Prelude of Shadows von yazumi-chan (Die Team Shadow Chroniken) ================================================================================ Jayden – Akt 2, Szene 2 ----------------------- 8 Jahre vor Team Shadows Gründung   Jayden fühlte sich wie von einem Rihorn überrannt. Chris hatte seinen Arm um ihre Schulter geschlungen und half ihm, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er hing gekrümmt über ihr, sein Bauch ein einziger, schmerzender Fleck und sein Auge tränte unentwegt. Getrocknetes Blut klebte an seiner Lippe und seinem Kinn. Die alte Frau namens Roberta ging voran. Inzwischen war Jayden klar geworden, dass sie blind war, aber er hatte erschreckend lange für diese Erkenntnis gebraucht. Seine Gedanken hingen in einem Sumpf aus zähflüssigem Schlamm fest. Er wollte nicht in das Pokécenter, nicht nachdem Chris ihn flüsternd vor den Postern gewarnt hatte, die dort hingen, aber was konnte er tun? Er konnte kaum noch aufrecht stehen, und Glumanda brauchte dringend eine Heilung, genau wie Chris‘ Pikachu. Das Georok war stark genug gewesen, um mühelos gegen zwei Pokémon zu gewinnen. Es kämpfte in einer ganz anderen Liga. Und trotzdem hat Nockchan es mit einer einzigen Attacke weggefegt. Jayden schluckte. So dankbar er Roberta war, so sehr flößte die alte Dame ihm Angst und Respekt ein. Vorerst war sie noch auf ihrer Seite. Was würde sie tun, wenn sie erfuhr, dass Jayden ebenfalls nicht besser als ein gewöhnlicher Rocket war? Die Scham und Schuldgefühle schmeckten bitter. Jayden presste das gesunde Auge zusammen, um die Tränen zu vertreiben. Er wollte Glumanda nicht aufgeben. Egal wie viele Scherereien es ihm machte, als es so verletzt dagelegen hatte, war ihm bewusst geworden, wie sehr ihm das kleine Pokémon bereits am Herzen lag. Es abzugeben, war keine Option mehr. Er musste mit seiner Entscheidung leben und weitermachen. Das Sirren der Türen riss Jayden aus seinen Gedanken und er hob mühsam den Blick. Das Pokécenter war leer, nur eine Joy stand hinter der Theke und trat fluchend gegen die Heilmaschine. „Blödes Miststück!“ „Begrüßt man so eine alte Freundin?“, fragte Roberta schmunzelnd. Joy riss den Kopf herum, nahm die Gruppe in Augenschein und seufzte laut auf. „Was machst du denn hier?“, fragte sie und kam hinter dem Tresen hervor. „Und was ist mit dem Jungen passiert? Liebe Güte, bring ihn hier rüber.“ Zum zweiten Mal in einer Woche fand Jayden sich in dem Behandlungsraum eines Pokécenters wieder. Die hier arbeitende Joy war ihm jedoch tausendmal lieber als der Muskelprotz aus Vertania City. Während Joy sein Nasenbluten mit kleinen Wattebäuschen stopfte und einen Verbandskasten mit Desinfektionsmitteln und Verbänden hervorkramte, streckte Roberta eine Hand aus. „Gebt mir eure Pokébälle, ich kümmere mich um die beiden.“ Joy sah auf. „Weißt du noch, wie die Maschine funktioniert?“ „Dieser neumodige Schnickschnack am Eingang? Nein. Aber die alte Dame im Lager kenne ich noch gut.“ Jayden reichte ihr seinen Pokéball. Chris tat es ihm gleich. Die beiden tauschten einen vielsagenden Blick. Wenn die blinde Frau die Heilung übernahm, kamen sie vielleicht doch noch unentdeckt hier raus. Als Roberta zurückkehrte, war Joy bereits mit den größten Wunden fertig. Sie tupfte gerade die Platzwunde an seiner Schläfe ab, als das Klacken ihres Stocks ihr Kommen ankündigte. „Möchtest du mir jetzt erzählen, was passiert ist?“, fragte Joy ruhig. „Wer hat den Jungen so zugerichtet? Das war kein normaler Fall oder Pokémonangriff im Gras.“ „Ihr Name war Chloe“, sagte Chris. Jayden sah zu, wie die Züge der Joy entgleisten. „Sie hat Jaydens Geld gestohlen und ihn dann verprügelt.“ „Ich muss dazusagen, dass mein Pokémon zuerst ihre Rücksäcke abgefackelt hat“, gab Jayden fairerweise zu. „Sie hat also nicht ganz grundlos angegriffen.“ Joy starrte ihn immer noch an. Ihr Blick wanderte über sein zugerichtetes Gesicht, so als sähe sie zum ersten Mal wirklich den Schaden, der angerichtet worden war. „Das kann nicht sein“, sagte sie nach einer Weile. „Meine Tochter … sie mag kein einfaches Mädchen sein und sie hat gerade eine rebellische Phase, aber das würde … das würde sie nicht tun.