Ich wünsche mir Glück von -NicoRobin- ================================================================================ Kapitel 10: 10 -------------- Sie unterbrach den Kuss und erhob sich schnell von der Bank. Überraschte Augen blickten zu mir hinunter. „Ich... Ich muss weg. Wir sehen uns morgen in der Schule.“ Sie drehte sich um und wollte gerade gehen, als ich sie ohne zu zögern am Handgelenk packte und wieder zu mir drehte. „Was soll das? Sie können mich doch jetzt nicht hier zurück lassen. Nach allem was passiert ist.“ Natürlich redete ich von dem Kuss. Aber ich war noch zu aufgewühlt und durcheinander um es laut auszusprechen. „Es war ein Fehler. Vergiss einfach, was ich gesagt oder getan habe.“ Sie wirkte unsicher. Aber in dem Moment meinte sie, was sie sagte. Geschockt ließ ich meine Hand sinken und starrte in die Ferne. Ein Fehler? Wie kann etwas so schönes ein Fehler sein? Noch lange saß ich auf der Bank und dachte an den Kuss und unser Gespräch. Meine Lehrerin war nach ihren Worten einfach gegangen und hatte sich nicht einmal umgedreht. Gestern war es Amelia und heute Frau Klein. Warum verletzten mich die Menschen die ich liebte nur immer wieder? Ich verstand es einfach nicht und war der Verzweiflung nahe. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich weinte. Wütend wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, stand auf und ging nach Hause. Dort angekommen schaltete ich die Kaffeemaschine ein und holte mein Handy aus dem Schlafzimmer, wo ich es heute morgen hatte liegen lassen. Zwei ungelesene Whatsapp-Nachrichten zeigte mein Display an. Natürlich von Amelia. Wer sollte mir auch sonst schreiben? Ich seufzte und entsperrte das Display. Irgendwie nervte es mich ein wenig, dass sie mir schon wieder schrieb. Ich hatte doch gesagt, dass ich Zeit brauchte. Was war bitte daran nicht zu verstehen? Naja, ich merkte es ja selbst: Wenn man verliebt ist, macht man komische Dinge. Ich öffnete den Chatverlauf und las die Nachrichten. Die erste Nachricht beinhaltete nur ein simples 'okay'. Das war wohl die Antwort auf meine Aussage, dass es mir nicht gut ginge. Da ich mein Handy während des Spazierganges zuhause gelassen hatte, empfing ich diese natürlich erst jetzt. Die zweite Nachricht kam vor knapp dreißig Minuten: 'Bitte Emma. Ich möchte mit dir reden. Du fehlst mir so schrecklich. Es tut mir so leid.' Irgendwie tat es mir schon etwas weh sie so leiden zu lassen. Es war ja nichts neues das man unüberlegte Dinge sagte, wenn man wütend war. Vielleicht war ich aber auch wirklich naiv. Ich wusste nicht was ich denken sollte. Ich überlegte lange, was ich ihr schreiben sollte aber mir fiel einfach keine passende Antwort darauf ein. Erneut seufzend legte ich das Handy weg und goss mir eine Tasse Kaffee ein. Ich setzte mich zurück an den Tisch, nahm einen vorsichtigen Schluck und genoss die Wärme, die der Kaffee in mir auslöste. Ich nahm erneut das Handy zur Hand und tippte zwei Wörter ein, ehe ich sie abschickte: 'Komm vorbei.' Ich hatte keine Ahnung, ob es richtig war, aber das würde ich ja gleich herausfinden. Keine zwanzig Minuten später klingelte es an der Tür. Ich war überrascht, dass sie so schnell hier war. Sie war bestimmt sofort losgefahren als ich meine Nachricht abgeschickt hatte. Ich ging zur Tür und öffnete diese. Vor mir stand sie und sah mich mit gerötteten Wangen an. Ob es jetzt daran lag, dass sie sich so abgehetzt hatte oder mich sah, konnte ich nicht sagen. „Hallo Amelie. Komm doch bitte rein.“ Um meine Worte zu unterstreichen machte ich einen Schritt nach links, damit sie eintreten konnte. Ich holte zwei Tassen Kaffee aus der Küche und setzte mich mit ihr ins Wohnzimmer. Ich entschied mich für den Sessel, während sie auf dem Zweiersofa platz nahm. „Du wolltest reden? Ich bin ganz Ohr.