Die Seele der Zeit von Sechmet (Yu-Gi-Oh! Part 6) ================================================================================ Kapitel 66: Am Abgrund - Teil V ------------------------------- Diabound gelang es in letzter Sekunde, seinen Gegner an den äußeren Hälsen zu packen und von sich zu schleudern, ehe sich dessen Kiefer in sein Fleisch bohren konnten. Shadara fing den bevorstehenden Sturz ab, landete auf allen Vieren und schlitterte ein Stück weit über den sandigen Boden, nur um augenblicklich zu einer erneuten Attacke vorzupreschen. „Keiro, krieg dich wieder ein! Das ist doch Wahnsinn!“, versuchte Bakura derweil, sein Gegenüber endlich zum Einlenken zu bewegen. „Wahnsinn? Und das soll ich mir von jemandem anhören, der versucht hat, das ägyptische Königshaus zu stürzen?“, konterte sein Bruder. „Wenigstens hab’ ich mich nie an meinem eigenen Blut vergriffen!“ „Es gibt Dinge, die sind bedeutender als Blutsbande“, war die abgeklärte, kalte Antwort. Diabound fuhr in der Zwischenzeit härtere Geschütze auf und attackierte den Gegner nun mit den Kräften, die in ihm schlummerten. Gleich wie mächtig die von ihm geschleuderten Angriffe jedoch waren, Shadara war schnell. Es gelang ihm, jeder einzelnen Gefahr beinahe mühelos zu entgehen und sich immer weiter in Richtung seines Widersachers vorzuarbeiten, bis er sich abermals auf diesen stürzen konnte. „Die Lösung ist einfach, Bakura“, ließ in Keiro derweil wissen. „Verschwinde und ich lasse von dir ab.“ „Oh nein. Das würde dir so passen. Irgendjemand muss diesen krankhaften Unsinn aus dir herausprügeln. Und dieser Jemand werde ich sein!“ Der Grabräuber versuchte, so gut es ging den Blickkontakt zu seinem Bruder zu halten. Ab und an kam er jedoch nicht umhin, sich einen knappen Überblick über die Lage seiner Ka-Bestie zu verschaffen. Er biss sich auf die Unterlippe. Es war heller Tag, ansonsten hätte Diabound den entscheidenden Vorteil gehabt, sich in den Schatten der Nacht verstecken zu können. Dann wäre diese Scharade binnen kürzester Zeit vorbei. So jedoch musste er einen anderen Weg finden, Keiros Monster außer Gefecht zu setzen. Mit einem Mal zog es ihm die Beine weg, als ein gleißender Schmerz durch seine rechte Schulter fuhr. Im gleichen Moment ertönte Diabounds gellender Schrei, als Shadara aus nächster Nähe eine Feuersalve auf die gegnerische Kreatur abgab und sie unterhalb des Halses traf. In seiner Wut umwickelte der verletzte Dämon seinen Opponenten mit dem Schweif und warf ihn von sich. Der Grabräuber riss seinen Umhang von der Schulter, um den Schaden zu betrachten. Tatsächlich war die Haut verbrannt, rauchte gar leicht. Er biss die Zähne zusammen, als er den Stoff energisch an die vorgesehene Stelle zurückzog. Dieser Dreckskerl … Was immer ihm widerfahren ist, es hat ganze Arbeit geleistet. Und ihn mehr verändert, als ich dachte. Shadara sollte gar nicht in der Lage sein, Diabound auch nur einen Kratzer zuzufügen. „Das war nur ein Warnschuss“, kommentierte Keiro derweil. „Wenn du nicht gehst, wird Schlimmeres folgen. Ich möchte das nicht, Bakura. Aber wenn du mir keine andere Wahl lässt, werde ich es tun.“ „Krieg es endlich in deinen dicken Schädel: Ich gehe nicht, ehe du zur Besinnung gekommen bist!