Between the lines von Erenya (Missing parts) ================================================================================ Kapitel 8: Between the noise ---------------------------- Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, als Chirons Stimme verstummte und mit größerer Gewissheit klar wurde, dass mir dieses Lied wirklich viel zu vertraut war. Dabei wünschte ich mir, dass es anders wäre. Es hätte niemals auftauchen dürfen, wenn meine Welt heil bleiben sollte. Dabei war sie schon jetzt nicht einmal wirklich heil. „Heeee?“, begann Nagi und neigte dabei seinen Kopf, während er Chiron süß lächelnd ansah. Diabolisch, süß, lächelnd. „Das klingt ja nicht schlecht, aber ich denke unser neuer Song wird vieeeeelllll niedlicher. Pass also auf, nicht dass der Himmel dir noch dein Herz stiehlt.“ Nagi zwinkerte ohne dabei sein Lächeln zu verlieren, doch es lag etwas herausforderndes in seinen Worten. Genauso wie in Chirons Lied eine unausgesprochene Herausforderung lag. „Nagi, unsere Konferenz...“, merkte Shion an und sah zu Chiron, dessen Miene keinerlei Regung zeigte. Er machte nicht einmal deutlich, ob ihm Nagis Worte nahe gingen, oder ob es ihm schlicht weg egal war? „Verzeih, wenn wir unser Gespräch so kurz halten. Aber wir haben einen wichtigen Termin“, erklärte Kira, ebenfalls ohne Emotionen im Gesicht. „Ah, ich verstehe. Wir sehen uns sicher noch oft genug um diese interessante Diskussion fortzuführen. Und... Tailor...“ Er sah zu mir und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. „Ich hoffe du hörst heute Abend Radio. Ich hab ein Interview gegeben und ein bisschen über meinen neuen Song geredet.“ Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig und obwohl alles in mir sich dagegen wehrte, ihm zuzuhören, tropften seine Worte in meinen Geist und hinterließen eine ölige Spur geistiger Verwirrung. Er schien es zu merken, denn mit einem zufriedenen Lächeln setzte er seine Brille auf und lief an uns vorbei. „Wir sollten auch gehen. Die Konferenz beginnt gleich“, erklärte Kira und ich nickte schwach. Die Jungs sollten wegen mir nicht zu spät kommen.   Mein Blick lag auf den drein, während sie souverän ihre Konferenz abhielten. Nagi war so niedlich wie man nur in seinem Alter sein konnte und scherzte mit Shion herum, während Kira den erwachsenen Touch der Konferenz sprachen. Ich bekam nur am Rande mit, dass es bei den Fragen um das Zusammenleben miteinander ging, oder um zukünftige Projekte von Heavens. Sicher würde ich, wenn diese Konferenz ins Internet geladen wurde, dort alles noch einmal ansehen, aber gerade war ich einfach nicht in der Lage zuzuhören. Viel eher hingen meine Gedanken bei Chiron und diesem Song. Nach einem Jahr, nachdem er verschwunden war, war dieser Song wieder aufgetaucht und ich fragte mich, ob die anderen auch in nächster Zeit das Tageslicht erblicken würden. Würde mein Name in den Credits stehen? Wie sollte ich das vermeiden, wenn Chiron das tun wollte? Und vor allem wie sollte ich das Shining erklären? Immerhin hatten Hiroki, Mira und ich ihm nie davon erzählt, dass Chirons Debütsong in der Schule gestohlen war. Hätten wir es damals gesagt und ich erwähnt, dass mir noch Songs fehlten, hätte die Geschichte nun anders ausgesehen, aber so... Was sollte ich tun? Oder viel mehr, was sollte ich nicht tun? Ich wusste nur, dass ich Heavens nicht enttäuschen wollte, doch wenn herauskam, dass dieser Song von mir geschrieben wurde, was würde das für Heavens oder Starish bedeuten? Konnte Shining, wenn er davon erfuhr, überhaupt noch etwas machen? Chiron war immerhin kein Mitglied der Agentur. „Der Kuchen war wirklich lecker. Selbst Yamato hat welchen gegessen und gemeint er sei gelungen“, erzählte Nagi mit einem stolzen Lächeln. Er war wirklich niedlich und irgendwie war es gerade jetzt schade, dass ich nicht bemerkt hatte, wie sie auf den Kuchen zu sprechen gekommen waren. „Dann können sich die Damen also nächstes Jahr auf ein besonderes White Day Geschenk freuen?“ Kira nickte. Wohingegen Nagi diese Frage wirklich aktiv mit Worten bestätigte. „Und natürlich hoffen wir auch im nächsten Jahr ganz viel Schokolade zum Valentinstag zu bekommen.“ „Nagi, wenn du zu viel davon isst, bekommst du nur wieder Bauchschmerzen...“, mahnte Shion das jüngste Mitglied, dass niedlich seine Backen aufblies. „Moah, Shion. Ich mag Schokolade, vor allem die von unseren Engeln.“ Sie waren wirklich ausgelassen, fröhlich und irgendwas in mir sagte, dass es nicht gespielt war. Sie waren wirklich so. Selbst wenn Nagi Privat nicht immer seine Fassade aufrechterhielt. Ich fragte mich, ob ich ihnen als Komponistin gut tat. Ob es nicht vielleicht richtig war, dass ich nicht exclusiv für nur eine einzige Band schrieb. Nicht weil es mich in meiner Entwicklung eingeschränkt hätte, sondern weil ich die Gruppe eingeschränkt hätte, wenn sie zu viel von meinen Problemen mitbekam. So wie Starish auch Harukas Probleme auf ihren Schultern trug. Alles in mir schrie danach, diesen Auftrag abzugeben, doch mein Stolz sagte Stopp. Aufgeben war noch nie eine Option gewesen. Ich musste nur diesen einen Song schreiben, danach konnte ich jeden weiteren ablehnen, oder Saotome erklären dass ich Urlaub brauchte... So etwas in der Art. Doch was würde mit Starish werden? Nein, auch das war keine Option. Sie verließen sich auf mich. Haruka verließ sich auf mich. Ich war gefangen.   