“ Ich sah ihr mit ausdrucksloser Miene in die Augen. Sie biss sich auf die Unterlippe und starrte den Boden an. „Mach es mir doch bitte nicht so schwer. Ich will nicht, dass du sauer auf mich bist. Ich habe doch nur dich. Es schmerzt so sehr, je länger ich darüber nachdenke. Ich hätte dir nie so etwas an den Kopf werfen sollen. Das machen Freunde einfach nicht. Bitte verzeih mir.“ Mit jedem gesagten Wort klang ihre Stimme trauriger. Nun flossen die Tränen ihre Wange hinab. Ihren Kopf hielt sie aber weiterhin stur nach unten. Wortlos setzte ich mich neben sie auf die Couch und schloss sie in meine Arme. Das aufkommende kribbeln versuchte ich so gut es ging zu unterdrücken. In dem Moment wurde mir aber klar, dass es für sie noch schwieriger sein musste, mir so Nahe zu sein. Ich wollte eine gewisse Distanz aufbauen und zurück auf den Sessel flüchten, aber sie drückte mich nur noch fester an sich. „Lass mich bitte nicht los.“ Ich seufzte und schaffte es nach mehreren versuchen dann doch, mich von ihr zu lösen. Ich packte ihre Schultern und schüttelte sie leicht. „Mensch Amelia, so geht das nicht weiter. Du machst dich nur kaputt, wenn du so krampfhaft meine Nähe suchst. Hör auf damit.“ Meine letzten Worte schrie ich ihr entgegen. Schnell kam das schlechte Gewissen. Ich war ein ruhiger Mensch und wusste selbst nicht, was in mich gefahren war. Auch sie schien geschockt über meine Reaktion und starrte mich mit großen Augen an. Bevor sie etwas erwidern konnte, stand ich auf und flüchtete ins Badezimmer. Ich setzte mich auf den Rand der Badewanne, vergrub den Kopf in meine Hände und atmete hörbar aus. Ein klopfen ließ mich aufsehen. Ohne auf eine Antwort zu warten, trat Amelia ein und setzte sich neben mich. Sie schwieg und starrte einen Punkt an der Wand an. Ehe ich etwas sagen konnte, hob sie ihre Hand und schüttelte den Kopf. „Du hast Recht. So geht das nicht weiter. Ich werde mich wohl zusammen reißen müssen. Auch wenn ich dich am liebsten Küssen möchte. In meinem Kopf herrscht das totale Chaos.“ „Weißt du, mir geht es genauso. Das macht es überhaupt nicht einfacher. Ganz im Gegenteil. Tut mir leid, dass ich dich gerade angeschrien habe. Das wollte ich nicht.“ Nun drehte sie den Kopf und sah mich an. Ich tat es ihr gleich. „Das macht nichts. Habe ich wohl nicht anders verdient. Ich sollte jetzt gehen. Es ist schon dunkel draußen.“ Sie hatte Recht. Also musste es schon ziemlich spät sein. Die neue Woche würde ja morgen auch wieder anfangen. Das heißt früh aufstehen. Ich wollte nicht, dass Amelie so spät noch fuhr. Auch wenn es nur ein paar Kilometer waren. „Du kannst gerne heute Nacht hierbleiben. Ich habe ein großes Bett und noch Platz frei. Natürlich nur zum schlafen.“ Sie schaute mich perplex an. Innerlich haute ich mir die Hand vor die Stirn. Man, diesen Spruch hätte ich mir auch echt klemmen können. Wie doof war ich eigentlich? Bevor ich mich entschuldigen konnte, lachte Amelia auf einmal los. Ich stimmte mit ein, merkte aber, dass sie meine Worte getroffen hatten. Rasch entschuldigte ich mich bei ihr, aber sie winkte ab. „Ist schon okay.“ Für mich war es das zwar nicht, aber ich wollte nicht mehr mit ihr streiten. Wir aßen gemeinsam zu Abend und redeten über Gott und die Welt. Mir fiel auf, dass Amelia sich mir gegenüber reserviert benahm. Als ich sie aber darauf ansprach, meinte sie, es wäre alles in Ordnung. Ich glaubte ihr nicht, sagte aber auch nichts weiter dazu. Wir machten uns fürs Bett fertig und lagen nach einer Weile in meinem Doppelbett. Amelia hatte sich ziemlich weit weg von mir an den Rand gelegt. „Du darfst gerne etwas näher kommen. Ich brauche nicht so viel Platz.“ „Ich habe genug Platz. Alles okay. Gute Nacht.