Sklave der Wüste von mrs_ianto ================================================================================ Kapitel 58: Tag der Erkenntnisse -------------------------------- Hallo zusammen,   ist euch aufgefallen dass das erste Kapitel am 31.7.2016 hier hochgeladen worden ist? Seit über einem Jahr schreibe ich nun an der Geschichte, die eigentlich nie so lange hätte werden sollen, jetzt aber schon 513 A4 Seiten umfasst.   Nun ja, dieses Kapitel ist mir besonders schwer gefallen, bedeutet es doch einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte.   So und jetzt wünsche ich euch viel Spass mit diesem Kapitel...     -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------     Kapitel 55: Tag der Erkenntnisse     Gähnend schlägt Sugoroku kurz vor Sonnenaufgang die Decke zurück. Sich auf die Bettkante setzend streckt er seinen Rücken durch und nimmt sich dann die Ohrstöpsel aus den Ohren. „Oh Mann, die beiden...“ Die Augen noch nicht ganz offen habend, schlüpft Sugoroku in seine Pantoffeln, ehe er die Öllampe auf dem Nachttisch entzündet. Liegt sein Zimmer doch in Richtung Hinterhof und wird deswegen nicht durch eine der Strassenlampen erhellt. Worüber er auch froh ist, bevorzugt er es doch, in einem möglichst dunklen Raum zu schlafen. Mit einem Seufzen steht Sugoroku auf und verlässt mit der Öllampe das Zimmer, um runter ins Bad zu gehen, bevor er Yugi und Yami weckt.   Was er nicht weiss, ist, dass Yami schon lange wach ist und auf dem Tisch sitzend aus dem Fenster sieht. In Gedanken versunken fährt er sich immer wieder über die Stelle an seinem Hals, an der ihm Yugi gestern Abend einen weiteren Knutschfleck verpasst hat, als sie sich gegenseitig mit den Händen erkundet und verwöhnt haben. Nie hätte er gedacht, dass es sich für ihn so gut anfühlen kann, wenn er auf diese Art und Weise berührt wird und es gleicht für ihn an ein Wunder, dass er sich bei seinem Sharik inzwischen immer leichter und ohne eine drohende Panikattacke, einfach nur fallen lassen kann.   Nur am Rande nimmt er das leise Klopfen wahr, dennoch sieht er zur Tür, die sich nun langsam öffnet. „Jungs? Es wird langsam Zeit aufzustehen, wenn wir rechtzeitig zum Postkutschenhof kommen wollen.“ Die Öllampe in der Hand haltend, beugt sich Sugoroku ins Zimmer und sieht zu seinem Erstaunen, dass ihn Yami auf dem Tisch sitzend beobachtet. „Du bist schon wach?“ Besorgt stösst er die Tür nun ganz auf und geht auf ihn zu.   Leicht schüttelt Yami den Kopf. „Ich habe gar nicht wirklich geschlafen und weil ich Yugi nicht aufwecken wollte, habe ich mich hier hin gesetzt.“ Bei den Worten sieht er zu Yugi, der immer noch tief und fest schläft. „Ich wollte...“, nicht wissend, wie er seine Gefühle in Worte fassen soll, verstummt er mitten im Satz und wendet sich nun wieder dem Himmel zu, der langsam anfängt von schwarz in ein dunkles Rot zu wechseln.   Verstehend nickt Sugoroku, kann er sich doch denken, wie der Satz weitergegangen wäre. Schliesslich hat auch er bemerkt, dass Yami mit jedem Tag unruhiger geworden ist und deutlich mehr Zeit bei Yugi im Laden verbracht hat als sonst. Versuchend, ihm Trost zu spenden, legt er leicht die Hand auf seinen Unterarm. „Ich weiss. Mir fällt es auch nie leicht, ihn gehen zu lassen. Nur muss es leider sein.“ Als Yami nun den Kopf senkt, seufzt Sugoroku schwer auf. „Weckst du ihn auf oder soll ich das machen?“   Bei der Frage sieht Yami unwillkürlich zum Bett. „Ich mach das. Dann ist er vielleicht nicht ganz so schlecht gelaunt.“ Langsam, um die Öllampe nicht aus Versehen vom Tisch zu stossen, rutscht er zur Kante und lässt sich dann zu Boden gleiten. Erst jetzt blickt er wieder zu Sugoroku. „Lässt du uns bitte noch ein wenig allein? Ich würde gern...“, wieder bricht er mitten im Satz ab.   Lächelnd nickt Sugoroku. „Natürlich, nur lasst euch nicht zu viel Zeit.“ Nun nach der Öllampe greifend, blickt er kurz zum Fenster, ehe er zur Tür geht. „Ich bereite dann schon mal das Frühstück und den Proviant vor, aber spätestens wenn die Sonne ganz aufgegangen ist, müsst ihr unten in der Küche sein.“ Mit diesen sanft ausgesprochenen Worten, verlässt er das Zimmer und schliesst die Tür hinter sich.   Kaum sind sie allein, setzt sich Yami auf das Bett und zündet nun die Öllampe auf Yugis Nachttisch an. Im warmen Licht der Flamme blickt er auf das friedliche Gesicht seines Shariks. Er will es nicht, aber weil es sein muss streckt er widerstrebend seine Hand aus und lässt seine Finger sanft über dessen Wange gleiten. „Sharik, es wird Zeit aufzustehen.“ Sich seitlich neben ihm hinlegend sieht er in die, sich nur einen spaltbreit öffnenden Augen.   „Yami, es noch mitten in der Nacht“, murrend vergräbt Yugi sein Gesicht im Kissen und will sich auch noch die Decke über den Kopf ziehen, nur leider wird ihm diese in diesem Moment von seinem Liebsten weggezogen. „Yamiiii...“, maulend sieht er wieder hoch. Dies wird auch sofort ausgenutzt. Legen sich doch nun weiche Lippen auf die seinen.   Innerlich schmunzelnd merkt Yami, wie sich sein Sharik in den Kuss fallen lässt und sich unwillkürlich an ihn drängt. Wie einen Hauch lässt er seine Finger über die vom Schlaf noch warme Haut gleiten, ehe er ihn an sich zieht.   Dieser plötzliche Hautkontakt lässt Yugi unwillkürlich aufkeuchen, was leider auch ihren Kuss unterbricht. „Verdammt Yami, wenn du so weiter machst, dann...“, eine Hand auf seinem nackten Hintern lässt ihn verstummen. „Was dann?“ Absichtlich lässt Yami seine Stimme verführerisch klingen, was zu seiner Freude eine deutliche Röte auf Yugis Wangen zaubert.   Während Yami Yugi aufweckt, ist Sugoroku in der Küche dabei das Frühstück vorzubereiten. Er ist gerade dabei die Brötchen im Ofen zu kontrollieren, als er eindeutige Geräusche hört. Kopfschüttelnd schliesst er die Backofentür wieder und wirft auch noch gleich ein Holzscheit ins Feuer, ehe er das inzwischen kochende Wasser zu dem Teeei in den Teekrug giesst und diesen auf die kühlste Herdplatte stellt.   Nachdem er den Tisch fertig gedeckt hat, ist auch der Tee fertig, weshalb er sich nun seine Tasse füllt und sich dann mit dieser auf seinen Stuhl setzt. „Na hoffentlich denken die beiden daran, dass sie bald aufstehen müssen.“ Einen Schluck trinkend, lehnt er sich zurück und schliesst die Augen.   Kuschelnd liegen Yami und Yugi atemlos im Bett. Am liebsten würden sie ewig so liegen bleiben, nur ist ihnen beiden nur zu gut bewusst, dass sie nicht mehr viel Zeit haben. „Musst du wirklich fahren? Kann nicht May für dich die Stoffe kaufen? Oder Grossvater?“, obwohl er weiss, dass es sinnlos und egoistisch ist, kann Yami einfach nicht anders, als diese beiden Fragen zu stellen. „Yami. May ist zwar eine hervorragende Schneiderin, aber vom Stoffhandel hat sie keine Ahnung und Grossvater ist für diese anstrengende Reise einfach nicht mehr fit genug. Es ist ja nur ein Monat und ehe du dich versiehst, bin ich wieder zurück.“ Mit einem traurigen Lächeln greift er nach Yamis Hand und führt sie an seine Lippen.    Diese kleine Zärtlichkeit löst ein angenehmes Kribbeln in Yamis Fingerspitzen aus, was ihn ein wenig von dem Gedanken, dass sein Sharik in wenigen Stunden weg sein wird, ablenkt. Trotzdem löst er sich widerstrebend von ihm und steigt aus dem Bett. „Ich gehe jetzt ins Bad.“ Yugi ignorierend, schnappt er sich seine Sachen und eilt aus dem Zimmer. Dabei vergisst er vollkommen, dass er nackt ist. Erst unten im Badezimmer fällt es ihm auf, weil er sich die Shorts ausziehen will und diese nicht da ist. Im ersten Moment ist er darüber erschrocken, aber dann schüttelt er über sich selbst den Kopf. „Verdammt, so weit bin ich also schon, dass ich nackt durchs Haus laufe und es nicht einmal bemerke.“   Während Yami im Bad unter der Dusche steht, hat sich Yugi auf die Bettkante gesetzt und fährt sich immer wieder mit den Fingern über den Knutschfleck an seinem Hals. Mit einem Seufzen steht er schliesslich auf und geht zu seinem Schrank. Dort stellt er sich vor den Spiegel und betrachtet sich seinen Hals. „Hoffentlich bleibt der auch schön lange sichtbar, wenn ich dann in Wladiwostok bin.“ Traurig lächelt er sich selbst an, schmerzt sein Herz doch jetzt schon, wenn er nur daran denkt, dass er sich schon bald für einen ganzen Monat von seinem Liebsten trennen muss. Auf einmal schlingen sich von hinten zwei Arme um ihn. „Sharik, du solltest jetzt ins Bad gehen, wenn du noch in Ruhe frühstücken willst.“ Es fällt Yami schwer, diese Worte auszusprechen. Nur hat er Yugi zuvor schon eine Weile beobachtet und gesehen, dass ihnen der bevorstehende Abschied offensichtlich gleich schwerfällt. Sanft haucht er noch einen Kuss auf die Schulter seines Shariks, ehe er ihn mit einem gespielten Lächeln loslässt. „Na komm, es ist ja nur für einen Monat und ehe du dich versiehst, bist du wieder hier und liegst in meinen Armen.“   Mit einem dicken Kloss im Hals nickt Yugi. „Ja, es ist nur ein Monat.“ Gern würde er mehr sagen. Nur kann er es nicht, weshalb er nun nach seinen Kleidern greift und dann zu seinem Liebsten geht, der inzwischen bei der Tür stehend auf ihn wartet. „Begleitest du mich noch bis zum Bad?“, zwingt sich Yugi zu einem amüsierten Tonfall und lächelt nun ebenso gespielt, wie es sein Liebster tut.   „Da das Bad auf dem Weg zur Hintertür liegt, ja.