Irgendwie hatte ich es nicht ertragen den Jungs weiter zuzuhören, weswegen ich mich in die Umkleide zurückgezogen hatte und auf die Partitur starrte, auf der der Song noch fertig entstehen sollte. Doch die Noten die ich geschrieben hatten, vermischten sich mit den längst verschollenen, die Chirons Lied wieder an die Oberfläche befördert hatte. Ich erinnerte mich an jede einzelne Note, jede Minute in der ich an dem Lied gesessen hatte und daran, für wen es bestimmt war. Es fühlte sich an, als hätte Chiron mir mit diesem Lied ein Stück weit mehr gestohlen als nur Musik. Er hatte mir einen Teil meiner Identität geraubt, meiner Träume und Wünsche. „Hier bist du...“ Ich zuckte erschrocken zusammen, als ich hinter mir eine Stimme vernahm. Wie ein geprügelter Hund, der beim Klau einer Wurst erwischt wurde, wandte ich mich um und sah die drei Jungs, die von ihrer Konferenz zurückgekommen waren. „Du solltest doch auf uns hinter der Bühne warten“, murrte Nagi und kam näher, wobei er einen Blick auf die Partitur erhaschte. „Huh? Du hast nichts geschrieben?“, fragte er und zog mir das Blatt förmlich unter der Nase weg. Panisch wollte ich danach greifen, doch Nagi war schnell und zeigte es Shion und Kira. Ich fühlte mich schlecht, denn die drei verließen sich auf mich und ich... enttäuschte sie in jeglicher Hinsicht. „War der Einblick nicht privat genug?“, fragte Shion besorgt und ich konnte nicht anders als den Kopf zu schütteln. „N-Nein. Ich... Ich hab nur gerade ein kreatief.“ Ich bemühte mich zu lächeln, witzig zu sein und meine Sorgen nicht anmerken zu lassen. Ich wollte und durfte Heavens nicht damit belasten. Wobei ich mir nicht einmal sicher war, ob es sie belasten würde. Wer war ich schon für sie? Irgendeine Komponistin die einen Sechser im Lotto, in Form von einem guten Heavens Song vollbracht hatte. „Hat es was mit Chirons neuem Song zu tun?“ Ertappt. Mir lief es kalt den Rücken runter, als mich Kira mit seinen goldenen Augen fixierte und auch noch ins schwarze getroffen hatte. Ich überlegte, was ich sagen sollte, was ich sagen konnte, so wie ich es immer tat, wenn ich eine unangenehmen Situation entfliehen wollte. „Was? Der Song? Ach was. Es ist einfach... Uff. Ich bin müde und die Sache mit meiner Freundin Sumire hat mich etwas umgehauen. Aber das wird wieder. Ich denke... Ich sollte nach Hau-“ „Wenn du jemanden zum reden brauchst, kannst du es ruhig tun? Du musst mit deinen Kummer nicht alleine bleiben. Also wenn du etwas auf dem Herzen hast, dann sag es uns jetzt.“ Überrascht wandte sich mein Blick zu Shion, der etwas lauter geworden war und mir damit zu verstehen gab, dass er mir nicht glaubte, und die Anderen wahrscheinlich auch nicht. „Das wäre eine sehr lange Geschichte. Und ihr habt es eilig. Also macht euch keine Sorgen. Morgen bin ich wieder vollkommen auf der Höhe und habe sicher etwas interessantes für euch. Sagt mir einfach Bescheid wann ihr Zeit habt, ich halte mich auf Abruf bereit, versprochen.“ Ich lächelte und sah zu den drein, die sich fragend ansahen. Doch schließlich nickte Kira ihnen zu und blickte wieder zu mir. „Wir melden uns dann. Solltest du aber doch noch reden wollen, wir und auch der Rest von Heavens sind für dich da.“ Ich nickte, dankbar darüber dass sie mir den Freiraum gaben, den ich gerade wünschte. Nur ungern hätte ich ihnen wirklich meine Probleme aufgelastet. Ich hatte das schon in meiner Welt nicht getan und scheinbar konnte ich das auch jetzt nicht. Es war hingegen schon fast ein Wunder, dass ich am Abend zuvor Cecil von dem Diebstahl erzählt hatte. Mehr Menschen mussten das nicht wissen. „Wir sehen uns dann also morgen.“ Ich nahm meine Sachen und packte sie in die Tasche. „Wir können dich noch nach Hause fahren lassen!“, setzte Shion schnell nach, doch ich schüttelte erneut mit dem Kopf. „Schon gut, ich hab noch etwas zu klären. Und was Chirons Song angeht... Macht euch keine Sorgen. Der Song ist alles andere aber nicht gut. Die Melodie ist stümperhaft, das Arrangment klang selbst acapella schwach und ich denke nicht, dass es an einen Starish oder Heavens-Songs rankommt. Das werde ich niemals erlauben.“ Wahrscheinlich wollte ich das mehr mir versprechen als den Jungs. Aber die Tatsache, dass dieses Lied, welches Chiron gespielt hatte ein verlorener Schatz war, konnte mich nur noch mehr anspornen. Heavens Lied würde besser werden.   Ich hatte die Jungs in diverser Weise angelogen, denn ich hatte noch nichts vor. Es stand nur etwas auf dem Plan. Sumire. Mit einem Fahrer konnte ich natürlich nicht vor ihren Laden vorfahren, weswegen ich einen persönlichen Leibwächter lieber ablehnte als zu akzeptieren. Doch Schicksal hatte andere Pläne. Die Hälfte des Weges lag bereits hinter mir, als mein Telefon plötzlich klingelte. Der Klingelton von Cecils Happiness. Im Moment war dieser Song wohl mehr als unpassend. Aber ich war ehrlich zu faul ständig den Klingelton zu ändern, nur weil meine Stimmung nicht zum Song passte. Obwohl es nicht der richtige Zeitpunkt war, nahm ich ab und hörte sogleich Sumires Stimme. Sie schien es eilig zu haben und wollte nicht einmal warten, dass ich sie begrüßte. „Wenn du Zeit hast, lass uns reden. Es mag vielleicht kein neutraler Boden sein, aber komm zu mir. Dort findet dich die Presse nicht. Ich kann mir vorstellen, dass es in Anbetracht der Tatsache, dass wir Differenzen haben, unangenehm ist und das tut mir leid, aber mach dir keine Sorgen, ich habe dafür gesorgt, dass ich nicht die besseren Karten habe. Also, kommst du?“ Ich schluckte schwer und wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Doch scheinbar waren wir immerhin soweit noch synchron, dass wir unsere Differenzen beilegen wollte. Irgendwie freute mich das, denn dadurch hatte ich das Gefühl, dass wir unsere Probleme doch noch beilegen konnten. Zumindest wünschte ich mir das. „Ist okay, ich bin auf dem Weg. Soll ich noch etwas mitbringen?