irgendeinem Grund keine Arbeit hier fand und mein Dad einen sehr gut bezahlten Job in Berlin angeboten bekam, zogen wir dorthin. Da ich noch zu Jung war, um mitentscheiden zu können oder in einer eigenen Wohnung zu wohnen, musste ich natürlich mit. Ich wollte eigentlich gar nicht. Ich hatte viele Freunde und war hier sehr glücklich. Aber das interessierte niemanden. Ein paar Tage später haben meine Eltern mich in das Auto gesetzt und einfach mitgenommen.“ Erneut brach sie ab und schniefte leise. „Das muss sehr schwer für dich gewesen sein. Es tut mir so leid.“ Sie nickte. „Ja das war es. Du brauchst dich aber nicht zu entschuldigen. Du kannst ja nichts dafür. Als wir dann in Berlin ankamen, war ich erstaunt. Es war alles so viel größer als hier und hat mir richtig gut gefallen. Meine Mutter meldete mich dann in einer guten Schule an. Der Direktor war anfangs nicht begeistert, mitten im Schuljahr jemand neues aufzunehmen, aber meine Noten und das gute Verhalten an meiner alten Schule hatten ihn dann doch überzeugt. Da ich ein sehr aufgeschlossener Mensch bin und gerne neue Leute kennenlernte, freute ich mich auch schon. Etwas nervös war ich aber trotzdem. Meine Mutter konnte mich aber beruhigen. Am nächsten Tag begann dann mein erster Schultag in der neuen Schule. Ich war begeistert, wie schön dort alles war. Die Schule sah sehr vielversprechend aus. Nicht umsonst war sie eine der angesehensten in der Stadt. Am Anfang lief auch alles super. Die Lehrer waren nett und die Leute, die ich bis dahin kennen gelernt hatte ebenfalls. Dort gab es einen echt schnuckeligen Typen. Mario hieß er. Wir verstanden uns von Anfang an super und wurden sogar ein Paar.“ Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie taten mir diese Worte richtig weh. Sie strahlte richtig, als sie von ihm erzählte. Ich ließ mir aber nichts anmerken und hörte ihr weiterhin zu. „Ich war so glücklich mit ihm und auch mit der restlichen Situation, dass ich mein altes Zuhause gar nicht mehr so vermisste. Eines Tages, als ich mit Mario zur Schule ging, verfolgten uns zwei Mädels aus unserer Klasse. Mit denen hatte ich bisher keinen Kontakt gehabt, da ich auch noch recht neu auf der Schule war. Auf jeden Fall waren sie alles andere als begeistert, dass ich mit dem tollsten Jungen der Schule zusammen war. Sie machten mir ab da das Leben so richtig zur Hölle. Mario half mir anfangs echt gut über die Sache hinweg. Aber irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und entfernte mich immer mehr von ihm. Ich machte mit ihm Schluss und hoffte, dass sich nun alles ändern würde, aber dem war leider nicht so. Meine beiden Klassenkameradinnen hatten gefallen daran gefunden, mich zu ärgern. Sie schlugen und beleidigten mich, verbrannten meine Sachen und drohten mir. Natürlich hatte ich Angst, mich jemandem anzuvertrauen. Sie hatten mich gewarnt, dies nicht zu tun. Da die beiden die beliebtesten der Klasse waren, standen natürlich alle auf deren Seite. Ich denke eher, meine Mitschüler hatten einfach nur Angst, sich gegen die Beiden zu stellen, was ich auch verstehen konnte. Eines Tages wurde mir dann alles zu viel. Ich konnte nicht mehr und sagte meiner Mama, dass es mir heute nicht so gut ginge und ich gerne zuhause bleiben würde. Da sie gemerkt hatte, dass mit mir irgendwas nicht stimmte, denn ich hatte mich sehr zum negativen verändert, war es ein leichtes sie davon zu überzeugen. Sie fuhr an diesem Tag also zur Arbeit und ließ mich alleine zu Hause. Meinen Vater sah ich kaum noch. Er verdiente zwar jetzt mehr Geld, aber dafür musste er auch Überstunden ohne Ende machen. Ich konnte mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann wir zuletzt etwas unternommen hatten.“  Mareike holte einmal tief Luft und trank einen Schluck Wasser, welches ich ihr zwischendurch geholt hatte. Ich hatte noch immer kein Wort gesagt. Man merkte ihr an, wie schwer ihr das alles fiel. Wer will auch schon gerne an eine schreckliche Vergangenheit erinnert werden? Das einzige was ich tat, war ihre Hand zu halten um zu zeigen, das ich für sie da war. „Also, wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Meine Mutter ließ mich also Zuhause und fuhr wie gewohnt zur Arbeit. Ich wusste, dass sie nun ein paar Stunden weg sein würde. In den Nächten, in denen ich mich in den Schlaf geweint hatte und das waren echt nicht wenige, kam mir der Gedanke, wie schön es wäre, dass alles einfach hinter mir zu lassen. Nicht mehr zur Schule zu müssen, nicht mehr in das traurige Gesicht von Mario zu blicken und vor allen Dingen, nicht mehr von den beiden fertig gemacht zu werden. Ich ging also ins Bad und versuchte mich von all den schrecklichen Dingen zu erlösen. Als ich später wieder zu mir kam, lag ich im Krankenhaus. Meine Mutter hatte anscheinend etwas vergessen und wollte anschließend nochmal nach mir sehen. Sie fand mich dann auch und rief sofort den Notarzt. Ich hatte damals ein Gespräch zwischen meinen Eltern und dem Arzt belauscht. Es war wohl sehr knapp gewesen. Das hat mich dann wieder in die Realität zurück geholt. Es war wirklich eine Kurzschlussreaktion von mir gewesen. Ich wollte doch einfach nur wieder glücklich sein. Nach ein paar Tagen wurde ich wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Meine Mutter hatte zuhause schon die Koffer gepackt und sich von meinem Vater getrennt. Ich hatte mir Vorwürfe gemacht, dass es meinetwegen passiert war, aber später erfuhr ich, dass die beiden sich schon vorher gestritten hatten. Es ging dabei um die Arbeit meines Vaters. Wieder hier angekommen, hat meine Mutter mich in eine Therapie geschickt, um alles zu verarbeiten. Es dauerte zwar einige Zeit, aber ich normalisierte mich wieder und ging wieder zur Schule, um meinen Abschluss zu machen. Mit meinem Vater hatte ich seitdem keinen Kontakt mehr. Er hatte sich nie wieder bei uns gemeldet. Ich weiß nicht einmal, ob er noch in Berlin lebt.“ Als sie geendet hatte, schluckte ich. Ich musste das alles erstmal sacken lassen. Während ihrer Erzählung kamen mir die Tränen. Diese wischte ich nun eilig wieder weg. Mareike wirkte seltsam gefasst. Ich legte eine Hand auf ihre und musterte sie. „Ist alles in Ordnung?“ Sie drückte sie kurz und lächelte mich an. „Ja, es ist nur seltsam, dass alles wieder auszusprechen. Aber mir geht es gut. Ich habe damit abgeschlossen. Schließlich ist es schon lange her. Jetzt weißt du auch, wieso ich Vertrauenslehrerin geworden bin und mich so für dich eingesetzt habe.“ Ich nickte. „Ja, ich kann es mir sehr gut vorstellen. Danke, dass du mir alles erzählt hast. Das zeigt mir, wie sehr du mir vertraust.“ Ich zog sie an mich und verschloss unsere Lippen miteinander. Der Kuss dauerte nur einen Augenblick, zeigte aber, wie viel sie mir bedeutete. Als wir uns voneinander lösten, sah ich verlangen in ihren Augen. Sie küsste mich erneut. Dieses Mal war er aber um einiges leidenschaftlicher. Sie drückte mich ohne den Kuss zu unterbrechen auf's Bett und schob ein Bein zwischen meine. Ich stöhnte in den Kuss und genoss das Gefühl, welches sie in mir auslöste. Als sie eine Hand unter mein Shirt schob, hielt ich inne und löste mich von ihr. „Es tut mir leid. Ich kann das nicht.“ Sie nahm meine Hand und schaute mich betroffen an. „Nein, mir tut es leid. Ich habe mich leiten lassen. Es ist okay. Wir haben alle Zeit der Welt.“ Ich stand vom Bett auf und wanderte auf und ab. War es das wirklich? Mareike war um einiges Älter als ich. Das störte mich nicht im geringsten, aber konnte ich ihr das geben, was sie wollte? Irgendwann wollte sie bestimmt mit mir schlafen. Aber war ich dann auch bereit dafür? Eine Hand nahm meine und drückte sie leicht. Automatisch blieb ich stehen und sah sie an. „Was ist los? Es ist wirklich okay. Mach dir bitte nicht so viele Gedanken.“ „Ich weiß nicht. Du bist so viel älter und hast eine Menge Erfahrung in allem. Ich dagegen hatte noch nie eine Beziehung. Ich möchte dich nicht enttäuschen.“ Sie zog mich auf ihren Schoß und strich eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „Ach Süße, du enttäuscht mich doch nicht. Es stimmt, ich hatte schon mehrere Beziehungen, aber ich war noch nie mit einer Frau zusammen. Ich habe genauso Angst wie du. Wenn es passiert, dann passiert es eben. Bis dahin genießen wir einfach die Zeit und lassen es auf uns zukommen, okay?“ Ich nickte und schloss sie in meine Arme. Sofort erwiderte sie die Umarmung. „Womit habe ich dich nur verdient?“ „Du verdienst es ebenfalls glücklich zu sein. Wir schaffen das. Und nun lass uns etwas essen, okay?“ Ich nickte und ging mit ihr in die Küche. Wenn ich ehrlich war, hatte ich auch ein wenig Hunger. Nach dem Abendessen fuhr Mareike nach Hause. Wir waren uns beide einig, dass es noch ein wenig zu früh für Übernachtungen waren. Es stimmte. Ich war noch nicht bereit für den Schritt. Schließlich haben wir erst heute zueinander gefunden. Wir standen an der Tür. Sie hatte bereits ihre Jacke und Schuhe angezogen und sah mich an. „So, ich sollte jetzt. Muss noch einiges für den Unterricht morgen vorbereiten.“ Sie lächelte mir zwinkernd zu, sah mich kurz darauf aber mit einem traurigen Ausdruck an. „Ich weiß noch nicht, ob ich morgen kommen kann. Wir Lehrer haben nach dem Unterricht noch eine Besprechung. Das dauert sicher bis zum Abend. Tut mir leid.“ Ich zog sie an mich und schenkte ihr einen zärtlichen Kuss. Als wir uns voneinander lösten, ließ ich meine Hand auf ihrer Wange ruhen. Sie schmiegte sich an sie und schloss für einen Moment die Augen. Sie war noch nicht bereit, durch diese Tür zu gehen, aber ich wollte sie auch nicht davon abhalten. Sie sollte schließlich ihre Arbeit nicht durch mich vernachlässigen. „Das macht nichts. Wir sehen uns ja morgen in der Schule. Da dürfen wir uns zwar nicht so verhalten wie hier, aber Arbeit geht nun mal vor. Ich verstehe das.“ Erneut verschloss sie ihre Lippen mit meinen und ging, nachdem sie den Kuss beendet hatte, hinaus. „Danke für dein Verständnis. Wir sehen uns dann morgen.“ Ich blieb dort an der Tür stehen und murmelte ihr ein 'bis morgen' hinterher. Wenn ich sie jetzt auch noch zum Wagen begleiten würde, würde sie heute nicht mehr nach Hause kommen. Das wussten wir beide. Noch lange Zeit stand ich an der offenen Tür. Den Blick auf die Straße gerichtet, wo sie vor wenigen Minuten abgebogen war. Es tat weh, sie nicht bei mir haben zu können. Ich tröstete mich aber mit dem Wissen, dass wir uns am Mittwoch wieder Nahe sein durften. Ich schloss die Tür, ging die wenigen Stufen zu meiner Wohnung hinauf und begab mich zielstrebig in die Küche. Dort angekommen holte ich mir ein Glas aus dem Schrank, füllte es mir Wasser und trank es zur Hälfte aus. Ich seufzte und ließ mich in den Stuhl fallen. Mareike fehlte mir schon jetzt ganz doll. Aber ändern konnte ich es nun mal nicht. Ich holte stattdessen meine Tasche an den Tisch und versuchte mich ein wenig mit den Hausaufgaben abzulenken. Es funktionierte zwar nur bedingt, aber schon bald hatte ich sie fertig. Ich spülte noch das Geschirr, welches vom Abendessen auf der Spüle stand und machte mich dann auf den Weg ins Badezimmer. Nach einigen Minuten verließ ich es wieder und legte mich ins Bett. Ich stellte meinen Wecker und bemerkte, dass es bereits nach Mitternacht war. Ich seufzte und drehte mich auf die linke Seite. Abends fand ich einfach keine Ruhe und schlief leider oft schlecht ein. Ich wäre froh, wenn ich abends mal so müde wie morgens bin. Es nervte und zerrte sehr an den Nerven. Woran es lag, konnte ich mir nicht erklären. Eventuell waren meine Gedanken dafür verantwortlich. Denn diese kamen immer dann, wenn ich eigentlich schlafen sollte. Der nächste Morgen kam viel zu schnell. Ich lag noch bis 1 Uhr im Bett und konnte nicht schlafen. Zu viele Gedanken hielten mich wach. Ich musste eigentlich glücklich sein und das war ich auch. Zumindest was die Sache mit Mareike betraf. Das, was mir mit Amelie heute noch bevor stand, trübte meine Fröhlichkeit aber ein wenig. Ich hatte mich ja heute nach der Schule mit ihr zum Eis essen verabredet. Ich wollte mit ihr über uns reden und das würde kein Spaziergang werden. Ich seufzte und machte mich für die Schule fertig. Das Frühstück und auch den Kaffee musste ich leider ausfallen lassen. Ich war mal wieder zu spät dran. Stattdessen schnappte ich mir einen Apfel aus dem Obstkorb und aß diesen auf dem Weg zur Schule. Ich schaute auf den Stundenplan, als ich in das Schulgebäude ging. Auch dieser hob meine Laune nicht im geringstem. In der letzten Woche, bin ich ja nicht in der Schule gewesen und somit wusste ich nicht, was mich heute erwarten würde. In den ersten beiden Stunden hatten wir Hauswirtschaft. Ich kann euch sagen, ich hasse kochen und konnte es überhaupt nicht. Der nächste Block war Informatik und die letzten beiden Stunden hatten wir Biologie. Noch so ein ätzendes Fach, was ich nicht ausstehen konnte. Aber was soll's. Hauptsache die Lehrer waren in Ordnung. Leider hatten wir nur Montags und Freitags bei Frau Klein Unterricht. Ich würde sie also wenn überhaupt nur zufällig im Gang oder in der Pause antreffen. Keine tolle Aussicht. Aber so war das leider, wenn man eine verbotene Beziehung führte. Ich packte meinem Stundenplan wieder in die Tasche und machte mich seufzend auf den Weg zu Hauswirtschaft. „Emma, warte bitte mal.“ Ich drehte mich um und erkannte Amelia. Diese kam gerade aus der Pausenhalle gerannt und kam auf mich zu. „Morgen. Oh ne, ich habe voll verpennt. Sitzt meine Kleidung? Hab ich was im Gesicht? Ich habe gerade noch schnell die Zähne geputzt und bin wie eine Wahnsinnige hergerast.“ Ich unterdrückte ein Lachen und sah sie mir genauer an. „Nö, alles wie immer. Wir sollten uns beeilen. Sonst kommen wir zu spät.“  Nun sah sie mich geschockt an. „Besser nicht. Die Heinrich wird sonst stinksauer. In der letzten Woche musste Tom nachsitzen, weil er fünf Minuten zu spät kam. Die Alte ist an die Decke gegangen, du glaubst es nicht.“ Ich nahm ihre Hand und zog sie mit mir. „Na dann mal los. Sonst blüht uns das gleiche Schicksal und da hab ich echt kein Bock drauf.“ Als wir vor dem Raum zum stehen kamen, war Frau Heinrich noch nicht da. Es dauerte aber keine Minute, da kam sie schon den Gang entlang. Da hatten wir echt nochmal Glück gehabt. Als es zur Pause klingelte, packten alle Schüler eilig ihre Sachen zusammen und verließen den Raum. Wir haben heute tatsächlich die ganzen zwei Stunden geschrieben. Frau Heinrich wollte sichergehen, dass wir alle Utensilien sowie Arbeitsschritte und Reinigungsvorschriften beherrschten, bevor sie uns in die Küche ließ. „Der Unterricht war heute echt langweilig. Nächste Woche kann ich gut darauf verzichten.“ Amelia trat in mein Blickfeld und hakte sich bei mir ein. Da hatte sie nicht ganz unrecht. Die Lehrerin hatte berichtet, dass wir auch nächste Woche nur schreiben sollten. Sobald wir aus Berlin zurückkommen, ging es dann ans Kochen. „Da hast du wohl Recht. Aber leider können wir nichts dagegen tun.“ Ich seufzte und löste mich unauffällig von ihr, indem ich so tat, als würde ich mir den Schuh zubinden. Amelia merkte nichts von meinem Ausweichmanöver und wartete auf mich. Wir gingen in die Pausenhalle und stärkten uns für die nächsten beiden Stunden... Es klingelte zur letzten Pause. Wir hatten zum Glück nun Schluss und durften nach Hause. Die letzten beiden Blöcke waren überraschend interessant. In Informatik haben wir heute mit dem zehn Finger Training begonnen. Wie der Name schon sagt, sollen wir es schaffen auf der Tastatur mit zehn Fingern zu tippen. Das ist gar nicht so leicht, hat mir aber sehr viel Spaß gemacht. In Biologie behandeln wir gerade das Thema Genetik. Ich mag das Fach eigentlich nicht, aber auch dieses Thema war sehr interessant. Ich freute mich tatsächlich schon auf die nächsten Stunden. Was mich allerdings weniger freute, war die Tatsache, dass ich heute kein einziges Mal Mareike über den Weg gelaufen bin. Ich wusste, dass sie nun eine Besprechung mit den anderen Lehrern hatte und entschied mich dazu, ihr später einmal wegen morgen zu schreiben. Ich wollte sie unbedingt sehen. Wartend stand ich vor der Toilette und hielt Ausschau nach Amelia. Nach wenigen Minuten kam sie dann auch und wirkte verärgert. „Oh man, warum müssen alle Mädels immer in der Pause aufs Klo?“ Ja das hatte ich mich auch schon gefragt. Und dann auch noch immer im Doppelpack. Ich verstand es wirklich nicht. Ich lachte und machte mich mit ihr auf zur Eisdiele. „Ich finde es schön, dass wir mal wieder Zeit miteinander verbringen.“ Wir saßen draußen und warteten auf unsere Bestellung. Heute war echt ein toller Tag um draußen zu sitzen. Die Sonne schien und kein Wölkchen war am Himmel. „Ja, ich finde es auch ganz schön.“ Mehr sagte ich nicht. Ich traute mich einfach nicht, ihr den wahren Grund für unser Treffen zu erzählen. Es tat mir weh, sie enttäuschen zu müssen. Eine Angestellte kam an unseren Tisch und brachte für mich einen Erdbeerbecher und für Amelia einen Banana Split. Lustlos löffelte ich in meinem Becher, während meine Freundin mich immer wieder musterte. Sie legte den Löffel beiseite und legte ihre Hand auf meine. „Okay, was ist los mit dir? Du benimmst dich so seltsam, seitdem wir hier sind.“ Ich tat es ihr gleich und legte den Löffel ebenfalls ab. „Es ist nichts. Lass uns essen, sonst schmilzt das Eis.“ „Unsinn. Du wolltest herkommen, um mit mir Zeit zu verbringen und starrst die ganze Zeit vor dich hin.“ Ich entzog mich ihrer Hand und faltete sie auf meinem Schoß. „Das war nicht der Grund. Zumindest nicht nur. Ich wollte mit dir reden, weiß aber nicht, wie ich anfangen soll.“ „Einfach geradeheraus. Du kannst mir vertrauen. Das weißt du doch, oder nicht?“ Ich nickte mit dem Kopf und sah sie an. „Weißt du, ich mag dich wirklich sehr und bin froh, mit dir befreundet zu sein, aber für mehr bin ich nicht bereit. Ich möchte keine Beziehung mit dir.“ Nun starrte sie mich mit großen Augen an. Einen Moment später wurde ihr Blick traurig. Tränen waren in ihren Augen zu erkennen. „D-Du willst nicht? Ich dachte, du hast auch Gefühle für mich. Warum sonst küsst du mich und gehst mit mir ins Bett? Ich verstehe das nicht.“ Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich darauf erwidern sollte. Ich konnte ihr ja schlecht sagen, dass ich mit meiner Lehrerin zusammen war. Das ich was für sie empfand, wusste sie, aber was wirklich ist, durfte sie niemals erfahren. Ich entschied mich für den drastischen Schritt. Das hin und her ging einfach nicht mehr und wenn ich jetzt nichts sagte, würde es weiterhin so laufen. „Nein, ich habe keine Gefühle für dich. Es tut mir sehr leid.“ Und das tat es wirklich. Es war hart von mir, ihr das so direkt ins Gesicht zu sagen. Aber ich wusste einfach nicht, wie ich es sonst hätte erklären sollen. Die Tränen bahnten sich einen Weg über ihr Gesicht. Kurz darauf hielt ich meine Wange. Sie hatte mir tatsächlich eine Ohrfeige verpasst und war zur Tür hinausgelaufen. Einen Augenblick saß ich wie versteinert da und konnte mich nicht bewegen. Als ich mich aber halbwegs gefasst hatte, bezahlte ich die Bedienung und lief ihr hinterher. All mein Rufen ignorierend, ging sie auf direktem Wege zur Schule zurück. Kurz vor ihrem Auto hatte ich sie dann erreicht und hielt sie an der Schulter zurück. „Amelia, bitte...“ „Lass mich in Ruhe. Ich hasse dich.“ Sie schüttelte meine Hand ab, stieg in ihr Auto und fuhr einfach davon. Ich stand noch immer unter Schock und konnte noch gar nicht begreifen, was soeben passiert war... Kapitel 13: 13 -------------- Um kurz nach eins versammelten sich die Lehrer, die nicht mehr unterrichten mussten, im Lehrerzimmer. Einmal im Monat fanden solche Treffen statt. Wir besprachen dort unter anderem, ob es Probleme unter oder mit den Schülern gab, was für Themen im Unterricht behandelt wurden, oder ob Klassenarbeiten anstanden. Oft redeten wir auch über die Problemschüler oder wurden etwas privater. Gerade als Herr Schmidt etwas von seinem Wochenende erzählte, richtete sich meine Aufmerksamkeit auf den Schulparkplatz. Dort standen Amelia und Emma und schienen sich wegen irgendwas zu streiten. Amelia weinte und Emma stand wie versteinert da. Kurz darauf fuhr sie weg und ließ sie alleine zurück. Was die beiden besprochen hatten, konnte ich von hier oben nicht hören. So wie Emma aussah, musste aber irgendwas passiert sein. Ich wollte zu ihr und mit ihr reden. Ich entschuldigte mich also bei meinen Kollegen mit der Ausrede, dass ich starke Kopfschmerzen hatte und verließ, ohne die anderen anzusehen, den Raum.. Ich ging den Korridor schnellen Schrittes entlang und verließ kurz darauf das Gebäude. Emma saß mittlerweile auf der Bank und wirkte noch immer abwesend. Als sie mich bemerkte, fing sie an zu weinen und kam mir entgegen. „I-Ich habe sehr großen Mist gebaut.“ Ehe ich sie erreichen und in eine Umarmung ziehen konnte, gaben ihre Beine nach. Ihr Körper sackte einfach zusammen... Ich öffnete meine Augen und richtete mich ein wenig auf. Ich war orientierungslos und sah mich suchend im Raum um. Ich war alleine, doch nebenan waren Stimmen zu hören. Langsam kamen die Erinnerungen zurück und mit ihnen auch die Tränen. Ich war anscheinend zusammengebrochen und konnte froh sein, dass Frau Klein zur Stelle war. Sie war es wohl auch, die mich ins Krankenzimmer gebracht hatte. „Oh Gott, Amelia.