“ Den Arm um die Schulter seines Shariks legend, dirigiert Yami ihn sanft hinaus in den Flur und auch die Treppe hinunter. Erst als sie direkt vor dem Badezimmer stehen, löst er sich von ihm und eilt nun so schnell er kann in den Hinterhof. Kaum hat sich die Tür hinter Yami geschlossen, schliesst er gepeinigt seine Augen. Doch beinahe sofort reisst er sie wieder auf. „Verdammt, Yugi ist noch nicht einmal weg und ich mutiere schon zur Heulsuse.“ Sich mit der Hand über die Augen fahrend, atmet er ein paar Mal tief durch, ehe er zum Lager geht, um die Heunetze für die Pferde zu holen.   In der Küche packt Sugoroku die letzten Brote in den kleinen Beutel aus Leinen und legt diesen neben Yugis Teller auf den Tisch. In dem Moment kommt sein Enkel mit noch nassen Haaren in die Küche. „Guten Morgen.“ Aufmerksam beobachtet er, wie sich Yugi einen Tee einschenkt und sich dann mit ernstem Gesicht an den Tisch setzt.   „Guten Morgen, Grossvater.“ Nachdem er einen Schluck getrunken hat, seufzt Yugi tief auf. „Das ist das erste Jahr, in dem ich nicht nach Wladiwostok möchte.“ Betrübt sieht er seinen Grossvater an, der sich inzwischen auch wieder hingesetzt hat. „Ich habe Angst, dass Yami nicht klar kommt, wenn ich weg bin“, fasst er zum ersten Mal seine Sorgen in Worte. „Und verdammt, ich vermisse ihn jetzt schon“, rutscht es dann noch aus ihm heraus.   Gerade als Sugoroku etwas sagen möchte, kommt Yami in die Küche. Weshalb er sich seinen Kommentar verkneift. Stattdessen mustert er ihn nun und kann deutlich erkennen, dass eine beinahe perfekt sitzende Maske dessen wahre Gefühle verdeckt. Nur die leicht geröteten Augen verraten, dass dieser nicht so ruhig ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. „Hallo Yami. Na, schlagen sich die beiden Racker wieder die Bäuche voll?“, lächelnd sieht er zu Yami, der den Blick verwirrt erwidert. „Natürlich, ich habe sie ja schliesslich wie jeden Morgen gefüttert.“ Deutlich ist in dessen Augen für Sugoroku nun zu erkennen, dass sich dieser fragt, was diese Frage denn nun sollte, weshalb er sich jetzt zurücklehnt, um ihn nicht zu beunruhigen. „Ich wollte nur ein wenig Konversation machen. Das ist alles.“ Als er dann nach einem der Brötchen greift, scheint das ein Signal für seine beiden Enkel zu sein. Zumindest wirkt es auf ihn so, denn erst jetzt beginnen auch sie nach den Sachen auf dem Tisch zu greifen. Weil Sugoroku merkt, dass keiner der beiden wirklich reden möchte, verzichtet er schweren Herzens darauf, weitere Fragen zu stellen.   Yami ist gerade dabei, seine zweite Brötchenhälfte mit Honig zu bestreichen, als er den Abstand zwischen sich und Yugi nicht mehr aushält. Er muss ihn jetzt einfach berühren. Nur glaubt er nicht, dass er in Yugis Armen seine mühevoll aufgesetzte Maske aufrecht erhalten könnte. Deswegen streckt er unter dem Tisch sein Bein aus, bis er mit seinem Fuss an den seines Shariks stösst, was ihm einen erstaunt fragenden Blick einbringt und ihn selbst sofort ein wenig ruhiger werden lässt.   Verwirrt, weil Yami ihn unter dem Tisch berührt, sieht Yugi seinen Liebsten an und erkennt, dass sein Liebster diese kleine Berührung gerade braucht, weshalb er nun auch sein Bein etwas nach vorne bewegt, um ihren Kontakt noch ein wenig zu verstärken.   Viel zu schnell ist das Frühstück vorbei und die Küche aufgeräumt. Was bedeutet, dass sie nun zum Postkutschenhof aufbrechen müssen. Doch bevor sie das Haus verlassen, greift Yugi nach der Hand seines Liebsten und zieht ihn ein wenig zur Seite. „Sharik, was...?“, verwirrt blickt Yami in die amethystfarbenen Augen. „Liebster, ich... kann mich nachher beim Postkutschenhof nicht richtig von dir verabschieden, sondern muss wieder den normalen Besitzer spielen und darum möchte ich das jetzt tun.“ Mit einem traurigen Blick lässt er seinen Daumen sanft über Yamis Handrücken gleiten, während er gleichzeitig seine andere Hand in dessen Nacken legt und ihn so sanft zu sich zieht, bis ihre Gesichter nur noch Millimeter voneinander entfernt sind. „Liebster, ich werde die Tage zählen, bis ich wieder bei dir sein kann.“ Wie einen Hauch legt er nun seine Lippen auf Yamis, der den Kuss sofort erwidert. Nur leider haben sie wirklich kaum noch Zeit, weshalb sie den sanften Lippenkontakt für ihren Geschmack viel zu schnell wieder lösen müssen. „Sharik, pass gut auf dich auf und komme heil wieder zurück.“ Mit beiden Händen umfasst Yami das Gesicht Yugis und sieht ihm tief in die Augen. „Ich werde hier auf dich warten und ...“, weil ihm die Worte fehlen, gibt er seinem Sharik einen Kuss, in den er all seine Gefühle legt. Angst, Sehnsucht, Liebe und so viele mehr.   