Sklave der Wüste von mrs_ianto ================================================================================ Kapitel 72: Familienzuwachs --------------------------- Hallo zusammen, es geht endlich weiter und es wird aufgelöst, wen oder was Atemu da in der Box gefunden hat. Ich muss gestehen, dass sich meine Muse mit dem Kapitel sehr schwer getan hat. Darum hat es so lange gedauert, bis es fertig war. So, jetzt aber genug geschwafelt, ihr wollt ja schliesslich wissen, wie es weitergeht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------   Familienzuwachs   Ohne auf Yugi und Sugoroku zu warten, öffnet Atemu die Boxentür und geht langsam in die Box. Beruhigend krault er Blacky und schiebt ihn von dem Schatten weg, ehe er sich ins Stroh kniet und die Hand ausstreckt. Nur am Rande nimmt er die leise gesprochenen Worte von Sugoroku wahr, der zu Yugi sagt, dass er Blacky festhalten soll, während er vorsichtig die offenbar bewusstlose Person im Stroh auf den Rücken dreht. Scharf zieht er die Luft ein, als er den Bewusstlosen erkennt. »Nino!«, ruft er geschockt aus, als er in das blasse Gesicht sieht. Mühsam hatte sich Sugoroku neben Atemu ins Stroh sinken lassen und runzelt die Stirn. »Nino? Ist das nicht der Name von Bakuras Sklaven?« Möchte er wissen, während er ihm die Hand auf die Stirn legt. »Er schwitzt trotz der Kälte und die Haut ist eiskalt. Er muss sofort ins Haus«, stellt er voller Sorge fest und steht wieder auf. »Atemu, heb ihn hoch und trage ihn ins Wohnzimmer.«   Ernst nickt Atemu. »Ja, das ist Bakuras Sklave«, bestätigt er leise und hebt Nino nun vorsichtig hoch. «Gehen wir rein, bevor er in dieser dünnen Tunika noch richtig erfriert.« Noch immer geschockt verlässt er, gefolgt von Sugoroku, die Box, die Yugi dann hinter ihnen sorgfältig verschliesst. So schnell wie möglich eilen sie über den schneebedeckten Hof zur Hintertür, die Sugoroku aufhält, damit Atemu ohne Probleme durchgehen kann. »Wäre die Küche nicht besser?«, fragt Yugi mit einem Blick auf Nino. »Nein, er darf nicht zu schnell wieder warm werden. Sonst fliesst das kalte Blut in zu grosser Menge wieder zum Herzen und den anderen Organen. Daran könnte er sterben. Darum hoch ins Wohnzimmer, in eine Decke einwickeln und dann den Kamin anfeuern, damit sich der Raum langsam erwärmt«, erklärt Sugoroku ernst. Unterdessen ist Atemu schon weitergegangen und geht die Treppe nach oben. »Du bist so erschreckend leicht«, murmelt er leise, als er Nino auf das Sofa sinken lässt und ihn in die kuschelige Wolldecke einwickelt. Erst danach sieht er zum Kamin, wo sein Sharik schon dabei ist, das Feuer wieder anzufachen. »Er ist nicht weggerannt. Sonst würde er das Halsband nicht mehr tragen.« Leise tritt Yugi auf Atemu zu und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Aber was macht er dann hier? Ich meine, es ist eiskalt draussen und auch im Stall ist es nicht viel wärmer. Dazu trägt er nur die dünne Sklaventunika.« Leer schluckend, wendet Atemu seine Aufmerksamkeit wieder Nino zu. »Vermutlich hat Bakura ihn verstossen. Was jetzt einem Todesurteil gleichkommt.« Geschockt starrt Yugi seinen Liebsten an. »Was? Aber wieso denn? Ich meine, wenn er ihn nicht mehr will, dann kann er ihn doch verkaufen.« Als Atemu das hört, lacht er bitter auf. »Sharik, sieh ihn dir an. Er schwitzt, obwohl er unterkühlt ist. Er leidet an einem Sulaveentzug. In dem Zustand wird ihn kein Händler kaufen. Im Gegenteil, wenn sie ihn übernehmen, dann nur gegen Bezahlung durch Bakura. Das ein kranker Sklave verstossen wird, ist leider keine Seltenheit.« »Dann sollten wir schauen, dass der Junge wieder gesund wird und ich werde morgen zu Bakura gehen und ihm ein Angebot machen.« Erstaunte Blicke treffen ihn aus zwei Augenpaaren. »Seht mich nicht so an. Offensichtlich ist er beim Ledergerber nicht mehr willkommen und ein weiteres Maul kriegen wir sicher gestopft.« Hin und her gerissen beisst sich Atemu auf die Lippen. »Es wird nicht leicht werden. Salave ist nicht günstig und so ein kalter Entzug wird uns alle belasten. Darüber müsst ihr euch im Klaren sein.« »Egal. Grossvater hat recht. Nino kann nicht zu Bakura zurück und draussen würde er innerhalb kürzester Zeit erfrieren. Was ist übrigens mit dir los? Du bist doch sonst so hilfsbereit.« Stirnrunzelnd sieht Yugi seinen Liebsten verwirrt an, der den Blick senkt und sich auf die Lippen beisst. »Es ist nichts. Ich wollte es nur gesagt haben. Dann werde ich in der nächsten Zeit wieder zu Yami, bis Ninos Schicksal entschieden ist.« Widerwillig gesteht er sich ein, dass sein Sharik recht hat. Er will Nino nicht hier haben. Einen Moment lang schliesst er die Augen, ehe er zu Grossvater sieht. »Geht schlafen. Ich kümmere mich um Nino. Ich nehme an, dass du heisses Wasser aufgesetzt hast?« »Ja, der Krug steht auf dem Herd, falls du ihm Tee geben willst. Mehr wird er momentan kaum vertragen, wenn er denn aufwacht.