Prelude of Shadows von yazumi-chan (Die Team Shadow Chroniken) ================================================================================ Chris – Akt 3, Szene 4 ---------------------- 8 Jahre vor Team Shadows Gründung       Chris saß auf der weichen Erde und versuchte Jayden stumm Trost zu spenden, während Irene auf der anderen Seite aus ihrem Rollstuhl heraus einen Arm um seine Schultern legte und ihren Mund gegen sein Haar presste. Jayden kniete vor dem Grab des Trainers, dem Nebel einst gehört hatte, und sah mit tränenüberströmtem Gesicht dem langsam verblassenden Pokémon beim Sterben zu. Nebels Formen lösten sich auf, verschwammen mit dem Rauch, der von den Räucherstäbchen am Grab emporstieg. Als es fast erloschen war, drehte es sich um und lächelte Jayden dankbar an. Jayden schluchzte auf und drückte Chris‘ Hand, bis sie wehtat. Chris ließ ihn gewähren. Die Nebulak waren ihm seit drei Wochen nicht von der Seite gewichen, und keiner von ihnen hatte damit gerechnet, dass Nebel das Grab seines lebenslangen Trainers nur noch ein letztes Mal sehen wollte, bevor es starb. „Shhh …“, beruhigte Irene Jayden und rieb seinen Rücken. „Jetzt sind sie wieder zusammen.“ Jayden nickte, aber seine Hand drückte nur noch fester zu. Hinter ihm materialisierten sich Nebulak und Nora, jeweils hinter Jayden und Irene. Nora schleckte Irene über die Wange, während Nebulak sich nicht rührte. Es war nur eine kalte Aura, aber Jayden schien daraus Kraft zu schöpfen. Er sah zu dem Pokémon auf. Die beiden blickten sich eine lange Zeit in die Augen. Es kam Chris fast so vor, als führten sie ein stilles Gespräch, so wie er das auch manchmal mit Glutexo tat, oder sie mit Pikachu. Ein kaum erkennbares Grinsen formte sich in Nebulaks großem Gesicht. Jayden nickte entschlossen. „Ich werde dich nicht enttäuschen“, verkündete er. Obwohl seine Augen rot und verquollen waren, klang seine Stimme kraftvoll und selbstbewusst. Nebulak neigte leicht den Kopf und verschwand. „Was ist gerade passiert?“, fragte Irene, die mit ihrer freien Hand versuchte, Noras Zunge von ihrem Gesicht fernzuhalten. Chris lächelte und drückte kurz die Hand ihres besten Freundes. „Jayden hat ein neues Pokémon.“     Es war der Abend von Jaydens erstem Auftritt. Obwohl Chris seit Wochen jeden Abend die Proben sah, hätte sie bis heute keine der Schrittfolgen erklären können. Sie saß gelangweilt auf einem der vielen freien Stühle, während die Kimonogirls, wie sie sich selbst nannten, ein letztes Mal ohne Kostüme ihre Schrittfolgen durchgingen. Blitza und Aquana kabbelten sich in einer Ecke, das Psiana der ältesten der Tänzerin leckte gelangweilt seine Pfote und das Nachtara ruhte sich in den Schatten aus. Irene saß neben ihr, wo zwei der Stühle weggeräumt worden waren, um ihrem Rollstuhl Platz zu machen, und rief Jayden Anweisungen zu. „Verpass hier nicht deinen Einsatz, du schaffst das! Und jetzt die Drehung … ja, sehr gut! Sieht super aus. Sieht er nicht super aus?“, endete sie. Chris brauchte einen Moment, bevor sie verstand, dass der letzte Teil an sie gerichtet war. „Jayden?“ Sie dachte darüber nach und sah zu ihrem Freund hinauf. Sein Gesicht war konzentriert, aber lange nicht so verkniffen wie noch am Anfang. Die zwei Wochen Training hatten ihre Wirkung getan. Davon abgesehen war sein Haar bereits in einem Haarnetz eng an seinen Kopf gedrückt und er trug ein schwarzes T-Shirt. „Er sieht aus wie Jayden, nur komischer. Warum fragst du?