“ „Ich fürchte, die Kinder haben Recht“, sagte Roberta und tastete nach Joys Schulter, um sie zu drücken. „Chloe ist auf Abwege gekommen. Sie ist wütend auf jeden, am allermeisten auf sich selbst, und sie zögert nicht, in ihrer Wut blind um sich zu schlagen.“ „Als sie nicht in meine Fußstapfen treten wollte, habe ich versucht, sie zu verstehen“, flüsterte Joy. „Seit vier Generationen heilt meine Familie Pokémon, und Chloe wollte mit dieser Tradition brechen. Aber ich habe sie ziehen lassen. Und das ist, was auf ihren Reisen aus ihr geworden ist? Oh, dieses Mädchen, wenn ich sie in die Finger kriege!“ „Ich werde ihr weiter folgen“, versicherte Roberta. „Wer weiß, vielleicht dringe ich noch zu ihr durch.“ Joys Augen wanderten zu der blinden Frau. „Ich danke dir, Roberta. Ich weiß, dass du lieber deine Zeit zuhause genießen würdest, als ihr hinterherzujagen. Das sehe ich nicht als selbstverständlich an. Und Kora würde das auch nicht tun.“ Das Lächeln der Alten wurde brüchig. „Das weiß ich. Danke für deine Worte, Teresia.“ „Teresia?“, murmelte Jayden. „Heißen Sie nicht Joy?“ „Natürlich nicht“, lachte Joy und machte sich wieder an die Arbeit, ihren Koffer einzupacken. „Hast du geglaubt, jede Person, die Schwester Joy wird, heißt auch so? Das ist ein Titel, den wir übernehmen, um weitreisenden Trainern in jedem Pokécenter einen bekannten Zufluchtsort zu gewähren. Eine fremde Stadt ist gleich viel weniger angsteinflößend, wenn man weiß, wie die Frau hinter der Theke heißt, die sich um die verletzten Pokémon kümmert. Es fördert das Vertrauen. Aber mein richtiger Name ist Teresia.“ „Dann danke, Teresia“, sagte Jayden und betastete den Verband über seinem Auge. Sie schmunzelte ihn an, ein Hauch von Trauer in ihren Augen. „Gern geschehen. Auch wenn ich wünschte, dass es nicht nötig gewesen wäre.“     Sie verließen das Pokécenter unter viel Aufhebens von Joy, die ihnen unbedingt ein Zimmer anbieten wollte, aber da Jaydens Trainer-ID seinen Namen verriet und Chris noch keine besaß, wimmelten sie Chloes Mutter mit Ausreden von Freunden, bei denen sie übernachten wollten, ab und flohen förmlich nach draußen. Jayden ging schnellen Schrittes los, doch Chris packte ihn am Arm und zog ihn zurück in den Schatten des Pokécenters. „Was denn?“, murrte er und riss sich los. „Guck mal nach oben.“ Jayden hob den Kopf. Sein Herz machte einen Purzelbaum, als er das Tauboss entdeckte, das gerade über der Stadt seine Kreise zog. Auf seinem Rücken konnte er zwei Gestalten ausmachen. „Blue und Nicole“ stöhnte er und presste sich gegen die Hauswand. „Wir sind geliefert!“ „Sind wir nicht. Siehst du den Berg dort hinten?“ Chris deutete nach Süden, wo sich auf Höhe der Wildwiesen eine kleine Felskuppe emporhob. „Ich habe Roberta gefragt, wo wir ungestört von Chloe trainieren können, und sie sagte, wir können den Digdatunnel benutzen. Er führt direkt nach Orania City und wir können unsere Schwächen gegen Boden- und Gesteinpokémon ausmerzen.“ „Wollen wir nicht abhauen?“, fragte Jayden. „Blue ist hier. Früher oder später werden sie uns auf dem Weg zum Pokécenter entdecken.“ Chris warf ihm einen abfälligen Blick zu. „Ich gehe nicht, bevor ich Chloe nicht besiegt habe. Sie hat uns gedemütigt. Wir werden es ihr heimzahlen.“ Jayden sah seine eigentümliche Freundin an. Er hatte sie noch nie so leidenschaftlich gesehen. Und er musste zugeben, dass ihr Vorschlag unglaublich gut klang. Chloe und ihren Speichelleckern eins auswischen? Das war das Risiko der Entdeckung wert. „Machen wir es“, stimmte er Chris zu und hielt ihr seine Faust hin. Sie starrte die Hand verwundert an. „Du musst mit deiner Faust dagegen schlagen“, erklärte er. Chris hob zaghaft ihre Hand. „Warum?“ „Keine Ahnung“, sagte Jayden stirnrunzelnd. „Aber das macht man so, wenn man cool ist und sich auf etwas einigt. Oder so. Ich hab da noch nie so genau drüber nachgedacht.“ „Vielleicht solltest du das mal“, sagte Chris und schlug mit voller Wucht gegen seine Faust. „AU!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)