« Mit einem wissenden Blick legt Sugoroku lächelnd die Hand auf Atemus Oberarm. »Ich werde schauen, dass ich morgen alles geklärt kriege, damit du dich nicht zu lange verstellen musst.« Erst als sein Enkel nickt, zieht er die Hand zurück. »Yugi, er hat recht. Wir sollten schlafen gehen und wenn was ist, dann wird Atemu uns schon wecken«, sagt er mit einem leichten Lächeln. »Ich vertraue darauf, mein Junge und keine falsche Scheu, mich zu wecken, wenn es Probleme gibt. Verstanden?« Atemu nickt und schiebt die beiden nun resolut aus dem Wohnzimmer. »Los, ab ins Bett ihr beiden. Ich habe ja schon geschlafen.« Yugi will protestieren, als er aber das entschlossene Gesicht seines Liebsten sieht, verkneift er sich die Worte. Stattdessen legt er ihm die Hand in den Nacken und zieht ihn zu einem Kuss an sich ran. »Schlaf gut und wenn was ist, dann komme uns wecken, Liebster«, raunt er an dessen Lippen, ehe er sich widerwillig umdreht und in Richtung Schlafzimmer davongeht. »Trotzdem eine gute Nacht, mein Junge.« Mit einem besorgten Blick sieht Sugoroku noch einmal zum Sofa, ehe auch er sich umdreht und zu seinem Zimmer geht.   Erst als die beiden aus seinem Sichtfeld verschwunden sind, geht Atemu runter in die Küche und bereitet einen frischen Kräutertee zu, der nach seiner Erfahrung Nino wenigstens ein wenig helfen wird. In weiser Voraussicht nimmt er auch noch den Putzeimer mit, als er mit dem Teekrug und zwei Tassen wieder nach oben ins Wohnzimmer geht. Nachdem er den Eimer neben das Sofa gestellt und den Krug und die Tassen auf dem Tisch platziert hat, legt er noch einmal Holz nach und setzt sich dann auf die Kante des Sofas. Vorsichtig, um Nino nicht zu wecken oder zu erschrecken, legt er ihm die Hand auf die Stirn und bemerkt erleichtert, dass sich die Haut schon nicht mehr ganz so kalt anfühlt, wie noch zuvor. »Das wird schon wieder, Nino«, murmelt er leise und zieht die Hand zurück. Er will gerade aufstehen, als sich die Augen flatternd öffnen und ihn erst verwirrt und dann erschrocken ansehen. Als Nino sich ruckartig aufsetzen will, drückt ihn Atemu sanft wieder zurück in die Kissen. »Bleib liegen. Keine Angst, du bist hier in Sicherheit.« Obwohl ihm nicht danach zumute ist, lächelt er warm, um Sicherheit zu vermitteln. Es scheint zu wirken, denn Nino wehrt sich nicht mehr gegen den Griff, sondern legt sich zögernd bequemer hin. Dennoch beobachtet er misstrauisch, wie zwei Tassen mit Tee gefüllt werden. »Du … bist Yami?« Bei der Frage beisst sich Atemu kurz auf die Lippen. »Ja, ich bin Yami«, bestätigt er leise und hält Nino nun eine der Teetassen hin. »Kannst du allein trinken?« Langsam streckt Nino die Hände nach der Tasse aus, aber sie zittern so stark, dass der Tee überzuschwappen droht, als er sie umfasst. Sofort festigt Atemu den Griff und nimmt Nino die Tasse wieder aus der Hand. »Ich helfe dir. Sonst verteilen wir den Tee nur auf dem Boden«, sagt er bewusst sanft und hilft Nino nun, sich aufzurichten. Er setzt sich so ihn, dass er ihn stützen kann, während er ihm die Tasse an die Lippen hält. »Vorsicht, der Tee ist heiss«, warnt er ihn noch vor als Nino gierig trinken möchte. Sofort wird der Jüngere vorsichtiger und beginnt nur mit kleinen Schlucken zu trinken, obwohl er am Verdursten ist. Erst als die Tasse leer ist, lehnt sich Nino erschöpft zurück. »Warum?«, fragt er leise, während er sich zitternd in die Decke einkuschelt. »Was meinst du mit warum?«, fragt Atemu zurück und stellt die Tasse auf den niedrigen Sofatisch. »Warum bist du so freundlich? Und darf ich überhaupt hier sein? Haben deine Besitzer das erlaubt, dass du dich um mich kümmerst?« Ninos Worte werden immer undeutlicher, als er langsam in den Schlaf abdriftet. Obwohl Atemu das bemerkt, lächelt er leicht. »Du brauchts Hilfe und ja, Grossvater und Yugi haben es nicht nur erlaubt, sondern sie bestehen sogar darauf, dass du hier bleibst«, antwortet er mit leisen Worten. »Und jetzt schlaf, solange du es kannst.« Das meiste hat Nino vermutlich gar nicht mehr gehört, ist er doch schon kurz nach seiner Frage eingeschlafen. Mit einem tiefen Seufzen setzt sich Atemu mit seinem Tee in den Sessel und macht es sich gemütlich.   Er ist wohl eingedöst, als er ein leises Stöhnen hört und die Augen öffnet. Schlagartig hellwach springt Atemu auf und beugt Nino über den Eimer, als dieser sich auch schon krampfend übergibt. Obwohl sein Magen offensichtlich leer ist, würgt er immer wieder und spuckt Galle und Magensäure in den Eimer, bis er sich schliesslich schwer atmend etwas aufrichtet und sich dann mit Atemus Hilfe wieder hinlegt. »Tut mir leid«, murmelt er kraftlos und mit geschlossenen Augen. Den Eimer zur Seite stellend, schüttelt Atemu den Kopf. »Du musst dich nicht entschuldigen. Du bist erstens immer noch unterkühlt und zweitens leidest du an Entzugserscheinungen. Wie lange hast du schon kein Sulave oder Salave mehr bekommen?