“ Ich wünschte ihr ebenfalls eine gute Nacht, drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Da ich nicht schlafen konnte, weil mich die Sache von heute morgen so beschäftigte, lag ich noch eine Weile wach. Den ganzen Tag über war ich viel zu abgelenkt um über den Kuss nachzudenken. Jetzt wo ich hier im Bett lag, brachen die Erinnerungen über mir ein und stimmten mich traurig. Auf einmal hörte ich, wie meine Freundin neben mir zu weinen begann. Anscheinend glaubte sie, dass ich schon schlafen würde. Ich wollte sie trösten, hielt mich aber zurück. Am nächsten Morgen spürte ich etwas warmes an meinem Körper. Ich öffnete die Augen und musste lächeln. Amelia hatte sich in der Nacht an mich gekuschelt und ein Bein über meine Hüfte gelegt. Ich schaute neben mir auf den Wecker und stellte fest, dass es bereits sechs Uhr war. Für manche vielleicht noch früh, aber ich brauchte morgens etwas länger. Ich beugte mich näher zu der schlafenden Person neben mir, legte eine Hand auf ihre Wange und streichelte über die weiche Haut. Ein kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. „Amelia, aufstehen. Wir müssen bald zur Schule.“ Sie öffnete die Augen und sah mich an. Verlangen war in ihnen zu erkennen. Als ihr bewusst wurde, wie nah sie mir war, rückte sie eilig ein Stück von mir weg. Mit hochrotem Kopf sah sie auf ihre Bettdecke. „Tut mir leid,“ war das einzige was sie herausbrachte. „Schon in Ordnung.“ Ich schälte mich aus der Decke, stand auf und streckte mich einmal. Ich merkte, dass Amelia mich beobachtete, sagte aber nichts dazu. „Möchtest du einen Kaffee und Toast zum Frühstück?“ Sie nickte und stand ebenfalls auf. „Okay, ich bereite schonmal alles vor. Du kannst ja schon ins Bad gehen und dich fertig machen. Klamotten sind in meinem Kleiderschrank. Bedien dich ruhig.“ „Dankeschön. Das ist echt lieb von dir.“ Ich lächelte sie an und verschwand aus dem Zimmer, um das Frühstück vorzubereiten. ____________________ Amelia Gestern Abend war es alles andere als leicht gewesen, mit ihr in einem Bett zu liegen. Es erinnerte mich schmerzlichst an Freitagnacht. Die Nacht, in der ich mich noch mehr in sie verliebt hatte. In der wir uns geküsst hatten und in der ich mit ihr geschlafen hatte. Nun lag ich hier mit ihr und durfte sie nicht berühren. Sie liebte eine andere und das machte mich fertig. Es war wirklich nicht klug von mir gewesen, die Nacht hier zu verbringen. Als ich mir sicher war, dass Emma schlief, begann ich zu weinen. Das passierte im Moment viel zu oft. Es tat einfach so weh unglücklich verliebt zu sein. Irgendwann siegte die Müdigkeit und ich fiel in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten Morgen nahm ich eine Berührung wahr. Zudem erfüllte mich Wärme durch den anderen Körper der ganz dicht neben mir lag. Ich wusste, dass ich mich gerne an die Personen, die mit mir in einem Bett schliefen, ankuschelte. Das war unter anderem ein Grund, weshalb ich ihr Angebot hier zu übernachten erst ablehnen wollte. Doch dann kam mir der Gedanke, dass ich ihr dadurch insgeheim näher kommen konnte. Mir war keineswegs entgangen, dass sie ebenfalls Gefühle für mich hegte. Das sah ich immer wieder an ihren Blicken und Gesten. Aber leider waren die Gefühle für unsere Lehrerin größer. Es wäre leichter gewesen, wenn sie nichts für mich empfinden würde, aber das war leider nicht der Fall. Ich konzentrierte mich wieder auf ihre Berührung und blendete die Gedanken aus. Ich wünschte mir so sehr, sie jetzt in meine Arme zu nehmen, zu küssen, zu streicheln, über ihre nackte Haut zu fahren und... In diesem Moment erzählte sie irgendwas von Schule und der Zauber war gebrochen. Ich öffnete die Augen und wurde, angesichts meiner Gedanken rot wie eine Tomate. Eilig rückte ich ein Stück von ihr weg und sah zur Bettdecke. Wenn ich hier so nah bei ihr liegen blieb, würde genau das passieren, was ich mir soeben ausgemalt hatte. Das Leben war einfach nicht fair. Amelia Ende ____________________ Gerade als der Kaffee durchgelaufen war, kam Amelia in die Küche. Sie trug eine weiße Bluse und eine blaue Jeans. Die Bluse war etwas zu groß und die Jeans musste sie zweimal umkrempeln, aber trotzdem standen sie ihr sehr gut. Meine Freundin reckte die Nase in die Luft und setzte sich an den gedeckten Tisch. „Hier duftet es herrlich. Ich habe einen Bärenhunger.