Die Seele der Zeit von Sechmet (Yu-Gi-Oh! Part 6) ================================================================================ Kapitel 12: Unerwartete Hilfe ----------------------------- Tjaja, kaum hat das Studentenleben begonnen, schwindet die Freizeit. Das nächste Kapitel ist dennoch fertig geworden. Viel Spaß damit und herzlichen Dank an 3sakuraharuno3 und Aton für die lieben Kommentare zum vorherigen Part. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Unerwartete Hilfe Atemu war gerade wieder auf die Beine gekommen, da sackte er erneut in sich zusammen. Mit einem erschütternden Schrei fiel der geflügelte Drache des Ra unter den Angriffen des gegnerischen Wesens vom Himmel herab. Sand wirbelte auch und hüllte ihn ein, als er auf dem Boden aufschlug. Nur Augenblicke später folgte ihm die Bestie Setos. Dieser hielt sich den Bauch, während seine Züge von dem Schmerz zeugten, der durch seinen Körper zuckte. Noch immer hatte sich das feindliche Wesen nicht gezeigt, dafür hatte es allerdings begonnen, eine regelrechte Salve an glühenden Kugeln auszusenden, die ihr Ziel selten verfehlten. Auch Marlics Ka-Bestie wurde schließlich von den Füßen gerissen und Meter weit durch die Luft geschleudert. Er stöhnte, als er sich an den Oberkörper griff. Auch bei Yugi und Joey sah es nicht besser aus. Sie hatten große Mühe, der Masse nachrückender Kämpfer Herr zu werden. Der Schweiß lief ihnen von der Stirn und auch sie spürten das Leid der Kreaturen, wenn diesen Schaden zugefügt wurde. Atemus Blick verschwamm. Er fühlte, dass der geflügelte Drache kaum noch fähig war, sich abermals zu erheben. Immer wieder wogte der Schmerz durch seinen Körper. Es durfte nicht sein... sie durften nicht verlieren! Das Schicksal des gesamten Königreichs hing davon ab. Und mit ihm das Leben tausender unschuldiger Menschen! Mühsam versuchte er, sich an der Mauer hochzuziehen. Immer wieder gaben seine Beine nach. Er konnte sich in Anbetracht seiner Lebenskraft kaum noch erlauben, den geflügelten Drachen auf dem Schlachtfeld zu lassen. Aber es konnte doch nicht vorbei sein... Da drang plötzlich der Ruf eines Horns an sein Ohr. Das musste Caesian sein. Er blies zum Finale. Mit letzten Leibeskräften stemmte sich Atemu auf die Beine, suchte Halt am Stein, der Men-nefer hätte schützen sollen. Was er dann sah, ließ ihn vor Verwunderung keuchen. „Das... Cousin!“ Caesian, der, abgesehen von seinen unbewaffneten Beratern und zwei Soldaten, alleine in Mitten der Wüste stand, war herum gefahren. Am Horizont waren wie aus dem Nichts dutzende, wenn nicht gar hunderte schwarz gekleideter Gestalten erschienen. Sie waren offenbar nicht zu Fuß, ansonsten hätten sie sich nicht mit solcher Geschwindigkeit genähert. Und sie waren nicht alleine- an ihrer Seite, vor ihnen, über ihren Köpfen, begleiteten sie unzählige Ka-Bestien verschiedenster Art. „Die Schattentänzer...“, keuchte der Hohepriester. „Auch das noch... das hat uns gerade noch gefehlt.“ Sein weißer Drache stemmte sich unter Verwendung seiner letzten Kräfte auf die Beine. Aus dem Maul der Bestie tropfte stetig Blut. Auch an Setos Kinn lief ein Rinnsal herab. Energisch wischte er es weg. „Ich werde Men-nefer nicht an einen irren Feldherren und eine Bande von streunenden Hunden übergeben!“ „Vielleicht solltet Ihr nicht allzu voreilig sein!“, rief Atemu. „Seht!