Neue Welt von DasMaKi (Spuren der Zeit) ================================================================================ Kapitel 8: -1|8- ---------------- Es war Sonntag und von weitem hörte sie schon die Glocken der Kirchen läuten. Man erzählte sich, dass nur die unverständigen Menschen dort hin gingen und doch war sie voller, als Jahre zuvor, von jenen, die dort ihren Schutz suchten. Jounia konnte sich nicht an mehr Traumdetails erinnern, als jenes Steigen und Fallen über den Feldern, und doch hatte sie länger geschlafen, als sonst. Als sie sich aufrichtete, sah sie den weißen Himmel, der sich noch nicht für die kräftige Sonne öffnen wollte. Auch ein paar Raben flogen weit entfernt und doch erkennbar am Horizont entlang, die Jounia beobachtete. Sie legte ihre Arme auf die Fensterbank und ihr Kinn auf diese. Keineswegs wirkten die Raben bedrohlich, als auf mal einer dieser sank. Es schien, als würde er einen Sturzflug machen, um am Grund einen Wurm, oder eine Maus zu fassen, fast sah er aus wie ein Adler, der Kopf voraus nach unten flog. Jounia sah gespannt zu. Der Rabe flatterte kurz mit seinen Flügeln, sank weiter hinab... „Er flattert mit seinen Flügeln? Beim Sturzflug?“ Jounia wunderte sich darüber, als sie schließlich bemerkte, dass er nicht aus freien Stücken in Richtung Boden sank. Er flatterte und versuchte, zu steigen – ohne Erfolg. Der Rabe fiel Kopf voraus bis zum Aufprall, Jounia schreckte vom Fenster zurück, die Augen weit geöffnet, mit den Armen von der Fensterbank abstützend. „Das war doch genau wie...“ sie wagte es kaum, den Satz in Gedanken zu vollenden, zu unheimlich war ihr diese Situation. Sie drehte sich vom Fenster weg und saß auf der Bettkante, erschrocken von dem Gesehenen. An diesem Tag blieb sie zu Hause, nicht nur, da es Sonntag war, sondern auch, um sich zu beruhigen. Wieder blätterte sie am Abend in Büchern herum, fand allerdings nichts, was gravierend anders war, als in der Nacht zuvor. Neue Welt.... Dorme.... Nordberg.... allerdings nichts, mit dem sie etwas hätte anfangen können. Darüber hinaus legte sie das Buch schnell zur Seite, um durch Unbehagen einen weiteren Schauer über den Rücken vorzubeugen. Im Laufe diesen Tages verschlechterte sich das strahlende Wetter vom vorigen und es wurde nass. Wasser tropfte vom Himmel in jede Gasse, überließ nichts trocken und stoppte erst, als es aus jeder Ecke triefte. Seit der nächsten Nacht hatte es nicht mehr geregnet, doch war der Himmel noch weiß und trüb, in der Luft lag weit entfernt ein blasser Nebel. An diesem, zweiten Tag sollte Jounia sich wieder aus dem Haus trauen, wenn nicht des Wetters wegen, sondern vielmehr der Gesellschaft von Freunden. Am Nachmittag verließ sie das Haus in den sehr leichten, tröpfelnden Regen. Über ihrer schwarzen, langen, engen Hose bekleidete sie ein langärmliches, weißes Hemd, jedoch auch eine dünne Jacke mit Kapuze zum Schutz vor dem Regen. Jounia zog sich die Mütze über ihr zur Seite geflochtenes Haar und ging rasch in Richtung Gleise, um an diesem Tag mit der Bahn fahren zu können, die Jacke blieb dabei geöffnet und weitete sich ganz leicht durch jeden Luftzug, der ihr entgegen kam. Die Häuser wurden hinter ihr kleiner, bis der sachte Nebel sie verblasste. Jounia kam am schmalen Weg an, welcher durchnässt war und umgeben von zahlreichen Pfützen, als sie weit vor sich in der trüben Luft etwas zu erkennen glaubte. Ihre Mütze schob sie ein Stück weiter nach oben, kniff die Augen zusammen und versuchte, es schärfer betrachten zu können. Es war schwarz verschwommen. Von weitem sah es aus, wie ein großer Haufen an Stoff, welcher regungslos auf den Schienen lag. Beim Näherkommen nahm es langsam Gestalt an und es waren sowohl Kopf, als auch Füße erkennbar, die von einem Körper herausragten. Jounia bekam es direkt mit der Sorge zu tun. Sorge um diesen jenen, welcher da zu liegen schien. Sie lief