Die Motus von Futuhiro (Magister Magicae 5) ================================================================================ Kapitel 1: Alltag ----------------- Victor klingelte und verschränkte dann die Hände hinter dem Gesäß, als er wartete. Es dauerte auch gar nicht lange, bis ihm jemand die Tür öffnete. Ein älterer Herr mit rosigen Wangen und hellen, wachen Augen erschien darin. Er sah trotz seines Alters wie das blühende Leben aus. Ein Beweis dafür, daß er sich erst jüngst an den Ängsten von Menschen gelabt und gütlich getan hatte. Der Mann war ein Nachtmahr und lebte, soviel Victor in Erfahrung gebracht hatte, mit seiner Familie hier. Nachtmahre waren eigentlich Einzelgänger. Sie schlossen sich selten zu Familien oder anderen Gruppierungen zusammen. Einzig und allein vorübergehend, um Nachwuchs zu fabrizieren. War die Brut aus dem Gröbsten raus, gingen sie alle miteinander wieder getrennte Wege. „Hallo? Wie kann ich Ihnen helfen?“, wollte der Mann freundlich wissen. „Sie sind der, der 'Würger' genannt wird?“, verlangte Victor, ohne sich vorzustellen, kühl zu wissen. Nur zur Sicherheit. Er erkannte den Kerl ja bereits von dem Foto wieder, das er von seinem Auftraggeber bekommen hatte. „Ja.“, bestätigte der Mann etwas verwirrt. Er glaubte nicht, den Jungen mit den schulterlangen, schwarzen Haaren schonmal gesehen zu haben, und hatte auch spontan keine Idee, mit welchem Anliegen der hergekommen sein könnte. Victor zog die Pistole hinter seinem Rücken hervor, legte den Nachtmahr mit einem präzisen Kopfschuss um und trat in die Wohnung ein. Im Flur kam ihm ein großer, kläffender Schäferhund entgegen, den erschoss Victor auch. Seine Waffe hatte einen Schalldämpfer. Er musste sich um die anderen Mieter dieses Hauses so schnell keine Sorgen machen. Er ging weiter ins Wohnzimmer, fand dort die Frau des Nachtmahrs und verpasste auch ihr ohne viel Federlesen einen Kopfschuss, ehe sie verstand was geschah. Eine Tür ging auf und ein kleiner Junge kam mit großen, fragenden Augen aus seinem Kinderzimmer, um zu sehen, was los war. Victor erschoss ihn. Seine Schritte führten ihn in das Kinderzimmer hinein, wo er auch die Schwester des Jungen noch aufspürte und gleichfalls ermordete. Emotionslos. Ohne langes Gefackel. Ein Akt von kaum 30 Sekunden und vier Genii und ein Hund waren Geschichte. Victor hatte von jedem einzelnen den Namen gewusst, das Alter, den Lebenslauf, alles, bevor er ihn kalt gemacht hatte. Dumm gelaufen, daß diese Wesen ausgerechnet Nachtmahre hatten sein müssen. Zu gefährlich für die Menschen. Deshalb wurden sie beseitigt. Victor lud als erstes die Waffe neu durch, für den Fall, daß er sie schnell wieder brauchte, und ließ sie dann unter seiner Jeansjacke verschwinden. Als nächstes trat er an das Bücherregal und schaute nach einem bestimmten Buch, das er seinem Boss mitzubringen hatte. Es sollte sich im Besitz dieser Nachtmahr-Familie befinden. Er wurde auch erstaunlich schnell fündig. Dafür, daß das Ding so wertvoll und gefährlich sein sollte, waren keine großen Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Wahrscheinlich hatten die Nachtmahre gar nicht gewusst, was für ein Buch das war. Wahrscheinlich hatten sie diese uralte Sprache nichtmal lesen können, in der das Buch verfasst war. Der Würger hatte es mal als Andenken aus einer aufgegebenen, aufgebrochenen, verwüsteten Wohnung mitgehen lassen, weil der Einband so schön antik und zerfleddert und die fransigen, ungeschnittenen Seiten so schön vergilbt und handgeschrieben ausgesehen hatten. Schulterzuckend steckte Victor das kleine, dünne Büchlein mit dem biegsamen Leineneinband ein, schob im Flur die Leiche des alten Herrn aus dem Weg, die die Wohnungstür blockierte, zog die Tür im Gehen wieder hinter sich zu, und spazierte ohne Hast von dannen. Er sah auf die Armbanduhr. Gut, er lag tadellos im Zeitplan. Er hatte damit gerechnet, die Wohnung der Familie umfassender auf den Kopf stellen zu müssen, um das Buch zu finden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)