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Neue Welt

Spuren der Zeit
von

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Es dauerte nicht lang und Thrian kehrte mit schlammfarbenden Stoff zurück, eine ernste Miene zog sich über sein Gesicht hinweg, "hoffentlich war das keine Verschwendung."

Dilenna schüttelte den Kopf, "nein Thrian, irgendetwas stimmt mit ihr nicht. Da ist etwas an ihr ganz falsch.." Gemeinsam pochten sie an der Gemächertür Jounias, wenngleich Thrian nur hinter dem Rotschopf stand, den Stoff in den Armen haltend und bepackt mit Beutel und Klinge. Jounia hatte ihre Kleidung wieder angelegt, rau vor Dreck und teilweise zerrissen, entriegelte und öffnete die Tür, bevor sie vorsichtig einen Blick zwischen dem geöffneten Spalt erhaschte.

Dilenna gab ihr ein beruhigendes und doch misstrauisches Lächeln und schob die Tür weiter auf.

"Du kommst doch noch weiter mit uns," brummte Thrian mit einer so neutral gewollten Stimmlage, dass es schon fast unhöflich klang, er warf ihr den Stoff entgegen, den er zuvor besorgt hatte, "zieh das über."

Nach einem kurzen hektischem Nicken gehorchte sie, "wofür ist das?"

"zum Schutz," was gar nicht die Unwahrheit beinhaltete, da der Mantel, den sie bekam, ja ebenso gegen die frische Kälte, der sie im Morrewald antreffen würden, schützen sollte. Tatsächlich aber meinte er einen anderen, nämlich den Schutz vor der unbehagenen Aufmerksamkeit der Fremden und deren Folgen. Schließlich hielten die beiden Gefährten sich schon eine Zeit lang versteckt, was nicht durch Jounias skurrilen Kleidungsstil unterbrochen werden sollte.

Nach einem Dankeschön verschwanden sie aus dem Raum und aus dem Gebäude, um auch das Tal wieder zu verlassen. Wieder war der leichte Nebel und die tropfende Feuchte aus der Luft auf der Haut zu spüren, die jene Tropfen fingen und ihr eine unerwünschte Frische spendeten, welche die beiden jungen Frauen mit ihren Mänteln wieder trockneten. Thrian aber nahm sie hin, er kannte die Kälte. Ihm wurde bereits die Kälte der Natur und die der Seelen mancher Wesen bekannt..
 

Auf dem Weg aus der Stadt machten sie bei einem Wanderhändler Halt, um für ihr letztes Geld Proviant für die Reise zu kaufen. Jounia folgte stumm, da ihr nicht nur ihre Vorläufer, sondern auch alle Menschen, denen sie entgegen kamen, noch zu fremd erschienen. Dilenna zog sich ihren Mantel über ihren Schopf und auch Jounia sollte dem nachgehen, während Thrian sich zwar nicht versteckte, allerdings seinen Blick während ihrer Wanderung mehrmals in verschiedene Richtungen wendete und sich umdrehte, als würde er überprüfen, nicht verfolgt zu werden. Nach wenigen Minuten des Laufens auf dem steineknisternden Weg aus dem Tal wurde dieses hinter ihnen immer kleiner.

Weit entfernt vor ihnen erblickten sie mehrere dunkel gekleidete Personen, welche ihnen entgegen kamen. Thrian zog schlagartig seine Kaputze über und blieb stehen. Er warf seiner Gefährtin einen ernsten Blick zu und nickte zu der Neuen. Dilenna neigte sich ihr zu und nahm sie mit sich mit. Thrian lief hinterher, vom Weg herunter, zwischen Bäumen entlang über ein Feld.

Es waren Männer eines Kampflagers, die im westlichen Späherntal nach zukünftigen Kriegern Ausschau halten wollten und Thrian kannte sie. Beim Laufen hielt er seine rechte Hand am Griff seines Schwertes bereit, für den Fall, dass er es benutzen müsse. Aus der Ferne blickte er noch einmal zurück, schmulte vorsichtig über seine Schulter hinweg und trieb die anderen an, noch schneller zu gehen, als er beobachten konnte, dass die Krieger stehen geblieben waren. Sie nahmen die erste Gelegenheit wahr, in ein kleines Waldstück zu gehen in der Hoffnung, dort ihre Ruhe finden zu können.
 

"Wo gehen wir hin?" fragte Jounia schließlich.

"Das wirst du bald erfahren, wir sind nicht mehr weit entfernt" Thrian lief stur weiter geradeaus.

"Nein," knallte es auf Mal aus ihr heraus. Sie hätte es sich normaler Weise niemals getraut und war selbst erschrocken über ihr Widerwort. Alle drei blieben abrupt stehen, Dilenna und Thrian drehten sich zu ihr um.

"Ich...," sie schluckte und erinnerte sich an Thrians Ausrüstung, "ich weiß nicht, wo wir sind oder wer ihr überhaupt seid, ich komm' doch nicht einfach mit, wenn ich nicht weiß, wohin!" ihre Stimme wurde zittriger und beinahe hätte sie vor Angst und Verzweiflung Tränen in den Augen bekommen.

"Pass auf," Dilenna versuchte, sie mit ihren Worten zu beruhigen und ging ihr ein paar Schritte entgegen, als sie von Thrian an ihrer Schulter zurück gehalten wurde. Er wollte sie voreinander beschützen, da niemand von beiden genaueres über sein Gegenüber sicher wusste. "Wir gehen zu einem Ort, an dem uns beiden geholfen werden kann."