“ Meine Stimme klang seltsam fremd und mein Kopf pochte stark. Ich schloss die Augen wieder und ließ mich in das weiche Kissen sinken. Die Tür ging auf und jemand setzte sich neben mich. Kurz darauf spürte ich eine warme Hand an meiner Wange. Ich wusste sofort, wer da neben mir saß, konnte meine Augen aber nicht öffnen. Ich fühlte mich so ausgelaugt und wollte einfach nur schlafen. Die Tür ging erneut auf und die Schwester, so vermutete ich, kam herein. „Ist sie schon wach?“ „Nein, noch nicht.“ Ein seufzen war neben mir zu hören. Ich versuchte mit aller Kraft die Augen zu öffnen und blickte in Mareikes sorgenvolles Gesicht. „Hallo Emma; Marianne, sie ist aufgewacht.“ Erleichtert sah sie mich an. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Schön dass du wieder wach bist.“ Ich lächelte sie an und legte meine Hand auf ihre. Die Schwester kam erneut ins Zimmer. Sie war um einiges älter als Mareike. Ihre Haare waren schon komplett ergraut und irgendwie hatte sie einen strengen Blick, der mich frösteln ließ. Kurz musterte sie mich, ehe sie an das Bett kam. „Emma, wie geht es dir?“ Ich wandte meinen Blick von Mareike ab und sah zur Schwester. „Ich habe Kopfschmerzen und fühle mich kraftlos und müde. Ansonsten okay schätze ich.“ Sie nickte und wandte sich an meine Lehrerin. „Kannst du auf sie aufpassen? Ich habe noch einen wichtigen Termin.“ „Selbstverständlich, ich bleibe hier und...“.Den Rest bekam ich nicht mehr mit. Ich war bereits eingeschlafen. Als ich aufwachte, saß meine Lehrerin noch immer an meinem Bett und hielt meine Hand. Sie war alleine. Zumindest konnte ich sonst niemanden sehen. „Hallo Emma, wie geht es dir?“ „Schon besser denke ich. Meine Kopfschmerzen sind weg und schlapp fühle ich mich auch nicht mehr.“ Das stimmte. Der Schlaf hatte mir wirklich gut getan. Auch meine Stimme hörte sich wieder halbwegs normal an. Sie nickte und drückte meine Hand etwas fester. „Das freut mich. Ich habe mir sehr große Sorgen um dich gemacht. Ich habe euch durch das Fenster beobachtet. Es sah aus, als würdet ihr streiten. Wenn du reden magst, bin ich für dich da, okay?“ Ich nickte und wollte aufstehen, doch Mareike hielt mich zurück. „Bleib bitte noch etwas liegen. Nicht das dir wieder schwindelig wird.“ Ich ließ mich also wieder in das Kissen sinken und beobachtete meine Lehrerin. Ihre Augen waren rot. Anscheinend hatte sie geweint. Es tat mir weh, dass sie sich solche Sorgen um mich machen musste. Das war nie meine Absicht und das schlechte Gewissen plagte mich. Ich entschied mich dazu, ihr einfach alles zu erzählen. „Ähm, ich habe mich, wie du bereits vermutet hast, mit Amelia gestritten. Wir haben uns nach dem Unterricht in der Eisdiele verabredet. Ich...“ Tief seufzend fuhr ich mit meiner Hand durch die Haare. Es fiel mir sichtlich schwer mit ihr darüber zu reden. Wie würde sie es aufnehmen? Ich hatte Angst. Sehr große sogar... Sie drückte noch einmal meine Hand und lächelte leicht. „Hey, egal was du mir jetzt sagst. Es ändert nichts an meinem Gefühlen für dich. Wir schaffen das.“ Ich atmete noch einmal durch und erzählte ihr alles. Angefangen mit der Party am Freitagabend, die Nacht, die ich mit Amelia verbracht hatte, den Sonntag, den sie bei mir war und auch unser Gespräch heute in der Eisdiele. Ich hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen und konnte meine Lehrerin nicht ansehen. Auch jetzt nicht, nachdem ich meine Erzählung beendet hatte. Eine lange Zeit, so kam es mir auf jeden Fall vor, erwiderte sie nichts. Plötzlich umfasste sie mein Kinn und hob es an. Nun blickten meine traurigen in ihre nachdenklichen Augen. „Liebst du sie denn?“ Wie sollte ich das nur erklären? Klar, sie bedeutete mir etwas. Aber solche starken Gefühle wie Mareike in mir auslöste, hatte ich in ihrer Gegenwart nicht. „Nein, von Liebe kann man nicht sprechen. Ich empfinde für sie nicht annähernd das selbe wie für dich. Ja, es gab da ein kribbeln, aber ich habe mich für dich entschieden und bereue es keine Sekunde. Darum habe ich vorhin mit ihr geredet. Ich möchte nicht, dass sie sich falsche Hoffnungen macht. Es war ein Fehler und tut mir wahnsinnig leid.“ Sie nickte und drückte leicht meine Hand. „Ich glaube dir. Danke, dass du so ehrlich zu mir warst. Du solltest ihr ein wenig Zeit geben. Sie wird bestimmt auf dich zu kommen.“ Langsam liefen Tränen über meine Wange. Ich konnte sie nicht aufhalten. Stattdessen wurden es immer mehr. Mareike schloss mich in ihre Arme und wiegte mich sanft. „I-Ich glaube das nicht.. Amelia will nichts mehr mit mir zu tun haben.. Sie hasst mich und ich kann es ihr nicht einmal verübeln... Ich bin eine schlechte Freundin.“ Meine Stimme zitterte vom weinen. Es fiel mir unglaublich schwer, mich zu beruhigen. Frau Klein drückte mich etwas fester an sich und flüsterte mir beruhigende Worte ins Ohr. Langsam half es und ich fühlte mich etwas besser. „Danke das du für mich da bist und mich nicht verurteilst.“ „Ach Süße, du weißt, ich bin immer für dich da, egal was kommt.“ Ich lächelte sie an und legte meine Lippen auf ihre. In diesem Moment war ich mehr als glücklich, dass sie da war. Als wir uns voneinander lösten, sah auch sie mich lächelnd an. „Ich liebe dich Mareike.“ Es fühlte sich alles so richtig an und auch wenn ich diese drei Worte noch nie zu jemandem gesagt hatte, wusste ich doch, dass ich genau das tat. Ich liebte sie uns wollte nicht mehr ohne sie sein. „Und ich liebe dich. Von ganzem Herzen.“ Nun war sie diejenige, die mich in einen Kuss verwickelte. Mein Bauch kribbelte und es fühlte sich an, als würden hunderte Schmetterlinge hindurch fliegen. Das gerade die Tür zur Krankenstation geöffnet wurde, bekamen wir gar nicht mit. Erst als diese laut ins Schloss fiel, lösten wir uns eilig voneinander. Ich blickte mit weit aufgerissenen Augen zur Krankenschwester, die wie angewurzelt in der Tür stand. Kurz darauf wandte ich meinen Blick auf Frau Klein und sah, dass sie ebenfalls ziemlich geschockt war. Sie ließ meine Hand, die bis jetzt in ihrer lag, los und stand auf. „Marianne? Lass mich das bitte erklären.“ Langsam ging sie auf die andere Frau zu und hob beschwichtigend die Hände. „Was gibt es denn da zu erklären? Die Situation ist eindeutig. Du.. Du küsst deine Schülerin? Wie kannst du nur?“ Zum Ende hin wurde sie immer lauter. Sie starrte uns fassungslos an, schüttelte den Kopf und öffnete die Tür erneut. „Das hätte ich nicht von dir erwartet..“ Mit diesen Worten verschwand sie und ließ uns alleine zurück. „Scheiße, was machen wir jetzt?“ Unter Schock stehend raufte ich meine Haare. „Das kann doch nicht wahr sein. Sie wird uns verraten. Wir fliegen von der Schule und ich...“ Mareike kam zum Bett und legte mir eine Hand auf die Wange. Augenblicklich verstummte ich und blickte sie an. Mit aller Kraft versuchte ich die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. „Bitte beruhige dich, es wird alles wieder gut. Ich werde mit Marianne reden. Warte hier auf mich, okay?“ Ich nickte und klammerte mich an ihre Hand. „Bitte, ich will dich nicht verlieren.“ Ein leichtes lächeln umspielte ihre Lippen. „Wirst du nicht, versprochen.“ Sie streichelte mir noch einmal über die Wange und verließ den Raum. Woher nahm sie nur immer diese positiven Gedanken? ____________ Mareike Ich gab vor, die Starke zu sein, aber ich hatte genauso Angst wie Emma. Was würde Marianne unternehmen? Würde sie überhaupt etwas sagen? Schließlich kannte ich sie schon mein Leben lang. Sie war immer wie eine Freundin gewesen. Auch sie sagte mir öfters, dass sie in mir die Tochter sehe, die sie nie hatte. Meine positiven Gedanken, die ich mir versuchte einzureden, waren daher nicht unbegründet. Ich glaubte fest daran, dass sie uns nicht verraten würde. Trotzdem blieb ein Rest Zweifel in mir, der genau das Gegenteil bedeutete. Ich ging suchend den Gang entlang, konnte Marianne aber nirgendwo entdecken. Es war ein Fehler gewesen, Emma in der Schule so Nahe zu sein. Erst im nachhinein wurde mir dies bewusst, aber es war bereits zu spät. Als ich um die Ecke bog, sah ich sie draußen auf dem Parkplatz. Sie saß mit dem Rücken zu mir auf der Bank und rauchte eine Zigarette. Ich atmete tief ein und ging auf sie zu. „Marianne? Kann ich...“ „Setz dich bitte. Ich denke wir sollten reden.“ Als ich um die Bank herum ging, blickten nachdenkliche Augen in meine. Sie seufzte und zog noch einmal an ihrer Zigarette, bevor sie diese auf den Boden fallen ließ und austrat. Sie hob den Stummel auf und warf ihn neben sich in den Mülleimer. „Wir kennen uns nun schon so lange. Du bist wie eine Tochter für mich. Aber heute hast du mich sehr enttäuscht. Du setzt deinen Job aufs Spiel für eine Schülerin, die zudem auch noch deine Tochter sein könnte? Und dann auch noch eine Schülerin. Seit wann bevorzugst du Frauen?“ Sie schüttelte mit dem Kopf und sah mich nun an. „Erkläre es mir. Ich kann das einfach nicht verstehen.“ In ihrem Blick war Sorge und Unverständnis zu erkennen. Ich wusste nicht wirklich, wie ich anfangen sollte. Kein Wort würde annähernd die Situation verbessern. Es sei denn, ich würde alles bestreiten oder als Ausrutscher betiteln. Aber das konnte ich weder Emma noch mir antun. Als gute Freundin müsste sie es doch eigentlich verstehen, oder? Ich atmete zitternd aus und rang mit meiner Selbstbeherrschung. Mir war zum heulen zumute, aber ich konnte einfach nicht. „Marianne, ich weiß es doch auch nicht. Es ist einfach passiert. Ja, ich habe mich in Emma verliebt und führe eine Beziehung mit ihr. Ich weiß auch, dass es gegen jede Regel verstößt und das sie meine Tochter sein könnte, aber ich habe mir das nicht ausgesucht. Wir wollen es beide. Und das sie eine Frau ist, tut nun wirklich nichts zur Sache. Ich liebe sie und nur das zählt. Ich weiß, dass es viel verlangt ist, aber ich bitte dich darum, uns nicht zu verraten. Es... würde mich zerreißen..“ Abrupt hielt ich inne und wischte mir die Tränen, die ich erfolglos zu verhindern versuchte, aus dem Gesicht. Marianne hatte mich die ganze Zeit über beobachtet und legte nun tröstend eine Hand auf meine Wange. Dies war der Moment in dem ich nicht mehr an mich halten konnte. Ich konnte nicht mehr stark sein. Es war einfach alles zu viel. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf an ihre Schulter und weinte. Marianne drückte mich eng an sich und strich tröstend über meinen Rücken. „Beruhige dich bitte Mareike. Ich werde euer Geheimnis bewahren. Du hast es nach der Sache mit Thomas verdient glücklich zu sein. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass es falsch ist, aber ich werde euch nicht im Wege stehen.“ Thomas... musste sie gerade jetzt damit anfangen? Mit ihm war ich bis vor zwei Jahren noch verheiratet gewesen. Er hatte mich damals mit einer anderen betrogen und sehr verletzt. Natürlich war ich daran Schuld gewesen. Er meinte, ich hätte mich verändert und würde ihn nicht mehr lieben. Aber dem war nicht so. Wir ließen uns kurz darauf scheiden, da er weiterhin an seiner Meinung festhielt und mich für alles verantwortlich machte. Doch dazu gehörten bekanntlich immer zwei. Sieben glückliche Jahre lagen hinter uns und er warf sie einfach weg, statt daran zu arbeiten. Seitdem bin ich keine Beziehung mehr eingegangen. Es tat einfach zu weh. Aber nun war alles anders. Emma war in mein Leben getreten und hatte einen positiven Eindruck hinterlassen. So schnell wurde sie mich nicht los. Lange Zeit erwiderte ich nichts. Ich saß einfach nur da, starrte in die Ferne und hing meinen Gedanken nach. Marianne löste sich von mir und sah mich an. „Hast du gehört, was ich zu die gesagt habe? Geh zu Emma und berichte ihr von unserem Gespräch. Das arme Mädchen sitzt sicher immer noch auf der Krankenstation und macht sich große Sorgen.“ Diese Worte brachten mich in die Gegenwart zurück. Hastig stand ich auf und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Du hast Recht. Ich muss zu ihr. Ich danke Dir für deine Diskretion.“ Ehe sie etwas erwidern konnte, war ich bereits auf dem Weg zu Emma... ____________ Mareike war bereits eine Stunde weg. Ich wusste nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Mein einziger Gedanke im Moment war Flucht. Ich musste hier raus, aber ich konnte nicht. Mareike hat mich gebeten zu warten, auch wenn es mir verdammt schwer fiel. Was würde passieren? Was ist, wenn Marianne gerade bei der Direktorin ist und ihr alles berichtete? Mir war es mittlerweile egal, ob ich auf der Schule bleiben würde, schließlich war ich noch nicht so lange hier. Aber was war mit Mareike? Sie konnte nie wieder als Lehrerin arbeiten und das zerriss mir das Herz. Es war unverantwortlich gewesen, ihr in der Schule zu nahe zu kommen. Es war noch gar nicht so lange her, da hatten wir genau das besprochen. Ich hasste mich in diesem Moment selbst dafür und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Diese ganze Situation machte mich fertig. Ich hätte mich niemals in meine Lehrerin verlieben dürfen, aber dazu war es nun zu spät. Ob ich sie gehen lassen konnte, war eine andere Frage, die ich ohne zu überlegen mit nein beantwortete... Bevor ich mir weiter den Kopf über die Sache zerbrechen konnte, flog auf einmal die Tür auf und eine schwer atmende Mareike stand im Türrahmen. Sie sah mich mit leicht geröteten Augen an. Ich malte mir bereits das schlimmste aus, denn es war nicht zu übersehen, dass sie geweint hatte. Sie machte die Tür hinter sich zu und kam auf mich zu. Einen Moment blieb sie vor mir stehen und musterte mich. Ihr Blick erhellte sich ein wenig. „Schön, du bist ja noch da. Es ist alles okay. Ich habe mit Marianne gesprochen. Sie hat mir versichert, nichts zu unternehmen.“ Sie setzte sich auf die Bettkante und nahm meine Hand. „Hast du gehört? Es wird alles gut.“ Ja, dass hatte ich. Ich konnte aber nichts darauf erwidern, weil ich einfach so erleichtert war. Es war alles in Ordnung. Wir würden weiterhin zusammen sein. Ich konnte es einfach nicht glauben. „E-ehrlich?“ Ihre andere Hand wanderte zu meiner Wange und strich vorsichtig eine Träne weg. „Ja, ehrlich. Ich möchte dich am liebsten küssen, aber ein zweites Mal gehe ich das Risiko nicht ein. Das müssen wir leider auf später verschieben. Aber das hier wird schon in Ordnung gehen.“ Kurz darauf spürte ich ihren Körper an meinem. Ich legte zaghaft meine Arme um ihren Rücken und atmete erleichtert aus. Nun würde alles wieder gut werden... Kapitel 14: 14 -------------- „Und du möchtest wirklich selbst fahren? Es ist kein Problem für mich, dich nach Hause zu bringen. Wir könnten noch ein wenig Zeit miteinander verbringen.“ Wir haben soeben die Krankenstation verlassen. Marianne kam etwa eine viertel Stunde nach unserem Gespräch zur Tür hinein und fragte nach meinem Befinden. Nachdem ich ihr versichert hatte, das alles wieder in Ordnung war, durfte ich gehen. Die ganze Zeit über musterte sie mich seltsam reserviert. Ich weiß nicht, was Mareike mit ihr geredet hatte, aber so ganz schien die Schwester nicht überzeugt. In jene Gedanken versunken, hörte ich gar nicht, was meine Lehrerin mich soeben gefragt hatte. Erst als sie stehen blieb und ich fast in sie hineingelaufen wäre, sah ich fragend zu ihr auf. „Äh... entschuldige bitte, ich war gerade in Gedanken. Hast du was gesagt?“ Sie seufzte und fuhr sich durch die blonden Haare. „Ich möchte nicht, dass du alleine nach Hause fährst. Was ist, wenn dir wieder schwindelig wird?“ Ich schüttelte meinen Kopf und lächelte ein wenig. „Ich finde es schön, dass du dir Sorgen um mich machst. Aber mir geht es schon viel besser. Außerdem... Ich... Ich wäre gern etwas alleine. Heute ist eine Menge passiert. Verstehst du das?“ Mareike machte einen Schritt auf mich zu und streckte die Hand nach mir aus. Bevor ihre Finger meine Wange berührten, zog sie die Hand zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr behagte die Sache ganz und gar nicht. Das fiel mir sofort auf, als ihre Augen einen traurigen Ausdruck annahmen. Nach einer Weile nickte sie. „Ja, ich verstehe das. Ich bin für dich da, wenn etwas ist. Bitte mach dir nicht so viele Gedanken wegen Amelia. Ich bin mir sicher, dass sich alles wieder einrenkt.“ Ich nickte nur und machte mich auf den Weg zu meinem Auto. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Amelia je wieder auf mich zukommen würde. Dafür hatte ich sie viel zu sehr verletzt. An meinem Auto angekommen, drehte ich mich nochmal zu Mareike. Sie stand immer noch an der selben Stelle und winkte mir zu. Ich tat es ihr gleich, setzte mich in mein Auto und fuhr los. Auf dem Weg nach Hause nagte bereits das schlechte Gewissen an mir. Ich hatte Mareike einfach abgewiesen, dabei wollte sie mir doch nur helfen. Da ich bisher immer alleine war und die Beziehungssache absolutes Neuland für mich war, hatte ich mir nichts weiter dabei gedacht. Im nachhinein hätte ich ihr Angebot, noch mit zu mir zu kommen auch annehmen können. Nun war es aber zu spät. Zuhause angekommen, schmiss ich meine Tasche in den Flur und machte mir in der Küche einen Kaffee. Mit der dampfenden Tasse in der Hand setzte ich mich in den Sessel und zog das Handy aus meiner Hosentasche. Insgeheim hatte ich die Hoffnung, das Amelia sich gemeldet hatte. Aber das war natürlich nicht der Fall. Ich öffnete den Verlauf von Mareike und schrieb ihr, das ich gut zuhause angekommen war und entschuldigte mich für mein Verhalten. Lange musste ich nicht auf eine Antwort warten. Sie versicherte mir, dass alles in Ordnung war und wir uns morgen in der Schule wiedersehen würden. Ich legte mein Handy auf den Couchtisch und widmete mich meinem Kaffee. Ich trank einen Schluck und spuckte ihn gleich wieder in die Tasse. Kalter Kaffee war wirklich widerlich. Den Rest des Tages unternahm ich nicht mehr viel. Ich saß in meinem Sessel und ließ entweder die Gedanken kreisen oder schaute in den Bildschirm des Fernsehers der nebenbei lief. Eigentlich war es ganz angenehm, alleine zu wohnen. Es gab keine Warterei vorm Badezimmer, keine Diskussion, was heute gekocht werden sollte und auch keine Einmischung seitens der Eltern, wenn man mal wieder zu lange wachblieb. Das einzige was mich störte war die Einsamkeit. Man hatte wirklich keinen zum reden im Haus. Besonders an schlechten Tagen ist das alles andere als toll und heute war definitiv so ein Tag. Ich seufzte und nahm mein Handy erneut zur Hand. Nach mehrmaligem Klingeln nahm die Person am anderen Ende ab. „Hallo Schatz, schön das du dich auch mal bei uns meldest. Wir geht es dir? Was macht die Schule? Hast du dich gut eingelebt?“ Ich musste lächeln. Meine Mutter war wirklich neugierig und stellte zu viele Fragen. Aber das konnte ich ihr auch nicht verdenken. Schließlich hatte ich bisher noch nicht viel erzählt. „Hallo Mama, mir geht es gut und euch? Ich habe mich schon etwas eingelebt. Die Schule ist auch ganz okay. Wir fahren übernächste Woche nach Berlin. Du weißt ja, ich wollte schon immer mal nach Berlin.“ „Uns geht es auch gut. Es freut mich, dass du in der Schule gut zurecht kommst. Oh, ihr fahrt nach Berlin? Sehr schön. Das ist bestimmt auch der Grund, warum du anrufst, oder?“ Der letzte Satz klang ein wenig belustigt. Anhand ihrer Stimme konnte ich hören, dass meine Mutter lächelte. Ertappt biss ich mir auf die Unterlippe. „Äh.. Also.. Ich wollte schon wissen, ob alles in Ordnung zu Hause ist. Aber du hast Recht. Die Klassenfahrt ist nicht ganz billig und mein erspartes reicht nicht ganz. Wir müssen es nächste Woche bereits bezahlen. Ich werde wohl auf die schnelle keinen Job finden um es selbst aufzubringen.“ Nun lachte sie, was mich etwas entspannte. Ich wusste, dass meine Eltern mir halfen wo sie konnten. Aber die Frage nach Geld war mir trotzdem immer etwas unangenehm. „Das ist kein Problem. Schreib mir einfach später wie viel du brauchst und dein Vater überweist es dir. Hast du am Wochenende schon etwas vor? Wir würden dich gern mal besuchen kommen. Beim letzten Mal hat es ja leider nicht geklappt.“ Das schlechte Gewissen überkam mich. Ich hätte meine Eltern gerne gesehen. Aber es ging einfach nicht. „Danke Mama. Ich bin froh, euch zu haben. Natürlich zahle ich euch das Geld wieder zurück, sobald ich einen Job gefunden habe. Ja, ihr könnt gerne vorbeikommen. Wie wäre es am Samstag? Ihr könnt gerne über Nacht bleiben.“ „Ach was, du brauchst uns das Geld nicht zurück zahlen. Wir tun das gerne für dich. Ja, dass klingt gut. Dein Vater muss noch bis zum Mittag arbeiten. Ich denke, wir werden gegen Abend bei dir ankommen. Du, ich muss jetzt auflegen. Das Essen steht auf dem Herd. Wir sehen uns dann am Samstag, ja?