“ Es hatte sich bei mir in Japan irgendwie eingetrichtert, dass ich anderen Personen, wenn ich sie besuchte. Gleichzeitig taten das meine Gäste, die meist aus meinen Freunden bestanden, und immer etwas mitbrachten, dass ich mochte, oder das wir gemeinsam genießen konnten. „Etwas Zeit wäre gut. Es kann dauern.“ „Verstanden, ich mache mich auf dem Weg.“ Sumire schwieg und sagte nichts mehr zu meiner Ankündigung. Wir waren einander irgendwie nah, doch immer noch entfernt. Ich konnte damit nur hoffen, dass sich in diesen Gespräch unser Problem klärte und wir wieder Freunde wurden.   Mir war wirklich nicht ganz wohl bei der Sache, als ich vor Sumires Wohnung stand. Es war zwar positiv, dass sie bereit war ein Gespräch mit mir zu führen, aber neutraler Boden wäre mir am Ende doch noch lieber gewesen. Sumire wusste das und hatte sich auf ihre Weise entschuldigt. „Es mag vielleicht kein neutraler Boden sein, aber komm zu mir. Dort findet dich die Presse nicht.“ Irgendwie zeigte das, dass sie sich doch Sorgen um mich machte. Dennoch fühlte ich mich verloren. Wie ein Lamm, dass zur Schlachtbank geführte wurde. Konfrontationen waren definitiv nicht mein Ding. Nicht wenn ich sie nicht steuern und lenken konnten. Und wer wusste schon, ob Sumire Recht behielt und wirklich dafür gesorgt, dass sie nicht die Oberhand behielt. In diesem Gespräch wollte ich nämlich nicht zu unrecht in Grund und Boden gestampft werden. „Ah, du bist auch schon da?“ Verblüfft wandte ich mich um, als mir diese fröhliche, vertraute Stimme entgegenkam. „Mikoto? Was machst du denn hier?“ Ich war verblüfft und ließ Mikoto den Vortritt dabei die Klingel zu betätigen. Zielsicher als ich und mit dem Wissen, dass er nichts zu befürchten hatte. „Sumire hat mich gebeten als Mediator zu fungieren. Damit du dich bei ihr nicht zu sehr unwohl fühlst und ihr beide das ganze klären könnt. Ich bin einigermaßen auf dem Stand der Dinge, also mach dir keine Sorgen.“ Kaum dass er mich auf den Stand der Dinge gebracht hatte, öffnete Sumire die Tür und gewährte uns wortlos Einlass. Ich wusste nun, wie sich RPG-Charaktere fühlen mussten, wenn sie wussten, dass hinter der nächsten Ecke ein Bossfight wartete.   Mikotos Anwesenheit half nicht wirklich. Ich war immer noch nervös, als ich auf die Tasse Tee sah, die Sumire mir wortlos hingestellt hatte. Pfefferminze mit Honig. „Okay, dann redet mal, dafür seid ihr schließlich hier. Und vom Schweigen wird sich euer Problem nicht klären“, fing Mikoto nach einiger Zeit an. Scheinbar hatte er bemerkt, dass keiner von uns wusste, wie der Anfang gemacht werden sollte. Doch selbst jetzt hatten weder Sumire noch ich den Mut, den Anfang zu machen. Er seufzte, als er das merkte, und schüttelte den Kopf. „Na schön, ich kann euch ja verstehen. Die Situation ist unangenehm, aber wenn ich alles, was Sumire mir erklärt hat, richtig verstanden habe, dann handelt es sich hier um ein Missverständnis. Ich frage dich deswegen, Sumire, hast du Beweise dafür, dass Erenya dich bei Shining verpetzt hat?“ „Nein... Aber sie wollte mir ja nicht einmal erzählen, dass sie für Starish komponiert. Das heißt doch, dass sie mir nicht vertraut.“ Es tat weh das zu hören, denn am liebsten hätte ich allein meinen Freunden davon erzählt, doch Shining hatte eine klare Arbeitsanweisung gegeben, die wir am Ende doch nicht einhalten hatten können. „Sumire... ich kann verstehen, dass dich das verletzt. Mir würde es nicht anders gehen, aber Shining hatte eine klare Anweisung gegeben, nachdem die Pressekonferenz wegen dem Charity-Song nicht so ideal gelaufen war.“ „Es war also nicht deine Entscheidung Sumire das zu verschweigen?“, fragte Mikoto und ich nickte. „Starish hatte dennoch kein Problem damit es mir zu sagen.“ „Wie hätten sie sonst reagieren sollen, als du mich verhört hast und die Wahrheit wissen wolltest? Außerdem wie hätten sie ihre Anwesenheit im Tonstudio, wo wir beide waren, erklären sollen?“ Sumire sah mich an und ich wusste, dass sie die Situation noch einmal im Kopf durchspielte. „Wenn ich das alles richtig verstehe, gab es keine andere Möglichkeit. Dennoch sehe ich damit keinen Beweis dafür, dass Erenya deinen Namen ins Spiel brachte. Nachdem was du mir zuvor schon erzählt hattest, warst du dann den ganzen Tag bei den Aufnahmen des Songs. Das wiederum bedeutet, dass Starish, Tontechniker, der Regisseur der Serie und noch ein paar andere Leute dich gesehen, deinen Namen bemerkt und diesen Shining mitgeteilt haben könnte. Selbst wenn es nur ein Vorname war, hätte diese Information für Shining gereicht, um auf dich zu kommen.“ Sumire schwieg, sah mich aber an. Wahrscheinlich war es wirklich gut, dass Mikoto da war, denn sie wurde immer vernünftig, wenn er mit seiner Logik kam. Im geheimen hatte sie mir mal erzählt, dass sie ihn dafür gleichermaßen schätzte wie hasste. „Du denkst also nicht, dass ich der Presse von dir erzählt habe?“ Ich schüttelte den Kopf und sah Sumire ernst an. „Wir sind Freunde. Ich vertraue dir und egal was Starish sagte, ich habe dir immer vertraut. Ich habe viel eher jemand anderen im Sinn, der es getan haben könnte.“ Erwartungsvoll sahen mich Mikoto und Sumire an. Es war mir klar, dass ich ihnen irgendwann alles sagen musste. Vor allem, wenn ich wollte, dass mir Sumire wieder vertraute und glaubte. „Ich vermute, dass es Chiron war. Ich habe ihn gesehen und erneut ein Angebot abgeschlagen. Daraufhin drohte er mir und schwupp waren da die Bilder und die Presse. Ich habe aber keine Beweise dafür, daher kann ich Shining noch nichts von meiner Vermutung mitteilen.