“ Der Ka des Grabräubers entging dem nächsten Satz seines Widersachers, indem er rasch durch die Wände eines Hauses verschwand. Shadara rasselte ungebremst in diese hinein und gab ein schmerzliches Heulen von sich, während er sich wütend aus den Trümmern schälte. Staub wirbelte umher. Nutz‘ die Gelegenheit und schnapp ihn dir! Diabound zögerte nicht. Geschützt von dem Schleier aus Sand erschien er plötzlich direkt vor dem Zerberus und umwickelte dessen Köpfe mit seinem Schweif, warf ihn zu Boden und fixierte zuletzt die Pranken mit seinen mächtigen Klauen. Das hundeähnliche Biest strampelte mit den Hinterläufen, war jedoch nicht in der Lage, sich zu befreien. Feuerbälle schossen aus seinem Maul, trafen aber nur den Boden und umstehende Häuser. Bakura grinste zufrieden. „Sieht so aus, als hätte ich dich.“ Keiro beobachtete derweil die Situation, in der sich die Zwillingsseelen befanden. Dann zuckte er mit den Schultern. „Sieht nach einem Pat aus. Aber gut. Wenn unsere Monster das nicht entscheiden können, dann werden wir es eben tun müssen.“ „Was soll das …?“ Bakura drehte sich ruckartig zur Seite weg, als plötzlich ein Dolch an ihm vorbei schoss und zitternd in der Wand hinter ihm stecken blieb. Als er die Augen wieder auf seinen Bruder richtete, hatte der bereits den nächsten in der Hand. „Bist du jetzt völlig bescheuert? Was soll das?“, brüllte der Grabräuber sein Gegenüber an. „Ich dachte, ich hätte von vorne herein klargemacht, dass ich nicht zulassen würde, dass du mir im Weg stehst. Du bist sehr stur, Bakura, ich kenne dich. Die einzige Möglichkeit, dich dazu zu bringen, von deinem Plan abzulassen, ist, dich zu töten“, erklärte Keiro tonlos, als sei dies vollkommen logisch. „Siehst du? All dieses Chaos, nur wegen Risha. Auch das hier ist ihre Schuld.“ „Oh nein“, gab der Grabräuber zurück. „Das hier ist auf deinem Mist gewachsen! Einzig und alleine auf dem, was deinem kranken Hirn entsprungen ist!“ „Denk, was du willst. Aber sei dir versichert, auch wenn ich dich wohl werde umbringen müssen, Bruder – ich werde für ein ordentliches Begräbnis deiner und unserer Base sorgen, sobald ihr erlöst seid. Vielleicht werdet ihr im Nachleben erkennen, dass ich Recht hatte.“ Keiro drehte den Dolch in den Fingern und kam langsam nähert, bereit zum Angriff. Ich kann Shadara den Rest geben. Etwas mehr Druck auf die Hälse und … Nein, gab Bakura entschieden zurück und zückte den Langdolch, den er mit sich führte. Halte ihn ruhig. Ich beende das. Der Schrei, der durch das verlassene Dorf hallte, drang bis in den Keller vor, in welchem Risha erfolglos an ihren Ketten zerrte. Sie erkannte ihn augenblicklich. Diabound! Was bei allen Göttern machte das Monster hier? Wenn es sich an diesem Fleck Ägyptens aufhielt, musste das bedeuten, dass Bakura nicht weit war. Aber wie? Und warum? Was taten sie hier? Auch die wütend klingelnden Laute Shadaras drangen durch die Mauern gedämpft an ihre Ohren. Was ging dort draußen vor sich? Wurden sie angegriffen? Angespannt lauschte sie, konnte jedoch außer den Schreien der beiden Bestien und einem gelegentlichen Krachen keine anderen Laute ausmachen. Kein Waffenklirren, keine Töne, die auf andere Kas hindeuteten. Irgendetwas stimmte nicht. Mit noch mehr Elan versuchte sie, sich aus den Ketten zu befreien, die sie hielten, scheiterte jedoch. Gleich, wie schwer sie sich machte, der Ring, der in die Decke getrieben worden war, lockerte sich nicht. Verfluchter … Es gab nur einen Weg, um sich aus dieser Misere zu befreien. Cheron. Doch solange das Blutmal auf ihrem Rücken war, wäre sie nicht in der Lage, ihn zu rufen. Sie musste es loswerden. Aber wie? Selbst, wenn sie die Hände frei hätte, wäre es schwer, heranzukommen. So war es fast unmöglich. Es sei denn … Sie warf einen Blick über die Schulter, zu der Wand, an welcher sie hing, dann hinauf zu dem Metallring. Noch immer leicht benommen von