“ Meine Mutter wünschte mir noch einen schönen Abend und legte auf. Ich war so froh, meine Eltern zu haben. Sie waren immer für mich da. Ich dagegen schloss sie aus meinem Leben aus und erzählte ihnen nichts von meinen Sorgen. Das war überhaupt nicht fair. Aber was sollte ich auch tun? Wenn ich ihnen die Sache mit Monique erzählen würde, würden sie sich um mich Sorgen und mir raten in eine andere Schule zu wechseln. Das ich mit meiner Lehrerin zusammen war, konnte ich den beiden auch nicht erzählen. Meine Ma würde wahrscheinlich einen Anfall bekommen und mich ebenfalls von der Schule nehmen. Da sie aber sehr neugierig war, würde sie mich garantiert fragen, ob ich schon jemanden kennengelernt habe. War ich schon bereit dazu, mich zu outen? Es war mittlerweile klar für mich, dass ich lesbisch war. Aber würden meine Eltern mich akzeptieren und immer noch so lieben wie bisher? Ich wusste es nicht. Aber eins wusste ich mit Sicherheit. Wenn sie fragen sollte, würde ich nicht lügen. Nur wer die Person war, mit der ich zusammen bin, mussten die beiden nicht erfahren. Ich stand in der Küche und wartete auf die Pizza, die ich vor ein paar Minuten in den Backofen geschoben habe. Immer wieder drehten sich meine Gedanken um das Telefonat, um Amelia und um Frau Klein. Gerade als ich mein Handy aus dem Wohnzimmer holen wollte, um Amelia eine Nachricht zu senden, klingelte die Eieruhr. Die Pizza war fertig, aber Hunger verspürte ich nicht wirklich. Ich sollte aber etwas essen. Außer den Apfel am Morgen hatte ich nämlich noch nichts in den Magen bekommen. Ich nahm mir einen Teller aus dem Schrank und zog die Pizza aus dem Ofen. Ich stellte den Teller auf den Küchentisch und holte eine Flasche Wasser sowie das Handy aus dem Wohnzimmer. Wieder in der Küche angekommen, setzte ich mich an den Tisch und entsperrte mein Handy. Ich öffnete den Verlauf mit Amelia und sah, dass sie schon eine Weile nicht mehr online war. Trotzdem tippte ich schnell einen Text und sendete die Nachricht ab. Seufzend legte ich mein Handy zur Seite und widmete mich der Pizza... Gähnend richtete ich mich auf. Mein Nacken tat höllisch weh. Als ich auf die Uhr sah, war es bereits nach Mitternacht. Ich war vor dem Fernseher eingeschlafen. Seufzend massierte ich meinen Nacken, gähnte noch einmal und machte dann den Fernseher aus um ins Bett zu gehen. Ich entsperrte mein Handy und öffnete den Chatverlauf. Amelia hatte meine Nachricht gelesen, aber nicht geantwortet. Nichts anderes hatte ich erwartet. Es gefiel mir überhaupt nicht, aber ich musste ihr wohl Zeit lassen. Auch wenn es schwer war. Ich schlurfte ins Badezimmer, zog mich um und putzte meine Zähne. Nach wenigen Minuten betrat ich das Schlafzimmer und ließ mich in mein Bett fallen. Es dauerte nicht lange bis ich eingeschlafen war. Am nächsten Morgen war ich schon ziemlich früh wach. Der Wecker zeigte erst sechs Uhr an. Ich hatte also noch genug Zeit, um mich langsam fertig zu machen. Mein erster Blick fiel auf mein Handy. Ich nahm es zur Hand und entsperrte das Display. Immer noch keine neue Nachricht. Schnell blinzelte ich die aufsteigenden Tränen weg und legte das Handy auf den Nachttisch. Ich wollte jetzt nicht weinen. Stattdessen schwang ich die Beine über die Bettkante und richtete mich auf. Ich fuhr noch einmal seufzend durch die Haare und machte mich auf den Weg ins Badezimmer um zu duschen. Ich ließ mir eine Menge Zeit bei der morgendlichen Pflege und verließ das Bad erst eine Stunde später wieder. In der Küche angekommen, machte ich mir einen Kaffee sowie eine Schüssel Müsli. Heute wollte ich garantiert nicht nur einen Apfel essen. Viel Zeit blieb mir allerdings nicht, da ich um viertel nach sieben schon los musste. Es war echt nicht witzig, eine halbe Stunde von der Schule entfernt zu wohnen. Ich schlang mein Frühstück hinunter, verbrannte mich zu allem Überfluss auch noch an dem heißen Getränk und machte mich mit pochender Zunge auf den Weg zu meinem Auto. In der Schule angekommen machte ich mich auf zum Raum in dem wir Musik hatten. Bisher waren noch keine Schüler vor dem Raum. Da heute nicht allzu viel Verkehr auf den Straßen herrschte, war ich doch ziemlich pünktlich da. Ich sah auf meine Armbanduhr und seufzte. Es war erst 7:40 Uhr. Da die meisten erst gegen 7:55 Uhr hier sein würden, hieß es für mich noch einige Minuten warten. Ich ließ den Blick durch den Gang wandern und sah ein paar Meter entfernt eine Tafel neben der Klassentür. Gerade als ich auf diese zugehen wollte, hörte ich Schritte hinter mir. Bevor ich mich zu der Person umdrehen konnte, legte diese ihre Hände um meine Taille. „Guten Morgen Liebes, ist alles in Ordnung bei dir?“ Ihr warmer Atem streichelte meinen Nacken und ließ mein Herz flattern. Prompt bekam ich Gänsehaut und versuchte ein stöhnen zu unterdrücken. Hinter mir stand niemand anderes als meine Lehrerin. Vorsichtig drehte ich mich in ihren Armen, um sie anzusehen. Ihre Augen strahlten wärme aus, welche mein Herz gleich noch höher schlagen ließ. Es machte mich wahnsinnig, welch Gefühle sie in mir auslöste. Am liebsten würde ich sie hier und jetzt küssen, aber das ging natürlich nicht. Ich entzog mich enttäuscht ihrer intimen Umarmung. Schließlich konnte jeden Moment jemand um die Ecke kommen. „Bitte tu das nicht mit mir. Es fällt mir so schon schwer genug nicht über dich herzufallen.“ Ich musterte sie und strich mir schüchtern über den Arm. In ihren Augen blitzte etwas auf, wurde aber kurz darauf durch einen ernsten Blick ersetzt. Sie seufzte und fuhr sich durch die blonden Haare. „Ja, du hast ja Recht. Es ist nur so schwer, dich nicht berühren zu können.“ Ich nickte und sah sie aus traurigen Augen an. „Ich weiß, was du meinst. Mir geht es genauso.“ Als wir erneut Schritte vernahmen, entfernten wir uns noch ein Stück voneinander. Mareike legte einen Arm auf meine Schulter, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. „Emma, komm doch nachher in meiner Gesprächsstunde nochmal zu mir. Da können wir deine Fragen bezüglich der Klassenfahrt besprechen. Bis später dann.“ Sie zwinkerte mir noch einmal zu und ging an mir vorbei zu ihrem Klassenraum. Ich nickte perplex und starrte ihr hinterher. Nach und nach kamen die Schüler in Strömen durch die Gänge und ich bereitete mich mentalisch auf den Unterricht vor. Das uns die ganze Zeit über jemand beobachtet hatte, konnte ich in diesem Moment noch nicht wissen... Kapitel 15: 15 -------------- Nun kommt ein Kapitel aus Amelias Sicht. Ich bin irgendwie nicht zufrieden damit, wollte es aber auch nicht mehr ändern. Also.... viel Spaß beim Lesen. ----------------------------- Amelia 'Ich habe keine Gefühle für dich.' Genau dieser Satz ging mir immer wieder durch den Kopf. Auch jetzt wo ich zuhause war, ließ er mich einfach nicht los. Es war falsch, Emma auf dem Parkplatz stehen zu lassen. Auch sie sah alles andere als gut aus. Aber was sollte ich sonst tun? Sie hatte mich so dermaßen verletzt mit ihren Worten, dass ich einfach nicht anders konnte. Wie konnte sie mir nur so ins Gesicht lügen? Sie hatte Gefühle für mich. Das spürte ich einfach. Die Nacht, die wir zusammen verbracht hatten, war etwas besonderes. Es fühlte sich alles so richtig an. Bilder von Emma, wie sie sich an diesem Abend unter mir wandte und stöhnte, spielten sich vor meinem Auge ab. Heftig schüttelte ich den Kopf und raufte mir die Haare. Ich durfte nicht weiter darüber nachdenken. Das würde mich nur kaputtmachen. Ich entschied mich dazu, ein wenig Fern zu sehen. Vielleicht würde mich das etwas ablenken. Ich erhob mich vom Küchenstuhl und ging die wenigen Schritte bis zur Couch. Ich hatte großes Glück, dass meine Eltern nicht daheim waren. Sie würden mich mit großer Wahrscheinlichkeit mit Fragen löchern, auf die ich keine Antworten hatte. Gerade als ich mich auf die Couch setzte, piepte mein Handy. Seufzend stand ich wieder auf und kramte es aus meiner Schultasche, die ich im Flur liegen gelassen hatte. Ich entsperrte das blöde Ding und starrte geschockt auf den Absender. Emma! Emma hatte mir tatsächlich eine Nachricht geschrieben. Ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder heulen sollte. Erst ließ sie mich eiskalt abblitzen und dann schrieb sie mir per Whatsapp. Was sollte ich davon nur halten? Seufzend begab ich mich wieder ins Wohnzimmer und setzte mich hin. Mit zitternden Händen öffnete ich den Verlauf und las die Nachricht: 'Hey Amelia, ich hoffe du bist gut nach Hause gekommen. Ich wollte mich bei dir entschuldigen, wie das alles heute gelaufen ist. Niemals wollte ich dir weh tun. Bitte glaub mir das. Aber meine Gefühle für dich sind nicht stark genug und das solltest du akzeptieren. Ich weiß, es ist noch zu früh, aber ich gebe die Hoffnung niemals auf, dass alles wieder so wird wie vorher. Du bist mir echt wichtig und ich habe dich sehr gern. Emma.' Ich las die Nachricht immer wieder von vorne bis diese verschwamm. Tränen sammelten sich in diesem Moment in meinen Augen und liefen in Bächen über meine Wangen. Ich wollte ihr so gerne verzeihen und wünschte mir ebenfalls, dass alles wie vorher wurde. Aber das ging nicht. Ich wollte sie und sonst keine. Eine Weile saß ich da und starrte einen Punkt an der Wand an. Ich war zu müde und ausgelaugt um ihr zu antworten. Zudem wusste ich sowieso nicht, was ich schreiben sollte. Ich schlurfte in mein Zimmer und ließ mich einfach auf das Bett fallen. Vielleicht würde ich ja etwas Schlaf finden... „Amelia, aufstehen. Es ist Zeit für die Schule.“ Jemand rüttelte unsanft an meinem Arm. Ich zwang mich, die Augen zu öffnen und blinzelte heftig, als die Sonne mich blendete. „Mama? Was ist denn los?“ „Das Frage ich dich Fräulein. Du siehst aus, als hättest du Tage nicht geschlafen. Und warum trägst du noch deine Klamotten?“ Als ich mich halbwegs an die Helligkeit gewöhnt hatte, sah ich an mir herunter. Sie hatte Recht. Ich trug tatsächlich noch die Jeans und das Shirt vom Vortag. „Ähm... also... Ich war ziemlich müde und hatte keine Lust mehr, mich umzuziehen.“ Sie nickte und nahm auf der Bettkante platz. Ihre Hand berührte meine Wange und streichelte vorsichtig darüber. Für einen Moment rang ich um Fassung und blinzelte. Ich wollte auf keinen Fall wieder weinen. Als ich mich halbwegs unter Kontrolle hatte, legte ich meine Hand auf ihre und  lächelte sie gequält an. „Es ist alles okay. Bitte mach dir keine Sorgen. Ich... möchte nicht reden.“ Sie nickte erneut, zog ihre Hand zurück und ging an die Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um und sah mich an. „Wenn du reden willst, ich bin da.“ Kurz darauf fiel die Tür ins Schloss. Erleichtert strich ich durch meine Haare, atmete tief aus und stand auf. Ich wusste, dass ich immer mit meiner Mutter sprechen konnte. Sie war auch damals, als ich ihr von meiner Vorliebe für Frauen berichtete, auf meiner Seite und unterstützte mich so gut es ging. Aber diese Sache musste ich erstmal mit mir selbst ausmachen. Ich ging ins angrenzende Badezimmer um eine heiße Dusche zu nehmen. Mein erster Blick galt dem Spiegel und ich musste erschrocken feststellen, dass meine Mutter recht hatte. Meine Augen waren dick und ziemlich stark gerötet. Zudem verlief die Wimperntusche quer über meine Wangen. Ich sah genauso aus, wie ich mich gerade fühlte. Nämlich verdammt scheiße. Ich seufzte und entledigte mich meiner Sachen. Diese wanderten in den Wäschekorb, der neben dem Waschbecken stand. Ich nahm mir ein großes Handtuch aus dem Schrank, legte es auf den Rand der Badewanne und stellte mich unter die Dusche. Als das warme Wasser auf mich herunterprasselte, entwich meiner Kehle ein seufzen. Es tat gut, das Wasser auf meinem Körper zu spüren. Ich schloss meine Augen und sah Emma vor mir. Ich ließ es geschehen und wanderte mit einer Hand meinen Körper hinab... Die ausgiebige Dusche hatte wahre Wunder bewirkt. Mir ging es definitiv schon besser als vorher. Ich föhnte gerade meine kurzen Haare als es an der Tür klopfte. „Süße? Du musst dich ein wenig beeilen. Sonst kommst du zu spät zur ersten Stunde.“ Shit, war es wirklich schon so spät? „Danke Mama, ich bin sofort fertig.“ Ich stellte den Fön aus und stylte meine Haare etwas mit Haargel. Gut eine halbe Flasche Haarspray später war ich fertig und machte mich auf den Weg in die Küche. Dort standen bereits der Kaffee und ein Brötchen auf dem Tisch. Meine Mutter lehnte an der Spüle und trank gerade ihren morgendlichen Muntermacher. Bevor ich mich an den Tisch setzte, ging ich zu ihr, drückte sie an mich und bedankte mich bei ihr. Wenn sie nicht wäre, würde ich vermutlich jeden Morgen zu spät zum Unterricht erscheinen. Ich parkte meinen Wagen auf dem üblichen Platz, nahm die Tasche vom Beifahrersitz und ging schnellen Schrittes auf das große Schulgebäude zu. Den ersten Block hatten wir Musik bei Frau Puff. Sie war eigentlich ganz in Ordnung und locker drauf. Nur mir ihrem Nachnamen schien sie auf Kriegsfuß zu stehen. Kein Wunder, denn dieser sorgte immer wieder für Lacher unter den Schülern. Ich betrat den Gang in dem gleich der Unterricht beginnen würde und erschrak. Dort stand Emma. Ganz alleine. Ich wurde nervös und blieb  an der Abzweigung zum nächsten Gang stehen. Sie hatte mich zum Glück noch nicht bemerkt und das sollte auch so bleiben. Zumindest bis die Lehrerin kommen würde. Irgendwann musste ich ihr ja gegenüber treten. Schließlich gingen wir in dieselbe Klasse und sahen uns den ganzen Schultag lang. Aber wie sollte ich das bitte überstehen? Ich musste sie nur ansehen und mein Herz schlug schneller. Das wird definitiv zum Problem werden. Sie wusste ja, wie es mir dabei ging. Aber es half wirklich nicht, wenn andere es bemerken würden oder ich mich nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte. In die Parallelklasse zu wechseln war auch keine Option. Wer weiß, wie weit die Schüler dort schon mit den Themen sind. Außerdem bin ich eigentlich ganz zufrieden mit meinen Mitschülern. Es blieb also nur die Möglichkeit, meine Gefühle so gut es ging zu unterdrücken. In der Sache war ich aber nicht sehr zuversichtlich. Frau Puff kam um die Ecke und bereitete meinen Gedanken glücklicherweise ein Ende. Es brachte wirklich nichts, sich weiterhin fertig zu machen. Ich gesellte mich zu meinen Mitschülern und vermied es Emma in die Augen zu sehen. Ich konnte es einfach nicht. Es war etwas anderes, sie heimlich zu beobachten, als ihr direkt gegenüber zu stehen. Ich senkte also meinen Blick und starrte stattdessen meine Schuhe an. Als unsere Lehrerin die Tür aufschloss, ging ich eilig hinein und setzte mich in die hinterste Reihe. Emma erzählte mir einmal, dass sie Probleme hatte dem Unterricht zu folgen, wenn sie hinten saß. Ich hatte also gute Chancen, dass sie nicht neben mir Platz nehmen würde. Dem war auch so. Sie stellte ihre Tasche auf den Tisch in der ersten Reihe ab und warf mir noch einmal einen kurzen Blick zu. Ich war nicht darauf vorbereitet und wandte mich eilig von ihr ab. Ich hörte ihr seufzen und fühlte mich in diesem Moment mehr als schlecht. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, fing unsere Lehrerin plötzlich an zu sprechen. „Guten Morgen Klasse, heute wollte ich mit Ihnen singen. Ich hoffe, wir finden ein paar talentierte junge Schüler. Möchte jemand den Anfang machen?“ Ich sah mich in den Reihen um, aber niemand meldete sich. Ich seufzte und hob meine Hand.  „Amelia. Das freut mich. Kommen Sie doch schon mal nach vorne. Mal sehen, ob wir den Song dahaben.“ Sie lächelte mir aufmunternd zu und ging hinüber zum Schreibtisch, der an der Wand stand und schaltete den Computer ein. Ich erhob mich langsam von meinem Stuhl und stellte mich vorne auf die kleine Bühne. Nervös wippte ich von dem einen auf den anderen Fuß. Achtzehn Augenpaare musterten mich interessiert, was mich nur noch nervöser werden ließ. „Was möchten Sie denn singen?“ Ich lächelte traurig und blickte zu Emma. Ohne sie aus den Augen zu lassen, nannte ich der Lehrerin den Titel des Liedes und sie suchte im PC nach diesem. „Ah, hier ist er ja. Sind Sie bereit?“ Ich schloss die Augen, atmete noch einmal tief durch und drehte mich zu meiner Lehrerin. „Ja, ich bin startklar.“ Ich richtete meinen Blick wieder auf Emma und wartete auf den Beginn des Liedes. Langsam beruhigte sich mein Herzschlag etwas. Es war seltsam. Sobald ich in ihre schokoladenbraunen Augen sah, fühlte ich mich nicht mehr ganz so nervös. Die ersten Töne von *Durch die Nacht* erfüllten den Raum. Es war ein trauriges Lied, spiegelte aber exakt meine Gefühle wieder. Darum und auch weil ich Silbermond echt super fand, habe ich dieses Lied gewählt. Ich ließ mich von den Worten treiben und schloss die Augen... Als ich die letzten Töne gesungen hatte und mich zurück auf meinen Platz setzten wollte, stand Emma auf und verließ mit einem gemurmelten 'tschuldigung' den Raum. Die anderen Schüler applaudierten und schienen nicht zu bemerken, dass sie gerade den Raum verlassen hatte. Selbst Monique und ihre Freundinnen schienen sprachlos und das sollte schon was heißen. Die einzige, die mich aber im Moment interessierte war Emma. Ich hatte anscheinend den Bogen überspannt. „Amelia? Kommen Sie doch bitte mal mit in den Nebenraum.“ Ich löste mich aus meiner starre und ging schon mal voraus. In der Klasse wurde es unruhig. Anscheinend war Emmas verschwinden bereits aufgefallen. „Ruhe bitte, der Unterricht ist noch nicht vorbei. Ich gehe für ein paar Minuten nach nebenan. Beschäftigen Sie sich so lange selbstständig und leise.“ Frau Puff schloss den kleinen Nebenraum auf und deutete mit der Hand auf den Stuhl. „Setzen Sie sich doch bitte. Ich würde gerne erfahren, was passiert ist.“ Seufzend setze ich mich auf den Stuhl und sah auf meine Hände. „Ich denke nicht, dass Sie das etwas angeht.“ „Schauen Sie mich an, wenn Sie mit mir reden. Natürlich geht es mich etwas an, wenn in meinem Unterricht eine Schülerin verschwindet.“ Seufzend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und massierte sich die Schläfen. Nach einigen Sekunden des Schweigens richtete sie sich wieder auf und musterte mich mitfühlend. „Ich habe Sie beim Singen beobachtet. Sie hatten nur Augen für Emma. Jetzt sehen Sie mich nicht so an. Denken Sie etwa, ich würde es nicht bemerken? Ich bin zwar Ihre Lehrerin, aber ich habe Augen im Kopf. Sie sind in sie verliebt, oder?“ Heftig schüttelte ich den Kopf. Tränen sammelten sich in meinem Augen und liefen über meine Wange. „Jetzt leugnen Sie es doch nicht. Ich sehe es Ihnen an. Das Lied, welches Sie gewählt haben, lässt mich darauf schließen, dass die Gefühle einseitig sind. Ich weiß, es ist schwer, aber Sie dürfen sich deswegen nicht so fertig machen.“ Die Tränen wurden nicht weniger. Ganz im Gegenteil. Je mehr ich über ihre Worte nachdachte, desto schlimmer wurde es. Ich versuchte ein schluchzen zu unterdrücken, aber es gelang mir nicht. Meine Lehrerin stand auf, kam um den Tisch herum und legte eine Hand auf meine Schulter. „Amelia, bitte beruhigen Sie sich. Ich werde Sie für den Rest des Tages entschuldigen. Gehen Sie nach Hause.“ Sie drückte noch einmal meine Schulter und ließ mich dann alleine... Aus dem Nebenzimmer hörte ich Stühle rücken und Schüler, die sich verabschiedeten. Anscheinend beendete unsere Lehrerin gerade den Unterricht. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, hielt noch einen Moment inne und betrat dann den Musikraum. Frau Puff saß am Schreibtisch und mache gerade den Monitor aus. „Sie haben eine wunderschöne Stimme Amelia. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?“ Ich nickte und setzte mich in die erste Reihe auf den Stuhl. Mit gesenktem Kopf starrte ich auf meine ineinander verschlungenen Hände. Ein Stuhl wurde zurück geschoben. Ich hatte keine Kraft aufzusehen, wusste aber ohnehin schon, um wen es sich handelte. Kurz darauf setzte sie sich neben mich und legte eine Hand auf meine. Erneut stiegen mir Tränen in die Augen, schaffte es aber, diese zu unterdrücken. „Es tut weh. Warum liebt sie mich nicht so, wie ich sie? Warum muss es da jemand anderen in ihrem Leben geben?“ Ihre Hand ließ von meiner ab und hob stattdessen mein Kinn an. Ich konnte mich nicht dagegen wehren und sah sie schweigend an. „Ich kann es dir nicht sagen. Du bist eine hübsche, junge Frau und ich weiß, du willst es nicht hören, aber du findest jemand anderen. Du kannst sie nicht zwingen, dich auf die selbe Weise zu mögen. Frau Klein ist doch deine Klassenlehrerin, oder? Ich denke, du solltest einmal mit ihr über deine Sorgen sprechen. Sie ist in diesen Dingen wahrscheinlich die bessere Gesprächspartnerin.“ Sie ließ von mir ab und ging ohne ein weiteres Wort zurück an den Schreibtisch. Ich tat es ihr gleich, ging in die hinterste Reihe und warf meine Tasche über die Schulter. Als ich die Tür erreicht hatte, drehte ich mich noch einmal um. „Ich danke Ihnen fürs Zuhören und werde mir den Vorschlag nochmal durch den Kopf gehen lassen. Bis dann.“ Sie lächelte ein wenig und nickte dann. „Gern geschehen. Bis dann Amelia.“ Kapitel 16: 16 -------------- Erst als ich draußen auf der Bank saß, erlaubte ich mir tief durchzuatmen. Das Lied, welches Amelia gerade zum Besten gegeben hatte, warf mich völlig aus der Bahn. Ich wusste nicht warum. Ich liebte Mareike sehr, aber es ließ mich auch nicht kalt, was Amelia für mich fühlte. Sie war meine Freundin und bedeutete mir eine Menge. Ich seufzte und nahm mein Handy zur Hand. Zum Glück hatte ich an meine Tasche gedacht, als ich aus dem Raum gestürmt war, sonst hätte ich jetzt noch einmal zurück gehen müssen. Und das war wirklich das letzte, was ich wollte. Ich entsperrte mein Handy und schrieb Mareike, was soeben passiert war und das ich hier draußen auf der Bank saß. Ich wusste ja, das sie nun Unterricht hatte, aber vielleicht würde sie die Nachricht ja doch irgendwie lesen können. Ich stellte mein Handy auf laut und ließ es zurück in die Tasche wandern. Was sollte ich jetzt tun? Einfach hier sitzen bleiben und auf das Klingeln warten? Ich hob meinen Arm und schielte auf die Uhr, die locker um meinem Handgelenk saß. Es war erst 9 Uhr. Das heißt, es würde erst in einer halben Stunde zur Pause klingeln. Gerade als ich aufstehen und in die Pausenhalle gehen wollte, piepte mein Handy. Ich zog es eilig aus meiner Tasche und entsperrte es. Ich hatte eine neue Nachricht. Von Mareike. 