“ „Du brauchst also Beweise... Wird schwer die zu bekommen, denn Chiron wird kaum zugeben, dass er es war“, merkte Mikoto an und Sumire nickte zustimmend. „Ehrlich gesagt habe ich ihn heute gesehen und indirekt darauf angesprochen. Er hat es nicht einmal abgestritten.“ Ich blickte in den Becher mit Tee, der bereits abgekühlt war. Chirons Lied war wieder in meinen Gedanken, ebenso seine Bemerkung, dass meine Songs hoch im Kurs standen. Er wollte diesen Umstand nutzen. „Selbst wenn sie Beweise hat, wird es schwer...“, merkte Mikoto an und ich sah fragend zu ihm auf. Wie hatte er das gemeint? Ich brauchte doch nur einen Beweis. „Chiron ist jemand der sich nimmt was er will und wenn er es nicht bekommt, greift er zu jedem Mittel, dass ihm zur Verfügung steht. Yurika ist der beste Beweis dafür. Ich schlage vor, du ignorierst ihn und machst einfach deine Arbeit.“ „Mikoto hat Recht. Chiron wird es mehr aufregen, wenn du nicht anbeißt. Genauso wie es ihn damals aufgeregt hat, als er nicht mit deinem Song gewonnen hat. Er wird merken, dass seine Bemühungen vergeblich sind.“ Ich sah zu Sumire und Mikoto und war dankbar, dass ich mit Menschen reden konnte, die meine Situation von damals noch kannten. Doch genauso gut mussten sie wissen, dass ich es nicht einfach dabei belassen konnte.   **~~**   „Warte kurz, Yurika. Ich hab die Aufzeichnungen irgendwo hier.“ Ich suchte in meinem Ordner nach der Liste von Songs, die bisher bei den Song Battles performt wurden. Sie hatte mir gesagt, dass sie eine handvoll Songs hatte, aber nicht mehr wusste, welcher noch nie aufgeführt wurde. Als gute Freundin wollte ich ihr natürlich helfen, auch wenn ich keinen Song mehr für sie schreiben würde. Doch sie hatte mir versichert, dass sie einen guten Komponisten gefunden hatte, der ihr einen Solo-Song schreiben würde. Ich war verwundert darüber, denn aus allen Ecken und Kanten hörte man die Gerüchte, dass sie mir Chiron ein Duett singen wollte. Scheinbar stimmten die Gerüchte aber nicht, was mich ehrlich gesagt erleichterte, denn ich hätte nur ungern Yurikas Talent bei Chiron verschwendet gesehen. „Sind denn die Komponisten noch alle frei?“, fragte ich, während ich den nächsten Ordner hervorzog und darin kramte. „Keine Sorge, wir haben das mit Ryuga-sensei abgeklärt. Er meinte die Hauptsache sei nur, dass der Song noch nicht öffentlich performt wurde. Dank Starish wurden die Regeln für die Abschlussprüfung stark gelockert.“ „Das ist unser Glück. So können sich auch Paare und Gruppen finden. Das steigert die Chancen für alle. Selbst wenn Chiron als Favorit zählt.“ „Du hättest auch die Chancen, wenn du für Chiron schreibst. Aber du willst ja lieber ein Duett für Mira und Hiroki komponieren.“ Ich schmunzelte etwas, während ich auf den Stuhl stieg um an das oberste Regal zu gelangen, in dem ich noch ein paar Ordner hatte, in denen ich die Liste vermutete. „Ich brauche keine sichere Chance. Ehrlich gesagt will ich mir meinen Erfolg lieber verdienen als einfach nur auf der sicheren Seite zu stehen. Das ist vielleicht etwas masochistisch, aber ich gehe lieber den schweren Weg.“ „Hey, ist das deine Kompositionsmappe?“ Ich sah kurz über die Schulter, bereute es aber, als ich spürte wie ich das Gleichgewicht verlor, weswegen ich schnell wieder nach vorne sah um mich zu fangen. Der kurze Blick hatte aber gereicht um zu erkennen, dass sie meine Cecil-Mappe in der Hand hielt. Diese trug ich so ziemlich überall mit mir herum, zusammen mit einem Schreibblock und genügend Stifte um eine halbe Armee zu versorgen. „Jap. Du kannst sie dir gerne ansehen. Da sind alle Songs drin, die ich im letzten Jahr geschrieben habe. Und noch ein paar mehr. Einige von denen werden aber wahrscheinlich nie das Tageslicht erblicken, weil... Naja die Personen für die ich sie geschrieben habe, werden diese Songs niemals sehen.“ „Ich sehe schon, ein Starish Song? Echt jetzt?“ Ich lachte leise, auch wenn es wehtat. Denn scheinbar mutete mir nicht einmal Yurika zu, dass dieser geheime Traum irgendwann mal wahr wurde. Aber ehrlich gesagt, glaubte ich selbst nicht einmal daran. Sie hatten Haruka, warum also sollte jemand wie ich, den sie noch nicht einmal kannten, für sie schreiben können? „Quartet Night... Reiji? Ranmaru? Ich dachte du kannst keinen Rock?“ „Ich kann selbst keinen Rock singen, aber komponieren ist was anderes. Aber beim komponieren ist es leicht. Wie sagte Ringo-sensei, es gibt keine Grenzen beim Rock, man kann experimentieren, ausprobieren und sich neu definieren. Außerdem beim schreiben fühlte ich mich Ranmaru nah und diesem Gefühl zu rebellieren und gleichzeitig frei zu sein.“ „Der Song ist wirklich sehr experimentell. Aber er passt zu Ranmaru. Hoffen wir einfach, dass du dein Debüt machst, dann kannst du ihm diesen Song vielleicht geben. Das heißt dazu musst du das Debüt bekommen. Vielleicht solltest du dann doch mit Chiron arbeiten. Noch kannst du dich um entscheiden.“ „Yurika, ich habe bereits den Song für Mira und Hiroki geschrieben. Jetzt einen neuen Song zu schreiben ist fast unmöglich.“ Ich sah in den letzten Ordner den ich vermutete. Endlich hatte ich was ich wollte. Die Liste, nach der mich Yurika gefragt hatte. „Hier ist sie. Brauchst du sonst noch etwas?“ „Nein, ich hab damit alles was ich brauche. Gehst du heute zur Probe? Ich würde gerne hören, was für einen Song du für Mira und Hiroki geschrieben hast.“ „Wir müssen ja mal proben. Also denke ich schon. Wir sehen uns also da?“ „Klar und dich wird mein Song von den Socken hauen.“ Yurika lächelte mich an, als sie mir half, vorsichtig wieder vom Stuhl zu kommen, und mir schließlich auch die Liste abnahm. „Dann bis später.