dem Zeug, das Keiro ihr eingeflößt hatte, zog sie sich ein Stück daran hinauf, beugte den Rücken durch und ließ sich dann wieder fallen. Die Haut auf der Rückseite ihres Leibes schabte brennend über den Sandstein. Sofort wiederholte sie ihr Tun, dann noch einmal. Zahllose weitere Male folgten, die Haut über ihrem Rückgrat riss mit jedem einzelnen Zug mehr und mehr auf, bis Risha spüren konnte, wie ihr Blut bis zur Hüfte hinabrann. Sie stöhnte gequält, der Knebel in ihrem Mund dämpfte die Laute jedoch. Sie durfte jetzt nicht zögern. Die Verletzung würde heilen. Wenn sie es jedoch nicht schaffte, sich zu befreien und den Bann zu brechen, ehe Keiro zurückkam, würde sie vielleicht nie wieder das Tageslicht sehen. Mit jedem Schaben konnte sie fühlen, wie sich die Zwinge um ihre Seele zu lösen begann. Mit jedem Stück des Bannkreises, das sie von ihrer Haut riss, brachen die Fesseln, die Cheron versiegelten. Während ihr das Eine unbeschreibliche Schmerzen bereitete, fühlte sich der daraus resultierende Effekt an wie Balsam. Dann war es endlich soweit. Mit einem grellen Blitz und einem Kreischen, das die letzten Schwaden der Benommenheit aus ihren Körper trieb, erschien der Pegasus, umfasste ihre Ketten mit dem Maul und riss sie aus der Verankerung. Erschöpft sackte Risha in sich zusammen und riss sich den Knebel aus dem Mund. Einen Moment lang blieb sie liegen, rang nach Atem und gewährten ihren brennenden Muskeln einen Augenblick der Entspannung. Dann rappelte sie sich auf und kam zitternd auf die Beine. In einem Nebenraum fand sie die Sachen, die sie bei sich getragen hatte, als Keiro sie überfallen hatte. Auch ihre Dolche befanden sich darunter. Rasch öffnete sie damit die Fesseln an ihren Handgelenken. Die Haut darunter war wund, eiterte hier und da bereits. Gegen die Erschöpfung ankämpfend, schleppte sie sich zu Cheron zurück, während sie ihren Umhang überwarf. Anschließend nahm sie mehrere kräftige Schlucke aus einem ebenfalls gefundenen Wasserschlauch, ehe sie ihn beiseite warf. „Lass uns nachsehen, was dort draußen vor sich geht. Wir erteilen Keiro eine Lektion und dann nichts wie weg hier.“ Der Pegasus nickte und zog sich in ihre Seele zurück, um sie nicht unnötig zu belasten, bis er gebraucht wurde. Zügig verließ Risha den Keller und folgte den Lauten, die noch immer durch das Dorf hallten. Anwaar und der weiße Drache kamen nicht zum Zug. Die meiste Zeit waren sie damit beschäftigt, dem feindlichen Ka auszuweichen. Gegenangriffe waren von vorne herein zum Scheitern verurteilt, wich der Opponent doch viel zu rasch aus, als dass ihn die großen Echsen treffen konnten. So beschränkten sie sich darauf, ihn beschäftigt zu halten, sodass es ihm nicht möglich war, zu den Relikten vorzudringen. Bald änderte das Wesen jedoch seine Taktik. Statt die Drachen ins Visier zu nehmen, konzentrierte es sein Feuer plötzlich auf die beiden Ka-Träger, die unentwegt in Bewegung bleiben mussten, um den Energiebällen zu entgehen. Ihre Monster taten ihr Möglichstes, um sie zu schützen. Doch durch die Fähigkeit des gegnerischen Monstrums, an einem Ort zu verschwinden und an einem anderen unverhofft wieder auftauchen zu können, war dies leichter gesagt als getan. Bald spürten die Menschen, wie ihre Kräfte schwanden. Zum Glück waren sie und ihre Kreaturen lange genug miteinander vertraut, um einen Wall zwischen ihren Empfindungen schaffen zu können. Dieser hielt zwar nicht alles ab und würde bröckeln, je länger sie Belastungen ausgesetzt waren, doch für den Moment genügte es noch. „Wir brauchen Verstärkung!