'Wir treffen uns in fünf Minuten an dem Waldstück hinter der Pausenhalle. Bis gleich. Da ich nicht weit von dem Waldstück entfernt saß, hatte ich dieses schnell erreicht und musste somit noch ein paar Minuten warten. Es war nicht sonderlich groß, lag aber ziemlich abgeschieden, sodass uns mit Sicherheit niemand sehen konnte. Wieso hatten wir uns nicht vorher schon hier getroffen? Mareikes Worte kamen mir wieder in den Sinn. Es war einfach zu gefährlich, sich in der Schule zu treffen und das musste ich mir leider eingestehen. Am Anfang hatte ich keine Probleme damit. Aber nun, da es immer komplizierter wurde, schon. Das würde mich aber trotzdem nicht davon abhalten mit ihr zusammen zu sein. Es war immer noch besser, mit ihr außerhalb der Schule Zeit zu verbringen, als überhaupt nicht. Gerade als ich meinen Gedanken beendet hatte, sah ich sie auf mich zukommen. Ihr Gesichtsausdruck wirkte ernst und nachdenklich. „Hallo Mareike, schön das du gekommen bist.“ Ich nahm sie in meine Arme und schloss für einen Moment die Augen. Eine leichte Erdbeernote stieg mir in die Nase. Ich liebte es, wie sie roch. Sie erwiderte die Umarmung und seufzte. Als wir uns voneinander lösten, wanderte ihre Hand auf meine Wange und streichelte sie. „Ich habe leider nicht viel Zeit. Eigentlich müsste ich noch unterrichten. Ich habe mich für ein paar Minuten entschuldigt, weil ich ein wichtiges Telefonat führen müsse.“ Sie lächelte mir zu. Ich tat es ihr gleich und flüsterte ihr ein Danke zu, bevor ich sie an mich zog und sie küsste. Sie erwiderte diesen, löste sich aber schnell wieder von mir. „Ach, darum habe ich also den ganzen Weg auf mich genommen?“ Ihr lächeln veränderte sich zu einem grinsen, welches sie gleich noch attraktiver aussehen ließ. Wenn das überhaupt noch möglich war. „Das wäre wirklich ein guter Grund gewesen, aber darum habe ich dich nicht herbestellt.“ Sie seufzte erneut und ließ ihre Finger durch mein Haar gleiten. Diese Geste bescherte mir prompt eine Gänsehaut. Ich wollte sie in diesem Moment an mich ziehen und nie wieder loslassen. Aber das ging natürlich nicht. „Ja ich weiß. Ich habe mir auch schon ein paar Gedanken darüber gemacht. Es ist verständlich, dass Amelia so reagiert. Ich gehe davon aus, dass sie gar nicht groß darüber nachgedacht hat. Sie wird sich jetzt wahrscheinlich große Vorwürfe deswegen machen. Was hälst du davon, wenn ihr nachher in meine Stunde kommen würdet? Ihr beiden solltet euch mal aussprechen.“ „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Schließlich weiß Amelia über meine Gefühle zu dir bescheid.“ Sie nickte und verschränkte ihre Hände mit meinen. „Ja, ich weiß und das macht es bestimmt nicht einfacher, aber wenn ihr euch alleine trefft, wird es schnell wieder ausarten. Du weißt doch, was beim letzten Mal geschehen ist.“ Natürlich wusste ich das. Das Gespräch verfolgte mich ständig. Wenn ich mich nicht mit ihr getroffen hätte, wäre unser Verhältnis definitiv anders gewesen. Immer noch kompliziert, aber nicht so wie jetzt. Ich atmete tief aus und drückte ihre Hand noch etwas fester. „Du hast Recht. Dann sehen wir uns nach der sechsten Stunde. Danke, dass du für mich da bist.“ Ihr typisches lächeln umspielte ihre Lippen. „Jederzeit Süße. Ich liebe dich.“ Diese drei Worte ließen mich all den Kummer der letzten Tage vergessen. Ich ließ ihre Hände los, umschlang ihre Taille und zog sie ganz dicht an mich. „Ich liebe dich auch. Sehr sogar.“ Sie überwand die letzten Zentimeter und küsste mich so gefühlvoll, dass mir ganz schwindelig davon wurde. Das hielt mich aber nicht davon ab, mit meiner Zunge um einlass zu bitten. Diesen gewährte sie mir auch gleich. Als sich unsere Zungen berührten, flatterten die Schmetterlinge heftig in meinem Bauch. Ich stöhnte auf und ließ meine Hände über ihre Seiten wandern. Solch ein Gefühl hatte ich bisher noch nie verspürt und es machte mich wahnsinnig. Ich ließ mich von ihnen leiten und wanderte schon bald mit einer Hand unter ihre Bluse. Eine Gänsehaut bildete sich unter meinen Fingern und bestärkte mich in meinem tun. Als ich ihren BH-Ansatz berührte, hielt sie plötzlich inne und stoppte meine Hand. Langsam schaltete sich mein Gehirn wieder ein und mir wurde bewusst, was ich soeben vorhatte. „Es... tut mir leid. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“ Meine Stimme klang so anders. Heiser, lustvoll und atemlos. „Du musst dich nicht entschuldigen. Es hat sich richtig angefühlt. Nur leider ist der Moment nicht so passend. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich das bereue.“ Doch ich denke schon. Mir ging es ja nicht anders. Mein Verlangen mit ihr zu schlafen wuchs in diesem Moment ins unermessliche. Das pochen zwischen meinen Beinen machte es natürlich nicht besser. Ich schüttelte den Kopf um wieder einen klaren Gedanken zu fassen. „Ich denke schon. Ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher, als dich zu berühren und zum Höhepunkt zu bringen.“ Sie blickte mich perplex an, öffnete ihren Mund und schloss ihn dann wieder. Was war in mich gefahren? Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Anscheinend schon. Ich hatte noch nie erlebt, dass eine Frau Klein nicht wusste, was sie sagen sollte. Gerade als ich mich entschuldigen wollte, klingelte es zu Pause. Meine Lehrerin drehte sich in die Richtung aus der das Geräusch kam und sah panisch auf ihre Armbanduhr. „Scheiße, ich habe noch Schüler im Raum sitzen.“ Sie machte einen Schritt auf mich zu und drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Kurz darauf wanderte sie zu meinem Ohr. Ihr heißer Atem bescherte mir abermals ein heftiges Kribbeln im Bauch. „Du darfst deine Worte nachher gern in die Tat umsetzten.“ Mit einem letzten zwinkern machte sie sich auf den Weg zur Schule und ließ mich geschockt zurück. Da war sie also wieder. Die selbstbewusste Frau, die um keine Antwort verlegen war und zudem auch noch unglaublich sexy aussah... Ich brauchte noch ein paar Minuten, ehe ich wieder halbwegs atmen konnte und für den Unterricht bereit war. Nun standen zwei Stunden Englisch auf dem Plan. Habe ich schon erwähnt, dass ich Fremdsprachen verabscheute? Ich erinnerte mich wage daran, dass dem so war. Aber was blieb mir anderes übrig? Seufzend betrat ich den Gang unseres Klassenzimmers. Es hatte mittlerweile zum Pausenende geklingelt, aber kein Lehrer war zu sehen. Ich stellte mich zu meinen Mitschülern und wartete. „Emma? Hast du eine Minute?“ Ich drehte mich in die Richtung und sah in Amelias verweinte Augen. Ihre Unterlippe bebte und signalisierte mir, dass sie erneut kurz davor war. Eilig überbrückte ich die wenigen Schritte und blieb mit verschränkten Armen vor ihr stehen. „Es tut mir so leid, wie das vorhin gelaufen ist. Ich...“ Ich hob einen Arm in die Höhe, um sie zu unterbrechen. „Hast du nach der Schule Zeit? Frau Klein würde gerne mit uns sprechen.“ „D-Du hast mit ihr darüber geredet? Wieso?“ Ich nickte und musterte sie besorgt. „Sieh dich doch an. Du hast geweint. Dir geht es beschissen und ich kann das nicht ertragen. Sie ist Vertrauenslehrerin und kann helfen. Bitte lass es zu und komm nachher mit mir. Okay?“ Sanft legte ich eine Hand auf ihren Arm. Sie ließ es geschehen und nickte dann. „Ist okay. Ich habe nichts vor und komme gern mit.“ Ich lächelte, nahm meine Hand von ihrem Arm und ging an meinen Platz zurück. Die ganze Zeit über hatte ich meinen Blick auf sie gerichtet. Es war schlimm für mich, sie so zu sehen. Aber wirklich helfen konnte ich ihr auch nicht. Ich hoffte, dass Mareike eine Idee hatte. Der Englischunterricht ging zu meiner Verwunderung ziemlich schnell vorbei. Wirklich verstanden hatte ich das Thema aber nicht. Wir haben die englische Grammatik behandelt und diese fiel mir, genau wie im Deutschen, doch recht schwer. Ich konnte mir einfach nicht merken, welche Zeitformen benutzt werden sollten. Da ich aber vor Klassenarbeiten viel lernte, hatte ich die Tests immer ganz gut abgeschlossen. Zudem gab es auch immer einige Vokabeltests pro Jahr. In diesen war ich um einiges besser. Auswendig lernen lag mir einfach. Ich packte meine Sachen zusammen und schaute in die hinterste Reihe. Amelia war gerade dabei ihr Buch in die Tasche zu packen und musterte mich dabei. Ich war ganz froh darüber, dass sie sich nicht mehr neben mich setzte. Ihre Blicke, die sie mir im Unterricht zuwarf, entgingen mir aber trotzdem nicht. Ich seufzte, schloss meine Tasche und verließ den Raum. Nach der Pause standen zwei Stunden Religion bei Herrn Meyer auf dem Plan. Ich war getauft, aber nicht sehr gläubig und hatte somit wenig Lust auf den Unterricht. Bevor ich zu dem Raum ging, machte ich mich auf den Weg zur Pausenhalle. Wir hatten jetzt eine viertel Stunde Pause und die wollte ich nicht alleine im Gang verbringen. Es war schwierig mitten in der Pause einen Platz zu bekommen, da sich die meisten Schüler hier trafen um zu essen oder quatschen. Aber ich hatte Glück. Soeben wurde ein Tisch an der Fensterfront frei. Ich setzte mich auf den Stuhl des kleinen Tisches und holte mein Brot, welches ich mir heute morgen auf die Schnelle geschmiert hatte, aus der Tasche. Ich aß zwar sonst Recht wenig in der Schule, da ich morgens frühstückte, aber heute verspürte ich doch etwas Hunger. Ich sah mich ein wenig in der Halle um und musterte die anderen Schüler. Diese saßen meist in kleinen Gruppen zusammen, quatschen und lachten vergnügt. Vereinzelt saßen sie auch alleine und machten irgendwelche Hausaufgaben. Ich bereute es immer wieder so schüchtern und einzelgängerisch zu sein. Wer wünschte sich nicht, akzeptiert zu werden und mit anderen seine Zeit zu verbringen? Ich seufzte und machte mich auf den Weg zu unserem Klassenraum. In diesem Moment klingelte es auch zum Pausenende... Wir saßen in der Klasse und bearbeiteten in Stillarbeit ein Blatt zum Thema Hinduismus. Neben mir lag das aufgeschlagene Buch, aus dem ich mir in eigenen Worten die Lösungen schrieb. Herr Meyer hatte uns diese Aufgabe zum Beginn der Stunde erteilt. Die letzte halbe Stunde wollte er dann, dass wir die Ergebnisse vortragen. Es gefiel mir noch immer nicht, vor der Klasse zu sprechen, aber ich wollte auch keine schlechte Note erhalten. Auch wenn es sich in diesem Fall um ein Nebenfach handelte. „Kommen Sie bitte langsam zum Ende. In fünf Minuten möchte ich mit Ihnen die Antworten vergleichen.“ Herr Meyer stand auf und ging durch die Reihen, um zu sehen, wie weit die Schüler waren. Ich war bereits fertig und las mir mein geschriebenes noch einmal durch. Ich hatte tatsächlich zwei ganze Seiten zu den fünf Aufgaben geschrieben und das erstaunte auch meinen Lehrer. „Da haben Sie aber eine Menge geschrieben Emma. Die anderen sollten sich ein Beispiel an Ihnen nehmen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie gleich die erste Aufgabe vorlesen würden.“ Ich blickte panisch von meinem Zettel auf und sah ihn an. „Eigentlich...“ „Unsere kleine Emma ist schüchtern. Die liest doch eh nicht vor.“  Auch wenn ich mit dem Rücken zu den hintersten Reihen saß, wusste ich, dass es Monique war, die sprach. „Lass Emma in Ruhe. Sie hat dir gar nichts getan!“ Amelia. Warum mischte sie sich jetzt auch noch ein? Ich schloss die Augen und blickte beschämt auf meinen Zettel. „Halt du dich da raus, Lesbe. Du stehst auf sie und reißt deshalb die Klappe so auf. Hab ich Recht?“ Monique lachte und ihre Freundinnen stimmten ein. Oh Gott, das war ein absoluter Albtraum. Was ist nur in die beiden gefahren? Eine flache Hand klatschte neben mir auf den Tisch. Erschrocken fuhr ich hoch und sah in das rote Gesicht von Herr Meyer. „Ruhe verdammt. Wenn Sie beide nicht sofort aufhören, schicke ich Sie zur Direktorin.“ Er atmete laut aus und ging zurück an den Schreibtisch. Amelia und Monique verstummten augenblicklich und musterten den Tisch. „So, da sich alle wieder beruhigt haben, möchte ich Sie bitten vorzulesen Emma. Wir fangen mit der ersten Aufgabe an.“... Als ich mit dem Lesen fertig war und zum Lehrer blickte, nickte er aufmunternd. „Das war sehr gut. Sie haben die Lösung mit Ihren eigenen Worten erklärt und dies auch noch sehr ausführlich. Sie sollten sich öfters melden. Ich trage Ihnen eine eins im mündlichen ein.“ Ich lächelte und bedankte mich bei ihm. Es klingelte zum Ende der Stunde und die ersten packten bereits ihre Sachen zusammen. „Einen Moment noch. Wir besprechen die restlichen Aufgaben nächste Woche. Sie haben also eine ganze Woche Zeit, diese zu überarbeiten.“ Er wandte sich an die Schüler in die letzte Reihe. „Monique und Amelia, Sie beide bleiben hier. Die anderen können jetzt gehen.“ Ich stopfte mein Buch sowie die Zettel in die Tasche und machte mich eilig auf den Weg nach draußen. Dort stellte ich mich neben die Tür, um auf Amelia zu warten. Es dauerte ein paar Minuten ehe die Tür aufging und sie auf mich zu kam. Böse starrte ich sie an und setzte mich in Bewegung, als plötzlich eine Hand mein Handgelenk umfasste. „Bitte warte Emma. Es tut mir leid, dass ich etwas gesagt habe. Ich wollte dich doch nur verteidigen.“ Ich schnaufte und zog meinen Arm aus ihrem Griff. „Verteidigen? Du hast mich vor der ganzen Klasse dumm dastehen lassen. Jetzt denken doch alle, dass ich mich nicht wehren kann. Und die ganze scheiße mit Monique geht auch wieder von vorne los. Danke vielmals für deine Hilfe.“ Amelia hielt mich nicht auf, als ich an ihr vorbei ging und schaute stattdessen auf den Boden. Es war nicht zu übersehen, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, aber das war mir vollkommen egal. Mehr oder weniger. Ich ging die Treppen hinunter und stellte mich vor den Raum, in dem wir gleich das Gespräch mit Mareike hatten. Ob Amelia jetzt noch daran teilnehmen würde, konnte ich nicht beantworten. Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich es vermutlich nicht tun. Noch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, kam auch sie die Treppen hinunter und stellte sich ein Stück weit von mir entfernt. Ihren Kopf hielt sie die ganze Zeit über gesenkt. Auch jetzt sah sie mich nicht an. Ich seufzte und betete, dass Frau Klein schnell hier auftauchte... Kapitel 17: 17 -------------- Mareike Als ich das Klassenzimmer betrat, waren natürlich schon alle Schüler gegangen. Es war ihnen nicht zu verdenken. Wer blieb schon freiwillig länger im Unterricht und ließ dafür die Pause ausfallen? Niemand. Das ich mich so von Emma habe ablenken lassen, war nicht geplant. Emma.. Wenn ich nur an sie dachte, schlug mein Herz um einiges schneller. Ich seufzte und setzte mich an das Lehrerpult. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass sie in meiner Gegenwart so aus sich herauskommt. Mir hat es für einige Sekunden regelrecht die Sprache verschlagen und mich gleichzeitig so angemacht, dass mir schwindelig wurde. Es ist schon Ewigkeiten her, dass ich mich nach einem Menschen so gesehnt habe. Noch länger ist es her, dass ich mit jemandem intim war. Drei Jahre um genau zu sein. Mittlerweile bereute ich den Satz, den ich ihr vor wenigen Minuten so lustvoll ins Ohr geflüstert hatte. Klar, ich wünschte mir nichts sehnlicher, als mit ihr zu schlafen. Aber ich denke nicht, dass sie schon bereit dazu war. Bis auf diese eine Ausnahme heute, war sie mir gegenüber nämlich sehr schüchtern und zurückhaltend. Das war in keinem Fall schlecht und minderte keineswegs meine Gefühle für sie, aber trotzdem sollte ich mich etwas zurückhalten. Ich würde ihr alle Zeit der Welt geben und nicht zu irgendwas drängen, was sie nicht wollte. Wenn man jemanden wirklich liebte, sollte es kein Problem darstellen zu warten. Und ich liebte sie. Von ganzem Herzen. Ich war noch immer in meinen Gedanken versunken und bemerkte nicht, dass jemand den Klassenraum betrat. Erst als die Person in mein Blickfeld trat, zuckte ich heftig zusammen. „Mensch, Marianne. Musst du mich so erschrecken?“ Sie grinste und zog einen zweiten Stuhl zum Pult. Sie setzte sich und ihre Miene wechselte von belustigt zu ernst. Oh, was würde jetzt wohl kommen? Hatte ich eine Verabredung vergessen oder sonst etwas? Ich dachte einen Moment nach, konnte mir aber nicht erklären, wieso sie mich hier aufsuchte. Normalerweise trafen wir uns im Krankenzimmer oder bei der jeweils anderen zuhause. „Was ist los? Habe ich etwas verbrochen?“ Marianne schüttelte den Kopf und nahm meine Hand. „Nicht direkt. Ich habe euch heute morgen auf dem Flur gesehen. Dich und Emma. Mensch Mareike. Denk doch mal ein bisschen nach. Seit wann handelst du so verantwortungslos? Willst du unbedingt deinen Job riskieren? Da hätte sonst jemand stehen können. Eure Taten waren mehr als eindeutig und absolut unangebracht.“ Ertappt biss ich mir auf die Unterlippe, stand auf und ging zum Fenster. „Ich weiß. Es ist nur... Emma ist... ich konnte mich in dem Moment einfach nicht beherrschen. Es fällt mir so verdammt schwer, ihr nicht Nahe sein zu dürfen. Zum ersten Mal bereue ich es Lehrerin zu sein. Zum Teufel mit diesen verdammten Regeln.“ Ich ballte meine Hände zu Fäusten und ließ den Schmerz in meinen Handflächen zu. Tränen bahnten sich einen Weg über meine Wangen. „Es... Es ist so ungerecht...“ Marianne stand auf und kam zu mir ans Fenster. Sie legte eine Hand auf meine Schulter und drehte mich zu sich. Ich hasste es, wenn meine Fassade bröckelte. Noch mehr hasste ich es, wenn jemand dabei zusah. In den wenigen Momenten, in denen meine Trauer die Oberhand gewann, wollte ich alleine sein und mich verkriechen. Aber dazu war es bereits zu spät. Marianne schloss mich in eine feste Umarmung und kreiste mit ihrer Hand behutsam über meinen Rücken. „Bitte hör auf zu weinen. Es bricht mir das Herz, dich so aufgelöst zu sehen. Niemand außer mir hat euch gesehen und du weißt, ich könnte dir niemals wehtun. Ich wollte dir damit nur sagen, dass du vorsichtiger sein sollst.“ Eine Weile standen wir noch so da, ehe wir uns voneinander lösten. Marianne wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und sah mich lächelnd an. „Vergiss bitte eins nicht. Ich liebe dich und halte immer zu dir. Egal was kommt. Du sollst glücklich sein. Und jetzt mach dich frisch mein Kind. Du musst gleich in den Unterricht.“ Ich nickte und strich meine Bluse zurecht. „Vielen Dank. Für alles. Ich liebe dich auch.“... Die letzten beiden Stunden gingen relativ schnell vorbei. In der fünften hatte ich eine Freistunde gehabt. Die sechste verbrachte ich in einer unkomplizierten Klasse. Den Schülern hatte ich eine Stillarbeit erteilt, um meine Gedanken auf das bevorstehende Gespräch vorzubereiten. Ich hatte mich einem befreundeten Lehrer anvertraut und ihm die Sache zwischen Emma und Amelia erklärt. Dort bin ich auch in Kenntnis gesetzt worden, was in den beiden Stunden zuvor geschehen war. Dies bestärkte uns in unseren Überlegungen nur noch mehr. Wir wussten natürlich nicht, ob die Beiden von dem Vorschlag, den ich ihnen gleich unterbreiten sollte, so begeistert waren. Aber eine andere Möglichkeit sahen wir nicht. Als es zur Pause klingelte entließ ich die Schüler und seufzte. Ich hatte tatsächlich die ganze Stunde über die Beiden nachgedacht und mich Recht wenig um die anderen Schüler gekümmert. Mir war bewusst, dass es nicht in Ordnung war, aber ändern konnte ich es ohnehin nicht mehr. Ich packte meine Sachen zusammen, verließ den Klassenraum und schloss die Tür hinter mir ab. Ohne Umschweife ging ich die Treppen hinunter und sah von weitem Emma an der Tür stehen. Sie sah ein wenig mitgenommen aus, was ich ihr nicht verdenken konnte. In den letzten Tagen hatte sie verdammt viel durchmachen müssen. Ich seufzte und erreichte den Durchgang zum Foyer in dem sich das Lehrer- und Sprechzimmer befanden. In diesem Moment trat auch Amelia in mein Blickfeld. Die beiden sahen alles andere als glücklich aus. Ganz im Gegenteil. Amelia war kurz davor zu weinen und Emma kämpfte mit ihrem schlechten Gewissen. Es tat mir weh, die beiden so zu sehen. Ich kramte den Schlüssel aus meiner Tasche, öffnete die Tür und lächelte sie aufmunternd an. „Hallo ihr beiden. Gehen wir direkt rein?“ Sie nickten im Chor und betraten vor mir den Raum. Ich schloss die Tür und zeigte mit der Hand auf die Sessel. „Setzt euch doch.“ Emma setzte sich auf den einen Sessel, während Amelia kurz zögerte, sich dann aber auf den daneben niederließ. Ich ging um den Tisch und nahm meinen gewohnten Platz ein. „Ihr wisst sicherlich, wieso ich euch hierher gebeten habe. Um eines vorweg zu sagen: ich nehme euch und eure Probleme sehr ernst und versuche zu helfen wo ich kann. Vertrauen steht bei mir an erster Stelle und nichts, was ihr mir erzählt, werde ich anderen gegenüber erwähnen.“ Ich verstummte und musterte die beiden Mädchen vor mir. Emma blickte in die eine Richtung, während Amelia in die andere sah. „Möchte keine von euch etwas sagen?“ Amelia war die erste, die schnaubend  ihren Blick auf mich richtete. „Sie wissen doch schon über alles Bescheid. Warum sollte ich dann noch etwas dazu sagen?“ Sie war wütend und verletzt. Das war nicht zu übersehen. „Ich würde gerne hören, was du zu sagen hast. Ich möchte euch doch nur helfen.