“ Sie grinste mich an. Ich musste lachen und holte zwei Tassen aus dem Schrank. Erst als ich mich mit den Tassen beladen an den Tisch setzte, merkte ich, dass ich meine Schlafsachen noch anhatte. Es war mir ein wenig peinlich. Denn diese bestanden nur aus einer Hotpants und einem Top. „Ich gehe mich erstmal anziehen. Du kannst gerne schon anfangen, bevor alles kalt wird.“ Sie nickte und nahm sich einen Toast. Ich stand wieder auf und ging ins Badezimmer. Amelias Blicke waren mir dabei nicht entgangen. Als wir in der Schule ankamen, hatten wir noch ein paar Minuten, ehe der Unterricht anfangen würde. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass jeder mit seinem Auto zur Schule fahren würde. Amelia wollte nach dem Schultag nämlich wieder nach Hause. Sie hatte wohl noch irgendwas vor. Dies meinte sie auf jeden Fall, als ich sie fragte. Ob es nun stimmte, wusste ich nicht. Vielleicht brauchte sie auch nur etwas Abstand. Auf die Sache mit dem weinen gestern Abend hatte ich sie bisher auch nicht angesprochen. Ich war mir unsicher, ob ich es tun sollte. Wenn sie reden wollte, würde sie schon auf mich zukommen. Ich wusste ja, was der Grund für ihr Verhalten war. Wir gingen die Stufen zu unserem Klassenraum hinauf. Wir hatten jetzt Mathe bei Frau Klein. Ich freute mich schon, sie wiederzusehen. Andererseits war mir auch etwas mulmig zumute. Würde sie mit mir über den Kuss von gestern morgen sprechen? Sie war so schnell weg gewesen, dass ich immer noch nicht wusste, woran ich eigentlich bei ihr war. Hatte sie ebenfalls Gefühle für mich? Schließlich hatte sie den Kuss ja auch erwidert. Oder war das nur eine unüberlegte Situation gewesen? Ich wusste es nicht. Wollte es aber gern. Amelia redete die ganze Zeit kein Wort mit mir. Zumindest glaubte ich das. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nichts mehr um mich herum wahrnahm. Als wir an unserem Klassenzimmer ankamen, klingelte es bereits zur ersten Stunde. Meine Mitschüler standen schon vollzählig vor dem Raum und warteten auf unsere Lehrerin. Als wir uns dazu stellten, kam auch schon Frau Klein um die Ecke gebogen. Unter ihrem Arm einen großen Stapel Blätter. Na super. Da hatten wir ja wieder ordentlich zu tun. Sie schloss die Tür auf und ging hinein. Wir folgten ihr und setzten uns auf unsere jeweiligen Plätze. Einen Moment wurde noch getuschelt, doch sobald Frau Klein alles sortiert hatte und uns einen guten Morgen wünschte, verstummten die Geräusche. Unsere Klasse war nicht sehr groß. Sie bestand aus lediglich 19 Mitschülern. Mich eingeschlossen. Bis auf wenige Ausnahmen hatte ich es gar nicht so schlecht erwischt. Keine Störenfriede, die irgendwas blödes taten oder den Unterricht störten, waren vertreten. So konnte man sich wenigstens auf den Stoff konzentrieren. Wäre da nicht die überaus hinreißende Lehrerin, in die ich so verliebt war. Ich seufzte und konzentrierte mich wieder auf das geschehen vor mir. Besagte Lehrerin nahm soeben einen Stapel Zettel und reichte ihn mir. „Nehmt euch bitte einen Zettel und gebt den Stapel weiter. Wir hatten ja bereits vor den Sommerferien darüber gesprochen, wegzufahren. Ich habe mich letzte Woche hingesetzt und ein wenig rumtelefoniert. Da ihr unbedingt nach Berlin fahren wolltet, werden wir das tun. In 2 Wochen geht es los.“ Meine Mitschüler jubelten, wohingegen ich entgeistert zu Amelia hinüber sah. Warum hatte sie mir nichts davon erzählt? Sie beugte sich zu mir und flüsterte ein 'sorry' in mein Ohr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)