“, entschied Riell schließlich zwischen zwei Angriffen, ehe er eilig zur Seite hechtete, um einer Energiekugel zu entgehen, die Anwaar nicht hatte abfangen können. „Und wie sollen wir das machen? Keiner von uns kann diesen Ort verlassen, um die Anderen zu holen, oder die Relikte fallen an Caesian! Ganz davon abgesehen, dass wir ohnehin schon zu Wenige sind, wir können andere taktische Stützpunkte nicht einfach aufgeben!“, gab Seto zurück, der kaum, da die Worte über seine Lippen gekommen waren, ebenfalls beiseite springen musste. „Was willst du schützen? Die Stadt oder die Artefakte?“, erwiderte Riell gereizt. „Wenn er sie bekommt, ist es aus! Theben kann man wieder aufbauen, die ganze Welt nicht!“ „Das löst das erstgenannte Problem trotzdem nicht. Weder du noch ich können …“ Der Hohepriester hielt plötzlich inne, als er eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Als er sich verstohlen umblickte, konnte er Tea entdecken, die hinter einer eingerissenen Hauswand kauerte und ihm zuwinkte, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Als er sie schließlich ansah, hielt sie eine Amphore in die Höhe, an deren Hals eine zähe, dunkle Flüssigkeit hinabrann. Teer? Was will sie …? Die Braunhaarige duckte sich eilig hinter Mauerreste, als Caesians Monster wenige Meter von ihr entfernt auftauchte und eine erneute Salve gegen Anwaar sandte, der die Bestie jedoch mitsamt Riell entgehen konnte. Als es sich wieder entfernte erschien sie erneut und deutete auf die andere Seite des Platzes hinüber. Dort konnte Seto kurz den Stab der Feuerprinzessin aufblitzen sehen, ehe sich diese rasch wieder verbarg. Verstehe. Sie will es mit Teer übergießen und den Ka den Rest machen lassen. Gar nicht einmal dumm … und unsere einzige Chance. Seto wartete noch einen Moment, bis der nächste Angriff von Seiten ihres Gegners erfolgt war, dann sprang er die Stufen des Gebäudes hinab und eilte über den Vorplatz. Riells überraschte und entsetzte Rufe drangen über das Geschrei der Kreaturen nur gedämpft zu ihm heran. Zielstrebig steuerte er den Punkt an, wo sich Tea versteckte. Komm schon. Nutze die Gelegenheit! Wie auf Kommando erschien plötzlich Caesians Ka vor ihm, die Hände formten bereits eine weiß glühende Kugel. Dann ging alles ganz schnell. Tea sprang vor und zertrümmerte die Amphore auf dem Rücken des Biests, welches einen überraschten Laut von sich gab und den Angriff, der Seto gegolten hätte, an ihm vorbei feuerte. Augenblicklich fuhr es herum, um sich des Störenfriedes anzunehmen, doch da sauste unbemerkt von dem Seelenmonster bereits ein Feuerball heran und entzündete den Teer, der sich über seinen Körper ergossen hatte. Unmenschliche Schreie hallten durch die Gassen, als es zum Himmel empor stob, sich um sich selbst wand und wahllos Kugeln in alle Richtungen schoss. „Das ist unsere Gelegenheit! Erledigen wir es!“, brüllte Seto über den Lärm hinweg. Keinen Wimpernschlag später gingen die gesammelten Salven von Anwaar, dem weißen Drachen und der Feuerprinzessin auf das Wesen nieder und schleuderten es in eine Häuserreihe. Der von Trümmerteilen aufgewirbelte Staub verschluckte es. Als er sich wieder legte, war nirgendwo auch nur die Spur eines Monsters zu finden. Riell schluckte. „Haben wir es geschafft …?“ „Du meinst, wir haben es vernichtet? Und damit auch Caesian?“, hakte Tea nach. Seto biss sich auf die Unterlippe. „Beten wir zu den Göttern, dass …“ Ihre Hoffnungen wurden mit einem Mal zerschlagen, als das eigenartige Monster plötzlich wieder vor ihnen auftauchte. Die Fetzen, die seine Gestalt verbargen, waren durchnässt. Tropfen fielen in unregelmäßigen Abständen zu Boden, während es bedrohlich über ihnen schwebte. „Es hat die Flammen im Nil gelöscht!