“ Tatsächlich. Was der Hohepriester am Horizont erblicken konnte, ließ ihn ungläubig die Augen aufreißen. Einige der Krieger hatten sich aus der schwarzen Masse heraus gelöst und hielten nun direkt auf Caesian zu, dicht gefolgt von ihren Monstern. Augenblicklich ging eine Salve von weißen Kugeln krachend auf sie nieder und riss den einen oder anderen vom Pferd. Zwei Ka-Bestien brachen auf der Stelle tot zusammen, als ihre Zwillingsseelen das Leben aushauchten und sich in grauen Rauch auflösten. Einem weiteren Duo jedoch gelang es, den Angriffen zu entgehen. Sie preschten vor und stürzten sich auf die beiden Soldaten, die an Caesians Seite verblieben waren. Inzwischen hatten einige feindliche Kämpfer ihr Vorhaben, in die Stadt einzudringen, verworfen, um ihrem Herren zu Hilfe zu eilen. Sie wurden jedoch von den übrigen Schattentänzern abgefangen, noch ehe sie in seine Nähe kamen. Schwerter zuckten durch die Luft, Pfeile flogen. Einige Mitglieder der dunklen Horde lösten sich aus dem Konflikt, stürmten unter der Führung von zwei anderen Men-nefer entgegen. Mehrere Ka-Bestien folgten und fielen unter wütenden Lauten über jene her, die noch immer das Loch in den Mauern belagerten. Ein paar von Caesians halb toten Männern versuchten, aus der Situation noch das Beste zu machen, indem sie sich wenigstens einer der zwei mächtigsten Kreaturen auf dem Feld entledigten. Gemeinsam gingen sie auf den geflügelten Drachen des Ra los, der noch immer im Staub lag. Seto wollte seinem verwundeten Monster den Befehl geben, einzugreifen, da war es bereits vorbei. Kurz zuckte ein flammender Strahl vom Himmel herab, dann ein Knall. Sie feindlichen Krieger gingen brüllend in Flammen auf, in einem Feuer, das alles verzehrte. Sekunden später entstieg dem Qualm ein Pferd mit leuchtend roten Schwingen und brennender Mähne. Caesian beobachtete das Geschehen mit vor Schreck geweiteten Augen. Er war so kurz davor gewesen. So wahnsinnig kurz! An diesem Tag hätte Men-nefer ihm gehören sollen! Er biss sich die Unterlippe vor Wut beinahe blutig. Offenbar hatte er die beiden Halunken, die neulich in sein Lager eingedrungen waren, unterschätzt. Es handelte sich anscheinend nicht um eine kleine Gruppe Krimineller, die an dem Gold der Artefakte interessiert waren. Nein, da steckte mehr dahinter. Vielleicht besaßen sie ja tatsächlich Wissen um die Macht der Relikte... In all dem Durcheinander fiel niemandem auf, wie seine Bestie im Schatten seines Pferdes erschien. Ein langer, dunkelbrauner Mantel verhüllte den gesamten Körper. „Wir müssen uns zurück ziehen. Dafür werden diese Missgeburten büßen.“ Augenblicklich verschwand das Wesen wieder. Nur einen Augenaufschlag später suchten sämtliche Truppen, die ihm unterstanden, ihr Heil in der Flucht. Doch dies schien den Schattentänzern nicht zu genügen. Sie nahmen die Verfolgung auf. Resignierend riss Caesian sein Pferd herum. „Das werdet ihr bereuen. Beim nächsten Mal wird es anders sein. Darauf könnt ihr Gift nehmen!“, knurrte er, ehe auch er sich rasch vom Schlachtfeld entfernte. Hinter ihm erklang ein weiteres Mal der Ruf eines Horns. Atemu konnte es nicht glauben. Sie hatten es geschafft! Caesian floh, ebenso wie der Rest seiner Truppen, die noch bis zum Horizont von den Schattentänzern verfolgt wurden. Schließlich lösten sich die Kontrahenten voneinander. Während der feindliche Feldherr mit seinen Kriegern gen Norden entkam, verschwanden die dunklen Gestalten der geheimen Verbindung im Westen. Erleichtert sackte der Pharao auf die Knie. Es war vorbei. Die Schlacht war endlich vorüber. Er schloss erschöpft die Augen. Egal, was Seto auch dazu sagen mochte, dass sie es nicht aus eigener Kraft geschafft hatten- für ihn zählte nur, dass sein Volk in Sicherheit war. Er sah auf, als sich hastige Schritte näherten. Es war Yugi, der ihm besorgt eine Hand auf die Schulter legte. „Ist alles in Ordnung?