“ Sie schüttelte den Kopf und sah zu Emma. „Man kann mir nicht helfen. Ich habe einfach alles kaputt gemacht. Am Anfang wollte ich nur mit dir befreundet sein, doch daraus wurde schnell mehr. Ich habe mich in dich verliebt und dachte, du würdest genauso empfinden. Du hast mich geküsst und mit mir geschlafen und dann hast du dich plötzlich von mir zurückgezogen und gesagt, du würdest nichts für mich empfinden. Ich bin so durcheinander und verstehe das alles nicht.“ Emma seufzte. Bisher hatte sie sich im Hintergrund gehalten und verhielt sich still. Doch jetzt war sie gezwungen etwas zu sagen. Ich richtete meinen Blick auf sie und wartete. „Es tut mir so leid Amelia. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Es war ein Fehler von mir, dir Hoffnungen zu machen. Wenn ich es ungeschehen machen könnte, würde ich es sofort tun. Bitte glaub mir. Ich wollte dich niemals verletzen.“ Ein schluchzen war zu hören. Amelia lehnte im Sessel und blickte auf ihre gefalteten Hände. „Emma? Könntest du einen Moment vor die Tür gehen?“ Es war falsch gewesen, mit beiden gleichzeitig reden zu wollen. Amelia war diejenige, die am meisten mit der Sache zu kämpfen hatte. Emma fühlte sich schlecht, weil sie wusste, dass sie der Grund für all das war. Es war wirklich eine blöde Situation. „Emma nickte, erhob sich und drückte die Schulter ihrer Freundin, ehe sie zur Tür ging und den Raum verließ. Ich stand auf und setzte mich neben Amelia. Meine Hand umfasste ihre und drückte sie. „Ich kann verstehen, das es nicht leicht für dich ist, in ihrer Nähe zu sein. Es tut mir sehr leid, dass du das alles durchmachen musst. Ich habe einen Vorschlag. Dieser würde vermutlich alles etwas leichter für dich machen. Möchtest du ihn hören?“ Amelia blickte auf und sah mich  überrascht an. Noch immer liefen stumme Tränen über ihre Wangen. Nach einer Weile nickte sie und wischte mit einer Hand über ihr Gesicht. „Ich würde so ziemlich alles dafür tun. Um ehrlich zu sein, habe ich schon mit dem Gedanken gespielt, die Schule zu wechseln. Aber ich bin schon so lange hier und die Lehrer sind auch ganz okay. Ihr Vorschlag würde mich interessieren. Vielleicht ist dieser ja besser als meiner.“ Ich lächelte sie an und drückte ihre Hand noch ein wenig fester. „Es wäre natürlich schade, wenn du die Schule verlässt. Du bist eine gute Schülerin und ich wäre froh, wenn du bleiben würdest. Was hälst du davon, in die Parallelklasse zu wechseln? Ich habe mit Herrn Meyer bereits gesprochen und er sieht keine Probleme darin. Das Schuljahr hat auch gerade erst angefangen und die andere Klasse ist in den Fächern auf dem selben Stand wie wir. Du könntest bereits morgen am Unterricht teilnehmen.“ „Was? Schon morgen? Ich habe mich so auf die Klassenfahrt gefreut. Dann kann ich ja gar nicht mit nach Berlin.“ Sie seufzte und schien über die Sache nachzudenken. Kein weiteres Wort verließ ihre Lippen. Stattdessen sah sie geknickt zu Boden. Ich nahm meine Hand von ihrer und legte sie auf ihre Wange. Nun hatte ich wieder ihre Aufmerksamkeit. „Die Parallelklasse unternimmt die selbe fahrt. Nur etwas später. Du hast also auch die Chance nach Berlin zu fahren. Jetzt sieht das ganze schon anders aus, hm?“ Sie nickte und schien etwas glücklicher. „Gut. Dann machen wir das so. Ich danke Ihnen sehr für die Hilfe. Das hätte garantiert nicht jeder Lehrer gemacht.“ Ich zog meine Hand zurück und zwinkerte ihr zu. „Ich bin eben etwas ganz besonderes... Nein, im Ernst. Gern geschehen. Ich bin froh, dass du meinen Vorschlag annimmst. Wir gehen gleich gemeinsam ins Lehrerzimmer. Dort gibt er dir dann deinen Stundenplan und alles weitere. Wenn du noch fragen hast, beantwortet er sie dir sicher gerne.“ Ich stand auf und sie tat es mir gleich. „Sie sind eine tolle Frau. Ich kann verstehen, wieso Emma sich gegen mich entschieden hat.“... Ich verließ hinter ihr den Raum, ohne auf die letzten Worte zu reagieren. Es war nur mehr ein flüstern gewesen, aber trotzdem hatte ich jedes Wort verstanden. Was hatte es zu bedeuten? Wusste Amelia etwa über uns bescheid? Ich ging nicht davon aus, dass Emma ihr etwas erzählt hatte. Schließlich hatten wir uns darauf geeinigt, es Geheim zu halten. Emma saß auf einem Stuhl, der etwas entfernt vom Raum stand. Als sie uns erblickte, stand sie auf und sah uns erwartungsvoll an. Im vorbeigehen streifte ich ihre Hand und formte ein lautloses 'gleich' in ihre Richtung. Sie verstand und setzte sich wieder hin. Ich wollte so sehr mit ihr reden, aber bevor ich das tun konnte, musste ich erst einmal Amelia ins Lehrerzimmer bringen. Dort angekommen, öffnete ich die Tür und ging hinein. Sie blieb davor stehen, unsicher ob sie ebenfalls eintreten sollte. „Komm schon rein, wir beißen nicht.“ Ich zwinkerte und zog einen Stuhl am Tisch zurück. „Setz dich doch schonmal. Ich gebe Herr Meyer bescheid, dass du da bist.“ Sie nickte und setzte sich auf den angebotenen Platz. Mir entging dabei keinesfalls, dass sie sich seltsam verhielt. Als ob sie sich nicht wohl in ihrer Haut fühlte. Ich konnte es verstehen. Schließlich führte man nicht jeden Tag solch ein Gespräch mit der Lehrerin. Ich betrat den  kleineren Raum des Lehrerzimmers und sah Klaus auf dem Sofa sitzen. Vor ihm auf dem Tisch war eine Zeitung aufgeblättert. Anscheinend saß er schon eine Weile hier. Ich schloss die Tür hinter mir, lehnte mich an diese und verschränkte die Arme. „Oh, hallo Mareike. Wie lief das Gespräch?“ Er schloss die Zeitung und legte sie zu den anderen auf die Couch. Dann erhob er sich und kam auf mich zu. „Hallo Klaus, ganz gut schätze ich. Amelia sitzt nebenan und würde gerne mit dir reden.“ Er nickte und kam auf mich zu „Gut. Dann übernehme ich. Du kannst ruhig schon nach Hause fahren. Ich gebe Frau Dietrich nur ihren neuen Stundenplan und beantworte fragen, wenn sie welche hat. Wir sehen uns dann morgen. Schönen Feierabend.“ „Danke, den wünsche ich dir auch. Bis morgen dann.“ Ich lächelte, öffnete die Tür und ging auf Amelia zu. „Amelia? Ich werde jetzt gehen. Alles weitere könnt ihr auch alleine besprechen. Danke für deine Offenheit mir gegenüber. Ich bin wirklich sehr froh, dass du uns erhalten bleibst. Wir sehen uns dann im Unterricht. Schönen Tag dir noch.“ „Ich danke Ihnen, Frau Klein. Ich bin ebenfalls sehr froh und wünsche Ihnen auch noch einen schönen Tag. Tschüss.“ Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, atmete ich erleichtert auf. Ich war wirklich sehr froh wie das Gespräch verlief und freute mich schon auf meinen Feierabend. „Mareike? Was ist passiert? Wie ist euer Gespräch verlaufen?“ Achja, da war ja noch was. Emma wusste noch gar nicht Bescheid. „Wollen wir zum Parkplatz gehen? Ich wollte dich sowieso noch etwas fragen.“ Sie nickte und hob ihre Tasche vom Boden auf. „Gerne. Ich hoffe nur, es ist nichts schlimmes.“ Ich verneinte und machte mich mit ihr auf den Weg. Ich erzählte ihr, was Klaus und ich besprochen hatten und das Amelia dem Klassenwechsel zugestimmt hatte. Die ganze Zeit über hörte sie mir zu und schien erleichtert zu sein. „Das ist super. Es ist zwar schade, nicht mehr mit ihr in einer Klasse zu sein, aber so ist es am Besten.“ Den Rest des Weges schwiegen wir. Emma stand neben meinem Wagen und musterte mich. Ihre Hand ergriff meine und drückte sie leicht. Ich seufzte und erwiderte die Geste. Kurz darauf ließ ich ihre los. Wir waren noch immer an der Schule und die Gefahr war zu groß, dass uns doch noch jemand entdecken könnte. Einige Schüler hatten schließlich noch Unterricht. Emma sah zur Seite und wich meinem Blick aus. Es war wirklich eine seltsame Situation. Die Stille zwischen uns wirkte schon beinahe bedrückend. Ich sah mich um und vergewisserte mich, dass uns keiner beobachtete. Dies schien nicht der Fall zu sein. Ich nahm erneut ihre Hand und zog sie hinter mir zum abgelegenen Waldstück. „Emma? Ich muss dich etwas fragen... Hast du Amelia gegenüber erwähnt, das wir beide zusammen sind?“ Sie starrte mich erschrocken an. „Nein. Wie kommst du darauf? Meinst du, ich würde so etwas tun? Ich setze all das doch nicht aufs Spiel. Ich liebe dich doch.“ Den letzten Satz flüsterte sie mir entgegen und sah mich dann verletzt an. Das schlechte Gewissen nagte an mir. Natürlich würde sie das nicht tun. Wie konnte ich ihr so eine Frage überhaupt stellen? Ich legte eine Hand an ihre Wange und streichelte diese. „Tut mir leid. Natürlich würdest du das nicht tun. Es ist nur so, Amelia erwähnte mir gegenüber, dass ich eine tolle Frau sei und sie verstehen könnte, warum du dich gegen sie entschieden hast.“ Sie blinzelte und sah mich verwirrt an. „Das hat sie gesagt?“ Ich nickte und hielt meinen Blick weiterhin auf sie. „Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, hat sie tatsächlich komisch reagiert. Es war an dem Abend nach der Party. Du weißt schon... Als wir miteinander geschlafen haben... Sie war plötzlich müde und wollte nicht mehr. Ich war so betrunken, dass ich mir nichts weiter dabei gedacht hatte. Auf jeden Fall hatte sie mir am nächsten Morgen gesagt, das sie nicht wollte, weil ich nur Augen für dich hätte. Sie meinte, ich wäre naiv, wenn ich glaubte, dass wir beide je eine Chance hätten...“ Sie wich einen Schritt zurück und legte die Arme um ihren Körper. „Ich fühle mich so verdammt schlecht. Das mit ihr hätte nie passieren dürfen. Wenn ich nicht so viel getrunken hätte, wäre jetzt alles in Ordnung. Ich bin schuld...“ Tränen liefen ihre Wangen hinab. Ich überlegte nicht lange und zog sie in eine feste Umarmung. Ihr schluchzen wurde lauter und zerriss mir das Herz. Lange standen wir einfach so da, während ich ihr beruhigend zusprach. Als sie sich langsam von mir löste, umfasste ich ihre Wangen und wischte ein paar Tränen weg. „Du bist nicht Schuld an der Situation. Rede dir das bitte nicht ein, Liebes. Du bist etwas ganz besonderes für mich. Vergiss das nie.“ Ich beugte mich etwas nach vorne und überbrückte somit die letzte Distanz zwischen uns. Meine Lippen legten sich sanft auf ihre. Sie erwiderte den Kuss sofort und umschlang mit einer Hand meine Taille. Ihre andere ging auf Wanderschaft und entlockte mir ein Stöhnen, als diese fordernd über meine Brust strichen. Ich stoppte sie in dem Versuch, tiefer zu wandern und löste mich von ihr. Ich versuchte meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Mein erhitzter Körper kribbelte und verlangte nach mehr. Er bettelte förmlich darum endlich wieder berührt zu werden. Es war wirklich schon viel zu lange her. Ich strich mit einer Hand durch meine Haare und seufzte. „Irgendwie kommt mir die Situation bekannt vor.“ Emma, die sich mittlerweile auch etwas beruhigt hatte, grinste mich an. Ihre Augen waren noch immer von Lust erfüllt. „Mir auch.“ Ich lächelte und umfasste ihre Hand. „Willst du mit zu mir kommen?“ Kapitel 18: 18 -------------- Wir fuhren getrennt zu ihrer Wohnung. Irgendwie musste ich ja später wieder nach Hause kommen. Zudem wäre es komisch, wenn mein Auto an der Schule stehen bleiben würde. Die ganze Fahrt über machte ich mir Gedanken. Ich war ziemlich nervös und wusste nicht, was mich erwarten würde. Lange blieb mir aber nicht zum grübeln. Mareike bog soeben in eine kleinere Einfahrt ein, parkte den Wagen und stieg aus. Sie kam auf mich zu und deutete mit der Hand ins Wageninnere. Ich drückte den Knopf und die Scheibe fuhr herunter. „Ein Stück die Straße runter ist ein Geschäft. Ich würde vorschlagen, dass du dort deinen Wagen abstellst. Dann sind wir auf der sicheren Seite. Ich warte hier auf dich.“ Ich nickte, schloss das Fenster und setzte das Auto in Bewegung. Nach ein paar Minuten hatte ich zu Fuß die Hofeinfahrt erreicht und blickte mich erst einmal um. Das Haus sah von außen wie jedes andere aus, war aber um einiges kleiner. Vor dem Haus war ein kleiner Garten angelegt. Hortensien, Dahlien und noch einige andere Blumen blühten um die Wette. Es sah ganz so aus, als ob Mareike viel Zeit im Garten verbrachte. „Na? Bewunderst du meinen kleinen Garten?“ Ich drehte mich um und sah in ihre schönen blauen Augen, die mich immer wieder in ihren Bann zogen. „Ja, ich finde Blumen sehr hübsch. Leider habe ich keinen Garten um selbst welche zu pflanzen.“ „Das ist sehr schade. Ich sitze gerne hier draußen und erfreue mich an der bunten Farbenpracht. Hast du Hunger? Ich könnte uns Nudeln kochen.“ Wie aufs Stichwort knurrte mein Magen. Es war wirklich schon eine Weile her, dass ich etwas gegessen hatte. Hitze stieg in meine Wangen. Eilig wandte ich den Blick ab, als sie anfing zu lachen. „Das muss dir nicht peinlich sein. Ich habe auch schon länger nichts gegessen. Komm, wir gehen rein.“ Dort angekommen, zog ich meine Jacke sowie Schuhe aus und stand unschlüssig im Flur. „Hey, ich beiße nicht. Sieh dich ruhig um. Ich gehe derweil in die Küche und bereite das Essen vor. Fühl dich ganz wie zuhause.“ Ich nickte ihr dankbar zu und wartete, bis sie in den Raum nebenan verschwand. Erst jetzt erlaubte ich mir, mich ein wenig umzusehen. Der Flur war nicht sonderlich groß und in hellen Beigetönen gehalten. Was mir sofort aufgefallen war: es roch so wunderbar nach Mareike. Alleine von diesem Geruch flatterte es heftig in meinem Bauch. Mit einem Lächeln auf den Lippen setzte ich meinen Weg fort und betrat die erste Tür auf der linken Seite. Ich stand im Wohnzimmer, welches mir die Sprache verschlug. Die Wände waren in braun und beige gestrichen. An der linken Wand hing ein großer Flachbildfernseher und ein braunes Big Sofa nahm fast den restlichen Raum ein. Rechts standen ein großes Bücher- und DVD-Regal sowie ein Sideboard. Der Raum wirkte sehr gemütlich und stilvoll eingerichtet. Die nächste Tür führte mich ins Badezimmer. Auch dieses war genau nach meinem Geschmack. Besonders die riesige Badewanne in der Mitte des Zimmers hatte es mir angetan. Ich ging ins nächste Zimmer und fand einen Hauswirtschaftsraum vor, in dem neben der Waschmaschine und des Trockners kleine Regale mit Lebensmitteln sowie ein Kühlschrank standen. An der vorletzten Tür angekommen, musste ich erst einmal schlucken. Ich wusste ganz genau, was sich hinter dieser verbarg. Ihr Schlafzimmer. Ich zögerte, weil ich das Gefühl hatte, ihre Privatsphäre zu verletzen. Das war natürlich Unsinn. Wir waren zusammen und außerdem hätte sie etwas gesagt, wenn sie nicht wollte, dass ich ein Zimmer betrat. Ich seufzte noch einmal und drückte vorsichtig die Klinke hinunter. Sofort umfing mich ihr Duft, der hier um einiges intensiver war und ließ mein Herz erneut höher schlagen. Ich atmete zitternd aus und strich mit einer Hand durch meine Haare. Langsam beruhigte ich mich und studierte den Raum. Dieser war nicht sehr groß, wirkte aber gemütlich und einladend. Zu meiner linken befand sich ein mittelgroßer Kleiderschrank und eine Kommode. Ein riesiges Doppelbett mit zwei Nachtschränken stand an der rechten Wand. Ich ging langsam auf dieses zu und strich mit meinen Fingern über die seidige lilafarbene Bettwäsche. Ein klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Ertappt wirbelte ich herum und sah Mareike in der Tür stehen. „Wie ich sehe, bist du bereits in meinen Schlafzimmer angekommen.“ Sie grinste mich an und kam näher zu mir. Ich errötete und strich mit der Hand über meinen Arm. „Ja.. Es.. Es wirkt sehr bequem.“ „Das ist es auch. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Vielmehr mache ich mir Sorgen um dich. Du benimmst dich so seltsam, seitdem wir hier sind. Magst du mir beim Essen vielleicht erzählen, was mit dir los ist?“ Ich nickte zögernd und folgte ihr in die Küche. In der Küche angekommen, ging Mareike an die Arbeitsplatte und warf die Nudeln in ein Sieb. Ich trat hinter sie und schielte über ihre Schulter. „Kann ich dir vielleicht helfen?“ „Ja, gerne. Über dir im Schrank sind die Teller. Die Gläser sind im anderen daneben.“ Ich streckte einen Arm aus und lehnte mich etwas nach vorne. Mein Oberkörper drückte in ihren Rücken. Ich sog scharf die Luft ein und hielt für einen Moment inne. Es fiel mir gerade sehr schwer, vernünftig zu atmen. Diese Empfindungen waren neu für mich, fühlten sich aber unheimlich gut an. Ich ließ den Arm auf ihre Schulter sinken und bewegte mich nicht von der Stelle. Ihr Atem ging ebenso unregelmäßig wie meiner. „Wasser und Saft sind im HW-Raum, wenn du was willst. Ich hole in der Zeit selbst das Geschirr aus dem Schrank.“ Ich nickte und ging einen Schritt zurück. Bevor ich den Raum verließ, ließ sie den Kopf hängen und seufzte. Ich kam mit einer Flasche Wasser und Saft zurück in die Küche, stellte sie auf den Tisch und setzte mich. Mareike hatte bereits gedeckt und saß ebenfalls. „Bedien dich. Ich wünsche dir einen guten Appetit.“ „Danke, den wünsche ich dir auch.“ Ich bediente mich und schenkte mir Wasser ins Glas. Das Essen verlief schweigend. Mareike musterte mich immer wieder und wartete darauf, dass ich das Gespräch begann. Da ich nicht wusste, wie ich anfangen sollte, schwieg ich einfach. Nach einer gefühlten Ewigkeit, schob sie ihren leeren Teller von sich und stütze ihr Kinn auf den Händen ab. „Möchtest du jetzt reden?“ „Wenn ich wüsste, wo ich anfangen sollte, gerne... Du weißt ja, dass ich noch nie in einer Beziehung war. Ich erlebe jedes Mal wenn ich dich ansehe, eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wenn wir uns küssen oder intimer werden, wird es noch schlimmer. Irgendwie erkenne ich mich dann gar nicht wieder. Mein ständiger Gedanke daran, mit dir zu schlafen, verwirrt mich noch mehr. Einerseits will ich es so sehr, aber dann setzt sich irgendwie das negative durch. Ich habe Angst, etwas falsch zu machen oder dir nicht zu genügen. Außerdem bin ich auch nicht gerade hübsch...“ Meine Stimme brach ab. Seufzend strich ich mir durch die Haare und sah sie an. Die ganze Zeit über hörte sie mir ohne Unterbrechung zu. Jetzt, wo ich fertig war, stand sie auf, kam um den Tisch und kniete sich vor mich. Eine Hand wanderte auf mein Knie und verweilte dort. „Oh Emma, du bist eine ganz hübsche. Du darfst dir so was nicht einreden. Du vertraust mir doch, oder?“ Ich nickte und verschränkte meine Finger mit ihren. „Ja, sehr. Warum?“ „Dann glaube mir bitte, wenn ich sage, dass ich dich von ganzem Herzen Liebe. Ich war nach meiner Scheidung genau wie du. Ich habe mich und meine Taten infrage gestellt und wäre beinahe daran zugrunde gegangen. Mit der Zeit habe ich an mir gearbeitet und mich schätzen gelernt. Jeder Mensch ist wertvoll und sollte sich so akzeptieren wie er ist. Ich habe mich für dich entschieden. Du bist mir sehr wichtig und ich will nicht, dass du dich kaputt machst. Du bist, wie du bist und solltest dich für niemanden ändern.“ Sie machte eine Pause und zog mich in eine Umarmung. Als sie sich von mir löste, lächelte sie mich an und umfasste meine Wangen mit ihren Händen. „Es ist nicht wichtig, dass du noch nie eine Beziehung hattest. Irgendwann ist immer das erste Mal. Deine Gefühle zeigen mir, wie sehr du mich liebst und das freut mich ungemein. Weißt du, wenn du mich berührst oder küsst, geht es mir genauso wie dir. Meine Empfindungen überwältigen mich regelrecht. Es wirkt im ersten Moment vielleicht etwas beunruhigend, aber lass es einfach zu. So zu fühlen, ist eines der schönsten Dinge. Du musst keine Angst vor all dem haben. Ich bin für dich da, okay?“ Ich nickte und blinzelte ein paar Mal um nicht zu weinen. Ihre Worte hatten mich berührt. Ich glaubte ihr und würde mich nun immer daran erinnern, wenn es mir wieder einmal schlecht ging. „Ach ja, und was das Thema Sex betrifft, wir lassen es einfach auf uns zukommen. Es gibt viele andere schöne Dinge, die wir bis dahin tun können. Also denk bitte nicht so viel darüber nach..“ Ich zog sie an mich und legte zärtlich meine Lippen auf ihre. Ein wohliges seufzen entwich ihrer Kehle. Sie drückte mich noch etwas fester an sich und fuhr mit ihren Fingern durch mein Haar. Ohne den Kuss zu unterbrechen setzte ich mich auf den Stuhl und zog sie mit mir auf meinen Schoß. Um ihr etwas mehr halt zu geben, umschlossen meine Hände ihre Taille. Quälend langsam tanzten ihre Fingerspitzen über meinen Nacken und die Wirbelsäule. Erneut breiteten sich verschiedene Empfindungen in mir aus und ließen mich seufzen. Wir lösten uns, um zu Atem zu kommen und fanden kurz darauf wieder zusammen. Ihre Zunge fuhr sachte meine Lippe nach. Willig öffnete ich meinen Mund etwas und gewährte ihr somit Einlass. Es war ein tolles Gefühl als unsere Zungen miteinander verschmolzen. So hatte sie mich noch nie geküsst und es gefiel mir ungemein.. Nach Luft ringend löste ich mich von ihr und hielt sie weiterhin fest umschlungen. „Wow. Das war großartig.“ Sie lächelte und sah mir tief in die Augen. „Du bist großartig, Emma.“ _________ „Ich will noch nicht gehen.“ Sie lachte und stupste an meine Nase. „Dann bleib doch einfach hier.“ Wir lagen auf ihrer großen Couch und sahen Fern. Mehr oder weniger. Eigentlich hatte ich noch nicht viel von dem Film mitbekommen. Ich wusste nicht einmal worum es ging. Mareikes Finger, die über meinen Rücken streichelten, lenkten mich viel zu sehr ab. „Das geht leider nicht. Ich habe nichts zum wechseln dabei. Außerdem ist morgen Schule. Da sehe ich übrigens meine  hinreißende Lehrerin wieder.“ Mareike hielt in ihren Bewegungen inne und musterte mich interessiert. „Achso? Kenne ich sie denn?“ Ich lachte und schlug leicht gegen ihren Arm. „Spinnerin. Ich meine natürlich dich.“ Gespielt böse rieb sie ihren Arm und schaute mich dann ernst an. „Ich weiß, Liebes. Ich wollte den Abschiedsschmerz nur ein wenig lindern.