“, schlussfolgerte Riell, während sich Anwaar brüllend in Position begab. Tea suchte gemeinsam mit Seto hinter dem weißen Drachen Schutz. Der Hohepriester hatte die Hände zu Fäusten geballt. „Dann auf ein Neues …“ Am Horizont konnten sie erkennen, wie Wolkenfelder aufzogen und sich zu einem dunklen Band zusammendrängten. Es hat also begonnen … Blitze zuckten um Atemu herum in den Sand und schmolzen ihn zu einer gläsernen Masse. Hier und da wurden die schwarzen Kugeln, die um sie herum tanzten, von den himmlischen Boten der Zerstörung getroffen und zerbarsten in dunklen Staub, der im Boden versickerte. Kreischen und Grollen erfüllten die Luft, als sich die göttlichen Kreaturen Ra, Obelisk und Slifer materialisierten. Drohend umzingelten sie Caesian, der jedoch keine Regung ob der Monster zeigte. Lediglich ein kleines Schmunzeln lag auf seinen Lippen. „Ich muss sagen, Pharao, das sind wirklich beeindruckende Kreaturen, die Ihr da habt. Imposant, anmutig, tödlich … Es ist schade, dass ich sie werde ausradieren müssen“, ließ er schließlich verlauten, während er die Bestien der Reihe nach musterte. „Ich gebe Euch hier und jetzt ein letztes Mal die Gelegenheit, Euch zu ergeben, Caesian“, verkündete Atemu ungerührt. „Solltet Ihr dem zustimmen und mir die Relikte übergeben, wird Euch eine gerechte Verhandlung nach göttlichem Recht erwarten. Wenn nicht, so werdet Ihr hier und heute sterben.“ Der Gegner gluckste nur, sichtlich amüsiert. „Ihr könnt es gerne versuchen, Majestät. Aber ich versichere Euch, Ihr werdet es sein, der stirbt.“ Wie um seine Worte zu verdeutlichen, stob plötzlich eine Welle aus Sand und Staub um ihn herum auf, die die göttlichen Monster unvorbereitet traf und ein Stück weit zurück schleuderte, sodass nun ein größerer Abstand zwischen ihnen und dem feindlichen Tyrann bestand. Die dadurch gewonnene Zeit nutzte Caesian, um mit dem Zepter des Seth auszuholen und eine Woge dunkler Energie gegen sie zu schicken. Während es den wendigen Bestien Slifer und Ra gelang, sich gerade noch in Sicherheit zu bringen, wurde Obelisk von der Kraft des Angriffs getroffen. Schmerz durchzuckte Atemu, während Caesians schallendes Gelächter durch die Wüste hallte. „Ich sehe, Ihr bereitet Euch bereits darauf vor, vor mir zu knien“, kommentierte er die Reaktion des Pharaos auf den Treffer. „Nie… mals!“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, reagierten Ra und Slifer auf einen stummen Befehl und feuerten ihrerseits Salven auf den Gegner ab. Diesem gelang es jedoch, sie mit einer einfachen Bewegung des Zepters umzulenken, sodass sie eine Düne trafen. Der aufgewirbelte Sand und Staub vermischte sich mit dem Wind, der zunehmend auffrischte, und behinderte die Sicht. Während Caesian von den beiden Drachen abgelenkt war, hatte sich Obelisk an einem Angriff aus dem Hinterhalt versucht, doch auch dieser lief ins Leere. Gerade als seine Faust auf Caesian niedersausen wollte, bildete sich zwischen ihr und dem Gegner eine Barriere aus Sand, die sich der Attacke entgegenstemmte und das gigantische Monstrum schließlich mit einem Ruck von den Füßen riss. Dieses Spiel schien erschreckend schnell einen gewissen Rhythmus anzunehmen: Wann immer die drei Bestien versuchten, Caesian Schaden zuzufügen, lenkte er ihre Angriffe entweder ab oder zu ihnen zurück. Sie mochten mächtig sein, doch die Salven des göttlichen Relikts übertrafen ihre Kräfte