« Fürsorglich deckt er Nino wieder zu, der beschämt den Kopf zur Seite dreht. »Vor fünf Tagen, war ich … bei einer Sklavenparty, da hat mir mein Meister Sulave gespritzt. Normalerweise … geht es mir dann nur einen … oder zwei Tage lang schlecht, aber diesmal wollte … es nicht aufhören. Er hat mich … davongejagt und da ich gehört habe, dass die Mutos Sklaven gut behandeln, bin ich … hierher gekommen. Aber ich habe es dann nicht gewagt zu klopfen, weil … ich bin doch nur ein Sklave und es war schon spät … und darum habe ich mich in die Box gelegt.« Nur stockend kann Nino sprechen und fängt dann an zu schluchzen. Als er plötzlich starke Arme um sich spürt, verspannt er sich. Doch dann merkt er, dass es nur Trost ist, der ihm angeboten wird. So lässt er sich fallen und lehnt sich an die starke Brust. Immer wieder wird er von Schluchzern durchgeschüttelt, während er seine Hände in den Stoff krallt und das Gesicht in dem Oberteil vergräbt.   Trotz seines Widerwillens wegen des engen Körperkontaktes, hält Atemu Nino fest mit den Armen umschlungen. Dabei wiegt er ihn wie ein Kind leicht hin und her. Bewusst sagt er nichts. Hat er doch am eigenen Leib erfahren, dass stummer Trost in solchen Momenten viel besser ist, als Worte. Geduldig wartet er ab, bis sich der Jüngere wieder beruhigt hat und sich von selbst von ihm löst. »Du bist hier sicher. Grossvater und Yugi werden dir helfen. Nun versuch wieder zu schlafen und wenn es dein Magen dann am Morgen mitmacht, kannst du etwas Brot oder so essen.« »Du nennst einen deiner Meister Grossvater? Ist er darüber nicht böse?«, fragt Nino verunsichert nach, als er sich langsam wieder richtig hinlegt und die Decke bis zum Kinn hochzieht.« »Er hat es mir sogar angeboten und jetzt versuche wieder zu schlafen. Dein Körper braucht die Ruhe, damit er gesund werden kann.« Er will schon aufstehen, als eine kalte und zugleich schweissnasse Hand seinen Arm umfasst. »Bitte bleib.« Mit einem flehenden Blick sieht Nino ihn an. Lächelnd streicht Atemu nun sanft mit den Fingerspitzen über dessen Stirn. »Keine Sorge, ich setze mich nur wieder in den Sessel. Ich gehe nicht weg.« Vorsichtig löst er sich aus dessen Griff und setzt sich wieder auf seinen vorherigen Platz. »Wenn die Sonne aufgegangen ist, werde ich in den Stall müssen, um die Pferde zu versorgen, aber bis dahin werde ich hier bleiben.« Nino nickt zögernd. Obwohl es im Raum warm ist, zittert er vor Kälte und zieht sich die Decke noch enger um die Schultern.   Müde schliesst Atemu wieder die Augen, als er bemerkt, dass Nino wieder eingeschlafen ist. Er weiss nicht, wie lange er gedöst hat, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. Leicht zusammenzuckend öffnet er die Augen und sieht ihn Sugorokus lächelndes Gesicht. »Ich übernehme jetzt. Der Kleine hat Fieber, ich passe auf ihn auf, bis du wieder da bist.« Als er den besorgten Blick seines Enkels sieht, der zum Sofa wandert, drückt er die Schulter noch ein bisschen fester. »Keine Sorge, er schläft tief und fest und das ist auch gut so. So bemerkt er den Entzug nicht so stark und sein Körper kann sich besser erholen.« Zwar immer noch besorgt, aber doch erleichtert, nickt Atemu. »Gut. Er wird ein paar Wochen schwer zu kämpfen haben. Er scheint Sulave ja wirklich regelmässig bekommen zu haben.« Langsam steht er auf und streckt den Rücken durch. «Dann gehe ich schnell zu den Pferden. Soll ich nachher noch das Frühstück machen?« Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf. »Danke, aber das ist nicht nötig. Yugi kann sich darum kümmern. Er sollte ja auch gleich aufstehen.« »Gut. Danke, Grossvater.« Kurz zieht Atemu den alten Mann in eine lockere Umarmung, ehe er aus dem Wohnzimmer eilt. Als er weg ist, geht Sugoroku zum Kamin und legt noch einmal Holz nach. Nachdenklich blickt er in die Flammen, als er vom Sofa ein Geräusch hört. Langsam dreht er sich um und lächelt beruhigend, als er das verschreckte Gesicht von Nino sieht. »Guten Morgen, Junge. Keine Angst, ich tue dir nichts.« Bewusst ruhig spricht er die Worte aus und setzt sich auf den Sessel. »Ich heisse Sugoroku. Und du bist Nino. Richtig?« Geduldig wartet er darauf, dass der Junge sich entspannt und zögernd nickt. »Wie lange warst du gestern im Stall? Du warst eiskalt, als wir dich gefunden haben.« Unsicher beisst sich Nino auf die Lippen und verkriecht sich zitternd mehr unter der Decke. »Ich weiss nicht. Meister Bakura hat mich nach Sonnenuntergang aus dem Haus gejagt, nachdem er mit einem neuen Sklaven wiedergekommen ist.« Er spricht so leise, dass er kaum zu verstehen ist. »Irgendwann habe ich den Weg hierher gefunden und mich in der Box versteckt. Ich habe gehört, dass Sie gut zu Sklaven sind.« Mit jedem Wort verkriecht sich Nino noch weiter unter der Decke.   Ruhig hatte Sugoroku zugehört und atmet nun tief durch. »Verstehe. Möchtest du denn hier bleiben, wenn du wieder gesund bist?