“ Ich sah Yurika nach, die zur Tür ging und winkte ihr. Es war ein gutes Gefühl einer Freundin geholfen zu haben.   Ich kramte panisch in meinem Ordner herum und war verwirrt. Er war um so vieles dünner, als ich ihn in Erinnerung hatte. Aber bei meiner Ordnung wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn ich den ein oder anderen Song in einen anderen Ordner einsortiert hatte. Blöd nur, dass Hirokis und Miras Song mit darunter war. „Wir haben echt Glück, dass wir uns den Song kopiert haben. Du würdest deinen Kopf verlieren, wenn der nicht angewachsen wäre“, neckte mich Hiroki liebevoll und durfte meinen schmollenden Blick ertragen. „Das kann jeden Mal passieren. Der Song liegt sicher zwischen den ganzen Ordnern die ich heute hervor gezerrt habe und ich kam noch nicht dazu die wieder einzusortieren.“ „Ich bin schon so gespannt, wie sich der Song singen lässt!“ Ich schmunzelte, als Mira irgendwie das Thema wechselte. Meine Ordnung war kein Thema, dass ich ihren Song verlegt hatte auch nicht, für sie zählte nur noch diesen Song zu singen oder viel mehr das erste Mal zu proben. Und wenn ich ehrlich war, war ich auch gespannt darauf, wie er klingen würde, denn danach konnte ich noch entscheiden, was für Verbesserungen ich durchführen musste. „Wer ist eigentlich vor uns dran?“, fragte Hiroki und sah zu Mira, die einen Plan mit der Aufstellung bei sich hatte. „Chiron und Partnerin... Das ist nicht fair.“ „Machst du dir nun Sorgen, dass er und seine Partnerin besser sind als wir?“, fragte Hiroki verwundert und verschränkte die Arme. „Nein. Aber wir müssen dann noch mehr unser Bestes geben, damit wir das Publikum wieder in Stimmung bringen, nachdem er und seine Emotour sie versaut haben.“ Ich kicherte über Miras Kommentar. Sie hatte es wieder einmal geschafft, zumindest mir die Sorgen nach der Hiobsbotschaft zu nehmen. Der Frust würde erst wieder aufkommen, wenn wir gleich Chiron und seine Partnerin hörten und bemerkten, dass ihr Song einfach unglaublich war. Chiron war mit seinen Songs immer unglaublich, wenn auch sehr leblos, aber er schaffte es, dass ich ihn als einen wirklich ernstzunehmenden Rivalen sah. „Oh seht, Yurika ist auf der Bühne!“ Freudig zeigte Mira auf die Bühne, auf der die Probe derzeit stattfanden. Ich war gespannt zu hören, was für einen Song sie singen würde und vor allem, wer ihr Komponist war. Mir waren einige ihrer Klassenkameraden bekannt und ich schätzte sie, denn ihre Kompositionen hatten mir oft dabei geholfen, neue Wege für mich zu finden, neue Ideen umsetzen zu wollen und den Mut zu haben, das zu tun, was mir im Kopf herumschwirrte. Sie zögerten nämlich nicht alle ihre Ideen aufs Papier zu bringen. Ich hingegen überlegte viel zu oft, was die passende Musik wäre. Wie ich dem Performer schmeicheln konnte, welche Instrumente richtig waren und noch viel mehr Dinge. Selbst jetzt fragte ich mich noch, ob der Song für Mira und Hiroki wirklich passend war. Ich kannte von beiden die Stimmlagen, hatte verschiedene Versionen mit Instrumenten getestet und schließlich einen Song gefunden, von dem ich der Meinung war, dass er gut war. Nicht perfekt, aber gut. Ich merkte, dass ich in Gedanken abschweifte und holte mich in die Gegenwart zurück. Gerade zählte nur Yurikas Song. Ich wollte ihr hinterher ehrlich meine Meinung mitteilen und ihr vielleicht sogar gratulieren bei ihrer Wahl. Meine Hoffnung, schienen berücksichtigt worden zu sein. Aber vollkommen anders als gedacht. Die Melodie die ertönte, kam mir sehr bekannt vor. Doch nicht nur mir. Mein Blick richtete sich auf Mira und Hiroki, die fassungslos zu Yurika sahen... und ihrem Partner, der die ersten Zeilen des Songs sang, der eigentlich Mira und Hiroki gegolten hatte. Mutig und ungestüm, mit voller Kraft, haben wir uns in die Schlacht gewagt, Ohne daran zu denken, was wir heute riskieren.   Gib nicht auf, hör auf uns, denn die Wahrheit sagen wir, unsere Lied ist unser Bann, der das Dunkel weichen lässt.   Wir sind Lionheart, mutig und stark, bereit für den Schicksalskampf. Ohne zurück zu sehen, in die Knie zu gehen, geh'n wir auf den Sieg zu!   Hör unser Siegesbrülln. Diese Melodie, kann kein anderer Spieln, sie ist für uns gemacht, für diese Schlacht, die uns nur stärker macht.   Schließ dich uns an.   „Mira und Hiroki, ihr seid die nächsten. Habt ihr euren Song fertig?“ Mir lief es kalt den Rücken hinab, als ich Ringos Stimme hörte. Er hatte uns drei bemerkt und war zu uns gekommen, noch während Yurika und Chiron ihren Song performten. Meine Freunde konnten unmöglich noch mit diesem Lied auftreten. Sie hätten sich dafür disqualifiziert, denn am Ende hätte jeder gedacht, dass wir Yurika und Chiron den Song gestohlen hätten. „Nein, wir wollten einfach nur hören, was die anderen so für Songs haben. Unserer ist noch nicht fertig.“ Ich war erstaunt darüber, wie ruhig Hiroki seine Lüge vorbrachte. Mein Blick wandte sich zu ihm und neben ihm stand Mira, die fröhlich wie eh und je lächelte. „Ihr habt nicht mehr viel Zeit um einen Song zu schreiben. Lasst euch also nicht zu viel Zeit.“ „Sie kennen doch, Nya-nya-chan. Sie würde uns niemals mit einem imperfekten Song auf die Bühne lassen. Aber keine Sorge, wir haben rechtzeitig unseren Song fertig. Allerdings... uhm... Kann es sein, dass wir die Generalprobe nicht schaffen.“ Ringo seufzte und schüttelte den Kopf, wobei er mich ernst ansah. „Ich werde mit dem Chef reden, aber Erenya-chan, sei dir im klaren, wen du am meisten schadest, wenn du nicht rechtzeitig fertig wirst. Manchmal ist es besser wenn ein Song seine Ecken und Kanten hat, dann lebt er. Nicht jeder kann Emotionen so gut vorspielen wie Chiron. Deswegen, spiele es nicht vor, sondern lass sie zu.