“ „Ja... jetzt ist wieder alles in Ordnung, Partner“, erwiderte der Pharao mit einem schwachen Lächeln. Erleichtert rief er den geflügelten Drachen des Ra vom Schlachtfeld zurück. Sofort entspannte sich sein gesamter Körper. Er musste seine Kräfte nicht mehr aufteilen. Ebenfalls entkräftet ließ sich der Kleinere von ihnen an der Mauer herab sinken. Dankbar lehnte er den Kopf an den kühlen Stein. „Was ist mit Joey?“, erkundigte sich Atemu. „Ihm geht es gut, keine Sorge. Sein Rotauge sucht gerade einige Trümmer zusammen, um das Loch zu schließen“, erwiderte sein Gegenüber. Sie sahen sich um, als sich noch jemand keuchend an die Mauer lehnte. Es war Marlic, dem ein blutiges Rinnsal über das Gesicht lief. „Du bist ja verletzt!“, rief Yugi sogleich aus und wollte sich in einem Anflug von Hilfsbereitschaft erheben, der ihn die Vergangenheit wohl völlig vergessen ließ. Doch der andere winkte unbeeindruckt ab und fuhr sich einmal mit der Hand über das Antlitz. „Halb so wild. Ist nur ein Kratzer. Viel schlimmer sind die Kopfschmerzen“, erwiderte Marlic, während er sich die Schläfe massierte. „Ich weiß echt nicht, was der Kerl für ein Problem hat! Immer auf den Schädel von meinem armen Des Gardius! Dafür werde ich den Typ ausweiden, das verspreche ich hoch und heilig, bei Ra!“ Er schloss für einen Moment die Augen, öffnete sie dann aber gleich wieder und ließ seinen Blick umher schweifen. Plötzlich hielt er inne und beugte sich nach vorne, um besser hinab in die Stadt blicken zu können. Ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen. „Hey, was machst du denn hier, Bakura? Ist es dir im Kerker auf Dauer doch zu ungemütlich geworden?“ „Wahnsinnig witzig, ich lach mich schlapp!“, keifte es sofort von unten zurück. Auch Atemu und Yugi lehnten sich rasch nach vorne. Tatsächlich, es war der Grabräuber. Was sie dabei jedoch mehr verwunderte, war der Umstand, dass er gemeinsam mit Tea, Marik, Mana und Ryou erschienen war. Außerdem war ein Mann bei ihnen, den sie nicht kannten. „Atemu, ist alles in Ordnung?“, rief die Hofmagierin sofort, als sie ihn erblickte. „Was ist passiert? Wir haben nur ein Horn gehört.“ „Keine Sorge, wir haben es geschafft“, erwiderte der Pharao matt, aber freundlich. „Wenn auch mit außergewöhnlicher Hilfe.“ „Was soll das heißen?“, hakte Mana nach. „Die Schattentänzer. Ich weiß nicht warum, aber sie tauchten plötzlich auf und haben uns geholfen.“ Keiros Kopf schoss augenblicklich empor und fixierte Atemu einen Moment. Dann stürmte er die Treppe an der Mauer hinauf und fiel beinahe über die Umgrenzung, als er schlitternd zum Stehen kam. „Was soll das? Hat dir irgendwer erlaubt, hier rauf zu kommen?“, meckerte Seto sofort, der angesichts seines Zustands mehr als ungehalten war. Doch Keiro ließ sich davon gar nicht irritieren. Sein Blick glitt einen Moment suchend über das Schlachtfeld, dann begann er breit zu grinsen. „Bei allen Göttern. Dass ich das noch erleben darf“, murmelte er. Sie alle waren vollkommen erschöpft. Doch zugleich ließen sie die Ereignisse des Tages keinen Schlaf finden. Als die Sonne Abschied von der Welt nahm, um dem Mond Platz zu machen, fanden sie sich alle in einem der großen Säle des Palastes ein. Gierig schlangen sie das Essen herunter, das die Diener gebracht hatten. Der einzige, der dies nicht tat und stattdessen eine grimmige Miene zog, war Seto. „Dein Name ist also