bei Weitem. Es dauerte nicht lange, dann machte sich in Atemu allmählich Erschöpfung breit – er hatte gleich drei Kreaturen herbeigerufen, die jetzt alle unter den Attacken litten und deren sinkende Kraft sich zunehmend in seiner Seele niederschlug. Es schien aussichtslos. Gleich welche Befehle er den Ka-Bestien gab, gleich welche Manöver sie selbst versuchten, nichts davon drang bis zu Caesian vor. Der ungleiche Kampf zog sich, bis es Atemu erschien, als sei er dem Feind vor Stunden gegenübergetreten. Dieser hatte noch nicht einen Kratzer. Der Pharao machte sich immer wieder bewusst, dass dies ihre letzte Chance war, dass er unter keinen Umständen scheitern durfte und versuchte, daraus neue Kraft für sich und die drei Monster zu ziehen – doch es genügte nicht. Während seine Seele sich weigerte, das Offensichtliche zu akzeptieren, hatte sein Kopf längst verstanden, was im Begriff war zu geschehen: Er würde unterliegen. Immer wieder brüllte er in seinen Gedanken Befehle, versuchte neue Strategien, doch nichts davon schien Caesian auch nur zu jucken. Sie alle verliefen im Sand. Und dann war es soweit: Der Spielchen müde geworden entschied der Feind, dass es Zeit wurde, die Angelegenheit zu beenden. Er bündelte die Kraft des Zepters, bis es in einem schwarzen Licht zu glühen begann, dann schleuderte er jeder der göttlichen Bestien einen letzten Angriff entgegen, dem sie nicht entkommen konnten. Schreie gellten durch die Wüste, als Ra, Slifer und Obelisk zu Boden gingen, unfähig, sich wieder zu erheben. Auch Atemu sank auf die Knie. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, rang er nach Luft. Alles, was in seinem Kopf vor sich ging, war, dass es nicht vorbei sein durfte. Er versuchte, die Monster dazu zu bringen, sich wieder zu erheben, doch nichts geschah. Panisch sah er sich um. Slifer, der unweit seiner Position im Sand lag, blickte ihm aus einem Auge an. Dessen Farbe war fahl und dunkel geworden, ganz so, als habe das Leben selbst begonnen, aus dem gewaltigen Drachen zu weichen. Nein … nein!, schrie Atemu in Gedanken. Ihr müsst euch erheben! Ihr müsst weiterkämpfen! Bitte! Es folgte keine Reaktion auf sein Rufen, sein Flehen. Die Kreaturen waren am Ende ihrer Kräfte angelangt. Schwärze breitete sich in seinen Gedanken aus. Ich habe versagt … Ägypten ist dem Untergang geweiht und es ist allein meine Schuld! Er bemerkte nicht, wie sich Schritte näherten, bis Caesian direkt vor ihm stand. Selbstgefällig grinste er auf den Pharao hinab. „Wie ich es sagte: Ihr werdet vor mir im Staub knien. Nun ist der Zeitpunkt gekommen – doch so sehr ich ihn genieße, ich bin ein viel beschäftigter Mann. Ich würde mich gerne noch länger an Euren vor Angst geweiteten Augen und an dem Zittern Eurer Glieder laben. Doch ich habe Dinge zu erledigen. Zum Beispiel muss ich diese Stadt dort einnehmen und Eure erbärmlichen Mitstreiter hinrichten lassen. All diese Göttertempel müssen abgerissen oder zu meinen Ehren umgestaltet werden, ich muss noch weitere Länder erobern … Deshalb befürchte ich, dass mir die Zeit davonrennt und ich Euch nun, so einen Spaß Ihr mir hier und da auch bereitet haben mögt, töten muss. So sehr ich Euch gerne als meinen persönlichen Narren behalten würde, mit den Monstern an Eurer Seite wärt Ihr doch zu lästig. Nun bleibt nur die Frage: Wie? Wie genau soll ich dir das Leben aushauchen, letzter Pharao von Ägypten?