Geduldig wartet Sugoroku bei der Tür darauf, dass sich seine Enkel von einander lösen. Will er ihnen doch die Zeit, die sie für ihren Abschied brauchen, geben. Als sie dann schliesslich zu ihm kommen, lächelt er sie nachsichtig an. „Na kommt, es wird Zeit.“ Etwas zur Seite tretend lässt er die beiden an sich vorbei auf die Strasse treten, ehe er selbst rausgeht und die Tür hinter sich abschliesst.   Weil sie nicht wollen, dass Yami hinter ihnen gehen muss, nehmen sie ihn in ihre Mitte. Es ist ja schon schlimm genug, dass dieser die grosse Tasche von Yugi tragen muss, weil sie nicht mit der Kutsche fahren möchten. Sind die wenigen öffentlichen Kutschenparkplätze und auch die Stellplätze für die Reitpferde doch immer überfüllt.   Die Reisetasche seines Shariks über der Schulter tragend, nimmt Yami nur am Rande wahr, dass sie sich nach etwa einer halben Stunde langsam einem grossen Platz mit einem weissen Gebäude nähern, vor dem sich unzählige grosse und kleine Postkutschen befinden. Erst als sie die Stimmen von May und Jonouchi hören, die ihnen rufend zuwinken, hebt er seinen bis jetzt gesenkten Blick und sieht sich um, während sie zu den anderen gehen. Sogar Rishido ist dabei, was ihn nun doch überrascht. „Rishido, was machst du denn hier?“, rutscht es ihm auf Ägyptisch heraus, kaum dass sie bei der kleinen Gruppe angekommen sind.   Kurz blickt sich Rishido um, ehe sich ein kleines Schmunzeln auf sein Gesicht schleicht. „Erst einmal Hallo“, erwidert er nun auch auf Ägyptisch, weil sich keine Leute in ihrer direkten Nähe befinden. „Ich habe Meister Jonouchi darum gebeten, dass ich ihn hierher begleiten kann, weil ich mich auch von Mistress May und Meister Yugi verabschieden möchte.“   Verstehend nickt Yami, während er nun die Tasche von seiner Schulter gleiten lässt, ehe er dann zu Yugi sieht, der sich gerade mit einer Umarmung von Sugoroku verabschiedet und sich dann auch von Jonouchi drücken lässt. „Ich will ihn nicht gehen lassen...“, er weiss nicht, warum er sich ausgerechnet Rishido anvertraut. Doch als dieser nun verstehend nickt, fühlt er zu seiner eigenen Überraschung ein klein wenig besser.   „Das ist verständlich. Mir ist es damals auch schwer gefallen, dass Meister Jonouchi mich nicht mit ins Gefängnis genommen, sondern mich stattdessen zu euch gebracht hat. Dabei ist er für mich nur ein freundlicher Besitzer, der mich so gut, wie noch keiner meiner früheren Besitzer behandelt. Da ist es kein Wunder, dass dir der Abschied von Meister Yugi noch viel schwerer fällt.“ Gern würde er ihm die Hand auf die Schulter legen, was sogar möglich wäre, da solche Gesten bei Sklaven untereinander auch von der übrigen Bevölkerung in der Regel geduldet werden. Weil er aber nicht weiss, wie Yami darauf reagieren würde, lässt er es bleiben.   Yami will gerade etwas sagen, als er überraschend von May in eine Umarmung gezogen wird. Sofort versteift er sich und würde sich am liebsten von ihr befreien, aber weil er das hier in der Öffentlichkeit nicht darf, lässt er sie über sich ergehen.   Die missbilligenden Blicke der anderen Leute ignorierend, löst May nach ein paar Sekunden die Umarmung und sieht ihn lächelnd an. „Mein Ruf ist durch die Ehelosigkeit in meinem reifen Alter von 29 Jahren sowieso schon ruiniert, da kann ich auch ruhig den Sklaven meines Freundes umarmen, ohne dass ich dessen Erlaubnis habe.“ Kommentiert sie ihr tun für alle gaffenden Leute laut und deutlich, ehe sie die Stimme senkt. „Keine Angst, ich passe gut auf ihn auf und bringe ihn dir heil und an einem Stück wieder zurück, aber den Knutschfleck musst du dann selbst wieder erneuern. Das mache ich nämlich nicht“, zwinkert sie Yami kurz zu, ehe sie sich abwendet und nach ihrer Tasche greift.   Mit einem ernsten Gesichtsausdruck stellt sich Yugi nun vor seinem Liebsten hin. „Yami... du weisst Bescheid?“, fragend sieht er ihn mit einem besorgten Ausdruck in den Augen an, bis Yami leicht den Kopf neigt. „Ja, ich weiss Bescheid.“ Kurz schliesst Yugi die Augen. „Gut, dann...“, um die Fassung nicht zu verlieren bricht Yugi ab und greift nun nach seiner Tasche, ehe er sich umdreht und May kurz zunickt. „Gehen wir, die Kutsche wartet ja schliesslich nicht auf uns.“ Noch einmal winkt er den anderen zu, bevor er in seiner kleinen Schultertasche nach den Reisedokumenten kramend, mit May zu einer der grossen Postkutschen geht, vor der sechs Pferde eingespannt sind.   Als Yami sieht, wie Yugi in die Postkutsche steigt, macht er unwillkürlich einen Schritt nach vorn, wird aber sofort von Rishido am Handgelenk gepackt, als er noch einen machen möchte. „Yugi...