Keiro. Und du bist sein Bruder“, meinte er mit einem Nicken in Bakuras Richtung. Sofort wurden alle hellhörig. „Das ist richtig. Genau genommen sind wir Zwillinge“, erwiderte der junge Mann, der tatsächlich eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Grabräuber hatte. Ryou schluckte. Es gab also zwei von der Sorte? Herrjemine... „Wenn das richtig ist, dann lag unser großer König der Diebe wohl vollkommen falsch“, fuhr der Hohepriester fort. Bakura hatte inzwischen wieder aus seiner Starre heraus gefunden. Augenblicklich funkelte er den Cousin des Pharao böse an. „Was soll das heißen?“ „Nun, hast du nicht damals behauptet, man habe deine gesamte Familie ausgelöscht? Dem ist wohl nicht so, wie mir scheint.“ „Erstens...“, zischte der Grabräuber. „...ging ich tatsächlich davon aus. Zweitens sind auch so genügend Menschen ums Leben gekommen.“ „Ach komm, hör schon auf!“, erwiderte Seto. „Jetzt versuch' hier nicht uns weiß zu machen, du hättest das alles aus reiner Nächstenliebe getan!“ „Genau, lass das!“, mischte sich Marlic ein. „Denn wenn es so wäre, geriete mein Bild, das ich von dir habe, deutlich ins Wanken.“ Bakura wollte gerade zu einer geschmalzenen Antwort ansetzen, als Atemu dazwischen ging. „Schluss damit! Was geschehen ist, ist geschehen. Daran können wir nichts mehr ändern, ganz gleich welche Beweggründe alle Beteiligten damals getrieben haben! Was zählt ist die Gegenwart. Und die sieht alles andere als rosig aus.“ Er machte eine kurze Pause, um sicher zu gehen, dass keiner der Anwesend weiter keifen würde. „Gut. Also, Keiro. Ich hätte da einige Fragen an dich.“ Der Angesprochene nickte. „Nur zu, Euer Hoheit. Sofern ich fähig bin, sie zu beantworten, werde ich das gerne tun.“ Bakura, der soeben einen Schluck Wasser getrunken hatte, spuckte diesen augenblicklich zurück in seinen Becher. „Wie bitte?“ Er erntete einen verdutzten Blick seines Bruders. „Irgendwelche Einwände?“ „Ja, die habe ich allerdings! Du sitzt hier dem Mann gegenüber, dessen Vater und Onkel für den Angriff auf Kul Elna verantwortlich waren! Und dann redest du ihn noch mit 'Euer Hoheit' an und verhältst dich wie der übliche, unterwürfige Pöbel?“ Atemu sagte dazu nichts. Er hatte früher oder später mit Vorwürfen dieser Art gerechnet. Nun lag sein prüfender Blick auf Keiro. Der seufzte. „Ihr seid euch wirklich so ähnlich...“, murmelte er. „Was?“, hakte Bakura sofort nach. „Ich sagte, dass ich das anders sehe, als du. Aber dies ist etwas, das wir bei einer anderen Gelegenheit besprechen sollten. Nur zu, Pharao. Stellt Eure fragen.“ Atemu nickte. „Gut. Als ich die Schattentänzer erwähnte, bist du direkt die Mauer hoch gestürmt. Was hatte das zu bedeuten?“ „Nun, ich gehörte einst diesem Clan an. Da mir dadurch ihre Einstellung bezüglich der Krone vertraut ist, hat mich ihr Eingreifen in diese Schlacht überrascht.“ Sofort beugte sich Seto nach vorne. „Du warst ein Mitglied der Schattentänzer?“ „So ist es“, bestätigte Keiro. „Ich war es. Nach dem Angriff auf Kul Elna griffen sie mich auf und halfen mir, bis meine Wunden verheilt waren. Ich blieb noch eine ganze Weile bei ihnen, doch ich teilte ihren strengen Glauben nicht. Ebenso wenig hatte ich Interesse daran, in der Kunst der schwarzen Magie unterwiesen zu werden. Wie ihr wohl wisst, sind die Schattentänzer eine Gruppe Aussätziger, da sie insbesondere Gottheiten wie Seth und Sachmet verehren. Götter, die für das Böse, Dunkle stehen. Eines Tages kehrte ich ihnen den Rücken- aber nicht ohne eines ihrer absoluten Heiligtümer mit mir zu nehmen. Seitdem bin ich in ihren Kreisen... nun, man könnte sagen, nicht mehr gerne gesehen“, schloss der Weißhaarige mit einem schelmischen Grinsen. „Nicht gerade die feine englische Art, die Leute zu beklauen, die einem geholfen haben“, warf Joey ein. Doch Keiro winkte ab. „Liegt eben in der Familie“, meinte er mit Seitenblick auf Bakura. „Aber Spaß beiseite. Warum erzähle ich euch überhaupt von meinem kleinen Diebesgut? Weil ich glaube, dass es etwas mit diesem Caesian zu tun hat.