“ Ich fühlte mich ertappt. Ringo hatte ja Recht, ein perfekter Song war nichts wert, wenn er keine Emotionen vermittelte, wenn er nicht ehrlich war. Noch dazu wäre es nicht fair meinen Freunden gegenüber gewesen. Egal was für einen Song ich geschrieben hatte, sie gaben immer ihr bestes. „K-Keine Sorge, Ringo-sensei. Der Song ist rechtzeitig fertig und wird demonstrieren, was wir drei gelernt haben.“ Ich schulterte mir eine unglaubliche Last auf. Das wusste ich, kaum, dass ich meine Worte ausgesprochen hatte. Und ich bereute sie. Wir hatten nur noch zwei Wochen, um einen neuen Song zu schreiben und ich hatte nicht einmal den Hauch einer Idee, was für einen Song ich ihnen schenken sollte.   **~~**   Ich hatte nicht nur Mira und Hiroki damals ein Versprechen gegeben, sondern auch Heavens. Und wie damals saß ich in meinem Zimmer am Keyboard und spielte lediglich die Parts, die bisher geschrieben waren, ohne das zu finden was ich suchte. Shions Stimme. Ich wusste zwar, dass es ein Bläser sein sollte, aber mir missfiel der Gedanke, ihm eine Flöte auf den Leib zu schneidern. Schon die Tatsache, dass Kira ein Klavier spielte und der Counterpart zu Masato war, missfiel mir. Ich wollte nicht, dass Heavens als Kopie von Starish galt. Genauso wenig wollte ich, dass meine Songs als eine Kopie von Chirons galten. Doch das war nicht so leicht. Immerhin war sein neuster Song meiner. Wie von selbst wechselten meine Finger die Melodie zu dem ersten Song, den mir Chiron gestohlen hatte. Oder viel mehr Yurika. Auch wenn ich geglaubt hatte, diese ganze Sache hinter mir gelassen zu haben, bewies die Tatsache, dass ich den Song noch spielen konnte, dass dem nicht so war. Es machte mich wütend, denn ich wollte die schlimmen Dinge die in der Schulzeit passiert waren, hinter mich lassen, doch mit einem Mal, war der gesamte Berg wieder da. Unmotiviert und meiner Wut freien Lauf lassend, drückte ich unmelodisch alle Tasten, die meine Finger berührten, runter, so dass mein Keyboard schräge Töne von sich gab, die wohl genauso grausam waren, wie das, was Natsuki gerne mal zusammen kochte. Es brachte im Moment nichts, weswegen ich das Keyboard abschaltete und mich stattdessen an den Schreibtisch setzte um im Internet zu surfen. In der Regel hätte ich nun zur Ablenkung nach neuen Otome-Games gesucht, die bald released werden sollten. Heute war aber ein anderer Tag. Ich forschte nach. Suchte nach Interviews die Chiron vor kurzen gegeben hatte, um seinen neuen Song zu promoten. Und ich wurde tatsächlich fündig. Bei einem Internetradio konnte ich ein aktuelles Interview mit Chiron hören. Auch wenn sich alles in mir sträubte und ich besser auf mein Bauchgefühl gehört hätte, konnte ich nicht anders, als es mir anzuhören. „Chiron, schön dich bei uns zu haben. Deine letzte Single ist ja noch nicht einmal ein Monat draußen und schon veröffentlichst du die Nächste. Wie kommt es dazu?“ „Nun, Shinji, ich sage immer, wer rastet der rostet. Außerdem ist es an der Zeit, dass auch kleinere Künstler an der Revolution teilnehmen, die Starish begonnen hat. Leider sind die Jungs etwas zu ruhig geworden als noch wirklich von einer Revolution reden zu können. Irgendeiner muss wieder das Zepter in die Hand nehmen.“ Der Moderator lachte, denn obwohl Chirons Worte nicht gerade freundlich gegenüber Starish waren, brachte er seine Message doch sehr charmant und vor allem witzig rüber. Das war etwas, dass er schon immer gut konnte. „Das klingt als würdest du Starish herausfordern. Dabei sind es doch deine Senpai. Ihr wart immerhin alle mal in Shining Saotomes Schule.“ „Nur weil sie meine Senpais sind, muss ich mich ihnen ja nicht unterordnen. Außerdem je stärker die Konkurrenz ist, desto mehr kann man an ihr wachsen. Starish haben es schließlich auch geschafft, ihre Senpai zu übertrumpfen.“ „Du bist ja bekannt dafür ambitioniert zu sein. Meinen Informationen nach, ist das einer der Gründe, warum Blazing Masamune auf dich aufmerksam geworden ist. Was sind noch eure Pläne für die Zukunft?“ „Nun, wir planen in der Zukunft meine Präsenz zu erhöhen. Das heißt mehr Singles, mehr Fernsehauftritte, darunter auch Rollen in Serien. Ich habe sogar schon ein paar Anfragen für Modelauftritte bekommen. Wir werden also voll durchstarten und deutlich machen, dass Blazing Production nicht länger ein kleines Indie-Label ist, sondern durchaus mit Shining Agency und Raging Entertainment mithalten kann.“ Ich spürte wie sich meine Hand zur Faust ballte, denn es nervte mich, dass er glaubte, dass er dafür wirklich alle Mittel nutzen konnte. „Dein neuer Song ist, genau wie deine Worte, eine Herausforderung an die Gruppen dieser Firmen. Blazing Production macht ein großes Geheimnis darum, wer der Komponist ist. Magst du uns einen Hinweis geben?“ „Nun... Viel verraten kann ich leider nicht. Aber die Person, die den Song komponiert hat, ist jemand besonderes. Ich respektiere natürlich ihren Wunsch nicht zu sehr in der Öffentlichkeit stehen zu wollen, weswegen wir ihren Namen nicht direkt öffentlich machen wollen.“ Diese Entscheidung von Chiron verwunderte mich, weswegen ich einen zweiten Task öffnete und versuchte mehr über die neuste Single zu erfahren. Mithilfe von diversen Suchmaschinen fand ich einen Scan des Booklets, wie es erscheinen würde. Er hatte nicht gelogen. Beim Komponisten stand kein Name, dabei hätte ihn gerade das noch mehr Aufmerksamkeit beschert, wenn dort mein Name gestanden hätte. „Wir haben uns natürlich das Booklet mal genauer angesehen und in den „Special Thanks“ steht eine alte Schulkameradin von dir, die Gerüchten zufolge gerade durchstartet. Inwiefern hat sie bei dem Song geholfen?