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Neue Welt

Spuren der Zeit
von

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Es war, als fiele sie durch den Boden hindurch nur einen Wimpernschlag vor dem Überrollen des Zuges, und landete mit dem Kopf auf einem anderen Boden. Es dauerte eine knappe halbe Stunde, bis Jounia wieder zu Bewusstsein gekommen war. Ihre Augen waren schwer und ihr Kopf schmerzte, als sie sich wieder auf ihre ermüdeten Beine stützte. Sie rieb sich die Augen und fasste ihren Kopf, um sie herum war es verdunkelte Nacht, es roch nach Wald und Holz, umgeben von Bäumen und die Schienen waren fort...
 

Wo bin ich hier?, fragte sie sich selbst und erschrak, ich war doch... Hat man mich verschleppt?

Sie untersuchte ihren Körper, um nach Anzeichen dafür zu suchen, fand aber nichts.

Alles war ihr fremd, keinen Laterne zu sehen, kein Weg unter ihr, nur Gras und Äste der Bäume. Sie fühlte sich allein, nichts war zu hören, außer der nächtlichen Geräusche der puren Natur von summenden Insekten und den Lauten von Eulen.

Ich kann ja nicht einfach hier bleiben..ich muss irgendwie zurück finden.. Jounia ging über dem mit Gras und Moos bestückten Waldboden entlang, unter ihr die Äste knackten und ihr Herz pochte laut. Es war auf Mal viel kühler, was aber vielleicht daran lag, dass sie einige Zeit auf dem Boden gelegen hat und auskühlte.

Sie muss im Wald unten im Tal sein, dachte sie bei sich, jedoch hatte sich dieser Gedanke nach einem kurzen Wolfsgeheule schnell wieder von ihr verabschiedet und sie ging etwas schneller, ohne jedoch die kleinste Ahnung zu haben, wohin.

Oftmals bekam sie es mit der Angst zu tun, als etwas nicht weit von ihr raschelte oder ein Ast leise aufknackte wie ein kleiner Knochen, weil er von etwas zerdrückt wurde. Es dauerte nicht lang und Jounia fing wieder an, immer schneller zu werden.

Es war nirgends auch nur die kleinste Erinnerung geweckt worden, schon einmal dort gewesen zu sein und es schien egal zu sein, wie weit sie noch lief, das fremdartige Gefühl änderte sich nicht.

Immerhin waren die Stimmen verschwunden..die Schatten und die Schritte, die sie vor dem Aufprall noch verfolgten.
 

"Ja, man muss mich hier hergebracht haben...aber wo ist hier? Ich erkenne gar nichts wieder.." Jounia atmete laut, die Unsicherheit konnte man glatt dort heraus hören, kraftlos und doch fast keuchend. Immer schneller lief sie, wich den herunter hängenden Zweigen mit Armbewegungen aus. Einfach weiter, dachte sie bei sich, irgendwann muss man ja aus dem Wald heraus kommen...
 

Inzwischen war der Himmel rabenschwarz und der einzige Lichtschimmer stammte von dem sichelförmigen Mond weit oben, unerkennbar für sie wegen der zahlreichen noch schwärzeren Bäumen, welche die Sicht auf den Himmel erschwerten.

In ihr stieg die Verzweiflung hervor, neben dem leichten Keuchen war ein leises Winseln wahrzunehmen und Tränen fügten ihr einen noch schwereren Blick zu, als überhaupt schon.
 

Es ward stiller und fast nichts mehr zu hören, außer dem leichten Knacken der Äste und Gräser, auf die sie trat, schleichend und unsicher.

Der Weg kam ihr ewig lang vor, als ein kleiner Hoffnungsschimmer ihr Herz verleitete, einen starken Schlag zu pumpen -Licht.

Sie wischte sich die Tränen aus dem verschwitzten frierenden Gesicht und näherte sich diesem.

Traue niemanden, ging ihr mehrere Male durch den Kopf, aber was blieb ihr anderes übrig, als sich zu nähern?...
 

Als Jounia sich leicht gebückt näherte, konnte sie erkennen, was dort das Licht trotz des hinter Tannen versteckten Sichelmondes brachte. Es war ein kleines Lagerfeuer, knisternd und warm, das gerade reichte für jene zwei Personen, die sich gegenüber an ihm schmiegten, aber schwiegen.

Es schien, als sei es ein junger, trainierter Mann und eine schmalere Person, die mit einem dünnen Ast in das Feuer piekte und das Holz ein wenig verteilte. Beide saßen auf der Erde, der Mann mit angewinkelten Beinen, seine Ellenbogen auf die Knie gelegt und den Kopf leicht gesenkt, ihm gegenüber die schmalere Person, auf ihren Unterschenkeln sitzend und streckte sich nach vorn. Jounia blieb kurz stehen und zögerte damit, ob sie näher gehen solle, oder nicht.

Sie könnte das Risiko eingehen und unwissend auf die Fremden zugehen, oder umkehren und sich einen sicheren Ort suchen.

Kurz biss sie sich auf die Unterlippe.

„Komm her,“ sagte der Mann mit bestimmtem und doch warmen Ton, seinen Kopf zu ihr gewandt. Auch die andere Person blickte zu ihr, als würde sie auf etwas warten. Jounia war zwar im ersten Moment überrascht, näherte sich jedoch, ohne etwas daraufhin zu sagen.