«, fragt er mit möglichst sanfter Stimme. Als er sieht, wie sich die schwarzen Haare, die er als einziges noch sehen kann, bewegen und er so ein Nicken erahnt, reibt er sich nachdenklich das Kinn. »Gut, das sollte möglich sein. Ich mache mich nach dem Frühstück den Weg zum Ledergerber und rede mit ihm. Da er dich ja offensichtlich loswerden wollte, sollte es ja kein Problem sein, dass er dich uns überlässt.« Ungläubig, dass er nicht gleich wieder aus dem Haus geworfen wird, wagt es Nino ein wenig unter Decke hervorzukommen. »Ihr werft mich nicht raus?« Voller Angst wagt er es mit gesenktem Blick zu Sugoroku zu blicken. »Ja, du darfst bleiben. Wir werden zwar etwas zusammenrücken müssen, aber das geht schon.« Langsam beugt er sich vor und legt die Hand auf Ninos Stirn. «Du hast Fieber. Vermutlich hast du dir gestern in der Kälte was eingefangen. Ich mache dir noch einen Tee und eine einfache Brotsuppe.« Natürlich hat er bemerkt, dass der Junge leicht zusammengezuckt ist, als er ihn berührt hat. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, zieht er die Hand zurück und steht auf. »Ich bin gleich wieder da.« Unter den aufmerksamen Blicken Ninos verlässt er das Wohnzimmer und geht nach unten in die Küche, wo Yugi schon den Tisch deckt. Dieser blickt sofort hoch und mustert Sugoroku aufmerksam. »Guten Morgen, Grossvater. Wie geht es Nino?« »Er hat sich wohl etwas eingefangen, wenn das Fieber nicht vom Entzug kommt. Psychisch ist er wohl besser dran, als Atemu damals, aber er wird trotzdem Zeit brauchen, bis er sich erholt hat.« Ernst nickt Yugi und beobachtet seinen Grossvater, wie dieser einen grossen Topf auf den Herd stellt und die Zutaten für eine Brotsuppe aus dem Vorratsraum holt. »Warum hast du ihn allein gelassen? Sollte nicht immer jemand bei ihm sein?« Tief seufzt Sugoroku auf. »Eigentlich schon, aber ich hatte das Gefühl, dass er sich wohler fühlen würde, wenn ich ihn allein lasse.« Leicht runzelt Yugi die Stirn. »Willst du heute wirklich zum Ledergerber gehen. Ich meine, es schneit wie verrückt und morgen ist doch auch noch Zeit dafür.« »Nicht wirklich. Bakura hat Nino zwar aus dem Haus gejagt, aber wenn er nun zu den Behörden geht, dann kann er ihn als entlaufen melden und dann wird Nino zum Freiwild und kann froh sein, wenn sie ihn nicht direkt umbringen, sondern zu Bakura zurückbringen und auch das wäre über kurz oder lang sein Todesurteil.« Beantwortet Atemu die Frage, als er die Küche betritt. »Im Prinzip geht es nun darum, dass wir schneller sind, als Bakura und er kann erst morgen zu den Behörden gehen.« Yugi starrt seinen Liebsten ungläubig an. »Aber warum sollte er das tun? Er hat Nino doch in die Kälte gejagt, damit dieser erfriert.« Bitter lacht Atemu auf. »Wenn Nino getötet oder tot aufgefunden wird, dann bekommt Bakura eine Entschädigung für den Verlust seines Sklaven.« Sprachlos lässt sich Yugi auf seinen Stuhl sinken. »Das ist einfach unglaublich. Wie kann man nur so skrupellos sein«, murmelt er vor sich hin. »Du glaubst nicht, wie viele so sind, wenn ihre Sklaven nicht mehr an einen Händler verkäuflich sind, sie die aber loswerden wollen und immerhin beträgt die Entschädigung fünf Silbermünzen.« Mit grossen Augen sieht Yugi seinen Liebsten an und schüttelt dann den Kopf. »Unglaublich. Aber gut, dann begleite Grossvater bitte zu Bakura. Ich will ihn nicht allein losziehen lassen.« Leicht legt Atemu nun die Hand auf die Schulter seines Shariks. »Ich hatte nichts anderes vor. Also mach dir keine Sorgen.«   Leise schnaubt Sugoroku auf. »Aber dann wirst du ab und zu nach Nino schauen müssen, bis wir wieder da sind.« Er nimmt den Teekrug vom Herd und füllt alle Tassen auf. »Jetzt wird aber erst einmal gefrühstückt.« Streng sieht er seine beiden Enkel an, die sich ansehen und dann synchron nicken. «Ja, Grossvater«, erwidern sich gleichzeitig. Nachdem sich alle hingesetzt haben, beginnen sie hungrig zu essen und Atemu gönnt sich gleich zwei Tassen heissen Tee, um sich nach seiner Arbeit um Stall wieder ein wenig aufzuwärmen. »Wann willst du denn los?« Möchte Yugi zwischen zwei Brötchen wissen, während er nach der Marmelade greift. »Ich gehe los, sobald die Suppe fertig ist und ich Nino eine Schale davon hochgebracht habe. Ich schätze mal direkt nachdem wir die Küche aufgeräumt haben.« »Du meinst, nachdem Yugi und ich die Küche aufgeräumt haben«, korrigiert Atemu breit grinsend und als Sugoroku ihn unschuldig ansieht, lacht er laut auf. »Versuch es gar nicht erst. Ich kenne dich inzwischen gut genug, um dich zu durchschauen.« »Erwischt. Ich will sicher gehen, dass Nino etwas isst, aber auch nicht zu spät losgehen.« »Alles klar, Grossvater«, lacht nun auch Yugi auf, ehe er einen herzhaften Bissen von seinem Brötchen nimmt.   