“ Atemu zog die Augenbrauen nach oben. „Inwiefern?“ Keiro griff an seinen Hals und löste das Tuch, das darum geschlungen war. Unter dem hellen Stoff kam ein goldenes Amulett aus reinstem Edelmetall zum Vorschein. In der Mitte befand sich ein Skarabäus, der von zwei Flügeln eingehüllt wurde. Er löste die Kette und breitete sie auf dem Tisch aus. „Und in welcher Verbindung soll dieses- zweifellos prachtvolle- Schmuckstück zu Caesian stehen?“, erkundigte sich Seto. Doch Keiro hob den Zeigefinger. „Urteilt nicht voreilig, Hohepriester. Das ist nicht nur gewöhnlicher Schmuck. Aber dafür muss ich etwas weiter ausholen.“ Er lehnte sich zurück, die Augen fest auf das Amulett gerichtet. „Eine Legende besagt, dass den Göttern vor langer Zeit noch mehr Macht zu eigen war, als es heute der Fall ist. Zugleich waren sie jedoch keine Kreaturen ohne Seele und Gefühle. Nur allzu oft verleiteten diese sie dazu, ihre Kräfte zu missbrauchen. So beschlossen die Stärksten unter ihnen eines Tages zum Schutz der Welt ihre Macht zu verringern. Sie sperrten einen Teil davon- neben allen Gefühlsregungen, die diese Welt kennt- in zehn Artefakte ein und versteckten diese in ganz Ägypten, auf dass sie niemals gefunden werden sollten. Doch leider war dem nicht so. Ihre Ruhe wurde gestört. Eines dieser Relikte der Götter, meine Freunde, liegt direkt vor euch.“ Auf der Stelle beugten sich alle nach vorne, um einen genaueren Blick auf das Amulett erhaschen zu können. Lediglich Seto verharrte auf seinem Stuhl. „Wie du bereits sagtest, handelt es sich dabei um eine Legende. Die ägyptischen Herrscher haben das ganze Land nach diesen Gegenständen durchkämmt und nichts dergleichen gefunden.“ „Und daraus schließt du direkt, dass sie nicht existieren können? Man, du hast echt mehr Gemeinsamkeiten mit Seto Kaiba, als ich dachte!“, kommentierte Joey, woraufhin er einen bösen Blick erntete. „Lass dem Hohepriester ruhig seine Zweifel, mein Lieber“, mischte sich Keiro ein. „Umso mehr Spaß wird es machen, sie ihm zu nehmen. Mal im Ernst: Habt ihr euch noch gar nicht gefragt, woher Caesian die Kraft nimmt, Ägypten derartig zu zusetzen?“ „Natürlich haben wir das“, antwortete Atemu. „Aber worauf willst du hinaus?“ „Ich hatte vor einigen Tagen die Gelegenheit, mit einem alten Freund von mir zu sprechen- seines Zeichens ein Schattentänzer, aber er war mir noch einen Gefallen schuldig. Dieser berichtete, dass der Clan davon überzeugt ist, Caesian habe es geschafft, eines der Relikte in seine Gewalt zu bringen. Es soll sich dabei um das Zepter des Seth handeln.“ „Und wozu ist dieses Artefakt in der Lage?“, hakte der Pharao nach. „Nun, Seth ist laut den Überlieferungen der Gott der Wüste. Soweit mir bekannt ist, kann das Zepter Sandstürme herauf beschwören, eine Fata Morgana erzeugen...“ „Das ist es!“, unterbrach ihn Yugi nach kurzem Zögern. „Eine Fata Morgana! Atemu, du hast doch erzählt, dass von Weit und Breit keine Soldaten für Caesian nachgerückt sind, richtig?