“, mit weit aufgerissenen Augen muss er tatenlos mit ansehen, wie sich die Postkutsche mit seinem Sharik nun in Bewegung setzt. Plötzlich fühlt er sich wieder wie ein zwölfjähriges Kind, als sich nun ein Bild von seiner Tante Amina vor seine Augen schiebt, wie sie von ihm weggeführt wird. Gepeinigt schliesst er die Augen. „Geh nicht, komm wieder...“   Die Szene lässt einen Passanten auf die kleine Gruppe zu treten, hat Rishido doch inzwischen sogar seine zweite Hand auf Yamis Schulter gelegt, um ihn besser zurückhalten zu können. „Ihr Sklave ist seinem Besitzer gegenüber ja sehr anhänglich. So etwas sieht man wirklich selten. Mein Kompliment, das muss ja einiges an Erziehungsarbeit gekostet haben, bis dieser ihn so weit hatte.“ Neugierig mustert der Mann Yami, der den Blick gar nicht wahrnimmt, weil seine Augen immer noch auf die sich entfernende Kutsche gerichtet sind.   Todernst stellt sich Sugoroku nun vor dem Mann hin. „Das geht Sie gar nichts an, wieso unser Sklave so an meinem Enkel hängt und nun lassen Sie uns in Ruhe. Guten Tag.“ Mit diesen Worten wendet er sich von dem Mann ab und greift nach Yamis halb ausgestrecktem Arm. „Na komm, gehen wir nach Hause. Blacky und Rocky warten sicher schon auf ihr Futter.“ Mit ihm fühlend sieht er ihn an, ehe er Rishido und Jonouchi zunickt. „Wir gehen jetzt nach Hause, da kann er sich wieder ein wenig beruhigen und danke für die Hilfe, Rishido.“ Sanft zwingt er Yami, sich von der schon längst aus ihrem Sichtfeld verschwundenen Postkutsche abzuwenden.   Den Blick immer wieder zurückwerfend, lässt sich Yami von Sugoroku unter den neugierigen Blicken der Leute vom Postkutschenhof führen. Erst als er das weisse Gebäude nicht mehr sehen kann, lässt er den Blick zu Boden gleiten. „Er kommt doch wirklich wieder? Oder?“, kann er seine Sorgen schliesslich nicht mehr zurückhalten, obwohl sie noch nicht zu Hause sind.   Stehen bleibend sieht Sugoroku in das gesenkte Gesicht Yamis. „Ja, er kommt zurück. Mach dir keine Sorgen.“ Weil er nicht glaubt, dass dieser den Weg in dem Zustand alleine schafft, lässt er ihn nicht los, sondern führt ihn nun weiter an dessen Arm durch die Strassen, bis sie direkt vor ihrer Haustür angekommen sind.   Kaum sind sie im Haus, rennt Yami in den Stall und verkriecht sich in Rockys Box. Sich in die Ecke kauernd schlingt er sich seine Arme um die Beine und beginnt haltlos zu schluchzen. „Er ist weg, Rocky. Er hat mich allein gelassen.“ Vorsichtig schiebt Rocky seine Nase neugierig zu dem am Boden kauernden Menschen und schnaubt leicht in dessen Gesicht. „Rocky..“, nach Trost suchend schlingt Yami seine Arme um den Hals des grossen Wallachs und vergräbt sein Gesicht an dessen Hals. Was sich dieser geduldig gefallen lässt.   Von Yami unbemerkt und das obwohl Blacky laut gewiehert hat, ist Sugoroku in den Stall gekommen und sieht nun mit einem tiefen Seufzen auf das Bild, welches sich ihm bietet. „Ach Yami.“   Unterdessen ist die Postkutsche schon ziemlich weit von Domino entfernt, weshalb sich den acht Fahrgästen nun eine wunderschöne Aussicht auf Wälder und Felder bietet, wenn sie denn Augen dafür haben und zu denen gehört Yugi ganz sicher nicht. Im Gegenteil. Seinen Yami jetzt schon vermissend und voller Sorge um ihn, blickt er zwar aus dem Fenster, aber er würde es wohl nicht einmal bemerken, wenn sie plötzlich durch eine Wüste fahren und Pyramiden auftauchen würden.   Schon vor einer gefühlten Ewigkeit hat es May aufgegeben mit Yugi eine Unterhaltung zu führen. Hat ihr doch dieser immer nur mit Ja geantwortet. Sogar als sie ihn gefragt hat, ob es bei dem strahlenden Sonnenschein draussen regnet, hat sie nur ein Ja bekommen, was die anderen Fahrgäste deutlich schmunzeln liess. Deswegen wirft sie ihm jetzt nur immer wieder besorgte Blicke zu, während sie sich mit den anderen Fahrgästen unterhält und sich dabei fragt, wie das nur in den nächsten Tagen und Wochen werden wird, wenn es schon jetzt so schlimm um Yugi steht.   Die Zeit für die zweite Morgenfütterung ist schon längst vorbei, als sich Yami endlich wieder soweit beruhigt hat, dass er sich von Rocky lösen kann. Mit einem leichten Lächeln streichelt er ihm über das Fell. „Danke, Grosser.“ Sich an der Boxenwand abstützend, steht er nun langsam auf. Als er nun zur Stalltür blickt, bemerkt er mit Schrecken, wie hoch die Sonne schon stehen muss. So schnell wie möglich holt er die beiden Heunetze aus dem Lager und hängt sie in die Boxen. „Entschuldigt, ihr beiden. Ich wollte euch nicht hungern lassen.“ Weil er sieht, dass sie auch nicht mehr viel Wasser haben, füllt Yami noch schnell die Wassertröge, ehe er ins Lager geht, um die Netze für die nächste Fütterung der beiden zu stopfen.   Als er nun wieder in den Hof tritt, sieht er Sugoroku bei der Tür stehen. „Grossvater, was ist los?