Nach dem Frühstück kontrolliert Sugoroku die Suppe und probiert sie zur Sicherheit, ehe er eine Suppenschale füllt und diese mit einem frischen Krug Tee nach oben zu Nino bringt. Als er das Wohnzimmer betritt, springt Nino erschrocken vom Kamin weg, wo er gerade ein neues Holzscheit ins Feuer geworfen hatte. »Tut … tut … mir leid. Ich … hatte kalt und … wollte …«, stottert er los, bricht aber ab, als Sugoroku lächelnd den Kopf schüttelt. »Du musst dich nicht entschuldigen, mein Junge. Wenn dir kalt ist, dann fache das Feuer ruhig an«, erklärt er mit sanfter Stimme und stellt den Teekrug und die Suppe auf den niedrigen Tisch. »Nun iss und trink erstmal etwas. Oder musst du erst ins Bad?« Sich die Lippen leckend, blickt Nino auf die Suppe. Er zögert, aber dann … »Ich müsste mal aufs Klo.« Gibt er kaum hörbar zu, woraufhin Sugoroku sich lächelnd umwendet. »Dann komm mit. Ich zeige dir das Bad.« Langsam, damit Nino ihm gut folgen kann, geht Sugoroku nach unten und öffnet für ihn die Badezimmertür. »Wenn du im Bad bist, dann drehe das Schild auf Rot. Dann stört dich niemand aus Versehen«, erklärt er und dreht das Schild um. »Ich gehe mal schauen, ob wir für dich noch eine Zahnbürste und so weiter haben. Komm nachher einfach wieder hoch ins Wohnzimmer und fange auch an zu essen, wenn ich noch nicht da sein sollte. Verstanden?« Unsicher nickt Nino und geht ins Badezimmer. Dort sieht er sich mit grossen Augen um und kann es nicht glauben, dass er das gleiche Bad wie die Mutos benutzen darf. Nervös und immer darauf gefasst, dass die Tür aufgerissen und er bestraft wird, setzt er sich auf die Toilette.   Während Nino im Bad ist, geht Sugoroku in den Vorratsraum und schaut nach, was er noch so da hat und findet tatsächlich eine Zahnbürste und eine kleine Schale mit Zahnpasta. Nur der Kamm und Rasierzeug fehlt, aber das kann er ja beim nächsten Einkauf leicht besorgen. Mit den gefundenen Sachen geht er zurück zum Bad und wartet darauf, dass Nino rauskommt.   Als dieser Sugoroku vor der Tür stehen sieht, zuckt er zusammen und duckt sich instinktiv, in Erwartung einer Bestrafung, weil er zu lange gebraucht hat. Doch dann taucht in seinem Blickfeld eine Zahnbürste und ein kleines Döschen auf. Verwirrt hebt er den Blick, greift aber nicht nach den Sachen. »Wenn du die Sachen jetzt nicht nehmen willst, dann lege ich sie in das Spiegelschränkchen über dem Waschbecken«, sagt Sugoroku mit besonders sanfter Stimme, um Nino nicht noch mehr zu verängstigen. Dennoch macht dieser überhaupt keine Anstalten, ihm die Sachen abzunehmen. Leise seufzt Sugoroku auf. »Geh schon mal nach oben und iss deine Suppe. Ich lege die Sachen in dein zukünftiges Fach.« Besorgt blickt er Nino nach, als dieser unsicher zur Treppe geht. Immer wieder scheinen dem Jungen die Beine versagen zu wollen. Erst, als er sich sicher ist, dass Nino die Treppe sicher geschafft hat, geht er ins Badezimmer und räumt das Spiegelschränkchen so um, dass er nun fünf Fächer zur Verfügung hat und beschriftet eins mit dem Namen Nino. »Wer hätte gedacht, dass ich das so schnell noch einmal machen muss«, murmelt er vor sich hin, als er die Türen des Schränkchens wieder schliesst.   Unsicher sitzt Nino mit der Suppenschüssel auf dem Sofa und isst zögernd. Nervös blickt er zu Sugoroku, der langsam auf ihn zu kommt und sich in den Sessel setzt. Leer schluckend sieht er auf seine Suppenschüssel und weiss nicht, ob er weiter essen darf. »Iss ruhig weiter. Ich gehe mit Atemu gleich los, um dich von Bakura wegzukaufen«, erklärt Sugoroku leise, beisst sich dann aber auf die Lippen, als er den verwirrten Blick von Nino sieht. »Yami heisst eigentlich Atemu. Wir nennen ihn nur noch in der Öffentlichkeit Yami.« »Verstehe«, murmelt Nino, obwohl er es nicht wirklich versteht und wagt es langsam wieder zu essen, hört aber sofort auf und springt auf, als sich Sugoroku erhebt. »Setz dich wieder hin. Ich gehe jetzt mit Atemu zu deinem Besitzer. Wenn etwas sein sollte, dann zögere nicht, Yugi um Hilfe zu bitten.« Lächelnd sieht er den Jungen an, bevor er das Wohnzimmer verlässt. Im Flur sieht er noch einmal zu Nino und lächelt erleichtert, als er sieht, dass sich dieser nicht nur wieder hingesetzt hat, sondern auch die Suppe isst.   Schnell geht Sugoroku in sein Zimmer und zieht sich noch einen zweiten Pullover an, ehe er nach unten geht, wo Atemu schon auf ihn wartet. »Ich komme gleich, ich muss nur noch ein paar Münzen aus dem …« »Nicht nötig. Yugi hat mir schon einen Beutel mit 30 Silbermünzen und euren Wappenstempel gegeben«, fällt ihm dieser ins Wort und deutet auf die Tasche in seiner Hand. »Wir können also gleich los.« Erstaunt hebt Sugoroku eine Augenbraue an. »Na, wenn das so ist. Dann ab in die Kälte.« Schon bei dem Gedanken fröstelnd, geht Sugoroku zur Tür und nimmt dort die dicke Winterjacke vom Haken. Nachdem er sich auch noch eine Mütze, Schal und Handschuhe angezogen hat, sieht er zu dem ebenso warm eingepackten Atemu, der ihm leicht zunickt. »Gehen wir«, meint dieser, mit einer durch den Schal, den er über Mund und Nase gezogen hat, dumpfen Stimme. Gemeinsam treten sie durch die Hintertür und ziehen trotz den Mützen die Köpfe ein, als der kalte Wind sie trifft. »Immerhin schneit es nicht mehr«, murrt Sugoroku, als sie durch die weisse Stadt stapfen. »So einen kalten Winter hatten wir schon ewig nicht mehr.