“ Ich setzte mich auf und richtete mein Shirt. „Das kannst du, indem du meine Frage mit ja beantwortest.“ „Welche Frage? Du hast mir noch gar keine gestellt.“ Ich rollte mit den Augen und grinste schief. „Die kommt ja auch jetzt erst... Dürfte ich morgen über Nacht bei dir bleiben?“ Sie setzte sich ebenfalls auf und legte eine Hand auf meinen Unterarm. „Natürlich darfst du das. Ich würde mich sehr darüber freuen.“ Ich lächelte, drückte kurz ihre Hand und stand auf. „Das ist schön. Dann werde ich jetzt gehen und mich auf morgen freuen.“ Im Flur zog ich mir meine Schuhe an und nahm die Jacke von der Garderobe. Diese klemmte ich mir unter einen Arm und wartete auf Mareike. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, das es bereits nach 20 Uhr war. Warum verging die Zeit eigentlich immer so schnell? Mir kommt es vor, als hätte ich gerade noch mit ihr zu Abend gegessen. Die Tür zum Badezimmer öffnete sich und Mareike kam auf mich zu. „Dann müssen wir uns jetzt wohl verabschieden, hm?“ Ich seufzte und nickte dann. „Ja, dass müssen wir wohl.  Ich werde dich vermissen, auch wenn wir uns in einigen Stunden bereits wiedersehen.“ Ihre Arme legten sich um meine Taille und zogen mich an ihren Körper. „Ich werde dich auch vermissen. Der nächste Tag kommt aber schneller als wir denken. Und ehe du dich versiehst, bist du wieder bei mir.“ Ich überbrückte die wenigen Zentimeter und verschloss meine Lippen mit ihren. Noch bevor der Kuss richtig begonnen hatte, löste ich mich von ihr und öffnete die Tür. „Ich liebe dich, Mareike.“ „Ich dich auch Emma. Bis morgen.“ Ich lächelte und ging nach draußen. Kalte Luft umfing mich und eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Körper. Ich warf mir die Jacke über und blickte noch einmal in ihre Richtung, ehe ich das kurze Stück zu meinem Auto zurücklegte. Mareike ------------ Ich stand noch eine Weile am Gartenzaun und sah die Straße runter. Ich wollte sichergehen, dass Emma heil an ihrem Auto ankommen würde. Als ich sie nicht mehr sehen konnte, ging ich zur Tür, schloss diese auf und flüchtete ins Warme. Obwohl wir erst Mitte August hatten, war es doch ziemlich kalt draußen. So langsam ging es auf den Herbst zu. Einerseits mochte ich den Herbst, da ich gerne lange Spaziergänge unternahm. Aber auf die Stürme und den Regen konnte ich gut verzichten. Ich setzte mich auf die Couch, auf der Emma und ich zuvor gekuschelt hatten und schweifte mit meinen Gedanken ab. Es war ein wirklich schöner Nachmittag gewesen und ich war sehr froh, dass sie mit mir über ihre Ängste gesprochen hatte. Man merkte, dass ihr damit eine große Last von den Schultern fiel. Sie genoss meine Berührungen merklich und hatte nicht mehr dieses panische in den Augen. Ich war der festen Überzeugung das nun alles einfacher zwischen uns laufen würde. Ein klingeln an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Ich blickte auf die Uhr und stellte fest, dass es schon nach neun war. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. So in Gedanken versunken, konnte man die Zeit natürlich auch überbrücken. Es klingelte ein zweites Mal. Schnell stand ich auf und ging zur Tür. Als ich diese einen Spalt breit öffnete und die Person sah, die da vor mir stand, entgleisten mir alle Gesichtszüge. „Hallo Mareike, wie geht es dir?“ Es dauerte eine Weile bevor ich antworten konnte. Unzählige Gedanken kreisten in meinem Kopf. Ich war wütend, traurig und verletzt zugleich. „Was willst du hier Thomas?“ „Ich möchte gerne mit dir reden. Es tut mir alles so schrecklich leid. Das mit Frauke war ein großer Fehler. Ich liebe dich.“ Meine Augen wurden groß. Ungläubig starrte ich ihn an. Wie oft hatte ich mir genau diese Worte gewünscht? Ich habe nach dem zehnten Mal aufgehört zu zählen. Er hatte mich betrogen und sehr verletzt, aber ich hätte ihm all das irgendwie verziehen. Weil ich ihn geliebt hatte. Nun war da nichts mehr, außer Wut. Ich war wütend auf ihn, dass er mich einfach verlassen hatte. Wütend auf mich, dass ich mich nach der Scheidung zum nervlichen Wrack verwandelte. Und wütend auf meine damalige Freundin, die ich sehr gern hatte. „Mareike? Lass mich bitte rein.“ Langsam löste ich mich aus meiner Starre und knallte die Tür vor seiner Nase zu. „Geh einfach Thomas. Wir haben uns nichts mehr zu sagen.“ Er seufzte und knallte mit der Hand an die Tür. „Ich werde um dich kämpfen, hörst du?“ Schritte entfernten sich kurz darauf und ich wagte es, laut auszuatmen. Ich lehnte mich an die Tür, umfasste meinen Oberkörper und rutschte in die Hocke. Mein Körper zitterte und Schluchzer entwichen meiner Kehle. Ich hatte meine Fassade in seiner Gegenwart so gut es ging aufrechterhalten. Aber nun, wo er weg war, konnte ich nicht mehr... Kapitel 19: 19 -------------- Der Wecker klingelte wie jeden Morgen und riss mich aus meinem Schlaf. Heute war ich nicht ganz so müde wie sonst immer. Wir hatten Freitags die ersten beiden Stunden frei und so musste ich erst um 8 Uhr aufstehen. Ganze zwei Stunden länger schlafen war echt ein Segen für einen Morgenmuffel wie mich. Ich gähnte herzhaft, streckte mich ausgiebig und stand dann auf. Mein erster Weg führte mich in die Küche. Ich tapste in Boxer und Top durch den Flur und betrat die Wohnküche. Dort nahm ich einen Filter aus dem Schrank, schüttete das Pulver hinein und goss Wasser in die Kanne. Danach betätigte ich den Knopf und das bekannte Geräusch erfüllte den Raum. Ich schaltete das Radio ein. Ein mir unbekanntes Lied spielte. Naja, ich kannte das Lied schon, aber nicht den Text. Aber das hielt mich nicht davon ab, laut mitzusingen. Ich tänzelte ins Badezimmer, zog die Schlafsachen aus und legte sie ordentlich auf den Wäschekorb. Ich stellte die Dusche ein und ging in die Kabine. Das warme Wasser prasselte auf mich hinab und wusch die Müdigkeit aus meinen Gliedern. Nachdem ich meine Haare und Körper gewaschen hatte, verweilte ich noch ein paar Minuten unter dem warmen Wasser, bevor ich die Dusche ausstellte und mich mit einem Handtuch abtrocknete. Meine Laune hatte sich dank des Gespräches mit Mareike sichtlich gebessert. Ich machte mir zwar immer noch einige Gedanken, aber ich lernte langsam, besser mit Ihnen umzugehen. Eilig zog ich mir die Sachen, die ich am Vortag bereits rausgesucht hatte, an. Die weiße Bluse und schwarze Röhrenjeans standen mir ziemlich gut. Zufrieden mit meinem Outfit, föhnte ich meine Haare und stylte sie etwas. Wieder in der Küche nahm ich mir eine Tasse aus dem Schrank und goss mir Kaffee ein. Da ich kein Brot im Haus hatte, musste das Müsli ausreichen. Ich nahm mir vor, nach der Schule einkaufen zu gehen. Meine Eltern hatten sich schließlich für morgen angekündigt. Gegen 9 Uhr verließ ich das Haus und fuhr mit dem Auto zur Schule. Um 9:45 Uhr würde der Unterricht beginnen. Ich lag also gut in der Zeit. Den ersten Block hatten wir Sport, was meine Laune ein wenig trübte. Ich hasste Sport. Aber dagegen tun konnte ich leider nichts. Dafür freute ich mich umso mehr, Mareike in der fünften und sechsten zu sehen. Hoffentlich zog sich die Zeit bis dahin nicht so elend lange. In der Schule angekommen, nahm ich meine beiden Taschen und machte mich auf den Weg zur Sporthalle... Frau Horn blies in ihre blöde Pfeife und alle Schüler versammelten sich im Kreis. Ihr wart heute alle sehr gut. So will ich das ab jetzt immer sehen. Die Stunde ist vorbei. Ihr könnt jetzt gehen.“ Wir verließen die große Halle und gingen in die Umkleideräume. Sport war heute total super. Wir haben angefangen Badminton zu spielen. Ich liebte Badminton und war richtig gut darin. Das Beste daran war, dass wir den Sport jetzt ein paar Wochen lang machen würden. So konnte ich mich wenigstens auf die nächsten Stunden freuen. Ich setzte mich auf die Bank und versuchte meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Ich hatte mich doch ganz schön verausgabt. „Hey Emma, hast du schon auf den Vertretungsplan gesehen?“ Lisa kam auf mich zu und sah mich fragend an. „Nein, wieso? Fällt irgendwas aus?“ „Ja, Frau Klein ist nicht da. Auf jeden Fall haben wir jetzt zwei Freistunden. Ist das nicht cool?“ Was? Hatte ich gerade richtig gehört? Wieso war Mareike heute nicht in der Schule? Sie schien gestern Abend noch ganz gesund zu sein. Oder war etwas passiert? „Emma? Geht es dir gut? Du siehst ziemlich blass aus.“ Sie legte mir  eine Hand auf die Schulter und musterte mich besorgt. Abwesend sah ich sie an und schüttelte den Kopf. „Nein, mir ist plötzlich so schlecht. Kannst du mich bitte in den nächsten Stunden entschuldigen?“ Das war nicht mal gelogen. Ich fühlte mich wirklich ziemlich fertig. Tausende Gedanken gingen mir gerade durch den Kopf. „Ja klar. Gute Besserung.“ Ich nickte ihr zu und flüsterte ein 'Danke' in ihre Richtung. Schnell wechselte ich meine Sachen und kramte mein Handy aus der Tasche. Als ich es entsperrte und die ungelesene Nachricht sah, wäre es beinahe zu Boden gefallen. Ich hatte tatsächlich eine Nachricht von Mareike erhalten. Heute morgen gegen 8 Uhr!! Ich war heute morgen so in Eile gewesen, dass ich nicht auf mein Handy gesehen habe. Dementsprechend machte ich mir nun schwere Vorwürfe. Ich ließ mich seufzend auf die Bank fallen und hielt die Tränen zurück. Die Mädels aus meiner Klasse waren alle noch hier. Das ich jetzt anfing zu weinen, musste echt nicht sein. Ich erhob mich schnell, nahm meine Taschen und lief aus dem Gebäude. Die Worte, die mir Lisa hinterher rief, bekam ich gar nicht mehr mit... Erst als ich an meinem Auto stand, hörte ich auf zu rennen. Seufzend holte ich meinen Schlüssel aus der Tasche und ließ ihn dank meiner zitternden Hände zwei mal fallen. Ich atmete einmal tief durch und versuchte mich zu beruhigen. 'Alles ist gut. Mareike hat sich wahrscheinlich nur einen Virus oder so etwas eingefangen. Kein Grund zur Sorge...' Je mehr ich mir diesen Gedanken einredete, desto ruhiger wurde ich. Ich öffnete die Autotür, schmiss die Taschen auf den Beifahrersitz und stieg ein. Der Bildschirm zeigte noch immer eine ungelesene Nachricht an. Bisher hatte ich mich noch nicht getraut, diese zu öffnen. Ich seufzte noch einmal und öffnete diese. 'Hallo meine Süße. Unsere Verabredung heute Abend muss leider ausfallen. Es tut mir sehr leid, aber ich fühle mich nicht so gut. Darum werde ich heute auch nicht zum Unterricht erscheinen. Mach dir bitte keine Sorgen um mich. Ich liebe dich. Mareike.' Ich soll mir keine Sorgen machen? Natürlich machte ich mir welche. Ich schloss die Nachricht, die ich bereits zum dritten Mal gelesen hatte und suchte in meinem Kontakten nach Mareike. Ich hielt mir das Handy ans Ohr und wartete auf ein Freizeichen. Zu meiner Enttäuschung ertönte sofort die Mailboxansage. Ich warf das Handy zur Seite und startete den Wagen. Ich musste mich vergewissern, dass mit ihr wirklich alles in Ordnung war... Ich parkte den Wagen wieder auf den Parkplatz des kleinen Bäckers und ging den kurzen Weg zu ihrer Wohnung. Dort angekommen, klingelte ich und wartete ein paar Sekunden. Ich versuchte es noch einmal, aber nichts geschah. „Mareike? Bist du da? Lass mich bitte rein. Ich bins, Emma.“ Ich hielt für einen Moment den Atem an und hörte ins Innere der Wohnung. Alles blieb still. Ich war der Verzweiflung nahe und wusste nicht, was ich tun sollte. Als ich mich dazu entschied, noch mal zu klopfen, öffnete sich plötzlich die Tür. Ein blasses Gesicht blickte mir entgegen. Ihre Augen waren gerötet vom Weinen und die sonst so strahlend blaue Farbe wirke matt und ausdruckslos. Ich presste mir die Hand auf den Mund und versuchte die Tränen, die sich in meinen Augen sammelten, zurückzuhalten. „Hallo Emma, was machst du denn hier? Entschuldige bitte, dass ich nicht sofort geöffnet habe. Ich dachte du wärst jemand anderes. Komm doch rein.“ Ich kam ihrer bitte nach und setzte mich in Bewegung. Bevor sie die Tür schloss, blickte sie sich noch einmal um. Seufzend drehte sie sich zu mir und lächelte leicht. Zumindest versuchte sie es. Es wirkte gezwungen und nicht so, wie ich es sonst kannte. „Hi, ich wollte nach dir sehen. Was ist denn passiert? Du siehst schrecklich aus.“ Ich musste mich wirklich zusammenreißen. Meine Stimme zitterte so stark, ich konnte nicht sagen, ob sie mich verstanden hatte. Sie nahm meine Hand und zog mich ins Wohnzimmer. Dort setzten wir uns auf die Couch. Ich wartete eine gefühlte Ewigkeit auf eine Antwort, aber diese blieb aus. Sie sah an mir vorbei und schaute aus dem Fenster. „Mareike? Hörst du mich?“ Ich legte meine Hand auf ihre, um meine Frage zu unterstreichen und musterte sie besorgt. Erst jetzt fand sie langsam in die Realität zurück. Sie blickte zu mir und atmete hörbar aus. „Hast du was gesagt?“ „Allerdings. Ich habe gefragt, was mit dir los ist.“ Ich war wirklich alles andere als geduldig. Aber ich wollte sie auch nicht drängen. „Thomas war gestern Abend hier. Er...“ Sie entzog sich meiner Hand, stand auf und ging zum Fenster. Ich blieb wo ich war und starrte hilflos auf ihren Rücken. Warum wandte sie sich von mir ab? Und wer war Thomas? Ich überlegte, fand aber keine Antwort. Mareike hatte ihn noch nie erwähnt. Ihrem Verhalten nach zu urteilen, war er aber jemand, der sie sehr verletzt hatte. Ein Schluchzen erfüllte den Raum und beendete meine Gedanken. Sie hatte die Arme um sich gelegt und zitterte heftig. Ohne nachzudenken eilte ich zu ihr und schloss sie in meine Arme. „Ich.. Ich habe Angst Emma. Bitte hilf​ mir. Er soll mich...“ Ihre Worte gingen im Schluchzen unter. „Du musst dich beruhigen Süße.“ Ich strich mit meiner Hand über ihren Rücken und es schien zu helfen. Langsam entspannte sie sich etwas und löste sich aus meiner Umarmung. Meine Hände legten sich auf ihre Wangen und strichen die Tränen beiseite. Ich lächelte sie an und nickte. „So ist es gut Liebste. Willst du was trinken und mir dann alles erzählen?“ Ein kleines lächeln umspielte ihren Mund ehe sie nickte. Ich nahm meine Hände von ihren Wangen, verschränkte eine mit ihrer und zog sie langsam hinter mir her. Wir saßen am Küchentisch und sahen uns an. Jede ein Glas Wasser vor sich. „Es tut mir leid Emma. Ich wollte nicht, dass du mich in so einem Zustand siehst.“ Ihr Worte versetzten mir einen Stich. Verletzt starrte ich sie an und schluckte die Tränen herunter. „Wie kannst du so etwas nur sagen? Natürlich bin ich für dich da, wenn es dir schlecht geht. Ich bin deine Freundin und mache mir Sorgen um dich.“ Bevor ihre Hand meine berühren konnte, zog ich diese weg. Nun war sie es, die mich verletzt ansah. „Emma... Du hast das falsch verstanden. Ich meine... bisher habe ich noch niemanden so nah an mich rangelassen. Ich fühle mich nicht wohl dabei, einer Person meine verletzliche Seite zu zeigen. Aber bei dir ist das etwas anderes. Ich mag es, von dir gehalten zu werden.“ Eine leichte röte zierte ihre Wangen. Ihre Worte und die Verlegenheit, die sie gleich viel schöner aussehen ließ, ließen mein Herz höher schlagen. Ich umfasste ihre Hände und drückte sie ein wenig. „Danke, dass kann ich nur zurück geben. Ich mag es auch, von dir gehalten zu werden. Und was das unwohlsein angeht, ich liebe alles an dir und würde mich freuen, wenn ich die erste sein dürfte, die auch diese Seite von dir kennenlernt.“ Sie erwiderte den Druck kurz und löste sich dann aus meinem Griff. Seufzend fuhr sie durch ihre Haare, ließ die Hände in den Schoß fallen und richtete sich etwas auf. „Ich...“ Das Telefon, welches begonnen hatte zu klingeln, erschreckte mich. Ich sah in den Flur und  dann fragend zu Mareike. Es sah nicht so aus, als würde sie dran gehen wollen. Ganz im Gegenteil. Ihre Augen wurden groß und blickten panisch zum Telefon. „Er ruft schon wieder an. Warum kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen?“ Mareike schien mehr mit sich selbst zu sprechen. Auf jeden Fall sah sie mich nicht an. Es klingelte genau fünf Mal, ehe es wieder still wurde. „Wer war das?“ Erneut seufzte sie und richtete den Blick wieder auf mich. „Thomas. Mein Ex-Mann. Wir haben uns damals getrennt, weil er mich mit meiner Freundin betrogen hatte. Er war auch der Grund, warum ich seitdem keine Beziehung mehr eingegangen war. Erinnerst du dich? Wir haben gestern darüber gesprochen. Auf jeden Fall ist er gestern, nachdem du gegangen warst, hier aufgetaucht. Wenn ich gewusst hätte, wer da vor meiner Tür stand, hätte ich sie niemals geöffnet. Ich war so perplex, dass ich einfach nur dastand. Als ich mich wieder etwas gefasst hatte, fragte ich ihn, was er hier wollte. Angeblich täte ihm alles so schrecklich leid und er wäre hier, weil er mich noch immer lieben würde. Weißt du wie oft ich mir diese Worte gewünscht hatte? Obwohl er mich betrogen hatte, wäre ich wieder zu ihm zurückgegangen. Ich liebte ihn damals wirklich sehr.“ Sie hielt einen Moment inne, trank einen Schluck Wasser und erzählte weiter. „ich wollte das alles nicht hören und habe die Tür vor seiner Nase ins Schloss fallen lassen. Das ganze hatte mich so aufgewühlt. Alles kam wieder hoch und spielte sich wie ein Film vor meinen Augen ab. Ich hockte noch ewig an der Tür und ließ alles raus. In der Nacht hatte ich kein Auge zugetan. Ich konnte einfach nicht zur Ruhe kommen. So sah ich dann heute morgen auch aus. Ich rief in der Schule an und meldete mich krank. Angeblich habe ich furchtbare Kopfschmerzen. Seit gestern Abend habe ich Angst. Er ist so davon überzeugt, dass ich ihn zurücknehmen würde. Alleine bei dem Gedanken wird mir ganz anders. Er ist bisher zwar nicht wieder aufgetaucht, aber es vergeht keine Stunde, in der er mich nicht anruft.  Ich weiß einfach nicht weiter..“ Mareike schien mit den Nerven am Ende. Sie saß da, den Kopf in die Hände gelegt und weinte stumme Tränen. Ich war natürlich sofort an ihrer Seite und hatte einen Arm um sie gelegt. Es tat mir verdammt weh, sie so zu sehen. Konnte diese wunderbare Frau nicht auch einmal glücklich sein? Erst war da die Sache mit dem Umzug, dann folgte das Mobbing, die Trennung ihrer ersten Liebe, der Selbstmordversuch, die Scheidung ihrer Eltern, die anschließenden Therapiestunden und schließlich die Trennung ihres Mannes und alles was damit zusammenhängt. Trotz des ganzen Elends hatte sie ihr Lächeln nie verloren. Ich bewunderte sie ungemein dafür. Ich musste nicht lange überlegen, da kam mir eine Idee. Ich löste mich von Mareike, legte meine Hände auf ihre Wangen und drehte sie zu mir. „Hör mir bitte zu und wage es ja nicht zu widersprechen.“ Ich lächelte über meine Wortwahl und sie erwiderte es sogleich. „Ich werde mich hüten dir zu widersprechen Liebes.“ Sie stupste mich mit dem Ellenbogen an und wurde dann wieder ernst. „Wir packen jetzt ein paar Sachen von dir zusammen und du kommst eine Weile mit zu mir. Ich weiß, du bist immer noch meine Lehrerin und es würde die ganze Sache noch komplizierter machen, aber ich will das du in Sicherheit bist. Du sollst nicht noch mehr durchmachen müssen. Ich habe Angst und will dich nicht verlieren.“ Sie schien einem Moment nachzudenken, ehe sie antwortete. „Ja, wir bewegen uns auf ganz dünnem Eis. Aber ich liebe dich. Du gibst mir die Kraft, dass alles durchzustehen. Deine Idee gefällt mir und darum sage ich ja. Ich komme gerne mit zu dir.“ Überschwänglich drückte ich meine Lippen auf ihre und küsste sie. Ich war froh, dass sie meinem Vorschlag zugestimmt hatte. Ich wollte keinesfalls wissen, was ihr Ex-Mann noch so plante. Bisher blieb es nur bei anrufen, aber das konnte sich schnell ändern... Kapitel 20: 20 -------------- Überraschung. Das 20. Kapitel ist soeben fertig geworden. Es ist jetzt nicht so toll geworden wie erhofft. Ich hoffe, euch gefällt es trotzdem. FSK 18;enthält sexuelle Handlungen. _______________ Ich wartete in der Küche, während sie ins Schlafzimmer ging und ein paar Sachen zusammensuchte. Nach einer Weile kam sie mit einer Tasche zurück, stellte diese ab und blieb im Türrahmen stehen. Sie sah schon wesentlich besser aus. Man konnte aber immer noch erahnen, dass sie die ganze Sache sehr mitgenommen hat. „Ist es wirklich in Ordnung wenn ich mit zu dir komme? Ich möchte deine Privatsphäre nicht verletzen.“ Ich stand auf und blieb vor ihr stehen. Meine Augen suchten ihre und ein Lächeln umspielte meine Lippen. „Wenn ich es nicht wollte, hätte ich es dir nicht angeboten. Es stört mich wirklich nicht. So habe ich dich den ganzen Tag um mich und muss keine Angst haben, dass dir etwas passiert.“ Sie lächelte angesichts meiner Worte nun auch und streichelte meine Wange. Automatisch schloss ich meine Augen und genoss das Gefühl. „Du bist süß, Emma. Ich danke dir für alles.“ Hitze stieg in meine Wangen und breitete sich aus. „Gern geschehen. Ich würde alles für dich tun.“ Ihre Lippen trafen auf meine und entlockten mir ein seufzen. Es war jedes Mal etwas ganz besonderes für mich, ihre Lippen auf meinen zu spüren. Ein wunderbares Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus und es war, als würde die Zeit stillstehen. Ich war immer etwas traurig, wenn wir uns voneinander lösten und die Sehnsucht überwältigte mich. So auch jetzt. Ich seufzte und vergrub die Hände in meinen Jeanstaschen. Ich wollte nicht, dass Mareike sah, wie sehr ich mich zusammenreißen musste. „Sieh mich bitte an Emma.“ Ich drehte meinen Kopf wieder zu ihr und lächelte gequält. „Ich weiß, wie du dich fühlst. Mir geht es genauso. Es ist schon längst überfällig, hm?