“, fragend sieht er den alten Mann an, der nun leicht lächelt. „Nichts ist los, aber es gibt gleich Mittagessen.“ Erstaunt blickt Yami nun noch einmal bewusst auf den Stand der Sonne achtend in den Himmel. Tatsächlich, es ist schon so spät. Was sein schlechtes Gewissen den beiden Pferden gegenüber noch grösser werden lässt, dass er sie so lange auf ihr zweites Frühstück hat warten lassen. „Ja, ist gut. Ich komme.“ Noch einmal kontrolliert er, ob er den Riegel von Rockys Box auch wirklich blockiert hat, ehe er ins Haus geht und sich die Hände wäscht.   Inzwischen hat Sugoroku die Tomatenspaghetti und den Salat auf den Tisch gestellt. Nun ist er dabei die Gläser mit kühlem Wasser zu füllen, als Yami in die Küche kommt. „Da bist du ja. Setz dich hin und bedien dich. Sonst wird das Essen noch kalt.“ Betont fröhlich setzt er sich nun auch hin und greift nach der Salatschüssel.   Wie immer füllt sich Yami seinen Teller, obwohl er eigentlich gar keinen Hunger hat. Doch kaum hat er einen Bissen runtergewürgt, schiebt er das Essen auf dem Teller nur noch hin und her, bis er es schliesslich nicht mehr aushält. Mit einer gemurmelten Entschuldigung eilt er aus der Küche und flüchtet sich wieder zurück in den Stall.   Kopfschüttelnd sieht Sugoroku auf den noch vollen Teller, den Yami zurückgelassen hat. „Na hoffentlich geht das jetzt nicht die ganze Zeit so weiter. Nicht, dass mir der Junge vor lauter Kummer noch krank wird.“ Nachdem er sein Mittagessen beendet hat, räumt er die Küche auf und wirft schweren Herzens die Reste von Yamis Teller in den Müll. Wie er es doch hasst, wenn er Essen wegwerfen muss, aber Tomatenspaghetti mit Salat und Salatsauce kann er beim besten Willen nicht mehr aufwärmen.   Den Nachmittag über sieht er Yami nicht ein einziges Mal. Was vor allem daran liegt, dass er nun wieder vorne im Laden stehen und sich um die Kunden kümmern muss, während sich Yami vermutlich bei den Pferden ablenkt.   Am Abend isst Yami wenigstens ein halbes Honigbrötchen und knabbert an ein paar Stückchen seiner Nussschokolade rum, die er vor ein paar Tagen für ihn gekauft hat. Innerlich schmunzelnd denkt Sugoroku an die Szene zurück, als er ihm die Tafel in die Hand gedrückt hat. Ist er von Yami doch angestrahlt worden, als hätte er ihm einen Schatz überreicht und dann ist dieser auch noch hingegangen und hat die Tafel in lauter kleine Stücke zerschnitten, die nun sicher in einer alten Dose aus Metall aufbewahrt werden. Nur, wenn der Junge so weiter isst, dann wird auch die kleine Stücke-Taktik nicht lange funktionieren.   Nach dem fünften Stück seiner Schokolade schliesst Yami den Deckel der Dose wieder sorgfältig, ehe er sie in die Vorratskammer zurückbringt und auf eines der Regalbretter stellt.   In der Zwischenzeit hat Sugoroku den Tisch abgeräumt und ist jetzt dabei das Geschirr zu spülen. „Ich helfe dir, Grossvater.“ Mit dem Geschirrtuch in der Hand stellt er sich neben dem alten Mann an die Arbeitsplatte und schnappt sich den ersten Becher. Schweigend arbeiten sie Hand in Hand, bis auch die Küche fertig aufgeräumt ist.   Von der schlaflosen Nacht und dem ganzen emotionalen Stress erschöpft lehnt sich Yami nun an die Arbeitsplatte. „Willst du Baldrian, Yami?“, fragend und zugleich besorgt wird er nun von Sugoroku angesehen. Trotzdem schüttelt er den Kopf. „Nein, ich glaube es geht auch so.“ Sich wieder aufrichtend lächelt er seinen Grossvater nun an. Nur erreicht dieses nicht seine Augen. „Ich gehe jetzt schlafen. Gute Nacht.“   „Gute Nacht, mein Junge.“ Nicht wirklich sicher, ob es die richtige Entscheidung ist, Yami den Baldrian nicht aufzuzwingen, sieht er ihm nach, als dieser die Küche verlässt.   Als sich Yami nach einer erfrischenden Dusche in das leere Bett legt, kommen ihm beinahe wieder die Tränen. Nur mit Mühe kann er sie unterdrücken, greift nun dafür aber nach Yugis Kopfkissen und drückt es sich an seine Brust. „Sharik...“   Es dauert lange, aber dann fordert Yamis Körper den benötigten Schlaf ein und er gleitet langsam aber sicher in einen unruhigen Schlaf hinüber, der ihn zurück in seine Vergangenheit führt.   Sorgfältig führt der knapp zwölf Jahre alte Atemu die Handgriffe aus, die ihm Tante Amina vor ein paar Tagen erklärt hatte. Schliesslich will er dem Sklaven nicht noch mehr Schmerzen zufügen, als dieser sowieso schon, durch die eingeklemmten Nerven im Rücken hat. „Das macht Ihr sehr gut Atemu. Wenn Ihr spürt, dass Ihr die richtige Stelle gefunden habt, dann übt einen kontinuierlichen Druck aus, bis euch Elias sagt, dass der Schmerz nachlässt oder ihr merkt, dass sich die Muskeln unter euren Fingern entspannen.“ Geduldig korrigiert Amina die Position seiner Hände, als plötzlich die Tür zu der einfachen Kammer aufgerissen wird.   