« Die Stirn runzelnd sieht Atemu zu Sugoroku rüber. »Das kann ich nicht beurteilen. Aber in den letzten fünf Jahren war es wirklich nicht so kalt«, stimmt er zu und zieht sich den Schal noch mehr über die Nase. Trotz der Kälte fühlt er sich hier draussen gerade sehr wohl und sogar beinahe normal, da durch den Schal niemand das Sklavenhalsband sehen kann.   Schweigend gehen sie weiter durch die menschenleeren Strassen. Nur ab und zu hören sie Stimmen aus den Häusern am Strassenrand, während sie sich langsam dem Viertel nähern, in dem Bakura lebt und arbeitet. »Irgendwie scheint die Luft heute besser zu sein«, stellt Atemu erstaunt fest, als sie durch das heruntergekommene Viertel gehen und nur ein leichter Gestank in der Luft liegt. Daraufhin lacht Sugoroku leise auf. »Das ist um diese Jahreszeit immer so. Die meisten Gerber sind jetzt in ihren Häusern ausserhalb des Viertels und in der Zeit zwischen den Jahren wird hier so gut wie nicht gearbeitet.« »Hmmm. Werden wir den Kerl dann überhaupt hier antreffen?« Besorgt, dass sie umsonst hergelaufen sind, sieht er zu seinem Grossvater. »Wir werden ihn antreffen. Er macht sich nichts aus der Zeit und arbeitet durch. Das hat er von seinem Lehrmeister damals übernommen, als er die Gerberei von ihm geerbt hat.« »Verstehe, dann bereite ich mich mal vor«, murmelt Atemu und zieht sich die Mütze und die Handschuhe aus. Obwohl es ihm sofort kalt wird, zieht er auch den Schal aus und stopft alles in die Tasche. Zur Sicherheit legt er den Beutel mit den Münzen und den Wappenstempel auf die Sachen, ehe er den Deckel wieder umklappt. Den Kopf einziehend geht er nun ein paar Schritte hinter Sugoroku her, der sich nicht anmerken lässt, dass es ihm überhaupt gefällt, dass sein Enkel nun noch mehr der Winterkälte ausgesetzt ist. Je mehr sie sich Bakuras Gerberei nähern, desto intensiver wird der Gestank nach Harnstoff, was sowohl Sugoroku als auch Atemu leicht die Nase rümpfen lässt. Schliesslich kommen sie vor dem Haus an, aus dessen Kamin eine helle Rauchwolke steigt und vor dem ein nur leicht bekleideter junger Sklave sitzt und das Leder mit einem Schaber bearbeitet. Als Atemu das sieht, verfinstert sich sein Blick. »Er könnte ihm wenigstens eine Jacke geben oder ein Feuer«, murrt er tonlos, senkt aber sofort den Blick, als Bakura aus der Tür tritt. »De’ alt’ Muto. Was führt dich de’ her?«, ruft dieser aus und kommt breit grinsend auf sie zu. Als er vor Sugoroku steht, ergreift er dessen Hand und schüttelt sie heftig. »Ledergerber Bakura. Es freut mich, dich bei guter Gesundheit anzutreffen.« Freundlich, aber dennoch reserviert lächelnd zieht Sugoroku seine Hand zurück. »Mich führt etwas Geschäftliches hierher«, erklärt er und nimmt den Beutel mit den Münzen aus der Tasche, die über Atemus Schulter hängt. »G’schäftlich’s? Was könnt’ de’ das sein?« Verwirrt, aber doch mit einem Blitzen in den Augen sieht Bakura auf den Beutel in Sugorokus Hand. »Woll’n wir reingeh’? Da is’ es wärmer.« Sugoroku zögerte kurz. »Gut, aber Yami kommt mit rein. Er trägt immerhin die Tasche.« Erst jetzt sieht Bakura zu dem Sklaven neben dem alten Mann. »Ach, de Sklav’ hab i’ gar nich’ b’merkt. Gut, wenn du unb’dingt willst, kann er mit rein kommen.« Mit diesen Worten dreht er sich um und geht zurück zum Haus. Als er an dem Sklaven vorbei geht, duckt sich dieser mehr über seine Arbeit, dennoch schlägt ihm der Ledergerber auf den Kopf und fährt ihn an, dass er gefälligst schneller arbeiten soll. Nur mit Mühe kann sich Atemu zurückhalten, als er das sieht. Er kann deutlich das Zittern des Jungen erkennen, das von der Kälte und der Angst vor Bakura kommt. Zu gern würde er ihm wenigstens den Schal geben, aber das Wissen, dass dieser nicht lange in dessen Besitz sein und er dafür noch bestraft werden würde, hält ihn davon ab. Mit gesenktem Kopf folgt er Sugoroku in das relativ warme Innere des Hauses und muss sich zusammenreissen, nicht zu würgen, als ihn der Gestank der Gerbflüssigkeiten beinahe erschlägt. Ohne den Kopf zu heben, schielt er zu Sugoroku. Dieser sieht mit ausdrucksloser Miene nach vorn, während sie Bakura in einen angrenzenden Raum folgen, der wohl einst eine Küche gewesen ist, nun aber eher einem schmutzigen Abstellraum mit einer Feuerstelle gleicht. »So, was kann i’ für di’ mache’?«, fragt Bakura, als er sich auf einen wackligen Stuhl setzt und mit der linken Hand auf einen anderen Stuhl deutet. Sugoroku lässt sich nicht anmerken, dass er lieber stehen bleiben würde, als er sich hinsetzt. Er mustert Bakura genau. »Ich will dir deinen Sklaven Nino abkaufen.« Kommt er gleich zur Sache und damit scheint er Bakura etwas überrumpelt zu haben, denn der starrt ihn eine ganze Weile lang nur an. »Nino ist weg. Er ist gestern abg’haun und ich werd’ ihn morg’n bei den Behörd’ melde’.