„Setz dich. Wir tun dir nichts,“ er trug einen langen dunkelbraunen Mantel mit Kapuze, darunter eine lederne Weste. Unter der Kapuze hervor erkannte man sein maskulines Antlitz mit Augen so ozeantief, obgleich man die Farbe aufgrund der Dunkelheit nicht erkennen konnte.

Er warf die Kapuze zurück, sodass man seine braunen Haare entdeckte. Jounia setzte sich vorsichtig hin, die Beine angewinkelt, als sei es ein Schutzschild für sie, die Arme um sie geschlungen.

„W-Woher wusstest du,“ stotterte sie ein wenig mit erdrückter Stimme und blickte zu der schmaleren Person “dass ich da war?“ Es war kein zweiter Mann, sondern eine junge Frau, etwa im gleichen Alter wie sie, nicht viel älter.

Es schien, als hätte sie feuerrote Haare, vielleicht war es auch nur das Feuer, das diese so aussehen ließ, die vorn über ihre Stirn hingen und zur Seite hin noch leicht ihre Augen kreuzten, auch an der Seite fielen dünne Strähnen nach vorn, während die restlichen Haare nach hinten in einen Pferdeschwanz gebunden sind, aus dem sich teilweise geflochtene und mit Perlen bestückte Strähnen erstreckten.

Auch sie trug einen einfachen langen Mantel, darunter ein eng anliegendes, schulterfreies Oberteil und eine enge Hose darunter. Ebenfalls beides aus Leder gemacht in dunklen Tönen.

Sie lächelte nur, sagte aber nichts.

„Nun..,“ hörte man die tiefe, warme Stimme des Mannes wieder sagen, welcher auch nur ein kurzes aber erkennbares Schmunzeln im Gesicht trug „du hast dich zwar angestrengt, aber du glaubst doch nicht, dass wir dich nicht gehört hätten.“

Jounia zog die Augenbrauen kurz zusammen, er hatte sie etwas eingeschüchtert, da sie nun wieder das Gefühl von Unsicherheit und Angst bekam, trotz der kurzen Stille zuvor vielleicht doch nicht allein gewesen zu sein.

„Achso...“ murmelte sie und senkte leicht den Kopf, „ich weiß gar nicht, wie ich auf einmal hier hergekommen bin...“

Der Mann nickte wieder, sah in das knisternde Feuer: „Ja, momentan haben glaube ich einige von uns einen recht anstrengenden Weg hinter uns..“ Die Blicke von ihm und der jungen Frau trafen sich, dann warf er auch Jounia einen zu, der Verständnis zeigen sollte, sie jedoch konnte das nicht erwidern, kniff unbewusst wieder die Brauen zusammen. Sie war sich sicher, dass die beiden nicht den selben Weg hinter sich hatten, wie sie, entgegnete ihm aber nichts darauf.

Sie selbst hielt das Geschehene für so unwahrscheinlich und unglaublich, dass sie nicht von Menschen, die sie gerade erst kennenlernen sollte und ihr noch fremd waren, ihr jedoch zumindest Wärme und momentanen Schutz boten, für völlig wahnsinnig gehalten werden wollte. Sie räusperte sich leise und legte ihren Kopf auf die Knie. Das Mädchen neben ihr sagte die ganze Zeit über nichts, stocherte ab und an im Feuer herum und lauschte.

„Schlaft ihr heute Nacht hier draußen?“ fragte Jounia nach einer knappen Minute des Schweigens der Drei und kam ihrem Gegenüber somit noch merkwürdiger vor.

„Wir haben nicht vor, mitten in der Nacht noch den ganzen Weg bis zur nächsten Stadt zurückzulegen. Du etwa?“ erwiderte er.

So weit bin ich doch gar nicht gelaufen, ich kann nicht so weit weg vom Gleis sein, dachte sie bei sich, brachte aber außer ein fragwürdigem „Ähm“ nichts heraus.

"Dann bleib bei uns, das ist sicherer."
 

Die rothaarige Frau rutschte ein wenig vom Feuer weg, legte sich seitlich auf den Boden, legte ihren Mantel um sich und deckte sich mit einer dünnen Decke zu, die bislang hinter ihr lag. Auch der Mann rutschte ein wenig nach hinten und griff in eine Tasche.

Er zog eine ähnliche Decke heraus und warf sie Jounia zu,

„du kannst sie diese Nacht haben, ich brauche sie nicht unbedingt.“ Jounia nahm sie entgegen, während er sich schwungvoll nach hinten auf seinen Rücken legte, den Mantel ebenfalls um sich geschwungen. Sie zögerte noch, wickelte sich aber doch hinein und legte sich nach einem leisen, piepsigen „Dankeschön“ auf die Seite.
 

„Ich bin Jounia,“ kam es doch noch aus ihr, sie lag dort mit geöffneten Augen, die zum Feuer gerichtet waren.

„Nenn mich Thrian,“ erwiderte er, obgleich er zunächst mit seiner Antwort wartete.
 

„Dilenna,“ hörte man auf Mal eine sanfte, leise Stimme antworten. Es war das Erste und Letzte, das die so stille, rothaarige Person in dieser Nacht zu Jounia sagte.



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