“ „Ich glaube, ich weiß, worauf du hinaus willst“, schloss sich Ryou unter den fragenden Blicken der anderen an. „Bedenkt doch einmal! Wenn er eine Luftspiegelung erzeugt hat, um seine Krieger zu verbergen, dann sind diese nicht einfach aus dem Nichts aufgetaucht! Eure Späher hatten lediglich keine Möglichkeit, sie kommen zu sehen.“ „Eine Luft... was?“, meinte Mana und kratzte sich am Kopf. „Eine Fata Morgana“, antwortete Yugi. „Caesian hat seine Truppen im Schutz einer Fata Morgana nachrücken lassen.“ „Das klingt total abgedreht“, warf Joey ein. „Aber zugleich auch logisch“, fügte Tea hinzu. „Gut, damit wäre also schon mal ein Teil der Zweifel des werten Hohepriesters ausgeräumt“, meldete sich Keiro wieder zu Wort. „Nun zur anderen Hälfe. Euer Gnaden- wo glaubt ihr kamen die ganzen Leichen her, die plötzlich aufstanden und erneut begonnen haben, Men-nefer anzugreifen?“ Sein Blick durchbohrte Seto regelrecht, als er sah, dass er gewonnen hatte. Der Braunhaarige musste sich geschlagen geben. Da war es tatsächlich nicht mit rechten Dingen zugegangen. Schließlich fuhr Keiro mit schelmischem Grinsen fort. „Wie gesagt: Die Schattentänzer gingen zu dem Zeitpunkt, da ich meinen alten Bekannten ausgehorcht habe, davon aus, Caesian sei im Besitz eines Artefakts. Ich glaube, dass sich das inzwischen geändert hat. Diese lebenden Toten waren ein allzu deutliches Anzeichen dafür.“ „Um welches Relikt handelt es sich deiner Meinung nach dabei?“, fragte Atemu. „Die Tränen der Nephthys. Nephthys ist eine Göttin, die für die Trauer um die Toten steht. Folglich...“ „...könnte ihr Artefakt die Macht besitzen, gefallenen Soldaten wieder Leben einzuhauchen“, vervollständigte Marik den Satz. „Denkst du, er wird noch weitere davon suchen?“ „Ich gehe davon aus“, meinte Keiro, während er mit den Schultern zuckte. „So machtsüchtig wie er ist... Zudem wird dieses Streben noch von dem Zepter Seths genährt werden. Diese Gottheit ist den Legenden nach eine, die stets auf Macht aus war. Wenn es stimmt, dass die größten Kräfte dieser Welt ihre Gefühle in die Relikte verbannten, dann versiegelte Seth gewiss diesen Teil von sich, der ihn und das Land immer wieder in Schwierigkeiten brachte.“ „Hast du irgendeine Ahnung, wo sich die anderen Gegenstände befinden? Du sagtest, es gäbe insgesamt zehn davon. Eines liegt direkt vor uns. Zwei hat Caesian. Was ist mit den anderen?“, fragte Yugi aufgeregt. „Vier befinden sich im Besitz der Schattentänzer. Oder besser befanden... Da dieser großartige Möchtegernherrscher die Tränen der Nephthys in die Hände bekommen konnte, sind es jetzt noch drei“, fuhr Keiro fort. „Soweit mir bekannt ist, handelt es sich dabei um die Feder des Thot, Anubis' Dolch und die Saat des Chnum.“ „Das macht unter dem Strich noch vier Relikte...“, warf Marik ein. „...welche bis heute als verschwunden gelten“, vervollständigte diesmal der Weißhaarige den Satz. Er wandte überrascht den Kopf um, als sich Seto plötzlich erhob. „Gut. Wenn die Schattentänzer drei von diesen Gegenständen haben, dann wirst du uns als nächstes verraten, wo wir diese Bastarde finden können.“ „Damit ihr sie in euren Besitz bringen und selbst gebrauchen könnt? Niemals.“ „Wie war das noch, du willst dem Pharao all seine Fragen beantworten?“, mischte sich Bakura mit hämischem Unterton ein. „Diese nicht. Außerdem kam sie von einem Hohepriester.“ Keiro wandte sich wieder an Atemu. „Glaubt mir, mein Pharao. Es hätte keinen Sinn, diese Relikte an sich zu reißen und gegen den Feind einzusetzen. Zudem glaube ich, dass sie bei den Schattentänzern bestens aufgehoben sind, auch, wenn sie eines an Caesian verloren haben.