“ Das 'es' musste sie nicht erläutern. Ich wusste auch so, was sie damit meinte. Trotzdem nickte ich und fuhr mit zitternder Hand über ihre Seite. „Ich sehne mich so sehr nach dir.“ „Und ich mich nach dir Süße. Lass uns sehen, was der Tag noch so bringt, okay?“ Ich nickte abermals und bückte mich um ihre Tasche aufzuheben. „Wollen wir gehen? Ich müsste gleich noch schnell einkaufen.“ Das meine Eltern morgen zu Besuch kommen würden, erwähnte ich nicht... Zuhause angekommen stellte ich zuerst die Kaffeemaschine ein und machte zwei Schüsseln Müsli. Ich stellte die Schüsseln auf den Tisch und sah sie entschuldigend an. „Tut mir leid. Ich habe nichts, was als Mittagessen durchgehen könnte. Ich muss erst einkaufen gehen.“ Sie schüttelte den Kopf und sah mich lächelnd an. „Das macht nichts. Müsli ist vollkommen in Ordnung. Ich hoffe nur, dass du nicht jeden Tag so etwas konsumierst und auf deine Ernährung achtest.“ Verlegen starrte ich auf das Müsli und wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. „Ähm.. also.. Ich esse kaum etwas anderes. Generell esse ich nicht so viel. Ich fühle mich nicht so wohl mit den überschüssigen Kilos.“ Sie legte den Löffel beiseite, kam wortlos um den Tisch herum und hob ohne Vorwarnung meine Bluse ein wenig an. Perplex und mit weit geöffneten Augen sah ich sie an. „Hey, was soll das?“ Sie ließ von mir ab und setzte sich wieder auf ihren Platz. „Ich wollte mich selbst von deinem angeblichen Übergewicht überzeugen und bin zu dem Entschluss gekommen, dass du absoluten Unsinn redest. Du bist im normalen Bereich und musst keinesfalls abnehmen. Ich finde dich wunderschön und liebe alles an dir. Hast du das schon vergessen?“ Ich glaubte ihr, war aber immer noch anderer Meinung. Trotzdem war es schön, solche Worte von ihr zu hören. Ich errötete und schüttelte den Kopf. „Nein, das habe ich nicht vergessen.“  Sie drückte kurz meine Hand und stand auf um den Kaffee zu holen. Nach dem Essen setzte sie sich neben mich und überlegte, was wir benötigten. Ich war guter Zuversicht, dass sich meine Essgewohnheiten von nun an zum positiven verändern würden. Ich freute mich sehr darauf, gemeinsam mit ihr zu kochen und neue Dinge auszuprobieren. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Lippen und lächelte sie an. „Womit habe ich den denn verdient?“ „Ich finde es schön, dass du hier bist. Auch wenn die Umstände weniger erfreulich sind.“ Ich stand auf und nahm den Zettel zur Hand. „Ich fahre jetzt los. Die Geschäfte machen bald zu. Im Kleiderschrank ist noch Platz falls du deine Sachen auspacken möchtest.“ Ich zog sie ein weiteres Mal an mich und küsste sie. „Bis später.“ Ich schob gerade den beladenen Einkauswagen zum Auto, als ich hinter mir meinen Namen hörte. Ich drehte mich um und sah Amelia auf mich zukommen. Sie umarmte mich zur Begrüßung und grinste. „Hi Emma, alles klar bei dir?“ Sie sah glücklich aus und benahm sich anders als sonst. „Hi, alles bestens und bei dir? Du siehst glücklich aus. Ist etwas passiert?“ Ihr grinsen wurde breiter. Wenn das überhaupt noch möglich war. „Gut erkannt. War ja auch nicht besonders schwer. Ich muss bescheuert aussehen so wie ich grinse. Aber egal. Ich habe eine Frau kennengelernt und komme gerade von unserem ersten Date. Es lief echt super.“ Ich grinste nun ebenfalls und umarmte sie stürmisch. „Ich freue mich sehr für dich. Du hast es verdient glücklich zu sein.“ Ein leichter Rotschimmer zierte ihr Wangen. „Dankeschön. Ich hoffe, du findest auch noch die Richtige. Bei deinem Aussehen mache ich mir aber keine Sorgen.“ Sie musterte mich von oben bis unten und zwinkerte mir zu. Nun war ich diejenige, die rot anlief. Verlegen strich ich über meinen Arm und lächelte. „Danke. Das hoffe ich auch. Du, ich muss jetzt leider los. Wir sehen uns nächste Woche in der Schule, ja? Ich will dann alle Details hören.“ Sie lachte, nickte dann aber. „Alles klar. Ich werde dir dann alles erzählen. Machs gut Emma.“ Ich schloss die Haustür auf und trug den Einkauf in die Küche. Mareike, die auf der Couch saß, kam zu mir und drückte mir einen Kuss aus die Lippen. „Hallo, wo warst du denn so lange?“ Ich öffnete den Kühlschrank und verstaute die Lebensmittel darin. „Ich habe Amelia zufällig beim Einkaufen getroffen. Wir haben uns etwas unterhalten. Sie schien sehr glücklich.“ Mareike half mir mit dem Einkauf und lächelte. „Das freut mich für sie. Sie hatte es in der letzten Zeit nicht einfach.“ Das stimmte allerdings. Daher war ich umso glücklicher, dass es ihr wieder besser ging. „Da hast du Recht. Es war eine gute Idee, sie in die Parallelklasse wechseln zu lassen. Was hast du denn so gemacht, während ich weg war?“ Wir hatten die Sachen bereits verräumt und gingen zur Couch. Ich setzte mich hin und zog Mareike an mich. „Nichts besonderes. Ich habe meine Sachen in den Schrank geräumt und bin dann aufs Sofa.“ Sie nahm die Fernbedienung zur Hand und schaltete den Fernseher aus. Gerade als ich protestieren wollte, erhob sie sich und hielt mir die Hand hin.„Wollen wir zum schöneren Teil des Abends kommen?“ Ich lächelte sie an und nahm dankend ihre Hand. „Kommt drauf an. Was verstehst du denn darunter?“ Sie legte Daumen und Zeigefinger ans Kinn und überlegte. „Hmm, wie wäre es...“ Ich unterbrach ihre Worte mit einem Kuss. „Genau das.“ Es war nur ein nuscheln ihrerseits, aber ich verstand es und grinste in den Kuss. Kurz darauf löste ich mich von ihr und blickte sie sehnsüchtig an. „Wollen wir ins Schlafzimmer?“ Sie nickte und sah mich ebenso an. „Nichts lieber als das.“ Dort angekommen, legten sich ihre Finger augenblicklich in meinem Nacken und streichelten sanft darüber. Wie in Trance schloss ich die Augen und spürte im nächsten Moment ihre Lippen auf meinen. Der Kuss gewann schnell an Leidenschaft. Mein ganzer Körper prickelte und wischte die Unsicherheit beiseite. Ich streichelte über ihre Arme und fühlte die Gänsehaut unter meinen Fingern. Als die Luft knapper wurde, unterbrach ich den Kuss und öffnete die Augen. Ihre waren nur wenige Zentimeter von meinen entfernt. In ihnen war soviel Wärme und Lust zu erkennen, sodass mir ganz heiß wurde. Ich seufzte und zog sie erneut in einen intensiven Kuss. Meine Hände wanderten ihre Seiten auf und ab, bis ich den Saum ihres Shirts fand und unter dieses glitt. Ein stöhnen entwich ihrer Kehle, als meine kühle Hand ihren warmen Bauch streichelte. Ihre Haut war so angenehm weich, ich wollte noch viel mehr davon berühren. Mit zitternden Fingern fuhr ich wieder nach unten und umschloss den Saum. Kurz darauf fiel das Stück Stoff zu Boden und ich hatte freie Sicht auf ihren makellosen Oberkörper. Ich wanderte mit den Augen einmal von oben nach unten und leckte mir über die Lippen. Ein schwarzer Spitzen-BH verhüllte ihre Oberweite. Ihr flacher Bauch hob und senkte sich. Neben ihrem Bauchnabel war ein kleiner Schmetterling eintätowiert. Er war wirklich sehr hübsch und passte zu ihr. „Gefällt dir, was du siehst?“ Ihre raue Stimme holte mich aus meinen Gedanken. Ich nickte und fuhr mit meinen Fingern über das Tattoo. Ich hörte ihr Lachen und hob meinen Kopf. „Kleine Jugendsünde.“ Sie zwinkerte mir zu und gewährte mir noch einen Moment. „Mir gefällt es sehr. Und das bezieht sich nicht nur auf das überaus hübsche Tattoo. Du bist verdammt heiß.“ Mehr brauchte es nicht, ehe sie mich erneut in einen Kuss verwickelte. Ihre Zunge glitt zwischen meine Lippen und entlockte mir ein Stöhnen. Dieser Kuss war den anderen um Meilen voraus und erregte mich zusehends. Meine Beine zitterten bereits so stark, was auch Mareike nicht entging. Sie dirigierte uns zum Bett und ließ sich behutsam darauf nieder. Nun stand ich vor ihr und zog sie mit meinen Blicken regelrecht aus. Sie grinste und sah an mir hinab. „Kann ich dir behilflich sein?“ Ich schluckte und nickte kaum merklich. Sie erhob sich und musterte mich einfühlsam. „Du musst dich nicht schämen Liebes. Du bist wunderschön.“ Ihr Blick spiegelte Aufrichtigkeit wider. Ich nahm meinen Mut zusammen und öffnete den ersten Knopf meiner Bluse. Ihre Hände lösten meine ab und kurz darauf fiel auch mein Oberteil zu Boden. Sie musterte die freigelegte Haut und streichelte über meinen erhitzten Oberkörper. „Siehst du? Kein Grund zur Besorgnis.“ Sie gab mir die Zeit, die ich brauchte und stand lächelnd vor mir. Dieser Moment war unendlich kostbar für mich. Ich liebte diese Frau so sehr und war einfach nur glücklich. Ich zog sie an mich und genoss das Gefühl von nackter Haut auf meiner. „Ich liebe dich so sehr.“ Seufzend verschloss sie unsere Lippen miteinander und fiel rücklings aufs Bett. Überrascht lag ich auf ihr und grinste dann. „Nächstes Mal kannst du mich ruhig vorwarnen.“ „Mache ich Süße.“ Sie zwinkerte mir zu und nahm den Kuss wieder auf. Währenddessen drehte sie uns einmal und lag nun auf mir. Ihre Hände wanderten meine Seiten entlang und legten sich behutsam an meinen BH. Sie löste sich von mir und suchte in meinen Augen nach Bestätigung. Ich fasste nach hinten an den Verschluss und entfernte das letzte Stück Stoff an meinem Oberkörper. Sie tat es mir gleich und küsste sich einen Weg über meinen Hals. Ich schloss meine Augen und reckte mein Kinn etwas nach oben. Sie widmete sich noch eine Weile meinen Hals, ehe sie tiefer glitt und über meine Brustwarze leckte. Mein Atem setzte für einen Moment aus und beschleunigte sich dann. Sie hielt inne und sah zu mir auf. Ich hatte noch immer meine Augen geschlossen. „Das ist... Mach weiter.“ Kurz darauf spürte ich ihre Berührungen wieder... Ich konnte nur erahnen, was sie da mit mir tat. Es fühlte sich unglaublich toll an und steigerte meine Erregung. Es pochte heftig zwischen meinen Beinen. Ich spürte, wie mein Slip langsam feucht wurde. „Bitte tiefer.“ Sie knabberte ein letztes Mal an meiner empfindlichen Warze, bevor sie sich neben mich auf einen Arm abstürzte und unsere Lippen miteinander verschloss. Da ich mich nicht richtig konzentrieren konnte, war er nur von kurzer Dauer. „Zieh deine Hose für mich aus Liebes.“ Ich tat wie mir befohlen und streifte Hose sowie Slip von meinen Beinen. Ihre Augen waren nur wenige Zentimeter von mir entfernt. „Ich möchte dich gerne beobachten, während du kommst. Ist das okay?“ Ich nickte und fühlte anhand ihrer Worte eine erneute Welle der Erregung. Es machte mich wahnsinnig an, wie ihre Stimme dabei klang. Ihre Hand wanderte nach unten und streichelte über die Innenseite meiner Schenkel. Automatisch kniff ich meine Augen zu und öffnete den Mund etwas um besser zu Atmen. Sie tastete höher und tauchte in mich ein. Ich stöhnte laut auf und krallte eine Hand ins Laken, während die andere ihre umschloss. Sie zog den Finger aus mir, um danach noch tiefer zu gleiten. Meine Beine zuckten bereits stark. Lange würde ich es nicht mehr aushalten. Ein zweiter Finger folgte und bewegte sich. Ich warf den Kopf in den Nacken und stöhnte abgehackt. Ich konnte an nichts mehr denken und konzentrierte mich nur auf ihre Bewegungen. Diese nahmen jetzt an Schnelligkeit zu. Alles zog sich in mir zusammen, als plötzlich eine unglaubliche Welle an Gefühlen durch mich hindurchströmte. Ich drückte ihre Hand noch etwas fester und stöhnte laut auf. Erschöpft ließ ich meinen Kopf zu Seite fallen und hielt die Augen geschlossen. Ich spürte ihre Finger, die behutsam über mein Gesicht strichen. „Alles okay Süße?“ Ich nickte etwas und öffnete meine Augen wieder. Sie zog ihre Finger aus mir und platzierte sie auf meiner Bauch. Sie lächelte mir zu und schien zufrieden. „Das freut mich. Ich muss gestehen, dass ich überrascht bin. Es war interessant zu sehen, wie sich deine Gesichtszüge innerhalb von Sekunden verändern. Wie war es für dich?“ „Es übertrifft meine Vorstellungen bei weitem. Ich kann einfach nicht glauben, dass dies dein erstes Mal mit einer Frau war.“ Ihr Lächeln veränderte sich zu einem grinsen. „Das kannst du ruhig glauben. Ich berühre mich gelegentlich selbst. Das kann schon echt helfen.“ Ich nickte und legte meine Hände an ihre Wangen. Sie überbrückte den letzten Abstand und presste ihre Lippen auf meine. Während der Kuss an Leidenschaft zunahm, fummelte ich an ihrem Jeansknopf und öffnete diesen. Ihre Hand schloss sich augenblicklich um meine und löste dann den Kuss. Ich konnte bereits ein starkes Verlangen in ihren Augen erkennen, doch irgendwas schien sie aufzuhalten. „Du musst das nicht tun, wenn du nicht willst.“ „Doch, ich will. Ehrlich. Wenn du mich lässt, beschere ich dir auch so ein tolles Gefühl. Ich weiß, dass dein letztes Mal schon länger her ist, aber du brauchst keine Angst zu haben.“ Sie streichelte über meine Wange und musterte mich dankbar. „Das habe ich nicht. Ich wollte nur sicher gehen. Dann... bin ich bereit.“ Das musste sie nicht zweimal sagen. Ich verschloss noch einmal unsere Lippen miteinander und wanderte ihren Hals mit meiner Zunge hinab. Ihre Hände legten sich um meinen Nacken und streichelten über diesen. Ich hielt einen Moment inne und genoss das Schnurren, welches über ihre Lippen kam. Ich ging tiefer und verwöhnte ihre Brüste mit Mund und Händen. Bereits jetzt wandte sie sich unruhig hin und her und quittierte mein Tun mit einem lauten Stöhnen. „Emma... Ich kann nicht mehr... lange. Diese Worte gaben mir den Rest. Zwischen meinen Beinen pochte es stärker, doch ich ignorierte das Gefühl so gut es eben ging. Ich ließ von ihren Brüsten ab, strich zart über ihren Bauch und zog Hose und Slip herunter. Ihr Atem beschleunigte sich, als ich meine Hand auf ihre empfindliche Mitte legte. Statt dort zu verweilen, streichelte ich über die Innenseite ihrer Schenkel. „Bitte...“ Ich hielt inne und sah zu ihr. Ihr Mund war leicht geöffnet und die Augen hielt sie geschlossen. „Was bitte? Ich will es hören.“ Sie seufzte auf und öffnete ihre Augen, die vor Lust um einige Nuancen dunkler waren. „Ich will dich, ganz tief in mir.“ Ich lächelte, streichelte über ihre Mitte und drang in sie ein. Ein tiefes stöhnen entwich ihrer Kehle und erregte mich noch mehr. Ich setzte mich zwischen ihre zuckenden Schenkel und versenkte zusätzlich meine Zunge in ihr. Das Pochen in meinem Kopf vermischte sich mit ihren lustvollen Lauten. Berauscht von diesem Gefühl bewegte ich meine Finger schneller und brachte sie nach wenigen, tiefen stößen zum Höhepunkt. Sie sackte in sich zusammen und atmete schnell ein und aus. Ich legte mich neben sie und streichelte ihren Arm. Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, sah sie mir tief in die Augen. Ein Lächeln auf ihrem Gesicht. „Danke Emma, dass war wirklich toll. Ich hatte bereits einige Male Geschlechtsverkehr, aber das hier war so viel besser. Ich kann genauso wenig glauben, dass du das zum ersten Mal gemacht hast.“ Ich erwiderte ihr Lächeln und nickte mit dem Kopf. „ Es stimmt aber. Du hast mir das Gefühl gegeben, alles richtig zu machen. Der Rest kam von ganz alleine.“ Sie verwickelte mich in einen leidenschaftlichen Kuss und die Welt um uns schien vergessen... Kapitel 21: 21 -------------- Wieder ein kleiner Adult-Teil. Ich hoffe euch gefällt das Kapitel. :-) ____________ Am nächsten Morgen spürte ich einen warmen, nackten Körper an mir. Ich öffnete verschlafen die Augen und blinzelte gegen das helle Licht an. Das Erste was ich sah war ein blonder Haarschopf, der im Sonnenlicht schimmerte. Mareike lag mit dem Rücken zu mir und schien noch zu schlafen. Die Decke war halb von ihrem Körper gerutscht und somit hatte ich freie Sicht auf ihre Schulter, die ebenso schön schimmerte. Ich biss mir auf die Unterlippe und verkniff mir ein Seufzen. Stattdessen holte ich meine Hand unter der Decke hervor und strich vorsichtig über ihre Haut. Unter meinen Fingern bildete sich prompt eine Gänsehaut. Gedankenverloren machte ich weiter in meinem Tun, bis sie sich vorsichtig umdrehte und mich anlächelte. „Guten Morgen meine Liebste. Hast du gut geschlafen? Ihre Augen blickten mich verschlafen, aber glücklich an. Es war wie ein Segen für mich, sie so zu betrachten. Ich hatte den Wunsch, jeden Morgen neben ihr aufzuwachen. Ich nickte mit dem Kopf und legte meine Hand an ihre Wange. „Du siehst aus wie ein Engel.“ Sie lachte laut auf und sah mich im nächsten Moment liebevoll an. „Ich fühle mich geehrt, aber ich bin ganz sicher kein Engel. Du scheinst zu Träumen Liebes.“ Ich fuhr mit meinen Fingern sanft über ihre Wange bis hin zum Hals. „Nein, ich bin hellwach. Es ist nur.. Das Sonnenlicht.. deine Haare..“ Meine Wangen färbten sich rosa. Ich fand einfach keine Worte, um meine Gedanken zu erklären. „Ich verstehe dich schon. Kein Grund verlegen zu sein.“ Sie zwinkerte und küsste meine Lippen. Ich erwiderte den Kuss sofort und strich mit meiner Zunge über ihre Unterlippe. Sie öffnete den Mund etwas und berührte meine Zunge. Ein wohliger Schauer überkam mich. Ich erkundete für eine Weile das Innere ihres Mundes und löste mich kurz darauf von ihr. Mein Mund wanderte an ihr Ohrläppchen und knabberte daran. Sie seufzte in mein Ohr und ließ mich gewähren. Ich trieb das Spielchen noch eine zeitlang, ehe ich mich wieder ihrem Mund zuwandte und meine Lippen mit ihren verschloss. Ohne Vorwarnung schlüpfte meine Zunge erneut in ihren Mund. Langsam aber sicher nahm ihre Erregnung zu. Sie streichelte meine Seiten auf und ab und berührte unbewusst meine Brüste. Sofort richteten sich meine Nippel auf und streckten sich ihr entgegen. Sie löste den Kuss und drängte mich ganz nah an sich. Ihre Hitze drückte gegen meine Hüfte und ließ mich augenblicklich feucht werden. Während Mareike mit ihrem Mund , meine Brüste liebkoste, wanderte ihre rechte Hand nach unten und streichelte über meine Mitte. Ein zucken durchfuhr meinen Körper, als sie einen Finger ganz langsam in mich einführte. Ich quittierte ihr Tun mit einem Stöhnen und biss leicht in ihren Hals. Als der Druck sich verstärkte, warf ich den Kopf in das Kissen und krallte meine Finger ins Laken. Ich hob mein Becken etwas an, um ihren Finger noch weiter in mich gleiten zu lassen. Sie verstand, winkelte ihn an und übte sanften Druck auf meinen Kitzler aus. Es dauerte nicht lange, da überkam mich ein heftiger Orgasmus. Mein Becken zuckte stark und kraftlos ließ ich mich auf das Bett zurückfallen. Ich hielt mir eine Hand vor die Augen und atmete stoßweise. Mareike streichelte mich noch ein wenig und zog ihre Hand dann zurück. Eine Weile blieben wir noch liegen und genossen den Moment. Ich hatte mich beruhigt und kam langsam wieder zu Atem. „Ich habe großen Hunger. Wollen wir uns anziehen und zusammen frühstücken?“ Sie erhob sich, setzte sich an die Bettkante und suchte ihre Klamotten zusammen. Ich blickte fragend auf und strich ihr über den Rücken. „Möchtest du nicht von mir berührt werden?“ Sie unterbrach ihre Tätigkeit, drehte sich zu mir und lächelte. „Nein, ist schon in Ordnung so. Ich springe schnell unter die Dusche.“ Sie hob ihre restlichen Sachen auf, suchte sich etwas Neues aus dem Schrank und ging aus dem Zimmer. Perplex sah ich zur Tür und gefühlt tausende Fragen jagten durch meinen Kopf. Natürlich zweifelte dabei fast jede an mir. Ich war von Natur aus ein pessimistischer Mensch und war es leid, so zu denken. Ich würde gerne optimistischer sein, aber leicht war es natürlich nicht. Sonst könnte ja jeder positiv durch die Welt gehen. Ich seufzte, stand auf und nahm frische Klamotten aus meinem Kleiderschrank. Diese legte ich auf dem Stuhl ab und warf mir den Morgenmantel über. Ich betrat den Flur und hörte die Dusche rauschen. Da ich nichts besseres zu tun hatte, begab ich mich in die Küche und stellte die Kaffeemaschine ein. Ich deckte den Tisch für das Frühstück und nahm mein Handy zur Hand. Zwei ungelesene Nachrichten. Kein Wunder, ich hatte es auch seit gestern Morgen nicht mehr angemacht. Ich setzte mich hin, öffnete die Nachrichten und hielt inne. Diese kamen von meiner Mutter. Sie schrieb mir gestern Abend zweimal, wie sehr sie sich auf die beiden Tage mit mir freuten. Oh, Shit. Das hatte ich ja total verdrängt. Ich wollte die beiden sehen, unbedingt, aber Mareike wusste ja noch gar nichts davon und wird wohl alles andere als begeistert sein. Na super.... Mareike kam etwa eine viertel Stunde später, bekleidet und mit einem Handtuch um die Schulter, in die Küche und sog den Duft des Kaffees in sich auf. Sie trug ein weißes Shirt und eine blaue Jeans. Ihre Haare hingen nass über dem Handtuch. Wenn sie den Föhn benutzen würde, wäre der Kaffee sicher zehnmal kalt. Okay, ein wenig übertreibe ich gerade, aber bei ihren langen Haaren dauerte es sicher eine Weile. „Möchtest du auch erst ins Badezimmer?“ Ich schüttelte den Kopf. „Wenn es dich nicht stört, bleibe ich so am Tisch sitzen. Ich muss mit dir über zwei Dinge sprechen.“ Bevor sie sich auf ihren Platz setzte, kam sie um den Tisch und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Als sie sich niederließ, blickten ihre Augen nachdenklich in meine. „Es geht um vorhin, oder? Ich kann dir das erklären.“ Meine Finger glitten über den Tisch und verschränkten sich mit ihren. „Ja, genau. Warum wolltest du nicht von mir berührt werden?“ Sie drückte meine Hand kurz und seufzte dann auf. „Um eines vorweg zu sagen. Ich habe den Sex mit dir gestern Abend sehr genossen und es liegt ganz sicher nicht an dir.