"Komme ich dann wieder nach Hause?," die Verzweiflung war deutlich aus ihrer Stimme heraus zu hören. Der Rotschopf nickte ihr zu, als Thrian auf Mal spitzöhrig zur Seite blickte, als hätte er etwas gehört.

"Kommt weiter," drängte er und lief voraus.

Jounia blieb nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen. Sie erhoffte sich, doch noch in ihre ersehnte Realität zu gelangen und wo hätte sie schon allein hingehen können ohne ein Funke der Ahnung, wo sie überhaupt steckte.

Thrian war nicht so gutgläubig, zwar hatte Jounia eben auch ihre Zweifel, letzten Endes war sie aber doch mit gegangen.

Er hatte keine Angst, keine Furcht davor, dass ihm etwas geschehen könnte, denn dafür war er zu stark, vielmehr prägte ihn sein voriges Leben und ließ ihn achtsam werden. Achtsam vor jene, die ihn suchten und vernichtend für diese, die ihn fanden...
 

Jounia aber strahlte in seinen Augen keine Gefahr aus, sie wirkte hilfsbedürftig und angstvoll. Dilennas Worte in der Nacht zuvor aber verlangten auch hier seine Sinne stets beisammen. Dilenna verstand sein Drängen direkt, warf der Neuen einen bestimmten Blick hinzu und ging ihm nach.

Sie kannten sich schon eine lange Zeit. Einst waren sie Kinder, als Thrian ihr mit gestohlenem Essen in die Arme lief. Viele Jahre später erst trafen sie sich wieder und verloren sich seither nicht mehr. Ihre Geschichten verknüpften sich an einer Stelle, an der beide den jeweils anderen am meisten gebraucht haben.
 

Der Weg wurde mühseliger, da der Mann unter ihnen sie durch die verwachsensten Büsche und Sträucher zog. Vieles sah wie tot aus, verbrannt und zerstört, das einst Grüne war braun verfärbt und der Boden unter ihren Füßen hart wie nadeliges Stroh.

Es vergingen fast zwei Stunden seit Anbruch im Späherntal und es begann ein kleiner Anstieg, der sich zu einem im Wald befindlichen Hügel formte.

"Können wir mal eine Pause machen,?" keuchte Jounia und beugte sich vor, mit ihren Armen auf den Beinen stützend.

"Eine Pause? Jetzt?," Thrian drehte sich um, um auf seine Gefährtinnen herab zu schauen. Selbst auf Dilennas Stirn konnte man leichte Schweißperlen erkennen, obgleich die Luft um sie herum kühl war.

"Es dauert aber nicht mehr lang." Dilenna sagte nichts, wollte ihm kein Anzeichen des Einknicken beichten. Thrian aber merkte es, gab nach und nickte ihnen zu, "in Ordnung," er nahm seinen Beutel ab und legte ihn neben sich, hockte sich auf den Boden und hielt seine rechte Hand bereit. Bereit, jeden Augenblick seine Klinge greifen zu können, die halb unter seinem Mantel versteckt war. Jounia setzte sich ihm gegenüber und Dilenna seitens beider.

"Hast du Durst?," fragte Dilenna sie, nachdem sie selbst aus ihrem Beutel trank, Jounia nickte und der Rotschopf warf ihr ihren zu. Es war ein brauner, kleiner Lederbeutel gefüllt mit Wasser, das sie im westlichen Späherntal noch besorgt hatten. Dilenna bemerkte, wie unruhig Thrian geworden war und hielt Jounia im Auge.

Sie wirkt so anders, nicht bei Sinnen,dachte sie bei sich, aber ich glaube nicht, dass sie richtig gefährlich werden kann... oder? Was hat sie gesagt, von wo sie stammt - nördliches Späherntal. Das ist nicht möglich... Seit über siebzigtausend Monden ist es zerstört. Nur noch taumelnde Tote und Schattendämonen. Aber ich kenne nur Gerüchte darüber ihre Gedanken verstummten mit Aufklang eines Rascheln in der Nähe.

Dilennas Augen blitzten zu ihrem Gefährten, welcher auch falkenäugig in die Ferne blickte.

"Lasst uns gehen," er stand auf und schwing seine Tasche wieder über seine Schulter.

Auch die beiden Frauen an seiner Seite erhoben sich.

"Geht ihr beide voran," bestimmte er und blieb stehen, bis sie an ihm vorbei gegangen waren. Die Äste unter ihren Füßen knarrten, bis das Knarren und Knacken leiser wurde. Je höher sie auf den Hügel stiegen, desto grüner wurde das Gras und desto dichter die großen Bäume, bis sie letzten Endes auf dem Scheitelpunkt der Hügelspitze eine Hütte fanden, grün bewachsen von Dach bis Schwelle und im Vorhof bestückt und zahlreichen Kräutern. Beißend roch man Blut in der Luft, als die Drei beim Erblicken der Hütte kurz stehen blieben, dass es Feuchte in die Augen Jounias drückte, die sie zusammenkniff und versuchte, als wenig wie möglich durch die Nase zu Atmen. Unter ihren Füßen war das Blut verschmiert, eine lange Spur entlang des ganzen Waldrandes,kreisförmig um die Hügelspitze herum.. Dilenna und Thrian wunderten sich nicht, kannten diesen Ort bereits. Es war ein berüchtigter Ort von einem verrückt gewordenen und gefährlichen Alten. Nur die Wenigsten wussten, was alles an den Gerüchten über ihn wahr gewesen ist und welche Gerüchte es wert waren, ihn trotzdem oder gerade aus diesem Grund aufzusuchen.
 

Furchtlos machten sie einen Schritt über die Blutspur und liefen weiter voran, Jounia hinterher.



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