“ Er begann, um Atemu herum zu gehen, während er ihn eindringlich musterte. Dieser versuchte, sich aufzurappeln, doch die zahlreichen Treffer, die seine Monster hatten einstecken müssen, hatten ihn zu sehr geschwächt. Er konnte sich gerade einmal auf einem Knie halten. „Hm, weißt du …“, überlegte Caesian laut, „es gibt so viele verschiedene Wege. Ich könnte dich mit meinem Schwert durchbohren oder das Zepter in deinen Schädel rammen. Aber irgendwie erscheint mir das nicht angemessen. Mein Ka ist gerade anderweitig beschäftigt, von daher fällt auch das weg. Und, sind wir doch einmal ehrlich, auch das wäre sehr unspektakulär. Was stelle ich bloß mit dir an …“ Plötzlich hielt er inne und begann zu grinsen – ein diabolisches, herzloses Grinsen. „Ah, ich weiß – was wäre angemessener für dich, als durch die Macht aus dem Leben zu scheiden, die du gegen mich gerichtet hast? Na, wie hört sich das an?“ Er wandte den Blick ab, sah hinüber zu den drei Kreaturen, die noch immer darum kämpften, in dieser Sphäre zu bleiben und sich nicht zu dematerialisieren. „Sag mir, Pharao, welches deiner Kinder ist dir das liebste?“ Er wandte sich abrupt ab, ließ Atemu zurück und schritt auf die Bestien zu. Kaum, da er in Slifers Reichweite gelangte, bäumte sich die Bestie auf und versuchte, ihn mit ihren Fängen zu schnappen. Ein kurzes Zucken des göttlichen Zepters schickte sie prompt zurück in den Staub, wo sie grollend liegen blieb. „Irgendetwas sagt mir, dass es diese Kreatur ist. Sie ist genau so störrisch wie du, selbst im Angesicht der Niederlage weigert sie sich noch, ihr Schicksal zu akzeptieren. Nun denn … so soll es sein.“ Atemu nahm sich zusammen, versuchte erneut, wieder aufzustehen. „Was auch immer du vor hast, Slifers Macht wird nie die deine sein! Kein einziges der Relikte könnte dir dies ermöglichen!“ „Wer sagt denn, dass ich sie mir einverleiben will? Ich bin mit meinem Askalon ganz zufrieden, weißt du? Nein, nein, ich gedenke lediglich, sie mir auszuborgen. Es wird spannend sein, dabei zu zu sehen, wie eine Ka-Bestie denjenigen zerfleischt, an den ihre Existenz gebunden ist“, entgegnete Caesian. „Er wird dir niemals gehorchen!“ „Ach, wirklich. Nun …“ Caesians Hand verschwand unter seinem Umhang brachte etwas hervor. Das Amulett der Bastet baumelte zwischen seinen Fingern. „Das werden wir ja sehen.“ Ehe Atemu auch nur einen Laut des Protestes hervorbringen oder irgendetwas anderes unternehmen konnte, riss er das Relikt in die Höhe. Es begann verheißungsvoll zu glühen und hüllte Slifer nach und nach in eine dunkle Aura. Der Drache wehrte sich, das konnte der Pharao spüren, doch seine Kräfte reichten nicht aus. Diese Gegenstände hatten einen Gott getötet. Eine göttliche Bestie vermochte sich ihnen nicht einmal ansatzweise zu widersetzen. Es dauerte nicht lange, dann konnte Atemu fühlen, wie der Wille des mächtigen Geschöpfes gebrochen wurde und die Verbindung zwischen ihnen auf merkwürdige Art und Weise taub wurde. „Dann wollen wir mal sehen – Slifer, erhebe dich!“, befahl Caesian, das Amulett ausgestreckt vor sich haltend. Der Drache gehorchte augenblicklich. Unter Schmerzen, die der Pharao nach wie vor deutlich spüren konnte, richtete er sich zur vollen Größe auf, bis er wie ein Damokles Schwert über seinem eigentlichen Gebieter thronte. Der Feind lächelte zufrieden. „Was sagtest du noch eben? Ich fürchte, deine Hoffnung hat sich als trügerisch herausgestellt.“ Er grinste Atemu ein letztes Mal an. „Nun denn, letzter Pharao von Ägypten. Grüße deine Götter von mir. Auf dass du ewig in eurer Unterwelt verrotten mögest! Slifer – töte ihn!“ Atemu sah die Fänge des Drachen augenblicklich nach vorne schnellen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)