“ Mareike machte eine Pause und fuhr durch ihr nasses Haar. Dann holte sie tief Luft und redete weiter. „Wie du weißt, ist es bei mir schon lange her gewesen, dass ich mit jemandem geschlafen habe. Gestern war es das erste Mal nach drei Jahren. In dieser Zeit hatte ich kaum Verlangen danach. In meiner Ehe war es schon ein großes Problem gewesen, aber ich wollte Thomas nicht verlieren und habe mich mehr oder weniger dazu durchgerungen. Als asexuell würde ich mich jetzt nicht bezeichnen, da ich ab und an schon Lust habe und es dann auch gerne tue, aber es liegt weit hinten in meinen Prioritäten. Für mich sind andere Dinge einfach wichtiger. Du hingegen fängst gerade erst an und bist sicher ganz erpricht darauf, neue Dinge auszuprobieren.“ Sie starrte mich verzweifelt an und seufzte. „Ich liebe dich sehr und will das du glücklich bist. Allerdings weiß ich nicht, ob ich dir geben kann was du dir wünschst.“ Ich ließ ihre Hand los und ging um den Tisch herum. Dort hockte ich mich vor sie und legte meine Hände auf ihre Knie. „Ich akzeptiere deine Entscheidung. Weißt du was ich mir wünsche? Dich. Du machst mich glücklich und ich werde dich deswegen nicht verlassen. Ich verzichte lieber auf Sex, als auf die Frau, die ich Liebe.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Bevor Mareike etwas erwidern konnte, zog ich sie in eine feste Umarmung. Ich vernahm daraufhin ein Schluchzen und drückte sie noch etwas fester. Es vergingen ein paar Minuten, in denen ich sie einfach festhielt. Keine sagte ein Wort. Als sie sich aus meiner Umarmung löste, hatte sie sich wieder etwas beruhigt „Danke für dein Verständnis. Das bedeutet mir wirklich sehr viel.“' Ich wischte eine Träne aus ihrem Gesicht und lächelte sie an. „Gerne. Alles was ich sagte, meinte ich auch so. Ich bin wirklich sehr glücklich.“ Ich umfasste ihre Wangen, drückte ihr einen Kuss auf die Lippen und erhob mich dann. „Wollen wir jetzt frühstücken? Ich habe schon ewig nichts mehr gegessen.“ Sie lachte und nickte schließlich. „Dann mal los.“ Wir räumten gemeinsam den Tisch ab und spülten das Geschirr. Nachdem die Küche wieder in einem aufgeräumten Zustand war, ging ich ins Badezimmer und duschte ausgiebig. Meine Gedanken kreisten die ganze Zeit um den heutigen Besuch meiner Eltern. Ich wollte Mareike bereits gestern davon erzählen, aber ich traute mich einfach nicht. Das Gespräch in der Küche hatte sie so aufgewühlt, dass sie mein 'Ich muss mit dir über zwei Dinge sprechen' bestimmt vergessen hatte. Ich stellte das Wasser ab und seufzte. Warum hatte ich meinen Eltern nicht abgesagt? Klar, ich freute mich, die beiden zu sehen, aber wie sollte ich Mareike vorstellen? Konnte ich ihnen wirklich sagen, welch große Rolle sie in meinem Leben spielte? Meine Eltern wussten nicht einmal, dass ich auf Frauen stand. Wenn ich ihnen dann noch eröffnete, dass ich mit meiner Lehrerin zusammen war und diese ganze neunzehn Jahre älter war, würden sie wahrscheinlich der Ohnmacht Nahe sein. Was sollte ich also tun? Auch als ich fertig angezogen das Badezimmer verließ, beherrschten die Gedanken meinen Kopf. Im Wohnzimmer waren Stimmen zu vernehmen. Ich schlich zur Tür und blieb im Rahmen stehen. Mareike lag auf der Couch und schaute Fern. Eine Hand ruhte auf ihrem Bauch, der sich gleichmäßig hob und senkte. Da ihr Gesicht dem Bildschirm zugewandt war, konnte ich allerdings nicht sehen, ob sie schlief oder wach war. Ich seufzte und ging auf die Couch zu. Mareike hatte mich anscheinend gehört und drehte in dem Moment den Kopf zu mir. Ertappt blieb ich stehen und sah sie an. Sie richtete sich auf und klopfte auf die Couch. „Komm, setz dich zu mir und erzähl was dich bedrückt. Ich meine mich zu erinnern, dass es da zwei Dinge gab, über die du sprechen wolltest.“ Verdammt, sie hatte es also doch nicht vergessen. Ich ergab mich meinem Schicksal und setzte mich neben sie. Eine Hand legte sich auf meine und hielt sie fest umschlungen. Ihr Blick, der fest auf mich gerichtet war, drückte aufrichtiges Interesse aus. „Meine Eltern wollen mich besuchen kommen.“ -„Das ist doch schön. Oder etwa nicht?“ Ich schüttelte den Kopf, nickte dann aber hastig. „Doch, natürlich ist es das. Wir verstehen uns super. Aber der Zeitpunkt ist nicht so gut.“ Ich sah, wie es hinter ihrem Kopf arbeitete. Ihre Augen weiteten sich plötzlich und starrten mich erschrocken an. „Die beiden kommen heute?“ Ich nickte abermals und vollendete den Satz. „Und bleiben bis morgen.“ „Emma, sag bitte, dass das nicht wahr ist. Verdammt, wie hast du dir das vorgestellt? Hättest du mir das nicht gestern schon sagen können? Ich wäre doch niemals mitgekommen, wenn ich das gewusst hätte.“ Mit jedem Satz steigerte sich ihre Stimme. Ich fühlte mich richtig schlecht und erwiderte nichts. Stattdessen saß ich da und senkte den Kopf etwas. Sie seufzte und hob ihn wieder an. „Tut mir leid. Ich wollte nicht laut werden. Ich werde jetzt gehen. Es erspart uns eine Menge Ärger.“ Mareike ließ von mir ab und erhob sich aus ihrer sitzenden Position. Bevor sie an mir vorbeiging, hielt ich ihr Handgelenk fest umschlossen. „Warte bitte. Ich... möchte dich ihnen vorstellen. Natürlich nur, wenn du es auch willst.“ Sie setzte sich wieder auf ihren Platz und blickte starr geradeaus. „Das ist keine gute Idee Emma. Du solltest alleine mit ihnen reden.“ Ich legte meine Finger auf ihre Wange und drehte ihren Kopf in meine Richtung. „Weißt du was meine Mum mal zu mir sagte? Sie wünscht sich von ganzem Herzen, dass ich glücklich werde und jemanden an meiner Seite habe, der mich liebt. Du bist dieser jemand für mich. Warum sollten sie mir mein Glück verwehren?“ Mareike seufzte und strich über meine Finger, die noch immer auf ihrer Wange ruhten. „Sie hatte mit der Aussage wohl keine alte Frau im Sinn. Also gut, rede mit Ihnen. Ich werde an deiner Seite sein und hoffentlich einen guten ersten Eindruck machen.“ Ich lächelte und drückte sie an mich. „Du bist ganz sicher keine alte Frau. Ich finde dich verdammt sexy. Danke, dass du mir beistehst. Das bedeutet mir wirklich viel.“ Sie erwiderte die Umarmung und​ seufzte schwer. „Gern geschehen und danke für das Kompliment.“... „Wann wollten deine Eltern denn hier sein?“ Ich hielt in meiner Tätigkeit inne und sah auf die Uhr. „Gegen 18 Uhr. Also in knapp drei Stunden.“ Sie lachte auf und stupste an meine Nase. „Danke, ich kann die Uhr bereits lesen.“ Meine Wangen färbten sich rosa, während sie mich angrinste. „Tut mir leid. Ich bin so aufgeregt. Meine Nerven liegen blank.“ Ihr lächeln verschwand automatisch. „Was soll ich denn sagen? Es fällt mir unheimlich schwer, mich auf irgendwas zu konzentrieren. Ich hätte deiner Idee nie zustimmen sollen.“ Ich berührte sanft ihre Schulter und streichelte darüber. „Es tut mir wirklich leid Süße. Wenn wir den Tag hinter uns gebracht haben, hast du einen Wunsch frei. Na wie klingt das?“ -„Wie Musik in meinen Ohren. Ich lasse mir was einfallen.“ Sie verschloss ihre Lippen mit meinen und küsste mich zärtlich. Noch ehe er richtig angefangen hatte, löste Mareike sich von mir. „Beweg deinen süßen Hintern. Wir wollen schließlich noch fertig werden.“ Sie zwinkerte mir zu. Ich hingegen seufzte über das abrupte Ende und schaltete den Staubsauger wieder an... Kapitel 22: 22 -------------- Mareike ----------------- Nach getaner Arbeit fanden wir uns gegen 17 Uhr auf der Couch wieder. Ich hielt Emma fest an mich gedrückt und dachte über den heutigen Tag nach. Die Sache mit dem Sex war also raus. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass Emma so gut darauf reagieren würde. Das sie mich verlassen würde hätte ich sowieso nicht in Betracht gezogen, aber das sie ganz darauf verzichten könnte, auch nicht. Ich hatte bei der ganzen Sache doch ein mulmiges Gefühl. Vielleicht war sie sich ihren Worten in dem Moment nicht bewusst, oder aber sie meinte es wirklich genau so. Ich wusste es nicht und nahm mir vor, nach der Abreise ihrer Eltern, nochmal auf das Thema zurückzukommen. In meiner Ehe wäre das Thema niemals auf den Tisch gekommen. Ich wusste, dass mein Ex-Mann den Geschlechtsverkehr mit mir sehr genoss. Fast täglich war er bereit dazu und ich hatte mich ihm hingegeben. Sicher, es war am Anfang auch für mich sehr schön, aber irgendwann hatte ich keinen Spaß mehr daran gehabt. Gesagt hatte ich ihm dies aber nie. Wenn ich es getan hätte, wäre er vermutlich schon eher fremd gegangen und ich hätte mir all dies ersparen können. Aber ich liebte ihn so sehr, dass ich meine eigenen Wünsche hinten angestellt hatte und einfach den Mund hielt. Dies war auch der Grund, weshalb ich mich von ihm zurückzog, er mich betrog und wir uns schließlich scheiden ließen. Ich wollte nicht, dass mir dasselbe mit Emma passierte. Sie war ein sensibler Mensch und suchte zuerst die Schuld bei sich. Darum habe ich meine Bedenken über Bord geworfen und mich ihr anvertraut. Wir waren erst seit kurzer Zeit zusammen und andere würden mich sicherlich für verrückt erklären, aber ich war mir sehr sicher, dass ich sie liebte. „Mareike? Woran denkst du?“ Ich war so in Gedanken, dass ich ganz vergessen hatte, wo ich mich gerade befand. Ich sah auf und direkt in ihre wunderschönen braunen Augen. „Das ist jetzt nicht der Rede wert Liebste.“ Meine Augen lösten sich von ihr und sahen auf die Uhr, die neben dem Fernseher hing. Halb sechs. Ich seufzte und richtete meinen Blick wieder auf sie. „Deine Eltern kommen gleich. Bitte lass uns ein ander Mal darüber reden.“ Sie nickte und drückte meine Hand. „Das ist okay. Bitte mach dir wegen meiner Eltern nicht so viele Gedanken. Ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache.“ Ich lächelte und wusste, dass es nicht sehr überzeugend aussah. Mein Gefühl sagte mir noch immer etwas anderes. Ich hoffte sehr, dass ich mich irrte und doch alles gut werden würde. Pünktlich um 18 Uhr fuhr ein Auto auf den Hof. Ich blieb wie erstarrt auf der Couch sitzen, während Emma zur Tür eilte. Sie freute sich, das war unschwer zu erkennen, aber eine leichte Nervosität begleitete sie trotz allem. Die vergangenen zwanzig Minuten hatte sie damit verbracht, unruhig auf und ab zu gehen. Erst als ich sie in eine feste Umarmung zog und beruhigende Worte in ihr Ohr flüsterte, löste sich die Anspannung ein wenig. Meine hingegen wuchs von Minute zu Minute. Jetzt, wo es soweit war, schien sie mich regelrecht zu erdrücken. Ich hörte, wie Emma ihre Eltern begrüßte und mit ihnen die Wohnung betrat. „Es ist so schön dich zu sehen, Schatz. Wir haben dich sehr vermisst.“ Eine freundliche Stimme drang an mein Ohr. Das musste ihre Mutter sein. „Ich habe euch auch vermisst, Mama. Wollen wir ins Wohnzimmer gehen? Ich möchte euch gerne jemanden vorstellen.“ Ich erhob mich und wischte meine schweißnassen Hände an der Hose ab. Jetzt war es also so weit. Die drei betraten die Wohnküche und bemerkten meine Anwesenheit. Mit zitternden Beinen ging ich ihnen entgegen und lächelte. Emma erhob zuerst das Wort. „Mama, Papa? Das ist Mareike.“ Gut so. Auf keinen Fall mit der Tür ins Haus fallen. Ich schmunzelte in mich hinein, als mir bewusst wurde, dass ich Selbstgespräche führte. Das war aber auch eine blöde Situation. Ich ermahnte mich zur Besinnung und streckte die Hand aus. „Guten Abend Herr Reuter, Frau Reuter, es freut mich, Sie kennenzulernen.“ Sie nahm meine Hand zuerst und schenkte mir ein Lächeln, welches mich stark an Emmas erinnerte. Sie sah ihr sowieso ziemlich ähnlich. Sie hatte die gleichen kupferfarbenen Haare, die im Gegensatz zu ihren aber schon leicht ergrauten, die selben Gesichtszüge und auch die schönen braunen Augen. „Guten Abend, die Freude ist ganz meinerseits.“ Sie ließ meine Hand los und ich drehte mich zu Emmas Vater. Er wirkte nicht ganz so erfreut wie seine Frau und musterte mich eingehend. Herr Reuter schüchterte mich zudem sehr ein. Er war gute zwei Köpfe größer als ich und hatte nichts mit Emma gemeinsam. Sein Haar war ziemlich dunkel und hatte, zu meiner Verwunderung noch keine grauen Stellen. „Guten Abend, dürfte ich erfahren, in welcher Beziehung Sie zu meiner Tochter stehen? Sie scheinen einige Jahre älter zu sein.“ Kein Händeschütteln oder sonst eine Geste. Er sah mich abwartend an. Was sollte ich denn jetzt sagen? Es war abzusehen, dass diese Frage kommen würde, trotzdem war ich nicht darauf vorbereitet. Ich blickte ihn weiterhin an und eine unangenehme Stille trat ein. „Also...“ Emmas Hand umschloss in diesem Moment meine und ließ mich verstummen. „ Mama, Papa, Mareike ist meine Freundin. Wir sind ein Paar.“ Ich drückte ihre Hand etwas fester und sah zu ihren Eltern. Während ihre Mutter uns überrascht, aber Verständnisvoll musterte, starrte ihr Vater mich schockiert an. „Das soll wohl ein schlechter Scherz sein,“ - „Nein, Bernd. Das ist kein Scherz. Sieh dir die Beiden an. Unsere Tochter ist glücklich. Wir sollten uns für sie freuen.“ Er lachte hysterisch auf und sah nun zu seiner Frau. „Freuen? Ist das dein Ernst Susanne? Die Frau ist viel zu alt für Emma. Wer weiß, was sie für Absichten hegt. Ich fasse es einfach nicht.“ Ohne ein weiteres Wort ging er zur Tür, öffnete diese und ließ sie mit einem lauten Knall hinter sich zufallen. Neben mir regte sich etwas. Emma ließ meine Hand los und starrte an die Stelle, an der ihr Vater vor wenigen Minuten noch gestanden hatte. Ihre Lippen bebten und Tränen traten in ihre Augen. Ich löste mich aus meiner Starre und schloss sie einfach in meine Arme. Es dauerte einige Sekunden, ehe sie die Umarmung erwiderte und anfing zu weinen. So aufgelöst hatte ich sie noch nie erlebt. Es zerriss mir das Herz. Ich drückte ihren zitternden Körper noch etwas fester und streichelte beruhigend ihren Rücken. „Es tut mir so leid Süße. Beruhige dich bitte. Alles wird wieder gut. Gib deinem Vater etwas Zeit.“ Eine Hand legte sich auf meine Schulter und drückte sie leicht. Erst da wurde mir bewusst, dass Frau Reuter auch noch da war. Sie blickte uns besorgt an und schüttelte dann den Kopf. „So kenne ich Bernd gar nicht. Was ist nur in ihn gefahren? Ich werde mit ihm reden.“ Sie ließ mich los und ging zur Tür. Als sie diese schon fast erreicht hatte, fand ich meine Stimme wieder. „Bitte warten Sie. Also... ich würde gerne mit ihm reden.“ Frau Reuter blieb stehen, drehte sich um und sah mich zum zweiten Mal an diesem Abend überrascht an. Nach einigen Sekunden nickte sie schließlich. Ich wandte mich der aufgelösten Emma zu, löste mich ein wenig von ihr und legte meine Hände an ihre Wangen. „Süße? Ich werde jetzt mit deinem Vater sprechen. Es wird alles gut, okay?“ Ich wartete auf eine Bestätigung ihrerseits. Als diese schließlich folgte, legte ich meine Lippen auf ihre. Der Kuss hielt nur kurz, schien sie aber etwas zu beruhigen. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah mich an. „Ich liebe dich so sehr.“ Diese Worte gaben mir in diesem Moment sehr viel Kraft. Ich wusste von vornherein das es nicht einfach werden würde, aber für Emma würde ich all das auf mich nehmen. Tat man das nicht immer, wenn ein Mensch einem so wichtig war? „Und ich dich Liebes. Ich bin bald zurück, ja?“ Sie nickte abermals und schenkte mir ein Lächeln. Kurz darauf spürte ich erneut ihre Lippen auf meinen... Als ich an Frau Reuter vorbeiging, umfasste sie mein Handgelenk und hinderte mich daran, weiterzugehen. „Ich habe euch beide gerade beobachtet. Meine Tochter hat wirklich Glück mit Ihnen. Sie sind eine starke Frau und ich bewundere Sie sehr.“ Ich lächelte und Hitze stieg in meine Wangen. „Vielen Dank, aber das bin ich nicht. Sie können sich nicht vorstellen, wie nervös ich gerade bin.“ - „Doch, ich denke schon. Es tut mir wirklich leid.“ Ich drückte ihre Hand, die noch immer mein Handgelenk umfasste und nickte. „Das ist schon okay.“ Ich wandte mich noch einmal zu Emma und beobachtete sie. Sie hatte sich mittlerweile auf die Couch gesetzt und starrte den Boden an. „Wissen Sie, Emma liebt Sie wirklich sehr und hat sich sehr auf diesen Tag gefreut. Ich würde mir das niemals verzeihen, wenn sie nicht die Chance bekäme mit ihrem Vater zu reden.“ Nun schenkte auch sie mir ein aufrichtiges Lächeln. „Sie sind wirklich etwas ganz besonderes. Reden Sie mit ihm. Ich werde mich um Emma kümmern.“ An der Haustür angekommen, hielt ich noch einmal inne und seufzte tief. Ich hatte schreckliche Angst. Was würde mich gleich erwarten? Wenn ihr Vater mich nicht akzeptieren sollte, müsste ich mich von Emma trennen. Natürlich war es das Letzte, was ich wollte, aber die Familie war das Wichtigste. Ich vermisste meinen Vater noch heute und wusste wie es war, keinen Kontakt mehr zu ihm zu haben. Ich verdränge den Gedanken ganz tief in mir und straffte die Schultern, ehe ich die Tür öffnete und nach draußen ging. Eine große Last fiel von meinen Schultern, als ich den blauen VW Passat in der Einfahrt erblickte. Er war also noch nicht gefahren. Da ich ihn aber auch nicht sehen konnte, ging ich den kleinen Weg zur Straße hinunter. Ich erreichte den Bürgersteig und blickte nach links. Dort saß er, etwas weiter die Straße runter, auf einer Bank und schien nachzudenken. Er blickte starr geradeaus und fixierte einen unbestimmten Punkt auf der anderen Straßenseite. Erst als ich ihn schon fast erreicht hatte, blickte er auf. Seine Augen wurden groß und blickten mich an. Meine Beine waren plötzlich schwer wie Blei und zitterten leicht. Ich redete mir immer wieder ein, dass alles gut werden würde. Wir hatten schließlich schon so viel durchgemacht und bisher hatte das Schicksal es gut mit uns gemeint. Wenn da nicht dieses BISHER wäre, was in meinem Kopf wie ein Sturm wütete. „Darf ich mich zu Ihnen setzen? Ich würde gerne mit Ihnen reden.“ Er zeigte mit der Hand neben sich und nickte. „Bitte, setzen Sie sich doch. Ich bin etwas verwundert, Sie hier draußen anzutreffen.“ Ich ließ mich neben ihm nieder und drehte meinen Kopf in seine Richtung. Er wirkte nicht mehr ganz so wütend. Eher im Gegenteil. Es sah so aus, als bereute er seine Worte. „Ihre Frau wollte mit Ihnen sprechen. Ich war der Meinung, dass ich das übernehmen sollte. Schließlich bin ich der Grund, weshalb Sie gegangen sind.“ Er nickte und sah wieder in die Ferne. „Wissen Sie, ich wollte für meine Tochter immer nur das Beste. Wir hatten damals bemerkt, dass sie unglücklich war. Sie hatte nie Freunde mitgebracht und war immer alleine. Es tat mir unheimlich weh, mein kleines Mädchen so zu sehen. Den Grund dafür sagte sie uns nie. Einen Monat vor den Ferien hatte sie uns plötzlich eröffnet, dass sie die Schule wechseln und in eine eigene Wohnung ziehen wollte. Wir wollten wissen, woher der plötzliche Sinneswandel kam, aber sie schwieg. Naja, sie hatte ihren Kopf dann durchgesetzt und wir mussten akzeptieren, dass unsere Tochter nun erwachsen wurde. Den Dickkopf hat sie übrigens von mir.“ Er lachte, fuhr sich durch die dunklen Haare und legte die Hand auf sein Knie. Sein Gesicht wurde kurz darauf wieder ernster. „Mir fiel es sehr schwer meine kleine Prinzessin gehen zu lassen, aber ich wollte sie glücklich sehen und stimmte schließlich zu. Das wurde sie dann auch. Wir haben ihr bei dem Umzug geholfen und neue Möbel gekauft. Sie war wie ausgewechselt und das freute mich wirklich sehr. Heute wollten wir uns persönlich davon überzeugen, dass alles in Ordnung war. Per Telefon ist das ja immer so eine Sache. Sie scheint noch immer sehr glücklich und jetzt weiß ich auch warum. Sie sind der Grund. Ich weiß, dass ich vorhin etwas überreagiert habe und wollte mich deswegen bei Ihnen entschuldigen. Auch wenn ich immer noch der Meinung bin, dass Sie zu alt für meine Tochter sind, werde ich es akzeptieren. Man kann sich eben nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Entschuldigen Sie, wenn ich einmal anfange zu reden, höre ich so schnell nicht auf.“ Er lachte erneut und hielt mir eine Hand entgegen. „Fangen wir nochmal von vorne an. Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Sie können mich Bernd nennen.“ Ich hatte ihm die ganze Zeit über zugehört und war gerührt von seinen Worten. Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln, umschloss seine Hand mit meiner und schüttelte sie. „Es freut mich ebenfalls Bernd. Ich bin Mareike, aber das weißt du ja schon.“ Ich zwinkerte ihm zu und ließ seine Hand wieder los. Meine eigenen faltete ich und legte sie in den Schoß. „Ich liebe deine Tochter sehr. Niemals würde mir in den Sinn kommen, sie unglücklich zu machen oder etwas gegen ihren Willen zu tun. Ich werde immer für sie da sein und finde es schön, dass du die Beziehung zwischen uns akzeptieren kannst. An dem Altersunterschied und das ich eine Frau bin, kann ich leider nichts ändern.“ Er legte eine Hand auf meine und drückte sie leicht. „Das du eine Frau bist, stört mich und auch Susanne nicht weiter. Wir haben schon geahnt, dass unsere Tochter Frauen bevorzugt. Das ist mir allemal lieber, als wenn sie mit irgendeinem Kerl um die Ecke kommt.“ Er lachte herzhaft und ich stimmte mit ein. Sein Lachen war ansteckend und machte ihn um einiges sympathischer. Er beruhigte sich wieder und wandte sich mir erneut zu. „Zudem hat Emma einen tollen Geschmack. Du bist eine wunderschöne, sympathische Frau.“ Meine Wangen färbten sich augenblicklich dunkelrot. „Danke für das Kompliment. Das sagt Emma auch oft.“ Er stand auf und grinste mich an. „Es stimmt ja auch. Kein Grund, rot zu werden. Wollen wir gehen? Ich muss mich ganz dringend  bei jemandem entschuldigen.“... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)