“ Mir lief es kalt den Rücken hinab, als ich hörte, was der Moderator sagte. Sofort scrollte ich bei dem Booklet runter und entdeckte den Namen, von dem er gesprochen hatte. Meinen. „Du meinst Eri-chan? Sie ist meine Muse und Inspiration. Man könnte sagen, dass wir eine große gemeinsame Geschichte haben und wir einander zu dem gemacht haben, was wir heute sind. Ich schätze sie dafür sehr und hoffe, dass wir gemeinsam an dem ein oder anderen Song arbeiten können.“ „Na na, Chiron, du wirst den Damen da draußen doch nicht etwa das Herz brechen und nun öffentlich deine Liebe für Tailor-san gestehen?“ Sowohl der Moderator als auch Chiron lachten auf. Scheinbar empfanden beide den Witz gut, wenn auch jeder aus anderen Gründen. Chiron konnten niemanden lieben, dass wusste er. „Keine Sorge und selbst wenn es so wäre, Eri-chan würde mir nicht glauben.“ „Da du aber so gut mit Tailor-san befreundet bist, was denkst du über die Gerüchte? Ist sie die neue Komponistin für Starish?“ „Du wirst das vielleicht langweilig finden, Shinji, aber wenn wir einander sehen, reden wir mehr über unsere Vergangenheit. Wir schwelgen dann gerne in der Nostalgie. Über die Arbeit reden wir eher weniger. Auch wenn ich etwas enttäuscht bin, dass wir beide für die Konkurrenz arbeiten. Ich hätte gerne einen Song von ihr gesungen. Sie hat sich wirklich gut entwickelt und ich denke sie kann sogar Nanami-san übertrumpfen, wenn man ihr die richtigen Jobs gibt. Sollte sie also für Starish und Heavens schreiben, dann ist das der Moment, an dem sie zeigen kann, was wirklich in ihr steckt.“ Ich konnte das nicht mehr anhören und schaltete den PC aus. So, wie man es für gewöhnlich nicht machen sollte. Was Chiron da von sich gab, war genau das, was Mikoto in unserem Gespräch bereits angemerkt hatte. Chiron nahm sich was er wollte, mit allen Mitteln. Und er baute gerade ein Szenario auf, dass es mir unmöglich machte, öffentlich bekannt zu machen, dass dieser Song gestohlen war. Wahrscheinlich hoffte er damit, mich in die Ecke zu treiben, denn er wusste, dass ich wusste, dass er auch meine anderen gestohlenen Songs hatte. Dieser sollte mir nur sagen, dass er damit tun konnte, was er wollte. Sie waren sein Druckmittel. Ich hasste ihn dafür.   Mir fiel erneut die Decke fast auf den Kopf, was echt seltsam war. In meiner eigenen Wohnung hatte ich nie die Neigung empfunden das Haus zu verlassen. Viel mehr hatte ich mich dann in eine kuschelige Decke gehüllt und vor die Konsole gesetzt um mir von meinen liebsten Seiyuus süße Worte zuflüstern zu lassen. Hier im Master Course hatte ich aber keine Konsole oder einen Fernseher, den ich unentdeckt nutzen konnte. Die Jungs wussten ja schon, dass ich ein Fangirl war, dass ich das noch auf die Otaku-Spitze brachte, mussten sie nicht wissen. Immerhin wusste ich nun, wie sich Kae im Manga „Küss ihn, nicht mich“ gefühlt hatte, wobei sie doch wesentlich lässiger mit ihrer Leidenschaft umging, seit die Jungs davon wussten. Mir wäre es aber selbst dann noch unangenehm. Ich wollte, dass sie mich ernst nahmen und nicht einfach nur das Fangirl sahen. Mir war das schon immer bei meinen Freunden in meiner Welt peinlich, auch wenn ich mit Freunden wie Shicchi Fangirlen auf hohen Niveau konnte. Da ging es eben nicht nur darum, dass Charakter A so süß und niedlich war. Natürlich, dass war auch ein Thema aber wir redeten viel über ihre Hintergrundgeschichten, darüber was uns noch fehlte, was an der Serie besonders gut gefiel, was vollkommen daneben war und so weiter. Hier, in dieser Welt fehlte mir so eine Freundin. Sicher, ich hatte Mira, aber Mira interessierte sich mehr für niedliche Dinge, statt für Otome-Games. Jedenfalls, im Master Course hatte ich keine wirkliche Ablenkung, so dass ein Spaziergang im freien der perfekte Tapetenwechsel war und eine der Ablenkungen, die ich in nächster Zeit bevorzugen würde. Mit aufgesetzten Kopfhörern, lief ich den selben Weg, den ich schon am Abend zuvor gegangen war und der mich irgendwie zu Cecil geführt hatte. Vielleicht hoffte ich, nicht nur Cecil singen zu hören, sondern ihn wieder zusehen, denn seine Gegenwart beruhigte mich zumindest für die Zeit, in der er bei mir war. Die Hoffnung starb zuletzt, so hieß es doch und wenn ich schon im Master Course verweilte, konnte ich doch hoffen ihn das ein oder andere Mal häufiger zu sehen. Er war noch dazu der einzige, der von den gestohlenen Songs wusste und der vielleicht auch meine Situation verstanden hätte. Anders als am Vortag war es noch nicht dunkel. Die Sonne neigte sich gerade einmal dem Horizont zu und färbte den Himmel in ein farbenfrohes Orange. Es mischte sich mit dem blau und zeigte an diversen Orten ein sanftes Rosa. Es war eine malerische Szene, an diesem See, der selbst im schwachen Sonnenlicht noch glitzerte, als würden Perlen an seiner Oberfläche schwimmen. Das Master Course Gebäude hatte schon etwas sehr szenarisches und vor allem entspannendes. Die Bäume die hier standen und Schatten im Sommer boten, oder eben Zuflucht. Starish schien immer denselben Gedanken zu haben, dieses Mal hatte sich Masato an diesen Ort zurückgezogen. Ich bemerkte ihn, während ich die Szenarie an mir vorbeistreifen ließ. Er saß dort, unter einem der Bäume und las ein Buch. Die Sonne, schien ihm noch genug Licht zu spenden, so dass er die Buchstaben lesen konnte. Es zeigte mir, dass sie in der Lage waren von der Arbeit abzuspannen. Beneidenswert. Wie gerne hätte ich einfach nur diesen Song fertig geschrieben und mich danach ebenfalls bei einem Otome-Game entspannt. Oder einfach mal wieder eine Geschichte