« Leicht grinst Sugoroku nun. »Nino haben wir gestern Nacht in unserem Stall gefunden und wie ich sehe, hast du ja schon einen neuen Sklaven.« Schweigend sieht Bakura den alten Mann vor sich an. »Wieso willst de’ Sklav’hab’n? Er ist krank und zu nichts zu gebrauch’n.« Sugoroku zuckt gespielt gelangweilt mit den Schultern. »Er gefällt mir und da sich Yami hauptsächlich um Yugi kümmert, würde ich ihn für mich wollen. Weisst du, Yugi hat mir einen Sklaven meiner Wahl geschenkt und wollte mich nächsten Samstag zum Sklavenmarkt begleiten.« Ohne mit der Wimper zu zucken erzählt Sugoroku die Lüge. »Also, da du Nino offensichtlich nicht mehr brauchst, wie viel willst du für ihn?« Mit zusammengekniffenen Augen mustert Bakura Sugoroku. »Ich hätt’ nie ‘dacht, dass du mal’n Sklav’ willst«, meint er nachdenklich. »Ich will für de’ Nino fünfzehn Silbermünz’ hab’n.« Bei dem Preis schüttelt Sugoroku nur den Kopf. »Du würdest von den Behörden fünf Silbermünzen bekommen, wenn sie ihn tot auffinden und in dem Zustand wird dir kein Händler den Sklaven abkaufen.« Ernst sieht er den Ledergerber an. »Ich biete dir die fünf Silbermünzen an. Dafür hast du keine Rennerei zu den Behörden, wenn wir gleich hier alles erledigen. Das Überschreiben des Sklaven auf mich, übernehme ich morgen auch gleich.« Trotz des doch guten Angebots, schüttelt Bakura den Kopf. «Nein. De Sklav’ is’ mehr wert. Du kriegst ihn für zehn Silbermünz’.« Laut lacht Sugoroku auf. »Vergiss es. Du hast selbst gesagt, dass Nino krank und zu nichts zu gebrauchen ist. Ich gehe auf sieben Silbermünzen hoch, aber dafür will ich direkt hier ein neues Lederhalsband für ihn haben. Ich weiss, dass du welche herstellst.« Mit sich ringend beisst sich Bakura auf die Lippen. »Acht Silbermünz’. Keine Münz’ weniger.« Nachdenklich reibt sich Sugoroku das Kinn. »Na gut. Hol die Papiere und das Lederhalsband. Ich habe den Wappenstempel hier.« Leise murrend steht Bakura auf. »Wart’ hier. I’ bi’ gleich z’rück’.« Als Bakura weg ist, lehnt sich Sugoroku zurück. »Das ging leichter als gedacht. Jetzt noch schnell alles erledigen und dann ab an die frische Luft«, raunt er Atemu zu, der blass hinter ihm steht und nickt. »Ja, so langsam wird mir wirklich schlecht«, antwortet er leise und da kommt auch schon Bakura mit einer Mappe und einem braunen Lederhalsband zurück. »Ich hab nur’n braun’s Halsband.« Er legt die Papiere auf den Tisch und sieht Sugoroku auffordernd an. Dieser nimmt nun den Wappenstempel aus der Tasche und überreicht ihn Bakura. »Zähl du die Silbermünz’. I’ mach des Halsband fertig.« »Als ob das so schwer zu zählen wäre«, murrt Atemu tonlos, während Sugoroku die acht Münzen aus dem Beutel nimmt und die Papiere an sich nimmt. Kurz darauf kommt Bakura mit dem frisch gebrannten Lederhalsband zurück und legt es mit dem Wappenstempel auf den Tisch. »So, de’ Nino g’hört jetz’ dir. Prügel in reg’lmäss’g. Sonst hat er kei’ Respekt.« Ohne sich seine Gedanken anmerken zu lassen, steht Sugoroku auf und nimmt das Lederhalsband an sich. »Danke, Bakura. Es ist wie immer ein Vergnügen gewesen, mit dir ein Geschäft zu machen.« »Ich bi’ de’ Nichtsnutz los. Ich wünsch der viel Spass mit ihm«, erwidert dieser nur und führt die beiden wieder nach draussen. Nachdem sich Sugoroku von ihm mit einem Handschlag verabschiedet hat, gibt er Atemu ein Zeichen und sie machen sich auf den Rückweg. Tief zieht Atemu die deutlich frischere Luft ein. Obwohl sie auch hier draussen noch deutlich nach den Gerbstoffen riecht, kommt sie ihm nach dem Gestank in Bakuras Haus unglaublich rein vor. »Die Gerber nehmen den Geruch schon gar nicht mehr wirklich wahr. Sie sind ihn gewohnt«, erklärt Sugoroku, während sie an den Häusern vorbeilaufen. »Kaum zu glauben. Ich dachte, ich ersticke da drin«, murrt Atemu und holt den Schal aus der Tasche. Eilig schlingt er ihn um seinen Hals und zieht sich dann noch die Mütze und die Handschuhe an. Von nun an schweigend, gehen sie durch die nur minim belebteren Strassen. Kaum einer wagt sich heute aus dem Haus, obwohl die Sonne inzwischen kalt vom Himmel scheint.   Endlich haben sie es geschafft. Unter dem lauten Wiehern von Rocky und Blacky betreten sie den Hinterhof. »Was meinst du? Sollten wir für Nino eine Liege in die Küche stellen?«, schlägt Atemu nachdenklich vor. »Dann hat er es schön warm und muss nicht die Treppe runter, um ins Bad zu kommen. Ausserdem sparen wir dann Feuerholz.« »Das wäre unfair. Du hast dein eigenes Zimmer und Nino soll in der Küche schlafen? Ich werde das kleine Zimmer neben meinem Schlafzimmer ausräumen. Dann kann er da schlafen.« »Ich meine nur. Seine Entzugserscheinungen werden sicher noch schlimmer werden und dann könnte es sein, dass er mit der Treppe Probleme bekommt. Ausserdem wird er sicher Schüttelfrost bekommen und über die Wärme in der Küche froh sein.