“ Irene wurde rot. „Ihr reist doch schon lange zusammen, oder?“ „Seit ein paar Monaten.“ „Und da habt ihr nicht … also ich meine …“ Chris sah sie verständnislos an. „Was haben wir nicht?“ „Ach, ist auch egal. Nicht so wichtig!“ Irene widmete sich wieder ihren Anweisungen. Chris runzelte die Stirn. Was meinte Irene damit? Und warum wechselte sie so plötzlich das Thema? „Doch, es ist wichtig“, sagte sie und zog damit Irenes panischen Blick auf sich. „Du wolltest mich etwas fragen, also frag es auch“, forderte sie. Die Zeit mit Irene und Jayden in Teak City war für sie eine komplett neue Erfahrung gewesen. Nicht nur eine Person, die sich die Mühe machte, so mit ihr zu sprechen, dass es verständlich war, sondern gleich zwei. Sie waren zu einem guten Trio geworden. Doch jetzt flüchtete Irene sich hinter Chris‘ Unverständnis und das irritierte sie. Ihre Freundin friemelte nervös an ihrem dunklen Haar. „Es ist nur … ich mag Jayden. Aber ich wollte nicht zwischen dich und ihn kommen, falls du schon Gefühle für ihn hast.“ „Natürlich habe ich Gefühle für ihn“, sagte Chris etwas zu laut. Fiona, die ihnen am nächsten stand, hob interessiert eine Augenbraue. „Er ist mein bester Freund und ich mag ihn.“ „Okay, okay!“ Irene bedeutete ihr hektisch, ruhig zu sein. „Also seid ihr kein Pärchen?“, flüsterte sie aufgeregt. „Du bist nicht in ihn verliebt, du willst ihn nicht küssen oder so?“ Chris dachte darüber nach. Ihre Eltern küssten sich manchmal. Aber sie hatte noch nie darüber nachgedacht, das auch tun zu wollen, auch nicht mit Jayden. Sie hatte ihn sehr lieb, das schon, aber wo war die Grenze zu verliebt? Sie betrachtete Irene genauer. Sie wusste inzwischen, dass Irene dreizehn war, also ein Jahr älter als Jayden und sie, aber irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass ihre fehlenden Kusswünsche damit zu tun hatten. Viel mehr war es ihr einfach nie in den Sinn gekommen. „Nein, möchte ich nicht“, sagte sie daher nach einer Weile. Irene atmete so erleichtert aus, dass Chris grinsen musste. „Aber du schon?“, hakte sie nach. „Psst!“ Irene wurde knallrot. „Ja, ich möchte ihn küssen. Aber das ist ein Geheimnis, also wehe du verrätst es ihm. Ich warte nur noch auf den richtigen Moment, ihn zu fragen.“ Chris war nicht ganz sicher, warum für Küsse besondere Momente abgewartet werden mussten, schließlich hatten ihre Eltern sich auch ganz nebensächlich beim Kochen oder Putzen geküsst. Aber das war auch egal. Wenn es Irene wichtig war, würde sie schweigen. „Meinst du, er mag mich auch?“, fragte Irene vorsichtig. „Natürlich mag er dich“, sagte Chris sofort. „Ja, klar, aber so?“ Bevor Chris darauf antworten konnte, klatschte Fiona laut in die Hände. „Zeit für die Ankleide! Wenn ihr gleich die Aufführung so wie bei der Generalprobe hinlegt, bin ich sehr zufrieden. Gästeeinlass ist in einer Stunde, der Tanz startet eine halbe Stunde später. Und denkt immer daran. Würde!“ „Würde!“, rief die ganze Gruppe zurück. Jayden gab ihnen einen Daumen hoch, dann verschwanden er und die anderen Tänzerinnen hinter der Bühne im Umkleideraum. Irene seufzte laut. „Ich hoffe bloß, er stolpert nicht über Aquanas Schwanz.“ „So wie du?“ „CHRIS!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)