geschrieben. Das tat ich viel zu selten. Zuletzt in meinem Urlaub und mein Blog brauchte mal wieder ein paar Updates. Doch mit Chiron an meiner Ferse würde das nicht so schnell passieren. Noch dazu hatte Sumire mir nicht klar und deutlich gesagt, ob sie mir wirklich glaubte. Doch unser Abschied war auch nicht zu unterkühlt ausgefallen. Eher so, als ob man einen Bekannten verabschiedete. Vielleicht hatte Mikotos Statement noch nicht alle Wogen geglättet, doch ich war mir irgendwie sicher, dass es wieder werden würde. Wenn nicht, würde ich alles versuchen, damit es besser wurde. Wie üblich, wenn ich meinen Gedanken nachhing, und nicht mehr auf den Weg achtete, musste passieren, was passierte. Ich übersah einen Stein, der aus dem Boden hervor sah und stolperte. Doch nicht in der Art, dass man sich noch fangen konnte. Nein, es riss mich total aus dem Gleichgewicht, so dass ich mich ganz ungraziös auf die Nase legte. „Autsch...“ Vergessen war meine Umgebung, wer in der Nähe war oder das mich immer noch Cecils zauberhafte Stimme belagerte. Dennoch war mir die linke Seite der Kopfhörer rausgefallen, so dass ich ein Rascheln in meiner unmittelbarer Nähe wahrnehmen konnte. „Ist alles in Ordnung?“ Ich sah auf, als mir diese ruhige Stimme entgegenschlug und erkannte Masato, der mir seine Hand reichte, um mir aufzuhelfen. Ich nahm sie dankbar an und gewährte ihm mir aufzuhelfen. Er ließ meine Hand los, als er sicher war, dass ich sicher auf den Füßen stand und beobachtete mich, wie ich mir den Dreck von der Hose klopfte. „Danke. Ich bin momentan nicht ganz bei der Sache, egal was ich tue“, erklärte ich und seufzte. „Immer noch die Sache mit deiner Freundin?“ „Wir hatten heute ein Gespräch und haben versucht das ganze aus der Welt zu schaffen. Aber da ist noch mehr, was mir im Kopf herum schwirrt“, erklärte ich und versuchte dabei zu vermeiden, zu erwähnen, worum es genau ging. „Ich kenne jemanden, der dir vielleicht helfen kann, deine Gedanken zu ordnen.“ „Huh?“ Ich sah zu, wie Masato sein Handy zog und eine Nummer wählte. Verwundert darüber, was er tat, beobachtete ich ihn und lauschte, als scheinbar die Person am anderen Ende ran ging. „Kurosaki-senpai, Hijirikawa hier. Wir haben eine Herausforderung. Nein, es keine persönliche von Starish. Tailor-san hat sich mit einer Freundin zerstritten und das scheint ihr schwer in Gedanken umher zu gehen. Warum dich? Vielleicht, weil du eine ähnliche Situation hattest... Ich... Du willst mit Tailor-san reden? Ja, ich reich sie dir.“ Ich bekam nur Bruchstücke von dem Gespräch mit, dass Masato wohl mit Ranmaru führte. Zumindest konnte ich mir anhand von Masatos Worten nur zu gut vorstellen, wie das Gespräch wohl lief. Dennoch reichte mir Masato sein Handy. Ich wusste ehrlich nicht, was ich mit Ranmaru besprechen sollte, doch ich wollte seine Bemühung seinen Senpai kontaktiert zu haben, nicht umsonst gewesen sein. „Tailor hier. Kurosaki-senpai, es tut mir wirklich leid da-“ „Du solltest dir nicht zu viele Gedanken darum machen, ob die Probleme mit deiner Freundin sich klären und dich auf deine Arbeit konzentrieren. Denn sonst leidet deine Musik darunter.“ Ich stockte, da Ranmaru mir nicht wirklich die Chance gab, mich zu rechtfertigen oder dafür zu entschuldigen, dass Masato ihn wahrscheinlich bei seiner Arbeit störte. „Uhm, es ist nicht nur Sumire. Es geht auch um ein anderes Idol, dass mich ziemlich in die Ecke drängt. Damals in der Schule wie auch heute. Ich weiß nicht so recht, wie ich mit der Situation umgehen soll, zumal er jemand ist, der sich nimmt was er will und dafür zu allen Mitteln greift. Ich habe einfach Sorge, dass ich anderen damit schade, dass ich nicht einfach nachgebe. Damals habe ich das mit Hiroki und Mira schon durchgemacht und-“ „Du bist nicht die Einzige die entscheidet, ob es den anderen schadet. Wenn du so wenig vertrauen in deine Arbeit und die anderer hast, wäre es vielleicht besser, wenn du aufgibst. Oder ihn konfrontierst und sagst, dass du das nicht mit dir machen lässt.“ Ranmarus Worte glichen einer Standpauke, doch er hatte Recht und das wusste ich. Dennoch schrie alles in mir danach, seinen Rat zu folgen. „Ich bin nicht wie du, Kurosaki-senpai. Ich kann niemanden konfrontieren, der alle Stricke in der Hand hält und weiß wie man alle um sich herum manipuliert. Aber ich kann auch nicht die Musik aufgeben.“ „Dann konfrontiere ihn auf einer Ebene, auf der er dich und andere nicht manipulieren kann. Mach einfach deinen Job.“ Es waren die letzten Worte, die er mir sagte, bevor er auflegte und damit auf seine Weise deutlich machte, dass dieses Gespräch vorbei war. Ich seufzte aber nur und schüttelte den Kopf, während ich Masato sein Handy zurückgab. „War das nicht hilfreich?“ „Zumindest hat er mir nichts gesagt, was ich nicht schon irgendwie wusste. Ich denke aber nun, ich weiß was ich tun muss.“ „Und was?“ „Ich muss einen Song für Heavens schreiben. Ich glaube ich weiß was Shions Stimme ist.“ „Und deine Freundin... oder die andere Person?“ „Es bringt für den Moment nichts zu viel darüber nachzudenken. Sumire und ich... das wird schon. Was die andere Person angeht... Sagen wir es so, Musik ist der einzige Angriff um ihm zu sagen, dass ich seine Konfrontation nicht fürchte.“ Ich versuchte zu lächeln. Auch wenn ich nicht wusste was noch vor mir lag. Chiron war stur und durchtrieben, doch ich war ebenfalls ein Dickkopf und genau das war meine Stärke. Denn nur dadurch konnte ich in kurzer Zeit einen Song komponieren, den wahrscheinlich kein anderer komponieren konnte. Weder Haruka, noch sonst eine Person. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)