« »Verstehe. Dann machen wir es so, bis er den schlimmsten Entzug hinter sich hat. Bereitest du alles vor und hilfst du mir dann beim Ausräumen des Nebenzimmers?« »Natürlich. Ich habe auf dem Dachboden eine alte Liege gefunden, die hole ich runter und ich brauche mein Bett ja nicht mehr. Ich werde es Nino überlassen.« »Danke. Es wird sich einiges ändern.« Leicht lächelnd sieht Sugoroku zu seinem Enkel, als er die Hintertür öffnet und sie das Haus betreten. »Sharik, wir sind wieder da!«, ruft Atemu laut, als er die Jacke und die Schuhe auszieht. »So schnell?«, ertönt es aus dem Lager und Yugi streckt den Kopf heraus. »Ihr wart doch nur zwei Stunden weg. Gabs Probleme?« »Nein, Nino gehört jetzt uns. Oder besser gesagt, mir. Bakura hat schon einen neuen Sklaven und schien nicht böse zu sein, ihn loszuwerden.« Erleichtert atmet Yugi auf. »Gut. Ich hatte schon befürchtet, dass er Probleme machen könnte. Musstest du hart verhandeln?« Grinsend schüttelt Sugoroku den Kopf. »Nein, da er sich mit seinen eigenen Worten ein Eigentor geschossen hat, konnte ich ihn ohne Probleme auf 8 Silbermünzen inklusive Sklavenhalsband herunterhandeln. Die Papiere habe ich auch gleich bekommen und werde ihn morgen gleich bei den Behörden auf unseren Namen ummelden. Nicht, dass Bakura doch noch auf dumme Gedanken kommt und ihn als entlaufen meldet.« »Das wird besser sein. Aber ich werde zu den Behörden gehen. Ich will nicht, dass du dich überanstrengst, indem du morgen schon wieder durch den Schnee und die Kälte läufst. Es reicht mir schon, dass ich dich nicht davon abhalten kann, zum Markt zugehen.«   Sugoroku öffnet schon den Mund, um etwas zu sagen, als Atemu ihm die Hand auf die Schulter legt. »Yugi hat recht. Er sollte das erledigen, damit du dich erholen kannst.« Murrend verschränkt der alte Mann die Arme. »Ja ja … ich bleibe morgen Zuhause. Aber du gehst gleich nach Sonnenaufgang los, mein Junge.« Streng sieht er Yugi an, der seufzend die Augen verdreht und dann nickt. »Ja, ich gehe dann gleich los. Zur Not auch vor dem Frühstück.« »Braver Junge«, neckt Sugoroku seinen Enkel und drückt ihm die Papiere in die Hand. »Hier, mach dich mal schlau, auf was wir uns bei Nino einstellen müssen. Ich gehe mal zu Nino hoch und gebe ihm das neue Sklavenhalsband.« Die beiden Jungs zurücklassend geht Sugoroku die Treppe nach oben. Als er das Wohnzimmer betritt springt Nino vom Sofa aus, muss sich dann aber gleich festhalten, als er das Gleichgewicht zu verlieren droht. »Meister Sugoroku, ich … tut mir leid, dass ich nicht unten bin und mitarbeite. Ich … « Lächelnd hebt Sugoroku die Hand. »Niemand hat von dir verlangt, dass du schon mitarbeitest. Werde erst einmal gesund und dann schauen wir weiter.« Bewusst hat Sugoroku mit sanfter Stimme gesprochen. Erst als sich Nino etwas entspannt, geht er auf ihn zu und hält ihm das neue Sklavenhalsband hin. «Hier, du gehörst ab heute uns«, sagt er lächelnd und wartet geduldig ab, bis Nino zögernd das neue Halsband nimmt und es misstrauisch ansieht. »Komm, ich ziehe dir das alte Halsband aus. Das neue musst du im Haus nicht tragen. Nur wenn du in den Laden gehst oder das Grundstück verlässt, musst du es anziehen. Atemu trägt es hier im Haus auch nicht.« Vorsichtig öffnet Sugoroku die Schnalle an dem alten Halsband und zieht es ihm aus. »Oh, die Haut ist ganz wund. Also lass das neue Halsband wirklich erst einmal ganz weg.« »Das würde ich auch sagen. Es ist unsinnig, wenn du das Halsband hier im Haus trägst. Besonders, wenn du dabei Schmerzen hast«, mischt sich Atemu ein, der gerade ins Wohnzimmer kommt. »Grossvater, hast du noch eine Decke und ein Kissen übrig? Ich will die Sachen gleich mit der Liege in die Küche schaffen.« »Ja, schau mal in meinem Schlafzimmer im Schrank nach. Dort solltest du alles finden, was du brauchst.« Verwirrt sieht Nino von einem zum anderen. Er versteht gerade die Welt nicht mehr. »Du wirst noch heftigere Entzugserscheinungen bekommen. Mit starkem Schüttelfrost und so weiter. Darum wirst du die erste Zeit in der Küche schlafen, da dies momentan der wärmste Raum im Haus ist und du dann die Treppe nicht benutzen musst. In der Zwischenzeit werden wir dir ein eigenes Zimmer herrichten.« Vollkommen überfordert nickt Nino und muss sich gleich darauf hinsetzen, da ihm schwarz vor Augen wird. Fürsorglich legt ihm Atemu daraufhin die Decke um die Schultern. »Das wird schon wieder. Hier bei den Mutos bist du sicher«, spricht er mit leiser Stimme und hilft Nino sich hinzulegen, der dann auch sofort wieder einschläft.   »Lassen wir ihn erst mal wieder in Ruhe«, murmelt Sugoroku flüsternd und verlässt zusammen mit Atemu das Wohnzimmer.     ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------     So, das war es jetzt auch schon. Tja, ab heute sind die Mutos nun zu viert. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.   Eure mrs_ianto   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)