Erschrocken blicken Atemu und Amina zur Tür, in der sie den Hohepriester Akunadin mit zwei Wachen stehen sehen. Äusserlich ruhig steht Atemu mit vor Schreck wild klopfendem Herzen auf. „Hohepriester Akunadin, was führt Euch hierher?“, beunruhigt mustert Atemu seinen Onkel der ihn mit einem eiskalten Blick mustert. „Das Gleiche könnte ich Euch auch fragen, mein Prinz. Dieser Ort ist eines zukünftigen Pharaos unwürdig.“ Drohend tritt Akunadin auf Atemu zu, der jetzt unsicher einen Schritt zurück tritt. Nur leider wird dadurch Akunadins Aufmerksamkeit auf Tante Amina gelenkt. „Wachen, nehmt die Frau und den Sklaven fest und bringt sie zu Pharao Nesut-anch-Amun.“ Mit gefühlloser Stimme gibt der Hohepriester den Befehl, während er selbst Atemu am Arm packt und diesen regelrecht neben sich her schleifend persönlich zum Pharao bringt.   Als sie in den Thronsaal kommen, knien Amina und Elias schon vor Pharao Nesut-anch-Amun auf dem Boden und werden von den Wachen mit traditionellen Speeren, deren Spitzen sie leicht in ihre Rücken drücken, in Position gehalten.   „Tante Amina!“, Atemu beginnt sich gegen den Griff seines Onkels zu wehren. Allerdings hat er keine Chance gegen den festen Griff. Hilflos blickt er zu seinem Vater der fragend zu Akunadin sieht. „Hohepriester, was ist hier los?“, als die autoritäre Stimme ertönt, stellt Atemu instinktiv seine Gegenwehr ein.   „Pharao Nesut-anch-Amun“, respektvoll senkt Akunadin den Kopf vor seinem Bruder. „Schon seit längerer Zeit hatte ich vermutet, dass die ehemalige Sklavin Amara Amina, die wie Ihr wisst, das Kindermädchen des Prinzen ist, einen schlechten Einfluss auf ihn hat. Heute habe ich endlich den Beweis für meine Vermutung gefunden. Habe ich den jungen Prinzen doch zusammen mit dieser Person und diesem Sklaven bei den Sklavenunterkünften gefunden. Schockiert musste ich feststellen, dass sie die göttliche Gabe des Prinzen dazu missbraucht haben, diesem unwürdigen Subjekt“, abwertend deutet Akunadin auf den Sklaven, „zu dienen.“   Geschockt sieht Atemu seinen Onkel an, dessen Griff sich inzwischen schmerzhaft um seinen Oberarm schlingt. „Das ist nicht wahr. Sie haben mir gezeigt, wie ich Elias bei seinen Rückenschmerzen helfen kann. Sie haben mich nicht missbraucht oder zu irgendwas gezwungen“, vor lauter Wut überschlägt sich seine Stimme regelrecht. Beschwörend sieht er seinen Vater an und hofft inständig, dass dieser den Worten Akunadins nicht glaubt. Doch mit Schrecken muss er feststellen, wie sich das Gesicht des Pharaos verschliesst. „Es ist eines zukünftigen Pharaos nicht würdig, sich um die Sklaven zu kümmern und dazu noch die Finger an diesen dreckigen Subjekten zu entehren.“   „Aber Vater, ich will doch gar nicht Pharao werden. Sondern ein Heiler oder Medimagus“, ruft Atemu schon beinahe verzweifelt in Richtung des Pharaos.   Daraufhin wird Pharao Nesut-anch-Amuns Blick eiskalt. „Dein Schicksal ist es eines Tages die Geschicke dieses Reiches als dessen Pharao Nesut-anch-Ra zu lenken und ich werde nicht zulassen, dass das Kindermädchen Amina dir weiterhin Flausen in den Kopf setzt.“ Mit der Hand deutet der Pharao auf die beiden Personen, die immer noch vor ihm auf dem Boden knien. „Die ehemalige Sklavin Amara Amina wird per sofort aus dem Reich verbannt und auf das nächste Schiff verfrachtet. Egal, was dieses für ein Ziel hat. Schafft sie aus meinen Augen!“   Mit vor Schock geweiteten Augen sieht Atemu seinen Vater an. „Das könnt Ihr doch nicht machen! Vater bitte, nehmt mir Tante Amina nicht weg.“ Mit beinahe übermenschlicher Kraft reisst sich Atemu von seinem Onkel los und stürmt zu Amina, die nun zwischen zwei Wachen steht, die sie gerade wegführen wollen. „Tante Amina“, schluchzend schlingt Atemu seine Arme um sie. „Atemu, Ihr müsst jetzt sehr tapfer sein“, obwohl Aminas Augen feucht glänzen, klingt ihre Stimme sehr sanft. „Vergesst nie, was ich euch beigebracht habe. Egal was andere sagen. Ihr seid ein normaler Mensch, der eine grosse Verantwortung auf seinen Schultern tragen wird. Seid immer weise, gerecht und stark.“ Atemu will gerade etwas erwidern, als er von ihr weggerissen wird. „Tante Amina“, schluchzend will er wieder zu ihr. Doch sie wird nun regelrecht aus dem Thronsaal gezerrt und er hat keine Chance, sich gegen die Wache, die ihn nun am Arm festhält zu behaupten.   Wütend blickt er zum Pharao, der die ganze Szene mit ausdrucksloser Miene beobachtet hat, sich nun aber dem Sklaven zuwendet. „Der Sklave wird den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben, sondern bei lebendigen Leib den heiligen Krokodilen geopfert. Als Wiedergutmachung dafür, dass er meinen Sohn entehrt hat.