schneller, um näher heran zu kommen, bis sie abrupt stehen blieb. Noch immer sah sie sich den nassen Körper an, konnte es allerdings nicht glauben, dass dort tatsächlich einer lag. Sie zog sich ihre Kapuze wieder etwas tiefer und rieb sich die Augen. Dieses Mal falle ich nicht darauf rein brummte sie währenddessen in ihrem Kopf. Sie nahm die Hände wieder von ihren Augen ab und steckte sie sich in die Taschen. Aber nein, noch immer sah sie dort etwas liegen. Aus der Ferne vernahm sie ein Geräusch, das wie aneinander reibendes Eisen klang und tatsächlich war es der Zug, welcher näher zu kommen drohte. Jounia sah nach hinten, doch zu sehen war noch nichts. Wieder wurde sie schneller und lief zu dem Menschen auf den Gleisen, der dort lag, ohne sich zu rühren. Um sie herum waren keine anderen Menschen, nur sie und der Körper, niemand, der ihr das, was sie sah, bestätigen konnte. Der Zug hinter ihr wurde lauter und Jounia begann, zu Rennen, um der Person noch zu Hilfe kommen zu können, ihre Kopfbedeckung rutschte von ihrem Schopfe und die Haare flogen durcheinander. Unter sie spritzte das Regenwasser aus den Pfützen bei jedem Schritt in alle Richtungen. „Hey!“ rief sie mit der Hoffnung, sie würde gehört, doch nichts geschah, "hey!," wiederholte sie trotzdem noch lauter. Obwohl der Nebel nur in der Ferne lag, schien es, dass der nasse Körper, der zwar im Nebel noch verschwommen, näher jedoch gut zu sehen war, in jenem Moment wieder verschwimme. Jounia wandte hektisch ihren Blick nach hinten, um zu erfassen, wie weit der Zug noch entfernt war – sein Licht kam näher, so nah, dass sie es nicht mehr schaffen würde, den Menschen noch vor Ankunft des Zuges zu erreichen. Trotz alledem lief sie weiter und drehte ihren Kopf wieder vorwärts. „Was...“ Jounia blieb stehen, der Mensch war fort. „Da war doch... oder nicht? Ich meine...,“ sie wusste nicht mehr, was sie tun soll, wo sie hin soll, ihr Kopf war leer. Ihre Hände hielt sie kurz vor das Gesicht, verdeckte ihre Sicht und schloss die Augen. Vielleicht sollte sie lieber zu Hause bleiben, dachte sie sich, als der dünntröpfelnde Regen dicker wurde und dichter. Der Zug hielt kurz am Gleis, fuhr jedoch schnell weiter und Jounia lief aus dem Regen unter das Dach, um dort weiter auf ihre Bahn zu warten. Sie musste nicht lang warten und ihre Mitfahrgelegenheit fuhr ein. Die ganze Zeit über senkte sie ihren Kopf, gedankenvoll wie eh und je, und stellte sich zur Seite in eine freie Ecke, um niemanden, der es nötiger hatte, einen Sitzplatz zu versperren. Mit Anna traf sie sich nicht mehr vorher, fuhr gerade weiter zu Philipp, da auch ihre Freundin dorthin kommen würde. Sie war beinah am richtigen Gleis, als sie im Waggon entfernt einen der Stadtwache hörte, der für Kontrollen zuständig war. Jounia hob wieder ihren Blick und sah sich langsam um, sie hatte keine Fahrkarte, dafür hatte ihre Familie nicht das nötige Geld, also riskierte sie diese Fahrt. Neugierig sah sie zu verschiedenen Menschen, mit spitzem Blick wandten sich ihre Augen hin und her. Jounia fühlte sich beobachtet. Sie fühlte ein dutzend paar Augen, welche auf sie gerichtet waren und sah in die Richtung, aus denen sie sie glaubte. Keine dutzend Paar, doch waren es drei paar Augen, die ihren Blick erwiderten. Unter ihnen war eine ältere Frau mit lockigen grau-weißem Haar mit spitzer Nase und giftigen Brauen, ein großer, kahler Mann, der einen dunkelgrauen Dreitagebart trug und gefährlich wirkte, und ein Mädchen, nicht älter als sieben, eingepackt in Mantel und Stiefel, mit leerem Blick. Jounia sah alle drei an, blieb bei keinem der Drei lange verweilen und senkte ihren Blick letzten Endes wieder auf den Boden. Die Stadtwache war nur noch wenige Personen von ihr entfernt, als sie angekommen war, sie drehte sich rasch herum und verschwand durch die Tür, ohne zurück zu sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)