“ „Und weshalb?“, erkundigte sich der junge König. „Diese Relikte bergen die Macht und die Gefühle der Götter selbst. Empfindungen die stärker sind, als die eines jeden Menschen. Sie sind nicht dazu bestimmt, von Sterblichen geführt zu werden. Ein jeder, der es dennoch tut, gefährdet die Existenz der gesamten Welt, wie wir sie kennen. Caesian hat das Gleichgewicht mit Sicherheit bereits erheblich gestört. Jeder weitere Einsatz der Artefakte könnte der letzte sein. Die Schattentänzer hingegen haben es sich zur Aufgabe gemacht, sie vor jeglichem Missbrauch zu bewahren. Und selbst, wenn sie eines davon an den Feind verloren haben, so gelang es ihnen doch, drei zu schützen. Womit wir den ersten Grund hätten, weshalb ich Euch nicht verraten werde, wo sich der Clan aufhält. Ihr seid der König dieses Landes, mein Pharao, und ich bin Euch treu ergeben. Zugleich seid Ihr jedoch auch ein Fremder für mich. Niemand gibt mir die Garantie, dass ihr die Relikte wahrlich unberührt lassen werdet. Der andere liegt ebenfalls auf der Hand. Men-nefer steht kurz vor dem Fall. Caesian hat wahrscheinlich nicht einmal den Hauch einer Ahnung, was die Schattentänzer sind und weiß deshalb auch nicht, wo sie sich befinden. Somit sind die Gegenstände derzeit in Sicherheit. Und Punkt Nummer drei ist schlichtweg ein Schwur, den ich einst gab, und der besagte, dass ich den Clan niemals verraten würde, gleich, was geschieht. Ja, ich mag ein Dieb sein“, meinte Keiro mit Nicken in Richtung des Amuletts. „Aber ich bin auch ein Mann von Ehre.“ „Das ist unerhört!“, polterte Seto bereits los, als sein Cousin ihn mit einer Geste zum Schweigen brachte. „Ich verstehe deine Bedenken nur zu gut. Vor allem in Anbetracht dessen, was euch vor etlichen Jahren zugestoßen ist.“ Bakura kommentierte diese Stelle mit einem abfälligen Schnauben. „Doch sei versichert, dass ich nicht daran denke, die Relikte zu missbrauchen- nicht nach allem, was du erzählt hast. Um dir dies zu beweisen, möchte ich dich bitten, weiterhin auf dieses Amulett zu achten.“ „Mein König! Mit Verlaub, dieser Mann ist verwandt mit...“, warf der Hohepriester ein, doch Atemu gebot ihm abermals Einhalt. „Gerade Ihr solltet wissen, dass die Verwandtschaft nicht immer aussagekräftig genug ist.“ Als Seto die Worte im Hals stecken geblieben waren, neigte Keiro dankbar das Haupt. Er griff nach dem Schmuckstück und legte es wieder um seinen Hals, ehe er es erneut unter dem Tuch verbarg. „Nur eine Frage noch. Anschließend sollten wir alle etwas ruhen, solange wir dazu die Möglichkeit haben- das wird nicht Caesians letzter Überfall gewesen sein. Außerdem habt ihr euch gewiss noch viel zu erzählen. Man findet nicht jeden Tag einen tot geglaubten Bruder wieder“, meinte Atemu. „Was für eine Artefakt ist das?“, fragte er schließlich. Erneut erschien das Grinsen eines wahren Schelms auf Keiros Zügen. „Bastets Amulett. Das Relikt der Göttin der Liebe.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Keiros explains it all. Eigentlich wäre auch das ein passender Titel gewesen, aber irgendwie klingt er dann doch zu ironisch. Jetzt ist die Katze jedenfalls aus dem Sack. Im nächsten Kapitel wird Caesian mal etwas genauer in Erscheinung treten, immerhin war der gute Herr ja bislang nur das Übel am Rande der Geschichte. Ich erbitte mir allerdings etwas Zeit- das Lernpensum, das ich derzeit stemmen muss, ist wirklich heftig... Würde mich über Kommentare freuen- as always. ;) Es grüßt, Sechmet Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)