“ Unter schreien und bitten nach Gnade wird nun auch Elias gepackt und aus dem Thronsaal geschleift. Schockiert steht Atemu einfach nur da und blickt starr auf die Stelle, an der Elias vorher noch gekniet hatte. Nur am Rande bekommt er mit, wie sein Vater mit ihm redet. „Und du mein Sohn, wirst die nächsten Wochen dein Zimmer nicht verlassen, ausser zur Opferung des Sklaven heute Abend und zu deinen Studien. Dafür wird Hohepriester Akunadin persönlich Sorge tragen.“   Willenlos lässt sich Atemu aus dem Thronsaal und in sein Zimmer führen. Kaum ist er in dem luxuriös eingerichteten Schlafzimmer allein, wirft er sich schluchzend auf sein Bett.   Schwitzend und mit vor Verzweiflung verzerrten Gesicht, windet sich Yami auf dem Bett hin und her, wacht aber wie durch ein Wunder nicht auf. Im Gegenteil, sein Unterbewusstsein führt ihn zu einer anderen Begebenheit, die Jahre später auf ihre Art und Weise ebenso traumatisch gewesen ist. „Hoheit, Euer Vater ist soeben bei einer Ministerversammlung überraschend verstorben“, wirft sich der Hohepriester vor Atemu in den Staub. Dieser vernimmt zwar die Worte, kann sie jedoch noch nicht wirklich verstehen, weshalb er sich von seinem Schreibtisch erhebt und nun in die Augen seines Onkels blickt, der soeben mit einer purpurnen Robe über dem Arm den Raum betritt. „Hohepriester Akunadin, was ist passiert?“, eine Antwort verlangend sieht er fest in dessen Augen.   „Hoheit, der Pharao Nesut-anch-Amun ist vor wenigen Minuten überraschend vermutlich an einem Schlaganfall verstorben. Ihr müsst euch jetzt sofort dem Volk als der neue Pharao zeigen, um Unruhen zu verhindern.“ Leicht verneigt sich Akunadin vor seinem noch nicht einmal 19-jährigen Neffen, ehe er auf ihn Zutritt und ihm die Robe über die Schultern und das dunkelblaue Hemd legt und diese so drapiert, wie es die Tradition vorschreibt. „Nun kommt, mein Pharao“, fordert er ihn nun mit einer eindeutigen Geste auf.   Immer noch nicht wirklich realisierend, was hier gerade passiert, folgt Atemu seinem Onkel bis zu dem Balkon, auf dem sein Vater immer die Reden für das Volk zu halten pflegt. Noch bevor er diesen betritt, hört er das aufgeregte Gemurmel, der Leute, die sich wohl unten auf dem Platz schon versammelt haben und auch die Kamera scheint eingeschaltet zu sein, wenn er das rote Licht richtig deutet.   Noch bevor er auf den Balkon treten kann, stellt sich Akunadin ans Mikrophon. „Volk des ägyptischen Grossreiches. Unser geliebter Pharao Nesut-anch-Amun ist vor wenigen Minuten überraschend während er Ausübung seines Amtes verstorben. Doch habt keine Sorge, sein Sohn ist sogleich informiert worden und wird schon in Kürze seinen Platz einnehmen. Lang lebe der zukünftige Pharao Nesut-anch-Ra.“   Kaum hat Atemu die Worte vernommen und diese nun auch endlich wirklich realisiert, wird er von Shimon regelrecht nach vorne geschoben, bis er vollkommen schockiert vor der tosenden Menge steht.   Mit einem lauten Schrei schreckt Yami aus seinem unruhigen Schlaf hoch. „Nein! Tante Amina! Nein!“ Die Arme um seinen Oberkörper schlingend beginnt er vor Verzweiflung und Schmerz zu schluchzen.   Von dem Schrei alarmiert, rennt Sugoroku ohne anzuklopfen in das Zimmer und findet einen vollkommen aufgelösten Yami vor. Sofort setzt er sich neben ihm auf die Matratze und nimmt ihn vorsichtig seitlich in die Arme. „Schsch, ist ja gut. Es war nur ein Traum.“   Sich an Sugorokus Armen festklammernd lässt Yami seinen Tränen freien Lauf, während er immer wieder in seiner Muttersprache vor sich hinmurmelt.   Von den Worten versteht Sugoroku nur Amina. Trotzdem kann er sich denken, dass Yami wohl gerade eine sehr schmerzhafte Erinnerung gehabt haben muss. Weshalb er ihm sanft immer wieder über die Haare streichelt.   Nur am Rande nimmt Yami in seiner Verzweiflung die Anwesenheit Sugorokus wahr, auch wenn sie ihn ein wenig beruhigt. Doch kaum ist der Schock über den Verlust seiner Tante Amina ein wenig abgeklungen, schiebt sich eine weitere schreckliche Erkenntnis in sein Bewusstsein, was ihn geschockt die Augen aufreissen lässt. Sich an den Arm seines Grossvaters festkrallend, begreift er zum ersten Mal die Wahrheit und spricht sie in seiner Muttersprache geschockt aus.   Erstarrt hört Sugoroku die sogar für ihn verständlichen Worte.   „Ich bin der Pharao!“     -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------     Ich wollte hier noch so viel sagen, aber mir fehlen die Worte.   Darum danke ich euch einfach mal, dass ihr alle die Geschichte nun schon so lange mit mir zusammen leben lasst.   Eure mrs_ianto Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)